Urteil des FG Hamburg vom 05.11.2013

FG Hamburg: grundstück, aufschiebende wirkung, subjektives recht, drohende gefahr, genehmigungsverfahren, befreiung, bebauungsplan, ivg, wohngebäude, denkmalschutz

1
2
3
4
--- kein Dokumenttitel vorhanden ---
1. Allein aus der Festsetzung einer Baugrenze im Abstand zu einem unter Denkmalschutz stehenden
Gebäude kann bei einem vor 2009 bekanntgemachten Bebauungsplan nicht geschlossen werden, dass die
Baugrenze im Interesse des Denkmaleigentümers dem Umgebungsschutz des Denkmals dient und
diesem ein subjektives Recht auf Einhaltung der Baugrenze vermittelt.
2. Da die denkmalschutzrechtliche Zulässigkeit eines Bauvorhabens nicht Gegenstand einer
Baugenehmigung im vereinfachten Verfahren gemäß § 61 HBauO ist, kann ein benachbarter
Denkmaleigentümer einen Verstoß gegen die denkmalrechtliche Genehmigungspflicht des Vorhabens
nicht im Rahmen eines Nachbarrechtsstreits um die Baugenehmigung, sondern nur in einem Verfahren
auf Einschreiten der Denkmalschutzbehörde geltend machen.
Hamburgisches Oberverwaltungsgericht 2. Senat, Beschluss vom 05.11.2013, 2 Bs 265/13
§ 23 Abs 1 BauNVO, § 61 BauO HA, § 8 DSchG HA, § 80a VwGO, § 123 VwGO
Verfahrensgang
vorgehend VG Hamburg, 13. August 2013, Az: 7 E 2643/13, Beschluss
Tenor
Die Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Hamburg vom 13. August
2013 wird zurückgewiesen.
Die Antragstellerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten
der Beigeladenen.
Der Streitwert wird für das Beschwerdeverfahren auf 7.500,- Euro festgesetzt.
Gründe
I.
Die Antragstellerin begehrt einstweiligen Rechtsschutz gegen ein auf dem Nachbargrundstück genehmigtes
Bauvorhaben der Beigeladenen für ein mehrgeschossiges Wohngebäude mit 17 Wohneinheiten sowie zwei
Büroflächen und einer Tiefgarage.
Die Antragstellerin ist Eigentümerin des 313 m² großen Grundstücks O.- Straße 20 – 22 der Gemarkung W..
Das Grundstück ist straßenparallel mit einem sogenannten „Bleicherhaus“ bebaut. Dieses eingeschossige
Gebäude mit dem Charakter eines unechten Doppelhauses mit Satteldach besitzt eine Giebelhöhe von ca. 7
m. Es wurde im Jahr 1862 mit Wänden aus Ziegelmauerwerk und Holzbalkendecken errichtet, steht seit dem
14. Februar 1978 als Einzeldenkmal unter Denkmalschutz und bildet zudem einen konstituierenden Teil des
Denkmalensembles U.- Straße. Darüber hinaus ist das Grundstück mit einem nicht denkmalgeschützten,
heute zu Wohnzwecken genutzten eingeschossigen Gebäude desselben Alters entlang der Grenze zum
Grundstück der Beigeladenen sowie mit einer ebenfalls eingeschossigen, an das denkmalgeschützte
Gebäude in der Folgezeit angebauten Garage mit Geräteraum bebaut. Im Abstand von ca. 11 m zum
denkmalgeschützten Gebäude der Antragstellerin befindet sich auf dem Nachbargrundstück in der U.- Straße
45 - 47 ein weiteres unter Denkmalschutz gestelltes Bleicherhaus.
Die Beigeladene ist Eigentümerin der südwestlich daran angrenzenden unbebauten Flurstücke 29 und 106 der
Gemarkung W. an der O.- Straße, die zusammen eine Grundfläche von 1.262 m² besitzen und ein
Baugrundstück bilden. Das Baugrundstück grenzt auf einer Länge von ca. 16 m seitlich an das Grundstück
der Antragstellerin an. Die O.- Straße ist in Richtung Südwesten, d.h. zum Grundstück der Beigeladenen hin,
abschüssig.
