Urteil des LAG Rheinland-Pfalz vom 17.04.2009

LArbG Mainz: arbeitsgericht, miete, beitrag, bad, wohnkosten, entlastung, selbstkontrolle, antwortschreiben, prüfungspflicht, garage

LAG
Mainz
17.04.2009
3 Ta 88/09
Notwendigkeit der Begründung einer Nichtabhilfe-Entscheidung
Aktenzeichen:
3 Ta 88/09
7 Ca 390/06
ArbG Mainz
- AK Bad Kreuznach -
Beschluss vom 17.04.2009
Tenor:
1. Die (faktische) Nichtabhilfe-Entscheidung und die zur Vorlage der Beschwerde an das
Beschwerdegericht führende Vorlageverfügung des Arbeitsgerichts Mainz - Auswärtige Kammern Bad
Kreuznach - (- 7 Ca 390/06 -) werden aufgehoben.
2. Das Beschwerdeverfahren wird an das Arbeitsgericht zurückverwiesen, damit dort vom zuständigen
Rechtspfleger/von der zuständigen Rechtspflegerin ordnungsgemäß das in § 572 Abs. 1 S. 1 Halbsätze 1
und 2 ZPO vorgesehene Verfahren durchgeführt werden kann.
3. Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.
Gründe:
I.
Beiordnung seines damaligen Prozessbevollmächtigten nach näherer Maßgabe des Beschlusses vom
19.06.2006 - 7 Ca 390/06 - (s. Bl. 74 d.A.) die Prozesskostenhilfe bewilligt worden. Die PKH-Bewilligung
erfolgte mit der Maßgabe, dass der Beklagte einstweilen keinen eigenen Beitrag zu den Kosten der
Prozessführung zu leisten brauchte. Vor der Bewilligung der Prozesskostenhilfe hatte der Beklagte dem
Arbeitsgericht die Erklärung (vom 15.05.2006) über seine persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse
vorgelegt (Bl. 1, 1 R des PKH-Beiheftes nebst Anlage - Wohnraum-Mietvertrag vom 31.01.2006 in Kopie,
Bl. 2 ff. des PKH-Beiheftes). Wegen der Überprüfung der Vermögensverhältnisse des Beklagten wandte
sich das Arbeitsgericht mit dem Schreiben vom 07.08.2008 (Bl. 30 des PKH-Beiheftes) an den
seinerzeitigen Prozessbevollmächtigten des Beklagten. Dieser sandte das gerichtliche Schreiben mit
Telefax vom 10.08.2008 an das Arbeitsgericht mit folgendem Vermerk zurück:
"Ich habe das Mandat niedergelegt! Eine aktuelle Anschrift ist mir nicht bekannt!"
Am 13.10.2008 gelangte die (neue) Erklärung des Beklagten vom 06.10.2008 (über seine persönlichen
und wirtschaftlichen Verhältnisse) zur Gerichtsakte (= Bl. 38, 38 R des PKH-Beiheftes). Beigefügt war die
Entgeltabrechnung für September 2008 (Bl. 39 des PKH-Beiheftes). Das Arbeitsgericht forderte nunmehr
Rechtsanwalt D. mit dem gerichtlichen Schreiben vom 20.10.2008 auf, die vom Beklagten "angegebene
Zahlungsverpflichtung wie z.B. Miete pp. durch Vorlage geeigneter Belege nachzuweisen". Das daraufhin
von dem Beklagten selbst beim Arbeitsgericht eingereichte Schreiben vom 06.11.2008 (Bl. 41 d.A.)
beantwortete das Arbeitsgericht mit den Schreiben vom 19.11.2008 und vom 08.12.2008 (Bl. 42 f. des
PKH-Beiheftes). Im Anschluss an das weitere gerichtliche Schreiben vom 02.01.2009 (Bl. 44 des PKH-
Beiheftes) änderte das Arbeitsgericht die im Beschluss vom 19.06.2006 getroffene Zahlungsbestimmung
[… der Kläger braucht "keinen eigenen Beitrag zu den Kosten der Prozessführung zu leisten …"]
dahingehend ab, dass der Beklagte ab dem 15.02.2009 monatliche Raten in Höhe von 250,00 EUR zu
zahlen hat. Zur Begründung führt das Arbeitsgericht im Beschluss vom 28.01.2009 - 7 Ca 390/06 - im
wesentlichen aus, dass die in § 120 Abs. 4 ZPO vorgeschriebene Nachprüfung ergeben habe, dass sich
die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse des Beklagten zwischenzeitlich wesentlich geändert
hätten und dass der Beklagte nunmehr in der Lage sei, die angefallenen 2,61 EUR Gerichts- und 912,34
EUR Rechtsanwaltskosten, also insgesamt 914,95 EUR an die Landeskasse zu zahlen.
