Urteil des FG Münster vom 30.04.2002

FG Münster (Berechnung der Steuer, Landwirtschaftlicher Betrieb, Vorzeitige Auflösung, Eltern, Einkünfte, Gegenleistung, Nebenkosten, Wohnrecht, Versorgung, Leistungsfähigkeit)

Datum:
Gericht:
Spruchkörper:
Entscheidungsart:
Tenor:
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Aktenzeichen:
Finanzgericht Münster, 13 K 4049/98 E
30.04.2002
Finanzgericht Münster
13. Senat
Urteil
13 K 4049/98 E
Unter Abänderung des Einkommensteuerbescheides 1994 vom
20.01.1997 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 19.05.1998
wird die Einkommensteuer 1994 nach Maßgabe der Urteilsgründe neu
festgesetzt.
Die Berechnung der Steuer wird dem Finanzamt übertragen.
Die Kosten des Verfahrens trägt der Beklagte.
T a t b e s t a n d
Streitig ist der Ansatz eines Veräußerungsgewinns.
Die Kläger sind Eheleute, die zur Einkommensteuer zusammen veranlagt werden. Der
Kläger betrieb bis zum 30.06.1994 auf eigenem Grundstück das Hotel mit Gastwirtschaft
XXX.. Weiterhin stand ein verpachteter landwirtschaftlicher Betrieb und eine Forstfläche in
seinem Eigentum. Mit notariellem Vertrag vom 28.06.1994 übertrug er den Gewerbebetrieb
und einen Teil der land- und forstwirtschaftlichen Flächen mit Wirkung zum 01.07.1994 auf
seinen Sohn (D.). Gem. § 7 des Übertragungsvertrages räumte D. seinen Eltern ein
lebenslängliches unentgeltliches Wohnrecht an bestimmten Räumen im Nebengebäude
"**************" und seiner Schwester bis zum 30.06.1999 ein unentgeltliches Wohnrecht an
einem Zimmer des Hotels ein, in beiden Fällen unter Übernahme von Nebenkosten. Nach
§ 9 des Übertragungsvertrages hatte er ab 01.07.1994 an jeden der Kläger jeweils
monatlich vorschüssig 3.000 DM bis zur Vollendung des 60. Lebensjahres zu zahlen. An
seine Schwester hatte er bis zum 30.06.1995 für deren Verzicht auf die Geltendmachung
von Pflichtteils- und Pflichtteilsergänzungsansprüchen einen Betrag in Höhe von 55.000
DM zu leisten (§ 11 des Übertragungsvertrages).
In der Einkommensteuererklärung für das Streitjahr 1994 erklärten die Kläger entsprechend
dem zum 30.06.1994 aufgestellten Jahresabschluss laufende Einkünfte aus
Gewerbebetrieb in Höhe von DM. Ferner erklärten sie Einkünfte aus dauernden Lasten von
jeweils 18.000 DM. Der Beklagte folgte den Erklärungen in den Vorbehaltsbescheiden vom
24.06.1996 und - in Erledigung eines Einspruchs - vom 24.07.1996 und setzte die ESt
zuletzt auf DM fest.
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Im Jahr 1996 prüfte der Beklagte den Hotelbetrieb des Klägers u. a. für das Streitjahr. Der
Prüfer gelangte zu der Auffassung, es liege keine Vermögens-übergabe gegen
Versorgungsleistungen vor. Für diesen Fall dürften die Versorgungsleistungen keinen fest
bestimmten Endtermin haben, auch Zahlungen in Gestalt einer Mindestzeitrente seien
schädlich. Daher handele es sich um eine entgeltliche Betriebsübertragung. Er
kapitalisierte die Ratenzahlungen an die Kläger sowie an die Schwester des D., schätzte
die Nebenkosten für die Wohnungsrechte und setzte die Summe der Gegenleistung ohne
das Wohnrecht mit 554.362 DM an. Diese Gegenleistung teilte er auf die übertragenen
Wirtschaftsgüter auf und ermittelte einen Veräußerungsgewinn gemäß § 16 des
Einkommensteuergesetzes (EStG) i. H. v. 592.881,31 DM. Entsprechend dieser
Rechtsauffassung erging am 20.01.1997 ein nach § 164 Abs. 2 der Abgabenordnung (AO)
geänderter Einkommensteuerbescheid. Darin wurde unter Aufhebung des Vorbehalts der
Nachprüfung die Einkommensteuer auf DM festgesetzt.