Die Grundstücke der Antragstellerin und der Beigeladenen liegen im Gebiet des Bebauungsplans W. 9 vom
29. Dezember 1995 (GVBl. S. 431). Dieser weist das Bleicherhaus auf dem Grundstück der Antragstellerin
nachrichtlich als denkmalgeschütztes Gebäude aus und setzt auf dem Grundstück der Antragstellerin und
5
7
8
9
10
11
12
6
dem Grundstück U.- Straße 45 – 47 ein allgemeines Wohngebiet mit eingeschossiger geschlossener
Bauweise fest. Auch das Grundstück der Beigeladenen ist als allgemeines Wohngebiet ausgewiesen. In
einem Abstand von ca. 14 m im vorderen und 10 m im hinteren Grundstücksbereich zur Grundstücksgrenze
der Antragstellerin ist straßenparallel ein Baufenster für eine zweigeschossige geschlossene Bebauung
ausgewiesen worden, daran anschließend ist eine viergeschossige Bebauung zulässig. Der Abstand der
Baugrenze für die zweigeschossige Ausweisung zum denkmalgeschützten Gebäude beträgt ca. 17 m, der
der viergeschossigen Ausweisung beträgt ca. 27 m.
Die Antragsgegnerin erteilte der Beigeladenen am 4. Juli 2011 einen Bauvorbescheid und am 30. Juli 2012 im
vereinfachten Genehmigungsverfahren eine Baugenehmigung für das streitige Bauvorhaben. Letztere ist am
6. November 2012 und am 16. August 2013 teilweise modifiziert worden. Der Beigeladenen wurden vier
Befreiungen erteilt:
„1. Planungsrechtliche Befreiungen nach § 31 Abs. 2 BauGB
1.1 Überschreitung der zulässigen Zahl der Vollgeschosse im Teilbaufenster IVg von 4
(südwestliches Teilbaufenster IVg) um 1 auf 5
1.2 Überschreitung der festgesetzten Baugrenzen des südwestlichen Baufensters IVg um 2,30 m
nach Nordosten
1.3 Überschreitungen der festgesetzten Baugrenze des nordöstlichen Teilbaufensters IIg um einen
Meter nach Nordosten
1.4 für das Überschreiten der zulässigen Grundflächenzahl von 0,4 um 0,08 auf 0,48.“
Die Genehmigung wurde unter der aufschiebenden Bedingung erteilt, dass mit den entsprechenden
Bauarbeiten erst begonnen werden dürfe, wenn hinsichtlich der Standsicherheit der erforderliche Nachweis
gemäß § 14 der Bauvorlagenverordnung (BauVorlVO) zur Prüfung nachgereicht worden ist.
Damit wurde ein ca. 8 m breiter zweigeschossiger Gebäudeteil mit Staffelgeschoss auf dem nordöstlichen
Grundstücksteil des Baugrundstücks genehmigt, der im vorderen straßennahen Grundstücksbereich im
Abstand von 13 m zur Grundstücksgrenze der Antragstellerin und im rückwärtigen Bereich im Abstand von
bis zu 9 m zum grenzständig errichteten Gebäude der Antragstellerin errichtet werden darf. Die nordöstliche
Ecke des genehmigten Mehrfamilienhauses, die eine Höhe von ca. 9,70 m besitzt, hält einen Abstand von
ca. 16 m zum denkmalgeschützten Bleicherhaus ein. An den Gebäudeteil mit zwei Vollgeschossen plus
Staffelgeschoss schließt sich ein Gebäudeteil mit fünf Vollgeschossen plus Staffelgeschoss mit einer
Gebäudehöhe von ca. 16,90 m an, der in geschlossener Bauweise zur Bebauung auf dem südwestlich
gelegenen Nachbargrundstück errichtet wird. Er hält einen Abstand von ca. 25 m zum denkmalgeschützten
Gebäude ein. Das Kellergeschoss soll in einem Abstand von ca. 13 m zum denkmalgeschützten
Bleicherhaus der Antragstellerin errichtet werden, rückt aber teilweise bis auf einen Meter an das nicht
denkmalgeschützte Wohngebäude heran. Auf der nordöstlichen Freifläche zur Grenze des Grundstücks der
Antragstellerin ist die Errichtung eines Kinderspielplatzes vorgesehen.
