Urteil des LAG Köln vom 29.06.2007

LArbG Köln: firma, wiedereinsetzung in den vorigen stand, auszahlung der versicherungsleistung, lebensversicherung, treu und glauben, kaufmännischer angestellter, direktversicherung, arbeitsgericht

Landesarbeitsgericht Köln, 11 Sa 244/07
Datum:
29.06.2007
Gericht:
Landesarbeitsgericht Köln
Spruchkörper:
11. Kammer
Entscheidungsart:
Urteil
Aktenzeichen:
11 Sa 244/07
Vorinstanz:
Arbeitsgericht Köln, 15 Ca 1894/06
Schlagworte:
Vorliegen einer - insolvenzgeschützten - Versorgungszusage
Normen:
§ 7 Abs. 1 u. 2 BetrAVG
Sachgebiet:
Arbeitsrecht
Leitsätze:
Unterhält der Arbeitgeber zu Gunsten des Arbeitnehmers eine
Lebensversicherung und vereinbaren die Arbeitsvertragsparteien später,
dass die Versicherungssumme bei Fälligkeit an den Arbeitgeber
ausgezahlt werden und der Arbeitnehmer „daraus“ eine monatliche
Privatrente zusätzlich zur Altersrente in einer bestimmten Höhe erhalten
soll, kann die nach §§ 133, 157 BGB vorzunehmende Auslegung dieser
Vereinbarung (insbesondere unter Berücksichtigung der
Begleitumstände, des Willens der Vertrags-parteien sowie von Sinn und
Zweck) ergeben, dass dem Arbeitnehmer damit keine konstitutive –
insolvenzgeschützte – Versorgungszusage erteilt worden ist.
Tenor:
1. Dem Kläger wird bezüglich der Versäumung der Berufungs- und Beru-
fungsbegründungsfrist gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Köln vom
05.10.2006 – 15 Ca 1894/06 – Wiedereinsetzung in den vorigen Stand
gewährt.
2. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Köln
vom 05.10.2006 – 15 Ca 1894/06 – wird zurückgewiesen.
3. Die Kosten der Berufung trägt der Kläger.
4. Die Revision wird nicht zugelassen.
T a t b e s t a n d :
1
Die Parteien streiten um die Eintrittspflicht des Beklagten als gesetzlichem Träger der
Insolvenzsicherung für betriebliche Versorgungsleistungen.
2
Der am 16.04.1937 geborene Kläger schloss am 24.11.1988 mit der Firma H. in R ,
deren Inhaberin die Tochter des Klägers war, einen Anstellungsvertrag, in dem es u.a.
heißt:
3
"§ 1 Tätigkeit
4
Herr J R wird von der Firma H mit Wirkung vom 01.01.1988 als Bauleiter und
kaufmännischer Angestellter eingestellt.
5
(…)
6
§ 3 Altersversorgung
7
Die Firma H. H unterhält für Herrn J R eine Lebensversicherung
(Direktversicherung).
8
226,--DM werden von der Firma H. H direkt an die P versicherung gezahlt. Die
Versicherungssumme wird bei Fälligkeit an die Firma H. H ausgezahlt. Daraus
erhält Herr J R eine monatliche Privatrente in Höhe von 500,--DM zusätzlich
zur Altersrente."
9
Bereits vor Abschluss dieses Arbeitsvertrags hatte die Firma H. H zu Gunsten des
Klägers eine Lebensversicherung mit einer Laufzeit vom 01.02.1988 bis zum
31.01.2002 abgeschlossen. In dem am 28.01.1988 ausgefüllten Antragsformular sind
unter der Rubrik "Besondere Angaben zu Betrieblichen Versicherungen" die Stichwörter
"Treuekapitalversicherung" und "Gehaltsumwandlung", nicht aber das Stichwort
"Rückdeckungsversicherung" angekreuzt.
10
In einer Zusatzerklärung zum Antrag auf Abschluss einer Kapital-Versicherung vom
28.01.1988 für den Kläger, die u.a. auch von diesem unterzeichnet wurde, heißt es
auszugsweise wie folgt:
11
"1. Bezugsrecht
12
Die versicherte Person ist aus der auf ihr Leben genommenen Versicherung
sowohl für den Todes- als auch für den Erlebensfall unwiderruflich
bezugsberechtigt:
13
(…)
14
Wir sind berechtigt, die Versicherungsleistung zur Weiterleitung an die
Bezugsberechtigten in Empfang zu nehmen.
15
(…)
16
3. Vorzeitige Beendigung des Arbeitsverhältnisses
17
Für den Fall, daß die zu versichernde Person aus unseren Diensten
18
ausscheidet, erklären wir gemäß § 2 Abs. 2 Satz 3 des Gesetzes zur
Verbesserung der betrieblichen Altersversorgung schon jetzt, daß die
Versorgungsansprüche auf die Leistungen begrenzt sind, die aufgrund unserer
Beitragszahlung aus dem Versicherungsvertrag fällig werden. Wir werden
dann innerhalb von drei Monaten eine eventuelle Beleihung rückgängig
machen, etwaige Beitragsrückstände ausgleichen und die
Versicherungsnehmereigenschaft auf die versicherte Person übertragen. Die
versicherte Person soll dann das Recht haben, die Versicherung mit eigenen
Beitragszahlungen fortzuführen."
In dem Versicherungsschein vom 06.04.1988 sind die Firma H. H als
Versicherungsnehmer sowie der Kläger als Versicherter benannt. Weiterhin heißt es in
dem Versicherungsschein u.a.:
19
"Tarifbeschreibung: Versicherung auf den Todes- und Erlebensfall (gemischte
Versicherung).
20
Die Versicherungsleistung wird fällig beim Tode des Versicherten, spätestens
beim Ablauf der Versicherung.
21
Das Bezugsrecht ist nach Maßgabe der im Zusammenhang mit dem
Versicherungsantrag abgegebenen Erklärungen unwiderruflich.
22
Das Bezugsrecht ist nicht übertragbar und nicht beleihbar.
