Urteil des LAG Berlin-Brandenburg vom 22.01.2010

LArbG Berlin-Brandenburg: betriebsrat, vorschlag, fälligkeit, vergütung, vorsitz, arbeitsgerichtsbarkeit, link, ernennung, sammlung, erfahrung

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Gericht:
LArbG Berlin-
Brandenburg 6.
Kammer
Entscheidungsdatum:
Aktenzeichen:
6 TaBV 901/10
Dokumenttyp:
Beschluss
Quelle:
Normen:
§ 76 Abs 2 S 2 BetrVG, § 98 Abs
1 ArbGG
Bestellung des Vorsitzenden einer Einigungsstelle - keine
Anwendung des Windhundprinzips
Leitsatz
Für die Bestellung des Vorsitzenden einer Einigungsstelle kommt es nicht darauf an, welcher
Beteiligte seinen Vorschlag zuerst gemacht oder bei Gericht angebracht hat. Vielmehr ist
auch dann, wenn keine konkreten Einwendungen gegen den Kandidaten der jeweiligen
Gegenseite vorgebracht werden, regelmäßig ein Dritter zu bestellen (gegen LAG Berlin-
Brandenburg, Beschluss vom 22.01.2010 - 10 TaBV 2829/09)
Tenor
1. Auf die Beschwerde der Arbeitgeberin wird der Beschluss des Arbeitsgerichts Berlin
vom 08.04.2010 – 21 BV 4780/10 – dahin geändert, dass zur Vorsitzenden einer
Einigungsstelle mit dem Regelungsgegenstand „Fälligkeit der Vergütung“ die Richterin
am Arbeitsgericht a. D. S. B. eingesetzt wird.
2. Die weitergehende Beschwerde wird zurückgewiesen.
Gründe
1.
Arbeitsgericht a. D. V. R. zum Vorsitzenden einer Einigungsstelle mit dem
Regelungsgegenstand „Fälligkeit der Vergütung“ im gemeinsamen Betrieb der
Arbeitgeberinnen eingesetzt. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt, zwar
erfülle auch die von den Arbeitgeberinnen in ihrem Antrag vorgeschlagene Professorin
Dr. Ch. B. die Voraussetzungen für eine Bestellung zur Einigungsstellenvorsitzenden.
Ihren Wunsch, keinen aktiv oder früher in der Berliner Arbeitsgerichtsbarkeit tätig
gewesenen Richter einzusetzen, hätten die Arbeitgeberinnen jedoch nicht näher
begründet. Da sonach gegen keinen der beiden Vorgeschlagenen sachliche Argumente
vorgebracht worden seien, sei die zuerst benannte Person zu bestimmen gewesen.
Dafür könne es nicht darauf ankommen, dass die Arbeitgeberinnen den Betriebsrat
„überholt“ hätten, indem sie am letzten Tag der ihnen vom Betriebsrat gesetzten Frist
einen entsprechenden Antrag bei Gericht angebracht hätten. Vielmehr sei entscheidend,
dass der Betriebsrat seinen Vorschlag bereits zuvor unterbreitet gehabt habe.
Gegen diesen ihnen am 21. April 2010 zugestellten Beschluss richtet sich die bereits am
19. April 2010 eingelegte und am 29. April 2010 weiter begründete Beschwerde der
Arbeitgeberinnen. Sie betonen, dass ihnen allgemein an einem
Einigungsstellenvorsitzenden mit örtlicher Distanz zu den konkreten Betriebsparteien
gelegen sei, und meinen unter Bezugnahme auf eine Entscheidung des LAG Berlin-
Brandenburg, dass grundsätzlich die im Einsetzungsantrag genannte Person zu
bestimmen sei, sofern nicht Tatsachen gegen deren Eignung vorgebracht würden.
Die Arbeitgeberinnen beantragen,
unter Aufhebung des angefochtenen Beschlusses Frau Prof. Dr. Ch. B. zur
Vorsitzenden der Einigungsstelle mit dem Regelungsgegenstand Entscheidung über die
Regelungs- und Rechtsstreitigkeiten betreffend eine Betriebsvereinbarung zur Fälligkeit
der Vergütung nach § 87 Abs. 1 Nr. 4 BetrVG bei ihnen zu bestellen.
Der Betriebsrat beantragt,
den Antrag zurückzuweisen.
