Urteil des FG Münster vom 09.07.2003

FG Münster (Gesellschafter, Auflösung der Gesellschaft, Gründung der Gesellschaft, Reserven, Steuerberater, Stillen, Gesellschaftsvertrag, Einkünfte, Berufsausübung, Anteil)

Datum:
Gericht:
Spruchkörper:
Entscheidungsart:
Tenor:
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Aktenzeichen:
Finanzgericht Münster, 1 K 6926/01 F
09.07.2003
Finanzgericht Münster
1. Senat
Urteil
1 K 6926/01 F
Die Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des Verfahrens werden dem Kläger auferlegt.
Die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen werden nicht erstattet.
Die Revision wird zugelassen.
G r ü n d e :
Die Beteiligten streiten darüber, ob Rechtsanwälte und Steuerberater lediglich
eine Bürogemeinschaft oder eine Mitunternehmerschaft begründet haben und - in der Folge
davon - ob eine steuerbegünstigte Veräußerung eines Mitunternehmeranteils vorliegt.
Der Kläger (Kl.), er ist Steuerberater, und die Rechtsanwälte L und B als
gemeinsame Vertragspartner verbanden durch Gesellschaftsvertrag vom 01.02.1996 ihre
selbständigen Kanzleien in I und Leipzig nach außen in Form einer Sozietät und nach
innen in Form einer Bürogemeinschaft. Sie gründeten mit Wirkung vom 01.01.1996 eine
Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR.), deren Zweck die gemeinsame Berufsausübung
war (§ 2 Abs. 1 Gesellschaftsvertrag - GV) und trafen u.a. folgende Vereinbarungen:
Jeder Vertragspartner übt seine Tätigkeit unabhängig und in eigener
Verantwortung aus. Nach außen tritt die Gesellschaft unter gemeinsamem Briefpapier und
Praxisschild auf (§ 5 Abs. 1 GV). Die Vertragspartner stellen ihre Rechnungen unter dem
gemeinsamen Namen, aber für eigene Rechnung aus (§ 5 Abs. 2 GV). Es werden
getrennte Konten geführt, für die jeder Gesellschafter allein haftet (§ 5 Abs. 3 GV).
Einnahmen und Ausgaben der jeweiligen Partner werden in getrennten Buchungskreisen
erfasst. Jeder Partner ermittelt das Betriebsergebnis für seinen jeweiligen Bereich völlig
getrennt von den Partnern (§ 5 Abs. 4 GV). Für die einheitliche und gesonderte
Gewinnfeststellung werden die einzelnen Bereiche zusammengefasst und entsprechend
ihres jeweiligen Ergebnisses der Steuer unterworfen (§ 5 Abs. 5 GV).
Alle der gemeinschaftlichen Berufsausübung der Partner dienenden
Gegenstände bleiben Vermögen des einzelnen Partners, der den Vermögensgegenstand
in die Partnerschaft einbringt (§ 6 Abs. 1 GV). Der eingebrachte Praxiswert bleibt Vermögen
des jeweiligen Partners. Der aus neu erworbenen Mandaten entstehende Praxiswert steht
dem jeweiligen Partner uneingeschränkt allein zu (§ 6 Abs. 2 GV).
In I haben die Vertragspartner gemeinschaftliche Büroräume. Angeschaffte
Einrichtungen werden, soweit nichts anderes vereinbart wird, Eigentum der Sozietät (§ 7
Abs. 1, 2 GV). Die Partnerschaft schließt für jeden Partner und Mitarbeiter eine
Berufshaftpflichtversicherung in gleicher Höhe (Deckungssumme zunächst 2.000.000 DM)
Für den Ersatz von Vermögensschäden, die durch Verletzung des Beratungs- bzw.
