Urteil des FG Münster vom 16.12.2002

FG Münster (Holding, Unrichtigkeit, Grundkapital, Original, Einfache Gesellschaft, Einkünfte, Festsetzungsverjährung, Stempel, Stammkapital, Anteil)

Datum:
Gericht:
Spruchkörper:
Entscheidungsart:
Tenor:
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Aktenzeichen:
Finanzgericht Münster, 8 K 8102/98 F
16.12.2002
Finanzgericht Münster
8. Senat
Urteil
8 K 8102/98 F
Der geänderte Bescheid zur gesonderten Feststellung nach § 18 des Au-
ßensteuergesetzes für das Feststellungsjahr 1990 vom 14.08.1997 und
die Einspruchsentscheidung vom 18.11.1998 werden aufgehoben.
Der Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.
Die Revision wird zugelassen.
Das Urteil ist wegen der Kostenentscheidung ohne Sicherheitsleistung
vor-läufig vollstreckbar. Der Beklagte kann die Vollstreckung durch
Sicherheits-leistung oder Hinterlegung in Höhe des
Kostenerstattungsanspruchs der Klägerin abwenden, soweit nicht die
Klägerin zuvor Sicherheit in derselben Höhe leistet.
I. Tatbestand
Streitig ist, ob ein Bescheid zur gesonderten Feststellung nach § 18 Außensteuergesetz
(AStG) geändert werden konnte.
Die Klägerin (Klin.) ist Rechtsnachfolgerin (testamentarische Alleinerbin) ihres am
18.10.1994 verstorbenen Ehemannes C (C). Dieser war ursprünglich zu 100 % am
Grundkapital von zunächst 200.000 Schweizer Franken (SFr.) der am 05.07.1974
gegründeten TB (TB), K (Schweiz), beteiligt. Unternehmensgegenstand der TB war im
Wesentlichen der Handel mit Röhren. Im Dezember 1975 gründete C als alleiniger
Gesellschafter die U Aktiengesellschaft (AG), K (Schweiz), an deren Grundkapital von
700.000 SFr. er von der Gründung bis zum 01.01.1985 zu 100 % beteiligt war. Im Rahmen
der Gründung der U AG brachte er seine Beteiligung an der TB ein; seither war die U AG
zu 100 % am Grundkapital der TB beteiligt. 1983 wurde das Grundkapital der TB AG um
800.000 SFr. erhöht.
Die TB unterhielt nach ihrer Gründung zunächst im Inland (L) eine Betriebsstätte. Am
09.03.1976 gründete sie im Wege der Umwandlung der bisherigen Betriebsstätte in eine
selbständige Gesellschaft die TB GmbH, L (Deutschland); diese betrieb einen
Röhrenhandel. Am Stammkapital der TB GmbH von zunächst 500.000 DM war zu 100 %
die TB beteiligt. In der Folgezeit wurde das Stammkapital der TB GmbH mehrfach erhöht:
1978 auf 1.000.000 DM, 1980 auf 1.500.000 DM und 1985 auf 5.000.000 DM.
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Geschäftsführer der TB GmbH war M, Zürich.
Die U AG war ferner mit 110.000 SFr. (= 44 %) am Grundkapital von 250.000 SFr. der durch
Gesellschaftsvertrag vom 01.07.1983 gegründeten S AG, A (Schweiz), beteiligt. Weitere
Beteiligte waren zunächst mit je 42.500 SFr. (= 17 %) Anteil am Grundkapital I, E und W
sowie mit 12.500 SFr (= 5 %) Anteil am Grundkapital V; im April 1984 übertrug W seine
Beteiligung zu je 21.250 SFr (= 8,5 %) auf I und E. Die S AG war ihrerseits zu 100 % am
Stammkapital der durch Gesellschaftsvertrag ebenfalls vom 01.07.1983 gegründeten S
GmbH, N (Deutschland) beteiligt; diese betrieb - wie die TB GmbH - einen Röhrenhandel.
Gegenstand der S AG war die Verwaltung der S GmbH.
Schließlich war die U AG zu 100 % am Stammkapital von 250.000 US-Dollar der 1982
gegründeten X (X), Y, USA, beteiligt. Unternehmensgegenstand der X war ebenfalls der
Röhrenhandel.
Durch Vertrag vom 02.01.1985 übertrug Dr. B mit Wirkung zum 01.01.1985 20 % seiner
Anteile (= 140.000 DM) am Grundkapital der U AG auf M.
Durch Gesellschaftsvertrag vom 09.12.1988 wurde die TB mit Wirkung auf den 30.06.1988
auf die U AG verschmolzen; im Anschluss daran wurde diese in TB Holding AG, K
(Schweiz), umfirmiert.
Nach Angaben der Klin. soll die TB Holding AG im Frühjahr 1990 mit rund 9.500.000 SFr.
überschuldet gewesen sein. "Um den drohenden Konkurs abzuwenden", veräußerte die
TB Holding AG im Streitjahr 1990 sowohl ihre Anteile an der S AG als auch ihre Anteile an
der TB GmbH:
Durch Kaufvertrag vom 20.04.1990 veräußerte sie ihren Anteil von 44 % (nominell 110.000
SFr.) am Grundkapital der S AG, A (Schweiz), von insgesamt 250.000 SFr. zum
Gesamtkaufpreis von 4.000.000 DM an I, E und V, handelnd als einfache Gesellschaft im
Sinne des Schweizerischen Obligationenrechts; wegen der im Einzelnen getroffenen
Vereinbarungen wird auf den Aktienkaufvertrag vom 20.04.1990 Bezug genommen.
Durch weiteren Kaufvertrag vom 20.04.1990 veräußerte die TB Holding AG ihre Anteile von
insgesamt 100 % am Stammkapital von 5.000.000 DM der TB GmbH, L (Deutschland), an
die S GmbH, N (Deutschland). Der vereinbarte Kaufpreis betrug 10.000.000 DM. Hierauf
sollte die Erwerberin 4.996,495,79 DM zahlen. Im Übrigen sollte sie die Verbindlichkeiten
der TB Holding AG gegenüber der TB GmbH in Höhe von 5.003.504,21 DM übernehmen.
Darüber hinaus sollte sie den Verlust der TB GmbH des Wirtschaftsjahres 1989 und des
Zeitraumes 01.01. bis 30.04.1990 übernehmen. Wegen der im Einzelnen getroffenen
Vereinbarungen wird auf den Kauf- und Abtretungsvertrag vom 20.04.1990 Bezug
genommen.
Am 28.08.1990 vereinbarten die TB Holding AG und die S GmbH eine Änderung des
Vertrages vom 20.04.1990. Danach sollte der Kaufpreis 4.000.000 DM betragen. Die TB
Holding AG sollte darüber hinaus die Begleichung der Verbindlichkeiten der X gegenüber
der TB GmbH gewährleisten; sie entrichtete dem zufolge am 31.01.1990 400.000 US-
Dollar und am 31.01.1991 435.000 US-Dollar an die TB GmbH. Schließlich sollte die TB
Holding AG gegenüber der X auf Forderungen in Höhe von 3.577.491 DM sowie
Darlehensforderungen in Höhe von 746.999 DM verzichten.
Weder C noch die Klin. als ihr Rechtsnachfolger gaben für das Feststellungsjahr 1990 eine
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Erklärung zur gesonderten Feststellung nach § 18 AStG ab; für den Vorprüfungszeitraum
1974 bis 1984 waren aus Vereinfachungsgründen keine gesonderten Feststellungen nach
§ 18 AStG durchgeführt worden.
1993 - 1994 wurde bei C auf Grund einer Prüfungsanordnung vom 30.12.1992 - diese
erging als Ergänzung der Prüfungsanordnung vom 26.11.1990 für die
Veranlagungszeiträume 1986 bis 1989 - durch das Finanzamt für Konzernprüfung für das
Streitjahr 1990 eine Betriebsprüfung (Bp) durchgeführt. Die Prüfungsanordnung
bezeichnete als zu prüfende Steuerarten Umsatzsteuer, Einkommensteuer und
Gewerbesteuer 1990, Vermögensteuer 1991 und Einheitswerte des Betriebsvermögens
zum 01.01.1991. Sie enthält ferner den Hinweis, dass sich die Prüfung im Wege der
vorgezogenen Teilprüfung auf die Prüfung der Vorgänge nach dem AStG bei der U-Gruppe
erstrecke; der Prüfungsbereich "Gesonderte Feststellung nach § 18 AStG" war in der
Prüfungsanordnung weder vordruckmäßig vorgesehen noch individuell angegeben. Der
Bp-Bericht vom 05.10.1994 weist hingegen als Prüfungsgegenstand aus "Feststellung - §
18 AStG 1986 - 1990"; auch die Prüfungsanordnung für 1991 - 1993 nennt als
Prüfungsgegenstand die Feststellung nach § 18 AStG. Die Prüfung für 1990 wurde, wie
zuvor durch Schreiben vom 16.01.1995 dem damaligen steuerlichen Berater J mitgeteilt,
ausgedehnt auf die übrigen steuerlichen Verhältnisse.
