Urteil des LAG Köln vom 28.10.2003

LArbG Köln (Provision, Arbeitsgericht, Bemessungsgrundlage, Gesamtumsatz, Montage, Akte, Bruttoumsatz, Abrechnung, Unternehmen, Wiedergabe)

Datum:
Gericht:
Spruchkörper:
Entscheidungsart:
Vorinstanz:
Schlagworte:
Sachgebiet:
Leitsätze:
Tenor:
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Aktenzeichen:
Landesarbeitsgericht Köln, 13 (12) Sa 421/03
28.10.2003
Landesarbeitsgericht Köln
13. Kammer
Urteil
13 (12) Sa 421/03
Arbeitsgericht Köln, 16 Ca 8322/00
Provisionsabrede, Darlegungslast, einheitlicher Betrieb, Mischbetrieb
Arbeitsrecht
Einzelfall
1. Auf die Berufung des Beklagten wird das Urteil des Arbeitsgerichts
teilweise abgeändert und wie folgt neu gefasst:
Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 1.593,20 EUR brutto nebst
Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten oberhalb des jeweiligen
Basiszinssatzes seit 23.09.2000 zu zahlen. Im übrigen wird die Klage
abgewiesen.
2. Im übrigen wird die Berufung zurückgewiesen.
3. Die Kosten der ersten Instanz tragen die Klägerin zu 84 % und der
Beklagte zu 16 %. Die Kosten der Berufung hat der Beklagte zu 25 %, die
Klägerin zu 75 % zu tragen.
Tatbestand:
Die Parteien streiten über Provisionsansprüche.
Die Beklagte betreibt ein Unternehmen für Sicherheitstechnik mit Sitz in K . Neben dem
Verkauf von Sicherheitstechnik bietet sie auch die Montage von Sicherheitseinrichtung
durch eigene Monteure an. Diese erhalten neben ihrem Festgehalt 3 % Umsatz-Provision.
Die Klägerin war bei der Beklagten seit 1992 beschäftigt, im Jahre 1994 übernahm sie die
Filiale der Beklagten in T . Dort verkaufte sie Sicherheitstechnik, schrieb Montageaufträge
und rechnete diese nach Fertigstellung ab. Ab Anfang 1995 hatte die Filiale auch Samstag
Vormittag für drei Stunden geöffnet. Wie zwischenzeitlich zwischen den Parteien wieder
unstreitig, vereinbarten sie im Januar 1995 eine 3 %ige Umsatzprovision, die neben dem
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Gehalt von DM 2.800 brutto zu zahlen war. Der weitere Inhalt der Provisionsabrede ist
zwischen den Parteien weiterhin streitig. Jedenfalls für die Jahre 1997 bis 1999 erhielt die
Klägerin keine Provisionszahlungen. Nachdem die Klägerin das Beschäftigungsverhältnis
zum 29.02.2000 gekündigt hatte, klagte sie gegen den Beklagten auf Abrechnung der
Provisionen für die drei zurück liegenden Jahre. Der Beklagte wurde erstinstanzlich
verurteilt, Auskunft über den Gesamtumsatz für die Filiale der Beklagten in T zu erteilen
(ArbG Köln, Versäumnisurteil vom 19.04.2000 - 15 (18) Ca 2424/00 -). Zur Vermeidung der
Zwangsvollstreckung erteilte er mit anwaltlichem Schreiben vom 29.08.2000 die verlangte
Auskunft. Danach ergab sich für das Jahr 1998 ein Gesamtumsatz von DM 225.528,96, der
sich wie folgt aufschlüsselte:
Kassenumsätze Filiale T DM 50.745,34
Rechnungen laut Lieferschein DM 37.701,84
Kundendienstmontagen DM 167.081,68
Der Gesamtumsatz von DM 160.746,42 im Jahre 1999 verteilte sich wie folgt:
Kassenumsätze Filiale T DM 53.122,21
Rechnungen laut Lieferschein DM 30.384,50
Kundendienstmontagen DM 77.229,71
Wegen Einzelheiten der Auskunftserteilung wird auf die zur Akte gereichte Kopie (Blatt 7 -
10) verwiesen.
Auf Grundlage der erteilten Abrechnung verlangte die Klägerin mit ihrer am 04.10.2000 bei
Gericht eingegangenen Klage Provision für das Jahr 1997 in Höhe von EUR 3.557,50 (DM
6.957,87), für das Jahr 1998 in Höhe von EUR 3919,49 (DM 7.665,86) und für das Jahr
1999 in Höhe von EUR 2465,50 (DM 4.822,09).