Anwaltsvertrages entstehen, haftet die Partnerschaft dem geschädigten Auftraggeber als
Gesamtschuldner, soweit nicht nur ein Partner Auftragnehmer war. Im Innenverhältnis haftet
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jeweils der Partner, der den Schaden zu vertreten hat, den anderen Partnern, soweit der
Schaden nicht durch die Versicherungssumme gedeckt ist (§ 8 GV).
Jeder Vertragspartner ist bei der Einstellung und Entlassung von Personal
unabhängig. Einer Zustimmung des Partners bedarf es nicht (§ 9 GV). Die mit der
Bürogemeinschaft in Zusammenhang stehenden Kosten werden verursachungsgerecht
ermittelt (§ 10 GV).
Die Parteien vereinbaren die gegenseitige Vertretung bei Krankheit oder Urlaub
(§ 11 GV). Stirbt ein Partner, erhalten die Erben aus der Gesellschaft den buchmäßigen
Wert des gemeinschaftlichen Vermögens (§ 14 GV).
Mit Vertrag zwischen dem Kl. und Frau Dipl.-Ök. ... U vom 09.04.1996 wird der
Eintritt von Frau U in die Sozietät zum 01.07.1996 vereinbart. Nach § 1 des Vertrages
erwirbt Frau U zu einem Kaufpreis von 425.000 DM einen Anteil in Höhe von 25 % der
Beteiligung des Kl. an der Sozietät L/B/T. Der nach Abzug der vereinbarten
Tätigkeitsvergütung von je 10.000 DM/Monat verbleibende Gewinn wird im Verhältnis 3/4
zu 1/4 verteilt. Stirbt ein Partner, erhalten die Erben eine Abfindung in Höhe des Anteils des
Zeitwerts der Vermögensgegenstände abzüglich des Anteils der Schulden zuzüglich des
anteiligen Praxiswertes. Der Praxiswert beträgt 130 % des durchschnittlichen Umsatzes der
letzten drei Jahre.
Zum 30.12.1998 sind Steuerberater T und Steuerberaterin U aus der GbR. im
Wege der Realteilung ausgetreten und haben ihre Anteile in die neu gegründete
Gesellschaft Eurotax eingebracht.
Im Anschluss an das Ergebnis einer Betriebsprüfung lehnte der Beklagte (Bekl.)
durch Bescheid vom 16.11.2001 für 1996 die gesonderte und einheitliche Feststellung der
Besteuerungsgrundlagen für die L, T, B, U &Partner GbR. ab. Nach dem Gesamtbild der
Verhältnisse sei die GbR keine Mitunternehmerschaft.
Zur Begründung trug er vor, die GbR. sei insbesondere deshalb steuerlich keine
Mitunternehmerschaft, weil die Beteiligten nicht in ausreichendem Maß ein
Mitunternehmerrisiko tragen würden. Die gesamtschuldnerische Außenhaftung der
Gesellschafter gegenüber den Auftraggebern reiche zur Begründung eines umfassenden
Unternehmerrisikos nicht aus. Die Haftung der Gesellschafter erstrecke sich ausdrücklich
nur auf Vermögensschäden, die durch Verletzung der Beratungs- und Anwaltspflichten
entstünden, nicht jedoch auf sonstige Verbindlichkeiten oder Verpflichtungen der
Gesellschaft.
Eine Teilhabe am Erfolg oder Misserfolg des Unternehmens sei durch die
Regelungen in den §§ 5 und 6 GV ausgeschlossen:
Die Partner erzielten die Betriebseinnahmen für eigene Rechnung. Sie würden
den gesonderten Geschäftskonten der Beteiligten gutgeschrieben. Jeder Partner ermittele
sein laufendes jährliches Betriebsergebnis völlig getrennt von den anderen Partnern.
Gegen ein gemeinschaftliches Mitunternehmerrisiko spreche auch der Umstand,
dass im Gesellschaftsvertrag (§ 6) von vornherein die Teilhabe am Vermögen und den
wesentlichen stillen Reserven, besonders am Praxiswert, ausdrücklich ausgeschlossen
worden sei.