Mit dem Einspruch trugen die Kläger vor, die Bewertung des Übertragungsvorgangs als
entgeltlich sei nicht gerechtfertigt. Die ab 01.07.1994 geleisteten dauernden Lasten
schlössen eine Versorgungslücke bis zur Vollendung des 60. Lebensjahres. Sie, die
Klägerin, habe zum 01.11.2002 Ansprüche auf Auszahlungen von
Versicherungsleistungen über insgesamt 190.302,56 DM bei Wegfall der Beitragsleistung.
Die Ansprüche des Kläger beliefen sich zum 01.07.2003 auf insgesamt 265.275,15 DM.
Die Informationen über Zeitpunkt und Höhe der Ansprüche seien jeweils am 14.04.1994
bei dem -Konzern angefordert und ihnen mit Schreiben vom 25.04.1994 mitgeteilt worden.
Auf diese Schreiben mit den vereinbarten "Besonderen Bedingungen für die vorzeitige
Auflösung im Rahmen der flexiblen Altersgrenze" wird Bezug genommen. Nach der
Rechtsprechung könnten wiederkehrende Leistungen ausnahmsweise
Versorgungsleistungen sein, wenn die zeitliche Beschränkung einem etwaigen Wegfall der
Versorgungsbedürftigkeit der Berechtigten Rechnung trage. Hiervon sei auszugehen, wenn
wiederkehrende Leistungen zur Schließung einer Versorgungslücke beim Berechtigten
bestimmt seien. Diese Voraussetzungen seien in ihrem Fall erfüllt. Es liege ein
teilentgeltlicher Vorgang unter Berücksichtigung der Gleichstellungszahlung an die
Schwester des D. einschließlich der kapitalisierten Nebenkosten i. H. v. 60.265,50 DM vor.
Davon entfielen lt. Anlage 6 zum Prüfungsbericht 80,8 % (48.694 DM) auf einen
gewerblichen Veräußerungsgewinn; ein Freibetrag nach § 16 Abs. 4 EStG sei weiterhin
nicht zu berücksichtigen. Insgesamt liege der Vertragstypus der vorweggenommenen
Erbfolge gegen wiederkehrende Leistungen vor. Die Übertragungsvertragsbeteiligten
hätten sich von den Gedanken leiten lassen, den übergebenden Betrieb der Familie zu
erhalten und sich selbst wirtschaftlich zu sichern, allerdings unter Berücksichtigung der
wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit des Verpflichteten.
Mit Einspruchsentscheidung vom 19.05.1998 setzte der Beklagte aus nicht den
Gegenstand des Rechtsstreit begründenden Gründen die Einkommensteuer auf DM herab.
Hinsichtlich des Veräußerungsgewinns verblieb er bei seiner Auffassung. Im vorliegenden
Fall sei keine Versorgungslücke i. S. der Rechtsprechung geschlossen worden. Die
Versicherungsleistungen aus den Lebensversicherungsverträgen sei mit der von der
Rechtsprechung des Bundes-finanzhofs (BFH) angesprochenen Sozialversicherungsrente
nicht vergleichbar. Die wiederkehrenden Leistungen hätten im Streitfall gerade vereinbart
werden müssen, um die Versicherungsbeiträge weiterhin leisten zu können. Bei Fälligkeit
der Lebensversicherungen entfalle ein wesentlicher Teil der zu verrentenden Beträge auf
Einzahlungen, die aus den wiederkehrenden Leistungen nach Vermögens-übertragung
eingezahlt worden seien. Außerdem seien die Lebensver-sicherungsverträge erst im
Kalender 2007 bzw. 2008 fällig. Die Kläger müssten daher voraussichtlich von ihrem
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Kündigungsrecht vorzeitig Gebrauch machen. Bei dieser Gestaltung werde keine
Versorgungslücke i. S. der Rechtsprechung geschlossen.
Mit der Klage verfolgen die Kläger ihr Begehren unter Wiederholung und Vertiefung ihres
außergerichtlichen Vorbringens vor Gericht. Vom Grundsatz der wieder-kehrenden
Versorgungsleistungen auf Lebenszeit weiche die Rechtsprechung dann ab, wenn die
Versorgung der Übertraggeber bis zum Lebensende gesichert sei. Dabei könne es nicht
darauf ankommen, ob es sich um eine gesetzliche oder private Altersvorsorge handele.
Dies verletze u. a. den Gleichheitssatz, da in vielen Fällen selbstständiger Tätigkeit eine
gesetzliche Altersversorgung nicht vorgesehen sei. Ferner sei entscheidungsunerheblich,
dass die Lebensversicherungen in einem Betrag ausgezahlt oder verrechnet werden
könnten oder dass eine jederzeitige Kündigungs- oder Auszahlungsmöglichkeit bestehe.