Er verweist darauf, dass auch in dem durch die herangezogene Entscheidung beendeten
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Er verweist darauf, dass auch in dem durch die herangezogene Entscheidung beendeten
Verfahren vor dem LAG Berlin-Brandenburg der Betriebsrat zuerst eine Person für den
Vorsitz der Einigungsstelle benannt habe. Da es der Arbeitgeber im Hinblick auf seine
Kostentragungspflicht immer in der Hand habe, die Position des Antragstellers im
Beschlussverfahren zu besetzen, stelle sich das sog. Windhundprinzip tatsächlich als
Arbeitgeberprinzip dar. Daher sei richtigerweise darauf abzustellen, welche
Betriebspartei der anderen zuerst einen Vorsitzenden vorgeschlagen habe, sofern
gegen diesen keine rechtlichen Bedenken bestünden.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Vorbringens der Beteiligten, wird auf den
Tatbestand des angefochtenen Beschlusses und die in der Beschwerdeinstanz
gewechselten Schriftsätze Bezug genommen.
2.
begründete Beschwerde der Arbeitgeberinnen ist nur teilweise sachlich begründet.
Die Zuständigkeit der zu bildenden Einigungsstelle stand außer Streit (
). Zu den bereits im erstinstanzlichen Antrag der Arbeitgeberinnen erwähnten
„Rechtsstreitigkeiten“ als Gegenstand einer Betriebsvereinbarung haben diese auch mit
der Beschwerde nichts vorgebracht.
2.1
war dieser gerichtlich zu bestellen ( ).
2.1.1
Satz 1 ZPO (
) besteht im Bestellungsverfahren nicht. Dem stehen der Wortlaut des § 76 Abs.
2 Satz 2 BetrVG und der Zweck der Regelung entgegen, die fehlende Einigung der
Betriebsparteien auf eine der wechselseitig vorgeschlagenen Personen durch
autoritativen Spruch des Gerichts zu ersetzen. Damit wird dem jeweiligen Antragsteller
nichts zugesprochen, was dieser nicht beantragt hat, sondern kraft gesetzlicher
Ermächtigung gestaltend in die Rechtsbeziehung der Beteiligten eingegriffen (
).
Deshalb kann es auch nicht darauf ankommen, welche Seite nach dem sog.
Windhundprinzip zuerst einen Einsetzungsantrag bei Gericht angebracht oder etwa
schon bei den vorangegangenen Verhandlungen einen personellen Vorschlag
unterbreitet hat. Dies muss selbst dann gelten, wenn die Gegenseite keine konkreten
Bedenken gegen die vorgeschlagene Person geltend gemacht hat (
). Denn die Vorschläge beider Seiten sind Ausdruck besonderen Vertrauens, das
zugleich für die jeweils andere Seite einen entsprechenden Vorbehalt gegen die
vorgeschlagene Person zu begründen pflegt, den es zu respektieren gilt. Nur so lässt
sich die erforderliche Akzeptanz eines notfalls stimmberechtigten Verhandlungsführers
erreichen, dessen vornehmliche Aufgabe darin besteht, eine Einigung herbeizuführen (
), und eine unnötige Belastung des nachfolgenden
Verfahrens vor der Einigungsstelle vermeiden (
). Damit wird zugleich einer sonst zu
befürchtenden Diskreditierung der Kandidaten beider Seiten vorgebeugt (
). Diesen Aspekten Rechnung zu tragen, erscheint vordringlicher, als
einem latenten Vorwurf der Pfründenwirtschaft innerhalb der Richterschaft im Wege
wechselseitiger Einsetzungen ( ) Rechnung tragen zu wollen.
2.1.2
zahlreicher Einigungsstellen erschien die Ernennung der früheren Richterin am
Arbeitsgericht S. B., die während ihrer richterlichen Tätigkeit nie mit Verfahren der
beiden Arbeitgeberinnen befasst gewesen war, sachgerecht. Konkrete Einwendungen
gegen ihre Person sind im Anhörungstermin von keiner Seite vorgebracht worden. Dem
Wunsch der Arbeitgeberinnen, keinem derzeitigen oder früheren Richter aus der Berliner
Arbeitsgerichtsbarkeit den Vorsitz zu übertragen, kam in dieser Allgemeinheit keine
rechtliche Bedeutung zu.
2.2
Abs. 2 GKG, § 2a Abs. 1 Nr. 1 ArbGG Kosten nicht erhoben werden (
).
3.
).
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