Im Streitfall existierten zwei echte Freiberufler-Sozietäten, die
Rechtsanwaltssozietät L &B und die Steuerberatersozietät T &U.
Durch Bescheid vom 16.11.2001 stellte er die Einkünfte der T &U
Steuerberatersozietät aus selbständiger Arbeit auf 866.684 DM fest. In diesem
Zusammenhang führte der Bekl. aus, da die Steuerberatersozietät erst durch Eintritt der
Gesellschafterin U gegründet worden sei, handele es sich bei der Veräußerung eines Teils
der Einzelpraxis T nicht um eine steuerbegünstigte Veräußerung eines
Mitunternehmeranteils (§§ 16 Abs. 1 Nr. 2, 18 Abs. 3 EStG i.V.m. § 34 Abs. 2 Nr. 1 EStG).
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Mit Schreiben vom 13.12.2001 erhob der Kl. gegen den Bescheid über die
einheitliche und gesonderte Feststellung 1996 für die T &U Steuerberatersozietät und den
Bescheid über die Ablehnung der Feststellung von Besteuerungsgrundlagen 1996 für die
L, T, B, U &Partner GbR. Sprungklage. Der Bekl. hat der Sprungklage durch Schriftsatz
vom 03.01.2002 zugestimmt.
Der Kl. vertritt die Auffassung, die Sozietät sei eine steuerlich anzuerkennende
Mitunternehmerschaft. Die Gesellschafter hätten Mitunternehmerinitiative entfalten können.
Alle Geschäfte, die das Gesellschaftsverhältnis und seine Ausgestaltung beträfen, würden
einvernehmlich beschlossen und durchgeführt. Das gelte etwa für den Eintritt von Frau U in
die Sozietät, die Entwicklung, Durchführung und Änderung des gemeinsamen
Erscheinungsbildes nach außen, die strategische Ausrichtung des Geschäfts, die
Erschließung neuer Geschäftsfelder. Der einzelne Partner könne in den wesentlichen
Fragen der Gesellschaft nicht von der Willensbildung ausgeschlossen oder überstimmt
werden. Er könne auch nicht aus der Gesellschaft hinausgekündigt werden. Im Übrigen sei
jeder Gesellschafter hinsichtlich des Tagesgeschäftes einzelvertretungsberechtigt.
Die Partner trügen schon wegen ihrer unbeschränkten persönlichen Haftung
Mitunternehmerrisiko. Die gesellschaftsvertraglich vereinbarte Gewinnverteilung
entsprechend dem Profit-Center-Prinzip spreche nicht gegen eine Teilnahme der Partner
am Gewinn/Verlust der Gesellschaft. Sie sei Ausdruck der gemeinsamen Festlegung der
Erfolgsverteilung.
Nach den vertraglichen Abreden verblieben die Praxiswerte im
Sonderbetriebsvermögen der einzelnen Partner. Dadurch werde die Teilhabe am
Vermögen und den wesentlichen stillen Reserven nicht ausgeschlossen. Es handele sich
um eine Regelung, wie die einzelnen Gesellschafter am Vermögen teilhaben würden.
Der Gesellschaft fehle es auch nicht an gemeinschaftlicher
Gewinnerzielungsabsicht. Rechtsanwälte und Steuerberater hätten sich zur gemeinsamen
Berufsausübung zusammengeschlossen. Die Gesellschafter seien sich einig gewesen,
dass dieser Zweck nur unter Beachtung der berufsrechtlichen Einschränkungen realisiert
werden könne. Der Bereich "Rechtsberatung" sei daher von den Rechtsanwälten L und B,
die Steuerberatung ausschließlich den Steuerberatern T und U betreut worden. Die Partner
hätten durch gemeinsames Auftreten dem alten Kundenstamm eine einheitlich agierende
Anwalts- und Steuerberatungskanzlei mit umfassendem Dienstleistungsangebot
präsentieren und neue Geschäftsfelder erschließen wollen. Die Zwecksetzung habe nicht -
wie in einer Bürogemeinschaft - in der Kostenoptimierung, sondern in der Steigerung der
nachhaltigen Ertragskraft der gemeinsamen Praxis bestanden. Die Leistungsabrechnung
sei im Übrigen unter gemeinsamem Namen und Briefkopf erfolgt.