23
Es wird unwiderruflich vereinbart, daß während der Dauer des Dienstverhältnisses
eine Übertragung der Versicherungsnehmereigenschaft und eine Abtretung von
Rechten aus diesem Vertrag auf den versicherten Arbeitnehmer bis zu dem
Zeitpunkt, in dem der versicherte Arbeitnehmer sein 59. Lebensjahr vollendet,
insoweit ausgeschlossen ist, als die Beiträge vom Versicherungsnehmer
(Arbeitgeber) entrichtet worden sind.
24
Für den Fall, daß die versicherte Person aus den Diensten des
Versicherungsnehmers (Arbeitgebers) ausscheidet, ohne daß die Ansprüche aus
der Versicherung dem Versicherungsnehmer (Arbeitgeber) zustehen, gilt gemäß
Paragraph 2, Abs. 2, Satz 3 des Gesetzes zur Verbesserung der betrieblichen
Altersversorgung schon jetzt als vereinbart, daß der Versicherungsnehmer
(Arbeitgeber) nach Paragraph 2, Abs. 2, Satz 2 des Gesetzes zur Verbesserung
der betrieblichen Altersversorgung verfährt. Der Versicherungsnehmer
(Arbeitgeber) wird dann innerhalb von 3 Monaten eine eventuelle Beleihung
rückgängig machen, etwaige Beitragsrückstände ausgleichen und die
Versicherungsnehmereigenschaft auf die versicherte Person übertragen. Die
versicherte Person hat dann das Recht, die Versicherung mit eigenen
Beitragsleistungen fortzuführen.
25
Die versicherte Person hat nach Vollendung des 55. Lebensjahres das Recht, die
Höhe der sich nach dem Geschäftsplan richtenden Versicherungsleistung bei der
Provinzial-Lebensversicherungsanstalt zu erfragen."
26
Am 09.09.1988 pfändete das Finanzamt K die Versicherung wegen einer
Abgabenschuld der Firma H. H . Die Prämien wurden weiterhin von der Firma H. H
27
gezahlt. Mit Schreiben vom 28.02.2002 wies die Firma H. H das Finanzamt K darauf hin,
dass die Lebensversicherung für den Kläger zum 01.02.2002 fällig geworden sei und
die Auszahlung wegen der Verpfändung nur mit Zustimmung des Finanzamtes erfolgen
könne. Arbeitsvertraglich habe sie sich zu Zahlungen aus der Direktversicherung als
Zusatzrente verpflichtet. Daraufhin erteilte das Finanzamt K mit Schreiben an die
Versicherung vom 07.03.2002 seine Zustimmung zur Auszahlung der
Versicherungsleistung. Die Auszahlung in Höhe von 27.376,85 € an die Firma H. H
erfolgte am 09.04.2002. Der Rentenbarwert der gegenüber dem Kläger bestandenen
Pensionsverpflichtung belief sich im Mai 2002 auf 36.478,57 €. Der Kläger erhielt aus
dem Versorgungsversprechen keine Zahlungen. Statt dessen wurden die Ansprüche
des Klägers gegen die Firma H. H mit seinen dieser gegenüber bestandenen
Verpflichtungen in gleicher Höhe aus einem Wohnraummietvertrag verrechnet. Auf
Grund einer Lohnsteueraußenprüfung bestätigte das Finanzamt K , dass die
Rentenzahlungen an den Kläger tatsächlich erbracht worden seien.
Seit dem 01.05.2002 bezieht der Kläger eine Altersrente aus der gesetzlichen
Rentenversicherung.
28
Mit Beschluss des Amtsgerichts Kleve vom 01.11.2004 wurde über das Vermögen der
Firma H. H das Insolvenzverfahren eröffnet. Mit Schreiben vom 08.12.2005 teilte der
Insolvenzverwalter, dem der Beklagte den Streit verkündet hat, letzterem u.a. mit, dass
er die Arbeitnehmereigenschaft des Klägers anzweifele und bei der zuständigen
Krankenkasse die Überprüfung der Arbeitnehmereigenschaft des Klägers angeregt
habe. Die Agentur für Arbeit habe bereits die Arbeitnehmereigenschaft des Klägers
verneint und kein Insolvenzgeld bewilligt. Das diesbezügliche Widerspruchsverfahren
sei noch nicht abgeschlossen. Unabhängig von der Entscheidung des Sozialgerichts
sei nach seinen Unterlagen eine Arbeitnehmereigenschaft des Klägers zu verneinen,
weil alle geschäftlichen Tätigkeiten ausschließlich von diesem abgewickelt worden
seien. Weiterhin sei die Tochter des Klägers allein deshalb als Firmeninhaberin
aufgetreten, weil ihr Vater und ihr Onkel auf Grund eines eigenen Konkursverfahrens
keine eigenen selbständigen Tätigkeiten mehr hätten ausüben können. Tatsächlich
seien sämtliche Entscheidungen vom Kläger getroffen worden. Dessen Tochter habe
keine Entscheidungskompetenz gehabt.
29
Mit seiner am 06.03.2006 beim Arbeitsgericht Köln eingegangenen Klage vom
02.03.2006 hat der Kläger den Beklagten auf Zahlung von rückständigen
Versorgungsleistungen für die Monate April 2005 bis einschließlich Januar 2006 in
Höhe von insgesamt 2.556,50 € sowie einer monatlichen Geldrente in Höhe von 255,65
€ mit Wirkung vom 01.03.2006 in Anspruch genommen.
30
Der Kläger hat die Auffassung vertreten, zwischen ihm und der Firma H. H sei
rechtswirksam ein Arbeitsverhältnis begründet worden. Dieses sei, so hat der Kläger
behauptet, auch tatsächlich durchgeführt worden. Zwar hätte er auf Grund seines
eigenen Konkursverfahrens keine selbständigen Tätigkeiten mehr ausüben können.