Die Antragstellerin, die nicht am Vorbescheids- und am Genehmigungsverfahren beteiligt worden war, legte
am 4. Juli 2013 gegen die ihr am 28. Juni 2013 übersandten Bescheide Widerspruch ein und beantragte
zeitgleich beim Verwaltungsgericht Hamburg die Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes.
Das Verwaltungsgericht ordnete mit Beschluss vom 13. August 2013 die aufschiebende Wirkung des
Widerspruchs gegen die erteilte Baugenehmigung bezüglich der unbeschränkt genehmigten Büronutzungen in
zwei Einheiten an. Es wies den Antrag der Antragstellerin jedoch im Übrigen mit der Begründung ab, Rechte
aus dem Denkmalschutzgesetz seien im vereinfachten Genehmigungsverfahren nicht zu prüfen und
bauplanungsrechtlich verletze die Baugenehmigung die Rechte der Antragstellerin nicht. Denn eine Befreiung
von nachbarschützenden Festsetzungen sei nicht erfolgt und das Gebot der Rücksichtnahme sei auch unter
Berücksichtigung der erhöhten Schutzwürdigkeit des denkmalgeschützten Nachbargebäudes nicht verletzt.
Der Hilfsantrag auf Verpflichtung der Antragsgegnerin zum bauaufsichtlichen Einschreiten im Wege einer
einstweiligen Verfügung sei unzulässig, da sich die Antragstellerin nicht zuvor an die Antragsgegnerin
gewandt habe.
Die Antragstellerin hat bei dem für die Bauaufsicht zuständigen Bezirksamt mit Schreiben vom 26. August
2013 die Untersagung des Bauvorhabens aus denkmalschutzrechtlichen Gründen beantragt. Sie trägt vor,
das Bauvorhaben beeinträchtige nachbarschützende Rechte aus dem Denkmalschutzrecht. Auch wenn dies
nicht die Rechtmäßigkeit der Baugenehmigung betreffen sollte, sei die Antragsgegnerin zum Eingreifen
verpflichtet. Nachdem sich das Bezirksamt diesbezüglich für unzuständig erklärt hat, hat sich die
Antragsgegnerin mit Schreiben vom 9. Oktober 2013 an das Denkmalschutzamt gewandt und dieses um ein
14
15
16
17
18
19
20
21
22
13
Einschreiten gegen das Bauvorhaben gebeten, da durch das Bauvorhaben denkmalpflegerische Belange
berührt seien. Das Denkmalschutzamt hat bislang keine Stellungnahme abgegeben.
II.
Die zulässige Beschwerde der Antragstellerin bleibt in der Sache ohne Erfolg.
Die mit der Beschwerde dargelegten Gründe, auf deren Prüfung das Beschwerdegericht gemäß § 146 Abs. 4
Satz 3 und 6 VwGO beschränkt ist, rechtfertigen nicht, die erstinstanzliche Entscheidung zu ändern und der
Antragstellerin gegen die der Beigeladenen erteilte Baugenehmigung über den erstinstanzlich gewährten
Umfang hinaus vorläufigen Rechtsschutz zu gewähren.
1. Die Antragstellerin rügt zunächst, das Verwaltungsgericht habe in verfahrensfehlerhafter Weise den
Anspruch auf Gewährung rechtlichen Gehörs verletzt. Ihr sei im erstinstanzlichen Verfahren keine
Akteneinsicht in die Bauzeichnungen gewährt worden; außerdem habe sie keine ausreichende Möglichkeit
gehabt, um zu den Ausführungen im Schriftsatz der Beigeladenen vom 24. Juli 2013 Stellung zu nehmen.
Unabhängig von der Frage, ob die gerügten Umstände Verstöße gegen den Gehörsgrundsatz darstellen,
führen sie nicht zur Abänderung der erstinstanzlichen Entscheidung. Unterbliebenes Vorbringen kann im
Beschwerdeverfahren geltend gemacht werden mit der Folge, dass ein eventueller Verfahrensmangel geheilt
wird (OVG Hamburg, Beschl. v. 10.5.2010, 2 Bs 80/10; OVG Berlin-Brandenburg, Beschl. v. 5.9.2013, OVG
2 S 75.13, juris; OVG Münster, Beschl. v. 10.1.2013, 1 B 1217/12, juris). Die Antragstellerin hat im
Beschwerdeverfahren ausreichend Gelegenheit gehabt, sämtliche Akten einzusehen und diesbezüglich sowie
zu dem genannten Schriftsatz der Beigeladenen Stellung zu nehmen.