Der bei Eintritt von Frau U realisierte Veräußerungsgewinn sei nicht als laufender
Gewinn, sondern als begünstigter Veräußerungsgewinn (§§ 18 Abs. 3, 16, 34 EStG) zu
beurteilen. Frau U habe einen Anteil am Mitunternehmeranteil des Kl. erworben.
Der Kl. beantragt,
die Bescheide über die Ablehnung der Feststellung von
Besteuerungsgrundlagen 1996 für die L, T, B, U &Partner GbR. und über die einheitliche
und gesonderte Feststellung von Besteuerungsgrundlagen 1996 für die T &U
Steuerberatersozietät, jeweils vom 16.11.2001, aufzuheben und die Einkünfte für die L, T,
B, U &Partner GbR. 1996 einheitlich und gesondert festzustellen,
hilfsweise, die Revision zuzulassen.
Der Bekl. beantragt,
die Klage abzuweisen.
Das Finanzamt habe den Zusammenschluss der Rechtsanwälte und
Steuerberater zutreffend nicht als Mitunternehmerschaft beurteilt, sondern als zwei
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voneinander getrennt zu sehende Personengesellschaften. Dies habe zur Folge, dass sich
der Anteilserwerb U als Erwerb eines Anteils an der Einzelpraxis des Kl. darstelle und der
erzielte Veräußerungsgewinn nicht steuerbegünstigt sei.
Die L, T, B, U &Partner GbR. sei keine Mitunternehmerschaft, weil es am
gemeinschaftlichen Mitunternehmerrisiko fehle. Die Regelungen in den §§ 5 und 6 GV
schlössen eine Teilhabe am Erfolg/Misserfolg des Zusammenschlusses aus. Die
Rechnungen seien zwar unter einem gemeinsamen Briefkopf erstellt worden. Sie hätten
jedoch nur auf das jeweilige Konto der Leistenden hingewiesen. Die Trennung der
Bereiche sei zur Gewinnermittlung für jede der beiden existierenden
Mitunternehmerschaften eingeführt worden.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachvortrags wird auf die zwischen den
Beteiligten gewechselten Schriftsätze und die Steuerakten verwiesen.
Durch Beschluss vom 08.05.2003 hat der Senat die Rechtsanwälte L und B sowie
die Steuerberaterin U nach § 60 Abs. 3 in Verbindung mit § 48 Nrn. 2 und 4 FGO als
potentiell Feststellungsbeteiligte beigeladen, soweit das Verfahren den Bescheid über die
Ablehnung der Feststellung von Besteuerungsgrundlagen 1996 für die L, T, B, U &Partnern
GbR betrifft. Darüber hinaus hat er die Steuerberaterin U unter Berufung auf dieselbe
Rechtsgrundlage beigeladen, soweit das Verfahren den Bescheid über die einheitliche und
gesonderte Feststellung von Besteuerungsgrundlagen 1996 für die T &U
Steuerberatersozietät betrifft.
Der Senat hat am 09.07.2003 mündlich verhandelt. Auf das Protokoll wird Bezug
genommen.
Die zulässige Klage ist unbegründet.
Der Bekl. hat es zu Recht abgelehnt, die Besteuerungsgrundlagen 1996 für die L,
T, B, U &Partner GbR. gesondert und einheitlich festzustellen. Die Voraussetzungen für die
Durchführung einer gesonderten und einheitlichen Feststellung (§§ 179 Abs. 1, 2, 180 Abs.