Es entspreche einem Grundgedanken der unentgeltlichen Vermögensübertragung gegen
Versorgungsleistungen, dass sie auch nach Betriebsübertragung die
Lebensversicherungsverträge aus den laufenden Leistungen des D. bedienten. Mittelbar
werde durch D. für die Versorgung über die Vollendung des 60. Lebensjahres hinaus
Rechnung getragen. Jedenfalls seien sie vor Vertragsschluss subjektiv davon überzeugt
gewesen, lebenslänglich versorgt zu sein, wie sich aus den Auskünften der
Versicherungen sowie aus der Berechnung der Rentenansprüche aus der
landwirtschaftlichen Alterskasse ergeben habe. Ohne Ansprüche aus den
Lebensversicherungsverträgen wäre die Verpflichtung zur Zahlung der dauernden Last
zweifelsfrei bis zur Vollendung des 65. Lebensjahres vertraglich vereinbart worden. So sei
aber als Folge der Selbsteinschätzung im Übertragungsvertrag eine Begrenzung der
Zahlung der dauernden Last bis zum 60. Lebensjahr vereinbart worden.
Die Kläger beantragen,
unter Abänderung des Einkommensteuerbescheids 1994 vom 20.01.1997 in Gestalt
der Einspruchsentscheidung vom 19.05.1998 die Einkommensteuer 1994 unter Ansatz
eines Veräußerungsgewinns in Höhe von 48.694 DM und unter Ansatz sonstiger
Einnahmen gemäß § 22 EStG in Höhe von 36.0000 DM neu festzusetzen,
hilfsweise für den Fall des Unterliegens, die Revision zuzulassen.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen,
hilfsweise für den Fall des Unterliegens, die Revision zuzulassen.
Er verweist auf seine Ausführungen in der Einspruchsentscheidung. Auch die Zahlungen
aus der Alterskasse könnten die Versorgungslücke nicht schließen. Diese würden erst mit
Vollendung des 65. Lebensjahres der Kläger fällig. Es bestehe daher eine
Versorgungslücke zwischen dem 60. und dem 65. Lebensjahr der Kläger. In diesem
Zeitraum bezögen sie keinerlei laufende Bezüge. Sie seien daher gezwungen, von ihrem
Kündigungsrecht gegenüber der Versicherungsgesellschaft vorzeitig Gebrauch zu machen.
Dies stelle keine Schließung einer Versorgungslücke im steuerlichen Sinne dar. Die
Differenzierung zwischen Rentenversicherung und privater Altersvorsorge halte er nicht
mehr aufrecht.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Betriebsprüfungsbericht vom 07.10.1996,
die Einspruchsentscheidung sowie die gewechselten Schriftsätze mit Anlagen Bezug
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genommen.
Der Berichterstatter hat den Sach- und Streitstand am 30.10.2001 mit den Beteiligten
erörtert. Der Senat hat am 30.04.2002 mündlich verhandelt. Auf die Niederschriften wird
verwiesen.
Entscheidungsgründe
Die Klage ist zulässig und begründet.
Der angefochtene Bescheid ist rechtswidrig. Er verletzt die Kläger in ihren Rechten, § 100
Abs. 1 Satz 1 der Finanzgerichtsordnung (FGO).
1. a) Gemäß § 16 Abs. 1 Nr. 1 EStG gehören zu den Einkünften aus Gewerbebetrieb auch
Gewinne, die erzielt werden bei der Veräußerung des ganzen Gewerbebetriebs.
Veräußerungsgewinn im Sinne des Absatzes 1 ist der Betrag, um den der
Veräußerungspreis nach Abzug der Veräußerungskosten den Wert des Betriebsvermögens
übersteigt (§ 16 Abs. 2 EStG).
Nach § 7 Abs. 1 Satz 1 der Einkommensteuer-Durchführungsverordnung (EStDV) in der im
Streitjahr gültigen Fassung (jetzt § 6 Abs. 3 EStG) sind, wenn ein Betrieb unentgeltlich
übertragen wird, bei der Ermittlung des Gewinns des bisherigen Betriebsinhabers die
Wirtschaftsgüter mit den Werten anzusetzen, die sich nach den Vorschriften über die
Gewinnermittlung ergeben.
b) Hinsichtlich der Einordnung als entgeltliches oder unentgeltliches Geschäft ist nach dem
Vertragstypus zu differenzieren.