Dies spreche jedoch, so hat der Kläger gemeint, gerade für und nicht gegen seine
Arbeitnehmereigenschaft. Seine Tochter habe als Inhaberin der Firma H. H sowohl
rechtlich als auch wirtschaftlich das unternehmerische Risiko getragen.
Sozialversicherungs- und steuerrechtlich sei seine Beschäftigung als normales
Arbeitsverhältnis behandelt worden, zumal auch Sozialversicherungsbeiträge und
Lohnsteuern abgeführt worden seien. Die Formulierung in § 3 des Anstellungsvertrags
verdeutliche, dass nach dem Inhalt der Versorgungszusage die Lebensversicherung der
31
Rückdeckung der Pensionsverpflichtungen der Firma H. H hätte dienen sollen. Der
Kläger hat behauptet, die Vereinbarung sei getroffen worden, weil er aus seiner früheren
selbständigen Tätigkeit erhebliche Verbindlichkeiten gehabt habe und im Falle einer
unmittelbaren Auszahlung der Versicherungssumme an ihn – anders als bei
monatlichen Rentenzahlungen – mit einer Pfändung der Finanzverwaltung hätte
rechnen müssen. Zudem belege der Umstand, dass sich aus dem Kapital in Höhe von
27.376,85 € nur eine monatliche Rentenzahlung in Höhe von 191,64 € ergeben hätte,
dass die Versorgungsverpflichtung des Arbeitgebers nicht durch die
Lebensversicherung hätte erfüllt werden sollen. Hilfsweise sei jedenfalls hinsichtlich der
Differenz in Höhe von 61,01 € eine direkte, über den Beklagten abzusichernde
Versorgungszusage gegeben.
Der Kläger hat beantragt,
32
1. den Beklagten zu verurteilen, an ihn 2.556,50 € nebst Zinsen in Höhe
von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus jeweils 255,65 € seit
dem 01.05., 01.06., 01.07., 01.08., 01.09., 01.10., 01.11., 01.12.2005,
01.01. und 01.02.2006 zu zahlen;
33
2. den Beklagten zu verurteilen, an ihn mit Wirkung vom 01.03.2006 eine
jeweils am 01. eines Monats fällige Geldrente in Höhe von 255,65 €
monatlich zu zahlen.
34
Der Beklagte hat beantragt,
35
die Klage abzuweisen.
36
Der Beklagte ist der Meinung gewesen, eine Eintrittspflicht von ihm komme nicht in
Betracht, da der Kläger nicht Arbeitnehmer der Firma H. H gewesen sei, die
Versorgungszusage nicht anlässlich des Arbeitsverhältnisses erteilt worden sei, weil, so
hat der Beklagte behauptet, allein der Kläger und dessen Bruder von der Firma H. H ein
Versorgungsversprechen erhalten hätten, und es sich schließlich, so hat der Beklagte
die Auffassung vertreten, bei der Vereinbarung in § 3 des Anstellungsvertrags nicht um
eine Versorgungszusage, sondern nur um eine Fälligkeitsregelung handele.
37
Mit Urteil vom 05.10.2006 hat das Arbeitsgericht die Klage abgewiesen und zur
Begründung im Wesentlichen ausgeführt, ein Anspruch des Klägers gegen den
Beklagten auf Zahlung einer monatlichen Rente in Höhe von 255,65 € folge weder aus
§ 7 Abs. 1 Satz 1 BetrAVG noch aus § 7 Abs. 2 Satz 2 BetrAVG. Die Auslegung von § 3
des Anstellungsvertrags ergebe, dass es sich lediglich um eine bloße
Fälligkeitsregelung, nicht aber um ein unmittelbares Versprechen handele. Vorliegend
habe der Kläger auch keine Schädigung seines Versorgungsanspruchs in Folge
Beleihung oder Abtretung geltend gemacht. Er verlange Ersatz für eine Beschädigung
der Versicherung durch Nichtauszahlung der an den Arbeitgeber von der Versicherung
gezahlten Beträge. Solche Schadensersatzansprüche seien aber nicht
insolvenzgesichert.
38
Gegen das ihm am 08.01.2007 zugestellte erstinstanzliche Urteil hat der Kläger mit am
27.03.2007 beim Landesarbeitsgericht Köln eingegangenem Schriftsatz vom
23.03.2007 Berufung eingelegt, diese darin gleichzeitig begründet sowie die
Gewährung von Wiedereinsetzung in die Berufungs- und Berufungsbegründungsfrist
39
beantragt. Zuvor hatte der Kläger mit am 05.02.2007 beim Landesarbeitsgericht Köln
eingegangenem Schriftsatz vom 31.01.2007 die Bewilligung von Prozesskostenhilfe für
die beabsichtigte Berufung beantragt, dem durch Beschluss vom 19.03.2007
entsprochen worden ist.
Der Kläger ist der Ansicht, im letzten Satz von § 3 des Anstellungsvertrags vom
24.11.1988 sei keine bloße Fälligkeitsregelung, sondern eine unmittelbare
Versorgungszusage vereinbart worden. Insoweit sei eine lebenslange, gleichbleibende
Rente für ihn, unabhängig von der tatsächlichen Rentenbezugsdauer gewollt worden.
Die bloße Kenntnis der Arbeitsvertragsparteien vom Bestehen eines unwiderruflichen
Bezugsrechts schließe nicht aus, dass – in Abänderung hiervon oder zusätzlich – im
Arbeitsvertrag eine unmittelbare Versorgungszusage erteilt worden sei. Der
wirtschaftliche Zweck der Versicherung habe in der Rückdeckung der vom Arbeitgeber
zu gewährenden Privatrente gelegen. Eine reine Fälligkeitsregelung komme nur im
Hinblick auf eine konkrete Forderung in Betracht, deren Fälligkeit die Parteien hätten
regeln können. Ein Bedürfnis nach einer solchen Regelung habe hier aber nicht
bestanden. Die Fälligkeit der Ansprüche gegenüber dem Versicherungsunternehmen
aus der Lebensversicherung habe sich bereits aus dem Versicherungsverhältnis
ergeben. Nicht ersichtlich sei, dass die Arbeitsvertragsparteien hiervon abweichende
Regelungen hätten treffen wollen. Die Versorgungszusage habe auch im
Zusammenhang mit dem Arbeitsverhältnis bestanden. Der überwiegende
Versorgungszweck sei auch nicht in der familiären Verbundenheit des Klägers und der
Inhaberin der Firma H. H zu sehen, weil, so behauptet der Kläger, auch nicht
familienangehörigen Arbeitnehmern Ansprüche auf betriebliche Altersversorgung
eingeräumt worden seien. Die tatsächlichen Umstände, die seine
Arbeitnehmereigenschaft begründen, habe er seiner Meinung nach schlüssig
vorgetragen.