1 Nr. 2 a AO) liegen nicht vor. Die Gesellschafter der GbR. sind keine Mitunternehmer i.S.
des §§ 18 Abs. 4 Satz 2, 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG.
Mitunternehmer ist, wer zivilrechtlich Gesellschafter einer Personengesellschaft
bzw. Beteiligter eines wirtschaftlich gleichwertigen Gemeinschaftsverhältnisses ist,
Mitunternehmerrisiko trägt und Mitunternehmerinitiative entfalten kann.
Mitunternehmerrisiko bedeutet gesellschaftsrechtliche Teilhabe am Erfolg oder
Misserfolg eines Unternehmens in der Regel durch Beteiligung am Gewinn und Verlust
sowie an den stillen Reserven einschließlich des Geschäftswertes, wenigstens bei
Auflösung der Gesellschaft (BFH, Urteil vom 16. Dezember 1997 VIII R 32/90, BFHE 185,
190, BStBl II 1998, 480).
Mitunternehmerinitiative bedeutet vor allem Teilhabe an unternehmerischen
Entscheidungen. Die Möglichkeit, Gesellschaftsrechte auszuüben, die zumindest den
einem Kommanditisten nach dem HGB zustehenden Stimm-, Kontroll- und
Widerspruchsrechten angenähert sind, oder die den gesellschaftsrechtlichen
Kontrollrechten nach § 716 Abs. 1 BGB entsprechen, reicht bereits aus (BFH, Urteil vom
18. Juni 1998 IV R 94/96, BFH/NV 1999, 295).
Beide Merkmale, Mitunternehmerrisiko und -initiative, müssen vorliegen. Sie
können im Einzelfall aber mehr oder weniger ausgeprägt sein. Gering ausgeprägtes
Mitunternehmerrisiko kann durch ausgeprägte Mitunternehmerinitiative kompensiert
werden und umgekehrt (BFH, Urteile vom 22. August 2002 IV R 6/01, BFH/NV 2003, 36;
vom 28. Oktober 1999 VIII R 66-70/97, BFHE 190, 204, BStBl II 2000, 183; vom 15. Oktober
1998 IV R 18/98, BFHE 187, 250, BStBl II 1999, 286; vom 16. Dezember 1997 VIII R 32/90,
BFHE 185, 190, BStBl II 1998, 480; BStBl II 1999, 286).
Die Beteiligten müssen den Rechtsbindungswillen besitzen, das Unternehmen
auf der Grundlage partnerschaftlicher Gleichordnung für gemeinsame Rechnung zu führen
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(BFH, Urteil vom 06. Dezember 1988 VIII R 362/83, BFHE 156, 93, BStBl II 1989, 705).
Eine GbR ist nur dann als Mitunternehmerschaft zu werten, wenn eine gemeinschaftliche
Gewinnerzielungsabsicht besteht (BFH, Urteile vom 06. Februar 1986 IV R 133/85, BFHE
146, 244, BStBl II 1986, 666; vom 25. Juni 1996 VIII R 28/94, BFHE 181, 133, BStBl II 1997,
202; vom 28. Oktober 1999 III R 42/97, BFH/NV 2000, 747).
Im Streitfall besteht zwischen dem Kl. und den Beigeladenen U, L und B auf der
Grundlage des Gesellschafsvertrages vom 01.02.1996 zwar unstreitig ein zivilrechtliches
Gesellschaftsverhältnis. Es lässt sich jedoch nach dem Gesamtbild der zwischen den
Gesellschaftern existierenden Rechtsbeziehungen und der sich daraus ergebenden
Ausprägung von Mitunternehmerinitiative und Mitunternehmerrisiko unter Berücksichtigung
des Erfordernisses der gemeinschaftlichen Gewinnerzielung nicht als
mitunternehmerschaftliches Gesellschaftsverhältnis werten.
