Urteil des LAG Düsseldorf vom 18.12.2003

LArbG Düsseldorf (Vergütung, Nichtigkeit, Zustellung, Urlaub, Arbeitsgericht, Rechtsmittelbelehrung, Fax, Kollege, Kabinenpersonal, Arbeitsrecht)

Datum:
Gericht:
Spruchkörper:
Entscheidungsart:
Vorinstanz:
Schlagworte:
Normen:
Sachgebiet:
Leitsätze:
Tenor:
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Aktenzeichen:
Landesarbeitsgericht Düsseldorf, 13 (18) Sa 398/03
18.12.2003
Landesarbeitsgericht Düsseldorf
13. Kammer
Urteil
13 (18) Sa 398/03
Arbeitsgericht Düsseldorf, 6 Ca 11081/02
Änderung der Berechnung pauschalierter Vergütungsteilaspekte für
Funktionsträger der Personalvertretung durch Sanierungstarifvertrag und
Gleichbehandlungsgrundsatz
§ 24 Abs. 5 Satz 2 des Sanierungstarifvertrages für das Cockpit- und
Kabinenpersonal der LTU; Art. 3 GG
Arbeitsrecht
Die Beklagte ist nicht verpflichtet, entgegen der Bestimmung des § 25
Abs. 5 Satz 2 des Sanierungstarifvertrages Nr. 2 Cockpit vom 01.11.2001
bei der Berechnung der Mehrflugstundenvergütung des klagenden
Piloten die geleistete Personalvertretungstätigkeit auf der Basis von 3,75
Flugstunden je Personalvertretungstag zu berücksichtigen. Der
verfassungsrechtliche Gleichbehandlungsgrundsatz gewährleistet keinen
Bestandsschutz hinsichtlich begünstigender tariflicher
Vergütungsteilaspekte. Der Sanierungstarifvertrag konnte ohne Verstoß
gegen höherrangiges Recht die Berechnung der pauschalierten
Flugzulage im Falle der Vergütungsfortzahlung im nichtfliegerischen
Einsatz ändern. (Bestätigung der Vorinstanz im Anschluß an BAG 4 AZR
762/00 und BAG 9 AZR 419/98 und 6 AZR 911/93).
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts
Düsseldorf vom 04.02.2003 6 Ca 11081/02 wird auf Kosten des Klägers
zurückgewiesen.
Die Revision des Klägers wird zugelassen.
T A T B E S T A N D :
Der Kläger ist seit dem 01.01.1991 bei der Beklagten als Flugkapitän beschäftigt und seit
dem 16.01.2001 Mitglied der Personalvertretung. Auf das Arbeitsverhältnis der Parteien
finden die bei der Beklagten bestehenden Tarifverträge Anwendung.
Der Kläger leistet durchschnittlich an sechs bis sieben Tagen monatlich
Personalvertretungsarbeit.
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Die Beklagte hat im Rahmen eines Sanierungstarifvertrages eine Änderung der Vergütung
für Personalvertretungstage eingeführt, durch die der Kläger sich als
Personalvertretungsmitglied gegenüber den übrigen Piloten benachteiligt sieht. Die
Parteien streiten um die Berücksichtigungsfähigkeit der vom Kläger geleisteten
Personalvertretungstage für die Berechnung von mehr Flugstundenvergütung.
Hinsichtlich der Mehrflugstundenvergütung für Personalvertreter bestimmte § 24 des
Manteltarifvertrages bis zum 31.10.2001 folgendes:
Die Berechnung der Mehrflugstundenvergütungen ab der 81. und 86. monatlichen
Flugstunde nach Abs. 1 c) erfolgt in allen Fällen der Fortzahlung der Vergütung bei
Schulungen, Personalvertretungs- und Tarifkommissionstätigkeit auf der Basis von 3,75
Flugstunden je Tag, höchstens jedoch 75 Flugstunden je Kalendermonat. Bei Urlaub und
Sonderurlaub erfolgt die Fortzahlung der Vergütung auf der Basis von 2,5 Flugstunden je
Tag, höchstens jedoch 75 Flugstunden im Kalendermonat ...
Mit Wirkung zum 01.11.2001 wurden § 24 Abs. 4 und 5 des MTV Nr. 6 Bordpersonal
durch den Sanierungstarifvertrag Nr. 2 Cockpit 2001 durch folgende Bestimmungen ersetzt:
(4) Bei Urlaub und Sonderurlaub erfolgt die Fortzahlung der Vergütung auf der Basis
von 2,5 Blockstunden je Tag. Diese Blockstunden sind nicht mehrflugstundenwirksam ...
(5) Die Berechnung der Flugzulagen nach Abs. 1 b für Funktionsträger (PV, TK, etc.)
erfolgt in allen Fällen der Fortzahlung der Vergütung im nicht fliegerischen Einsatz auf der
Basis von 3,75 Flugstunden je Tag. Diese Blockstunden sind nicht
mehrflugstundenwirksam.
Für den Beschäftigungszeitraum ab November 2001 ließ die Beklagte bei der Berechnung
der Mehrflugstundenvergütung des Klägers die Flugstunden außer Acht, die diesem
aufgrund seiner Personalvertretungstätigkeit angerechnet wurden.
Der Kläger sieht einen verfassungswidrigen Verstoß der neuen Tarifregelung darin, dass
ihm durch die geänderte Regelung zur Mehrflugstundenvergütung ein ganz
überproportionaler Gehaltsbestandteil unter ungleicher Behandlung gegenüber den
Nichtpersonalvertretungsmitgliedern genommen worden sei.
Das Arbeitsgericht hat durch Urteil vom 04.02.2003 die Klage abgewiesen.