40
Der Kläger beantragt,
41
ihm Wiedereinsetzung in die Berufungs- und Berufungsbegründungsfrist zu
gewähren;
42
das Urteil des Arbeitsgerichts Köln vom 05.10.2006 – 15 Ca 1894/06 –
abzuändern und
43
1. den Beklagten zu verurteilen, an ihn 5.368,65 € nebst Zinsen in Höhe
von 5-Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus jeweils 255,65 € seit
dem 01.05., 01.06., 01.07., 01.08., 01.09., 01.10., 01.11., 01.12.2005,
01.01., 01.02., 01.03., 01.04., 01.05., 01.06., 01.07., 01.08., 01.09.,
01.10., 01.11., 01.12.2006 sowie 01.01.2007 zu zahlen;
44
2. den Beklagten zu verurteilen, an ihn mit Wirkung ab 01.02.2007 eine
jeweils am 01. des Monats fällig werdende Geldrente in Höhe von
255,65 € zu zahlen.
45
Der Beklagte beantragt,
46
die Berufung zurückzuweisen.
47
Der Beklagte verteidigt unter Wiederholung und Vertiefung seines erstinstanzlichen
48
Vortrags das angefochtene Urteil. Insbesondere sei dem Kläger nicht aus Anlass einer
der in § 17 Abs. 1 BetrAVG genannten Tätigkeiten, sondern auf Grund der familiären
Verbundenheit mit seiner Tochter die Versorgungszusage erteilt worden. Hierfür
spreche, dass allein dem Kläger und seinem Bruder, so behauptet der Beklagte, eine
solche Versorgungszusage erteilt worden sei. Im Übrigen sei davon auszugehen, dass
der Kläger eigentlicher Inhaber der Firma H. H gewesen sei und er somit als Empfänger
einer Versorgungszusage nicht in Betracht komme. Weiterhin werde mit Nichtwissen
bestritten, dass zwischen dem Kläger und der Firma H. H seit dem Jahre 1988
tatsächlich ein Arbeitsverhältnis bestanden habe und vollzogen worden sei. Insoweit
seien vom Kläger keine Angaben zu einer tatsächlichen Beschäftigung in dem Sinne
gemacht worden, dass er einem Direktionsrecht seiner Tochter unterworfen gewesen
sei. Nach Ansicht des Beklagten sei es auch lebensfremd, anzunehmen, dass die
Tochter ihrem Vater Anweisungen erteile, wie er zu arbeiten habe. Schließlich sei die
Vereinbarung in § 3 des Anstellungsvertrags dahin auszulegen, dass es sich hierbei um
eine bloße Fälligkeitsregelung handele. Alleiniges Ziel der Arbeitsvertragsparteien sei
es gewesen, negative steuerliche Folgen für den Kläger zu vermeiden. Mangels
anderweitiger Anhaltspunkte sei nicht beabsichtigt gewesen, eine Verpflichtung der
Firma H. H dahin zu begründen, dass über die abgeschlossene Direktversicherung
hinaus noch eine Direktzusage hätte erteilt werden sollen.
Wegen der Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Tatbestand des
angefochtenen Urteils, die im Berufungsverfahren gewechselten Schriftsätze, die
eingereichten Unterlagen sowie die Sitzungsniederschriften Bezug genommen.
49
E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e :
50
I. Die Berufung des Klägers ist zulässig.
51
1. Sie ist gemäß § 64 Abs. 1 und Abs. 2 Buchst. b) ArbGG statthaft.
52
2. Die Berufung wurde vom Kläger zwar nicht nach § 66 Abs. 1 Satz 1 ArbGG innerhalb
eines Monats nach Zustellung des erstinstanzlichen Urteils eingelegt und innerhalb von
zwei Monaten nach Zustellung des erstinstanzlichen Urteils begründet, da dem Kläger
das Urteil des Arbeitsgerichts Köln vom 05.10.2006 bereits am 06.01.2007 zugestellt
worden ist und dieser erst mit am 27.03.2007 beim Landesarbeitsgericht Köln
eingegangenem Schriftsatz vom 23.03.2007 gegen das erstinstanzliche Urteil Berufung
eingelegt und diese begründet hat. Dem Kläger war aber bezüglich der versäumten
Berufungs- und Berufungsbegründungsfrist gemäß §§ 233, 234 ZPO Wiedereinsetzung
in den vorigen Stand zu gewähren.
53
a) Eine Partei, die wegen nicht ausreichender Mittel nicht in der Lage war, ein dem
Vertretungszwang unterliegendes Rechtsmittel wirksam zu erheben, und innerhalb der
Rechtsmittelfrist einen ordnungsgemäßen Prozesskostenhilfeantrag gestellt hat, kann
nach der Bewilligung von Prozesskostenhilfe innerhalb der Frist des § 234 Abs. 1 Satz 1
ZPO Wiedereinsetzung für die Einlegung der Berufung und innerhalb der Frist des §
234 Abs. 1 Satz 2 ZPO Wiedereinsetzung für die Begründung der Berufung beantragen,
da sie dann ohne ihr Verschulden i.S. des § 233 ZPO gehindert war, die Berufungs- und
Berufungsbegründungsfrist einzuhalten (vgl. BAG, Beschluss vom 26.01.2006 – 9 AZR
11/05, AP Nr. 81 zu § 233 ZPO 1977, zu II. 2. der Gründe m.w. Nachw.; LAG Hamm,
Urteil vom 15.03.2006 – 2 Sa 73/06, zu I. der Gründe, zitiert nach juris).