Im Streitfall ist das Mitunternehmerrisiko der Gesellschafter nur schwach
ausgeprägt. Zwar haftet jeder Gesellschafter nach außen unbeschränkt für
Verbindlichkeiten der GbR., wenn auch das wirtschaftliche Haftungsrisiko durch die
gesellschaftsvertragliche Verpflichtung gemindert ist, für jeden Partner und Mitarbeiter eine
Berufshaftpflichtversicherung über 2.000.000 DM abzuschließen. Eine Teilnahme an
wesentlichen stillen Reserven der Gesellschaft ist jedoch nicht möglich. Der Praxiswert als
wirtschaftlich wichtigster Vermögensbestandteil freiberuflich Tätiger bleibt im Vermögen
des jeweiligen Partners, und zwar auch insoweit, wie er aus neu erworbenen
Mandantenverhältnissen resultiert (§ 6 Nr. 2 GV).
Die Gesellschafter nehmen auch nicht an einem von ihnen in ihrer
gesellschaftlichen Verbundenheit erzielten gemeinsamen Gewinn oder Verlust teil. Das
einer Sozietät wesensimmanente Tätigwerden unter gemeinsamem Namen
und
gemeinsame Rechnung liegt nicht vor (BFH, Beschlüsse vom 18.11.1998 IV B 126/97,
BFH/NV 1999, 612; vom 24.02.1999 IV B 6/98, BFH/NV 1999, 1080).
Die Partner sind, wie sich auch aus vorgelegten Ausgangsrechnungen ergibt,
unter gemeinsamem Namen aufgetreten (§ 5 Abs. 1 GV). Die Rechtsanwälte und die
Steuerberater sind jedoch jeweils für eigene Rechnung tätig gewesen (§ 5 Abs. 2 GV),
nicht für Rechnung der GbR. Für jeden Bereich wurden getrennte Bankkonten geführt. Die
Rechnungen weisen als Bankverbindung jeweils nur das Konto der leistungserbringenden
Rechtsanwälte bzw. Steuerberater aus. Einnahmen und Ausgaben der jeweiligen
Berufsgruppe wurden in getrennten Buchungskreisen erfasst, die Betriebsergebnisse
jeweils völlig getrennt von den Partnern ermittelt. Die Ergebnisse der Berufsgruppen
wurden für die einheitliche und gesonderte Gewinnfeststellung lediglich zusammengefasst,
den Partnern das entsprechende Bereichsergebnis zugerechnet (§ 5 Nr. 5 GV) und die
Kosten der Bürogemeinschaft verursachungsgerecht zugeordnet (§ 10 Nr. 1 GV).
In welchem Umfang Mitunternehmerinitiative entfaltet werden konnte, kann
letztlich dahinstehen. Selbst wenn der Senat vom Kl.-Vortrag ausgeht, dass alle Geschäfte,
die das Gesellschaftsverhältnis und seine Ausgestaltung betrafen (Aufnahme von Partnern,
Entwicklung, Durchführung und Änderung des gemeinsamen Erscheinungsbildes nach
außen, die strategische Ausrichtung des Geschäfts und die Erschließung neuer
Geschäftsfelder), einvernehmlich beschlossen und durchgeführt wurden, könnte der
Umstand des eingeschränkten Mitunternehmerrisikos nicht kompensiert werden.
Ist die GbR. keine Mitunternehmerschaft, hat es der Bekl. zu Recht abgelehnt,
insoweit eine einheitliche und gesonderte Feststellung der Einkünfte vorzunehmen. Die
Einkünftefeststellung ist zutreffend für die jeweiligen Berufsgruppen vorgenommen worden.
Handelt es sich bei der GbR. nicht um eine Mitunternehmerschaft, hat der Kl. im
Streitjahr die Beigeladene, Steuerberaterin U, in die von ihm betriebene Einzelpraxis
aufgenommen. Die Aufnahme in eine Einzelpraxis ist nicht als begünstigte Veräußerung
eines Mitunternehmeranteils zu beurteilen, weil Mitunternehmeranteile erst mit der
Gründung der Gesellschaft bürgerlichen Rechts entstehen (BFH, Beschluss vom
18.10.1999, GrS 2/98, BFHE 189, 464, BStBl II 2000, 123).
