Urteil des LG Aachen vom 19.08.2008

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Landgericht Aachen, 52 Ks 401 Js 711/07 - 22/07
Datum:
19.08.2008
Gericht:
Landgericht Aachen
Spruchkörper:
1. Schwurgerichtskammer
Entscheidungsart:
Urteil
Aktenzeichen:
52 Ks 401 Js 711/07 - 22/07
Normen:
StGB §§ 52, 53, 57a, 177 Abs. 1 in der Fassung vom 27.11.1973, 211
Tenor:
Der Angeklagte T wird wegen Mordes in fünf Fällen, davon in zwei
Fällen in Tateinheit mit Vergewaltigung, zu einer lebenslangen
Freiheitsstrafe als Gesamtstrafe verurteilt.
Die besondere Schwere der Schuld wird festgestellt.
Der Angeklagte hat die Kosten des Verfahrens, seine Auslagen sowie
die notwendigen Auslagen der Nebenkläger zu tragen.
- §§ 52, 53, 54, 57a, 177 Abs.1 in der Fassung vom 27. November 1973,
211 StGB -
G r ü n d e
1
I.
2
Der Angeklagte wurde am XXXX in C geboren. Seine Eltern sind T1, im Jahre X
geboren, und T2 geborene X1, im Jahre X geboren. Der Angeklagte hat einen 15 Jahre
jüngeren Bruder. Das ist der Zeuge T3.
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Der Angeklagte besuchte zunächst bis 1971 neun Jahre lang die Grund- und
Hauptschule in C. Er machte dort den Hauptschulabschluss. Anschließend arbeitete er
in einer Nadelfabrik in X2.
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Von 1974 bis 1977 absolvierte der Angeklagte eine Lehre zum Krankenpfleger im T4 in
H. Mit 18 Jahren machte er den Führerschein. Der Angeklagte arbeitete bis Anfang 1978
vier Monate in einem Altenpflegeheim in H, anschließend als Krankenpfleger am
Klinikum B, wo er bis 1980 oder 1981 tätig war. Von Oktober 1981 bis zum 31. Mai 1983
arbeitete der Angeklagte im Pflegeheim I in H.
5
Im Jahre 1976 hatte der Angeklagte die Zeugin I1, die damals noch ihren Geburtsnamen
T5 führte, kennengelernt. Er heiratete sie im Jahre 1980. Im Jahre 1982 wurde die Ehe
geschieden. In dieser Ehe kam es zu einer Fehlgeburt.
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Seit Oktober 1981 war der Angeklagte mit der Zeugin T6, geboren im Jahre 1952, liiert,
später verheiratet. Er lebte mit ihr zusammen in H-T7, später, ab einem nicht näher
bestimmbaren Zeitpunkt im Jahre 1983, in X3. Ende 1986 zog das Ehepaar T1/T2
wieder nach H-T7, im Jahre 1995 in den B1 in H.
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Der Angeklagte bezog von Juni 1983 bis März 1984 Arbeitslosengeld. In den
nachfolgenden Jahren war er als Versicherungsvertreter, zunächst bei der B2-
Versicherung, von März 1989 bis Juli 1991 bei der W-Versicherung tätig.
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Bereits während der Ehe mit der Zeugin T6, die den Ehenamen T1/T2 angenommen
hatte, lernte der Angeklagte die knapp zehn Jahre jüngere Zeugin T8 kennen, die
seinerzeit noch ihren Geburtsnamen C1 führte. Der Angeklagte trennte sich von der
Zeugen T6 und heiratete die Zeugin T8 im Dezember 1997. Die Zeugin T8 brachte die
1985 geborene Tochter C2 mit in die Ehe. Aus der Ehe der Eheleute t/T8 ging der
gemeinsame Sohn T9, geboren am 25. November 1998, hervor. T9 soll an einer
Aufmerksamkeitsstörung (ADHS) leiden. Der Angeklagte lebte zuletzt mit seiner Ehefrau
und den Kindern in O In den Jahren 1995 bis 2002 war der Angeklagte in diversen
Geschäften tätig. Von 1998 bis 2000 war er mit einer Firma für Bautenschutz und
Bautechnik selbständig und wohnte in C3. Im November 2002 meldete er
Privatinsolvenz an. Von 2005 bis 2007 war der Angeklagte arbeitslos. Im Oktober 2006
wurde ihm der Führerschein entzogen, weil er mehr als 18 Punkte in G hatte.
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Der Angeklagte litt als Kind unter Epilepsie und wurde deswegen medikamentös
behandelt. Die Medikamente wurden abgesetzt, als der Angeklagte mit 18 Jahren den
Führerschein machen sollte. Es traten keine Beschwerden mehr auf. Im Jahre 1985
hatte der Angeklagte einen schweren Verkehrsunfall. Er war Beifahrer, erlitt eine
Schädel-Basis-Fraktur und ein Brillenhämatom. In den 90er Jahren hatte er einen
weiteren Unfall, bei dem Elle und Speiche brachen. Der Angeklagte erlitt bei dem Unfall
eine Gehirnerschütterung.
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Der Angeklagte erhielt zuletzt öffentliche Unterstützung in Höhe von 585,00 € monatlich.
Die Miete für das Familienheim wurde von der öffentlichen Hand getragen. Der
Angeklagte hat erhebliche Schulden. Er gibt den Schuldenstand im Bereich von
1.000.000,00 bis 3.000.000,00 DM an.
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Der Angeklagte nimmt keine Drogen und Alkohol nur in geringen Mengen zu sich.
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Der Angeklagte ist bereits mehrfach strafrechtlich in Erscheinung getreten:
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1.
14
Am 01. April 1992 verurteilte das Landgericht Aachen den Angeklagten wegen Betrugs
in Tateinheit mit Urkundenfälschung in 7 Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von 1
Jahr und 6 Monaten unter Strafaussetzung zur Bewährung. Nach Verlängerung der
Bewährungszeit wurde die Strafe am 29. Dezember 1997 erlassen.
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2.
16
Am 01. September 1995 verurteilte das Amtsgericht W1 den Angeklagten wegen
Diebstahls zu einer Geldstrafe von 30 Tagessätzen zu je 60,00 DM.
17
3.
18
Am 29. August 1997 verurteilte das Amtsgericht W1 den Angeklagten wegen versuchter
Nötigung zu einer Geldstrafe von 30 Tagessätzen zu je 30,00 DM. Es verhängte
außerdem ein einmonatiges Fahrverbot.
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4.
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Das Amtsgericht B verurteilte den Angeklagten am 07. Februar 2002 wegen unerlaubten
Entfernens vom Unfallort zu einer Geldstrafe von 40 Tagessätzen zu je 20,00 Euro und
zu einem Fahrverbot von 3 Monaten.
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5.
22
Das Amtsgericht N verurteilte den Angeklagten am 12. Mai 2003 wegen
Steuerhinterziehung in 5 Fällen zu einer Geldstrafe von 280 Tagessätzen zu je 30,00
Euro. Unter Einbeziehung der zuvor genannten Entscheidung wurde nachträglich eine
Gesamtgeldstrafe von 300 Tagessätzen zu je 30,00 Euro gebildet.
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6.
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Am 21. Januar 2005 verurteilte das Amtsgericht H den Angeklagten wegen Verletzung
der Buchführungspflicht in 2 Fällen, Vorenthaltens und Veruntreuens von Arbeitsentgelt
in 2 Fällen sowie Untreue zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von 10 Monaten unter
Strafaussetzung zur Bewährung.
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Der Angeklagte wurde in der vorliegenden Sache am 16. August 2007 vorläufig
festgenommen. Er befindet sich aufgrund des Haftbefehls des Amtsgerichts B vom 07.
August 2007 und aufgrund des neu gefassten Haftbefehls des Amtsgerichts B vom 17.
August 2007 - neu gefasst durch Kammerbeschluss vom 28. Januar 2008 - seit dem 17.
August 2007 in Untersuchungshaft.
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II.
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Der Angeklagte hatte spätestens seit dem jungen Erwachsenenalter eine Neigung zur
sadomasochistischen Sexualität.
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Bereits von seiner ersten Frau, der Zeugin I1, hatte der Angeklagte die Mitwirkung an
sadomasochistischen Sexualpraktiken verlangt, bei denen auch Knebel zum Einsatz
kamen. Die erste Ehe war deswegen, wegen Drohungen und wegen gewalttätiger
Angriffe des Angeklagten gegen die Zeugin zerbrochen. Der Angeklagte hatte bereits
damals, wie auch in der Folgezeit, Stofftaschentücher in seinem Besitz, die teilweise mit
dem Monogramm "E" versehen waren. Der Angeklagte wird "F" gerufen
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Der Angeklagte tötete in den Jahren 1983 bis 1990 insgesamt fünf Frauen.
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Er war in diesem Zeitraum mit der Zeugin T 6 zunächst liiert, ab 1985 verheiratet. Seine
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Neigung konnte er in der Beziehung zur Zeugin Sieben aus seiner Sicht nicht voll
ausleben, da die Zeugin T6 derartige Sexualpraktiken nur widerstrebend, wie sie sagt
"aus Liebe", über sich ergehen ließ.
Im Einzelnen kam es zu folgenden Taten:
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1. Tat zum Nachteil der H1:
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H1 wurde am 15. September 1964 geboren, war also im Juli 1983 18 Jahre alt. Sie lebte
seinerzeit in I2 und war mit dem inzwischen verstorbenen Zeugen M liiert.
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Die Zeugin T6 war am 21. Juli 1983 zu einem mehrwöchigen Kuraufenthalt nach C4
aufgebrochen. Der Angeklagte war damals arbeitslos und wohnte zusammen mit der
Zeugin T6 entweder noch in H-T7 in der K-Straße oder bereits in X3 im T10.
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In der Nacht von Dienstag, dem 26. Juli 1983 auf Mittwoch, den 27. Juli 1983 war der
damals 27jährige Angeklagte mit seinem PKW Ford Capri unterwegs. Er führte dabei
Fesselungswerkzeuge, wahrscheinlich metallene Handschellen, mit sich. In den frühen
Morgenstunden erblickte er an der Bushaltestelle auf der H-Straße in I2-N1 in der Nähe
der I3 H1, die dort auf eine Mitfahrgelegenheit wartete. Dies bemerkte der Angeklagte,
der sich entschlossen hatte, eine Frau zu überwältigen und zu vergewaltigen. Da er
nunmehr eine Gelegenheit sah, seinen Plan in die Tat umzusetzen, hielt er neben der
jungen Frau an der Bushaltestelle an, um sie mitzunehmen. H1 stieg in den PKW des
Angeklagten ein. Der Angeklagte fuhr zunächst Richtung I2, wahrscheinlich, weil ihm
H1 gesagt hatte, dass sie dorthin mitgenommen zu werden wünsche. Er fuhr weiter in
Richtung B3. Der Angeklagte gelangte zur P. Dort hielt er an, um seinen Plan in die Tat
umzusetzen. Er griff H1 an und fesselte ihre Hände, möglicherweise mittels mitgeführter
Handschellen, auf dem Rücken. Trotz der Fesselung leistete H1 derart heftig
Gegenwehr, dass es dem Angeklagten nicht möglich war, den angestrebten
Geschlechtsverkehr mit ihr zu erzwingen. H1 trat, obgleich in ihren
Bewegungsmöglichkeiten durch die Fesselung erheblich eingeschränkt, massiv und in
Todesangst um sich. Bei einem der Tritte wurde die Windschutzscheibe des PKW des
Angeklagten beschädigt. Außerdem rief H1 wiederholt, sie werde den Angeklagten
anzeigen. Spätestens zu diesem Zeitpunkt entschloss sich der Angeklagte, H1 zu töten,
um so zu verhindern, dass sie tatsächlich Strafanzeige erstatten und eine
Täterbeschreibung abgeben würde, aufgrund der er als Täter identifiziert werden
konnte. In Umsetzung dieses Plans erdrosselte der Angeklagte H1 mit einem textilen,
dünneren Drosselwerkzeug, möglicherweise einem mitgeführten Nylonstrumpf oder
einer weichen dünnen Kordel. H1 starb an der massiven Kompression der
Halsweichteile durch Strangulieren.
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Weil die Scheibe beschädigt war, konnte der Angeklagte nicht richtig hindurchsehen. Er
brach an der schadhaften Stelle ein Loch in die Scheibe, um wieder freie Sicht zu
haben. Der Angeklagte legte den Leichnam, nachdem dieser zunächst 3 bis 4 Stunden
in seinem Auto gelegen hatte, in einem an die P angrenzenden Waldstück ab. Die
Scheibe ließ der Angeklagte noch am 27. Juli 1983 erneuern.
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Der Leichnam von H1 wurde am 29. Juli 1983, einem Freitag, gegen 13:00 Uhr von dem
Zeugen F1a gefunden, der nach dem Genuss eines beim Aldi erworbenen Trinkjoghurts
Bauchweh bekommen und sich zur Verrichtung eines Bedürfnisses in die Büsche
geschlagen hatte. Er sah den Leichnam in einem Abstand von 4 bis 5 Meter von ihm
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entfernt liegen. Er lag in Bauchlage, langgestreckt, den Kopf leicht nach rechts gedreht,
beide Arme hinter dem Rücken, die Hände dicht beieinander am Gesäß anliegend. Der
Leichnam war mit einem Blouson, darunter mit einem ärmellosen Netzhemd und einem
BH bekleidet, der über beide Brüste nach oben geschoben war. Die Unterhose war auf
Kniehöhe heruntergezogen.
Am gleichen Tage fand eine Obduktion durch Mitarbeiter des inzwischen aufgelösten
rechtsmedizinischen Instituts der RWTH B statt. Es fanden sich massenhaft Insekteneier
und 1 bis 3 mm lange Maden, am Hinterkopf bis zu 4 mm lange Maden. Es fand sich
Leichenstarre im Bereich der unteren Extremitäten an den großen Gelenken, ebenfalls
im Schulterbereich, Totenflecken im Brust- und Bauchbereich wie auf den vorderen
Flächen der Extremitäten stark ausgeprägt. Im Rückenbereich waren ebenfalls
Totenflecken ausgeprägt, jedoch hier sehr schwach. Am Hals fanden sich an beiden
Halsseiten dichtstehende Hauteinblutungen, Vertrocknungen an beiden Kinnseiten
sowie unterhalb der Kinnspitze. An der rechten Halsseite fanden sich eine bandartige 3
cm lange und 5 mm breite scharfrandige Vertrocknung, die in eine 3 cm lange und bis
1,5 cm breite Vertrocknung übergeht. Am Nacken fand sich eine 9 cm lange und bis 2
mm breite Vertrocknung. Im Innern des Halses fanden sich kleinfleckige Einblutungen in
das Bindegewebe unter der Strangmarke. In Höhe des Schildknorpels fand sich im
linken großen Kopfwendermuskel eine bohnengroße Einblutung. Es wurde eine frische
Zungenbissverletzung am rechten Zungenrand festgestellt, auf der linken Seite des
Ringknorpels hinter der Speiseröhre eine erbsengroße Einblutung. Die tiefe vordere
Nackenmuskulatur wies links in Höhe des Kehlkopfgerüstes streifige Einblutungen auf.
An den Oberschenkeln wurden fleckförmige Unterblutungen wie von Griffspuren
festgestellt. Die Genitalien waren nicht verletzt. An beiden Handgelenken waren zum
Teil mehrfache, teils kontinuierliche, teils unterbrochene schmale Schürfungen und
Kratzer vorhanden. Vor allem links an der Handgelenksrückseite und rechts an der
Handgelenksbeugeseite fanden sich schmale parallele Schürfungen, wie sie
typischerweise beim Einsatz von Handschellen entstehen. Vor allem an der Rückseite
des rechten Handgelenkes wurden intensive, breite, heftige Schürfungsfelder gefunden,
die auf starke Bewegung hindeuteten. Im Abstrich vom Scheideneingang wurden einige
Samenfäden gefunden.
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2. Tat zum Nachteil der X4:
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X4 wurde am 14. November 1968 geboren. Sie war im Februar 1984 15 Jahre alt. Sie
lebte mit ihren Eltern und ihrem Bruder, dem Zeugen X5, in I2-N1. Im Sommer 1983
hatte sie sich der Punkerszene zugewandt und kleidete sich entsprechend. Auch trug
sie eine typische Punkerfrisur mit einem "Irokesenschnitt". Der Angeklagte lebte zu
dieser Zeit nach wie vor in X3, war arbeitslos und mit der Zeugin T6 liiert.
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Am Abend des 24. Februar 1984, einem Freitag, besuchte X4 einen Freund, K1. Dieser
wohnte in V-C5 in einem Haus, in dem sich auch die Diskothek "Q" befand, welche von
seinen Eltern betrieben wurde. Auch der Zeuge G1, der mit X4 befreundet war, hielt sich
dort auf. Zwischen 20:30 Uhr und 21:00 Uhr verabschiedete sich X4, weil sie noch für
eine Englischarbeit lernen wollte. Sie verließ die Wohnung K1. X4 wurde zuletzt um
21:05 Uhr bis 21:10 Uhr vom Zeugen Q1, der X4 kannte, in I2-N1, also ihrem Heimatort,
an der H-Straße/Einmündung B4-Straße gesehen. Sie unterhielt sich dort mit einem ca.
1,85 m bis 1,90 m großen Punker, der mit einem langen dunklen Mantel und
Springerstiefeln bekleidet war.
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Der Angeklagte war auch an diesem Abend mit seinem PKW unterwegs. Er entdeckte
X4, die in V-C5 eine Mitfahrgelegenheit suchte, am Straßenrand auf der Hauptstraße,
der B XXX, die dort S-Straße heißt, in unmittelbarer Nähe der Diskothek "Q".
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Es konnte nicht mit Sicherheit geklärt werden, ob der Angeklagte X4kurz vor 21:00 Uhr
aufnahm, sie zunächst nach N1 fuhr, sie dort absetzte und später, nachdem sie vom
Zeugen Q1 gesehen worden war, erneut aufnahm oder ob X4, nachdem sie vom
Zeugen Q1 gesehen worden war, zur Diskothek "Q" - möglicherweise auf Veranlassung
und in Begleitung des jungen Punkers - zurückgekehrt ist und dann erst vom
Angeklagten entdeckt wurde.
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Jedenfalls war der Angeklagte erneut auf der Suche nach einem Opfer. Er stoppte sein
Fahrzeug und ließ X4 als Beifahrerin einsteigen. Im Verlauf der folgenden Fahrt hielt der
Angeklagte an einem unbekannten Ort an. Er fesselte X4 gegen ihren Willen und
onanierte vor ihren Augen bis zum Samenerguss. Er fuhr mit dem gefesselten Opfer
umher. Er befuhr schließlich aus Richtung F kommend die F1-Straße in Richtung C5 .
Er bog nach rechts in einen Feldweg in ein Gelände mit dem Namen "B5" ab. Dort
erdrosselte er sie, um zu verhindern, dass sie ihn anzeige, und legte sie noch bekleidet
auf dem Weg ab. Es wurde bereits hell, der Angeklagte hatte Angst, entdeckt zu werden.
Er verzichtete daher darauf, sich der Kleidung seines Opfers zu bemächtigen und diese
anderweitig verschwinden zu lassen.