Der Beschluss vom 28.01.2009 - 7 Ca 390/06 - wurde dem Prozessbevollmächtigten des Klägers am
02.02.2009 zugestellt (Empfangsbekenntnis Bl. 47 des PKH-Beiheftes). Ein Zustellungsnachweis
(Empfangsbekenntnis oder Zustellungsurkunde) darüber, wann dem Beklagten persönlich und/oder
Rechtsanwalt D. der Beschluss vom 28.01.2009 - 7 Ca 390/06 - zugestellt worden ist, befindet sich weder
in der Hauptakte, noch im PKH-Beiheft.
Am 04.03.2009 ging der Schriftsatz des Beklagten vom 27.02.2009 bei dem Arbeitsgericht ein. In diesem
Schreiben, in dem der Beklagte das erstinstanzliche Aktenzeichen - 7 Ca 390/06 - angibt, heißt es u.a.:
"… Zum Beschluss lege ich Beschwerde ein, da ich nicht so viel verdiene, um diesen Betrag von 914,95
EUR auf einmal zu zahlen. Wenn, dann kann ich eine Ratenzahlung vornehmen von 20,00 EUR, mehr
geht leider nicht. Auch in der Beschlussfassung die sie angeben vom 02.01.09 wurde ich nicht gehört, so
wie sie es in dem Beschlussschreiben angeben …".
Das Arbeitsgericht wandte sich daraufhin mit dem Schreiben vom 09.03.2009 (Bl. 51 des PKH-Beiheftes)
u.a. wie folgt an den Beklagten:
"… Bitte stellen Sie nun klar, ob Sie den Beschluss vom 28.01.2009 anfechten wollen. Sie werden aber
bereits jetzt darauf hingewiesen, dass dem Rechtsmittel nicht abgeholfen werden wird und es zur
Entscheidung dem Beschwerdegericht vorgelegt werden wird, sollten keine weiteren Sachvorträge und
Belege Ihrerseits vorgelegt. Die einfache Behauptung, Sie können nur 20,00 EUR monatlich zahlen, reicht
nicht aus …".
Mit dem Schreiben vom 02.04.2009 übersandte dem Beschwerdegericht eine Justizbeschäftigte der
Geschäftsstelle des Arbeitsgerichts "auf Anordnung" die Akte
- 7 Ca 390/06 - mit der Bitte um Entscheidung über die Beschwerde Bl. 50 d.A..
Zur näheren Darstellung des Sach- und Streitstandes im übrigen wird auf den weiteren Akteninhalt
verwiesen.
II.
Arbeitsgericht.
1.
die Eingabe des Beklagten vom 27.02.2009 als Beschwerde ausgelegt. Die Beschwerde vom 27.02.2009
richtet sich gegen den (Abänderungs-)Beschluss des Arbeitsgerichts vom 28.01.2009 - 7 Ca 390/06 -. Für
diese Auslegung spricht, dass in der Eingabe vom 27.02.2009 im Zusammenhang mit der Angabe des
Aktenzeichens - 7 Ca 390/06 - ausdrücklich die Formulierungen "Beschwerde" und "Beschluss" verwendet
werden. Außerdem erwähnt der Beklagte in der Beschwerdebegründung weiter ausdrücklich auch den
Betrag von "914,95 EUR", so wie er eben auf Seite 2 des Beschlusses vom 18.01.2009 - 7 Ca 390/06 -
genannt wird.
2.
der Rechtsmittelbelehrung des Beschlusses vom 28.01.2009 - 7 Ca 390/06 - dar. Es lässt sich nicht
feststellen, dass das Ausgangsgericht, hier das Arbeitsgericht, bei der verfahrensmäßigen Behandlung
der Beschwerde den in § 572 Abs. 1 S. 1 ZPO vorgeschriebenen Gang des Beschwerdeverfahrens
ordnungsgemäß beachtet hätte. Nach der zitierten Vorschrift hat das Gericht, dessen Entscheidung
angefochten wird, der Beschwerde abzuhelfen, wenn die Beschwerde für begründet erachtet wird, -
andernfalls ist die Beschwerde dem Beschwerdegericht vorzulegen. Das Abhilfeprüfungsverfahren ist
auch dann durchzuführen, wenn die Prozesskostenhilfeentscheidung in die Zuständigkeit des
Rechtspflegers fällt (wie hier gemäß § 20 Nr. 4 c) RPflG in Verbindung mit § 120 Abs. 4 ZPO; vgl. OLG
Köln vom 13.01.1999 - 14 WF 194/98 - ). Nach OLG Koblenz Rechtspfleger 1978, 104 und 1974, 260
muss über die Abhilfe durch Beschluss entschieden werden, so dass eine bloße Übersendungsverfügung
ungenügend ist (OLG Stuttgart MDR 2003, 110). Auch muss sich aus der Vorlage ergeben, ob das
Erstgericht seiner Prüfungspflicht nachgekommen ist. Die bloße Vorlageverfügung genügt nicht. Der
Vorlagebeschluss kann aber gegebenenfalls nachgeholt werden. Nichtabhilfebeschlüsse sind jedenfalls
dann zu begründen, wenn der angefochtene (Ausgangs-) Beschluss nicht genügend begründet worden
ist. Das Erfordernis der Begründung der Nichtabhilfeentscheidung hat seinen Grund darin, dass dem
Beschwerdeführer damit Gelegenheit gegeben wird, die Erfolgsaussicht seiner Beschwerde zu
überprüfen. (Auch) besteht der Sinn des Abhilfe-Prüfungsverfahrens gerade darin, über eine
Selbstkontrolle des Ausgangsgerichts (Arbeitsgerichts) für eine Entlastung des Beschwerdegerichts
(Landesarbeitsgericht) zu sorgen und gleichzeitig dem Beschwerdeführer (möglichst) die Instanz zu
erhalten.
