Urteil des LG Aachen vom 08.07.2009

LG Aachen: sittenwidrigkeit, aufwand, vertragserfüllung, gegenleistung, gerichtsakte, betriebskosten, vertragsabschluss, widerruf, vergütung, jahresgewinn

Landgericht Aachen, 6 S 73/09
Datum:
08.07.2009
Gericht:
Landgericht Aachen
Spruchkörper:
6. Zivilkammer
Entscheidungsart:
Beschluss
Aktenzeichen:
6 S 73/09
Vorinstanz:
Amtsgericht Aachen, 104 C 350/08
Schlagworte:
Widerruf eines Partnerschaftsvermittlungsvertrages; Wertersatzanspruch
des Vermittlers
Normen:
§§ 312, 355, 364 Abs. 1, 2 BGB
Leitsätze:
Das Partnerschaftsvermittlungsunternehmen muss im Falle eines
Widerrufs des Vertrages nach §§ 312, 355 BGB konkrete Angaben zum
Zeit-, Personal und sonstigem mit der Erbringung der vertraglichen
Leistungen in Zusammenhang stehenden Aufwand machen, damit eine
gerichtliche Schätzung des Wertes der Dienste gemäß § 287 ZPO
möglich wird.
Eine Ermittlung des Wertes nach § 349 Abs. 2 Satz 2 BGB
ausschließlich anhand der vereinbarten Vergütung ist in diesen Fällen
nicht möglich.
Tenor:
Die Berufung der Beklagten gegen das am 26.03.2009 verkündete Urteil
des Amtsgerichts Aachen vom 26.03.2009 (104 C 350/08) wird
zurückgewiesen.
Der Wert des Streitgegenstandes für die Berufungsinstanz wird auf
1.250,00 EUR festgesetzt.
Gründe
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Die zulässige Berufung hat aus den zutreffenden Gründen der angefochtenen
Entscheidung, die durch das Berufungsvorbringen nicht entkräftet werden, keine
Aussicht auf Erfolg. Die Rechtssache hat auch keine grundsätzliche Bedeutung und
eine Entscheidung ist zur Fortbildung des Rechts oder zur Sicherung einer einheitlichen
Rechtsprechung ebenfalls nicht erforderlich ( § 522 Abs. 2 S. 1 ZPO).
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Zur Vermeidung von Wiederholungen wird auf den Hinweis der Kammer vom
16.06.2009 Bezug genommen.
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Der Schriftsatz der Beklagten vom 07. Juli 2009 gibt lediglich noch zu folgenden
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Ergänzungen Anlass:
Ein Wertersatzanspruch der Beklagten aus § 346 Abs. 2 BGB ist nicht ersichtlich, da der
diesbezügliche Vortrag der Beklagten unsubstanziiert ist. Auch eine Schätzung des
Wertersatzanspruches nach § 286 Abs. 2, 1 ZPO kommt nicht in Betracht, da zum einen
die Beklagte ohne größere Schwierigkeiten in der Lage gewesen wäre, die zur
Bestimmung des tatsächlichen Wertes der von ihr erbrachten Leistung erforderlichen
Tatsachen konkret darzulegen und zum anderen die für eine Schätzung erforderlichen
Grundlagen nicht dargelegt sind.
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Soweit die Beklagte die Verletzung rechtlichen Gehörs rügt, so ist darauf hinzuweisen,
dass sie auf den Hinweis des Amtsgerichts im Termin vom 12. Februar 2009 nach § 139
Abs. 5 ZPO einen Schriftsatznachlass hätte beantragen können. Darüber hinaus hat die
Beklagte ihren Vortrag bezüglich des Wertersatzes auch im Rahmen ihrer
Berufungsbegründung nicht hinreichend substanziiert. Eine Jahresgewinn- und
Verlustrechnung ist nicht geeignet, den Wert einer einzelnen, auf einen bestimmten
Vertragsabschluss bezogenen Leistung hinreichend zu konkretisieren.
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Schließlich liegen die Voraussetzung einer Revisionszulassung nicht vor, da es nicht –
wie die Beklagte meint – auf die Frage der Sittenwidrigkeit ankommt, sondern
ausschließlich auf den unsubstanziierten Vortrag der Beklagten bezüglich des
Wertersatzes. Vor diesem Hintergrund ist die Rechtssache auch nicht von
grundsätzlicher Bedeutung.
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X1
Q
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Vorangegangener Hinweis vom 16.06.2009
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In dem Rechtsstreit
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pp.
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beabsichtigt die Kammer, die Berufung gemäß § 522 Abs. 2 ZPO durch Beschluss
zurückzuweisen. Die Rechtssache hat weder grundsätzliche Bedeutung noch ist eine
Entscheidung der Kammer zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung
erforderlich. Nach der Vorberatung der Kammer hat die Berufung auch keine Aussicht
auf Erfolg.
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Das der Klage stattgebende Urteil des Amtsgerichts lässt keinen Fehler erkennen.
Zutreffend hat das Amtsgericht ausgeführt, dass dem Kläger – ungeachtet der Tatsache,
dass auch nach Auffassung der Kammer vieles für eine Sittenwidrigkeit des Vertrages
spricht - zumindest ein weiterer Rückzahlungsanspruch in Höhe von 1.250,00 € aus §§
312, 355 Abs. 1, 346 Abs. 1 BGB zusteht. Zwar kann der Beklagten im Falle des
Widerrufes ein Gegenanspruch aus § 346 Abs. 2 BGB auf Zahlung von Wertersatz
zustehen. Zutreffend weist das Amtsgericht diesbezüglich jedoch darauf hin, dass von
Seiten der Beklagten keinerlei Anknüpfungstatsachen vorgetragen worden sind, die die
Berechnung oder zumindest Schätzung eines Wertersatzanspruchs ermöglichen.
Konkrete Angaben zu Zeit-, Personal und sonstigem Aufwand, der mit der
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Vertragserfüllung verbunden war, hat die Beklagte nicht gemacht. Zwar ist gemäß § 346
Abs. 2 Satz 2 BGB bei der Ermittlung des Wertes einer Leistung die vereinbarte
Gegenleistung als Grundlage heranzuziehen. Zu berücksichtigen ist jedoch dabei, dass
ein Dienstleister im Falle des Widerrufes keinen Anspruch auf Gewinn für geleistete
Dienste hat (vgl. OLG Köln NJW-RR 1995, 1008; OLG Hamburg NJW-RR 1989, 1521).
Gleiches gilt für Provisionsansprüche der Mitarbeiter (vgl. OLGR Düsseldorf 2008, 619).
Soweit die Beklagte nunmehr eine Gewinn- und Verlustrechnung zur Gerichtsakte
gereicht hat, so eignet sich diese zum einen nicht, den Kosten- und Zeitaufwand im
vorliegenden Einzelfall darzulegen. Vielmehr wäre es erforderlich gewesen, neben den
allgemeinen Betriebskosten die einzelnen, mit dem streitgegenständlichen Vertrag
verbundenen Kosten und Arbeiten aufzuführen. Zum anderen ist der diesbezügliche
Vortrag aber auch gemäß §§ 529 Abs. 1, 531 Abs. 2 ZPO nicht zuletzt im Hinblick auf
die Möglichkeit des § 139 Abs. 5 ZPO als verspätet zurückzuweisen.
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Es besteht Gelegenheit zur Stellungnahme binnen drei Wochen. Zugleich wird anheim
gestellt, die Berufung aus Kostengründen zurückzunehmen.
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