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Der Leichnam von X4 wurde am Samstag, dem 25. Februar 1984, gegen 12:00 Uhr
mittags vom Zeugen G2, einem Landwirt aus C6, der mit seinem Schlepper auf dem
Feld unterwegs war, entdeckt. Es lag etwas Schnee. Der Leichnam von X4 befand sich
in Rückenlage, lang ausgestreckt. Oberkörper sowie ein Teil des Unterkörpers
einschließlich der Arme waren mit ihrem Mantel zugedeckt.
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Noch am gleichen Tage wurde der Leichnam von Mitarbeitern des rechtsmedizinischen
Instituts der RWTH B obduziert. Die Totenstarre in den kleinen und großen Gelenken
war voll ausgeprägt. Totenflecken an den abhängigen Körperpartien waren schwach
ausgeprägt, nicht mehr wegdrückbar. In der Gesichtshaut fanden sich reichlich
Staublutungen, am Hals bandartige, zum Teil scharf begrenzte Schürfungen sowie
Rötungsstreifen. Die Schürfungen waren besonders intensiv an der rechten Halsseite.
Die Rötungsstreifen waren zum Teil parallel angeordnet, ferner fanden sich parallele
Rötungsstreifen und Kompressionsblutungen an beiden Unterkieferseiten in Richtung
Kinn/Mund. Die Verletzungen am Hals wiesen als Strangulationsform auf ein Erdrosseln
hin. Die Befunde sprachen überwiegend für die Verwendung eines eher textilen dünnen
Materials, z. B. eines Nylonstrumpfs, eines Seidentuchs, einer Krawatte oder ähnlichem.
Die an der rechten Halsseite befindlichen schmalen, scharfkantigen parallelen
Schürfungen können auf den Einsatz eines bandartigen Drosselungswerkzeuges
hinweisen, z. B. eines Gürtels.
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An den Handgelenken fanden sich typische Fesselungsspuren in Form streifiger
Rötungen, zum Teil doppelt konturiert. Die Spuren wiesen auf die Verwendung einer
eher weichen Kordel oder eines weichen Strickes hin. Es können jedoch auch
Handfesseln zum Einsatz gekommen sein. Hinweise auf Spermien oder
Abwehrverletzungen fanden sich beim Leichnam der X4 nicht.
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3. Tat zum Nachteil der T11:
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T11 wäre am 1. Oktober 1984 18 Jahre alt geworden. Sie lebte seinerzeit mit ihren
Eltern zusammen in X6. Von ihren Verwandten und Freundinnen wurde sie als
zurückhaltender Mensch beschrieben.
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T11 besuchte am Abend des 31. August 1984, einem Freitag, mit einer Freundin, der
Zeugin C7, die Diskothek "S1" in V. Die Freundinnen fuhren zunächst mit dem Fahrrad
nach F2 und trampten von dort zu ihrem Ziel. Sie wurden von einem entfernten
Bekannten der Zeugin C7, einem T12, in dessen PKW mitgenommen. Die beiden
jungen Frauen trafen ungefähr um 22:00 Uhr in der "S1" ein. T11 verließ die Diskothek
gegen 24:00 Uhr.
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Der Angeklagte, der zu jener Zeit noch in X3 zusammen mit der Zeugin T6 lebte, war
auch in jener Nacht mit seinem PKW unterwegs. Die Zeugin T6 war nicht zu Hause,
wahrscheinlich mit dem Karnevalsverein T7 unterwegs. Der Angeklagte war seit April
1984 Angestellter bei der B2-Versicherung, Filialdirektion N.
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Der Angeklagte bemerkte T11, die unweit der Diskothek "S1" als Anhalterin auf der
Bundesstraße XXX im Ortsteil C5stand - nicht weit von der Stelle, wo der Angeklagte X4
entdeckt hatte. Er hielt an und ließ T11 einsteigen. Er fuhr mit ihr zunächst Richtung
Hund dann auf die L XX H Richtung S2. Zwischen H und O1 fuhr er auf einen
unbefestigten Waldweg, der rechtwinklig mit zwei Ausfahrten auf die L yy stößt. Dort
überwand und fesselte er T11, wahrscheinlich mit Handschellen, um sie zu
vergewaltigen. Entsprechend seinem vorgefassten Tatentschluss vollzog er gegen den
Willen von T11 mit dieser den Geschlechtsverkehr. Anschließend kehrte er um und fuhr
wieder Richtung H. An einem Waldweg zwischen I4 und T7 hielt er erneut an und
erdrosselte T11, die höchstwahrscheinlich noch versucht hat sich hiergegen zu wehren,
damit es ihr nicht möglich war, die Vergewaltigung anzuzeigen. Möglicherweise würgte
er sie zusätzlich noch mit bloßen Händen. Den Leichnam trug der Angeklagte durch
dichtes Unterholz in ein angrenzendes Waldstück und legte ihn dort ab. Mit Ausnahme
des BH und der Socken entkleidete er das tote Mädchen fast vollständig, nahm die
Kleidungsstücke mit und warf sie später einzeln aus dem Fahrzeug.
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Der Leichnam von T11 wurde am Sonntag, dem 2. September 1984, gegen 17:00 Uhr
vom Zeugen Q2, der mit seiner Ehefrau Brombeeren suchte, gefunden.
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Der Leichnam befand sich in Rückenlage, die Beine langgestreckt, Beine leicht
gespreizt, die Arme langgestreckt und vom Körper abgewinkelt. Der BH war über die
Brüste hochgezogen. Der Leichnam war mit kurzen Socken bekleidet.
55
Der Leichnam von T11 wurde am 3. September 1984 obduziert. Die Totenstarre war
überall voll ausgebildet. Totenflecken waren ausgedehnt, nicht mehr wegdrückbar. An
der Leiche zeigten sich zahlreiche grünlich glänzende Fliegen, Haufen gelblicher
Fliegeneier im ganzen Gesicht, insbesondere in der Umgebung von Mund und Nase
sowie in den Augenhöhlen und am äußeren Genitale. Es fanden sich auch winzige 2
mm lange Maden im Bereich der Augenhöhlen. An beiden Oberlidern fanden sich
flohstichartige Blutungen in dichter Anordnung und in Umgebung der Augenhöhlen,
ebenso Stirnhaut sowie Bindehäuten und Lederhäuten beider Augen. Am Hals fanden
sich auffallend schmale, geradlinige, horizontal über den Vorderhals und beide vorderen
Halsseiten verlaufende geschürfte Strangmarken, rechts etwa bis zur Halsmittenseite
verlaufend, links bis zur Schildknorpelseite. Die Vertrocknungsspur war 12 cm lang,
zwischen 2 und 3 mm breit. An der linken Außenseite des Kehlkopfes fand sich im
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Innern des Halses eine umschriebene Blutung in der Muskulatur, bohnengroß. In
seitlichen Anteilen der Gaumenmandeln waren reichlich punktförmige Einblutungen. In
der flachen Muskulatur wie der Rückseite des Kehlkopfes bzw. des Schildknorpels
bedeckt rechts und links waren zwei gut hirsekorngroße frische Einblutungen. Die
Verletzungen wiesen auf ein schmales – 2 bis 3 mm Durchmesser – deutlich
begrenztes, glatt bis maximal leicht angerautes Drosselwerkzeug, wie einen Draht oder
eine dünne Schnur, hin.
Es fanden sich mehrere unvollständige, streifige Rötungen, parallel zueinander
angeordnet, zwischen 3 und 7 mm Breite am rechten Handgelenk. Am linken
Handgelenk, an der Innenseite deutlicher als an der Außenseite, waren mehrere
streifenförmige Rötungen, mehr oder weniger zirkulär und parallel zueinander, 3 bis 5
mm breit. An einer Stelle war die Haut oberflächlich eingerissen. Die Verletzungen
deuteten auf ein Tuch, Schal, Kordel, möglicherweise aber auch eine Handfessel als
Fesselungswerkzeug hin. Es wurden Abstriche von Scheideneingang,
Scheidengewölbe und Gebärmutterhalskanal sowie Mund und After genommen. Bei
einem der Abstriche aus dem Scheidenbereich wurden Spermien vorgefunden. Am
Oberschenkel wurde ein rötlich-braunes Schamhaar gefunden, welches auf die
Blutgruppenzugehörigkeit untersucht wurde. Es reagierte auf A und B. T11 war
sogenannte Ausscheiderin von A, der Angeklagte hat die Blutgruppe B.
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4. Tat zum Nachteil der M1:
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M1 wurde am 26. Dezember 1968 geboren. Sie war im Oktober 1987 18 Jahre alt und
wohnte in der B6 in B. Am Abend des 29. Oktober 1987 – einem Donnerstag – war sie
bei einem im gleichen Haus wohnenden Bekannten, dem Zeugen E, zu Besuch. Auch
die Zeuginnen L und T14 waren in der Wohnung des Zeugen E aufhältig. Gegen 22:00
Uhr wollte M1 aufbrechen, um zu ihrem Freund, dem Zeugen L1, nach X2-C5 zu fahren.
Da sie nicht genügend Geld hatte und auch die Zeugen ihr kein passendes Kleingeld
geben konnten, entschloss sie sich, nach X2 zu trampen. Sie verließ die Wohnung des
Zeugen E.
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Gegen 22.15 Uhr wurde sie von einer Bekannten, der Zeugin T15, trampenderweise an
einer Bushaltestelle auf der B7-Straße Richtung X2 in der Nähe der Autobahn gesehen.
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Der Angeklagte hatte die Zeugin T6 im Jahre 1985 geheiratet. Das Ehepaar lebte
inzwischen wieder – wie bereits vor dem Umzug nach X3 im Jahre 1983 – in T7, einem
kleinen Ortsteil von H. Die Zeugin T7 war vom 24. Oktober 1987 bis zum 13. November
1987 im Krankenhaus. Der Angeklagte war am Abend des 29. Oktober 1987 mit seinem
PKW in B unterwegs. Er bemerkte M1 an einer nicht näher feststellbaren Stelle am
Stadtrand von B und ließ sie einsteigen. An einem unbekannten Ort überwältige er sein
Opfer im PKW entsprechend einem zuvor gefassten Tatentschluss. Wahrscheinlich
nachdem er sie gefesselt hatte, zog er M1 die Kleidung aus und führte mit ihr gegen
ihren Willen den Geschlechtsverkehr aus. Anschließend tötete er M1 damit sie ihn nicht
anzeigen konnte. Der Angeklagte fuhr über eine Stunde mit dem Leichnam im Fahrzeug
umher, um einen Platz zu suchen, an dem er diesen ablegen könne. Schließlich legte er
die unbekleidete Leiche in einem Waldgebiet zwischen T16-T17 und H2 in der Nähe
der Lzz ab. Die Kleidung des Opfers verbrachte er an einen unbekannten Ort.
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M1 wurde bereits am folgenden Tag von ihren Eltern und Freunden vermisst. Die Eltern
erstatteten am 31. Oktober 1987 Vermisstenanzeige.
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Der Leichnam von M1 wurde erst am 2. Januar 1988 zufällig von zwei Niederländern,
die auf der Suche nach Geschosshülsen aus dem 2. Weltkrieg waren, dem Zeugen S3
und seinem Neffen, gefunden. Er war zum größten Teil von Laub bedeckt. Der Zeuge
S3 bemerkte zunächst nur die blonden Haare von M1. Sie lag angedeutet in Bauchlage
und war unbekleidet. Bei der am 3. Januar 1988 durchgeführten Obduktion fanden sich
bereits deutliche Fäulnisveränderungen und kleinere oberflächliche Tierfraßspuren.
Aufgrund der Fäulnisveränderungen waren diskrete Hautveränderungen, wie z. B.
kleine Blutunterlaufungen, Hauteinblutungen und Kratzer nicht mehr vorhanden. Über
der Halsmitte und der linken Halsseite befanden sich fleckförmige Verfärbungen.
Darunter fand sich eine fleckförmige, dunkelrote, wulstige Durchsetzung des Gewebes
an der rechten Halsseite und über dem vorderen Längsband der Wirbelsäule. Diese
Befunde können ein Hinweis auf eine stumpfe Gewalteinwirkung gegen den Hals im
Sinne von Würgen oder Drosseln gewesen sein. Hinweise auf andere erhebliche
mechanische Gewalteinwirkungen fanden sich am Körper nicht.
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5. Tat zum Nachteil der O2:
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O2 war im Juni 1990 30 Jahre alt. Sie hatte einen seinerzeit elfjährigen Sohn. Das ist
der Zeuge O3. Sie war noch verheiratet, lebte jedoch von ihrem Ehemann, dem Zeugen
O4, getrennt. Man bewohnte noch gemeinsam ein Haus in I5-S2. O2 lebte mit ihrem
Sohn in der oberen Etage, O4 in der unteren. O4 hatte eine neue Freundin, die Zeugin
X7. O2 war eine Beziehung mit dem Zeugen W2 eingegangen.
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O2 wollte am Abend des 15. Juni 1990 ausgehen. Sie verließ gegen 22:00 Uhr ihre
Wohnung, um eine Diskothek zu besuchen. Da ihr PKW seit circa zwei Wochen defekt
war, entschloss sie sich, entweder mit dem Bus zu fahren oder zu trampen. O2 besuchte
an diesem Abend die Diskothek "J"in H. Dort wurde sie vom Zeugen Q3 gesehen, der
dort an der Garderobe arbeitete. Der Zeuge unterhielt sich mit ihr. O2 verließ die
Diskothek, als diese kurz nach 03:00 Uhr am frühen Morgen des 16. Juni 1990 schloss.
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Dem Angeklagten, der noch in T7 wohnte, gehörte zu dieser Zeit ein schwarzer
Mercedes. Er hatte im Seitenfach des Fahrzeuges Knebel und Fesselungsutensilien,
nämlich Handschellen, einen Strick und zu Knebeln geknotete schwarze
Damenstrümpfe unterbracht. Er bemerkte in den frühen Morgenstunden des 16. Juni
1990 O2, die in Höhe des Hauses J5-Straße X in H stand und trampte. Der Angeklagte
entschloss sich, sie mitzunehmen, um sie an einem geeigneten Ort zu überwältigen und
zum Geschlechtsverkehr zu zwingen. O2 stieg in das Fahrzeug ein. Der Angeklagte fuhr
jedoch nicht nach I5-S2, sondern an S2 vorbei auf die Landstraße XXX Richtung E1.
Dort bog er nach links in einen Feldweg ein und hielt sein Fahrzeug an. Er drohte O2
derart massiv, dass sie kaum wagte, Gegenwehr zu leisten, als er ihre Hände mit
Handschellen fesselte. Außerdem knebelte er sein Opfer, indem er ihm ein in einen
Damenstrumpf eingeknotetes Taschentuch in den Mund presste und die Strumpfenden
im Nacken verknotete. Der Angeklagte fuhr nun mit seinem Opfer bis zur Bundesstraße
XXX, wo er zwischen O und B7 wiederum nach links in einen Feldweg abbog. Im Wald
vollzog er mit O2 gegen deren Willen den Geschlechtsverkehr. Anschließend tötete er
sie, um zu verhindern, dass sie Strafanzeige erstatten und die Straftat so aufgedeckt
würde. Er entkleidete den Leichnam, lies diesen im Wald liegen, nahm die Kleidung des
Opfers mit und legte sie in einem Waldstück zwischen M2 und C8 ab. Mit der Kleidung
entledigte er sich des zur Tatausführung verwendeten Knebels.
67
Am Morgen des 16. Juni 1990 stellte der Sohn von O2, der Zeuge O3, fest, dass seine
Mutter nicht zu Hause war. Er machte sich mit dem Fahrrad auf, um nach ihr zu suchen.
Schließlich sprach er mit seinem Stiefvater, dem Zeugen O4. Er rief auch den neuen
Freund seiner Mutter, den Zeugen W2 an. Keiner wusste um den Verbleib von O2. O4
erstattete am Abend des 17. Juni 1990 Vermisstenanzeige.
68
Die Kleidungsstücke und der Knebel wurden am 26. September 1990 zufällig von
Mitarbeitern eines Minensuchtrupps gefunden. In dem Knebel fand sich ein
eingeknotetes Herrentaschentuch, welches mit einem "E" versehen war.
69
Die sterblichen Überreste von O2 wurden erst am 20. Juni 1991 vom Zeugen O5, einem
K2, gefunden.
70
Der Leichnam war vollständig skelettiert. Die Knochen lagen teils auf dem Boden,
teilweise waren sie in Laub- und Nadelschicht eingesunken. Hinweise auf die
Todesursache, auf Tötungswerkzeuge, Fesselung oder Genitalverletzungen ergaben
sich nicht. Festgestellte knöcherne Beschädigungen waren durch postmortale
Einwirkungen, insbesondere Tierfraß, erklärbar.
71
Die Fähigkeit des Angeklagten, das Unrecht seines Handelns einzusehen und nach
dieser Einsicht zu handeln war bei keiner der fünf Taten aufgehoben oder auch nur
erheblich vermindert.
72
Geschehen nach den Taten:
73
Die Bemühungen der Kriminalpolizei, einen oder mehrere für die Tötungsdelikte
verantwortliche Täter zu ermitteln, waren zunächst nicht erfolgreich.
74
Der Angeklagte selbst übte in der Folgezeit verschiedene Berufe aus. Er geriet
zunehmend wirtschaftlich in Schwierigkeiten und wurde auch im Bereich der
Kleinkriminalität straffällig. Er trennte sich von seiner Ehefrau, der Zeugin T6, nachdem
er seine jetzige Frau, die Zeugin T8, geborene C1, kennen gelernt hatte. Der
Angeklagte heiratete die Zeugin T8. Mit ihr konnte er seine Neigung zu
sadomasochistischen Sexualpraktiken - sofern es die äußeren Umstände zuließen -
ohne Probleme ausleben. Die Zeugin T8 teilte die Neigungen ihres Ehemannes.
75
Beim Polizeipräsidium B war ab dem Jahre 2001 der Zeuge C9 mit den Ermittlungen
der Tat zum Nachteil der T11 befasst. Der Zeuge C9 zog sämtliche noch vorhandenen
Asservate bei, um sie molekulargenetisch untersuchen zu lassen. Im Fall T11 gab es –
ebenso wie im Fall H1 – Hinweise auf Sperma. Der Zeuge veranlasste im Jahr 2002
eine Untersuchung der noch vorhandenen Abstriche und Ausstriche auf DNA. Er
übersandte mit Antrag vom 9. Januar 2002 Abstrichröhrchen und Objektträgerausstriche
aus verschiedenen Scheidenregionen der T11. Die Untersuchungen im
Landeskriminalamt Nordrhein-Westfalen ergaben hinsichtlich eines Abstrichs, der mit
"Gebärmutterkanal" gekennzeichnet war, spermakopfähnliche Partikel. Aus der
Spermafraktion dieses Abstrichs wurde ein vollständiges DNA-Profil ermittelt. Der
Gebärmutterkanal schließt sich anatomisch an das Scheidengewölbe an. Das
vollständige DNA-Identifizierungsmuster wurde in die DNA-Analysedatei eingestellt. Zu
diesem Zeitpunkt gab es in dieser Datei kein identisches Muster.
76
Am 24. März 2007 wurde der Angeklagte beim Versuch, Altmetall zu stehlen, vorläufig
77
festgenommen. Am gleichen Tage erklärt er sich mit der Entnahme und
molekulargenetischen Untersuchung von Körperzellen einverstanden. Das Material
wurde entnommen und untersucht. Das DNA-Profil des Angeklagten konnte der
Spermaspur zugeordnet werden, die im Scheidenbereich der T11 sichergestellt und
später vom Landeskriminalamt molekulargenetisch analysiert worden war.