2. Ohne Erfolg wendet sich die Antragstellerin gegen die Versagung einstweiligen Rechtsschutzes nach §§
80 Abs. 5, 80 a VwGO.
a. Soweit die Antragstellerin vorträgt, das Verwaltungsgericht habe bei der Prüfung der Rechtmäßigkeit der
erteilten Baugenehmigung zu Unrecht eine Einbeziehung der Vorschriften des Denkmalschutzrechts in die
gerichtliche Entscheidung unterlassen bzw. die Bedeutung des Denkmalschutzes verkannt, ist die Rüge im
Ergebnis unbegründet.
aa. Das Verwaltungsgericht hat im Rahmen der Prüfung der §§ 80, 80 a VwGO zu Recht auf den Umstand
hingewiesen, dass die Antragstellerin eine im vereinfachten Genehmigungsverfahren nach § 61 HBauO
erteilte Baugenehmigung angegriffen hat und dass zum Prüfprogramm des § 61 Abs. 2 HBauO nicht die
Frage gehört, ob neben der Baugenehmigung eine Genehmigung nach dem Denkmalschutzrecht erteilt
werden kann oder muss (ebenso OVG Hamburg, Beschl. v. 13.7.2012, 2 Bs 142/12, juris Rn. 37; Beschl. v.
19.2.2013, 2 Bs 265/12). Der Gesetzgeber hat sich auch nach einer zweiten Evaluation des vereinfachten
Genehmigungsverfahrens nach § 61 HBauO im Juli 2011 bewusst dafür entschieden, die Erteilung einer
denkmalschutzrechtliche Genehmigung vom Prüfumfang des § 61 Abs. 2 HBauO weiterhin auszuschließen
(Bü-Drs. 20/1110, S. 10). Ein möglicher einfachgesetzlicher nachbarrechtlicher Abwehranspruch gegen eine –
noch nicht erteilte - denkmalschutzrechtliche Genehmigung nach § 8 HmbDSchG ist dementsprechend kein
gesonderter Prüfungsgegenstand der im vereinfachten Genehmigungsverfahren erteilten Baugenehmigung.
Sofern ein Nachbar die Auffassung vertritt, dass Anforderungen verletzt sind, die außerhalb dieses
Prüfprogramms liegen, berührt dies grundsätzlich nicht die Prüfung der §§ 80, 80 a VwGO. Vielmehr muss er
das Einschreiten der Behörde beantragen und diesen Antrag gegebenenfalls im Verfahren des vorläufigen
Rechtsschutzes nach § 123 VwGO durchsetzen (BVerwG, Beschl. v. 16.1.1997, NVwZ 1998, 58; OVG
Schleswig, Beschl. v. 3.1.2005, NordÖR 2005, 227; Niere in: Alexejew, Hamburgisches Bauordnungsrecht,
Stand: Januar 2013, § 61 HBauO Rn. 83).
bb. Soweit die Antragstellerin eine unzureichende Berücksichtigung denkmalschutzrechtlicher Aspekte in der
Prüfung des Bauplanungsrechts beanstandet, dringt sie mit diesem Einwand ebenfalls nicht durch.
Dies betrifft zunächst ihre Rüge, das Verwaltungsgericht sei zu Unrecht davon ausgegangen, dass die
Festsetzungen im Bebauungsplan W. 9, von denen Befreiungen erteilt worden seien, keinen Nachbarschutz
beinhalteten.
Das Verwaltungsgericht hat sich in der angegriffenen Entscheidung mit der Planbegründung
auseinandergesetzt, wonach sowohl die Baugrenzen als auch die festgesetzte Gebäudehöhe mit Rücksicht
auf „die vorhandenen denkmalgeschützten Bleicherhäuser im Einmündungsbereich der U.- Straße“
festgesetzt worden sind. Es sollte „ein städtebaulicher Endpunkt für Geschossbauten“ erreicht werden. Diese
23
24
25
26
27
Ausführungen hat das Verwaltungsgericht dahingehend bewertet, dass dem Plangeber allein städtebauliche
Aspekte vor Augen gestanden hätten und dass nicht darüber hinaus dem Eigentümer eines
denkmalgeschützten Gebäudes ein subjektiv-öffentliches Recht auf Einhaltung der festgesetzten Baugrenzen
und Gebäudehöhen eingeräumt werden sollte.
