Urteil des KG Berlin vom 29.03.2017

KG Berlin: grundbuchamt, geschäftsführer, juristische person, zwischenverfügung, urkunde, sparkasse, befreiung, grundstück, komplementär, genehmigung

1
2
3
5
6
7
4
Gericht:
KG Berlin 1. Zivilsenat
Entscheidungsdatum:
Aktenzeichen:
1 W 9 - 11/10, 1 W
9/10, 1 W 10/10, 1 W
11/10
Dokumenttyp:
Beschluss
Quelle:
Normen:
§ 181 BGB, § 20 GBO
Leitsatz
Veräußert eine im Grundbuch eingetragene GmbH & Co KG das Grundstück an einen Dritten
und wird der Angestellten des beurkundenden Notars zur Durchführung des Vertrags von
beiden Vertragsparteien Vollmacht erteilt, müssen, wenn von der Durchführungsvollmacht
Gebrauch gemacht wird, die Geschäftsführer der Komplementär-GmbH von dem Verbot des
Selbstkontrahierens durch die Kommanditgesellschaft nicht befreit sein. Es handelt sich
insoweit nicht um ein Insichgeschäft der Geschäftsführer.
Tenor
Die Zwischenverfügungen werden aufgehoben.
Gründe
I.
Am 13. April 2007 erklärte die eingetragene Eigentümerin, die als solche zum damaligen
Zeitpunkt im Grundbuch noch nicht eingetragen war, zur UR-Nr. 2…/2007 des Notars R.
N. in Berlin die Teilung des im Grundbuch des Amtsgerichts Schöneberg von Lichterfelde
Blatt 20288 eingetragenen Grundstücks S. 5a gemäß § 8 WEG. Es sollten vier
Miteigentumsanteile zu je 25/100 geschaffen werden, verbunden mit dem
Sondereigentum nebst Sondernutzungsrechten an jeweils einer Wohnung, die mit „zu 1“
bis „zu vier“ bezeichnet wurden. Zu dem Grundstück sollte eine Teilfläche von etwa 100
qm des in Blatt 13392 eingetragenen Grundstücks S. 5 zugeschrieben werden.
Am 13. August 2007 bestellte die eingetragene Eigentümerin zur UR-Nr. 4…/2007 des
Notars R. N. zu Gunsten der Sparkasse S.-N. eine auf beiden Grundstücken lastende
Grundschuld über 1.075.000,00 EUR. Die Urkunde reichte der Notar am 20. August 2007
mit dem Antrag bei dem Grundbuch ein, die Grundschuld zunächst nur auf Blatt 20288
einzutragen.
Zur UR-Nr. 3…/2007 des Notars Dr. P. E. in B. schloss die eingetragene Eigentümerin
mit den Beteiligten einen Bauträgervertrag. Gegenstand des Vertrags war die Errichtung
und Übertragung des Wohnungseigentumsrechts Nr. 4 entsprechend der
Teilungserklärung vom 13. April 2007. Wie dort wurde das zu teilende Grundstück und
das zuzuschreibende Teilgrundstück beschrieben und auf einen Lageplan verwiesen.
Eine Verbindung dieses Plans mit der Urkunde erfolgte nicht. In der Urkunde heißt es
u.a. wörtlich:
Mit Schriftsatz vom 24. Januar 2008 reichte Notar N. den Bescheid des Bezirksamts S.-
Z. von B. vom 10. Dezember 2007 und die Fortführungsmitteilung vom 6. Dezember
2008 ein. Daraus ergab sich die Teilung des Grundstücks S. 5 in das an den S.
angrenzende Flurstück 4474 mit 769 qm und das zwischen den Flurstücken 72/5 und
4474 liegende Flurstück 4475 mit 114 qm.
Am 30. Januar 2008 erfolgte die Anlegung der Wohnungsgrundbücher Blätter 27209 bis
27212 unter Übertragung der am 8. Januar 2008 auf Blatt 20288 eingetragenen
Grundschuld zu Gunsten der Sparkasse S.-N. über 1,075 Mio. EUR. Die Zuschreibung
des Flurstücks 4475 wurde am 20. Juni 2008 eingetragen.
Mit Schreiben vom 22. September 2009 beantragte Notar H. die Löschung der zu
Gunsten der Sparkasse S.-N. eingetragenen Grundschuld, was von der Sparkasse am 6.