Selbst wenn die GbR. als Mitunternehmerschaft zu werten gewesen wäre, läge im
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Streitfall nach der Rechtsauffassung des Senats (s.a. Urteil vom 19. Dezember 2002 1 K
1213/01 F, EFG 2003, 547) keine begünstigte Veräußerung nach §§ 18 Abs. 3, 34 EStG
vor. Der Senat folgt der Rechtsprechung des BFH (Urteil vom 13. Februar 1997 IVR 15/96,
BFHE 183, 39, BStBl II 1997, 535) nicht, die über den Wortlaut des § 18 Abs. 3 EStG
hinaus nicht nur die Veräußerung eines Mitunternehmeranteils, sondern auch den Verkauf
eines Teils eines Mitunternehmeranteils als steuerbegünstigten Veräußerungsgewinn
beurteilt.
Der Wortlaut des § 18 Abs. 3 EStG umfasst die Teilanteilsveräußerung nicht. Die
Veräußerung eines Bruchteils an einem Mitunternehmeranteil entspricht nicht dem in § 18
Abs. 3 EStG genannten Anteil eines Gesellschafters am Vermögen. Eine Person kann,
anders als bei Kapitalgesellschaften, nicht eine Mehrheit von Mitgliedschaftsrechten an
einer Personengesellschaft und damit nicht mehrere Gesellschaftsanteile haben, von
denen einer abgetreten werden kann (BFH, Urteil vom 13. Februar 1997 IV R 15/96, BFHE
183, 39, BStBl II 1997, 535; Patt/Rasche, DStR 1996, 645; Mittmann, DStZ 1989, 473).
Im Übrigen entspricht die Begünstigung der Teilanteilsveräußerung auch nicht
dem Zweck der Steuervergünstigung. Der Zweck der Tarifvergünstigung nach §§ 18 Abs. 3,
16, 34 EStG besteht darin, bei zusammengeballter Realisierung der während vieler Jahre
entstandenen stillen Reserven die Progression zu mildern (BFH, Urteil vom 26. Januar
1994 III R 39/91, BFHE 173, 338, BStBl II 1994, 458; Beschluss vom 18. Oktober 1999 GrS
2/98, BStBl II 2000, 123). Im Fall der Veräußerung eines Teils eines Mitunternehmeranteils
deckt der Veräußerer jedoch nicht alle stillen Reserven "seiner" Mitunternehmerbeteiligung
auf. Wird die Teilanteilsveräußerung dennoch begünstigt, kommt es zu einer sachlich nicht
gerechtfertigten Besserstellung gegenüber einem Einzelunternehmer, bei dem die
Teilrealisierung stiller Reserven nicht begünstigt ist (Althans, BB 1993, 1060; Mittmann,
DStZ 1989, 473; s. auch Begründung zum Entwurf eines Gesetzes zur Fortentwicklung des
Unternehmenssteuerrechts, BT-Drs 14/6882 S. 34 zu Artikel I Nr. 5 a aa).
Auf diesem Hintergrund misst der erkennende Senat dem Gesichtspunkt der
Rechtssicherheit keine entscheidende Bedeutung bei, zumal der Gesetzgeber (Gesetz zur
Fortentwicklung des Unternehmenssteuerrechts/Steueränderungsgesetz 2001) die
Veräußerung von Teilen eines Mitunternehmensanteils ab dem 01.01.2002 aus Gründen
der Besteuerungsgleichheit (BT-Drs 14/6882 S. 34) von den §§ 16, 34 EStG
ausgeschlossen hat.
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 135 Abs. 1, 139 Abs. 3 Satz 2 FGO.
Die Revision wird nach § 115 Abs. 2 Nr. 1 und 2 FGO zugelassen.