Soweit die Antragstellerin aus der Intention des Plangebers, die Baugrenze mit Rücksicht auf die vorhandene
denkmalgeschützte Bebauung auf ihrem Grundstück festzusetzen, ableitet, er habe ihr als Nachbarin bereits
bei der Planfestsetzung ein unmittelbares subjektiv-öffentliches Recht auf Einhaltung der Planvorgaben
gewähren wollen, trifft dies nicht zu. Die Unterschutzstellung eines Denkmals auf einem Grundstück im
Plangebiet ist aus der Sicht des Plangebers ein städtebaulicher Belang, der gemäß § 1 Abs. 6 Nr. 5 BauGB
bei der Aufstellung eines Bebauungsplans zu berücksichtigen ist. Diese Vorstellung lag auch dem Plangeber
bei der Festsetzung von Baugrenzen im Bebauungsplan W. 9 im Dezember 1995 zugrunde. Zu diesem
Zeitpunkt - und auch in der Folgezeit bis zur Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts aus dem April
2009 (vgl. BVerwG, Urt. v. 21.4.2009, BVerwGE 133, 347) – wurden aus denkmalschutzrechtlichen
Unterschutzstellungen weder in der Rechtsprechung des Hamburgischen Oberverwaltungsgerichts (vgl.
Beschl. v. 9.6.1995, Bs II 229/95, juris; Beschl. v. 16.10.2008, 2 Bs 148/06) noch in der ganz überwiegenden
obergerichtlichen Rechtsprechung anderer Bundesländer subjektive Abwehrrechte des Denkmaleigentümers
gegen nachbarliche Bauvorhaben bejaht (vgl. OVG Lüneburg, Urt. v. 5.9.1985, BRS 44 Nr. 118; VGH Kassel,
Urt. v. 7.1.1986, NVwZ 1986, 680; OVG Münster, Beschl. v. 25.4.1989, NuR 1991, 89 und v. 9.6.1989, BRS
49 Nr. 146). Somit bestand für den Plangeber im Jahr 1995 kein Anlass, mit der Festsetzung der Baugrenzen
und Geschossigkeiten zugleich subjektive Rechte des Denkmaleigentümers zu begründen.
Soweit die Antragstellerin die Auffassung vertritt, die mit Rücksicht auf Denkmäler getroffenen
Festsetzungen im Bebauungsplan W. 9 seien vor dem Hintergrund der gegenwärtigen höchstgerichtlichen
Rechtsprechung zur Gewährung eines Mindeststandards an Umgebungsschutz für den Denkmaleigentümer
nunmehr verfassungskonform im Sinne des Nachbarschutzes und dieses Mindeststandards auszulegen, ist
dieser Einwand ebenfalls unbegründet.
Dabei kann dahinstehen, ob und gegebenenfalls in welcher Weise der Mindestanspruch des
Denkmaleigentümers auf Umgebungsschutz, der aus einer an Art. 14 Abs. 1 GG orientierten Auslegung des
fachlichen Denkmalschutzes resultiert (BVerwG, Urt. v. 21.4.2009, a.a.O.), dem Denkmaleigentümer im
Geltungsbereich eines Bebauungsplans zusätzliche subjektive Rechte vermittelt, wenn die Baubehörde von
Festsetzungen im Befreiungswege abweichen will und dies unmittelbare Auswirkungen auf das Denkmal hat.
Denn selbst wenn der bundesrechtliche Mindestschutz bei einer Befreiung nach § 31 Abs. 2 BauGB von den
Festsetzungen eines Bebauungsplans stets – und somit auch im vereinfachten Genehmigungsverfahren
nach § 61 HBauO – zu berücksichtigen sein sollte, muss der Einwand der Antragstellerin, das
Verwaltungsgericht habe denkmalrechtliche Aspekte im Rahmen der Überprüfung der erteilten Befreiung nicht
hinreichend gewürdigt, erfolglos bleiben.