Der Vertragstypus der Vermögensübergabe gegen Versorgungsleistungen ist als
unentgeltliches, bei Zahlung z.B. von Gleichstellungsgeldern auch teilentgeltliches
Geschäft zu werten (vgl. näher Bundesfinanzhof (BFH), Urteil vom 24. April 1991 XI R 9/84,
BFHE 164, 354, 356, BStBl II 1991, 794). Die ertragsteuerrechtliche Behandlung folgt der
familien- und erbrechtlichen Natur des Rechtsgeschäfts. Es bezweckt die Vorwegnahme
der künftigen Erbregelung und die wirtschaftliche Sicherung der alternden Eltern. Die
Rente wird nicht nach dem Wert der Gegenleistung, sondern nach dem
Versorgungsbedürfnis des Berechtigten und nach der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit
des Verpflichteten bemessen. Die Beteiligten lassen sich von dem Gedanken leiten, das
übertragene Vermögen der Familie zu erhalten. Der Vermögensübergeber behält sich in
Gestalt der Versorgungsleistungen typischerweise die Erträge seines Vermögens vor, die
nunmehr allerdings vom Vermögensübernehmer erwirtschaftet werden müssen
(Beschlüsse des Großen Senats in BFHE 161, 317, 328, BStBl II 1990, 847; vom 15. Juli
1991 GrS 1/90, BFHE 165, 225, 237 f., BStBl II 1992, 78).
Dieser Vertragstypus ist abzugrenzen gegen das entgeltliche Rechtsgeschäft. Nach
ständiger Rechtsprechung ist bei der Übertragung von existenzsicherndem und
ertragbringendem Vermögen von Eltern auf Kinder im Regelfall anzunehmen, dass
Leistung und Gegenleistung nicht wie unter Fremden nach kaufmännischen
Gesichtspunkten abgewogen werden. Vielmehr wird widerlegbar vermutet, dass die Rente
- unabhängig vom Wert des übertragenen Vermögens - nach dem Versorgungsbedürfnis
der Eltern und/oder nach der Ertragskraft des übertragenen Vermögens bemessen worden
ist und insofern familiären, außerbetrieblichen Charakter hat (BFH, Urteil vom 29. Januar
1992 X R 193/87, BFHE 167, 95, 98 ff., BStBl II 1992, 465, m.w.N.).
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Typischerweise ist für den Vertragstypus der Vermögensübergabe gegen
Versorgungsleistungen vorauszusetzen, dass die wiederkehrenden Versorgungs-
leistungen grundsätzlich auf die Lebenszeit des Versorgungsberechtigten gezahlt werden.
Ausnahmen können sich aus einer Änderung der (mutmaßlichen) Versorgungssituation
ergeben, so z.B. im Falle einer Wiederverheiratungsklausel oder bei zeitlicher Begrenzung
bis zum Eintritt des Versorgungsberechtigten in den Bezug einer Sozialversicherungsrente.
Es entspricht der Rechtsnatur des Versorgungsvertrages, dass bei der Gewährung und
Bemessung von Versorgungs-leistungen auch ein etwaiger künftiger Fortfall der
Versorgungsbedürftigkeit bedacht wird. Stets endet aber der Lauf der "typischen" privaten
Versorgungsrente mit dem Tode des Bezugsberechtigten. Daher liegt ein durch eine
andere Interessenlage geprägter Vertragstypus auch dann vor, wenn die wiederkehrenden
Leistungen jedenfalls einen festbestimmten Endtermin haben, insbesondere bei der
Bestimmung einer Mindestlaufzeit der wiederkehrenden Leistungen (zum Ganzen BFH,
Urteile vom 26. Januar 1994 X R 54/92, BFHE 173, 360, 363 ff., BStBl II 1994, 633; vom
21.10.1999 X R 75/97, BFH/NV 2000, 385; jeweils m.w.N.).
2. Von diesen Rechtsgrundsätzen ausgehend ist im Streitfall die Übertragung des
Gewerbebetriebs vom Kläger auf D. dem Vertragstypus der Vermögensübergabe gegen
Versorgungsleistungen zuzuordnen. Es liegt lediglich insoweit eine entgeltliche
Betriebsveräußerung vor, als D. Gleichstellungsleistungen an seine Schwester zu
erbringen hatte.
2.1 Zwischen den Beteiligten ist außer Streit, dass der Kläger im Über-tragungsvertrag
existenzsicherndes Vermögen - den Hotelbetrieb - gegen wieder-kehrende Leistungen an
sich und die Klägerin übergeben hat.