54
b) Diese Voraussetzungen sind hier gegeben. Der Antrag des Klägers auf Bewilligung
von Prozesskostenhilfe für die beabsichtige Berufung gegen das ihm am 06.01.2007
zugestellte erstinstanzliche Urteil des Arbeitsgerichts Köln vom 05.10.2006 nebst
Entwurf der Berufung und der Berufungsbegründung sind am 05.02.2007 und damit
innerhalb der einmonatigen Berufungsfrist des § 66 Abs. 1 Satz 1 ArbGG beim
Landesarbeitsgericht Köln eingegangen. Der Kläger hat auch die Antragsfristen des §
234 Abs. 1 Satz 1 und 2, Abs. 2 ZPO eingehalten und innerhalb dieser Fristen die
versäumten Prozesshandlungen nachgeholt, § 236 Abs. 2 ZPO.
55
Der dem Kläger für den zweiten Rechtszug Prozesskostenhilfe bewilligende Beschluss
des Landesarbeitsgerichts Köln ist am 19.03.2007 ergangen. Der Antrag des Klägers
auf Wiedereinsetzung bezüglich der Berufungs- und Berufungsbegründungsfrist nebst
Berufung und Berufungsbegründung sind am 27.03.2007 und damit innerhalb der
Zweiwochenfrist bzw. der Monatsfrist des § 234 Abs. 1 Satz 1 und 2 ZPO beim
Landesarbeitsgericht Köln eingegangen.
56
3. Im Übrigen wurde die Berufung nach Maßgabe der Erfordernisse der §§ 519, 520
ZPO i.V. mit § 64 Abs. 6 Satz 1 ArbGG formgerecht eingelegt und begründet.
57
II. Das Rechtsmittel des Klägers hat jedoch in der Sache keinen Erfolg.
58
Das Arbeitsgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen. Denn die Klage ist zwar
zulässig, aber unbegründet.
59
1. Die Umstellung der Klageanträge in der Berufungsinstanz durch Einbeziehung von
weiteren Rückständen im Klageantrag zu 1. sowie die dadurch bedingte Anpassung des
Klageantrags zu 2. ist nach § 263 ZPO bzw. § 533 Nr. 1 ZPO i.V. mit § 64 Abs. 6 Satz 1
ArbGG zulässig, da zum einen der Beklagte, wie von seinem Vertreter in der
mündlichen Verhandlung am 29.06.2007 ausdrücklich erklärt wurde, hierzu seine
Einwilligung erteilt hat, zum anderen insoweit auch Sachdienlichkeit gegeben ist, weil
der bisherige Prozessstoff als Entscheidungsgrundlage vollinhaltlich verwertbar bleibt
und ein neuer Prozess vermieden wird (vgl. BAG, Urteil vom 12.09.2006 – 9 AZR
271/06, NZA 2007, 269, 271, zu A. I. 1. der Gründe).
60
2. Der Kläger kann von dem Beklagten nicht die Zahlung einer monatlichen Rente in
Höhe von 255,65 € seit April 2005 verlangen.
61
a) Ein Anspruch des Klägers gegen den Beklagten auf Gewährung einer monatlichen
Rente in Höhe von 255,65 € seit April 2005 ergibt sich nicht aus § 7 Abs. 1 Satz 1
BetrAVG.
62
aa) Nach § 7 Abs. 1 Satz 1 BetrAVG haben Versorgungsempfänger, deren Ansprüche
aus einer unmittelbaren Versorgungszusage des Arbeitgebers nicht erfüllt werden, weil
über das Vermögen des Arbeitgebers oder über seinen Nachlass das
Insolvenzverfahren eröffnet worden ist, und ihre Hinterbliebenen gegen den Träger der
Insolvenzsicherung einen Anspruch in Höhe der Leistung, die der Arbeitgeber auf Grund
der Versorgungszusage zu erbringen hätte, wenn das Insolvenzverfahren nicht eröffnet
worden wäre.
63
Im Streitfall wurde dem Kläger von der Firma H. H im letzten Satz von § 3 des mit dem
24.11.1988 datierten Anstellungsvertrags ("Daraus erhält Herr J R eine monatliche
64
Privatrente in Höhe von 500,-- DM zusätzlich zur Altersrente.") keine unmittelbare
Versorgungszusage i.S. von § 7 Abs. 1 Satz 1 BetrAVG erteilt. Denn die nach den §§
133, 155 BGB vorzunehmende Auslegung dieser vertraglichen Vereinbarung führte
nicht zu dem Ergebnis, dass es sich hierbei um eine eigenständige, konstitutiv wirkende
und die Eintrittspflicht des Beklagten nach § 7 Abs. 1 Satz 1 BetrAVG begründende
Versorgungszusage handelt.
bb) Gemäß § 157 BGB sind Verträge und damit auch die Regelung im letzten Satz von
§ 3 des Anstellungsvertrags zwischen dem Kläger und der Firma H. H vom 24.11.1988
so auszulegen, wie Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte es erfordern.
Dabei ist nach § 133 BGB der wirkliche Wille der Erklärenden zu erforschen und nicht
am buchstäblichen Sinn des Ausdrucks zu haften. Bei der Auslegung sind alle
tatsächlichen Begleitumstände der Erklärung zu berücksichtigen, die für die Frage von
Bedeutung sein können, welchen Willen der Erklärende bei seiner Erklärung gehabt hat
und wie die Erklärung von ihrem Empfänger zu verstehen war (BAG, Urteil vom
26.09.2002 – 6 AZR 434/00, AP Nr. 10 zu § 10 BBiG, zu I. 3. der Gründe; BAG, Urteil
vom 24.01.2004 – 6 AZR 583/02, AP Nr. 1 zu § 12 MTA-O, zu I.- 2. b) bb) der Gründe
m.w. Nachw.).
