Urteil des LG Aachen vom 20.02.2009

LG Aachen: verfügung, eigentum, grundstück, einwendung, ergänzung, meinung, eltern, zustellung, eigentümer, anhörung

Landgericht Aachen, 6 T 13/09
Datum:
20.02.2009
Gericht:
Landgericht Aachen
Spruchkörper:
6. Zivilkammer
Entscheidungsart:
Beschluss
Aktenzeichen:
6 T 13/09
Vorinstanz:
Amtsgericht Aachen, 93 IK 77/08
Schlagworte:
Einwendungen gegen Schuldenbereinigungsplan;
Einwendungsausschluss
Normen:
§§ 307, 308, 309 InsO
Leitsätze:
Einwendungen gegen den Schuldenbereinigungsplan sind innerhalb
der Monatsfrist des § 307 Abs. 1 InsO geltend zu machen.
Einwendungen, die der Gläubiger nach Ablauf der Fist im
Beschwerdeverfahren geltend macht, sind nicht zu berücksichtigen.
Zur Abrenzung zwischen Ergänzungen der Forderungen und
Einwendungen gegen den Schuldenbereinigungsplan.
Tenor:
Die sofortige Beschwerde der Gläubigerin gegen den Beschluss des
Amtsgerichts Aachen vom 03. November 2008 wird auf ihre Kosten
zurückgewiesen.
Gründe:
1
I.
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Der Verfahrensbevollmächtigte des Schuldners hat für diesen mit Schriftsatz vom 11.
März 2008 die Eröffnung des Insolvenzverfahrens beantragt und die Durchführung des
gerichtlichen Schuldenbereinigungsverfahrens angeregt.
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Mit Verfügung vom 22. April 2008 hat das Amtsgericht die Gläubiger – darunter auch die
Beschwerdeführerin – unter Fristsetzung zur Stellungnahme zu dem Plan aufgefordert.
Wegen der Hinweise und Fristen wird auf die Verfügung (Bl. 31 f. d. GA.) Bezug
genommen. Das Schreiben wurde den Verfahrensbevollmächtigten der Gläubigerin am
24. April 2008 gegen Empfangsbekenntnis zugestellt.
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Eine Stellungnahme der Gläubigerin ist – vorab per Telefax – am 26. Mai 2008 –
fristgerecht - bei dem Amtsgericht eingegangen. Die Gläubigerin hat damit die
Vermutung geäußert, der Schuldner sei – entgegen seiner Angaben – Eigentümer eines
Grundstücks und die Klärung durch das Gericht angeregt. Darüber hinaus hat die
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Gläubigerin vorgetragen, die bislang in den Plan aufgenommene Forderung von
304.385,26 € sei auf 388.954,33 € zu erhöhen. Wegen der Einzelheiten wird auf den
Schriftsatz (Bl. 59 ff. d. GA.) verwiesen.
Mit Schreiben vom 20. Mai 2008 wurde für den Gläubiger durch dessen
Verfahrensbevollmächtigte der Schuldenbereinigungsplan abgelehnt.
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Mit Verfügung vom 03. Juni 2008 hat das Amtsgericht das Ergebnis der Anhörung aus
seiner Sicht dargestellt (1 Ablehnung), den Verfahrensbevollmächtigten des Schuldners
angehört und die Gläubiger davon in Kenntnis gesetzt. Auf die Verfügung (Bl. 80 f. d.
GA.) wird Bezug genommen.
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Die Gläubigerin hat mit Schreiben vom 13. Juni 2008, auf welches verwiesen wird (Bl.
97 f. d. GA.) erneut die Grundstücksfrage und die Höhe der Forderungen thematisiert.
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Mit Beschluss vom 03. November 2008 hat das Amtsgericht die Zustimmung des
Einwendungsgläubigers ersetzt und hinsichtlich der Gläubigerin die Auffassung
vertreten, diese habe nicht binnen der Notfrist des § 307 Abs. 1 InsO den
Schuldenbereinigungsplan abgelehnt. Auf die weitere Begründung des Beschlusses
(Bl. 119 ff. d. GA.) wird Bezug genommen.
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Gegen den formlos an die Verfahrensbevollmächtigten der Gläubigerin übersandten
Beschluss (Ausführung der Verfügung am 14. November 2008) hat diese mit am 01.
Dezember 2008 bei dem Amtsgericht eingegangen Schriftsatz sofortige Beschwerde
eingelegt. Auf die Begründung (Bl. 128 ff. und 154 ff. d. GA) wird verwiesen.
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Das Amtsgericht hat der sofortigen Beschwerde nicht abgeholfen und die Sache der
Kammer zur Entscheidung vorgelegt.
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II.
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Die sofortige Beschwerde hat in der Sache keinen Erfolg.
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Dabei kann dahinstehen, ob die sofortige Beschwerde gemäß §§ 309 Abs. 2 S. 2, 6, 4
InsO, 567 ff. ZPO überhaupt zulässig ist, nachdem das Amtsgericht mit dem
angefochtenen Beschluss nicht über Einwendungen der Gläubigerin entschieden hat.
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Nach Meinung der Kammer ist die Beschwerde jedenfalls unbegründet, weil die
Gläubigerin auch nach Meinung der Kammer mit dem Schriftsatz vom 26. Mai 2008
keine Einwendungen, die nach § 308 Abs. 1 S. 1 InsO beachtlich gewesen wären, –
fristgerecht – erhoben hat. Demnach hatte das Amtsgericht auch eine Entscheidung
über Einwendungen der Gläubigerin nicht zu treffen, jedenfalls wäre aber auch die
Zustimmung der Gläubigerin zu ersetzen gewesen.