Die Bp führte hinsichtlich des Streitjahres 1990 zu der Auffassung, es sei für C erstmalig
eine gesonderte Feststellung nach § 18 Abs. 1 AStG durchzuführen (Tz. 18 des Bp-
Berichts vom 05.10.1994). Aus der Zurechnung der passiven Einkünfte der S AG ergebe
sich für 1990 ein anzusetzender Hinzurechnungsbetrag nach §§ 7 bis 14 AStG von
720.000 DM sowie eine anzurechnende Kapitalertragsteuer von 120.000 DM (Tz. 16, 17
des Bp-Berichts vom 05.10.1994). Hinsichtlich der Hinzurechnungsbesteuerung von
Veräußerungsgewinnen enthält Tz. 15 des Bp-Berichts vom 05.10.1994 den Hinweis, "die
Frage der inländischen Steuerpflicht der durch die TB Holding AG in 1990 aus dem
Verkauf von inländischen Beteiligungen (TB GmbH bzw. S GmbH) erzielten
Veräußerungsgewinne ist noch nicht abschließend entschieden". Zur Prüfung der
Besteuerungsgrundlagen nach §§ 7 - 14 AStG verweist Tz. 16 des Bp-Berichts vom
05.10.1994 auf den Bericht über die Prüfung der Auslandsbeziehungen des C zu der S AG
vom 16.08.1993, auf dessen Inhalt im Einzelnen Bezug genommen wird. Wegen der
Feststellungen zum Streitjahr 1990 im Einzelnen wird auf den Bp-Bericht vom 05.10.1994
Bezug genommen.
Der Beklagte (Bekl.) erließ daraufhin am 06.12.1994 gegenüber der Klin. als
Rechtsnachfolgerin des verstorbenen Herrn C einen Bescheid zur gesonderten
Feststellung nach § 18 des AStG für das Feststellungsjahr (1988 sowie) 1990 unter
Ankreuzen des Auswahlkästchens "für unbeschränkt steuerpflichtige Beteiligte" sowie mit
dem handschriftlichen Zusatz "für Firma TB Holding AG". Darin ging der Bekl. davon aus,
dass eine Mindestbeteiligung (§ 7 AStG) von 80 % bestehe, die Gesellschaft in der
Schweiz und damit in einem Gebiet mit niedriger Besteuerung (§ 8 Abs. 3 AStG) ansässig
sei sowie auf den Beteiligten C ein Anteil von 720.000 DM an den Einkünften der
Zwischengesellschaft und eine anzurechnende Steuer im Sinne des § 12 AStG von
120.000 DM entfalle. Der Bescheid enthält im Abschnitt Begründung und
Nebenbestimmungen den handschriftlichen Zusatz "Die Feststellung resultiert aus der
Betriebsprüfung "C (siehe Bp-Bericht vom 05. Okt. 1994)". Die bei der Akte befindliche
Durchschrift des Bescheides enthält ferner in dem Feld "B. Begründungen und
Nebenbestimmungen" den Stempelaufdruck "Nach § 164 Abs. 1 AO 1977 unter dem
Vorbehalt der Nachprüfung".
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Nachdem zunächst am 16.07.1996 ein Teilbericht betreffend die Betriebsprüfung bei der
Klin. als Rechtsnachfolgerin des C für 1990 bis 1993 ergangen war, nach dessen Tz. 4 "die
Prüfung hinsichtlich der Vorgänge betreffend die TB-Gruppe noch nicht abgeschlossen"
war, erging am 16.05.1997 ein abschließender Bp-Bericht. Die Betriebsprüfung vertrat
darin die Auffassung, die Veräußerung der Anteile der TB Holding AG an der S AG und der
TB GmbH jeweils vom 20.04.1990 führe bei C zum Ansatz eines Hinzurechnungsbetrages
nach § 10 Abs. 1 AStG in Höhe von 9.365.672 DM. Die Besteuerungsgrundlagen für die
Anwendung der §§ 7 bis 14 AStG seien nach § 18 AStG gesondert festzustellen. Wegen
der Feststellungen im Einzelnen wird auf Tz. 6 bis 14 des Bp-Berichts vom 16.05.1997
Bezug genommen.
Am 14.08.1997 erließ der Bekl. gegenüber der Klin. als Rechtsnachfolgerin des C einen
nach § 164 Abs. 2 AO geänderten Bescheid zur gesonderten Feststellung nach § 18 AStG
für das Feststellungsjahr 1990. Der Bekl. ging nunmehr unter Bezugnahme auf den Bp-
Bericht vom 16.05.1997 davon aus, C habe als zu 80 % an der TB Holding AG, Schweiz,
Beteiligter Einkünfte aus passivem Erwerb in Höhe von 10.085.672 DM erzielt. Der
Bescheid enthält im Abschnitt Begründung und Nebenbestimmungen den handschriftlichen
Zusatz: "Der Feststellung liegen die Ergebnisse der Betriebsprüfungen bei C (StNr. )
zugrunde (siehe Betriebsprüfungsberichte vom 05.10.1994 bzw. 16.05.1997). Die
Änderung erfolgt gemäß § 164 (2) AO. Der Vorbehalt der Nachprüfung wird aufgehoben."
Mit dem hiergegen eingelegten Einspruch trug die Klin. vor, der Bescheid zur gesonderten
Feststellung nach § 18 AStG vom 06.12.1994 sei der Klin. ohne einen Vorbehalt der
Nachprüfung nach § 164 Abs. 2 Abgabenordnung (AO) bekannt gegeben worden. Der
Vorbehalt der Nachprüfung sei daher unwirksam gewesen (BFH Urt. vom 27.03.1996 I R
83/94, BStBl II 1996, 509). Der Erlass des Änderungsbescheides vom 14.08.1997 sei
folglich unzulässig gewesen. Der Vorbehalt der Nachprüfung könne auch nicht
nachträglich durch Erlass eines Berichtigungsbescheides nach § 129 AO hinzugefügt
werden. Denn das Fehlen des Vorbehaltsvermerks auf dem ursprünglichen
Feststellungsbescheid vom 06.12.1994 stelle keine offenbare Unrichtigkeit dar. Die
Unrichtigkeit sei nicht offenbar, d.h. für alle Beteiligten eindeutig erkennbar (BFH Urt. vom
04.09.1984 VIII B 157/83, BStBl II 1984, 834). Es liege auch keine Unrichtigkeit im Sinne
des § 129 AO vor. Zum einen könne dem Stempelaufdruck im Abschnitt B. Begründung
und Nebenbestimmungen des bei den Akten befindlichen Bescheids vom 06.12.1994 nicht
die innerbehördliche Weisung entnommen werden, den Bescheid unter dem Vorbehalt der
Nachprüfung zu erlassen. Unklar sei zudem, zu welchem Zeitpunkt und von wem der
Stempel angebracht worden sei. Darüber hinaus sei zweifelhaft, ob das Finanzamt den
Bescheid unter dem Vorbehalt der Nachprüfung erlassen wollte. Denn im Laufe der Bp sei
mehrfach die Auffassung vertreten worden, die streitigen Veräußerungsvorgänge seien im
Jahr 1991 zu erfassen. Das Fehlen des Vorbehaltsvermerks könne daher auf einer
unzutreffenden rechtlichen Beurteilung beruhen.
Darüber hinaus sei gemäß § 169 Abs. 1 Satz 1 AO Festsetzungsverjährung eingetreten.
Die Festsetzungsverjährung sei auch nicht durch Erlass einer Prüfungsanordnung
unterbrochen worden. Denn die Prüfungsanordnung vom 30.12.1992 erstrecke sich -
anders als die am 17.01.1995 für die Jahre 1991 bis 1993 ergangene Prüfungsanordnung -
nicht auf die gesonderte Feststellung nach § 18 AStG. Der Zusatz "Die Prüfung erstreckt
sich im Wege der vorgezogenen Teilprüfung auf die Prüfung der Vorgänge nach dem AStG
bei der U-Gruppe" führe nicht dazu, dass die Prüfungsanordnung auch die gesonderte
Feststellung nach § 18 AStG umfasse. Hinsichtlich der Festsetzungsverjährung sei auch
keine Ablaufhemmung eingetreten, da ein Beginn der Prüfung nicht festzustellen sei.
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Festsetzungsverjährung sei jedenfalls nach § 171 Abs. 4 Satz 1 AO eingetreten; auf Grund
der Außenprüfung sei der Bescheid vom 06.12.1994 ergangen, dieser sei bestandskräftig.
Das Fehlen einer Prüfungsanordnung führe zu einem Verwertungsverbot für die im
Rahmen der Bp getroffenen Feststellungen.
Die Einspruchsentscheidung sei auch entgegen der Regelung des § 366 AO unzureichend
begründet. Die Feststellungen des Bp-Berichts vom 16.05.1997 seien nicht durch
Unterlagen nachgewiesen. Es fehle jede Sachverhaltswürdigung. Maßgebliche
Rechtsfragen seien nur am Rande behandelt worden. Mit den umfangreichen
Stellungnahmen vom 25.05. und 28.10.1998 setze sich der Bekl. weder in gesonderten
Schreiben noch in der Einspruchsentscheidung auseinander. Es werde daher Mitteilung
der Besteuerungsgrundlagen nach § 364 AO i.V.m. § 75 Finanzgerichtsordnung (FGO)
beantragt.