Auf Antrag der Staatsanwaltschaft B erließ das Amtsgericht B am 7. August 2007 (41 Gs
2944/07 a) Haftbefehl gegen den Angeklagten wegen des Verdachts, T11ermordet zu
haben. Ferner wurde die Durchsuchung der Wohnung und der Kraftfahrzeuge des
Angeklagten angeordnet. Am 16. August 2007 wurde die Wohnung des Angeklagten,
der inzwischen in der S4-Straße xx in O-F3 wohnte, von Beamten des Polizeipräsidiums
B durchsucht. Auch sein Kraftfahrzeug wurde untersucht. Seine früheren Ehefrauen,
seine Stieftochter, der Freund seiner Stieftochter, die Eltern, sein Bruder und andere
Kontaktpersonen wurden vernommen. Bei der Durchsuchung wurden SM-Utensilien
gefunden. Darunter befanden sich Handschellen, aus schwarzen Damenstrümpfen
selbst angefertigte, knebelartige Gegenstände und zwei Schusswaffen. Die Polizei
nahm auch mehrere Kartons mit Unterlagen mit, um diese später genauer sichten zu
können.
78
Der Angeklagte wurde am 16. August 2007 ab 09:00 Uhr morgens von den Zeugen C9
und N2 vernommen. Ihm wurde vom Zeugen C9 eröffnet, dass ihm zur Last gelegt
werde, T11 getötet zu haben. Er wurde vom Zeugen darüber belehrt, dass es ihm
freistehe, sich zur Beschuldigung zu äußern oder nicht auszusagen, ferner darüber,
dass er das Recht habe, jederzeit einen Anwalt zu sprechen. Während der sich
anschließenden Vernehmung verlangte der Angeklagte zu keinem Zeitpunkt, einen
Rechtsanwalt zuzuziehen.
79
Die Vernehmung gestaltete sich zäh und schwierig. Der Angeklagte äußerte sich
zunächst zu seinem persönlichen Werdegang. Er berichtete über Schule, Ausbildung,
Arbeit, Wohnorte und seine Ehefrauen. Die Vernehmung war von Pausen unterbrochen
und stockte bisweilen. Schließlich gab er zögernd und schrittweise zu, T11 getötet zu
haben. Er leitete dies mit den Sätzen ein: "Hypothetisch gesprochen, wenn ich es
gewesen wäre, dann wüssten Sie doch, dass es mir leid tut, so viel haben Sie mich ja
schon kennengelernt," und nach Verweis auf das Auffinden seiner DNA beim Opfer: "Ich
möchte auf der Stelle umfallen, wenn das Mädchen dafür wieder aufstehen könnte." Der
Angeklagte gab dann an, sich an einige Einzelheiten der Tat erinnern zu können. Er sei
mit einem Fahrzeug unterwegs gewesen, in V oder C5, da habe sie gestanden und
getrampt. Er habe angehalten, gefragt, wo sie hin möchte. Er habe sich mit ihr
unterhalten. Sie sei eingestiegen, habe sich auf den Beifahrersitz gesetzt, sie sei ihm
sympathisch gewesen. Er sei zuerst Richtung H und dann Richtung S2 gefahren. Er
konnte sich an die blonden Haare der T11 erinnern. Er habe sich zu ihr hingezogen
gefühlt und sei bestimmt auch sehr erregt gewesen. Es habe sich im Auto abgespielt,
sie hätten herumgeschmust, sie habe dann verneint, als er erregt gewesen sei. Er habe
dann nicht an sich halten können. Er habe weitergemacht, da er mehr gewollt habe.
80
Der Angeklagte sprach davon, Richtung I4 eingebogen zu sein und sie in einem
Waldstück raustransportiert zu haben. Es sei auf einem unbefestigten Weg an der
Straße von H nach O1 kurz vor O1 passiert. Er sei dann zurückgefahren, auf einen
geteerten Weg abgebogen. Der Angeklagte verwies darauf, dass dies bei T7 gewesen
sei, wo er gewohnt habe, da kenne er sich. Zunächst sei ein Waldstreifen gekommen,
dann Feld und dann wieder ein Wald. Er sei rechts in einen unbefestigten Weg
81
zwischen 20 und 40 Meter hineingefahren, habe sein Opfer aus dem Auto rausgeholt
und in den Wald in Unterholz und Gestrüpp gelegt.
Auf die Frage, wie T11 zu Tode gekommen sei, antwortete er zunächst, er müsse sie
wohl erwürgt haben, weil Gegenwehr da war. Er sei dann wahllos durch die Landschaft
gefahren und habe die Kleidung seines Opfers einzeln aus dem Fahrzeug geworfen.
Seine Ehefrau sei zu dieser Zeit nicht zu Hause gewesen, sie sei mit dem
Karnevalsverein T7 unterwegs gewesen.
82
Auf insistierende Nachfragen der Vernehmungsbeamten räumte er ein, Handschellen
als Fesselwerkzeuge eingesetzt zu haben. Er sprach dann von einer Neigung zu "Sado-
Maso-Spielchen". Er habe dies teilweise mit Prostituierten praktiziert, auch mit seiner
zweiten Frau, seine erste Frau habe davon nichts gewusst. Seine zweite Frau – die
Zeugin T6– habe sich manchmal ihm zuliebe auf diese Sexualpraktiken eingelassen.
83
Auf die Frage, warum er T11 nicht nur gefesselt, sondern auch noch gewürgt habe,
antwortete der Angeklagte, er sei in Panik geraten, das höchste Gut sei das Leben, das
zweite Gut die Freiheit.
84
Auf Vorhalt, T11 sei nicht erwürgt worden, gab der Angeklagte an, wenn er mit den
Händen, einem Strick oder einem Schal jemandem den Hals zuhalte, so meine er damit
erwürgen. Er wisse aber nicht mehr, wie er es gemacht habe. Er habe sie in jedem Falle
im Auto getötet, er könne sich sicher daran erinnern, einen leblosen Körper in den Wald
verfrachtet zu haben.
85
Der Angeklagte gab im Verlauf des Gesprächs über seine sexuellen Neigungen an,
Handschellen mitgeführt zu haben, falls er einmal ein Mädchen treffe, das ihn gefesselt
"vernascht". Er sei bisweilen bei Dominas gewesen, nie in größeren Clubs, er habe ein
ausgeprägtes Schamgefühl. Mit der dritte Ehe habe er mit den Domina-Besuchen
Schluss gemacht.
86
Um 16:25 Uhr wurde die Vernehmung für circa 25 Minuten unterbrochen, um dem
Angeklagten eine Pause zu gewähren. Er wurde in der Folgezeit zu Anhalterinnen,
Wohnorten, Fahrzeugen und danach befragt, ob er die Berichterstattung verfolgt habe.
Um 18:35 Uhr wurde auf Wunsch des Angeklagten Essen bestellt. Die Vernehmung
wurde bis 19:25 Uhr unterbrochen und sodann fortgesetzt. Schließlich wurde der
Angeklagte damit konfrontiert, man habe bei der Wohnungsdurchsuchung auch Knebel
gefunden. Ein spezieller Knebel spiele in einem anderen Tötungsdelikt eine bisher nicht
geklärte Rolle. Der Strafvorwurf wurde auf diese Straftat – damit war die Tat zulasten der
Frau O2 gemeint – erweitert. Der Angeklagte war danach nicht mehr bereit, weitere
Angaben zu machen. Die Vernehmung wurde gegen 21:15 Uhr geschlossen. Der
Angeklagte äußerte, das Vernehmungsprotokoll nicht unterschreiben zu wollen, er sei
zu kaputt, er unterschreibe vielleicht morgen, er stehe zu seinem Wort.
87
Etwas später am gleichen Abend wurde der Angeklagte nocheinmal von dem Zeugen
E2 befragt. Gegenüber diesem Zeugen und dem Zeugen N2 machte er freiwillig und von
sich aus weitere Angaben zur Tat zulasten der T11. Er habe sie an den Handgelenken
festgehalten und mit der anderen Hand an ihre Brüste gefasst, sie dazu gebracht sich
auszuziehen, den Beifahrersitz seines Fahrzeugs habe er mit einem Hebel nach unten
klappen können. Das Mädchen habe sich vorher gewehrt, deshalb habe er sie
festgehalten. Es sei Panik da gewesen, sie habe geweint. Er habe seinerzeit einen alten
88
roten Mercedes gehabt. Erneut erwähnte er, er sei bei I4 in das Waldstück gefahren.
Gegen 22:52 Uhr wurde die Vernehmung beendet. Der Angeklagte verweigerte wieder
die Unterschrift.
Am 17. August 2007 ab 09:50 Uhr morgens wurde der Angeklagte erneut vernommen,
diesmal von den Zeugen N2 und E2. Der Angeklagte wurde noch einmal über sein
Recht zur Aussageverweigerung und auf Hinzuziehung eines Rechtsanwalts belehrt.
Ihm wurde eröffnet, er sei Beschuldigter in insgesamt fünf Mordfällen. Ihm wurden die
Bilder der fünf Tatopfer vorgelegt, die sie zu Lebzeiten zeigten.
89
Der Angeklagte war zunächst nicht bereit, sich zu den weiteren Vorwürfen zu äußern.
Ihm wurde auf seinen Wunsch hin Gelegenheit gegeben, mit seiner Mutter zu sprechen.
Anschließend war er bereit, weitere Angaben zu machen. Auch an diesem Tag
verlangte er nicht die Hinzuziehung eines Rechtsanwalts.
90
Er gab an, "vom Grundsatz her Handschellen, Strick und Strümpfe dabei" gehabt zu
haben. Es seien handelsübliche Metallhandschellen gewesen. Jedenfalls in dem
Mercedes habe er Handschellen, Strümpfe und ein Seil im Seitenfach gehabt. Er sprach
auch von Buße für seine Taten. Er stellte die Taten "vom Grundsatz her" in
Zusammenhang mit den Schwierigkeiten mit seiner damaligen Partnerin, der Zeugin
T11.
91
Der Angeklagte gab im Verlauf der Vernehmung an, Frau O2 in H in der Stadt
aufgenommen zu haben. Er habe sie an einer Straßengabelung aufgenommen, es
seien alles Anhalterinnen gewesen. Er sei mit Frau O2 in einem Waldstück zwischen B7
und O gewesen. Er habe ihr die Handschellen angelegt und sei dann mit ihr in den
Wald rein. Das bei Frau O2 gefundene Taschentuch sei von ihm, er habe sie damit und
mit dem Strumpf geknebelt. Das Taschentuch sei praktisch in den Strumpf eingewickelt
worden. Im Wald habe er sich an ihr vergangen, sie habe überhaupt keinen Widerstand
geleistet. Er habe sie umgebracht und sie quasi nackt zurückgelassen. Den Knebel und
die Kleidung habe er dort, wo sie gefunden wurden, in die Büsche geschmissen.
Damals habe er einen schwarzen Mercedes gefahren. Dies sei das letzte Mal gewesen,
dass er ein Mädchen umgebracht habe.
92
Bei Vorlage eines Fotos der X4 gab er an, diese auch in C5 aufgelesen zu haben. Das
sei auf der I6-straße bei einer kleinen Discothek gewesen, unweit der heutigen Esso-
Tankstelle. Sie sei allein gewesen und habe getrampt. Sie sei sehr auffällig, wie eine
"kleine Rockerin", dunkel gekleidet gewesen. Er habe nicht vaginal mit ihr verkehrt,
vielmehr sie mitgenommen, überwunden und gefesselt. Es habe sich alles im Auto
abgespielt, sie habe sich wenig gewehrt. Er habe sich selbst befriedigt, sei noch mit ihr
rumgefahren und habe sie irgendwo in B3-A abgelegt. Als er mit ihr rumgefahren sei,
habe sie noch gelebt.
93
Der Angeklagte erhielt sodann Gelegenheit, seine bisherige Aussage zu lesen, diese zu
unterschreiben und handschriftliche Ergänzungen vorzunehmen. Von der
letztgenannten Möglichkeit machte er an mehreren Stellen Gebrauch. Auf der ersten
Seite des Protokolls vom 17. August 2007 fügte er beispielsweise in den Satz "Darin
waren auch Handschellen und überwiegend Damenbekleidung" zwischen die Worte
"überwiegend" und "Damenbekleidung" die Worte "Leder- u. Lack" ein und setzte seine
Unterschrift neben die Einfügung.
94
Der Angeklagte wurde befragt, ob er auch versucht habe, mit dem Töten aufzuhören. Er
wies darauf hin, die Abstände zwischen den Taten, insbesondere zwischen dem vierten
und dem fünften Opfer seien ja länger geworden. Er habe "vom Grundsatz" versucht,
aufzuhören.
95
Auf die Frage, wie es zur ersten Tat gekommen sei, gab er an, die – er meinte damit H1
– sei auch getrampt. Sie habe in N1 in Richtung B gestanden. Er sei auf jeden Fall mit
ihr in B3 gelandet. Er habe damals noch nichts bei sich gehabt, keine Handschellen. Er
habe sie im Kampf umgebracht, sie habe immer gerufen, ihn anzeigen zu wollen. Dies
habe er mit allen Mittel vermeiden wollen. Sie habe sich gewehrt, mit dem Fuß gegen
die Windschutzscheibe getreten, dabei sei die Scheibe kaputt gegangen, sie sei "richtig
ausgebrochen", er habe dann noch Stücke weggetan, damit er überhaupt etwas sehen
konnte.
96
Erst Tage nach dieser Vernehmung wurde bei den sichergestellten Unterlagen des
Angeklagten ein Reparaturauftrag über die Erneuerung einer Windschutzscheibe bei
einem Ford Capri mit dem Datum 27.7.1983 gefunden.
97
Der Angeklagte gab weiter an, er habe mit ihr nach seiner Erinnerung keinen
Geschlechtsverkehr gehabt, obwohl er dies wollte. Sie habe sich zu stark gewehrt.
98
Angesprochen auf die Tat zum Nachteil der M1 äußerte er, Schwierigkeiten mit der
Erinnerung zu haben. Er konnte sich lediglich noch daran erinnern, das Mädchen in B
mitgenommen zu haben, er meinte, sie habe einen dunklen Mantel angehabt. Er seit mit
ihr am längsten rumgefahren, um sie abzulegen, circa eineinhalb Stunden. Er habe sie
an einem Ort umgebracht, sei dann weitergefahren und habe sie irgendwo anders
abgelegt. Es sei in einer Ecke gewesen, wo er sich nicht auskannte, es sei dunkel
gewesen. Er habe sie im Auto ausgezogen und sich an ihr vergangen. Die Kleidung
habe er entsorgt. Er habe das Mädchen nackt abgelegt.
99
Als ihm der Ort T16, Ortsteil T17, vorgehalten wurde, äußerte er, dies sei möglich, er
kenne den Ortsteil nicht.
100
Die Vernehmung endete damit, dass der Angeklagte in Tränen ausbrach. Der
Angeklagte nahm erneut handschriftliche Änderungen am Vernehmungsprotokoll vor. Er
unterschrieb das Protokoll und auch die einzelnen Seiten.
101
Weder bei der Vernehmung am 16. noch der am 17. August 2008 bemerkten die
Vernehmungsbeamten beim Angeklagten irgendeine Form sexueller Erregung. Der
Angeklagte wurde nicht misshandelt. Ebenso wenig wurde ihm mit irgendeiner Form
von Misshandlung gedroht.
102
Noch am Tage der zweiten polizeilichen Vernehmung, also am Freitag, dem 17. August
2007, wurde der Angeklagte im Polizeipräsidium B zur Verkündung des Haftbefehls
dem Richter vorgeführt. Diensthabender Richter war der Zeuge Richter am Amtsgericht
G3. Dieser begab sich in das Polizeipräsidium, denn an diesem Nachmittag und Abend
war auf dem Gelände des Amts- und Landgerichts B Justizfest. Dem Angeklagten wurde
der Gegenstand des bestehenden Haftbefehls vorgehalten. Ihm wurde vorgehalten, der
Vorwurf werde auf insgesamt fünf Taten erweitert, auf die auch der Haftbefehl erweitert
werden sollte. Der Angeklagte wurde belehrt, er wurde darauf hingewiesen, dass es ihm
freistehe, sich zu der Beschuldigung zu äußern oder nicht auszusagen und jederzeit,
103
auch vor seiner Vernehmung, einen von ihm zu wählenden Verteidiger zu befragen,
ferner dass er zu seiner Entlastung einzelne Beweiserhebungen beantragen könne. Der
Angeklagte kannte den Vorwurf. Er war ruhig. Zu diesem Zeitpunkt hatte sich
Rechtsanwalt C10 in der Sache gemeldet – was dem Angeklagten mitgeteilt wurde –,
war jedoch nicht erschienen. Der Angeklagte wies darauf hin, er habe stundenlang
ausgesagt, es sei ihm jetzt zu viel. Er räumte die fünf Taten pauschal ein. Mit seinem
Rechtsanwalt wollte er erst nach der Vernehmung sprechen. Anzeichen für eine
sexuelle Erregung des Angeklagten stellte der Zeuge G3 nicht fest.
Der Angeklagte wurde in der JVA E3 in Untersuchungshaft genommen. Am 21. und 22.
August 2007 fanden sogenannte Ausantwortungen durch die Kriminalpolizei statt. Die
Zeugen E2, C9 und N2 begaben sich am 21. August 2007 mit einem Pkw zur JVA E3
und holten den Angeklagten, der nochmals ausdrücklich über seine Rechte belehrt
wurde, dort ab, um mit ihm die Ereignisorte von E3 kommend von Nord nach Süd
anzufahren. Man befuhr zunächst die Autobahn in Richtung N. Der Angeklagte dirigierte
den Fahrer.
104
Während der Fahrt auf der B XXX von O nach B7 bat der Angeklagte etwas langsamer
zu fahren. Er meinte, der Ablageort der Frau O2 müsse links der Bundesstraße hinter
einem freien Stück liegen. Er zeigte den Polizeibeamten einen Feldweg, der im
stumpfen Winkel von der B XXX abzweigte. Man fuhr dann den Feldweg entlang. Im
weiteren Verlauf zeigte der Angeklagte in das dort befindliche Waldstück und gab an,
die Frau im Wald überwältigt und getötet zu haben. Er habe noch Fahrgeräusche der
Autos auf der B XXX wahrnehmen können.
105
In diesem Waldstück hatte der Zeuge O5 die Knochen vom Skelett der O2 gefunden.
106
Im weiteren Verlauf zeigte der Angeklagte den Beamten eine Stelle, wo er mit O2 in
einen Feldweg abgebogen sei. Es handelte sich um einen Feldweg an der L XXX,
welcher auf einer freien Strecke hinter der Ortschaft S2 in Richtung E1 nach links
abzweigt. Der Angeklagte zeigte dann einen parallel zur L XXX verlaufenden Feldweg.
Dort habe er Frau O2 überwältigt, gefesselt und geknebelt. Auf die Frage, ob Frau O2
Gegenwehr geleistet habe, gab er an, er habe "die Mädchen verbal bearbeitet und dann
an den Händen fixiert".