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Nach der Systematik der Vorschriften über das gerichtliche
Schuldenbereinigungsverfahren ist zwischen Ergänzungen des Gläubigers (hinsichtlich
seiner im Schuldenbereinigungsplan aufgeführten Forderung(en) und weiterer
Forderungen) und Einwendungen gegen den Schuldenbereinigungsplan zu
unterscheiden.
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Ergänzt der Gläubiger die Angaben zu der/den Forderung(en) im
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Schuldenbereinigungsplan, werden diese entweder vor endgültigem Abschluss des
Plans berücksichtigt oder können anderenfalls nach § 308 Abs. 3 S. 1 InsO von dem
Gläubiger gegen den Schuldner weiter geltend gemacht werden. Eine Ergänzung kann
lediglich dann, wenn durch die Ergänzung die Mehrheitsverhältnisse eine Änderung
erfahren, auch für die Zustimmung zu dem Schuldenbereinigungsplan von Bedeutung
sein. Diesen Umfang erreichen die von der Gläubigerin behaupteten Ergänzungen im
vorliegenden Fall bei einer geltend gemachten Änderung von ca. 84.000 € gegenüber
einer Gesamtschuld von 2,7 Mio. nicht.
Demgegenüber führen Einwendungen gegen den Schuldenbereinigungsplan dazu,
dass die Zustimmung des "einwendenden" Gläubigers bei Vorliegen der
Voraussetzungen zu ersetzen ist oder der Plan scheitert. Entsprechende Einwendungen
hat die Gläubigerin mit dem Schriftsatz vom 26. Mai 2008 jedoch nicht vorgebracht. Der
lapidare Hinweis auf mögliches Eigentum des Schuldners an einem Grundstück stellt
keine Einwendung in diesem Sinn dar. Zweifellos steht – wie die Gläubigerin selbst
eingeräumt hat – das fragliche Grundstück auch tatsächlich nicht im Eigentum des
Schuldners. Weiteren als "Einwendung" zu fassenden Vortrag enthält der vorgenannte
Schriftsatz nicht. Gleiches gilt für den Schriftsatz der Gläubigerin vom 13. Juni 2008.
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Die von der Gläubigerin im Beschwerdeverfahren vorgebrachten Einwendungen sind
verspätet, so dass insbesondere dahingestellt bleiben kann, ob aufgrund eines etwaig
zukünftig zu erwartenden Erbes beim Versterben der Eltern des Schuldners eine
Schlechterstellung der Gläubigerin durch den Schuldenbereinigungsplan anzunehmen
ist.
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Aus dem Sinn und Zweck der gesetzlichen Regelung der §§ 307 ff. InsO ergibt sich,
dass der Einwendungsgläubiger nach Ablauf der Notfrist des § 307 Abs. 1 InsO mit allen
Einwendungen ausgeschlossen ist, die er nicht im Zustimmungsersetzungsverfahren
binnen dieser Frist geltend gemacht hat (vgl. MüKo-InsO, 2. AL, § 309 Rn. 29). Es ist ihm
verwehrt, Einwendungen gegen den von dem Schuldner vorgelegten
Schuldenbereinigungsplan erstmals im Beschwerdeverfahren zu erheben (LG Münster
ZVI 2002, 267 m.w.N.). Im Rahmen einer gerichtlichen Zustimmungsersetzung nach
§ 309 InsO sind nur diejenigen Einwendungen des widersprechenden Gläubigers zu
berücksichtigen, die innerhalb der Monatsfrist ab Zustellung des
Schuldenbereinigungsplanes nach § 307 InsO geltend gemacht wurden. Maßgeblich für
die Prüfung der gerichtlichen Zustimmungsersetzung gemäß § 309 InsO sind
ausschließlich diejenigen Einwendungen, die der Gläubiger innerhalb der ihm nach §
307 Abs. 1 S. 1 InsO gesetzten Frist vorträgt. Dies ergibt sich aus dem Wortlaut von §
307 Abs. 1 S. 1 InsO, der festlegt, dass die Gläubiger innerhalb der Monatsfrist zu dem
Plan Stellung zu nehmen haben, also nicht lediglich Zustimmung oder Ablehnung, die
auch nachträglich begründet werden könnte, zu erklären haben, sowie dem Wortlaut
des § 309 Abs. 1 InsO, der für die Gläubiger nicht (nochmals) die Gelegenheit zum
Vortrag von Einwendungen eröffnet, sondern sich auf (bereits erhobene) Einwendungen
bezieht. Darüber hinaus gebieten auch Sinn und Zweck des
Schuldenbereinigungsplanverfahrens, in einer durch die Monatsfrist des § 307 InsO
begrenzten Zeit Klarheit über die Haltung der Gläubiger zu den vom Schuldner
vorgeschlagenen Schuldenbereinigungsplan zu erlangen, später nachgeschobene
Einwendungen gegen den Plan nicht mehr zuzulassen. (vgl. AG Saarbrücken – 61 IK
15/03).
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Die sofortige Beschwerde ist daher auf Kosten der Gläubigerin zurückzuweisen.
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Beschwerdewert: bis 320.000,00 €
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