Der Änderungsbescheid sei aus folgenden Gründen auch materiell rechtswidrig:
Die Veräußerungsgewinne stellten keine Zwischeneinkünfte i.S. des § 8 Abs. 1 AStG dar.
Denn es handele sich dabei nicht um passive, sondern um aktive Einkünfte. Hinsichtlich
des Veräußerungsgewinns der S AG greife zudem die Ausnahmeregelung des § 8 Abs. 2
AStG ein. Denn diese Gesellschaft sei sowohl eine Landesholding i.S. des § 8 Abs. 2 Nr. 1
AStG als auch eine Funktionsholding i.S. des § 8 Abs. 2 Nr. 2 AStG. Die TB Holding AG
habe im Streitjahr 1990 nicht einer niedrigen Besteuerung i.S. des § 8 Abs. 3 AStG
unterlegen. Die Berechnung des Bekl. sei aus mehreren Gründen unzutreffend. Wegen der
Begründung im Einzelnen wird auf die Schriftsätze der Klin. vom 13.01. und 25.05.1998
Bezug genommen.
Auch die Höhe der Veräußerungsgewinne sei unzutreffend ermittelt worden. Die Ermittlung
des Veräußerungsgewinns durch die Bp sei bereits rechnerisch unzutreffend. Der Erlös sei
zusätzlich um eine Darlehnsschuld der TB Holding AG gegenüber der TB GmbH in Höhe
von 5.003.504 DM, eine Verbindlichkeit der X gegenüber der TB GmbH in Höhe von
3.394.350 DM sowie die Ergebnisübernahme des 1989 entstandenen Verlustes der TB
GmbH in Höhe von 1.261.831 DM und des noch unbezifferten Verlustes des Zeitraums
01.01. bis 30.04.1990 durch die TB Holding AG zu mindern. Ferner sei der
Hinzurechnungsbetrag nach § 10 Abs. 3 Satz 5 AStG i.V.m. § 10 d
Einkommensteuergesetz (EStG) um in Vorjahren entstandene Verluste aus
Zwischeneinkünften zu kürzen; diese betrügen 2.767.491 SFr. Nach § 10 Abs. 4 AStG sei
zusätzlich ein erheblicher Teil des laufenden Verlustes der TB Holding AG des
Geschäftsjahres 1989/1990 in Höhe von 4.322.545 SFr. sowie die mit der Veräußerung in
Zusammenhang stehenden Beratungskosten in Höhe von 232.881 SFr. abzuziehen.
Schließlich könnten die von der Bp den Veräußerungserlösen zugerechnete Zinserträge in
Höhe von 210.586 DM nicht berücksichtigt werden; wegen der Begründung im Einzelnen
wird auf die Schriftsätze der Klin. vom 13.01. und 25.05.1998 Bezug genommen.
Eine Hinzurechnungsbesteuerung würde im Streitfall im Ergebnis zu einer nach § 11 AStG
unzulässigen Doppelbesteuerung führen. Letztlich wären nach § 14 AStG
Zwischeneinkünfte des Streitjahres 1990 um Zwischeneinkünfte des
Veranlagungszeitraums 1988 zu kürzen.
Der Bekl. wies den Einspruch als unbegründet zurück - Einspruchsentscheidung (EE) vom
18.11.1998 -. Er vertrat die Auffassung, der in dem der Klin. bekannt gegebenen Bescheid
zur gesonderten Feststellung vom 06.12.1994 fehlende Vermerk des Vorbehalts der
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Nachprüfung könne nach § 129 AO nachgeholt werden (BFH Urt. vom 27.03.1996 I R
83/94, BStBl II 1996, 509). Denn das Unterlassen des entsprechenden Stempelaufdrucks
auf dem der Klin. bekannt gegebenen Bescheid stelle eine offenbare Unrichtigkeit i.S. des
§ 129 AO dar. Die Unrichtigkeit sei offenbar. Dazu sei nicht erforderlich, dass die
Unrichtigkeit aus dem bekannt gegebenen Bescheid erkennbar sei (BFH Urt. vom
31.03.1987 VIII R 46/83, BStBl II 1987, 588). Die Nichtübertragung des in der
Aktenverfügung enthaltenen Vermerks des Vorbehalts der Nachprüfung auf den der Klin.
bekannt gegebenen Feststellungsbescheid stelle ein mechanisches Versehen dar; die
Möglichkeit eines in den Bereich der Willensbildung fallenden Tatsachen- oder
Rechtsirrtums sei auszuschließen. Er habe daher den nach § 164 Abs. 2 AO geänderten
Bescheid erlassen dürfen (BFH Urt. vom 02.03.1993 IX R 93/89, BFH/NV 1993, 704).
Festsetzungsverjährung sei nicht eingetreten. Da keine Erklärung zur gesonderten
Feststellung nach § 18 AStG abgegeben worden sei, ende die Festsetzungsverjährung
auch ohne eine Unterbrechung erst am 31.12.1997 und damit nach dem Ergehen des
Änderungsbescheides vom 14.08.1997. Denn die Festsetzungsfrist habe nach § 170 Abs.
2 AO erst am 01.01.1994 begonnen und am 31.12.1997 geendet.
Auch materiell-rechtlich sei der geänderte Feststellungsbescheid vom 14.08.1997 nicht zu
beanstanden. Wegen der Begründungen im Einzelnen wird auf die EE vom 18.11. 1998
Bezug genommen.
Mit der hiergegen erhobenen Klage verfolgt die Klin. ihr Begehren weiter. Zur Begründung
ergänzt und vertieft sie ihr Vorbringen im außergerichtlichen Vorverfahren wie folgt:
Der angefochtene Bescheid vom 14.08.1997 und die Einspruchsentscheidung vom
18.11.1998 seien schon deshalb aufzuheben, weil sie formell nicht ordnungsgemäß
begründet worden seien.
Der Feststellungsbescheid vom 06.12.1994 sei der Klin., wie zwischen den Beteiligten
unstreitig ist, ohne Vorbehalt der Nachprüfung bekannt gegeben worden. Er habe daher
nicht nach § 164 Abs. 2 AO geändert werden dürfen.
Der Feststellungsbescheid vom 06.12.1994 habe nicht im Wege der Berichtigung nach §
129 AO nachträglich mit einem Vorbehalt der Nachprüfung versehen bekannt gegeben
werden können. Denn die Voraussetzungen des § 129 AO seien im Streitfall nicht
gegeben. Es liege weder eine Unrichtigkeit i.S. des § 129 AO vor noch sei diese offenbar.
Unrichtigkeiten i.S. des § 129 Abs. 1 AO seien Schreib- und Rechenfehler und ähnliche
mechanische Versehen. Dagegen erfüllten Unrichtigkeiten, die auf mangelnder
Sachverhaltsaufklärung, unrichtiger Tatsachenwürdigung oder Denkfehlern bei der
Anwendung einer Rechtsvorschrift beruhen, nicht die Voraussetzungen des § 129 Satz 1
AO. Bereits die bloße Möglichkeit eines Rechts- oder Denkfehlers oder einer
unvollständigen Sachaufklärung schließe die Anwendbarkeit des § 129 AO aus. Im
Streitfall scheide ein mechanisches Versehen aus. Der Bekl. könne nicht erklären, warum
dem der Klin. bekannt gegebenen Feststellungsbescheid ein Vorbehalt der Nachprüfung
nicht beigefügt worden sei. Es sei nahe liegend, dass der zuständige Sachbearbeiter den
Sachverhalt für ausermittelt gehalten und daher auf dem für die Bekanntgabe an die Klin.
bestimmten Original des Feststellungsbescheides vom 06.12.1994 einen Vorbehalt der
Nachprüfung bewusst nicht angebracht habe. Denn die Finanzverwaltung habe im Laufe
der Bp mehrfach die Auffassung vertreten, die Veräußerungsvorgänge seien im Jahr 199
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zu erfassen (Tz. 7.2 des Vermerks vom 11.01.1992, auf dessen Inhalt im einzelnen Bezug
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genommen wird). Dementsprechend sei am 17.01.1995 eine Prüfungsanordnung für die
Jahre 1991 bis 1993 ergangen, die die Feststellungen nach § 18 AStG für 1991 bis 1993
ausdrücklich aufführe. Selbst einige Tage vor Erlass des geänderten
Feststellungsbescheides vom 14.08.1997 habe bei dem zuständigen Sachbearbeiter des
Bekl. Unsicherheit darüber bestanden, welchem Feststellungsjahr die
Hinzurechnungsbesteuerung zuzurechnen sei. Denn ausweislich einer Gesprächsnotiz
vom 12.08.1997 betreffend die TB Holding AG, auf deren Inhalt Bezug genommen wird, sei
der Prüfer des FA für KBP angerufen worden; dieser habe bestätigt, dass das
Feststellungsjahr für die Hinzurechnungsbesteuerung das Jahr 1990 sei.