107
Dieser Überwältigungsort war den ermittelnden Polizeibeamten bis zu diesem Zeitpunkt
völlig unbekannt gewesen. Es hatte sich im Laufe der Ermittlungen kein Anhaltspunkt
dafür gezeigt, neben einem Aufnahmeort und einem Ablageort habe es eine dritte Stelle
gegeben, an der der Täter angehalten und sein Opfer überwältigt und gefesselt habe.
108
Das Fahrzeug wurde sodann weiter nach Süden gesteuert. Die Fahrt wurde weiterhin
vom Angeklagten dirigiert.
109
Der Angeklagte zeigte auf der Fahrt von der Ortschaft H-O1 in Richtung H-Innenstadt auf
der L yy rechtsseitig auf einen unbefestigten Waldweg, der mit zwei Ausfahrten auf die L
yy stößt. Der Angeklagte gab an, T11 an dieser Stelle gefesselt und überwunden zu
haben. Auch auf diesen "Überwältigungsort" hatte es im Laufe der Ermittlungen nie
einen Hinweis gegeben. Der unbefestigte Weg an der Straße von H nach O1 war
vielmehr erstmals vom Angeklagten selbst in seiner Vernehmung am 16. August 2007
erwähnt worden.
110
Nicht weit von diesem Überwältigungsort zeigte der Angeklagte auf der L yy Richtung H
fahrend an, dass man nach rechts auf einen Waldweg in Richtung I4 abbiegen solle. Er
zeigte den Beamten die Ablagestelle der T11 in dem an den genannten zwischen I4 und
T7 befindlichen Waldweg angrenzenden Waldstück. Er gab an, das Mädchen auf dem
Waldweg im Auto getötet zu haben.
111
In diesem vom Angeklagten gezeigten Waldstück war der Leichnam der T11 seinerzeit
vom Zeugen Q2 gefunden worden.
112
Der Angeklagte dirigierte die Polizeibeamten sodann nach H. Dort gab er selbständig
die Stelle an, wo er O2 als Tramperin nachts mitgenommen habe. Es handelt sich um
die I5-Straße in Höhe der Hausnummer X.
113
Von H aus lenkte der Angeklagte die Polizeibeamten auf die B XXX Richtung V. In V,
Ortsteil C5, zeigte der Angeklagte den Beamten spontan eine Stelle, wo er T11 in sein
Fahrzeug aufgenommen habe. Die Stelle liegt auf der B XXX, die dort S-Straße heißt,
vor der Einmündung I7-Straße. Der Angeklagte gab an, T11 habe dort in Richtung H
getrampt. Gegenüber dieser Stelle befindet sich ein Gewerbegebiet, in dem früher die
Discothek S1 betrieben wurde. In der Nähe, immer noch auf der B XXX in C5,
Fahrtrichtung Aachen, zeigte der Angeklagte auf ein Gelände, wo sich die Firma "T18"
befindet. Der Angeklagte gab an, dort sei früher eine kleine Discothek gewesen. Er habe
an dieser Stelle das Mädchen, welches wie eine Rockerin ausgesehen habe, in sein
Auto aufgenommen und sei mit ihm in Richtung B gefahren.
114
Der Angeklagte dirigierte die Beamten sodann von der B XXX auf die L XXX Richtung
I2. Im Ortsteil I2-N1 zeigte er auf der L XXX, die dort H-Straße heißt, im Bereich der
Einmündung der I3 die Stelle, an der er H1 als Anhalterin in sein Fahrzeug
aufgenommen habe. Er gab an, nicht mehr zu wissen, ob H1 in Richtung B oder auf der
gegenüberliegenden Straßenseite in Fahrtrichtung V gestanden habe. Er gab jedoch an
sicher zu sein, mit Frau H1 nach B3 gefahren zu sein.
115
Der Angeklagte lenkte die Polizeibeamten sodann weiter auf der H-Straße von N1 aus
in Fahrtrichtung B. Er ließ die Beamten in die C11-Strße einbiegen, die im weiteren
Verlauf zur Q4-Straße wird. Diese Straße, es handelt sich um die L XX , führt durch den
Ortsteil B3-A bzw. an diesem vorbei und dann nach B3. In B3 stößt die Straße auf die
X2-Straße. In diese ließ der Angeklagte den Fahrer nach rechts einbiegen. Man fuhr
weiter Richtung X2 und an der nachfolgenden Kreuzung wieder nach rechts. Die Straße
heißt dort immer noch X2-Straße. Es handelt sich um die B XX. Er wies die Beamten im
weiteren Verlauf an, in die Straße "C12" nach rechts einzubiegen. Der Angeklagte gab
an, in dieser Gegend den Ablageort von H1 finden zu wollen. Er konnte sich jedoch
nicht erinnern. Der Zeuge C9 befuhr sodann die P. Obwohl die Fahrt an dem Waldstück
vorbeiführte, wo H1 gefunden worden war, war der Angeklagte nicht in der Lage, den
Ablageort näher anzugeben.
116
An den Ablageort von X4 konnte sich der Angeklagte zunächst nicht genau erinnern. Er
gab den Bereich mit "irgendwo hinter B3" an. Der Zeuge C9 fuhr, ohne vom
Angeklagten dirigiert zu werden, über B3 in die Ortschaft X2-F1. Als die ehemalige
Verbindungsstraße zwischen F1und C5 befahren wurde, konnte sich der Angeklagte
plötzlich an den Ablageort erinnern und dirigierte den Zeugen C9 selbständig zu einem
von der F1-Straße abzweigenden Feldweg. Er gab an, er habe das Opfer in einer
Entfernung von circa 30 Metern links abgelegt. Die Kleidung habe er bei dem Mädchen
117
belassen, weil es schon hell wurde.
Es handelt sich dabei um das Gelände "B5", wo der Leichnam von X4 vom Zeugen G2
gefunden worden war.
118
Hinsichtlich der Tat zum Nachteil von M1 konnte der Angeklagte praktisch keine
Angaben zu den Örtlichkeiten machen. Der Angeklagte konnte sich lediglich daran
erinnern, ein blondes Mädchen am Ortsrand von B, stadtauswärts trampend,
aufgenommen zu haben. Auch an den Ortsteil B-I8, der vom Zeugen C9 befahren
wurde, konnte sich der Angeklagte nicht erinnern. Schließlich wurde vom Zeugen C9
der Ortsteil T17und der Parkplatz an der L XX/XX zwischen T16 und H2 und T17
angefahren und passiert. Der Angeklagte konnte sich gleichwohl nur noch daran
erinnern, mit dem Mädchen längere Zeit in einem ihm nicht bekannten Gebiet
herumgefahren zu sein.
119
Der Angeklagte wurde in der Folgezeit in die JVA B verlegt. Am 2. Oktober 2007 wurde
der Angeklagte von seiner Ehefrau, der Zeugin T8 , und dem gemeinsamen Sohn T9
sowie der Stieftochter, der Zeugin C2, besucht. Die Besuchsüberwachung wurde vom
Zeugen G4 durchgeführt. Der Angeklagte gab nach Ende des Besuchs gegenüber dem
Zeugen G4 an, er werde Rechtsanwalt E4 mit der Vertretung seiner Interessen
beauftragen. Der Zeuge G4 sprach den Angeklagten darauf an, ob er möglicherweise
weitere Details der bereits besprochenen Taten äußern wolle und möglicherweise noch
Angaben zu weiteren Taten machen möchte. Der Angeklagte gab spontan und ohne
weiteren Vorhalt an, dass er beim Leben der drei Personen, die ihn gerade besucht
hatten, schwöre, dass er nur die fünf Morde begangen habe, die er bereits gestanden
habe. Weitere Delikte habe er nicht begangen.
120
Mit Schreiben vom 8. Januar 2008 widerrief der Angeklagte das gegenüber der Polizei
abgelegte Geständnis.
121
III.
122
1) Zur Person
123
Die Feststellungen zu den persönlichen Verhältnissen des Angeklagten beruhen auf
dessen eigenen Angaben, den Angaben des Zeugen G4 zu den äußeren Verhältnissen
des Angeklagten, soweit sie der Angeklagte als richtig anerkannt hat, sowie ergänzend
auf den Angaben der Zeuginnen I1, T6 und T8.
124
Die Feststellungen zu den strafrechtlichen Belastungen des Angeklagten beruhen auf
dem in der Hauptverhandlung verlesenen Auszug aus dem Bundeszentralregister, der
vom Angeklagten als richtig anerkannt worden ist, und den weiteren in der
Hauptverhandlung ausweislich des Protokolls verlesenen Urkunden aus den
beigezogenen Strafakten.
125
2) Zur Sache
126
Die Feststellungen zur Sache beruhen auf den Angaben des Angeklagten, soweit ihnen
gefolgt werden konnte, sowie auf den ausweislich des Hauptverhandlungsprotokolls
erhobenen Beweisen.
127
a) Geständnis
128
Der Angeklagte hat die ihm zur Last gelegten Taten mehrfach gestanden.
129
Er hat zunächst am 16. August 2007 die Tat zum Nachteil der T11 gegenüber den
Vernehmungsbeamten, den Zeugen N2 und C9, eingeräumt. Am folgenden Tag, dem
17. August 2007, hat er auch die übrigen vier Taten eingeräumt, diesmal gegenüber den
Zeugen N2 und E2. Ein weiteres Geständnis vor der Polizei - wiederum gegenüber den
Zeugen E2, C9 und N2- erfolgte anlässlich der Fahrt zur Ausantwortung am 21. August
2007. Die genannten Zeugen haben - so wie die Kammer dies festgestellt hat - über die
Angaben des Angeklagten und die Begleitumstände der Vernehmung, insbesondere
über das Verhalten des Angeklagten, seine Stimmung, seinen körperlichen und
psychischen Zustand berichtet und auch ihr eigenes Vorgehen bei den Vernehmungen
geschildert.
130
Die Kammer hat keinen Anlass, an der Richtigkeit der Angaben der Zeugen zu zweifeln.
Die Aussagen waren in sich schlüssig, plausibel und widerspruchsfrei. Sie ergänzen
sich wechselseitig. Die Zeugen haben ersichtlich das wiedergegeben, was sie in
Erinnerung hatten. Erinnerungslücken haben sie deutlich gemacht. Die Aussagen
waren überwiegend detailliert, teilweise wurden Einzelheiten durch Vorhalt der
polizeilichen Vernehmungsprotokolle bzw. des Berichts über den Verlauf der
Ausantwortung erfragt.
131
Dass sich die Zeugen gut an die Vernehmungen erinnern konnten, ist plausibel vor dem
Hintergrund der besonderen Bedeutung, die das Verfahren - gerade auch für die
Kriminalpolizei in B- hatte und hat. Eine besondere Belastungstendenz hat die Kammer
bei keiner der Aussagen feststellen können. Den Zeugen war wohl anzumerken - und
sie haben dies nicht zu verbergen versucht -, dass sie über ihren Ermittlungserfolg
erleichtert und froh waren. In ihrer Haltung und in ihren Aussagen fanden sich aber
keinerlei Anzeichen, die den Verdacht begründen, sie wollten den Angeklagten
insgesamt oder auch nur in Einzelheiten zu Unrecht belasten oder in ein falsches,
schlechtes Licht rücken.
132
Dieser Verdacht ergab sich auch nicht aus dem Umstand, dass insbesondere dem
Zeugen C9 verhalten gezeigter Stolz anzumerken war. Er hat nicht nur über den Verlauf
der Vernehmungen, sondern auch über den Gang seiner Ermittlungen, der zum "DNA-
Treffer" und damit aus Sicht der Kriminalpolizei zum entscheidenden Durchbruch führte,
so wie festgestellt, berichtet.
133
Ein weiteres Geständnis erfolgte am Abend des 17. August 2007 gegenüber dem
Zeugen Richter am Amtsgericht G3 anlässlich der Verkündung des Haftbefehls. Der
Zeuge hat von dem Geständnis und von den Begleitumständen berichtet. In der
Aussage dieses Zeugen fanden sich keinerlei Anhaltspunkte für eine
Belastungstendenz oder Unrichtigkeit der Aussage. Auch der Zeuge G4 hat von der
Erneuerung des Geständnisses anlässlich der richterlichen Vorführung berichtet.
134
Eine letzte Wiederholung des Geständnisses erfolgte schließlich am 02. Oktober 2007
gegenüber dem Zeugen G4, der sich noch an den Wortlaut der spontanen, ohne Vorhalt
getätigten Aussage des Angeklagten erinnern konnte.
135
b) Widerruf und Einlassung
136
Der Angeklagte hat sein Geständnis vor Beginn der Hauptverhandlung widerrufen. In
der Hauptverhandlung hat er gegenüber dem Gericht angegeben, er habe die ihm zur
Last gelegten Taten nicht begangen, das Geständnis sei falsch. Im Einzelnen hat er sich
wie folgt eingelassen:
137
Er habe "vom Grundsatz" öfters Anhalterinnen mitgenommen. T11 müsse dabei
gewesen sein, er habe "mit Mehreren" häufig Verkehr gehabt. Er habe seinerzeit besser
ausgesehen, Chancen und keine Probleme gehabt. Er habe noch nie einer Frau Gewalt
angetan und nie jemanden umgebracht. Auf die Frage, wie sein Samen in die Scheide
von T11 gelangt sei, gab er an, dies müsse "auf dem normalen Weg passiert sein,
Zufälle passieren". Er wisse nicht, ob er damals das Bild der Getöteten in der Zeitung
gesehen habe, jedenfalls habe er nicht darauf geachtet. Weiter gab er an: "Ich hatte
einvernehmlichen Sex mit der Dame."
138
Er meinte, sein Geständnis sei "ein schlechter Witz". Auf die Frage des Gerichts nach
der Scheibe im Fall H1 gab der Angeklagte an, die Scheibe sei gerissen, er glaube,
dass dies von Steinschlag herrühre. Angesprochen auf die bei ihm gefundene
Rechnung vom 27. Juli 1983 meinte der Angeklagte, dies sei ein "dummer Zufall, wenn
man so will."
139
Das im Fall O2 gefundene Taschentuch kenne er nicht, er habe keine gestickten, nur
bedruckte Taschentücher gehabt.
140
Der Angeklagte gab an, er sei von 09.00 Uhr morgens bis 23.00 Uhr abends am 16.
August 2007 vernommen worden, es habe zwei Pausen gegeben, es sei "eine
Frechheit, was da abgegangen" sei. Ihm seien Schläge angedroht worden. Die
Vernehmungsbeamten hätten bewusst vermieden, dass er Kontakt zu einem Anwalt
aufnehme. Er sei während der gesamten Vernehmung nicht belehrt worden. Er könne
kein Täterwissen haben, Fragen seien suggestiv mit "entsprechenden Hinweisen"
gestellt worden. Er habe fünf Fälle gestanden, warum möchte er heute selber wissen,
das könne keiner nachvollziehen. Er habe mehrfach nach einem Anwalt gefragt.
141
Der Angeklagte gab weiter an, am zweiten Vernehmungstag nach ca. 45 Minuten habe
es aufgrund des Vernehmungsdrucks eine "Wende zum Sexuellen" gegeben, das
könne mit dem Besuch seiner Mutter zusammenhängen, er habe auch eine Erektion
gehabt. Der Vernehmungsdruck habe ihn sexuell erregt. Etliches, was im
Vernehmungsprotokoll als seine Aussage wiedergegeben sei, habe er nicht oder "nicht
so" gesagt, teilweise habe er sich auch Dinge ausgedacht, etwa den Tritt gegen die
Windschutzscheibe im Fall H1.
142
Als er das Vernehmungsprotokoll am zweiten Vernehmungstag unterschrieben habe,
sei er nicht mehr sexuell erregt gewesen. In dem Zustand, in dem er sich da befand,
hätte er alles unterschrieben.
143
Vom Zeugen Richter am Amtsgericht G3 sei er zwar nicht bedroht, aber auch nicht
belehrt worden. Diesem gegenüber habe er nicht von der vorausgegangenen Drohung
erzählt, weil "der Akku leer" war. Er habe den Zeugen nicht mehr nach einem Anwalt
gefragt, was im richterlichen Vernehmungsprotokoll stehe, habe er nicht gesagt. Ob er
pauschal eingeräumt habe, die fünf Tötungsdelikte begangen zu haben, vermöge er
nicht mehr zu erinnern.
144
Der Angeklagte hat weiter angegeben, auch vor der ersten Ausantwortungsfahrt habe er
nach einem Anwalt gefragt, er sei aber nicht bedroht worden und "gut drauf" gewesen.
Er habe die Beamten auf der Fahrt nicht dirigiert. Hinsichtlich des Falles H1 habe er von
einem G5, mit dem er im Jahre 1990 zusammen inhaftiert gewesen sei, von einer Stelle
"an der Reithalle" gehört, wo H1 gefunden worden sei. Die Ablageorte O2 und T11 habe
er "ganz allgemein" gekannt. Bei T11, weil es Dorfgespräch war, bei O2 vermutlich aus
der Presse. Den Ablageort von X4 habe er mit "B3-A" angegeben, bei M1sei man zu
Aufnahme- und Ablageorten gefahren. Er habe in zwei Fällen (T11 und O2) neben
Aufnahme- und Ablageort dritte Orte als Überwältigungsorte angegeben. Die habe er
sich zusammenphantasiert, er habe sie frei erfunden, "um die Sache schlüssig zu
machen". Die Aussage des Zeugen G4 zu dem Geständnis am 02. Oktober 2007
schließlich sei falsch.
145
c) Richtigkeit des Geständnisses
146
Das Geständnis des Angeklagten ist richtig. Seine Einlassungen sind, soweit sie nicht
mit den Feststellungen der Kammer übereinstimmen, widerlegt.
147
aa)
Angeklagten in diesem Fall ergibt sich schon aus anderen, objektiven Beweismitteln.
148
Bei T11 wurden Spermien des Angeklagten im Scheidenbereich gefunden. Der
Angeklagte hat eingeräumt, mit T11 Geschlechtsverkehr gehabt zu haben. Da die
Spermien noch gefunden wurden, muss der Geschlechtsverkehr auch im engen
zeitlichen Zusammenhang mit der Tötung der T11 stattgefunden haben. Es gibt keine
Anhaltspunkte, die dafür sprechen, T11 könnte kurz vor ihrem Tod einvernehmlichen
Geschlechtsverkehr mit dem Angeklagten gehabt haben. Es ist vielmehr fernliegend
anzunehmen, eine 17-jährige Schülerin, die bei ihren Eltern wohnt, die von mehreren
Zeuginnen als sehr zurückhaltend geschildert wurde, die mit einer Freundin zunächst
mit dem Fahrrad und dann gemeinsam trampend eine Diskothek aufsucht, könnte
Interesse an schnellem und anonymem Geschlechtsverkehr mit einem ihr bis dahin
unbekannten, deutlich älteren Autofahrer gewünscht haben. Völlig unplausibel ist die
Einlassung des Angeklagten hierzu, er habe an T11 einerseits keinerlei Erinnerung,
andererseits habe er bei der Polizei aber von T11 gewusst, dass sie ganz in der Nähe
seines damaligen Wohnsitzes T7 gefunden wurde, dies sei damals Dorfgespräch
gewesen.
149
bb)
anderen vier Taten begangen hat.