Das Arbeitsgericht hat mit Urteil vom 06.08.2002 - 16 Ca 8322/00 - der Klägerin
Provisionszahlungen für die Jahre 1998 und 1999 in Höhe von insgesamt EUR 6.384,99
zuerkannt, den Provisionsanspruch für das Jahr 1997 hingegen wegen Verjährung
abgewiesen.
Zur Begründung hat es ausgeführt: Das Bestehen einer 3 %igen
Umsatzprovisionsvereinbarung für die Jahre 1998 und 1999 sei von der Klägerin schlüssig
vorgetragen, das Bestreiten des Beklagten wegen Verstoßes gegen die prozessuale
Wahrheitspflicht (138 Abs. 1 ZPO) nicht beachtlich. Entsprechendes gelte für die
Bemessungsgrundlage der Provision. Auch wenn eine Umsatzprovision auf der Grundlage
des Nettoumsatzes eines Mitarbeiters - wie der Beklagte dies hilfsweise vorgetragen habe -
vorstellbar sei, habe die Klägerin den Bruttoumsatz aller Filialmitarbeiter als Grundlage
angegeben. Da der Beklagte das Bestehen einer Provisionsvereinbarung vollständig in
Abrede gestellt habe, sei ein beachtlicher Sachvortrag zum Inhalt einer von ihm
bestrittenen Provisionsvereinbarung ausgeschlossen. Wegen der Entscheidungsgründe im
Einzelnen wird auf Blatt 106 ff. der Akte Bezug genommen.
Gegen das dem Beklagten am 19.03.2003 zugestellte Urteil des Arbeitsgerichts hat er am
14.04.2003 Berufung eingelegt und diese nach Verlängerung der
Berufungsbegründungsfrist bis zum 28.05.2003 am 26.05.2003 begründet.
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Der Beklagte meint, das Arbeitsgericht hätte zu Unrecht sein Vorbringen als unerheblich
bewertet. Er räume jetzt zwar ein, dass eine Umsatz-Provisionsabrede getroffen worden
sei, ihr Umsatz sei jedoch hinter der festgelegten Größe zurückgeblieben. Daher habe man
die Vereinbarung mit Wirkung zum 31.12.1996 einvernehmlich wieder aufgehoben. Weiter
rügt der Beklagte, dass das Arbeitsgericht die Anwendung des allgemeinverbindlichen
Manteltarifvertrages Einzelhandel NW und damit auch der sechsmonatige Verfallregel des
§ 24 verneint habe. Die T Filiale, in der die Klägerin allein beschäftigt war, habe sich zu 80
% mit Verkaufstätigkeiten und lediglich zu 20 % mit der Entgegennahme und Abwicklung
von Montageaufträgen befasst. Die Monteure seien ausschließlich dem Betrieb K
zugeordnet. Selbst wenn man die T Filiale und die Betriebsstätte in K als einheitlichen
Betrieb ansehen sollte, seien mehr Mitarbeiter dem Verkauf als dem Kundendienst
zugeordnet: 5 bis 6 Arbeitnehmer seien zu 80 % mit Verkaufstätigkeiten befasst, während
nur 3 bis 4 Kundendienstmonteure beschäftigt seien. Fehlerhaft sei das Arbeitsgericht
schließlich auch davon ausgegangen, die Provisionsforderungen für die Jahre 1998 und
1999 berechneten sich nach dem Gesamtbruttoumsatz der T Filiale. Vielmehr bestehe ein
Provisionsanspruch in Höhe der Nettoumsätze der Klägerin.
Der Beklagte beantragt,
unter Abänderung des angefochtenen Urteils des Arbeitsgerichts Köln vom
06.08.2002 - 16 Ca 8322/00 - die Klage abzuweisen.