2.2 Die wiederkehrenden Leistungen sind teilweise, nämlich als Naturalleistungen, auf
Lebenszeit, als Geldleistungen dagegen befristet bis zum jeweiligen 60. Lebensjahr der
Kläger vereinbart. Ersteres entspricht dem Vertragstypus der Vermögensübergabe in
vollem Umfang. Letzteres steht der Zuordnung des Übertragungsvertrags zu diesem Typus
nicht entgegen. Denn mit dieser Regelung wird der Gesamtversorgung der Kläger
einerseits und der finanziellen Belastung des D. durch die insgesamt übernommenen
Verpflichtungen unter Weiterführung des Familienbesitzes andererseits hinreichend
Rechnung getragen.
Die Vertragsbeteiligten haben bereits 1994 die (mutmaßliche) Änderung der
Versorgungssituation der Kläger mit Erreichen des 60. Lebensjahrs berücksichtigt. Eine
Versorgungslücke zu ihren Lasten ist nicht entstanden. Sie sind nach Überzeugung des
Senats durch die ab diesem Zeitpunkt auflösbaren Lebensversicherungen sowie ihre
weiteren, unstreitigen Einkünfte hinreichend versorgt.
Hinsichtlich der Lebensversicherungen könnten für den Fall Zweifel an der Einbeziehung
in das Versorgungskonzept bestehen, wenn diese zwischen dem 60. und 65. Lebensjahr
der Kläger aus finanzieller Not vor Fälligkeit zum Rückkaufswert in Anspruch genommen
werden müssten. Diese Frage bedarf hier aber keiner abschließenden Klärung. Der
Beklagte hat nämlich verkannt, dass die Kläger die Versicherungsleistungen nach den
Besonderen Vertragsbedingungen entsprechend den sozialrechtlichen Regelungen zur
flexiblen Altersrente ohne weiteres ab dem 60. Lebensjahr in Anspruch nehmen können.
Aufgrund dieser Vertragsgestaltung ist die Versorgung der Kläger in gleicher Weise
gesichert wie bei Bezug eines Altersruhegelds aus der gesetzlichen Rentenversicherung
bereits mit dem 60. Lebensjahr.
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2.3 Die hiergegen gerichteten Einwendungen des Beklagten greifen nicht durch. Dass im
Streitfall den Klägern kein gesetzliches Altersruhegeld, sondern private
Altersvorsorgeleistungen zusteht, ist ohne rechtliche Bedeutung. Die in der Judikatur
aufgeführten Beispiele sind nicht abschließend zu verstehen. Im Lichte des Art. 3 Abs. 1
des Grundgesetzes ergibt sich auch kein verfassungsrechtlich rechtfertigender Grund für
eine solche Differenzierung. Der Beklagte hält auch nunmehr an seiner gegenteiligen
Auffassung nicht mehr fest. Entgegen seiner Auffassung ergibt sich aus dem BFH-Urteil in
BFH/NV 2000, 385 für den Streitfall kein abweichendes Ergebnis. Es wurde - wie aus den
vorstehenden Gründen ersichtlich - keine Mindestzeitrente vereinbart. Nach dem
Übertragungsvertrag wäre die Pflicht des D. zur Erbringung wiederkehrender Leistungen
mit Versterben der Kläger erloschen.
2.4 Die tatsächliche Durchführung des Übertragungsvertrags, dessen zivilrechtliche
Wirksamkeit und steuerrechtliche Anerkennung stehen außer Zweifel.
3. Damit sind ein Veräußerungsgewinn gemäß § 16 Abs. 1 EStG - aufgrund der
Teilentgeltlichkeit des Geschäfts - in Höhe von 48.694 DM und Einkünfte der Kläger gemäß
§ 22 Nr. 1 Satz 1 EStG aus den von D. gezahlten dauernden Lasten in Höhe von insgesamt
36.000 DM im Streitjahr zu berücksichtigen. Das Zahlenwerk ist zwischen den Beteiligten
unstreitig. Es begegnet seitens des Senats keinen Bedenken. Er überträgt die Berechnung
der Steuer gemäß § 100 Abs. 2 Satz 2 FGO dem Beklagten.
4. Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs. 1 FGO, die Entscheidung über die
Sicherheitsleistung aus § 155 FGO i.V.m. § 708 Nr. 10, § 711 der Zivilprozessordnung.
Die Revision ist nicht zuzulassen. Es liegt kein Revisionsgrund i.S. des § 115 Abs. 2 FGO
vor. Der Senat hat auf der Grundlage einer gesicherten Rechtsprechung über den Einzelfall
einer Typus-Zuordnung entschieden.