Gegen seine Entscheidung richtet sich die Berufung des Klägers, auf deren Begründung
wegen der Einzelheiten Bezug genommen wird (Bl. 82 ff. d. A.). Der Kläger hat klargestellt,
um die tarifliche Bewertung der Personalvertretungstätigkeit mit 3,75 Flugstunden für einen
Tag Personalvertretungstätigkeit gehe es nicht. Mit dieser Regelung hätten die
Tarifparteien einen Tag Personalvertretungstätigkeit bewertet. Diese Regelung sei nicht
Streitgegenstand und zum anderen für sich genommen angemessen.
Die Parteien haben durch Protokollerklärung vom 18.12.2003 übereinstimmend erklärt,
streitig sei ausschließlich die Frage, ob § 24 Abs. 5 Satz 2 des Sanierungstarifvertrages
vom 01.11.2001 (vgl. Bl. 33 d. A.) wirksam die Bestimmung treffen konnte diese
Blockstunden sind nicht mehr flugstundenwirksam .
Während der Kläger diese Regelung als Benachteiligung der Personalvertretungstätigkeit
gegenüber den übrigen Piloten sieht, vertritt die Beklagte die Auffassung, der gegnerische
Vortrag begründe nicht schlüssig eine unsachgemäße Ungleichbehandlung. Eine
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Benachteiligung bei der letztlich maßgeblichen Gesamtvergütung im Verhältnis zu
vergleichbaren Kapitänen könne der Kläger nicht geltend machen. Er greife vielmehr
lediglich einen Teil der Gesamtvergütung heraus. Dieser Vortrag sei nicht schlüssig, um die
Nichtigkeit der tariflichen Regelung zu begründen (Berufungsbeantwortung Bl. 93 ff. d. A.).
Der Kläger stellt in der Berufungsinstanz folgende Anträge:
1.
das Urteil des Arbeitsgerichts Düsseldorf vom 04.02.2003, Az. 6 Ca 11081/02 abzuändern,
2.
festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, bei der Berechnung der
Mehrflugstundenvergütung des Klägers für den Beschäftigungszeitraum seit November
2001 die vom Kläger geleisteten Personalvertretungstage auf der Basis von 3,75
Flugstunden je Personalvertretungstag mehrflugstundenwirksam zu berücksichtigen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Wegen der Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Tatbestand des
erstinstanzlichen Urteils sowie den Inhalt der in beiden Instanzen gewechselten
Schriftsätze und den sonstigen Akteninhalt ergänzend Bezug genommen (§ 69 Abs. 3 Satz
2 ArbGG).
E N T S C H E I D U N G S G R Ü N D E :
Die Berufung hatte keinen Erfolg.
Eine Nichtigkeit der tariflichen Regelung des § 24 Abs. 5 des Sanierungstarifvertrages Nr. 2
Cockpit 2001 hat die Vorinstanz mit Recht verneint.
Die Kammer teilt die Auffassung des Arbeitsgerichts, dass die zwischen den
Tarifvertragsparteien getroffene Regelung nicht gegen Art. 3 Abs. 1 GG verstößt.
Sowohl das Urteil des Arbeitsgerichts wie auch die Berufungsbeklagte weisen darauf hin,
dass der Kläger lediglich eine fiktive Ungleichbehandlung für den Fall vorträgt, dass
sowohl er als auch ein anderer Flugkapitän am Ende eines Monats noch arbeiten und
beide über 81 Flugstunden kommen, wenn der Kläger Personalvertretungstätigkeit leistet
und der Kollege fliegerische Tätigkeit. Eine tatsächliche Ungleichbehandlung ergibt sich
aus dem Sachvortrag des Klägers nach den Feststellungen der Kammer nicht.
Entgegen der Auffassung des Klägers gewährleistet der Gleichbehandlungsgrundsatz
keinen Bestandsschutz hinsichtlich begünstigender tariflicher Vergütungsteilaspekte, der
Gestalt, dass die Beklagte gehindert gewesen wäre, im Sanierungstarifvertrag eine
geänderte Bestimmung aufzunehmen, derzufolge die Blockstunden nicht
mehrflugstundenwirksam sind. Insoweit hat sich das Urteil der Vorinstanz mit den
Anforderungen zur Systemgerechtigkeit tarifvertraglicher Regelungen und der hierzu
ergangenen höchstrichterlichen Rechtsprechung auseinandergesetzt. Diese Ausführungen
verdienen Zustimmung.
Die Kammer folgt den Gründen der angefochtenen Entscheidung, so dass es
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wiederholender Ausführungen nicht bedarf (§ 69 Abs. 2 ArbGG).
Wegen der grundsätzlichen Bedeutung der Frage des verfassungsrechtlichen Rahmens
der Regelungsfreiheit der Tarifvertragsparteien hat die Kammer die Revision zu der
strittigen Rechtsfrage (vgl. Sitzungsprotokoll vom 18.12.2003, Bl. 2 S. 117 d. A.)
zugelassen.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 ZPO.
RECHTSMITTELBELEHRUNG
Gegen dieses Urteil kann von dem Kläger
REVISION
eingelegt werden.
Für die Beklagte ist gegen dieses Urteil kein Rechtsmittel gegeben.
Die Revision muss
innerhalb einer Notfrist von einem Monat
nach der Zustellung dieses Urteils schriftlich beim
Bundesarbeitsgericht,
Hugo-Preuß-Platz 1,
99084 Erfurt,
Fax: (0361) 2636 - 2000
eingelegt werden.
Die Revision ist gleichzeitig oder
innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung dieses Urteils
schriftlich zu begründen.
Die Revisionsschrift und die Revisionsbegründung müssen von einem bei einem
deutschen Gericht zugelassenen Rechtsanwalt unterzeichnet sein.
Funke Smoch Sendke