Die Klägerin beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Die Klägerin verteidigt unter Wiederholung und Vertiefung ihres erstinstanzlichen Vortrags
das angefochtene Urteil. Sie behauptet weiterhin, dass ihr in den Jahren 1995 und 1996
Provisionen gezahlt worden seien. Die Zahlungen seien "schwarz" erfolgt und über
Aushilfsquittungen einer unbeteiligten älteren Dame verschleiert worden. Die Provision sei
Ausgleich dafür gewesen, dass die Klägerin sich 1995 bereit erklärte hatte, das Ladenlokal
auch Samstags zu öffnen. Damit sei ihre wöchentliche Arbeitszeit von 50 Stunden auf 53
angestiegen. Zu Recht habe das Arbeitsgericht schließlich die Anwendung des
Manteltarifvertrages für den Einzelhandel verneint. Die T Filiale stelle keinen
eigenständigen Betrieb dar, die gesamte Unternehmung des Beklagten sei objektiv auf
einen Handwerksbetrieb ausgerichtet. Daran ändere auch nichts der Umstand, dass
Verkäufe getätigt wurden. Zudem seien weit mehr als die von dem Beklagten angegebene
Personenzahl mit Montagearbeiten befasst gewesen. Auch die Klägerin sei mit mehr als 75
% ihrer Arbeitszeit mit der Vor- und Nachbereitung von Monatagearbeiten beschäftigt
gewesen.
Hinsichtlich der Bemessungsgrundlage der Provisionsvereinbarung meint die Klägerin, es
sei eine Provision von 3 % Prozent des gesamten Umsatzes der Filiale vereinbart worden;
damit sei natürlich der Bruttoumsatz gemeint. Von dem vereinbarten Gesamtbruttoumsatz
seien die Verkaufsumsätze im Ladengeschäft, die Einzahlungen gemäß übermittelter
Rechnungen sowie die Rechnungen für Montagearbeiten erfasst. Eine andere Bedeutung
könne der Begriff des Gesamtumsatzes nicht beinhalten. Mit keinem Wort habe der
Beklagte davon gesprochen, dass die Provision von einer Summe berechnet werden sollte,
die gewisse Bereiche, insbesondere den Bereich Außendienstmontage, ausnehmen sollte.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands haben die Parteien auf ihre
Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen. Wegen der weiteren Einzelheiten haben die
Parteien auf ihre im zweiten Rechtszug gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug
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genommen.
Entscheidungsgründe:
1. Die Berufung des Beklagten ist zulässig, weil sie nach dem Beschwerdewert an sich
statthaft (§ 64 Abs. 1 und 2 b) ArbGG) und frist- sowie formgerecht eingelegt und begründet
worden ist (§§ 66 Abs. 1 Satz 1, 64 Abs. 6 Satz 1 ArbGG, i.V.m. §§ 519, 520 ZPO).
1. In der Sache hat das Rechtsmittel jedoch nur teilweise Erfolg. Das Arbeitsgericht hat
zwar mit Recht den Provisionsanspruch dem Grunde nach bejaht und die hiergegen
vorgebrachten Einwendungen zutreffend verneint. Die Berufungskammer folgt dem
Arbeitsgericht jedoch nicht bei der Provisionshöhe. Die Berechnung der Provision ist allein
auf der Grundlage des Eigenumsatzes der Klägerin in der Filiale T vorzunehmen.
Entgegen der Annahme des Arbeitsgericht fließen die Umsätze der Monteure nicht in die
Bemessungsgrundlage ein.
a. Grundlage des Klagebegehrens der Klägerin ist eine zwischen den Parteien im Jahre
1995 geschlossene Provisionsvereinbarung. Nachdem der Beklagte durch seine Erklärung
in der letzten mündlichen Verhandlung deren Zustandekommen im Jahre 1995 unstreitig
gestellt hat, bedarf es hierzu keiner weiteren Erläuterung.
a. Der insoweit darlegungs- und beweisbelastete Beklagte hat auch nicht ausreichend
dargelegt, dass die Vereinbarung für die hier im Streit stehenden Jahre 1998 und 1999 ihre
Wirksamkeit verloren hätte.
b. Der Vortrag des Klägers, die Parteien hätten die ursprüngliche Provisionsvereinbarung
mit Wirkung zum 31.12.1996 einvernehmlich wieder aufgehoben, ist zwar beachtlich.
Eine Aufhebungsvereinbarung hatte der Beklagte in der zweiten Instanz zunächst
hilfsweise für den Fall behauptet, dass das Gericht von einer Provisionsvereinbarung
ausgehen sollte. Nachdem er zuletzt das Zustandekommen einer Provisionsvereinbarung
im Jahre 1995 ausdrücklich bestätigte, wird sein ursprüngliches Hilfsvorbringen zum
erheblichen Hauptvorbringen.