Ein eindeutig mechanisches Versehen des Sachbearbeiters des Bekl. bei Erlass des
Feststellungsbescheides vom 06.12.1994 sei, entgegen der vom Bekl, vertretenen
Auffassung, auch nicht deshalb gegeben, weil der Sachbearbeiter den in Tz. 14 des Bp-
Berichts vom 05.19.1994 vorgesehenen Vorbehalt der Nachprüfung für 1990 nicht auf dem
Bescheid vermerkt habe. Denn Tz. 14 des Bp-Berichts betreffe nur die Einkommensteuer.
Für die Feststellung nach § 18 AStG enthalte Tz. 18 des Bp-Berichts für das Streitjahr 1990
nur die Regelung, für C sei eine erstmalige gesonderte Feststellung durchzuführen.
Dagegen sei von einem Vorbehalt der Nachprüfung bei der gesonderten Feststellung nach
§ 18 AStG nicht die Rede.
Dass der Bp-Bericht vom 05.10.1994 unter Tz. 15 die Frage der Steuerpflicht von
Veräußerungsgewinnen der TB Holding AG als noch nicht abschließend entschieden
bezeichnet hat, belege nicht das Vorliegen eines mechanischen Versehens. Denn es sei
nicht auszuschließen, dass dem Sachbearbeiter diese Auffassung der Bp bei Ausfertigung
des Feststellungsbescheides vom 06.12.1994 nicht bewusst gewesen sei oder dass er
hieraus nicht die Notwendigkeit einer Feststellung unter dem Vorbehalt der Nachprüfung
gefolgert habe.
Das Vorliegen eines ähnlichen mechanischen Versehens i.S. des § 129 Satz 1 AO ergebe
sich auch nicht, wie der Bekl. meine, aus der "Aktenverfügung vom 06.12.1994". Der auf
der Durchschrift des Originalbescheides angebrachte Stempel "Nach § 164 Abs. 1 AO
1977 unter dem Vorbehalt der Nachprüfung" befinde sich nicht im Abschnitt "C. Verfügung",
sondern unter dem Abschnitt "B. Begründung und Nebenbestimmungen". Eine
Aktenverfügung, den Feststellungsbescheid unter dem Vorbehalt der Nachprüfung zu
erlassen, liege daher nicht vor. Ein Stempel auf der Durchschrift sage nichts darüber aus,
aus welchem Grund er auf dem Original unterblieben sei. Es sei auch nicht erkennbar, zu
welchem Zeitpunkt und von wem der Stempelaufdruck angebracht worden sei;
möglicherweise sei er erst zu einem späteren Zeitpunkt angebracht worden, z.B. in der
Annahme, der damalige Sachbearbeiter habe den Bescheid unter dem Vorbehalt der
Nachprüfung erlassen. Jedenfalls sei der Stempel nur auf einer Durchschrift des
Originalbescheides und damit zu einem Zeitpunkt angebracht worden, als der
Originalbescheid bereits ausgefertigt gewesen sei. Es bestünden daher erhebliche Zweifel
an einem rein mechanischen Versehen. Die Möglichkeit eines Fehlers in der
Tatsachenwürdigung oder Rechtsanwendung könne daher nicht ausgeschlossen werden.
Selbst bei Vorliegen einer Unrichtigkeit im Sinne des § 129 AO sei diese jedenfalls nicht
offenbar. Denn das vom Bekl. behauptete Versehen sei für die Klin. nicht erkennbar
gewesen. Die Erkennbarkeit sei nach zutreffender Auffassung in der Literatur
Voraussetzung für eine Berichtigung nach § 129 AO. Die gegenteilige Auffassung des
Bundesfinanzhofs (BFH, Urteil vom 15.03.1994 XI R 78/92, BFH/NV 1995, 937, 938
m.w.N.) verkenne den Wortlaut des § 129 Satz 1 AO. Aber auch unter Zugrundelegung der
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Auffassung des BFH sei die angebliche Unrichtigkeit nicht offenbar. Denn auch für einen
unvoreingenommenen Dritten sei bei Offenlegung des Sachverhalts nicht zweifelsfrei
erkennbar, ob der zuständige Sachbearbeiter des Bekl. den Vorbehalt der Nachprüfung in
den der Klin. bekannt zu gebenden Feststellungsbescheid habe aufnehmen wollen und
aus welchen Gründen dies nicht geschehen sei.
Die Änderung des Feststellungsbescheides vom 06.12.1994 durch den angefochtenen
Feststellungsbescheid vom 14.08.1997 könne auch deshalb nicht auf die
Änderungsvorschrift des § 164 Abs. 2 AO gestützt werden, da zuvor eine Berichtigung des
ursprünglichen Feststellungsbescheides nach § 129 AO, d.h. der Erlass und die
Bekanntgabe eines berichtigten Feststellungsbescheides mit der Nebenbestimmung des
Vorbehalts der Nachprüfung, nicht erfolgt sei (Tipke/Kruse, Abgabenordnung § 129 Rz. 22;
Hering DStZ 1984, 220, 228). Dies sei aber für eine Änderung nach § 164 Abs. 2 AO
unverzichtbar. Der angefochte Feststellungsbescheid vom 14.08.1997 stelle keine
derartige Berichtigung nach § 129 AO dar. Denn dem Bekl. sei zu diesem Zeitpunkt das
Fehlen des Vorbehalts der Nachprüfung auf dem der Klin. bekannt gegebenen
Feststellungsbescheid vom 06.12.1994 noch nicht bekannt gewesen; er habe daher auch
nicht den Erklärungswillen gehabt, einen nach § 129 AO berichtigten
Feststellungsbescheid unter erstmaliger Beifügung des Vorbehalts der Nachprüfung zu
erlassen und bekannt zu geben. Erst durch die Einspruchsbegründung der Klin. vom
13.01.1998 habe der Bekl. davon erfahren, dass der Feststellungsbescheid vom
06.12.1994 der Klin. ohne Vorbehalt der Nachprüfung bekannt gegeben worden sei. In
diesem Zeitpunkt sei eine Berichtigung nach § 129 AO jedoch wegen Eintritts der
Festsetzungsverjährung mit dem 31.12.1997 nicht mehr zulässig gewesen.
Die Einspruchsentscheidung vom 18.11.1998 selbst stelle ebenfalls weder eine
ausdrückliche noch eine konkludente Berichtigung des ursprünglichen
Feststellungsbescheides vom 06.12.1994 nach § 129 AO dar. Eine konkludente
Berichtigung in der Einspruchsentscheidung wäre zudem in verfahrensrechtlich
unzulässiger Weise erfolgt. Denn sie beinhalte eine Verböserung, ohne dass zuvor der
nach § 367 Abs. 2 Satz 2 AO gebotene Hinweis erteilt worden sei. Schließlich könnte ein
erst am 18.11.1998 im Wege der Berichtigung nach § 129 AO dem ursprünglichen
Feststellungsbescheid beigefügter Vorbehalt der Nachprüfung keine Rechtsgrundlage
dafür darstellen, den mit der Klage angefochtenen, nach § 164 Abs. 2 AO geänderten
Feststellungsbescheid vom 14.08.1997 zu erlassen. Denn zum Zeitpunkt des Erlasses des
Änderungsbescheides habe der Vorbehalt der Nachprüfung noch nicht bestanden.
Der angefochtene Bescheid sei auch deshalb aufzuheben, weil hinsichtlich der ihm
zugrunde liegenden Feststellungen ein Verwertungsverbot bestehe. Denn die Feststellung
nach § 18 AStG für das Streitjahr 1990 sei von der Prüfungsanordnung vom 30.12.1992
nicht umfasst worden. Diese habe nur den Zusatz enthalten, die Prüfung erstrecke sich im
Wege der vorgezogenen Teilprüfung auf die Prüfung der Vorgänge nach dem AStG bei der
U-Gruppe. Dieser Zusatz sei aus zwei Gründen unzureichend. Zum einen habe eine "U-
Gruppe" zum Zeitpunkt der Prüfungsanordnung nicht mehr bestanden. Darüber hinaus
führe die Prüfungsanordnung weder die Besteuerungsgrundlagen auf, die gesondert
festgestellt werden sollten, noch lasse sie erkennen, welche Besteuerungszeiträume
Gegenstand der Betriebsprüfung sein sollten.
Jedenfalls sei Festsetzungsverjährung gemäß § 169 Abs. 1 Satz 1 und 2, Abs. 2 Satz 1 Nr.
2, § 170 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 in Verbindung mit § 181 Abs. 1 Satz 1 AO eingetreten. Die
reguläre Festsetzungsfrist sei mit dem 31.12.1997 abgelaufen. Eine Ablaufhemmung nach
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§ 171 Abs. 4 Satz 1 AO wegen Beginns einer Außenprüfung vor Ablauf der
Festsetzungsfrist sei nicht eingetreten. Zum einen sei bereits zweifelhaft, ob § 171 Abs. 4
AO auf die Verjährung nach § 169 Abs. 1 Satz 2 AO anwendbar sei; denn § 171 Abs. 2 AO
sehe eine eigenständige Ablaufhemmung für die Festsetzungsfrist bei einer offenbaren
Unrichtigkeit nach § 129 AO vor. Darüber hinaus sei die Ablaufhemmung nach § 171 Abs.