Denn der denkmalrechtliche Mindestschutz des Denkmaleigentümers wäre nur im Falle einer erheblichen
Beeinträchtigung des Denkmals verletzt, die hier nicht ersichtlich ist. Ob eine erhebliche Beeinträchtigung
einen schwereren Eingriff darstellt als die in § 8 DSchG geforderte „wesentliche Beeinträchtigung“, kann
vorliegend dahingestellt bleiben. Denn auch eine wesentliche Beeinträchtigung des Bleicherhauses liegt nicht
vor. Das Beschwerdegericht legt bei der Beurteilung der Beeinträchtigung eines Denkmals durch bauliche
Maßnahmen in der Umgebung folgende Maßstäbe an (vgl. Beschl. v. 22.10.2013, 2 Bs 283/13):
„Ob eine wesentliche Beeinträchtigung der Eigenart und des Erscheinungsbilds eines Denkmals
vorliegt, ist eine Frage des Einzelfalls. Ihre Beurteilung setzt eine an den für die Denkmalwürdigkeit
maßgeblichen Kriterien orientierte (kategorienadäquate) Betrachtung voraus (vgl. OVG Koblenz, Urt.
v. 21.8.2012, BauR 2012, 1933; VGH Mannheim, Urt. v. 1.9.2011, DVBl. 2011, 1418, 1419; OVG
Berlin-Brandenburg, Urt. v. 21.2.2008, OVGE 29, 18, 22). Es ist darauf abzustellen, welche der in § 4
Abs. 2 DSchG genannten Merkmale die Schutzwürdigkeit des Denkmals konkret begründen, und mit
Rücksicht auf diese Merkmale wertend einzuschätzen, ob seine Eigenart und sein Erscheinungsbild
durch die Veränderung seiner unmittelbaren Umgebung Schaden nehmen. Dabei geht der
Umgebungsschutz des § 8 DSchG über das bauordnungsrechtliche Verunstaltungsverbot des § 12
Abs. 1 HBauO hinaus. Als wesentliche Beeinträchtigung eines Denkmals ist daher nicht nur eine
Situation anzusehen, in der ein hässlicher, das ästhetische Empfinden des Betrachters verletzender
Zustand, also ein Unlust erregender Kontrast zwischen der benachbarten Anlage und dem Denkmal
hervorgerufen wird. Vielmehr gilt es auch zu gewährleisten, dass die jeweilige besondere Wirkung,
die ein Denkmal als Zeugnis der Geschichte, als Kunstwerk, als wissenschaftliches Objekt oder als
charakteristisches städtebauliches Element hat, nicht geschmälert wird. Die Ziele des
28
29
30
31
32
Denkmalschutzes lassen sich nur erreichen, wenn ggf. auch das Eigentum in der Umgebung eines
Denkmals beschränkt wird (vgl. BVerwG, Urt. v. 21.4.2009, BVerwGE 133, 347, 353). Das bedeutet
zwar nicht, dass sich neue Vorhaben in der Umgebung eines Denkmals völlig an dieses anpassen
müssten oder zu unterbleiben hätten, wenn dergleichen nicht möglich ist. Sie müssen sich aber an
dem Maßstab messen lassen, den das Denkmal gesetzt hat, dürfen es also insbesondere nicht
gleichsam erdrücken, verdrängen oder übertönen oder es an der gebotenen Achtung gegenüber den
im Denkmal verkörperten Werten fehlen lassen (vgl. OVG Lüneburg, Urt. v. 21.4.2010, NUR 2010,
649, 657; OVG Berlin-Brandenburg, Beschl. v. 28.9.2012, juris, Rn. 8; VGH München, Urt. v.