a. Das diesbezügliche Vorbringen des Beklagten ist jedoch nicht schlüssig. Für den
behaupteten Aufhebungsvertrag trägt derjenige die Darlegungs- und Beweislast, der sich
darauf beruft. Derjenige, der sich auf einen Aufhebungsvertrag beruft, behauptet damit eine
Änderung des ursprünglichen Vertrages. Für diese Änderung obliegt ihm die
Darlegungslast, da er damit eine rechtsvernichtende Einwendung erhebt (BAG Urteil vom
16.03.1972 AP Nr. 2 zu § 111 BBiG).
Der Vortrag des Beklagten zu dieser Aufhebungsvereinbarung ist trotz wiederholten
Bestreitens der Klägerin nicht hinreichend substantiiert. Wie das Arbeitsgericht zutreffend
ausführte, stellt der Vortrag, eine mündliche Vereinbarung sei zustande gekommen, -
namentlich wenn er bestritten ist - keine Tatsachenbehauptung dar, sondern eine rechtliche
Wertung. Damit das Gericht in die Lage versetzt wird, die Schlüssigkeit dieser Bewertung
zu beurteilen, sind ihm die Tatsachen mitzuteilen, aus denen die entsprechende
Schlussfolgerung gezogen werden kann. Dazu gehört neben der möglichst wortgetreuen
Wiedergabe der Unterredung, die letztlich in die Vereinbarung mündete, auch eine
Erläuterung der Beweggründe, die zu ihrem Abschluss führten. Gerade der letzte Aspekt
verdient besondere Beachtung, soll doch die Klägerin nach dem Vortrag des Beklagten
eine Rechtsposition ohne Gegenleistung grundlos aufgegeben haben. Auf die gegenteilige
Vermutungswirkung ("nemo liberalis praesumitur") hat das Arbeitsgericht unter Hinweis auf
die einschlägige Rechtsprechung des Landesarbeitsgerichts Köln ausdrücklich
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die einschlägige Rechtsprechung des Landesarbeitsgerichts Köln ausdrücklich
hingewiesen. Auch in der zweiten Instanz hat der Beklagte hierzu keine ergänzenden
Tatsachen vorgetragen mit der Folge, dass er schon seiner Darlegungslast nicht
nachgekommen ist. Ergänzend sei an dieser Stelle darauf hingewiesen, dass auch jedes
einschlägige Beweisangebot fehlt.
a. Die Provisionsansprüche für die Jahre 1998 und 1999 sind auch nicht gemäß § 24 MTV
Einzelhandel NW verfallen. Der auch insoweit darlegungspflichtige Beklagte hat die
Anwendungsvoraussetzungen für diese anspruchsvernichtende Tarifnorm nicht
ausreichend dargetan.
Entgegen der Auffassung des Beklagten ist für die tarifliche Zuordnung nicht allein auf die
Filiale in T abzustellen. Denn das Hauptgeschäft in K und die Filiale in T sind als
einheitlicher Betrieb anzusehen. Schon aus der von dem Beklagten selbst gewählten
Bezeichnung als "Filiale" wird deutlich, dass hinsichtlich beider Arbeitsstätten ein
einheitlicher, von dem Beklagten gebildeter Leitungsapparat besteht, welcher sowohl den
Einsatz der materiellen und immateriellen Betriebsmittel als auch den Einsatz der
menschlichen Arbeitskraft beider Betriebsstätten steuert. Auch die räumliche Trennung
dieser beiden Arbeitsstätten steht der Annahme eines einheitlichen Betriebes ebenfalls
nicht entgegen.
Dieser einheitliche Betrieb, in dem die Klägerin beschäftigt war, wird nicht vom fachlichen
Geltungsbereich dieses Manteltarifvertrages für den Einzelhandel NW erfasst. Für die
tarifliche Zuordnung ist die den Betrieb prägende Zweckbestimmung, d. h. der Zweck der
gesamten betrieblichen Tätigkeit maßgebend (vgl. BAG, AP Nr. 183 zu § 1 TVG
Tarifverträge: Bau). Entscheidungserheblich ist vorliegend also, ob der prägende
Betriebszweck der Arbeitgeberin der Verkauf oder die Montage von Sicherheitstechnik ist.