August 2009 bewilligt worden war. Mit weiterem Schreiben vom 15. Oktober 2009
8
9
10
11
12
13
14
August 2009 bewilligt worden war. Mit weiterem Schreiben vom 15. Oktober 2009
beantragte Notar H. u.a. die Eigentumsumschreibung auf die Beteiligten. Dem
Schreiben war die Ausfertigung der UR-Nr. …/2008 des Notars R. N. vom 7. Januar 2008
beigefügt. Darin erklärte die Notariatsangestellte C. K.-K. die Identität des von den
Beteiligten erworbenen Sondereigentums mit der Abgeschlossenheitsbescheinigung
vom 3. September 2007 und des Flurstücks 4475 mit der in der UR-Nr. 3…/2007
bezeichneten Teilfläche des Grundstücks S. 5. Die Notariatsangestellte erklärte zudem
für beide Vertragsparteien die Auflassung und beantragte und bewilligte die
Eigentumsumschreibung.
Mit Zwischenverfügung vom 26. Oktober 2009 hat das Grundbuchamt den Notar unter
Fristsetzung aufgefordert, die Befreiung der Geschäftsführer der Komplementärin der
eingetragenen Eigentümerin von den Beschränkungen des § 181 BGB durch die
eingetragene Eigentümerin nachzuweisen, alternativ die Genehmigung der Erklärungen
der Notariatsangestellten vom 7. Januar 2008 durch die eingetragene Eigentümerin
beizubringen. Hiergegen hat Notar H. am 5. November 2009 Beschwerde erhoben und
zugleich die vollständige Ausfertigung der UR-Nr. 3…/2007, die auch die Auflassung der
Vertragsparteien enthält, eingereicht. Darauf hat das Grundbuchamt mit ergänzender
Zwischenverfügung vom 15. Dezember 2009 „zwecks Überprüfung der Identität des
Kaufgegenstandes (…) um Einreichung des zur Urkunde vom 23. August 2007 (…)
gehörigen Lageplans“ gebeten.
Schließlich hat das Grundbuchamt mit Zwischenverfügung vom 4.Januar 2010 auch
hinsichtlich der Löschung der Grundschuld die Vorlage eines Lageplans für erforderlich
gehalten zum Nachweis der Identität des Kaufgegenstands und des von der
Löschungszustimmung der Eigentümerin betroffenen Belastungsgegenstands.
Hiergegen richtet sich die Beschwerde vom 7. Januar 2010. Das Grundbuchamt hat den
Beschwerden mit Verfügung vom 11. Januar 2010 nicht abgeholfen.
II.
1. Die Beschwerden sind zulässig gemäß § 71 Abs. 1 GBO. Beschwerdeführer sind die
eingetragene Eigentümerin und die Beteiligten. Der gemäß § 15 GBO als ermächtigt
geltende Notar hat die Beschwerde ohne namentliche Bezeichnung eines
Beschwerdeführers erhoben. Fehlt die Angabe des Notars hierzu, so sind als
Beschwerdeführer, falls sich aus den Umständen nicht zweifelsfrei etwas anderes ergibt,
alle Antragsberechtigten anzusehen (Demharter, GBO, 27. Aufl. § 15, Rdn. 20). Gemäß §
13 Abs. 1 S. 2 GBO sind die eingetragene Eigentümerin und die Beteiligten bezüglich der
Eigentumsumschreibung auf die Beteiligten antragsberechtigt. Die Beschwerdeführer
sind auch beschwerdeberechtigt. Im Fall einer Zwischenverfügung deckt sich die
Beschwerdeberechtigung mit dem Antragsrecht (Demharter, a.a.O., § 71, Rdn. 63).
Hinsichtlich der Zwischenverfügung vom 4. Januar 2010 ist lediglich die eingetragene
Eigentümerin Beschwerdeführerin, weil die ebenfalls von der Löschung der Grundschuld
betroffene Sparkasse ausdrücklich klargestellt hat, dass in ihrem Namen Anträge nicht
gestellt werden dürfen.