4 AO beschränkt auf die Festsetzungsfrist für die Steuern, auf die sich die Außenprüfung
erstrecke. Die Prüfung umfasse aber nicht ohne weiteres die Berichtigung offenbarer
Unrichtigkeiten, erst recht nicht die Nachholung eines fehlenden Vermerks des Vorbehalts
der Nachprüfung.
Unabhängig von der Anwendbarkeit des § 171 Abs. 4 AO könne eine Ablaufhemmung
durch die Prüfungsanordnung vom 30.12.1992 schon deshalb nicht eingetreten sein, weil
sich diese nicht auf eine Feststellung nach § 18 AStG für das Streitjahr 1990 erstreckt habe.
Besteuerungsgrundlagen, die gesondert festgestellt würden sollen, seien in der
Prüfungsanordnung gesondert aufzuführen. Dies sei gegenüber C nicht geschehen. Der
auf der Prüfungsanordnung angefügte Satz "Die Prüfung erstreckt sich im Wege der
vorgezogenen Teilprüfung auf die Prüfung der Vorgänge nach dem AStG bei der U-
Gruppe" sei unzureichend. Ebenso wenig, wie eine Prüfungsanordnung mit der
Bezeichnung "Vorgänge nach dem EStG" eine wirksame Prüfungsanordnung für eine
einheitliche und gesonderte Gewinnfeststellung begründen könne, deute die Bezeichnung
"Vorgänge nach dem AStG" hinreichend genau auf die Feststellung nach § 18 AStG.
Entgegen der Auffassung des Bekl. belege auch die historische Entwicklung der
Außenprüfung, dass eine gesonderte Feststellung nach § 18 AStG nicht Gegenstand der
Prüfungsanordnung vom 30.12.1992 geworden sei. Ob der Steuerpflichtige eine Prüfung
von Steuern, die nicht Gegenstand der Prüfungsanordnung seien, rügelos hingenommen
habe, sei ohne Bedeutung. Insoweit trete eine Ablaufhemmung nach § 171 Abs. 4 AO nicht
ein (BFH Urteil vom 12.07.1978 II R 13/75, BStBl II 1979, 250; vom 18.07.1991 V R 54/87,
BStBl II 1991, 824; vom 25.01.1996 V R 42/95, BStBl II 1996, 338).
Selbst, wenn durch die Prüfungsanordnung vom 30.12.1992 eine Ablaufhemmung
eingetreten sein sollte, sei diese nach § 171 Abs. 4 Satz 1 AO durch den
Feststellungsbescheid vom 06.12.1994 beendet worden. Dieser sei auf Grund der
Außenprüfung erlassen und unanfechtbar geworden.
Der angefochtene Feststellungsbescheid sei auch materiell rechtswidrig. Wegen der
Begründung im Einzelnen wird auf den Schriftsatz der Klin. vom 01.06.1999 Bezug
genommen.
Die Klin. beantragt
den Bescheid zur gesonderten Feststellung nach § 18 AStG für das Feststellungsjahr
1990 vom 14.08.1997 und die Einspruchsentscheidung vom 18.11.1998 aufzuheben,
hilfsweise für den Fall des Unterliegens, die Revision zuzulassen.
Der Bekl. beantragt,
die Klage abzuweisen,
hilfsweise für den Fall des Unterliegens, die Revision zuzulassen.
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Er meint, trotz fehlenden Vorbehalts der Nachprüfung auf dem der Klin. bekannt gegebenen
Original des ursprünglichen Feststellungsbescheides vom 06.12.1994 habe der
Änderungsbescheid vom 14.08.1997 auf der Grundlage der Rechtsprechung des BFH
(Urteil vom 31.03.1987 VIII R 46/83, BStBl II 1987, 588; Urteil vom 08.04.1987 II R 236/84,
BStBl II 1988, 164; Urteil vom 27.03.1996 I R 83/94, BStBl II 1996, 509) verfahrensrechtlich
auf § 164 Abs. 2 AO gestützt werden können, da eine Feststellung unter dem Vorbehalt der
Nachprüfung im Wege der Berichtigung nach § 129 AO hätte nachgeholt werden können.
Die Berichtigungsmöglichkeit nach § 164 Abs. 2 AO sei nicht davon abhängig, dass eine
Feststellung unter dem Vorbehalt der Nachprüfung im Wege der Berichtigung nach § 129
AO förmlich nachgeholt worden sei (BFH Urteil vom 27.03.1996 I R 83/94, BStBl II 1996,
509).
Die Voraussetzungen für eine Berichtigung des ursprünglichen Feststellungsbescheides
vom 06.12.1994 nach § 129 AO und den Erlass eines Bescheides unter dem Vorbehalt der
Nachprüfung seien gegeben. Dass der Stempelaufdruck "Nach § 164 Abs. 1 AO 1977 unter
dem Vorbehalt der Nachprüfung" nur auf der Durchschrift des Bescheides, nicht aber auch
auf dem der Klin. bekannt gegebenen Original des Bescheides angebracht worden sei,
stelle ein rein mechanisches Versehen dar. In Tz. 14 des Bp-Berichts vom 05.10.1994 sei
ausdrücklich ausgeführt, der Vorbehalt der Nachprüfung für 1990 bleibe bestehen. Tz. 14
beziehe sich zwar unmittelbar nur auf die Einkommensteuer. Der den Bp-Bericht
auswertende Sachbearbeiter habe jedoch erkannt, dass auch der Bescheid über die
gesonderte Feststellung nach § 18 AStG für 1990 unter dem Vorbehalt der Nachprüfung zu
ergehen hatte. Denn in Tz. 15 des Bp-Berichts vom 05.10.1994, der die gesonderte und
einheitliche Feststellung nach § 18 AStG betreffe, sei ausdrücklich ausgeführt, dass die
Frage der inländischen Steuerpflicht der durch die TB Holding AG in 1990 aus dem
Verkauf von inländischen Beteiligungen (TB GmbH bzw. S GmbH) erzielten
Veräußerungsgewinne noch nicht abschließend entschieden sei. Außerdem habe der
Vorbehalt der Nachprüfung für die Feststellung des Einheitswerts des Betriebsvermögens
auf den 01.01.1991 (Tz. 19 des Bp-Berichts), für den Bescheid zur VSt 1991 (Tz. 25 des
Bp-Berichts) und für den Gewerbesteuermessbescheid 1990 (Tz. 26 des Bp-Berichts)
bestehen bleiben sollen.
Anhaltspunkte dafür, dass der den Bp-Bericht auswertende Sachbearbeiter den Vorbehalt
der Nachprüfung auf Grund eigener Tatsachenfeststellungen oder rechtlicher
Überlegungen nicht auch auf dem Original des Bescheides angebracht habe, seien daher
nicht gegeben. Dass der Sachbearbeiter nicht von den Feststellungen des Bp-Berichts
habe abweichen wollen, ergebe sich auch aus dem handschriftlichen Zusatz in Abschnitt
B. Begründung und Nebenbestimmungen "Die Feststellung resultiert aus der
Betriebsprüfung C (siehe Bp-Bericht vom 05. Okt. 1994)."
Aus der Beifügung des Stempelaufdrucks auf der für die Akte bestimmten Durchschrift des
Feststellungsbescheides ergebe sich vielmehr, dass der Sachbearbeiter die Beifügung des
Stempelaufdrucks auf dem Original des Bescheides nicht, wie die Klin. annehme, bewusst,
sondern nur versehentlich unterlassen habe. Der Stempelaufdruck auf der Durchschrift sei
auch nicht nachträglich, sondern in unmittelbarem zeitlichen Zusammenhang mit der in
einem Arbeitsgang handschriftlich erfolgten Fertigung des an die Klin. zu versendenden
Bescheides und der - mit Blaupapier im Wege des Durchschriftverfahrens erstellten, bei der
Akte verbliebenen - Durchschrift angebracht worden. Nur durch ein Versehen des
Sachbearbeiters sei es unterblieben, den Stempelaufdruck auch auf dem Bescheid-
Original anzubringen. Dass der Sachbearbeiter den Stempel auch auf dem Bescheid-
Original habe anbringen wollen, sei für einen unvoreingenommenen Dritten klar erkennbar.
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Es sei fern liegend anzunehmen, der Sachbearbeiter habe nach der Anbringung des
Stempels auf der Durchschrift seine Auffassung geändert und den Stempel aus diesem
Grund bewusst nicht auf dem Bescheid angebracht. Hätte er seine Auffassung geändert,
hätte er den Stempel auf der Durchschrift gestrichen.
Es sei auch keine Feststellungsverjährung eingetreten. Die Prüfungsanordnung vom
30.12.1990 sei ordnungsgemäß und an den richtigen Adressaten, den an der
Zwischengesellschaft beteiligten Inländer C, ergangen. Mit dem Hinweis auf die "Vorgänge
nach dem AStG bei der U-Gruppe" habe die Prüfungsanordnung auch den sachlichen
Umfang der Außenprüfung eindeutig und unter Einschluss der Feststellung nach § 18 AStG
bestimmt. Denn die Prüfungsanordnung sei einerseits an C als Steuerpflichtigen adressiert
worden, habe aber andererseits als Prüfungsgegenstand "die Vorgänge nach dem AStG
bei der U-Gruppe", also die Verhältnisse bei einer ausländischen Gesellschaft angegeben.