Aus den insoweit grundlegenden Entscheidungen des Bundesarbeitsgerichts vom
26.08.1998 (- 4 AZR 471/97 - AP Nr. 66 zu § 1 TVG Tarifverträge Einzelhandel) und vom
07.11.2001 (- 4 AZR 663/00 - AP Nr. 79 zu § 1 TVG Tarifverträge Einzelhandel) ergibt sich,
dass der Betriebszweck eines Betriebes nach der allgemeinen Lebensanschauung
festzustellen ist. Diese Zweckbestimmung richtet sich nicht allein nach den zeitlichen
Anteilen der einzelnen Teilaufgaben an der Gesamtarbeitszeit (vgl. LAG Köln, Beschluss
vom 02.12.2002, - 2 TaBV 64/02 - juris, unter Hinweis auf die ständige Rechtsprechung des
BAG), wie dies für die tarifliche Zuordnung eines Mischbetriebes gefordert wird (vgl. BAG
Urteil vom 7.11.2001 - 4 AZR 663/00 - BAGE 99, 289; LAG Rheinland-Pfalz, Urteil vom
12.06.2002 - 10 Sa 185/02 - juris). Es kommt daher nicht darauf an, in welchem zeitlichen
Umfang die Arbeitnehmer des Beklagten Sicherheitstechnik mit und ohne Montageleistung
verkaufen, maßgeblich ist die betriebliche Ausrichtung insgesamt.
Der Manteltarifvertrag Einzelhandel erfasst gemäß § 1 Abs. 2 alle Unternehmen des
Einzelhandels einschließlich ihrer Nebenbetriebe. Dazu gehören nach Abs. 3 c) auch
Betriebe, deren Schwerpunkt im Einzelhandel liegt. Nach dem vorstehend dargelegten
Grundsatz zur tariflichen Zuordnung eines Mischbetriebes fällt der Betrieb der Beklagten
nicht unter den betrieblichen Geltungsbereich des Manteltarifvertrages für den
Einzelhandel. Der Geschäftserfolg des Beklagten ist in erster Linie dadurch geprägt, dass
er seinen Kunden Sicherheitstechnik wie Schließsysteme, Tresore und
Überwachungsanlagen verkauft, die von Monteuren des Beklagten zu installieren ist. Der
Zweck des Betriebes der Beklagten wird also maßgeblich durch die Installation bestimmt.
Soweit der Beklagte ausnahmsweise Waren ohne Montagetätigkeiten vertreibt, so stellt
dies nur einen nachgeordneten Nebenzweck dar. In welchem Maße die reine
Verkaufstätigkeit hinter dem Montagebereich zurücksteht, wird schon an den
entsprechenden Umsatzzahlen deutlich. Auch die Unternehmensbezeichnung auf dem
Geschäftsbogen "Beratung - Planung - Montage" sowie "Fachbetrieb für moderne
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Geschäftsbogen "Beratung - Planung - Montage" sowie "Fachbetrieb für moderne
Sicherheitstechnik" unterstreicht den Charakter als Handwerksbetriebs ebenso wie die
Bezeichnung als "Beratungsstelle".
a. Nicht begründet ist hingegen die von der Klägerin geltend gemachte Höhe der Provision.
Das Arbeitsgericht ging in seiner Entscheidung zu Unrecht davon aus, dass alle in der
Filiale T erwirtschafteten Bruttoumsätze Bemessungsgrundlage für die 3 %ige Provision
sei. Dem folgt die Berufungskammer nicht.
Die Klägerin ist als anspruchstellende Partei darlegungs- und beweisbelastet für die
Tatsachen, aus denen sie ihren Anspruch der Höhe nach herleiten will. Dieser
Darlegungslast ist sie nicht nachgekommen, ihr Vorbringen ist nicht hinreichend
substantiiert.
Der Vortrag, es sei ein Gesamtumsatz vereinbart worden, genügt nach dem konkreten
Bestreiten des Beklagten nicht aus. Die Klägerin räumt selbst ein, dass nur von einer
Gesamtprovision gesprochen worden sei, nicht hingegen über die einzelnen Bestandteile
des zu verprovisionierenden Umsatzes. Dies folgt aus ihrer Behauptung: Mit keinem Wort
sei die Rede davon gewesen, dass Umsätze der Monteure ausgenommen sein sollen, es
sei auch keine Rede davon gewesen, dass nur Umsätze zugrunde gelegt werden sollen,
die auf die alleinige Tätigkeit der Klägerin zurück zu führen sein sollten. Die von den
Vertragsparteien verwendete Formulierung "Gesamtumsatz" sei nach Meinung der
Klägerin so zu verstehen gewesen, dass darunter neben den Verkaufsumsätzen im
Ladengeschäft auch die Einzahlungen gemäß übermittelter Rechnungen sowie die
Rechnungen für die Montagearbeiten zu fassen sei. Die Klägerin trägt damit rechtliche
Überlegung vor, aber keine Fakten. Um ein solches Auslegungsergebnis bestätigen zu
können, hätte es nach dem Bestreiten durch den Beklagten einer wörtlichen Wiedergabe
der die Vereinbarung begleitenden Gespräche, ihrer Reihenfolge und ihres Kontexts
bedurft. Nur dadurch wäre die Kammer in die Lage versetzt worden, den konkreten
Sachverhalt aufklären zu können.