2. Die Beschwerden sind auch begründet. Die von dem Grundbuchamt aufgezeigten
Eintragungshindernisse bestehen nicht.
a) Gemäß § 20 GBO darf im Falle der Auflassung eines Grundstücks die Eintragung nur
erfolgen, wenn die erforderliche Einigung des Berechtigten und des anderen Teils
wirksam erklärt und dem Grundbuchamt gegenüber in der Form des § 29 GBO
nachgewiesen ist. Einem Grundstück in diesem Sinn steht das Wohnungseigentum
gleich. Die Einigung muss von den Vertragsparteien nicht persönlich abgegeben werden.
Sie kann auch von Vertretern erklärt werden. In diesem Fall ist dem Grundbuchamt die
Vertretungsmacht des Vertreters nachzuweisen (BayObLG, DNotZ 1989, 373).
Insbesondere hat das Grundbuchamt auch zu prüfen, ob die Erklärungen des Vertreters
im Hinblick auf das Verbot des Selbstkontrahierens, § 181 BGB, wirksam sind (Senat,
Beschluss vom 16. Dezember 1997 – 1 W 5694/97 -, FGPrax 1998, 81).
Vorliegend ist die Auflassung vom 7. Januar 2008 zur UR-Nr. … 2008 des Notars N. durch
die Notariatsangestellte sowohl im Namen der eingetragenen Eigentümerin als auch der
Beteiligten erklärt worden. Es ist deshalb im Ausgang nicht zu beanstanden, dass das
Grundbuchamt den Nachweis einer wirksamen Befreiung der Notariatsangestellten vom
Verbot des Selbstkontrahierens für erforderlich gehalten hat. Allerdings enthält die
Durchführungsvollmacht in dem notariellen Bauträgervertrag vom 23. August 2007
ausdrücklich eine solche Befreiung.
aa) Die Wirksamkeit dieser Durchführungsvollmacht ist nicht davon abhängig, dass
die Geschäftsführer der Komplementärin der eingetragenen Eigentümerin von dieser
15
16
17
die Geschäftsführer der Komplementärin der eingetragenen Eigentümerin von dieser
vom Verbot des Selbstkontrahierens befreit worden sind. Zwar entspricht es der
Rechtsprechung auch des Senats, dass ein Hauptbevollmächtigter den Untervertreter
nicht wirksam von den Beschränkungen des § 181 BGB befreien kann, denen er als
Hauptbevollmächtigter selbst unterliegt (Senat a.a.O.). Auch kann mit der GmbH & Co
KG durch Insichgeschäft einen Vertrag abzuschließen, dem Geschäftsführer der
Komplementär-GmbH nur die Kommanditgesellschaft gestatten (BGHZ 58, 115). Solche
Fallgestaltungen liegen hier aber nicht vor. Es handelt sich bei dem notariellen
Bauträgervertrag vom 23. August 2007 schon nicht um ein Insichgeschäft des (Mit-
)Geschäftsführers M. der Komplementär-GmbH der eingetragenen Eigentümerin. Auch
hat der (Mit-)Geschäftsführer M. die ihm gesetzlich zustehende Vertretungsmacht, vgl.
§§ 35 Abs. 1 GmbHG, 161 Abs. 2, 125 Abs. 1, 126 HGB, nicht auf die
Notariatsangestellte als Untervertreterin übertragen. Vielmehr ist der Vertrag zwischen
der eingetragenen Eigentümerin als Verkäuferin und den Beteiligten als Käufern
geschlossen worden. Der (Mit-)Geschäftsführer M. ist dabei allein auf Seiten der
eingetragenen Eigentümerin in seiner Eigenschaft als vertretungsberechtigtes Organ der
Komplementär-GmbH aufgetreten. Die in dem notariellen Bauträgervertrag enthaltene
Befreiung der Notariatsangestellten von den Beschränkungen des § 181 BGB leitet sich
damit auf Seiten der Verkäuferin nicht von dem (Mit-)Geschäftsführer M., sondern allein
von der eingetragenen Eigentümerin ab und unterliegt insofern keinen rechtlichen
Bedenken.