Eine Regelung, nach der Vorgänge bei einer ausländischen Gesellschaft Rechtsfolgen für
die Besteuerung eines inländischen Steuerpflichtigen haben, finde sich im AStG nur in den
§§ 7 bis 14 sowie § 18. Ferner sei zu berücksichtigen, dass es nach damals herrschender
Meinung eines ausdrücklichen Hinweises auf die Feststellung nach § 18 AStG nicht bedurft
habe, da der Hinzurechnungsbetrag nach §§ 7 ff AStG der in der Prüfungsanordnung
angegebenen Einkommensteuer zuzuordnen sei. Erst nachdem der BFH die Auffassung
vertreten habe, Gegenstand der Feststellung nach § 18 AStG sei nicht der
Hinzurechnungsbetrag, sondern seien die einzelnen Besteuerungsgrundlagen, werde aus
Gründen größerer Klarheit der Zusatz "Feststellungen nach § 18 AStG" in die
Prüfungsanordnungen mit aufgenommen.
Im Übrigen hätten auch bei dem Adressaten der Prüfungsanordnung keine Unklarheiten
hinsichtlich des sachlichen Prüfungsumfangs i.S. des § 194 AO in Bezug auf den
betroffenen Verfahrensgegenstand "Feststellung nach § 18 AStG" bestanden. Dies ergebe
sich zweifelsfrei aus dem historischen Ablauf der Prüfungen:
Zunächst - in den Jahren 1984 bis 1988 - sei durch das Finanzamt für Steuerstrafsachen
und Steuerfahndung unter Beteiligung des Finanzamtes für Konzernbetriebsprüfung (FA für
KBP) für die Zeiträume 1974 bis 1984 u.a. bei C eine Fahndungsprüfung (Fp) durchgeführt
worden. Hierbei sei festgestellt worden, dass C beherrschender Gesellschafter eines
schweizerischen Konzerns war, der nach der Firma der Obergesellschaft U AG als U-
Gruppe bezeichnet worden sei; wegen dessen Zusammensetzung wird auf Anlage 1 des
Fp-Berichts vom 22.02.1989 Bezug genommen. Gegenstand der Prüfung seien auch die
nach dem AStG relevanten Einkünfte der U AG sowie die C zuzurechnenden passiven
Einkünfte nach § 14 AStG gewesen; wegen der Feststellungen im Einzelnen wird auf Tz.
10 des Fp-Berichts vom 22.02.1989 Bezug genommen. Im Hinblick auf die Auswertung der
Prüfungsfeststellungen wegen der möglichen gesonderten Feststellung nach § 18 AStG sei
für C neben der ESt-Akte unter der Steuernummer 0000/0000/0001 eine gesonderte
Feststellungsakte angelegt worden. Da jedoch die passiven Einkünfte im Prüfungszeitraum
die Freigrenze des § 9 AStG von 120.000 DM nicht überschritten, seien für die Jahre 1974
bis 1984 keine gesonderten Feststellungen nach § 18 AStG durchgeführt worden; wegen
der Begründung im Einzelnen wird auf Tz. 11 des Fp-Berichts vom 22.02.1989 Bezug
genommen.
In Anschluss an die Fp hat der jetzige Prozessbevollmächtigte der Klin. mit Schreiben vom
27.11.1989 dem Bekl. mitgeteilt, dass die U AG inzwischen mit der TB AG fusioniert habe
und neue Muttergesellschaft die TB Holding AG sei. Es sei beabsichtigt, von der bisherigen
Beteiligung an der TB Holding AG von 80 % einen Anteil von 60 % - bezogen auf das
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gesamte Grundkapital - nach Maßgabe eines als Anlage beigefügten Vertrages zu
veräußern. Für den Fall, dass der Bekl. Bedenken haben sollte, dass dieser Vertrag einen
Erwerb unter Fremden darstelle, wurde um Stellungnahme gebeten; wegen der
Einzelheiten wird auf das Schreiben vom 27.11.1989 Bezug genommen.
Der Bekl. und das eingeschaltete FA für KBP habe vor einer Stellungnahme weitere
Ermittlungen für geboten gehalten; wegen der für erforderlich gehaltenen Unterlagen und
Sachverhaltsaufklärungen im Einzelnen wird auf den Vermerk des FA für KBP vom
13.12.1989 Bezug genommen. Im Rahmen der Konzernbetriebsprüfung des C-Konzerns
habe das FA für KBP zunächst durch Prüfungsanordnung vom 26.11.1990 unter der
Steuernummer 0000/0000/0002 eine Außenprüfung bei C u.a. für die Einkommensteuer
1986 bis 1989 angeordnet; auf den Inhalt der Prüfungsanordnung vom 26.11.1990 im
Einzelnen wird Bezug genommen. Die Prüfung habe am 08.01.1991 begonnen mit einer
umfassenden Anfrage der Bp an den steuerlichen Berater J zu den Auslandsbeziehungen
des C in dem Prüfungszeitraum 1986 - 1989. Neben der Prüfung allgemeiner steuerlicher
Sachverhalte seien zunächst bis Ende 1992 außensteuerrechtlich relevante Sachverhalte
nach den §§ 7 bis 14 AStG und die vermögensteuerliche Bewertung der ausländischen
Beteiligungen untersucht worden. Dabei habe die Bp verdeckte Gewinnausschüttungen
von inländischen Gesellschaften der U-Gruppe an die S AG festgestellt. Da an der S AG
drei weitere inländische Steuerpflichtige beteiligt gewesen seien, sei diesen gegenüber für
die Feststellung nach § 18 AStG am 11.12.1992 eine gesonderte Prüfungsanordnung für
den Prüfungszeitraum 1986 - 1989 erteilt worden. Für C sei keine gesonderte
Prüfungsanordnung erlassen worden, da die Bp die Prüfungsanordnung vom 26.11.1990
für ausreichend gehalten habe.
Am 14.12.1992 habe der Betriebsprüfer mit dem steuerlichen Berater des C telefonisch
vereinbart, die steuerliche Beurteilung der Beziehungen des C zur U-Gruppe auch für das
Jahr 1990 im Wege der vorgezogenen Teilprüfung zu prüfen; auf den Aktenvermerk vom
14.12.1992 wird Bezug genommen. Hierauf sei gegenüber C die als Ergänzung der
Anordnung vom 26.11.1990 bezeichnete Prüfungsanordnung vom 30.12.1992 ergangen,
auf deren Inhalt Bezug genommen wird. Während der Prüfung seien die getroffenen
Feststellungen laufend mit dem steuerlichen Berater J erörtert worden. Am 14.01.1993
habe dieser erstmals darauf hingewiesen, dass die Sachverhalte der
Hinzurechnungsbesteuerung von dem jetzigen Prozessbevollmächtigten O geprüft würden.
In einer gemeinsamen Besprechung am 07.06.1993 habe dieser unter Vorlage einer
schriftlichen Auskunft der KPMG, K (Schweiz), Zweifel an der Annahme der Bp geäußert,
es liege eine Niedrigbesteuerung i.S. des § 8 Abs. 3 AStG vor. Die Bp habe darauf hin eine
weitere Überprüfung zugesagt. Nach weiteren Gesprächen habe Einvernehmen darüber
erzielt werden können, dass die verdeckten Gewinnausschüttungen der TB GmbH nicht im
Rahmen der Hinzurechnungsbesteuerung bei C erfasst würden. Mit Schreiben vom
20.06.1994 habe O bestätigt, dass die Bp C bis 1989 abgeschlossen werden könne. Das
Jahr 1990 bleibe allerdings weiterhin ausgeklammert. Sobald der Bericht vorliege, werde er
auch das S-Verfahren nicht weiter verfolgen. Das FA für KBP habe daraufhin im Bp-Bericht
vom 05.10.1994 bereits zu der Feststellung nach § 18 AStG auch für 1990 Stellung
genommen und in Tz. 7 des Bp-Berichts darauf hingewiesen, dass sich die Prüfung für das
Jahr 1990 im Wege der vorgezogenen Teilprüfung ausschließlich auf die Vorgänge nach
dem AStG bei der U/TB-Gruppe, Schweiz, erstreckt habe. In den folgenden Jahren habe
die Bp versucht, die von den Prozessbevollmächtigten aufgeworfenen Zweifel
auszuräumen und die Einkünfte i.S. der §§ 7 ff AStG zu ermitteln. In einer letzten
gemeinsamen Besprechung am 29.01.1997 habe die Bp dann ihre Absicht bekundet, die
Prüfung abzuschließen. Verbleibende Unterschiede in der Rechtsauffassung sollten dann
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in einem Rechtsbehelfsverfahren geklärt werden; auf den Besprechungsvermerk vom
29.01.1997 wird Bezug genommen. Während die Prüfung der inländischen
Besteuerungsgrundlagen mit Teilbericht vom 16.07.1994 habe abgeschlossen werden
können, habe die Prüfung der Vorgänge nach dem AStG erst mit Bericht vom 16.05.1997
beendet werden können.