65
Danach wurde im letzten Satz von § 3 des Anstellungsvertrags zwischen dem Kläger
und der Firma H. H vom 24.11.1988 unter Berücksichtigung seiner Formulierung, des
Systemzusammenhangs, der Begleitumstände, dem Willen der Vertragsparteien sowie
von Sinn und Zweck kein unmittelbares – konstitutiv wirkendes –
Versorgungsversprechen, sondern vielmehr nur eine unselbständige, auf die von der
Firma H. H zu Gunsten des Klägers mit Wirkung vom 01.02.1988 abgeschlossene
Lebensversicherung bezogene Auszahlungsmodalität geregelt.
66
(1) Bereits die Formulierung "Daraus erhält Herr J R eine monatliche Privatrente in
Höhe von 500,-- DM …" spricht gegen eine eigenständige Regelung i.S. einer
konstitutiv wirkenden Versorgungszusage. Wäre es den Parteien des
Anstellungsvertrags vom 24.11.1988 tatsächlich darum gegangen, im letzten Satz von §
3 dieses Anstellungsvertrags eine – wie vom Kläger in der Berufungsbegründung
angenommen – lebenslange, gleichbleibende Rente konstitutiv zu vereinbaren, hätte es
auf der Hand gelegen, den letzten Satz von § 3 des Anstellungsvertrags
dementsprechend – ohne das einleitende Wort "Daraus" – zu fassen, etwa durch die
Formulierung: "Herr J R erhält eine monatliche Privatrente in Höhe von 500,-- DM", ggf.
mit dem Zusatz: "für die die Versicherungssumme verwandt wird".
67
Entgegen der Auffassung des Klägers zu Beginn seines Schriftsatzes vom 24.08.2006
wird aus der Formulierung des letzten Satzes von § 3 des Anstellungsvertrags vom
24.11.1988 nicht deutlich, dass nach dem Inhalt der Versorgungszusage die
Lebensversicherung der Rückdeckung der Pensionsverpflichtungen der Firma H. H
dienen sollte. Vielmehr ist aus der Eingangsformulierung "Daraus" im letzten Satz von §
3 dieses Anstellungsvertrags gerade umgekehrt zu schließen, dass damit lediglich die
Modalitäten der Auszahlung der im vorangegangenen Satz genannten
Versicherungssumme, die danach bei Fälligkeit (zunächst) an die Firma H. H
ausgezahlt werden sollte, nämlich als monatliche Privatrente in Höhe von 500,- DM,
geregelt worden sind.
68
(2) Nichts anderes ergibt sich aus einer systematischen Betrachtung von § 3 des
Anstellungsvertrags zwischen dem Kläger und der Firma H. H vom 24.11.1988.
69
So ist dort im ersten Satz zunächst davon die Rede, dass die Firma H. H für den Kläger
eine Lebensversicherung in Form einer Direktversicherung unterhält. Im folgenden Satz
ist geregelt, dass 226,- DM von dieser Firma direkt an die Versicherung gezahlt werden.
Im dritten Satz von § 3 des Anstellungsvertrags vom 24.11.1988 wurde geregelt, dass
die Versicherungssumme "bei Fälligkeit an die Firma H. H ausgezahlt" werden sollte.
Wenn es daraufhin im letzten Satz von § 3 dieses Anstellungsvertrags heißt, dass der
Kläger "daraus" eine monatliche Privatrente in Höhe von 500,- DM zusätzlich zur
Altersrente erhält, kann dem nur die Bedeutung beigemessen werden, dass sich diese
Vereinbarung allein auf die Modalitäten der Auszahlung der Versicherungssumme
durch die Firma H. H an den Kläger, nämlich als monatliche Privatrente in Höhe von
500,- DM, bezieht, nicht aber eine eigenständige und von der Höhe der
Versicherungssumme unabhängige Versorgungszusage darstellen sollte. Anderenfalls
ergäbe die Formulierung "Daraus …" zu Beginn des letzten Satzes von § 3 des
Anstellungsvertrags vom 24.11.1988 keinen Sinn.
70
(3) Auch die hier maßgebenden Begleitumstände rechtfertigen nicht die Annahme, dass
der letzte Satz von § 3 des Anstellungsvertrags vom 24.11.1988 als eigenständige,
konstitutiv wirkende Versorgungszusage der Firma H. H gegenüber dem Kläger
auszulegen ist.
71
Der Annahme des Klägers, die Lebensversicherung hätte der Rückdeckung der
Pensionsverpflichtungen der Arbeitgeberin dienen sollen, steht – wie bereits das
Arbeitsgericht zu Recht ausgeführt hat – entgegen, dass zum einen sowohl der
Versicherungsantrag als auch die vom Kläger mit unterschriebene Zusatzerklärung zu
diesem Versicherungsantrag jeweils mit dem 28.01.1988 datiert sind und die Laufzeit
der Versicherung ausweislich des Versicherungsscheins entsprechend den Angaben im
Versicherungsantrag am 01.02.1988 begann, während der Anstellungsvertrag zwischen
dem Kläger und der Firma H. H erst am 24.11.1988 geschlossen wurde. Zum anderen
ist in dem Antragsformular vom 28.01.1988 das Stichwort "Rückdeckungsversicherung"
gerade nicht angekreuzt.