150
Zunächst fällt auf, dass die Auffindeorte von Kleidung und Leichen in der Nähe einer
gedachten durchgehenden Linie von B7 im Norden nach T17 im Süden gelegen sind.
Dies ist ein Indiz dafür, dass zwischen den Taten eine Verbindung besteht. Die Opfer
sind vergleichbar. Der Täter hat jeweils ähnliche Umstände zur Begehung der Taten
ausgenutzt.
151
In den ersten drei Fällen gibt es Fesselungsspuren an den Handgelenken der Opfer, d.
h. sie waren einige Zeit nicht in der Lage, sich zu wehren. In den Fällen 4 (M1) und 5
(O2) ließen sich zwar Fesselungsspuren wegen der Leichenveränderungen nicht mehr
nachweisen. Fesselungen sind jedoch auch hier nicht ausgeschlossen.
152
Es gab in keinem der Fälle Anzeichen für Abwehrverletzungen oder
Schlagverletzungen im Gesicht. Das heißt, dass es dem Täter gelang, die Opfer zum
Beispiel aufgrund sprachlicher manipulatorischer Fähigkeiten einzuschüchtern, zu
beeinflussen oder zu täuschen. In den Fällen 1 bis 3 handelte es sich um dieselbe
Tötungsart. In den Fällen 4 und 5 ist diese Tötungsart nicht auszuschließen, da z. B.
Schnitt- oder Stichwunden nicht mehr gefunden werden konnten. Schließlich stimmt die
Art und Weise des Ablegens der getöteten Opfer überein: An einem Ort im Freien, in
dessen Nähe man mit einem Fahrzeug fahren kann, wobei vom Täter keinerlei
Anstrengungen gemacht wurden, das Opfer zu vergraben oder zu verstecken.
153
cc)
nur der Täter wissen konnte, die also nicht einmal den Vernehmungsbeamten bekannt
gewesen sein können. Dies spricht gegen die These eines von den vernehmenden
Polizeibeamten teilweise erfundenen Geständnisses.
154
Der Angeklagte hat im Fall H1 von einer durch Tritte beschädigten Windschutzscheibe
seines Fahrzeuges gesprochen. Am Tag nach der Tat ließ der Angeklagte die
Windschutzscheibe seines Fahrzeuges reparieren. Diesen Umstand kann die Polizei
kaum erfunden haben, denn der Reparaturbeleg vom 27. Juli 1983 war zum Zeitpunkt
der Vernehmung des Angeklagten zwar schon mit sonstigen Unterlagen
beschlagnahmt, aber noch nicht entdeckt worden.
155
Im Fall X4gab der Angeklagte in seiner Vernehmung an, er habe sein Opfer bei der
Diskothek "Q" aufgenommen. Dies stimmte zwar einerseits mit dem bisherigen
Ermittlungsergebnis insoweit überein, als X4 dort tatsächlich gewesen war. Andererseits
war sie jedoch vom Zeugen Q1 in N1 gesehen worden, so dass die Polizei bis zum
Geständnis des Angeklagten von N1 als wahrscheinlichem Aufnahmeort ausgegangen
war.
156
Im Fall H1 gab der Angeklagte an, keinen Geschlechtsverkehr mit seinem Opfer gehabt
zu haben. Nach dem bisherigen Ermittlungsergebnis lag es aber nahe, dass
Geschlechtsverkehr mit dem Täter stattgefunden hatte, denn am Scheideneingang
waren einige Samenfäden gefunden worden.
157
Zu T11 gab der Angeklagte die B XXX unweit der Diskothek "S21" als Aufnahmeort an.
Auch dies stimmte einerseits mit den Ermittlungen überein, da T11 mit der Zeugin C7
dort gewesen war. Nach seinerzeitiger polizeilicher Erkenntnis war T11 jedoch von
mehreren Zeugen (S5, geborene S6, F4, H3, S7) in der Nacht vom 31. August auf den
01. September gegen oder nach 24.00 Uhr am Autohaus H4 in H, also in einer
Entfernung von 5 bis 6 km von der S1 entfernt, gesehen worden, so dass diese Stelle
als wahrscheinlicher Aufnahmeort galt.
158
Im Fall H1 hatten nach damaligem Ermittlungsstand die Zeugen G6 (jetzt T19) und F5
(jetzt X8) das spätere Tatopfer noch am Abend des 28. Juli 1983 (Donnerstag) in der
Diskothek "E5" in B-S8 gesehen. Der Angeklagte hat aber nicht diesen Ort, sondern I2-
N1 als Aufnahmeort angegeben. Dort wohnte der Zeuge M, der Freund der H1.
159
Bei der Ausantwortung schließlich hat der Angeklagte in 2 Fällen (T11 und O2) den
Beamten Stellen gezeigt, wo er sein Opfer überwältigt habe. Dass es solche - von
Aufnahmeort und Ablageort verschiedene - Stellen geben könnte, war für die Beamten
160
nach Aktenlage nicht erkennbar gewesen.
Die Hypothese eines von der Polizei teilweise erfundenen oder dem Angeklagten "in
den Mund gelegten" Geständnisses basiert auf der Überlegung, dass
Vernehmungsbeamte aus ihnen nach Aktenlage bekannten Ermittlungsergebnissen
eine Aussage erfinden und diese als authentische Aussage eines Beschuldigten
ausgeben. Die genannten Einzelheiten aus der von den Zeugen als Aussage des
Angeklagten geschilderten Umständen lassen sich mit dieser Hypothese nicht in
Einklang bringen, denn sie stehen mit der Aktenlage aus damaliger Sicht teilweise nicht
im Einklang bzw. gehen über das Bekannte (so bei den Überwältigungsorten, die in der
Einlassung auch als eigene Erfindung des Angeklagten ausgegeben wurden) hinaus.
161
dd)
erpresst, teilweise von der Polizei erfunden oder dem Angeklagten in den Mund gelegt
worden, nicht haltbar.
162
Die Hypothese ist nur sinnvoll unter der Annahme, dass Polizeibeamte willens sind,
sich in schwerwiegender Weise über allgemeine strafrechtliche Verbote und über ihre
besonderen Dienstpflichten hinwegzusetzen. Damit verbunden, dass sie das Risiko
eingehen, um eines - scheinbaren, vorgetäuschten - Ermittlungserfolges willen im Falle
der Entdeckung nicht nur den Ermittlungserfolg in sein Gegenteil verkehren, sondern
selbst dienst- und strafrechtlich verfolgt zu werden. Sinnvoll denkbar ist dies nur als eine
Art Komplott, welches einerseits auf massive Bedrohung und andererseits auf
dauerhafte Vertuschung des rechtswidrigen Vorgehens ausgerichtet ist.
163
Mannigfaltige objektive Umstände sprechen gegen ein solches Komplott.
164
An der Vernehmung waren mehrere Beamte - insgesamt drei - in wechselnder
Zusammensetzung beteiligt. Das Risiko der Entdeckung wäre also erhöht gewesen.
165
Die Vernehmung zog sich am ersten Tag über einen längeren Zeitraum - so vom
Angeklagten selbst geschildert - hin. Gleichwohl hat der Angeklagte am ersten Tag nur
eine Tat, die zu Lasten der T11, gestanden. Es hat einen zweiten Vernehmungstag
gegeben, an dem die weiteren vier Taten gestanden wurden. Dies ist mit der Hypothese
des erpressten Geständnisses nicht sinnvoll in Einklang zu bringen. Es bestand von
vornherein der Verdacht, dass der Angeklagte alle fünf Taten begangen hatte. Wieso
hätten zu rechtswidrigem Verhalten entschlossene Beamte, denen es an einem Tag
gelungen war, das Geständnis einer Tat zu erpressen, nicht in der Lage sein sollen, das
Geständnis aller fünf Taten auf einmal zu erpressen.
166
Kaum sinnvoll ist auch die Annahme, die Beamten seien entschlossen gewesen, nur
das Geständnis im Fall T11 zu erpressen, in den anderen Fällen aber nicht.
167
Nicht nachvollziehbar sind die Schilderungen des Angeklagten zum zweiten
Vernehmungstag. Man hat dem Angeklagten nach ca. 45 Minuten gestattet, mit seiner
Mutter zu sprechen. Einen Mord hatte der Angeklagte bereits gestanden, zu den
weiteren Vorwürfen sollte er vernommen werden. Was hätte für den Angeklagten näher
gelegen, als der Mutter die Zwangslage zu offenbaren. Dass dies nicht geschehen ist,
ist nur sinnvoll erklärbar unter der Annahme, dass es nichts zu offenbaren gab oder dass
die Polizeibeamten dem Angeklagten für den Fall der Offenbarung wiederum mit
Repressalien gedroht haben - denn sie mussten ja sonst mit Entdeckung rechnen. Von
168
solchen Bedrohungen im Zusammenhang mit dem Besuch der Mutter hat der
Angeklagte allerdings nicht einmal im Ansatz berichtet.
Zunächst soll außer Acht bleiben, ob es aus psychiatrischer Sicht denkbar ist, dass ein
heterosexuell veranlagter Mann - so der Angeklagte - wenn er masochistische
Neigungen hat, durch "Vernehmungsdruck" seitens männlicher Beamter sexuell erregt
wird. Die Angaben des Angeklagten sind in diesem Punkt völlig unglaubhaft: Der
Angeklagte will am 2. Vernehmungstag wahrheitswidrig insgesamt fünf Taten unter dem
Einfluss sexueller Erregung gestanden haben, von denen er am ersten Tag - trotz
massiver Drohungen - lediglich eine zugegeben hat. Kurz vor Ende der Vernehmung am
zweiten Tag soll die Erregung wieder verschwunden sein und sich ein Zustand -
Eindruck der fortwirkenden Bedrohung? - eingestellt haben, in dem der Angeklagte
"alles unterschrieben" hätte. Am Abend des 17. August 2007 wurde der Angeklagte vom
Zeugen G4 dem Richter vorgeführt. Gegenüber dem Richter hat der Angeklagte - so
seine Einlassung - nichts von vorangegangenen Drohungen oder einem falschen
Geständnis gesagt. Das ist nur verständlich unter der Annahme, dass es keine
Drohungen zu offenbaren gab oder die Zeugen C9, N2 und E2 dem Angeklagten
wiederum mit Repressalien für den Fall der Entdeckung und des Widerrufs des
Geständnisses gedroht haben oder der Angeklagte jedenfalls wegen der
vorangegangenen Drohung Angst hatte, sich zu offenbaren. Nichts davon hat der
Angeklagte geschildert, er will vielmehr nichts gesagt haben, weil "der Akku leer" war.
Wenn sich der Angeklagte unter Druck selbst falsch bezichtigt haben sollte, so hätte er
auch nach anstrengenden Vernehmungen doch immer noch Kraft gehabt, sich dem
ersten, von dem er annehmen durfte, er sei nicht an dem Komplott beteiligt und von dem
er ausgehen konnte, er sei aufgrund seiner Amtsstellung in der Lage, ihm zu helfen, zu
offenbaren.
169
Der Angeklagte hat - dies haben die Zeugen N2 und E2 insoweit in Übereinstimmung
mit den Angaben des Angeklagten in der Hauptverhandlung bekundet - handschriftliche
Änderungen am 2. Vernehmungsprotokoll zu nebensächlichen Punkten vorgenommen,
bevor er dieses unterschrieben hat. Eine plausible Erklärung, warum der Angeklagte
sich mit solchen Nebensächlichkeiten abgegeben hat, obwohl das Protokoll sowohl
hinsichtlich der Belehrung als auch im Kernpunkt, nämlich der Frage des
Geständnisses, falsch sein soll, ist nicht ersichtlich. Die Korrekturen am
Vernehmungsprotokoll sind nur vor dem Hintergrund sinnvoll zu erklären, dass das
Protokoll im Kern und auch bzgl. der nicht korrigierten Einzelheiten vom Angeklagten
beim Durchlesen als richtig erkannt und mit seiner Unterschrift auch anerkannt wurde.
170
Der Angeklagte hat sein Geständnis anlässlich der Ausantwortungsfahrt vom 21. August
2007 wiederholt, indem er die Beamten zu den mit den Taten in Verbindung stehenden
Orten dirigiert hat. Er will bei dieser Fahrt weder bedroht worden, noch sexuell erregt,
sondern "gut drauf" gewesen sein. Dann ist aber nicht erklärlich, wieso er ein falsches
Geständnis wiederholt und durch zusätzliche Angaben zum Tatgeschehen weiter
fundiert haben will. Nicht in Einklang bringen lässt sich, dass der Angeklagte einerseits
gesagt haben will, er könne die Beamten nicht dirigieren, weil er nichts wisse,
andererseits aber ohne Anlass - etwa Drohungen, Suggestivfragen oder Erwartung
erneuter sexueller Stimulation - zwei Stellen als Überwältigungsorte bezeichnet haben
will, "um die Sache schlüssig zu machen".
171
Dem Angeklagten will - so seine Einlassung in der Hauptverhandlung - Wochen nach
seiner Verhaftung und seiner Vernehmung die Einsicht gekommen sein, mit dem
172
Geständnis "eine große Dummheit gemacht" zu haben. Der Angeklagte hatte - so hat er
weiter angegeben - während der Untersuchungshaft mehrfach die Gelegenheit, mit
seiner Ehefrau, der Zeugin T8, zu sprechen und zu telefonieren. Er habe ihr zwar
gesagt, er sei unschuldig, er habe ihr jedoch nichts von Folterdrohungen erzählt. Dies
wurde von der Zeugin T8 bestätigt, die angegeben hat, auf ihre Frage nach dem
Geständnis habe der Angeklagte gesagt, er habe unter großem psychischen Druck
gestanden. Auf die Frage des Gerichts, warum er seiner Frau, die er nach eigenen
Angaben liebt und der er vertraut und die zu ihm hält, nichts von den Drohungen erzählt
habe, vermochte der Angeklagte nichts zu sagen. Wäre er tatsächlich durch
Folterdrohungen zum Geständnis gezwungen worden, hätte nichts näher gelegen, als
anstelle allgemein von psychischem Druck, von konkreten Drohungen und verbotenen
Vernehmungsmethoden zu sprechen.
Schließlich: Die Einsicht, mit dem Geständnis "eine Dummheit gemacht zu haben", mag
vielleicht zu einem Geständnis aus "sexueller Erregung" passen. Der Ausgangspunkt
des Geständnisses am ersten Tag soll aber gerade nicht sexuelle Erregung, sondern
Drohung und Angst vor Misshandlung gewesen sein. Wer aber aus Angst vor Folter
gesteht, kann sich nicht vorwerfen oder auch nur auf den Gedanken kommen, er habe
das Geständnis "aus Dummheit" abgelegt.
173
ee)
finden sich Besonderheiten unterschiedlicher Art, die für die Authentizität des
Geständnisses sprechen.
174
Der Angeklagte wurde zunächst zu seinen persönlichen Verhältnissen befragt und hat
darüber bereitwillig und ausführlich Auskunft gegeben, nachdem er eingangs pauschal
abgestritten hatte, mit dem Tod der T11 etwas zu tun zu haben.
175
Die Wende zur geständigen Einlassung kam mit einem bemerkenswerten Wortwechsel,
an den sich der Zeuge C9 auf Vorhalt noch genau erinnern konnte: Auf Frage: "Wieso
hypothetisch, Ihre DNA ist beim Opfer gefunden worden. Welche Möglichkeit für eine
Hypothese gibt es denn noch?" antwortete der Angeklagte: "Ich sag’ Ihnen mal was zum
Thema Leid tun. Ich möchte auf der Stelle umfallen, wenn das Mädchen dafür wieder
aufstehen könnte." Dieser Wortwechsel wirkt eigentümlich, persönlich und authentisch.
Die Verantwortung für die Tat wird zunächst über die Schilderung der persönlichen,
subjektiven Empfindungen und Gedanken, die mit dem Wissen um die eigene
Täterschaft verbunden sind, eingeräumt. Der Angeklagte spricht im Folgenden von
Schlafstörungen, Weinen, verkorkstem Leben. Er hat dann auf Nachfrage nach und
nach Einzelheiten zum Fall T11 geschildert, die mühsam erfragt werden mussten. Die
Antworten kamen stockend, inhaltlich teilweise unzusammenhängend. Der Angeklagte
wollte sich einzelnen Vorgängen, die mit der Tat verbunden waren, nicht nähern, hat sie
zunächst verdrängt oder möglicherweise sogar mit anderen Fällen verwechselt (z. B.
Erwürgen mit den Händen statt Erdrosseln; Fesseln der Handgelenke). Dabei spricht
das Vorgehen der Vernehmungsbeamten, die auch Suggestivfragen gestellt haben
("Hat sie sich nicht gewehrt?", "Was macht die Polizei, wenn sie verhindern will, dass
einer wegläuft?") keineswegs für eine unzulässige Vernehmung, ein "in den Mund
legen" oder Erpressen des Geständnisses. Es zeigt nur, dass die Vernehmung
schwierig war und die Vernehmungsbeamten selbstverständlich auch - allerdings nicht
mit unzulässigen Methoden - Widerstände zu überwinden hatten.
176
Nachdem die Vernehmung am ersten Tag eigentlich durch die Zeugen C9 und N2
177
beendet war, ist der Angeklagte - wie der Zeuge E2 berichtet hat - mit diesem in einen
Dialog gekommen und hat weitere Angaben zu seinem Vorgehen und zu seinem Motiv
(Beifahrersitz nach unten geklappt, dem Mädchen an die Brüste gefasst, Tötung, um
einen "Fehler" zu beseitigen) geschildert. Dieser Ablauf wie auch der Inhalt dieser
weiteren Angaben spricht wegen seiner individuellen Merkmale gegen die Hypothese
des teils erpressten, teils erfundenen Geständnisses. Auch hier hat der Angeklagte über
Empfindungen berichtet ("Dann war die Panik da").
Der Gang der Vernehmung am zweiten Tat weist gleichfalls sehr individuelle Merkmale
auf. Die Vernehmung gestaltete sich wiederum teils stockend und mühsam.
Einzelheiten mussten erfragt werden, konnten aber zumindest teilweise auch
angegeben werden. Der Angeklagte hat immer wieder persönliche Empfindungen
(Selbsthass, Sorge, für immer weggeschlossen zu werden, selbst als Monster
dazustehen, fünf Familien ruiniert zu haben, Reue) geschildert.
178
Plausibel ist ferner, dass der Angeklagte nicht bei jeder Tat eine gleich genaue
Erinnerung an Tatumstände oder Örtlichkeiten hatte oder auch zunächst ungenaue
Angaben machte. So hat er zum Fall X4 angegeben, sein Opfer "irgendwo in B3-A"
abgelegt zu haben. Tatsächlich hatte er sie in einem wenige Kilometer südöstlich
gelegenen Ort, nämlich in X2-F1 abgelegt. Diesen Ort hat er später im Rahmen seiner
Ausantwortung auch als Ablageort wiedererkannt. Bei der Tat zu Lasten der M1 konnte
der Angeklagte nur wenige Einzelheiten schildern. Dies ist verständlich, da M1 in B
aufgenommen wurde und in T17 - dem am weitesten südlich gelegene Ablageort - im
Wald abgelegt wurde und der Angeklagte sich dort nicht auskannte.