Aus diesem Ablauf ergebe sich, dass C über den sachlichen Umfang der Außenprüfung
unterrichtet gewesen und die Prüfung der gesonderten Feststellung nach § 18 AStG im
Einverständnis mit ihm durchgeführt worden sei. Hätte sich C durch die Prüfungsanordnung
nicht für ausreichend über den Umfang der Prüfung unterrichtet gehalten, hätte er dies
unverzüglich zu Beginn oder im Rahmen der laufenden Prüfung rügen müssen.
Der Bekl. vertritt die Auffassung, ein Verwertungsverbot für die von der Bp getroffenen
Feststellungen bestehe auch dann nicht, wenn die Anordnung der Prüfung "Feststellung
der Einkünfte nach § 18 AStG" zwingend erforderlich gewesen sein sollte. Denn nach der
Rechtsprechung des BFH (Urteil vom 27.07.1983 I R 210/79, BStBl II 1984, 285) dürften
rechtswidrig erlangte Außenprüfungsergebnisse nur dann nicht verwertet werden, wenn der
Steuerpflichtige erfolgreich gegen die Prüfungsanordnung vorgegangen sei.
Er meint ferner, die Einspruchsentscheidung sei ausreichend begründet worden.
Er ist schließlich weiter der Ansicht, der angefochtene Feststellungsbescheid vom
14.08.1997 sei auch materiell-rechtlich zutreffend.
II. Entscheidungsgründe
Die Klage ist zulässig und begründet. Der Bekl. war nicht berechtigt, den Bescheid vom
06.12.1994 zur gesonderten Feststellung nach § 18 AStG für das Feststellungsjahr 1990
durch den Bescheid vom 14.08.1997 nach § 164 Abs. 2 AO zu ändern.
1. Der Feststellungsbescheid vom 06.12.1994 ist ohne wirksamen Vermerk des Vorbehalt
der Nachprüfung ergangen: Der Vorbehalt der Nachprüfung wird als Nebenbestimmung
eines Steuerbescheides nur dann wirksam, wenn der Bescheid mit dem Vorbehalt der
Nachprüfung dem Stpfl. bekannt gegeben wird (§§ 155 Abs. 1 Satz 2, 122 Abs. 1 Satz 2,
124 Abs. 1 Satz 2 AO; BFH Urt. v. 27.03.1996 I R 83/94, BStBl II 1996, 509).
Entsprechendes gilt für Feststellungsbescheide (ebenso zu Zerlegungsbescheiden BFH
Urt. v. 27.03.1996 I R 83/94, BStBl II 1996, 509).
Im Streitfall enthielt der C bekannt gegebene Feststellungsbescheid vom 06.12.1994
unstreitig keinen Vorbehalt der Nachprüfung. Es ist unerheblich, ob - wie der Bekl.
behauptet - der für die Akte des Bekl. bestimmten Durchschrift ein Vorbehalt der
Nachprüfung beigefügt worden ist.
2. Der Änderungsbescheid vom 14.08.1997 kann auch nicht deshalb auf die Vorschrift des
§ 164 Abs. 2 AO gestützt werden, weil der Bekl. den Feststellungsbescheid vom
06.12.1994 vor Erlass des auf § 164 Abs. 2 AO gestützten Änderungsbescheides AO nach
§ 129 AO zurecht durch nachträgliche Beifügung eines Vorbehalt der Nachprüfung
berichtigt hätte. Im Streitfall hat der Bekl. den Feststellungsbescheid vom 06.12.1994 bis
zum Ergehen des Änderungsbescheides vom 14.08.1997 weder ausdrücklich noch
konkludent durch Beifügung eines Vorbehalt der Nachprüfung nach § 129 AO berichtigt.
Dem Bekl. war bis dahin nicht bewusst, dass der dem Rechtsvorgänger der Klin. bekannt
gegebene Feststellungsbescheid vom 06.12.1994 keinen Vermerk des Vorbehalt der
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Nachprüfung enthielt. Dies hat die Klin. erstmals mit Schriftsatz vom 13.01.1998 zur
Begründung des gegen den Änderungsbescheid vom 14.08.1997 eingelegten Einspruchs
vorgetragen.
3. Der Bekl. konnte den Änderungsbescheid vom 14.08.1997 auch nicht deshalb auf die
Änderungsvorschrift des § 164 Abs. 2 AO stützen, weil er den ursprünglichen
Feststellungsbescheid vom 06.12.1994 bis zum Erlass des Änderungsbescheides durch
nachträgliche Beifügung eines Vorbehalt der Nachprüfung nach § 129 AO hätte berichtigen
können.
a) Nach der Rechtsprechung des BFH (Urt. v. 27.03.1996 I R 83/94, BStBl II 1996, 509), der
der Senat folgt, steht der Änderungsbefugnis nach § 164 Abs. 2 AO zwar eine gegenüber
dem Steuerpflichtigen unterbliebene Vorbehaltskennzeichnung dann nicht entgegen, wenn
sie gemäß § 129 AO nachgeholt werden kann (BFH Urt. vom 02.03.1993 IX R 93/89,
BFH/NV 1993, 704; Urt. vom 12.09.1996 III S 2/96, BFH/NV 1997, 262). Dies gilt
grundsätzlich auch dann, wenn die Finanzbehörde die Vorbehaltskennzeichnung nicht
förmlich nachgeholt und den Änderungsbescheid allein auf § 164 Abs. 2 AO gestützt hat.
Dabei kann die Begründung auch noch im Einspruchsverfahren und in der
Einspruchsentscheidung nachgeholt werden (BFH Urt. vom 27.03.1996 a.a.O.).
Hat die Finanzbehörde jedoch, wie im Streitfall, den Vermerk des Vorbehalt der
Nachprüfung nicht förmlich im Wege der Berichtigung des ursprünglichen
Feststellungsbescheides nach § 129 AO nachgeholt, setzt die Änderung des
ursprünglichen Bescheides nach § 164 Abs. 2 AO voraus, dass im Zeitpunkt des
erstmaligen Hinweises der Finanzbehörde, es bestehe die Möglichkeit der Berichtigung
des Bescheides nach § 129 AO unter nachträglicher Anbringung des Vermerks des
Vorbehalt der Nachprüfung, die Feststellungsfrist nach § 169 AO nicht abgelaufen ist. Im
Streitfall hat der Bekl. jedoch erstmals auf die Möglichkeit einer Berichtigung des
Feststellungsbescheides vom 06.12.1994 hingewiesen, nachdem Feststellungsverjährung
eingetreten war.
b) Der Bekl. hat erstmals - im Laufe des Einspruchsverfahren - mit Schriftsatz vom
16.03.1998 darauf hingewiesen, dass der Feststellungsbescheid vom 06.12.1994 auch
dann nach § 164 Abs. 2 AO geändert werden durfte, wenn die - noch durch Vorlage des
Original-Bescheides nachzuweisende - Behauptung der Klin. zutreffen sollte, der Bescheid
sei nicht unter dem Vorbehalt der Nachprüfung ergangen; denn in diesem Falle liege die
Voraussetzung für eine Berichtigung nach § 129 AO vor. Nachdem die Klin. mit Schriftsatz
vom 25.05.1998 eine Kopie des Original-Bescheides vom 06.12.1994 vorgelegt hatte, wies
der Bekl. in der Einspruchsentscheidung vom 18.11.1998 darauf hin, dass die Änderung
des Feststellungsbescheides vom 06.12.1994 zurecht nach § 164 Abs. 2 AO durchgeführt
worden sei, da die Voraussetzungen des § 129 AO für eine Berichtigung vorlägen. Bereits
zum Zeitpunkt des erstmaligen Hinweises war jedoch die Feststellungsverjährung für den
Erlass eines nach § 129 AO berichtigten Bescheides eingetreten.
Nach § 169 Abs. 1 Satz 1 AO sind eine Steuerfestsetzung sowie ihre Aufhebung oder
Änderung nicht mehr zulässig, wenn die Festsetzungsfrist abgelaufen ist. Entsprechendes
gilt nach § 169 Abs. 1 Satz 2 AO auch für die Berichtigung wegen offenbarer Unrichtigkeit
nach § 129 AO. Diese Vorschriften gelten für die gesonderte Feststellung sinngemäß (§
181 Abs. 1 AO).
Die Feststellungsfrist für die gesonderte Feststellung der Besteuerungsgrundlagen nach §
18 AStG für das Feststellungsjahr 1990 begann, da der Rechtsvorgänger der Klin. keine
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Feststellungserklärung abgegeben hat, mit Ablauf des Kalenderjahres 1993, dem dritten
Kalenderjahres, das auf das Kalenderjahr folgt, in dem die Steuer entstanden ist (§ 170
Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 AO i.V.m. § 181 Abs. 1 AO). Sie beträgt nach § 169 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2
AO i.V.m. § 181 Abs. 1 Satz 1 AO vier Jahre und lief danach mit dem 31.12. 1997 ab.