25.6.2013, 22 B 11.701, juris, Rn. 31).“
Der Umstand, dass die Antragsgegnerin eine zweigeschossige Bebauung im Abstand von ca. 16 m zum
denkmalgeschützten Bleicherhaus genehmigt hat und eine fünfgeschossige im Abstand von 25 m
beeinträchtigt die Denkmalqualität des Bleicherhauses vor diesem Hintergrund nicht wesentlich. Das auf dem
Grundstück der Antragstellerin befindliche „Bleicherhaus“ besitzt als ehemals gewerblich oder zu
Wohnzwecken genutztes, unaufwändig gestaltetes Gebäude auch nach der Begründung der
Unterschutzstellung keine einem herrschaftlichen Anwesen vergleichbare Solitärstellung, die einen erhöhten
Umgebungsschutz mit Abstandsflächen von mindestens 17 m nach Südwesten erfordern würde. Die
Erhaltung des Denkmals liegt ausweislich der Begründung des Bescheides vom 14. Februar 1987, mit dem
es unter Schutz gestellt wurde, nicht in seiner künstlerischen Gestaltung, sondern in seiner geschichtlichen
Bedeutung sowie in der Bewahrung der charakteristischen Eigenart des Ortsbildes. Das historische Ortsbild
wird in der im Beschwerdeverfahren eingereichten fachamtlichen Stellungnahme vom 11. Januar 2010, in der
das Bleicherhaus der Antragstellerin allerdings als konstituierend für das „Ensemble U.- Straße“ angesehen
worden ist, näher beschrieben. In der Stellungnahme wird ausgeführt, dass das Quartier aus Wäscherei- und
Bleichereibetrieben als dörfliche Ansiedlung um den W.-Marktplatz entwickelt habe. Spätestens in den 1850er
Jahren habe sich mit der Neuanlage der U.- Straße das Dorf zum dichtbesiedelten Stadtteil gewandelt. Das
Bleicherhaus der Antragstellerin, das 1862 errichtet worden ist, nahm somit an der fortschreitenden
Verdichtung teil und stand zu keiner Zeit in einer Umgebung mit überdurchschnittlich großen Freiflächen. Dies
zeigt sich u.a. daran, dass es sich in ca. 11 m Abstand zu dem in derselben Zeitspanne errichteten weiteren
denkmalgeschützten Bleicherhaus in der U.- Straße 45 – 47 befindet und zudem in unmittelbarer Nähe von
ca. einem Meter zu dem weiteren im Jahr 1862 errichteten Gebäude auf dem Grundstück der Antragstellerin.
Auch das Gebäude U.- Straße 45 – 47 weist keine aufgrund seiner städtebaulichen Bedeutung entstandene
und weiterhin planungsrechtlich gesicherte Freifläche auf. Die straßenseitige Fassade des
denkmalgeschützten Gebäudes der Antragstellerin ist auch zukünftig in gleicher Weise sichtbar wie ohne die
genehmigte Nachbarbebauung; die Größe des Sichtdreiecks zur südwestlichen Giebelwand ist durch das
Heranrücken des Nachbargebäudes um einen Meter auf einen Abstand von ca. 16 m nur minimal
beeinträchtigt. Hinzu kommt, dass das mehrgeschossige Wohngebäude auf dem Grundstück der
Beigeladenen auch in der näheren Umgebung des Ensembles U.- Straße keinen Fremdkörper darstellen wird.
Denn das denkmalgeschützte Ensemble besteht nicht ausschließlich aus eingeschossigen Bleicherhäusern.
Nach der Stellungnahme des Denkmalschutzamtes vom 11. Januar 2010 repräsentiert das Ensemble U.-
Straße „in seiner Heterogenität mehrere Phasen einer insgesamt 100jährigen städtebaulichen Entwicklung“,
zu denen neben den eingeschossigen Bleicherhäusern auch gründerzeitliche Etagenhäuser gehören.
b. Auch soweit die Antragstellerin die Rücksichtslosigkeit des Bauvorhabens auf spezifisch
planungsrechtliche Gründe zu stützen sucht, bleibt dies ohne Erfolg.
Vor dem Hintergrund der Einhaltung der gesetzlich geforderten Abstände auf eigenem Grund (vgl. OVG
Hamburg, Beschl. v. 17.9.2012, DVBl 2013, 240) sind die geltend gemachten weiteren Beeinträchtigungen
wie eine rücksichtslose Verschattung oder eine ebensolche Verschlechterung der Belüftung auf dem
Grundstück der Antragstellerin nicht zu befürchten.