Die Zwischenverfügung vom 26. Oktober 2009 ist auch widersprüchlich, soweit als
alternatives Mittel zur Beseitigung des Eintragungshindernisses die Genehmigung der
Erklärungen der Notariatsangestellten durch die Veräußerin aufgezeigt wird. Eine solche
Genehmigung wäre, da die eingetragene Eigentümerin als juristische Person selbst nicht
handlungsfähig ist, durch ihre Vertreter zu erklären, mithin wiederum durch die
Geschäftsführer der Komplementär-GmbH. Warum diese die Notariatsangestellte im
Namen der eingetragenen Eigentümerin zwar nicht von dem Verbot des
Selbstkontrahierens haben befreien können, dann aber deren als Vertreterin ohne
Vertretungsmacht abgegebenen Erklärungen wieder im Namen der eingetragenen
Eigentümerin genehmigen können sollen, ist nicht verständlich.
bb) Die Wirksamkeit der Auflassung vom 8. Januar 2008 scheitert nicht an einem
unzureichenden Nachweis der Übereinstimmung mit der in dem notariellen
Bauträgervertrag vom 23. August 2007 enthaltenen Vollmacht. Der Vorlage eines
weiteren, neben den bereits in den Akten befindlichen Lageplans bedurfte es insoweit
nicht. Die Vertragsparteien hatten sich auf Übertragung des noch zu errichtenden
Wohnungseigentums zu 4 aus der Teilungserklärung vom 13. April 2007 auf die
Beteiligten geeinigt. Die Teilungserklärung ist gemäß §§ 9 Abs. 1 S. 2, 13a BeurkG
Gegenstand der Urkunde vom 23. August 2007 geworden. Das Gleiche gilt für den der
Teilungserklärung beigefügten Lageplan, § 13a Abs. 4 BeurkG, dem sich sowohl die
vertragsgegenständliche Wohnung als auch die Grundstückssituation entnehmen lassen.
Die Notariatsangestellte hat am 8. Januar 2008 im Rahmen der von ihr erklärten
Auflassung Bezug auf die nach Beurkundung des Bauträgervertrags erteilte
Abgeschlossenheitsbescheinigung sowie die Fortführungsmitteilung des Bezirksamts S.-
Z. genommen, so dass die dort beigefügten Pläne wiederum zum Inhalt der von dem
Notar N. aufgenommenen UR-Nr. …/2008 geworden sind. Wesentliche (vgl. Demharter,
a.a.O., § 20, Rdn. 21) Abweichungen der Erklärungen der Notariatsangestellten zu denen
der Vertragsparteien zu Größe oder Lage von Grundstück oder Wohnungseigentum zu 4
lassen sich aus den in der Form des § 29 GBO vorliegenden Plänen und sonstigen
amtlichen Unterlagen nicht ersehen. Vielmehr sind auf Grund der von dem
Grundbuchamt unbeanstandet gebliebenen Teilungserklärung vom 13. April 2007 später
die Wohnungsgrundbücher angelegt worden. Die Auflassung stimmt damit mit dem in
den Bauträgervertrag als „Kaufgegenstand“ bezeichneten Wohnungseigentumsrecht
überein. Es kommt deshalb nicht darauf an, dass dem Vertrag unmittelbar ein Lageplan
nicht beigefügt worden war, wobei sich die Bezugnahme unter Punkt I 1 auch nur auf die
Grundstückssituation bezog, der Kaufgegenstand aber unter I 4 konkretisiert worden
war.
b) Der Vorlage eines Lageplans bedurfte es auch nicht, soweit die Löschung der in Abt. III
lfd. Nr. 1 eingetragenen Gesamtgrundschuld beantragt worden ist. Gemäß § 27 S. 1
GBO darf eine Grundschuld nur mit Zustimmung des Eigentümers des Grundstücks
gelöscht werden. Vorliegend hatte sich die eingetragene Eigentümerin verpflichtet, das
noch zu errichtende Wohnungseigentum den Beteiligten lastenfrei in Abt. III zu
übertragen und insoweit bereits im Bauträgervertrag die Löschung nicht übernommener
Lasten bewilligt. Darin ist die Zustimmung im Sinne von § 27 S. 1 GBO zu sehen. Dass
sich diese Zustimmung auf das schließlich im Wohnungsgrundbuch Blatt 27212
eingetragene Wohnungseigentumsrecht bezog, folgt aus den obigen Ausführungen zu
eingetragene Wohnungseigentumsrecht bezog, folgt aus den obigen Ausführungen zu
a).
Datenschutzerklärung Kontakt Impressum