Urteil des LAG Köln vom 13.04.2010

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Landesarbeitsgericht Köln, 11 Ta 51/10
Datum:
13.04.2010
Gericht:
Landesarbeitsgericht Köln
Spruchkörper:
11. Kammer
Entscheidungsart:
Beschluss
Aktenzeichen:
11 Ta 51/10
Vorinstanz:
Arbeitsgericht Aachen, 5 Ca 1026/09
Schlagworte:
Zwangsgeld; Nicht zu ersetzender Nachteil
Normen:
§§ 62 Abs. 1 S. 3 ArbGG, 888 Abs. 1 ZPO
Sachgebiet:
Arbeitsrecht
Leitsätze:
- Einzelfall -
Tenor:
Auf die sofortige Beschwerde der Beklagten wird der
Zwangsgeldbeschluss des Arbeitsgerichts Aachen vom 20.01.2010 - 5
Ca 1026/09 d – aufgehoben.
Die Klägerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.
Der Antrag der Beklagten auf Einstellung der Zwangsvollstreckung aus
dem Urteil des Arbeitsgerichts Aachen vom 18.09.2009 – 5 Ca 1026/09
d – wird zurückgewiesen.
G r ü n d e
1
I.
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Das Arbeitsgericht hat mit Urteil vom 18.09.2009 die Beklagte zur Erteilung eines
berichtigten Zeugnisses verurteilt. Am 26.11.2009 legte die Beklagte Berufung ein.
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Mit Schriftsatz vom 09.12.2009 beantragte die Klägerin die Festsetzung eines
Zwangsgeldes, ersatzweise Zwangshaft, wegen der Nichterfüllung der Verpflichtung der
Erteilung eines berichtigten Zeugnisses durch die Beklagte.
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Mit Schriftsatz vom 19.12.2009 beantragte die Beklagte die Einstellung der
Zwangsvollstreckung aus dem Urteil des Arbeitsgerichts.
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Mit Beschluss vom 20.01.2010 setzte das Arbeitsgericht ein Zwangsgeld in Höhe von
2.500,-- €, ersatzweise ein Tag Zwangshaft für jeweils 500,-- €, fest.
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Gegen den ihr am 29.01.2010 zugestellten Beschluss hat die Beklagte am 29.01.2010
sofortige Beschwerde eingelegt und unter dem 31.01.2010 erneut die einstweilige
Einstellung der Zwangsvollstreckung beantragt.
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Das Arbeitsgericht hat der sofortigen Beschwerde mit Beschluss vom 02.02.2010 nicht
abgeholfen und sie dem Landesarbeitsgericht zur Entscheidung vorgelegt.
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Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird ergänzend auf den
Akteninhalt Bezug genommen.
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II.
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1. Die statthafte und nach § 569 ZPO form- und fristgerecht eingelegte sofortige
Beschwerde ist zulässig und begründet.
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Der Zwangsgeldbeschluss des Arbeitsgerichts vom 20.01.2010 war aufzuheben, denn
die Anordnung eines Zwangsgeldes nach § 888 Abs. 1 ZPO ist derzeit unzulässig Es
mangelt an der allgemeinen Vollstreckungsvoraussetzung der Erteilung einer
Vollstreckungsklausel.
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Durchgeführt wird die Zwangsvollstreckung aufgrund einer mit der
Vollstreckungsklausel (§ 725 ZPO) versehenen Ausfertigung des Urteils, § 724 Abs. 1
ZPO. Die Vollstreckungsklausel ist die Bescheinigung des zuständigen Organs über
Bestand und Vollstreckbarkeit des Endurteils gemäß § 704 Abs. 1 ZPO oder sonstiger
Titel (§§ 794 ff. ZPO). Sie hat Zeugnis- und Schutzfunktion und ist zugleich formelle
Vollstreckungsvoraussetzung (vgl.: Zöller/Geimer/Stöber, 27. Auflage, § 724 ZPO Rdn.
1, 14 m.w.N.).
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2. Der Antrag auf Einstellung der Zwangsvollstreckung ist unbegründet, denn die
Beklagte hat einen nicht zu ersetzenden Nachteil weder dargetan noch glaubhaft
gemacht.
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a) Die Einstellung aus einem arbeitsgerichtlichen Urteil durch das Berufungsgericht ist
nach § 62 Abs. 1 Satz 3 ArbGG nur dann zulässig, wenn der Schuldner glaubhaft macht,
dass ihm die Vollstreckung einen nicht zu ersetzenden Nachteil bringen würde. Ein
nicht zu ersetzender Nachteil liegt vor, wenn die Wirkung der Vollstreckung nachträglich
nicht wieder beseitigt oder ausgeglichen werden kann (LAG Köln, Beschl. v. 24.07.2009
– 4 Sa 821/09 – m.w.N.). Die bloße Einschränkung der Handlungsfreiheit des
Arbeitgebers stellt keinen unersetzbaren Nachteil dar (vgl.: GK-Vossen § 62 ArbGG
Rdn. 22 m.w.N.).
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b) Selbst wenn sich im Rahmen des Berufungsverfahrens herausstellen sollte, dass das
Arbeitsgericht die Beklagte zu Unrecht zur Zeugnisberichtigung hinsichtlich der
Beschäftigungszeiten und der Führungsbeurteilung verurteilt hätte, so mangelt es
jedoch an einem nicht ersetzbaren Nachteil, denn die Wirkung der Vollstreckung kann
dadurch wieder beseitigt werden, dass das berichtigte Arbeitszeugnis wieder an die
Beklagte herausgegeben wird. Der bloße Einwand der materiellen Unrichtigkeit des
Urteils stellt keinen nicht ersetzbaren Nachteil dar. Soweit die Beklagte auf einen
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Eingriff zu Lasten Dritter, hier des Vorarbeitgebers, verweist, stellt dies jedenfalls keinen
eigenen Nachteil dar.
3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1 ZPO.
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4. Gegen den Beschluss ist ein Rechtsmittel nicht gegeben, insbesondere mangelt es
hinsichtlich der sofortigen Beschwerde an einem gesetzlich begründeten Anlass zur
Zulassung der Rechtsbeschwerde nach den §§ 78 Satz 2, 72 Abs. 2 ArbGG.
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Weyergraf
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