72
Vor dem Hintergrund, dass dem Kläger und der Firma H. H bzw. deren Inhaberin zum
Zeitpunkt des Abschlusses des Anstellungsvertrags vom 24.11.1988 sowohl der Inhalt
des Versicherungsvertrags als auch das unwiderrufliche Bezugsrecht des Klägers
positiv bekannt waren, konnte nicht davon ausgegangen werden, dass die Parteien
dieses Anstellungsvertrags im letzten Satz von § 3 eine Verpflichtung der Firma H. H
begründen wollten, dem Kläger über die mit Wirkung vom 01.02.1988 geschlossene
Lebensversicherung hinaus noch eine – weitere – eigenständige Versorgungszusage
zu erteilen. Im Hinblick darauf, dass zum einen eine solche Annahme im letzten Satz
von § 3 des Anstellungsvertrags zwischen dem Kläger und der Firma H. H vom
24.11.1988 auf Grund der Eingangsformulierung ("Daraus …") keinen Halt findet, und
zum anderen der Beklagte ausdrücklich bestritten hat, dass beabsichtigt worden sei,
eine Verpflichtung der Firma H. H dahin zu begründen, dass über die von ihr zu Gunsten
des Klägers abgeschlossene Direktversicherung hinaus noch eine Direktzusage zu
dessen Gunsten hätte erteilt werden sollen, wäre ein konkreter und unter geeigneten
Beweis gestellter Tatsachenvortrag des nach den allgemeinen Grundsätzen der
Beweislastverteilung insoweit darlegungs- und beweispflichtigen Klägers erforderlich
gewesen, der dem Gericht die Überprüfung ermöglicht hätte, dass von den Parteien des
Anstellungsvertrags vom 24.11.1988 dort im letzten Satz von § 3 trotz seiner auf die mit
Wirkung vom 01.02.1988 geschlossene und am 28.01.1988 beantragte
73
Lebensversicherung bezogenen Formulierung ("Daraus…") eine – weitere –
eigenständige Versorgungszusage in Gestalt einer lebenslangen, gleichbleibenden
Rente in Höhe von monatlich 500,- DM gewollt gewesen sei. Solche tatsächlichen
Umstände wurden hier aber vom Kläger nicht dargetan.
(4) Dass es sich bei dem letzten Satz von § 3 des Anstellungsvertrags zwischen dem
Kläger und der Firma H. H vom 24.11.1988 nicht um eine unmittelbare, konstitutiv
wirkende Versorgungszusage, sondern nur um eine die Modalitäten der Auszahlung der
Lebensversicherung regelnde Vereinbarung handelt, ergibt sich zudem aus dem vom
Kläger selbst vorgetragenen Willen der Vertragsparteien und damit auch aus dem Sinn
und Zweck dieser Vereinbarung.
74
Den eigenen Angaben des Klägers sei Hintergrund der Vereinbarung gewesen, dass er
aus seiner früheren selbständigen Tätigkeit noch Verbindlichkeiten, insbesondere
Steuerschulden, in erheblichem Umfang gehabt habe und bei einer unmittelbaren
Auszahlung der Versicherungssumme an ihn mit einer Pfändung seitens der
Finanzverwaltung hätte rechnen müssen. Die Vereinbarung im letzten Satz von § 3 des
Anstellungsvertrags vom 24.11.1988 diente nach den Vorstellungen und dem Willen der
Vertragsparteien damit dem Zweck, eine solche Pfändung zu verhindern und dem
Kläger durch monatliche Ratenzahlungen innerhalb der Pfändungsfreigrenzen seitens
der Firma H. H , an welche die Versicherungssumme nach § 3 Satz 3 des
Anstellungsvertrags zunächst vollständig ausgezahlt werden sollte, die
Versicherungssumme gleichsam sukzessiv zukommen zu lassen. Da sich diese
Vorstellungen der Vertragsparteien auch in der Eingangsformulierung des letzten
Satzes von § 3 des Anstellungsvertrags wiederspiegelt ("Daraus …"), erstreckt sich der
Bedeutungsgehalt dieser Regelung unter Berücksichtigung des Willens der
Vertragsparteien sowie ihres Sinns und Zwecks nicht auf eine eigenständige, konstitutiv
wirkende (weitere) Versorgungszusage, sondern beschränkt sich allein auf die
Festlegung der Modalitäten der Auszahlung der Versicherungssumme.
75
(5) Das weitere Vorbringen des Klägers in der Berufungsbegründung vermochte keine
andere Beurteilung zu rechtfertigen.
76
Aus dem Umstand, dass von den Parteien des Anstellungsvertrags vom 24.11.1988 in §
3 nicht ausdrücklich vereinbart wurde, dass sich die nach dem letzten Satz an den
Kläger monatlich zu leistenden Zahlungen auf das Kapital der Versicherungssumme
beschränken, kann nicht abgeleitet werden, dass die Parteien im letzten Satz von § 3
des Anstellungsvertrags – konstitutiv – eine lebenslange, gleichbleibende Rente für den
Kläger, unabhängig von der tatsächlichen Rentenbezugsdauer vereinbart haben. Da
sich – wie bereits im Einzelnen erwähnt – sowohl aus der Eingangsformulierung des
letzten Satzes von § 3 des Anstellungsvertrags ("Daraus …"), der Gesamtsystematik
dieser Regelung, als auch aus den hier maßgebenden Begleitumständen sowie den
von den Parteien verfolgten Zielen ergibt, dass sich der letzte Satz von § 3 des
Anstellungsvertrags allein auf die in den vorangegangenen Sätzen geregelte
Lebensversicherung zu Gunsten des Klägers bezieht und sich sein Bedeutungsgehalt
allein auf die Modalitäten der Auszahlung der Versicherungssumme beschränkt,
bedurfte es in § 3 des Anstellungsvertrags vom 24.11.1988 keiner ausdrücklichen
Erwähnung, dass sich die nach dem letzten Satz dieser Regelung an den Kläger
monatlich zu leistenden Zahlungen auf das Kapital der Versicherungssumme
beschränken.