179
Der Ablauf der Ausantwortungsfahrt weist - neben den bereits erwähnten Angaben von
zwei bis dahin unbekannten Überwältigungsorten - eine Vielzahl von Merkmalen auf,
die dafür sprechen, dass der Angeklagte aus der Erinnerung heraus eigenes Erleben
geschildert hat. Die Kammer verkennt dabei nicht, dass den Vernehmungsbeamten die
Ablageorte aus den Akten bekannt waren und auch für Aufnahmeorte Anhaltspunkte
aus den Ermittlungsakten ersichtlich waren. Der Zeuge C9 hat in seiner Vernehmung
angegeben, die Orte vor der Ausantwortung abgefahren zu haben. Dies war sinnvoll, um
gegebenenfalls Vorhalte machen und die Angaben des Angeklagten unmittelbar
überprüfen zu können, schließlich auch, um Orte eigenständig anfahren zu können, falls
der Angeklagte in Teilen keine Erinnerung mehr haben sollte.
180
Kennzeichnend für den Gang der Ausantwortung ist, dass der Angeklagte teilweise sehr
genaue Angaben machen konnte (z. B. die Ablageorte O2 und T11, die Aufnahmeorte
T11, X4, O2 und H1), teilweise praktisch gar keine Angaben machte (Aufnahme- und
Ablageort M1). Im Fall H1 konnte er die Beamten ungefähr in die Gegend des
Ablageortes dirigieren, wusste dann aber die exakte Stelle, obwohl man die P befuhr,
nicht zu bezeichnen. Im Fall X4 wiederum konnte sich der Angeklagte zunächst nur
ungenau ("irgendwo hinter B3") erinnern. Als man ihn nach F1 fuhr, kam die Erinnerung
zurück und der Angeklagte konnte den Ablageort genau angeben.
181
Diese Besonderheiten und Unterschiede lassen sich mit einer - verständlichen -
unterschiedlich ausgeprägten und auch so vom Angeklagten geäußerten Erinnerung
erklären. Mit einer aufgrund des Akteninhaltes "inszenierten" Fahrt lassen sie sich
hingegen nicht sinnvoll in Einklang bringen. Insbesondere kannten die
Vernehmungsbeamten die Ablageorte H1 und M1 genau, gleichwohl wurden diese Orte
nicht angefahren.
182
ff)
haben - sind voll von eigentümlichen Ausdrücken, Wendungen und Details zu den
Tatumständen, die daraufhin deuten, dass sich der Angeklagte spontan geäußert und
aus eigenem Erleben heraus berichtet hat.
183
Der Angeklagte hat mehrfach die Redewendung "vom Grundsatz" gebraucht. Die
gleiche Redewendung hat er in seiner Einlassung gebracht. Er hat sie mit diesen
Worten eingeleitet und auch auf Vorhalte seitens des Gerichts mit diesem Ausdruck
reagiert. So wurde der Angeklagte von der Kammer befragt, ob er auf die Erweiterung
des Strafvorwurfs auf die Tat zu Lasten der Frau O2 gesagt habe: "Nun lassen Sie mal
endlich die Katze aus dem Sack. Nun soll ich auch dafür gerade stehen." Der
Angeklagte sagte hierzu, er habe das "vom Grundsatz her so nie gesagt".
184
Zur Tötung von T11 hat er gesagt: "An dem Tag habe ich mein Leben zerstört. Und
selbstverständlich nicht nur meines", weiter: "Ich muss sie wohl erwürgt haben" auf die
Frage nach dem Vorgehen. Auf die Frage, warum er gewürgt habe, hat der Angeklagte
geantwortet : "Es ist scheiße." Später äußerte er wiederum in eigentümlichen
Wendungen: "Ich war das, ich hab’ die Scheiße gebaut, mehr kann ich Ihnen heute nicht
mehr sagen." Auf insistierende Fragen nach Fesselungsspuren sagte er: "Machen wir’s
uns doch einfach. Wenn das Mädchen Fesselungsspuren hatte, dann habe ich sie
gefesselt. Keine Frage. Lassen wir doch nicht drum rum reden." Nach dem Motiv für die
Tötung gefragt, gab er - ebenfalls eine bemerkenswerte Ausdrucksweise - an: "Das
höchste Gut ist das Leben, das zweite Gut ist die Freiheit." Auf Vorhalt, der Angeklagte
könne später behaupten, er habe unter Druck gestanden, sagte er: "Ich stehe dafür
gerade. Ich habe Ihnen doch gesagt, dass ich es war, dass ich dafür verantwortlich bin.
Ich verstehe nicht, warum Sie in diesem Punkt immer weiter bohren. Klar, Ihr
Wissensdurst ist nicht befriedigt."
185
Zum Fall X4 sagte er auf Nachfrage: "Sie hat sich wenig gewehrt. Ich war ja stärker und
habe dann meistens die Hände festgehalten." Er bezeichnete sie als kleine "S9", womit
er ihr ungewöhnliches, tatsächlich punkerhaftes Aussehen beschreiben wollte. Bei der
Vernehmung zum Fall H1 äußerte der Angeklagte: "Die hat immer gerufen ‚Ich zeig’
dich an’. Das wollte ich mit allen Mitteln vermeiden." Zum Fall M1 schließlich gab der
Angeklagte auf Befragen, wie lange er mit seinem Tatopfer im Auto herumgefahren sei,
an: "Vom Gefühl her so 1 ½ Stunden. Das schätze ich so. Die war so still."
186
gg)
hat es, davon ist die Kammer überzeugt, nicht gegeben. Die Angaben des Angeklagten
hierzu sind nicht nur, worauf bereits hingewiesen wurde, in sich unplausibel. Es hat
auch keiner der Zeugen von Anzeichen sexueller Erregung berichtet. Darüber hinaus
hat der Sachverständige Prof. L2 überzeugend ausgeführt, in der ganzen
psychiatrischen Literatur sei noch nie beschrieben worden, dass ein Beschuldigter von
"Vernehmungsdruck" sexuell erregt worden sei. Dies sei auszuschließen. Zwar habe
der Angeklagte masochistische Neigungen. Druck und Eingesperrtsein können aber
schon deshalb nicht zu sexueller Erregung geführt haben, weil keine Frau dabei war.
Der Angeklagte hat angegeben, von den Vernehmungsbeamten selbst nicht stimuliert
worden zu sein, er sei ja heterosexuell veranlagt. An dieser Einschätzung - so der
Sachverständige - ändere sich auch nichts unter der Annahme, es sei dem Angeklagten
und seiner Frau - was diese übereinstimmend angegeben haben - in den letzten Jahren
kaum noch möglich gewesen, in den beengten familiären Wohnverhältnissen ihr
187
Sexualleben sadomasochistisch zu inszenieren. Der Sachverständige hat somit
ausgeschlossen, und die Kammer schließt sich dem aus eigener Überzeugung an,
sexuelle Erregung könne sich auf das Aussageverhalten des Angeklagten ausgewirkt,
insbesondere ihn zu einem falschen Geständnis bewegt haben.
Folglich ist gleichermaßen auszuschließen, der Angeklagte habe falsch gestanden, um
eingesperrt zu werden, da er hoffte, aus dem Erlebnis der Haft sexuelle Erregung oder
Befriedigung zu gewinnen. Dies ist mit den übrigen Angaben des Angeklagten zur
angeblichen Entstehung des Geständnisses (Angst vor Schlägen) nicht in Einklang zu
bringen und zur Überzeugung der Kammer widerlegt. Der Sachverständige Prof. L2 hat
auch dieses Motiv für ein Geständnis als aus psychiatrischer Sicht abwegig und
ausgeschlossen bezeichnet. Die Kammer schließt sich dieser überzeugenden
Einschätzung an.
188
d) Weitere Beweismittel zu den einzelnen Taten
189
Die sicheren Erkenntnisse, die die Kammer aus dem Geständnis des Angeklagten
gewonnen und auf die sie ihre Feststellungen gegründet hat, werden durch das
Ergebnis der Beweisaufnahme im Übrigen bestätigt und ergänzt. Ergänzende
Feststellungen wurden insbesondere auf der Grundlage des in der Hauptverhandlung
erstatteten rechtsmedizinischen Sachverständigengutachtens getroffen. Der
Sachverständige Prof. S10, der der Kammer als erfahrener und kompetenter Gutachter
bekannt ist, hat ein in jeder Hinsicht nachvollziehbares und überzeugendes Gutachten
erstattet, in dem er vor allem auch zu den seitens der Verteidigung aufgeworfenen
Beweisfragen Stellung genommen hat.
190
Bei der Feststellung des Geschehens bei den einzelnen Taten hat sich die Kammer in
Ergänzung der Erkenntnisse, die sie aus dem Geständnis des Angeklagten gewonnen
hat, von folgenden Erwägungen leiten lassen:
191
Fall 1 (Tat zum Nachteil der H1):
192
Vom Kuraufenthalt der Zeugin T6 zum Tatzeitpunkt hat diese in ihrer Vernehmung
berichtet. Der Zeuge F1a hat eindrucksvoll geschildert, wie er den Leichnam
aufgefunden hat. Er und der Zeuge G6, ein Kriminalbeamter, konnten von der Fundstelle
und dem äußeren Erscheinungsbild des Leichnams berichten.
193
Die Ergebnisse der Obduktion hat der Sachverständige Prof. S10 in seinem Gutachten
wiedergegeben. Der Sachverständige Prof. S10 hat unter Hinweis auf die
vorgefundenen Totenflecken am Rücken ausgeführt, der Leichnam habe zunächst 3 bis
4 Stunden in Rückenlage zugebracht, nach Überzeugung der Kammer im PKW des
Angeklagten, bevor er in Bauchlage abgelegt wurde.
194
Der Umstand, dass bei H1 Samenfäden im Scheidenbereich gefunden wurden, lässt
zwar den Schluss zu, dass sie vor ihrem Tod Geschlechtsverkehr hatte. Das spricht
indes nicht gegen die Richtigkeit des Geständnisses des Angeklagten, der angegeben
hat, nach seiner Erinnerung keinen Geschlechtsverkehr mit H1 gehabt zu haben, weil
sie sich zu stark gewehrt habe. H1 kann mit einer unbekannten dritten Person
Geschlechtsverkehr gehabt haben.
195
Zweifel an der Täterschaft des Angeklagten ergeben sich nicht aus der Tatsache, dass
196
der Angeklagte in seiner polizeilichen Vernehmung gemeint hat, er habe bei der ersten
Tat noch keine Handschellen dabei gehabt. Die vom Sachverständigen Prof. S10
erläuterten Obduktionsbefunde lassen zwar Fesselungsspuren erkennen, wie sie
typischerweise beim Einsatz von Handschellen entstehen, dies ist jedoch nicht
zwingend. Möglich ist auch, dass der Angeklagte hier eine ungenaue Erinnerung hatte
oder die Taten verwechselt hat.
Als Todeszeitpunkt kommt aus rechtsmedizinischer Sicht aufgrund der
Leichenveränderungen nur der 27. oder der 28. Juli 1983 in Betracht. Damit scheiden
sowohl die Nacht vom 25. auf den 26. Juli 1983 als auch die vom 28. auf den 29. Juli
1983 aus.
197
H1 wurde also entgegen der ursprünglichen Vermutung der Kriminalpolizei nicht am
Abend des 25. Juli 1983, kurz nachdem sie ihr Freund M an einer Bushaltestelle in N1
gesehen hatte - was dieser in seiner in der Hauptverhandlung verlesenen polizeilichen
Aussage angegeben hat - vom Angeklagten aufgenommen.
198
Die Nacht vom 27. auf den 28. Juli 1983 kommt zwar aus rechtsmedizinischer Sicht als
Tatzeit auch in Betracht, die Kammer ist jedoch davon überzeugt, dass H1 in der Nacht
vom 26. auf den 27. Juli 1983 getötet wurde. Denn der Angeklagte hat in seinem
polizeilichen Geständnis angegeben, bei der Tat sei die Windschutzscheibe seines
PKW kaputt gegangen, er habe noch Stücke weggetan, um etwas sehen zu können. In
den beschlagnahmten Unterlagen des Angeklagten wurde eine Quittung vom 27. Juli
1983 gefunden, vom Zeugen I9 in der Hauptverhandlung erläutert, ausweislich derer die
Windschutzscheibe des PKW Ford Capri erneuert worden war. Die Kammer ist davon
überzeugt, dass der Angeklagte die von H1 beschädigte Scheibe am 27. Juli 1983 hat
reparieren lassen. Die Einlassung des Angeklagten, er meine, die Beschädigung rühre
vom Steinschlag her, das sei ein "dummer Zufall", ist eine reine Schutzbehauptung.
199
Dieser Feststellung stehen auch nicht die Aussagen der Zeuginnen T19 (ehemals G6)
und X8 (ehemals F5) entgegen. Beide Zeuginnen haben zwar ausgesagt, ihre Bekannte
H1 kurz vor ihrem Tod noch in der Diskothek "E5" gesehen zu haben. Sie waren auch -
entsprechend ihren seinerzeit bei der Polizei gemachten Angaben - der Meinung, das
sei am 28. Juli, einem Donnerstag, gewesen, denn Donnerstag sei "E5-tag" gewesen.
Die Zeuginnen konnten sich allerdings nicht mehr genau erinnern und nicht
ausschließen, H1 an einem der Tage zuvor, außer Montag, wo die Diskothek
geschlossen war, oder sogar am Donnerstag der Vorwoche gesehen zu haben. Die
Zeuginnen müssen sich geirrt haben. Nach Überzeugung der Kammer war H1 am
Abend des 28. Juli 1983 bereits tot.
200
Die Zeuginnen meinten, im Angeklagten einen ihnen unsympathischen Mann
wiederzuerkennen, der sich öfters im "E5" aufgehalten hatte und der wegen seines
plumpen Aussehens und seiner unrhythmischen Bewegungen von ihnen als "U"
bezeichnet wurde. Die Kammer ist indes davon überzeugt - insoweit folgt sie auch der
entsprechenden Einlassung des Angeklagten -, dass es sich dabei nicht um den
Angeklagten handelte. Anhaltspunkte dafür, der Angeklagte sei im zeitlichen
Zusammenhang mit der Tat zu Lasten von H1 im "E5" gewesen, haben sich nicht
ergeben. Die Kammer hat in diesem Zusammenhang als wahr unterstellt,
201
dass es sich bei dem Angeklagten T nicht um den von den Zeuginnen T19 (ehemals
G6) und Martina X8 (ehemals F5) als "U" bezeichneten 1,65 bis 1,70 m großen Mann,
202
welcher am Abend des 28. Juli 1983 in der Diskothek "E5" in B-S8 aufhältig war,
handelt.
Die Kammer ist ferner davon überzeugt, dass die Windschutzscheibe des PKW des
Angeklagten durch einen Tritt der H1 beschädigt wurde, "kaputt gegangen" ist, wie der
Angeklagte in seiner polizeilichen Vernehmung angegeben hat. Weitere Feststellungen
konnten hierzu nicht getroffen werden, insbesondere nicht auf der Grundlage der
Gutachten der Sachverständigen Prof. H5 und C13. Keiner der Sachverständigen
konnte genaue Angaben zu den seinerzeit im PKW Ford Capri des Angeklagten
eingebauten Fahrzeugscheiben machen. Diese wurden ja zu keinem Zeitpunkt
sichergestellt. So konnte nicht einmal sicher festgestellt werden, ob die
Windschutzscheibe aus Verbundglas war, was allerdings damals - so der
Sachverständige H5 - bei Windschutzscheiben bereits üblich war. Weitere Ansätze zur
Aufklärung des Sachverhalts sind nicht gegeben.
203
Auch aus den Angaben des Angeklagten in seiner polizeilichen Vernehmung lassen
sich keine weitergehenden Erkenntnisse gewinnen. Der von ihm verwendete Ausdruck
"ausgebrochen" gehört der Umgangssprache im Aachener Raum an, was die Kammer
aus eigener Erfahrung weiß, und meint nichts anderes als "kaputt" oder "beschädigt".
204
Unklar blieb folglich auch, ob die winzigen farblosen Glassplitter, die, so die
Sachverständige O5, am Gesäß des Leichnams gesichert wurden, von der bei der Tat
beschädigten Scheibe des PKW des Angeklagten stammen. Sie können bereits seit
längerem im PKW des Angeklagten gewesen sein, etwa von einem Altschaden
herrühren. Sie müssen auch nicht im Zusammenhang mit der Tat, sondern können
bereits zuvor an den Körper von H1 gelangt sein. Folglich spricht der vom
Sachverständigen H5 erläuterte Befund, die bei H1 gefundenen Glassplitter stammen,
ebenso wie ein im PKW des seinerzeit tatverdächtigen J1 gefundener Splitter, aus einer
Seitenscheibe, weder für noch gegen die Richtigkeit der Schilderungen des
Angeklagten in seiner polizeilichen Vernehmung.
205
Unklar blieb schließlich auch, und dies musste auch nicht weiter geklärt werden, ob die
ausweislich des Gutachtens O5 damals auf Kontakt mit einer Decke oder einem
Teppich hindeutenden massiven Faserspuren am Leichnam im Zusammenhang mit der
Tat stehen. Sie sprechen weder für noch gegen die Täterschaft des Angeklagten, der
von einem Teppich oder einer Decke weder im positiven noch im negativen Sinne
gesprochen hat. Die bei den damaligen Untersuchungen geäußerte Vermutung, die Tat
könne in einer Wohnung stattgefunden haben, war, so die Sachverständige, eine bloße
Hypothese.
206
Fall 2 (Tat zum Nachteil der X4):
207
Von den persönlichen Verhältnissen der X4, auch von ihrem Aussehen (Punk), haben
die Zeugen X5 berichtet. Aus der Aussage des Zeugen G1 ergibt sich der Ablauf des
Geschehens am Abend des 24. Februar 1984 bis zum Verlassen der Wohnung K3. Der
festgestellte Geschehensablauf wird durch die Angaben der Zeugen S10 und X9
bestätigt, die X4 vom Sehen her kannten und meinten, sie an jenem Abend trampend in
der Nähe der Diskothek "Q" gesehen zu haben.
208
Allerdings folgt aus den verlesenen Aussagen der Zeugen Q1, A1und N3 zur
Überzeugung der Kammer, dass sich X4, bevor sie getötet wurde, in I2-N1, wenige
209
Kilometer von C5entfernt, noch in Begleitung eines jungen Mannes aufgehalten hat. Die
Kammer verkennt nicht, dass hier auf den ersten Blick eine Divergenz zwischen den
Feststellungen zum Aufenthalt von X4 vor ihrem Tod und den Angaben des
Angeklagten in seinem Geständnis gesehen werden kann. Gleichwohl ist die Kammer
aus den gesamten Umständen von der Richtigkeit des Geständnisses auch der Tat zu
Lasten von X4 überzeugt. Ein unauflöslicher Widerspruch besteht nämlich nicht.
Vielmehr muss der genaue Ablauf, so wie in den Feststellungen wiedergegeben, offen
bleiben. Im Übrigen stellt gerade dieser - scheinbare - Widerspruch ein ganz
entscheidendes Indiz gegen die These dar, die Polizei habe dem Angeklagten
Einzelheiten suggeriert oder selbst zum Geständnis hinzuerfunden.
Die Zeugen G2 und W3, der seinerzeit den Fundort aufgenommen hatte, haben vom
Auffinden des Leichnams und dessen Zustand berichtet. Der Zeuge W3 hat die
ausweislich des Hauptverhandlungsprotokolls in Augenschein genommenen Lichtbilder
vom Fundort erläutert.