3. a)
einzelnen auf, warum der Beklagte in der Lage sein soll, ab dem 15.02.2009 monatliche Raten gerade in
Höhe von 250,00 EUR zu zahlen. Die auf Seite 2 des angefochtenen Beschlusses enthaltene
Begründung ist zu allgemein gehalten, weil sie sich darauf beschränkt die Rechtsbehauptung
aufzustellen, die in § 120 Abs. 4 ZPO vorgeschriebene Nachprüfung habe "ergeben", dass sich die
persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse des Beklagten zwischenzeitlich wesentlich geändert
hätten. Woraus dieses Ergebnis resultiert, zeigt das Arbeitsgericht dem Beklagten nicht auf. Lediglich
rechtsbehauptenden Charakter hat auch der weitere Satz der Entscheidungsgründe des Beschlusses vom
28.01.2009, in dem es (sinngemäß) heißt, dass der Beklagte nunmehr in der Lage sei, insgesamt 914,95
EUR an die Landeskasse zu zahlen. Die Bezugnahme auf das Anhörungsschreiben vom 02.01.2009
ersetzt die notwendige Begründung des Beschlusses vom 28.01.2009 - 7 Ca 390/06 - jedenfalls
deswegen nicht, weil sich auch aus dem gerichtlichen Schreiben vom 02.01.2009 nicht ergibt, wie im
einzelnen das Arbeitsgericht das einzusetzende Einkommen in Höhe von 629,00 EUR
(-, das freilich nach der Tabelle zu § 115 ZPO zu monatlichen Raten von 250,00 EUR führt, -) ermittelt hat.
b)
Begründung der Nichtabhilfeentscheidung nicht verzichtet werden. Das Arbeitsgericht behandelt den
Beklagten im Ergebnis so, als habe dieser überhaupt keine Wohnkosten. Diese Annahme erscheint so
ungewöhnlich, dass sie einer näheren Begründung bedurft hätte.
Wie sich aus dem Schreiben des Beklagten vom 06.11.2008 zum einen und aus dem gerichtlichen
Antwortschreiben vom 19.11.2008 zum anderen ergibt, hatte der Beklagte dem Arbeitsgericht immerhin
Originalbelege (hinsichtlich seiner Belastungen) übersandt. Außerdem befindet sich auf Blatt 41 R des
PKH-Beiheftes der Vermerk: "Miete: 400,00 EUR, Betriebskosten-Vorauszahlung: 130,00 EUR,
530,00 EUR (+ 45,00 EUR, - Garage"). Im Hinblick darauf begegnet die mögliche Annahme des
Arbeitsgerichts von dem Nettoeinkommen des Beklagten in Höhe von 1.191,12 EUR sei nur der erhöhte
Freibetrag von 562,00 EUR (= 386,00 EUR + 176,00 EUR) abzuziehen, so dass sich ein einzusetzendes
Einkommen in Höhe von 629,00 EUR (abgerundet) ergeben würde, Bedenken.
4.
("Nichtabhilfeentscheidung") des Arbeitsgerichts aufzuheben. Gleichzeitig ist das Beschwerdeverfahren
an das Arbeitsgericht (Rechtspfleger/Rechtspflegerin) zurückzuverweisen, damit dort das gesetzlich
vorgeschriebene Abhilfeprüfungsverfahren ordnungsgemäß durchgeführt und - im Falle der erneuten
Nichtabhilfe - durch einen ausreichend begründeten Beschluss abgeschlossen werden kann.
Da die Beschwerde des Beklagten demgemäß bislang nicht erfolglos gewesen ist, besteht für eine
Kostenentscheidung keine Veranlassung.
Die Zulassung der Rechtsbeschwerde ist nicht veranlasst.