Der Ablauf der Festsetzungsfrist ist nicht nach § 171 Abs. 2 AO i.V.m. § 181 Abs. 1 AO
gehemmt worden. Nach dieser Vorschrift endet, wenn beim Erlass eines
Feststellungsbescheides eine offenbare Unrichtigkeit unterlaufen ist, die Festsetzungsfrist
insoweit nicht vor Ablauf eines Jahres nach Bekanntgabe dieses Feststellungsbescheides.
Da der ursprüngliche Feststellungsbescheid bereits am 06.12.1994 ergangen ist, wirkt sich
die Ablaufhemmung um ein Jahr nicht auf den Ablauf der allgemeinen Feststellungsfrist am
31.12.1997 aus.
Entgegen der vom Bekl. vertretenen Auffassung ist eine Ablaufhemmung auch nicht nach §
171 Abs. 4 i.V.m. § 181 Abs. 1 AO eingetreten. Nach § 171 Abs. 4 Satz 1 AO läuft zwar,
wenn vor dem Ablauf der Festsetzungsfrist mit einer Außenprüfung begonnen wird, die
Festsetzungsfrist für die Steuern, auf die sich die Außenprüfung erstreckt, nicht ab, bevor
die auf Grund der Außenprüfung zu erlassenden Steuerbescheide unanfechtbar geworden
sind. Dies gilt sinngemäß auch für die gesonderte Feststellung nach § 18 AStG (§ 181 Abs.
1 AO). Die Ablaufhemmung des § 171 Abs. 4 AO erstreckt sich jedoch ihrem sachlichen
Umfang nach nur auf die Steuern und Besteuerungsgrundlagen, die in der
Prüfungsanordnung ausdrücklich als Prüfungsgegenstand genannt worden sind (Ruban in
Hübschmann/Hepp/Spitaler, § 171 AO Rz. 54). Hinsichtlich der gesonderten Feststellung
der Besteuerungsgrundlagen nach § 18 AStG für das Feststellungsjahr 1990 ist eine
Ablaufhemmung nicht eingetreten, da sich die Prüfungsanordnung des FA für KBP vom
30.12.1992 hierauf nicht erstreckte.
Eine Benennung der gesonderten Feststellung der Besteuerungsgrundlagen nach § 18
AStG als Prüfungsgegenstand folgt nicht daraus, dass in der schriftlichen
Prüfungsanordnung das Auswahlkästchen "Einkommensteuer 1990" angekreuzt und
dadurch die Einkommensteuer 1990 als Prüfungsgegenstand bezeichnet worden ist. Soll
die Außenprüfung auch gesondert festzustellende Besteuerungsgrundlagen zum
Gegenstand haben, muß die Prüfungsanordnung diese genau benennen (BFH Urt. vom
15.11.1988 VIII R 339/83, BFH/NV 1989, 682; Schick in Hübschmann/ Hepp/ Spitaler, §
196 AO Rz. 89; a.A. Könemann/Wendt, Betriebsprüfung in der Praxis, Rz. 195). Für die
Bezeichnung der im Rahmen eines Grundlagenbescheides gesondert festzustellen
Besteuerungsgrundlagen als Prüfungsgegenstand reicht es nicht aus, dass die im
Folgebescheid festzusetzende Steuer als Prüfungsgegenstand angegeben ist (Schick in
Hübschmann/ Hepp/ Spitaler, § 194 AO Rz. 132; Ruban in Hübschmann/Hepp/Spitaler, §
171 AO Rz. 55; Schwarz/ Frotscher § 171 AO Rz. 50; vgl. zum umgekehrten Fall BFH Urt.
v. 04.11.1992 XI R 32/91, BStBl II 1993, 425; Ruban in Hübschmann/Hepp/Spitaler, § 171
AO Rz. 58; zum Verhältnis der Körperschaftsteuer zur Feststellung der Teilbeträge des
verwendbaren Eigenkapitals nach § 47 KStG vgl. Schick in Hübschmann/Hepp/Spitaler, §
194 AO Rz. 135).
Die Prüfungsanordnung vom 30.12.1992 kann auch nicht deshalb als Prüfungsanordnung
für die gesonderte Feststellung nach § 18 AStG ausgelegt werden, weil sie eine Ergänzung
der Prüfungsanordnung vom 26.11.1990 für 1986 - 1989 darstellt; denn auch die
Prüfungsanordnung vom 26.11.1990 enthält keine Anordnung zur gesonderten
Feststellung nach § 18 AStG.
Die Prüfungsanordnung vom 30.12.1992 enthält zwar den Zusatz "Die Prüfung erstreckt
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sich im Wege der vorgezogenen Teilprüfung auf die Prüfung der Vorgänge nach dem AStG
bei der U-Gruppe". Dieser Zusatz ist jedoch auch im Zusammenhang mit dem
telefonischen Hinweis des Prüfers vom 14.12.1992 gegenüber dem damaligen steuerlichen
Berater des C "die steuerliche Beurteilung der Beziehungen des Stpfl. zur U-Gruppe auch
für das Jahr 1990 im Wege der vorgezogenen Teilprüfung zu prüfen", nicht hinreichend
eindeutig als Anordnung der Prüfung der gesonderten Feststellung nach § 18 AStG für
1990 zu qualifizieren. Er bezeichnet, anders als die gegenüber den Gesellschaftern I, E
und V für 1986 bis 1989 ergangenen Prüfungsanordnungen vom 11.12.1992, weder
eindeutig die gesonderte Feststellung nach § 18 AStG noch das Feststellungsjahr.
Der Zusatz stellt auch nicht die Anordnung der Außenprüfung eines bestimmten
Sachverhaltes im Sinne des § 194 Abs. 1 Satz 1 AO dar. Denn einzelne Sachverhalte im
Sinne von Besteuerungsgrundlagen können nicht Gegenstand einer Außenprüfung sein
(Schick in Hübschmann/Hepp/Spitaler, § 196 AO Rz. 90). Die Prüfung eines bestimmten
Sachverhaltes im Sinne des § 194 Abs. 1 Satz 1 AO kommt nur bei nicht periodischen
Steuern (BFH Urt. vom 23.01.1985 I R 53/81, BStBl II 1985, 566), nicht aber bei periodisch
festzusetzenden Steuerarten und entsprechenden Besteuerungsgrundlagen in Betracht
(Tipke/Kruse, § 196 AO Rz. 29; Schick in Hübschmann/ Hepp/Spitaler, § 194 AO Rz. 150 -
152).
Schließlich konnte die Änderung auch nicht ausnahmsweise nach Ablauf der
Feststellungsfrist erfolgen. Nach § 181 Abs. 5 Satz 1 AO kann zwar eine gesonderte
Feststellung gemäß § 181 Abs. 5 Satz 1 AO auch nach Ablauf der für sie geltenden
Feststellungsfrist insoweit erfolgen, als die gesonderte Feststellung für eine
Steuerfestsetzung von Bedeutung ist, für die die Festsetzungsfrist im Zeitpunkt der
gesonderten Feststellung noch nicht abgelaufen ist; dies gilt auch für die Änderung und
Berichtigung von Feststellungsbescheiden (Schwarz/Frotscher § 181 AO Rz. 22). Der
Senat kann jedoch unentschieden lassen, ob im Streitfall die Festsetzungsfrist für die
Einkommensteuer 1990 des Rechtsvorgängers der Klin. zum Zeitpunkt des Ergehens der
Einspruchsentscheidung vom 18.11.1998 nicht abgelaufen war, weil der Ablauf dieser Frist
wegen der Anordnung der Außenprüfung der Einkommensteuer 1990 gehemmt worden ist.
Denn nach § 181 Abs. 5 Satz 2 AO ist in dem Feststellungsbescheid auf die
eingeschränkten Wirkungen einer gesonderten Feststellung nach Ablauf der
Feststellungsfrist hinzuweisen (Söhn in Hübschmann/ Hepp/Spitaler § 181 AO Rz. 45 ff;
Schwarz/Frotscher § 181 AO Rz. 28). Einen solchen Hinweis enthält weder der
Änderungsbescheid vom 14.08.1997 noch die Einspruchsentscheidung vom 18.11.1998.
Hätte der Bekl. nach dem 31.12.1997 einen förmlichen Berichtigungsbescheid nach § 129
AO ohne den Hinweis gem. § 181 Abs. 5 Satz 2 AO erlassen, hätte dieser auf Einspruch
bzw. Klage aufgehoben werden müssen. Der Bekl. war daher nicht berechtigt, den vor
Ablauf der Feststellungsfrist nach § 164 Abs. 2 AO ergangenen Änderungsbescheid vom
14.08.1997 nach Ablauf der Feststellungsfrist auf die Möglichkeit einer Berichtigung nach §
129 AO zu stützen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 Finanzgerichtsordnung (FGO). Die
Entscheidungen zur Vollstreckbarkeit beruhen auf § 155 FGO in Verbindung mit §§ 708 Nr.
10, 711 Zivilprozessordnung.
Die Revision war nach § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO wegen grundsätzlicher Bedeutung
zuzulassen.