Eine Provision als zusätzlicher Vergütungsbestandteil stellt im Regelfall auf die individuelle
Leistung des jeweiligen Arbeitnehmers ab. Die Vertragsparteien sind jedoch nicht
gehindert, hiervon abzuweichen und die Bemessungsgrundlage zu erweitern oder zu
begrenzen. Soll die Provisionsberechnung ausnahmsweise von einer anderen Grundlage
aus erfolgen, indem etwa Umsätze Dritter mit einbezogen werden, bedarf es insoweit einer
ausdrücklichen Vereinbarung. Diese muss um so deutlicher und klarer sein, je geringer der
Einfluss des Arbeitnehmers auf die übrigen Provisionsfaktoren wie etwa die Umsätze
Dritter ist.
Einen maßgeblichen Beitrag der Klägerin zu den Umsätzen der Monteure vermag die
Kammer nicht zu erkennen. Hinzu kommt vorliegend noch der Umstand, dass es vor den
geschilderten wirtschaftlichen Hintergründen keineswegs einleuchtend ist, dass die
Klägerin nach dem Willen der Parteien auch an den Umsätzen der Monteure profitieren
sollte. Nach ihrem eigenen Vortrag war die Provision als Ausgleich für die zusätzlichen
Öffnungszeiten am Samstag gedacht, also dem Anstieg von 50 Wochenstunden auf 53
Wochenstunden. Bei einem Gesamtumsatz, so wie die Klägerin ihn verstanden haben
wollte, hätte die Provision einen Wert von gut EUR 3.200,00 jährlich bzw. EUR 267,00
monatlich. Bei einem Bruttoverdienst von EUR1.431,62 bedeutet dies einen
Einkommenszuwachs von etwa 19 %, obwohl die Arbeitszeit nur um etwa 6 % stieg. Eine
Provision allein bezogen auf den Eigenumsatz der Klägerin entspräche etwa diesem
Zuwachs von 6 %. Daher hätte es einer Erläuterung von Seiten der Klägerin bedurft, wie
und warum die Parteien eine Provisionsvereinbarung getroffen haben sollen, die sich aus
wirtschaftlichen Gründen nicht gerade aufdrängt. Diesen Tatsachenvortrag ist die Klägerin
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schuldig geblieben. Daher hat sie die von ihr behauptete Berechnungsgrundlage nicht
schlüssig vorgetragen.
Bemessungsgrundlage ist daher der von ihr selbst erwirtschaftete Umsatz, den
Kassenumsätzen Filiale T . Dies entspricht auch der Praxis bei den Monteuren, die
ausschließlich vom individuellen Umsatz Provisionen erhalten. Eine hiervon abweichende
Regelung hätten einer besonderen Erläuterung bedurft. Ausgehend von einem
Kassenumsatz von EUR 25.945,68 (DM 50.745,34) für 1998 und EUR 27160,95 (DM
53.122,21) beträgt die 3 %ige Provision insgesamt nur EUR 1.593,20. Hinsichtlich des
überschießenden Betrages war die Berufung erfolgreich.
1. Da der Beklagte das Rechtsmittel nur teilweise mit Erfolg eingelegt hat, muss er nach §§
64 Abs. 6 Satz 1 ArbGG, 97 Abs. 1 ZPO die Kosten der Berufung zu 25 % zu tragen, die
Klägerin zu 75 %. Die Kosten der ersten Instanz tragen nach Maßgabe der §§ 64 Abs. 6 S.
1 ArbGG, 92 ZPO die Klägerin zu 84 %, der Beklagte zu 16 %. Die Revision war nicht nach
§ 72 Abs. 2 ArbGG zuzulassen. Insbesondere hat die Rechtssache keine grundsätzliche
Bedeutung, weil die Entscheidung auf den besonderen Umständen des Einzelfalls beruht
und die angesprochenen Rechtsfragen höchstrichterlich geklärt sind.
Rechtsmittelbelehrung:
Gegen dieses Urteil ist kein Rechtsmittel gegeben. Auf die Möglichkeit der
Nichtzulassungsbeschwerde gemäß § 72 a ArbGG wird hingewiesen.
(Dr. Brondics) (Esser) (Becker)