210
Die Obduktionsbefunde hat wiederum der Sachverständige Prof. S10 vorgetragen,
erläutert und aus sachverständiger Sicht bewertet.
211
Der Umstand, dass der Angeklagte sich zunächst nicht genau an den Ablageort
erinnern konnte, spricht nicht gegen die Richtigkeit seines Geständnisses. Der Kammer
ist aus eigener Anschauung bekannt, dass sich das Landschaftsbild in der Gegend um
F1 seit 1984 stark verändert hat, so dass gut nachvollziehbar ist, dass die Erinnerung
beim Angeklagten erst wiedergekommen ist, als er sich bereits in unmittelbarer Nähe
des Ablageortes befand.
212
Auch der Umstand, dass am Leichnam keine Abwehrverletzungen gefunden wurden,
spricht nicht gegen die Täterschaft des Angeklagten. Es ist davon auszugehen, dass X4
keine reelle Chance hatte, sich körperlich gegen den Angeklagten zur Wehr zu setzen.
213
Zweifel an der Täterschaft des Angeklagten ergeben sich schließlich auch nicht aus
Verdachtsmomenten gegen einen Glasermeister namens C14, der die Familie X4/X5,
auch X4, kannte. Der Zeuge X5 hatte Ende September 1984 einen anonymen,
handgeschriebenen Brief erhalten. Hiervon hat er in seiner zweiten Vernehmung vor der
Kammer berichtet. In diesem Brief, der in der Hauptverhandlung verlesen wurde, heißt
es:
214
"Sehr geehrte Familie X4/X5.
215
Ich habe eine Frage, kannte Ihre Tochter den Glaser Herr C14, H-Straße, N1.
216
Ich bin sehr besorgt, da ich selber eine Enkelin habe, die bei mir wohnt. Ich möchte
mich nicht weiter äußern, es ist eine Vermutung von mir. Bitte unternehmen Sie
etwas! Er hält sich des öfteren bei B8 auf in der I3 in N1 , alleine mit seinem Privat
Auto. Lassen Sie sich bei Ihm im Geschäft Besonderes anfertigen, zum Beispiel ein
Bild, die Frau malt es selber, vergessen Sie etwas, lassen es versehentlich liegen,
bringen Sie den Strick selber mit, um das Bild aufzuhängen. Er reagiert sehr
merkwürdig.
217
Mit freundlichem Gruß
218
Möchte auf keinen Fall die Belohnung."
219
Der Urheber des Briefes konnte nicht ermittelt werden, auch in der Hauptverhandlung
ergaben sich keinerlei Ermittlungsansätze.
220
Die Kriminalpolizei nahm den Brief seinerzeit allerdings zum Anlass, die Spurenakte Nr.
86 anzulegen. Der Glasermeister C14 wurde ausweislich des in der Hauptverhandlung
verlesenen Vernehmungsprotokolls am 05. Oktober 1984 von der Kriminalpolizei
vernommen.
221
Er gab unter anderem an, in unregelmäßigen Abständen im Bereich N1 und B3
Barbetriebe aufzusuchen, um dort mit den Barmädchen sexuell zu verkehren. Er
versicherte auf Nachfrage, noch nie Anhalterinnen mitgenommen zu haben. Auf Vorlage
von Lichtbildern der X4 und der H1 könne er sich nicht erinnern, die Mädchen einmal
bewusst wahrgenommen zu haben. Insbesondere sei ihm H1 auch durch seine
Barbesuche nicht bekannt. Er konnte sich zunächst nicht mehr erinnern, was er am
Freitag, dem 24. Februar 1984 in den Abendstunden gemacht hatte. Auf Vorhalt, an
diesem Abend sei im zweiten Fernsehprogramm die Fernsehsendung "Aktenzeichen
XY" ausgestrahlt worden, während auf dem anderen Kanal ein Film mit W4 lief, konnte
sich C14 daran erinnern, dass er die Sendung "XY" gesehen hatte. Auf Vorhalt des
Stichwortes "Kläranlage" gab C14 an, sich an den Filmbeitrag erinnern zu können, in
dem es darum ging, dass in einem Zeitraum von mehreren Monaten in eine Kläranlage
zwei Leichen angeschwemmt wurden. Der Arbeiter sei durch ein Klingelzeichen darauf
aufmerksam gemacht worden, dass die Anlage verstopft war und habe dann bei einem
Rundgang die Leichen gefunden. Er konnte noch weitere Angaben zu dem Beitrag
machen. Er gab weiter an, mit Sicherheit nach der Sendung das Haus nicht mehr
verlassen zu haben. Länger als bis 22.00 Uhr bleibe er nicht auf, wenn er zu Hause sei.
222
Bereits nach dem Ergebnis dieser Vernehmung schied C14 mit hoher
Wahrscheinlichkeit als Täter aus. Die Kammer verkennt nicht, dass C14 in seiner
damaligen Vernehmung angegeben hat, X4 nie bewusst wahrgenommen zu haben,
obwohl er sie und ihre Eltern kannte.
223
Zweifel an der Täterschaft des Angeklagten ergeben sich auch nicht aus der Aussage
der Zeugin H6. Diese hat bekundet, C14 habe 1987 Selbstmord begangen. Die
inzwischen verstorbene Ehefrau des Herrn C14 sei damals mit ihrer inzwischen
ebenfalls verstorbenen Mutter befreundet gewesen. Frau C15 habe ihre Mutter des
öfteren besucht, sie selber - die Zeugin - habe bei ihrer Mutter die Fenster putzen
müssen. Bei einem der Besuche habe sie aus dem Nebenzimmer gehört, wie Frau C15
ihrer Mutter einen Abschiedsbrief ihres verstorbenen Ehemannes gezeigt habe. Ihre
Mutter habe vorgelesen: "Ich habe die X4 umgebracht und sie vor P1 abgelegt." Sie
habe gehört, wie ihre Mutter dies aus einem Brief von Herrn C14 vorgelesen habe, das
müsse von Herrn C14 gewesen sein. Die Mutter habe im Anschluss an die Lektüre des
Briefes zu Frau C15 gesagt, der Mann sei tot, das Kind sei tot, sie solle den Brief doch
weg tun.
224
Die Kammer ist davon überzeugt, dass es einen Brief des Glasermeisters C14 mit dem
von der Zeugin wiedergegebenen Inhalt nicht gibt und nicht gab.
225
Der Richtigkeit der Aussage der Zeugin steht bereits die der Zeugin I10 entgegen.
226
Die Zeugin hat bekundet, sie habe Frau C15 gut gekannt. Frau C15 sei schwer krank
gewesen, sie habe sie nach dem Tod ihres Ehemannes beköstigt und gepflegt und ihr
eine Wohnung in ihrem Hause zur Verfügung gestellt. Sie habe Frau C15 auch gefragt,
ob der verstorbene Ehemann etwas mit dem Tod von X4 zu tun habe und ob es einen
Abschiedsbrief gebe. Frau C15 habe daraufhin geantwortet: "Der konnte meine
schwarzen Augen nicht mehr sehen." Einen Brief, in dem er den Mord an X4 gesteht,
habe es nie gegeben. Frau C15 habe insgesamt 18 Jahre bei ihr gelebt, bis zu ihrem
Tod vor ca. 2 Jahren, nie habe sie von einem Abschiedsbrief mit einem Mordgeständnis
erzählt.
227
Zweifel an der Richtigkeit der Aussage der Zeugin I10 hat die Kammer nicht. Die alte
Dame war ersichtlich bemüht, nur das wiederzugeben, woran sie sich erinnern konnte.
Erinnerungslücken hat sie deutlich gemacht. Es fand sich keinerlei Tendenz, den
Angeklagten ungerechtfertigt zu belasten.
228
Die Aussage der Zeugin H6 hingegen ist bereits für sich genommen voller
Ungereimtheiten. Die Zeugin ist auch nicht glaubwürdig.
229
Der Glaubwürdigkeit der Zeugin steht allerdings noch nicht entgegen, dass sie in einem
Rollstuhl fahrend zur Vernehmung in der Hauptverhandlung erschienen ist. Der Zeuge
P2, der der Zeugin die Ladung als Gerichtsvollzieher zugestellt hatte, hat ausgesagt,
bereits mehrfach in ihrer Wohnung gewesen, sie aber noch nie im Rollstuhl angetroffen,
sie vielmehr gehend gesehen zu haben. Die Kammer hat in diesem Zusammenhang als
wahr unterstellt, dass
230
die Zeugin H6, K4-straße XX, B3, zu 90 % schwerbehindert ist und einen unbefristet
gültigen Schwerbehindertenausweis mit dem Merkzeichen "G" (gehbehindert) und "aG"
(außergewöhnlich gehbehindert) besitzt,
231
die Zeugin H6 krankheitsbedingt auf diverse Hilfsmittel zur Mobilität, die ihr von der
Krankenkasse leihweise zur Verfügung gestellt werden, angewiesen ist, wozu unter
anderem ein Rollstuhlelektromobil HS-890 und ein Rollator multif gehören,
232
die Zeugin H6 aufgrund ihrer Schwerbehinderung und außergewöhnlichen
Gehbehinderung die Fahrberechtigung zur Teilnahme am Behindertenfahrdienst des
Kreises B besitzt und Fahrkosten zur ambulanten Arztbehandlung außerhalb der
gesetzlichen Zuzahlungsverpflichtung erstattet bekommt.
233
Unplausibel ist allerdings bereits, dass die Zeugin, die nach eigenen Angaben
schwerbehindert ist, oft das Internet gebraucht und RTL und SAT 1 im Fernsehen sieht,
erstmals am 20. Juli 2008 aus der Zeitung erfahren haben will, über C14 sei "etwas
ausgegraben" worden. Auch von dem Verfahren gegen den Angeklagten wisse sie erst
seit diesem Datum. Unverständlich ist auch, weshalb sich die Zeugin nicht bei der
Staatsanwaltschaft, der Polizei oder dem Gericht, sondern beim Verteidiger
Rechtsanwalt E4 gemeldet haben will. Unglaubhaft ist ferner, dass sie nur die eine
Passage aus dem Brief, sonst aber nichts mitbekommen haben will. Sie hat in diesem
Zusammenhang nicht etwa davon gesprochen, den Rest vergessen zu haben, sondern
sie will von Anfang an gar nicht mehr als die von ihr wiedergegebene Passage gehört
haben. Ebenso unglaubhaft ist ihre Behauptung, sie habe von dem Geständnis des
Herrn C14 niemandem erzählt. Immerhin war der Mordverdacht gegen C14 - so die
Zeugin - in I2-N1 Dorfgespräch.
234
Zweifel an der Glaubwürdigkeit der Zeugin ergeben sich insbesondere aus dem
Umstand, dass sie einem Detektiv namens L3, der für Rechtsanwalt E4 gearbeitet habe,
gesagt haben will, in dem Brief habe es "X4" geheißen. Im Beweisantrag von
Rechtsanwalt E4 vom 11. August 2008 (WB 30) wird aber - sehr viel weniger konkret -
behauptet, C14 habe in dem Brief, von dem die Zeugin H6 berichten können soll, die
"Tötung eines Mädchens" gestanden. Ebenso habe sie - so die Angaben der Zeugin in
ihrer Vernehmung - gegenüber dem Detektiv "vor P1" gesagt, "F1" habe sie nicht
erwähnt. In dem genannten Beweisantrag wird, diesmal konkreter, behauptet, C14 habe
gestanden, das Mädchen "in der Nähe der Firma P1 in X2-F1" abgelegt zu haben. Die
Kammer hat in diesem Zusammenhang als wahr unterstellt, dass
235
der Ablageort der X4 , Feldgemarkung "B5" in X2-F1, an einem heute nicht mehr
vorhandenen Feldweg, welcher nach etwa 10 m von der F1-Straße aus gesehen von
der G7 abzweigte, sich lediglich ca. 400 m von dem Firmengelände der Spedition P1,
F1-straße XX-XX, X2-F1, befindet.
236
Fall 3 (Tat zum Nachteil der T11):
237
Von den persönlichen Verhältnissen der T11 haben deren Mutter und Schwester, die
Zeuginnen T20 und T21 berichtet, ergänzt durch die Angaben ihrer Freundinnen, der
Zeuginnen C16 und L4. Letztere haben auch den Verlauf des Abends des 31. August
1984 geschildert, bis T11 die Diskothek "S1" verließ.
238
Die Zeugin C16 hat insbesondere auch erwähnt, sie und T11 seien auf dem Hinweg mit
einem entfernten Bekannten, T12, getrampt, sie - die Zeugin - habe vorne auf dem
Beifahrersitz gesessen. Wie die Sachverständige O5 berichtet hat, waren die
Vordersitze des PKW T12 kriminaltechnisch auf Faserspuren untersucht worden. Auch
der Leichnam von T11 war abgeklebt und auf Mikrospuren untersucht worden. Es
fanden sich identische Faserspuren. Aus dem Umstand, dass T11 hinten saß, lässt sich
allerdings keinesfalls schließen, dass sie später noch mal - diesmal auf dem Vordersitz -
den PKW T12 bestiegen hat. Die Fasern können im ganzen PKW verteilt gewesen sein,
die Rücksitze sind, wie die Sachverständige bestätigt hat, nicht untersucht worden.
239
Die Kammer ist davon überzeugt, dass der Angeklagte T11, so wie er es gestanden und
die Kammer dies festgestellt hat, unweit der Diskothek "S1 " in C5 aufgenommen hat.
Hieran zu zweifeln sieht sich die Kammer auch nicht durch die Angaben der Zeugen
Frau S5 (geborene S6), Frau H3, Herrn F4 und S7 veranlasst. Die Zeugen glaubten sich
erinnern zu können, in der Nähe des Autohauses H7 bei der Kreuzung C17-Ring/L5-B9-
Straße in H, ca. 5,5 km von der "S1" entfernt, eine Tramperin gesehen zu haben. Die
Zeugin S5 meinte, es sei ein punkerhaftes Mädchen gewesen - was T11, wie sich aus
den Angaben der Zeuginnen T20/T21 ergibt, nicht war. Auf Vorhalt der Lichtbilder der
T11 meinte sie, das Mädchen sei punkerhafter gewesen. Der Zeuge F4 glaubte ein
Mädchen, von dem er seinerzeit ein Bild in der Zeitung gesehen hatte, wiedererkannt zu
haben, sie sei wohl in Begleitung gewesen. Auch der Zeuge S7t, der mit der Zeugin S5
unterwegs gewesen war, glaubte mit hoher Wahrscheinlichkeit, T11, von der ihm ein
Lichtbild gezeigt worden war, wiedererkannt zu haben. Die Zeugin H3 meinte gleichfalls
das Mädchen gesehen zu haben, welches kurz darauf in der Zeitung abgebildet war.
Sie war sich aber nicht einmal sicher, ob sie ihre Beobachtung in der Nacht vom 31.
August auf den 01. September oder in der Nacht von Samstag, den 01. September auf
Sonntag, den 02. September 1984 gemacht hatte. T11 war, wie die Zeugin T20 berichtet
240
hat, nachdem sie ihr Elternhaus am 31. August verlassen hatte, nicht wieder
zurückgekehrt. Die Aussagen der vier Zeugen sind insgesamt unklar und von
schwacher Erinnerung gekennzeichnet. Die Kammer geht davon aus, dass sich die
Zeugen geirrt haben und unter dem Eindruck des Verbrechens, der polizeilichen
Befragung, der Zeitungsberichte und Bilder geglaubt haben, T11 wiederzuerkennen.
Ob das am Leichnam der T11 gefundene Schamhaar vom Angeklagten stammt, kann
letztlich dahinstehen, da es auf mannigfache Weise an den Oberschenkel von T11
gelangt sein kann. Nach dem Ergebnis des Sachverständigengutachtens O5 kann es
jedoch durchaus vom Angeklagten stammen. Dieser hat Blutgruppe B. T11 war - wie die
Sachverständige ausgeführt hat - sogenannte Ausscheiderin von A. Das Schamhaar
zeigte bei der Untersuchung Reaktion gegen A- und B-Substanzen. Damit kam als
Träger des Haares eine Person mit Blutgruppe A/B und eine Person mit Blutgruppe B in
Betracht.
241
Die Zeugen Q2, W5 und U1 haben, letzterer auch anhand der in der Hauptverhandlung
in Augenschein genommenen Lichtbilder, vom Auffinden der Leiche und deren Lage
und Zustand berichtet.
242
Der Sachverständige Prof. S10 hat ausgeführt, am Leichnam von T11 seien weder
aktive noch passive Abwehrverletzungen gefunden worden, auch keine Verletzungen
im Genitalbereich. Das spricht nicht gegen die Täterschaft des Angeklagten. Es ist
vielmehr anzunehmen, dass der Angeklagte sein körperlich unterlegenes Opfer, wie er
es einmal ausgedrückt hat, "verbal bearbeitet" und ohne nennenswerte Gegenwehr
gefesselt hat. Die vom Sachverständigen festgestellten ausgeprägten
Fesselungsspuren sprechen allerdings dafür, dass sich T11, als sie gefesselt war und
merkte, dass der Angeklagte sie töten wollte, verzweifelt versucht hat, sich dem zu
entziehen.
243
Schließlich spricht auch der Umstand, dass der Angeklagte in seiner Vernehmung
zunächst angab, T11 "erwürgt" zu haben, nicht gegen die Richtigkeit seines
Geständnisses. Zwar ist T11, wie sich aus dem Gutachten des Sachverständigen Prof.
S10 zur Überzeugung der Kammer ergibt, mit einem dünnen Werkzeug erdrosselt
worden. Der Angeklagte kann T11 durchaus mit einem Drosselwerkzeug und zusätzlich
mit bloßen Händen angegriffen haben. Möglich ist auch, dass dem Angeklagten der
Unterschied zwischen Erwürgen und Erdrosseln nicht geläufig war.
244
Der Umstand, dass der Angeklagte spontan "erwürgt" und nicht "erdrosselt" gesagt
hatte, ist schließlich auch ein Indiz gegen die These, die Vernehmungsbeamten, die ja
die Tötungsmethode kannten, könnten dem Angeklagten Einzelheiten seines
Geständnisses suggeriert haben.
245
Fall 4 (Tat zu Lasten der M1):
246
Die Zeugen E, L und T14 haben vom Verlauf des Abends des 29. Oktober 1987 bis zu
dem Zeitpunkt berichtet, zu dem M1 die Wohnung E verließ. Die Zeugin T15, geborene
Q5, hat berichtet, dass sie M1 an einer Bushaltestelle auf der B7-Straße gesehen habe.
247
Die Kammer konnte nicht klären, wo und wann genau der Angeklagte M1 entdeckt und
aufgenommen hat. Der Angeklagte selbst konnte sich nur insoweit erinnern, als er sein
Opfer am Stadtrand von Aachen entdeckt haben will. Zweifel an der Täterschaft des
248
Angeklagten ergeben sich nicht aus der in der Hauptverhandlung verlesenen Aussage
der inzwischen verstorbenen Zeugin O6.