77
Aus denselben Gründen war auch unerheblich, dass im Anstellungsvertrag vom
24.11.1988 keine Regelungen für den Fall getroffen wurden, dass der Kläger verstirbt,
bevor das volle Kapital aus der Lebensversicherung an ihn ausgezahlt worden ist. Denn
den Parteien des Anstellungsvertrags vom 24.11.1988 blieb es unbenommen, im letzten
Satz von § 3 lediglich die Modalitäten der Auszahlung der Versicherungssumme zu
regeln und die Frage des Schicksals des noch nicht ausgezahlten Kapitals im Falle des
Todes des Klägers offen zu lassen. Jedenfalls hat das Unterbleiben einer solchen
Regelung im Anstellungsvertrag vom 24.11.1988 nicht zur Konsequenz, dass dadurch
dem letzten Satz von § 3 – abweichend von den bereits dargestellten
Auslegungsergebnissen – die rechtliche Bedeutung einer eigenständigen, konstitutiv
wirkenden Versorgungszusage zu Gunsten des Klägers zukommt.
78
b) Zur Zahlung einer monatlichen Rente in Höhe von 255,65 € seit April 2005 an den
Kläger ist der Beklagte auch weder nach § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 BetrAVG noch nach § 7
Abs. 2 Satz 2 Nr. 2 BetrAVG jeweils in Verbindung mit § 1 b Abs. 2 Satz 3 BetrAVG
verpflichtet.
79
aa) Danach bestünde Insolvenzschutz bei einer Direktversicherung nur bei einer
widerruflichen Bezugsberechtigung des Arbeitnehmers oder bei einer unwiderruflichen
Bezugsberechtigung, sofern der Arbeitgeber die Ansprüche aus dem
Versicherungsvertrag abgetreten oder beliehen hätte. Die Fälle der Beschädigung einer
Direktversicherung durch Prämienrückstände oder unterbliebene Weiterleitung der
Versicherungsleistung an den Arbeitnehmer durch den Arbeitgeber, an den diese
ausgezahlt worden ist, werden von diesen Regelungen dagegen, wie bereits das
Arbeitsgericht im Einzelnen zu Recht ausgeführt hat, nicht erfasst. Auf die
diesbezüglichen Ausführungen des Arbeitsgerichts, die vom Kläger insoweit nicht
angegriffen worden sind, wird zur Vermeidung von Wiederholungen Bezug genommen.
80
bb) Im Streitfall ist dem Kläger weder eine widerrufliche Bezugsberechtigung i.S. von § 7
Abs. 2 Satz 2 Nr. 2 BetrAVG eingeräumt worden, noch liegen die Sicherungsfälle der
Abtretung oder Beleihung von Ansprüchen aus dem Versicherungsvertrag i.S. von § 7
Abs. 1 Satz 2 Nr. 1, Abs. 2 Satz 2 Nr. 2 BetrAVG vor.
81
(1) Die Regelung des letzten Satzes von § 3 des Anstellungsvertrags zwischen dem
Kläger und der Firma H. H vom 24.11.1988 stellt keine – widerrufliche –
Bezugsberechtigung dar, weil es sich bei dieser, wie bereits unter a) im Einzelnen
erwähnt – nicht um eine selbständige, konstitutiv wirkende Versorgungszusage zu
Gunsten des Klägers handelt, sondern sich deren Bedeutungsgehalt lediglich auf die
Modalitäten der Auszahlung der Versicherungssumme beschränkt.
82
(2) Auf Grund der am 09.09.1988 erfolgten Pfändung der mit Wirkung zum 01.02.1988
begründeten Lebensversicherung durch das Finanzamt K ist eine Schädigung des
klägerischen Versorgungsanspruchs unter den Gesichtspunkten der Abtretung oder
Beleihung von Ansprüchen aus dem Versicherungsvertrag letztlich nicht eingetreten.
Denn diese Pfändung wurde gegenstandslos, nachdem das Finanzamt K mit Schreiben
an die Versicherung vom 07.03.2002 seine Zustimmung zur Auszahlung der
Versicherungsleistung erteilt hatte und diese in vollem Umfang am 09.04.2002 – damit
noch vor dem Eintritt des Insolvenzfalles am 01.11.2004 – an die Firma H. H ausgezahlt
worden ist.
83
(3) Als Schadensfall des Klägers ist damit allein die unterbliebene Auszahlung der
84
Versicherungssumme nach Maßgabe des letzten Satzes von § 3 des
Anstellungsvertrags vom 24.11.1988 anzusehen. Hieraus ergibt sich zwar durchaus ein
Schadensersatzanspruch des Klägers gegen die Firma H. H wegen Verletzung der
dieser obliegenden arbeitsvertraglichen Pflichten. Ein solcher Schadensersatzanspruch
unterliegt aber aus den bereits genannten Gründen nicht dem Insolvenzschutz.
c) Angesichts der vorangegangenen Ausführungen bedurfte es keiner Entscheidung
darüber, ob eine Eintrittspflicht des Beklagten, wie von diesem angenommen, für die
vom Kläger geltend gemachten Versorgungsleistungen auch deshalb nicht bestand,
weil der Kläger kein Arbeitnehmer der Firma H. H i. S. des BetrAVG, sondern statt
dessen eigentlicher Unternehmer dieser Firma war, und ihm keine Leistungen "aus
Anlass" einer der in § 17 Abs. 1 Satz 1 oder 2 BetrAVG genannten Tätigkeiten, sondern
allein auf Grund einer familiären Verbundenheit erteilt worden sind. Es konnte daher
auch dahingestellt bleiben, ob und welchen weiteren – nicht familienangehörigen –
Arbeitnehmern der Firma H. H von letzterer Versorgungsleistungen zugesagt worden
sind, wie dies der Kläger behauptet und der Beklagte mit Nichtwissen bestritten hat.
85
III. Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 64 Abs. 6 Satz 1 ArbGG i.V. mit § 97 Abs. 1
ZPO.
86
IV. Die Revision war gemäß § 72 Abs. 2 ArbGG nicht zuzulassen. Insbesondere hatte
die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung, weil die Entscheidung auf den
besonderen Umständen des Einzelfalles beruht.
87
R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g :
88
Gegen diese Entscheidung ist ein Rechtsmittel nicht gegeben. Auf die Möglichkeit der
Nichtzulassungsbeschwerde gemäß § 72 a ArbGG wird hingewiesen.
89
(Dr. Ehrich) (Voges) (Lengenfelder)
90