Die Zeugin O6 hat im Wesentlichen ausgesagt, sie könne sich daran erinnern, am
Abend des 29. Oktober 1987, einem Donnerstag, mit einem Bus der Linie 11, der um
21.30 Uhr ab Bushof fährt, von B7-Markt gefahren zu sein. Zusammen mit ihr sei ein
junges Mädchen eingestiegen. Das Mädchen sei mit ihr an der Haltestelle B7-Straße/L6
wieder ausgestiegen. Sie sei mit ihm ins Gespräch gekommen. Sie habe angegeben, zu
Fuß nach X10 gehen zu wollen, wovon sie, die Zeugin, abgeraten habe. Sie habe das
Mädchen zur gegenüberliegenden Haltestelle mit der Bemerkung geschickt, dass der
nächste Bus nach B gleich komme, sie solle dort warten. Das Mädchen sei auch
zunächst auf die Straße gegangen, sei aber dann stehengeblieben, als aus B7 ein
Wagen den L6 hinauffuhr. Der Wagen habe angehalten, die Beifahrertür sei geöffnet
worden, nach einem kurzen Gespräch sei das Mädchen eingestiegen. Sie habe noch
sehen können, dass der Wagen zunächst in Richtung L6-X10 weiterfuhr, dann jedoch
drehte und in die Straße "L6" fuhr. Sie habe dann am 13. November 1987 in der
Tageszeitung das Bild der Vermissten entdeckt und das Mädchen auf Anhieb erkannt.
Es bestünden keine Zweifel. Sie könne sich auch noch an das Datum - 29. Oktober
1987 - genau erinnern. Der PKW sei dunkel gewesen, der Fahrer ein Mann mittleren
Alters, zwischen 40 und 50 Jahren. Das Fahrzeug habe ein Ber Kennzeichen gehabt.
249
Die Kammer geht davon aus, dass es sich bei dem Mann, den die Zeugin beschrieben
hat, nicht um den Angeklagten handelt. Die Aussage vermag gleichwohl die
Überzeugung der Kammer von der Richtigkeit des Geständnisses des Angeklagten
nicht zu erschüttern.
250
Zum einen ist trotz des Detailreichtums der Aussage und der subjektiven Gewissheit der
Zeugin, M1 erkannt zu haben, nicht sicher, dass es sich tatsächlich um M1 gehandelt
hat. Zweifel ergeben sich im Hinblick auf die Aussage der Zeugin T15, die die ihr
bekannte M1 trampend (Daumen raus) an der letzten Bushaltestelle im Ortsteil B7
Richtung C5 gesehen hat. Das kann die von der Zeugin O6 genannte Haltestelle
gewesen sein. Die Zeugin O6 kannte M1 hingegen nicht, war sich lediglich subjektiv
davon überzeugt, das Mädchen im Bus als die in der Zeitung abgebildete vermisste
Person wiedererkannt zu haben.
251
Es kann allerdings sein, dass M1 in Etappen getrampt ist und vom Angeklagten an einer
anderen Stelle entdeckt wurde. Möglich ist auch, dass sie voreilig in den schwarzen Golf
eingestiegen ist und diesen, kurz nachdem er gewendet hatte und in die Straße "L6"
eingefahren ist, wieder verlassen hat, etwa weil mit dem Fahrer keine Einigkeit über das
Fahrziel bestand, um sich wieder zur Bushaltestelle zu begeben.
252
Die Aussage des Zeugen S11, die ebenfalls in der Hauptverhandlung verlesen wurde,
vermochte keine weiteren Erkenntnisse zu vermitteln. Dem Busfahrer S11 war zwar am
29. Oktober 1987 abends ein Mädchen an der Bushaltestelle I11 aufgefallen, welches
nicht in den haltenden Bus einstieg. Es spricht jedoch einiges dafür, dass es sich bei
diesem Mädchen nicht um M1 handelte, da der Zeuge meinte, dunkles Haar gesehen zu
haben. M1 war hingegen blond.
253
Vom Auffinden des Leichnams, dessen Zustand und vom Auffindeort haben die Zeugen
S3, U1 und W3 berichtet, letzterer hat die in Augenschein genommenen Bilder aus der
Lichtbildmappe M1 in der Hauptverhandlung erläutert.
254
Fall 5 (Tat zum Nachteil der O2):
255
Von den persönlichen Verhältnissen der O2 haben deren Vater, der Zeuge P3, ferner
die Zeugen 03 und O4 berichtet. Der Zeuge O3 hat eindrucksvoll geschildert, wie er -
damals 11 Jahre alt - seine Mutter zum letzten Mal das Haus verlassen sah und am
nächsten Morgen mit dem Fahrrad umherfuhr, weil seine Mutter nicht mehr da war.
256
Die Zeugen Q3 und X11 haben geschildert, dass sie O2 am Abend des 15. Juni 1990
gesehen, der Zeuge Q3 auch mit ihr gesprochen hat.
257
Der Zeuge H8 hat berichtet, dass er Kleidungsstücke und den Knebel gefunden hat. Der
Zeuge O5 hat geschildert, wie er bei der Jagd im Walde die vollständig skelettierte
Leiche gefunden hat. Die Stellen, wo Kleidung und Knebel einerseits und das Skelett
andererseits gefunden wurden, haben die Zeugen W3 und U1, auch anhand der in der
Hauptverhandlung in Augenschein genommenen Lichtbilder, erläutert.
258
Der Angeklagte hat im polizeilichen Geständnis zugegeben, den gefundenen Knebel
bei der Tat verwendet zu haben. Das im Knebel entdeckte Taschentuch hat er auf
Fotografien als sein eigenes wiedererkannt. Für die Richtigkeit dieser Angaben
sprechen nicht zuletzt die Aussagen der Zeuginnen I12 und T6, der ehemaligen
Ehefrauen des Angeklagten. Beide haben angegeben, der Angeklagte habe, wenn
sado-masochistische Sexualität praktiziert wurde, bisweilen auch Knebel eingesetzt.
Ferner konnten sich beide Zeuginnen an Stofftaschentücher mit einem "E" erinnern. Die
Zeugin I12 hat ausgesagt, dass sie seit der Ehe mit dem Angeklagten, die sie als sehr
belastend empfunden habe, eine generelle starke Abneigung gegen Stofftaschentücher
hege. Die Zeugin T6 hat bekundet, der Angeklagte habe Taschentücher von seinen
Eltern zum Geburtstag bekommen. Die Zeuginnen haben auf Vorhalt von Fotografien
des im Knebel gefundenen Taschentuchs angegeben, der Angeklagte habe solche
Taschentücher gehabt, sie vermochten allerdings nicht zu sagen, ob genau dieses sein
Taschentuch sei.
259
Von der im Hinblick auf Todesursache und Sexualdelikt wegen der vollständigen
Skelettierung der Leiche unergiebigen Obduktion hat der Sachverständige Prof. S10
berichtet.
260
Der Zeuge O4 war nach dem Tod der O2 in den Kreis der Tatverdächtigen geraten. Das
hat er selbst angegeben. Er war verdächtig geworden, weil er mit O2 verheiratet
gewesen war, mit ihr aber noch im gleichen Haus lebte und eine neue Freundin, die
Zeugin X7, hatte. Außerdem war er als Flugkörpersoldat tätig und auch bei einer
Bereitschaftsstelle in B7 in der Nähe des Fundortes der Leiche eingesetzt gewesen. Die
Zeugin X7 hat angegeben, dem O4 bei der Polizei ein falsches Alibi gegeben zu haben.
Sie habe, ebenso wie der Zeuge O4 selbst, angegeben, mit diesem bis 03.00 Uhr am
Morgen des 16. Juni 1990 in der Gaststätte "A2" gewesen zu sein. Insoweit sei ihre
Aussage auch richtig gewesen. Dann seien beide nach Hause gegangen. Sie habe in
ihrer Vernehmung bei der Polizei jedoch verschwiegen, dass sie nur den ersten Teil des
Weges gemeinsam gegangen seien, ihre Wege hätten sich getrennt. Sie, die Zeugin,
sei zuerst zu Hause angekommen, O4 sei dann aber auch irgendwann eingetroffen.
Man sei gemeinsam zu Bett gegangen. O4 habe gesagt, er sei der Hauptverdächtige, ob
sie das mit der Trennung auf dem Heimweg ausklammern könne. Die Kammer ist davon
überzeugt, dass O4 nicht der Täter war und sich lediglich nicht weiter in Verdacht
261
bringen wollte. Die Zeugin X7 war davon überzeugt, O4 sei unschuldig und wollte ihrem
Freund einen Gefallen erweisen. Beide hatten Angst, O4 könne ungerechtfertigt noch
stärker ins Visier der Ermittlungen geraten. An der Täterschaft des Angeklagten auch im
letzten Fall bestehen daher keinerlei Zweifel.
IV.
262
Nach dem festgestellten Sachverhalt hat sich der Angeklagte wie folgt strafbar gemacht:
263
Tat zum Nachteil der H1:
264
Der Angeklagte hat H1 vorsätzlich getötet, um eine andere Straftat, nämlich den
Versuch einer Vergewaltigung, zu verdecken (§ 211 StGB). Hinsichtlich der versuchten
Vergewaltigung selbst (§§ 22, 177 Abs. 1 StGB in der 1983 geltenden Fassung) ist
Verjährung eingetreten (§ 78 Abs. 3 Nr. 2 StGB).
265
Tat zum Nachteil der X4:
266
Der Angeklagte hat X4 vorsätzlich getötet, um eine andere Straftat, nämlich eine
Freiheitsberaubung, zu verdecken (§ 211 StGB). Die qualifizierte Freiheitsberaubung
selbst (§ 239 Abs. 3 StGB in der 1984 geltenden Fassung) ist verjährt (§ 78 Abs. 3 Nr. 2
StGB).
267
Tat zum Nachteil der T11:
268
Der Angeklagte hat T11 vorsätzlich getötet, um eine andere Straftat, nämlich eine
Vergewaltigung, zu verdecken (§ 211 StGB). Die Vergewaltigung (§ 177 StGB in der
1984 geltenden Fassung) ist verjährt (§ 78 Abs. 3 Nr. 2 StGB).
269
Tat zum Nachteil der M1:
270
Der Angeklagte hat M1 getötet, um eine andere Straftat, nämlich eine Vergewaltigung,
zu verdecken (§ 211 StGB). Tateinheitlich (§ 52 StGB) hat er sich wegen
Vergewaltigung (§ 177 StGB in der im Oktober 1987 geltenden Fassung) strafbar
gemacht.
271
Tat zum Nachteil der O2:
272
Der Angeklagte hat schließlich auch O2 vorsätzlich getötet, um eine andere Straftat,
nämlich eine Vergewaltigung, zu verdecken (§ 211 StGB). Tateinheitlich (§ 52 StGB) hat
sich der Angeklagte auch wegen Vergewaltigung (§ 177 StGB in der im Jahre 1990
geltenden Fassung) strafbar gemacht.
273
Die Taten stehen im Verhältnis der Tatmehrheit (§ 53 StGB) zueinander.
274
Die Feststellung der Kammer, dass der Angeklagte in allen Fällen ohne erhebliche
Einschränkung seiner Schuldfähigkeit (§§ 20, 21 StGB) gehandelt hatte, ergibt sich aus
den nachvollziehbaren und nicht widersprüchlichen Angaben des Sachverständigen
Prof. Dr. med. I13, Direktor des Instituts für Forensische Psychiatrie an der Charité in
C18.
275
Der Sachverständige, der der Kammer als kompetenter Gutachter bekannt ist, hat im
Wesentlichen Folgendes ausgeführt:
276
Er habe den Angeklagten zwar wegen dessen Weigerung nicht explorieren können, es
gebe jedoch, auch wegen des bereits fortgeschrittenen Alters des Angeklagten, eine
Fülle von Material, welches eine tragfähige Einschätzung zu vermitteln vermöge. Das
Gutachten gründe sich auf viele Zeugenaussagen, auf ausführliche polizeiliche
Ermittlungen. Der Angeklagte habe auch über seine Lebensgeschichte berichtet,
insbesondere sei die Biographie des Angeklagten in den Jahren 1983 bis 1990
gesichert. Auch die Einlassung des Angeklagten in der Hauptverhandlung sei
herangezogen worden.
277
Der Sachverständige hat ausgeführt, eine tiefgreifende Bewusstseinsstörung sei nicht
zu diskutieren. Sie passe nicht zu den sexuellen Übergriffen. Eine geistige Behinderung
(Schwachsinn) sei ausgeschlossen; der Angeklagte habe Schule und Ausbildung
absolviert, sei zeitweise als erfolgreicher Versicherungsvertreter tätig gewesen.
278
Krankhafte seelische Störungen wie Schizophrenie, hirnorganische Erkrankungen,
Alzheimer seien ausgeschlossen, derartige Erkrankungen müssten sich manifestiert
haben, andere hätten dies mitbekommen müssen. Auch sei keine Depression zu
erkennen.
279
Zu den epileptischen Anfällen, unter denen der Angeklagte als Kind gelitten habe, hat
der Sachverständige überzeugend ausgeführt, es handele sich dabei um recht häufige
kindliche Erkrankungen. Die Epilepsie sei behandelt worden, es seien dann im
Erwachsenenalter keine Anfälle mehr aufgetreten; die Erkrankung sei also folgenlos
geblieben. Wesensänderungen oder schulische Beeinträchtigungen infolge der Anfälle
habe es nicht gegeben. Nur dort, wo es nicht gelinge, das Kind anfallsfrei zu bekommen,
bestehe ein erhöhtes Risiko psychischer Erkrankungen. Dies sei beim Angeklagten
ausgeschlossen.
280
Bei einem Autounfall in den 80iger Jahren sei der Angeklagte zwar verletzt worden. Der
Hörschaden, von dem er berichtet habe, habe jedoch mit den Taten nichts zu tun. Es
seien keine psychischen Veränderungen in der Folge des Unfallgeschehens (im Sinne
von erhöhter Gewaltbereitschaft und verstärkter sexueller Übergriffe) zu erkennen.
281
Der Sachverständige hat ferner ausgeführt, eine Suchtproblematik bestehe nicht, der
Angeklagte sei sozial nicht auffällig. Sein egoistisches Verhalten liege innerhalb des
normalen Spektrums. Der Angeklagte sei teilweise erfolgreich gewesen, teilweise sei er
aber auch gescheitert; er sei als normal leistungsfähig einzustufen.
282
Der Sachverständige hat sich schließlich eingehend mit der Frage auseinandergesetzt,
ob die besondere sexuelle Disposition des Angeklagten seine Steuerungs- oder
Einsichtsfähigkeit in erheblicher Weise beeinträchtigt haben könnte. Er hat dies
ausführlich und überzeugend verneint. Er hat im Rahmen seiner Anhörung auch
spontan und verständlich auf Fragen der Verteidigung antworten und zu Einwänden
Stellung nehmen können.
283
In diesem Zusammenhang hat der Sachverständige im Wesentlichen ausgeführt, beim
Angeklagten liege eine sado-masochistische Neigung vor, die insbesondere von seiner
284
dritten Ehefrau, der Zeugin T8, geschildert worden sei. Der Angeklagte sei durchgängig
in der masochistischen Position gewesen. Dies sei damit verbunden, dass Männer auf
Demütigung sexuell erregt reagieren. Dies erscheine dann nicht als rein passive
Haltung, sondern auch als Triumph im Aushalten. Der Angeklagte sei jedoch nicht auf
sexuellen Masochismus fixiert, er sei vielmehr sexuell unternehmungslustig, normale
Sexualität sei für ihn wichtig und befriedigend. Beim Angeklagten handele es sich
gerade nicht um einen Sadisten. Sadistische Täter bleiben regelmäßig in der
sadistischen Position, so dass Sadismus beim Angeklagten ausgeschlossen sei. Die
angeklagten Taten weisen nicht auf ein sadistisches Tatbild hin: Der Täter müsste sonst
versucht haben, vor Tatabschluss sadistische Einzelaktionen zu inszenieren, wie
Schmerz, Demütigung, sich länger hinziehendes Quälen des Opfers. Die hier in Rede
stehenden Taten seien hingegen dadurch gekennzeichnet, dass der Täter in
ausgedehnter Weise sexuell das Opfer angegriffen habe, dann sei ein ungeheuer
gewaltsamer Übergriff erfolgt, um das Opfer als Zeugen auszuschalten.
Zusammenfassend hat der Sachverständige festgestellt, dass keine krankhafte
seelische Störung, keine tiefgreifende Bewusstseinsstörung, Schwachsinn oder eine
andere schwere andere seelische Abartigkeit beim Angeklagten vorlagen. Die Kammer
schließt sich dieser Einschätzung des Sachverständigen aus eigener Überzeugung an.
Das Ergebnis des Sachverständigengutachtens deckt sich mit dem Bild, welches die
Kammer selbst in der Hauptverhandlung vom Angeklagten und seinen Taten gewonnen
hat.
285
V.
286
Die Kammer hat in jedem einzelnen Fall auf lebenslange Freiheitsstrafe erkannt.
Gemäß § 54 Abs. 1 Satz 1 StGB war auf
287
lebenslange Freiheitsstrafe
288
als Gesamtstrafe zu erkennen.
289
Eine Strafrahmenverschiebung kam offensichtlich nicht in Betracht, vielmehr hat die
Kammer die besondere Schwere der Schuld festgestellt. Die Kammer hat dabei die
Taten des Angeklagten und seine Persönlichkeit zusammenfassend gewürdigt. Zu
Gunsten des Angeklagten hat die Kammer dabei berücksichtigt, dass die Taten schon
längere Zeit zurückliegen. Der Angeklagte steht bereits in seinem sechsten
Lebensjahrzehnt, ist verheiratet und hat einen minderjährigen Sohn. Er wird unter der
langen Trennung von seiner Familie leiden, er ist als besonders haftempfindlich
anzusehen. Der Angeklagte war bei Begehung der hier abgeurteilten Taten unbestraft.
Die Feststellung der besonderen Schwere der Schuld war gleichwohl geboten. Der
Angeklagte hat in den Fällen 4 und 5 tateinheitlich mehrere Delikte verwirklicht, es
handelte sich um Morde zur Verdeckung von schweren Straftaten. Der Angeklagte ist in
allen Fällen brutal und menschenverachtend vorgegangen. Besonders erschwerend
wirkt sich aus, dass der Angeklagte 5 Taten in Tatmehrheit begangen hat, die jeweils für
sich genommen schon mit lebenslanger Haft zu ahnden waren.
290
Die Unterbringung des Angeklagten in der Sicherungsverwahrung (§ 66 StGB) war nicht
anzuordnen.
291
Nach dem Ergebnis des Gutachtens des Sachverständigen Prof. L2 kann nicht
292
angenommen werden, dass beim Angeklagten derzeit noch ein Hang zu erheblichen
Straftaten vorliegt. Der Sachverständige Prof. L2 hat hierzu ausgeführt, es spreche viel
dafür, dass, wenn der Angeklagte von 1990 bis 2007 keine schweren Straftaten mehr
begangen habe, eine entsprechende Abwendung von dem in den Jahren davor
gezeigten Verhalten vorlag. Zwar habe damals eine persönliche Disposition zu
schweren Straftaten vorgelegen, es gebe jedoch Fälle, in denen eine Tatserie nicht
erzwungen ende, hiervon sei derzeit auszugehen.
VI.
293
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 465, 472 StPO.
294
Dr. O7 G8 C19
295
Ausgefertigt
296
L7
297
Justizamtsinspektor
298
als Urkundsbeamter der Geschäftsstelle
299