Eine erdrückende Wirkung des Bauvorhabens auf das Grundstück der Antragstellerin hat das
Verwaltungsgericht ebenfalls zu Recht verneint. Vorliegend stellt weder die Befreiung von der nordöstlichen
Baugrenze der zweigeschossigen Bebauung um einen Meter noch jene von der Baugrenze des
viergeschossig festgestellten Bereichs um 2,30 m eine rücksichtslose Beeinträchtigung der Antragstellerin in
Gestalt der erdrückenden Wirkung dar. Dasselbe gilt für die Befreiung von der Viergeschossigkeit um ein
zusätzliches Vollgeschoss und von der vorgesehenen Geschossflächenzahl um 0,08.
Es liegt bereits kein grobes Missverhältnis vor. Hier beträgt die Differenz der Gebäudehöhen auch aufgrund
des absteigenden Geländeniveaus weniger als 2,50 m. Hinzu kommt der Abstand von ca. 16 m zum
Bleicherhaus, der die gesetzlich geforderten Mindestabstände deutlich übersteigt. Das Mehrfamilienhaus der
Beigeladenen rückt lediglich im hinteren Grundstücksbereich der Antragstellerin bis auf ca. 9 m an die
33
34
35
36
37
38
Grundstücksgrenze und an das grenzständig errichtete Gebäude heran, so dass für dieses Grundstück und
für seine Bewohner der Eindruck des Eingemauertseins nicht zu befürchten ist. Der Umstand, dass sich an
den zweigeschossigen Gebäudeteil im Abstand von weiteren 8 m, d.h. im Abstand von ca. 25 m zum
denkmalgeschützten Gebäude ein Gebäudeteil mit fünf Vollgeschossen und einem Staffelgeschoss
anschließt, vermag ebenfalls keine erdrückende Wirkung auf das Grundstück der Antragstellerin zu
begründen, da zum Grundstück der Antragstellerin ein großzügiger Abstand verbleibt.
Auch die Genehmigung des außerhalb der Baugrenzen befindlichen Kellergeschosses, das in einem Abstand
von ca. 13 m zum denkmalgeschützten Bleicherhaus errichtet werden darf, stellt keinen rücksichtslosen
Eingriff in die planungsrechtlich relevanten Rechte der Antragstellerin dar. Von den unterirdischen Anlagen
gehen keine negativen Wirkungen auf die Nutzung ihres Grundstücks aus. Soweit die Antragstellerin die
Auffassung vertritt, die Erteilung der Baugenehmigung sei rechtswidrig, da durch die Errichtung des
Kellergeschosses Beschädigungen ihres denkmalgeschützten Gebäudes zu befürchten seien, weil die
Standsicherheit ihrer Gebäude im Sinne des § 15 Abs. 1 Satz 4 HBauO gefährdet werde, ist ebenfalls kein
einstweiliger Rechtsschutz nach § 80 Abs. 5 VwGO zu gewähren. Denn die bauordnungsrechtliche Frage der
Standsicherheit nach § 15 HBauO ist bisher nicht Bestandteil der angegriffenen Baugenehmigung nach § 61
HBauO geworden, da der nach § 68 Abs. 2 Satz 1 HBauO i.V.m. § 14 BauVorlVO erforderliche
Ergänzungsbescheid über die Standsicherheit noch aussteht.
Ein Verstoß gegen das Rücksichtnahmegebot liegt schließlich nicht in den geltend gemachten
Beeinträchtigungen aus dem vorgesehenen privaten Kinderspielplatz an der gemeinsamen
Grundstücksgrenze und seiner genehmigten Nutzung. Der Umstand, dass keine Nutzungsbeschränkung zur
Nachtzeit in die Baugenehmigung aufgenommen wurde, verstößt nicht gegen nachbarschützende
Vorschriften des öffentlichen Rechts und ist auch nicht rücksichtslos im Sinne des § 15 Abs. 1 Satz 2
BauNVO. Die Antragstellerin hat in ihrer Beschwerdebegründung nicht dargelegt, dass Immissionen konkret
zu befürchten sind, die ihr im Allgemeinen Wohngebiet nach § 4 BauNVO, in dem nach § 4 Abs. 2 Nr. 3
BauNVO auch öffentliche Spielplätze und Kindertagesstätten als Anlagen für soziale Zwecke zulässig sind,
nicht zugemutet werden dürfen. Für die unsubstantiierte Befürchtung, es könne nachts zu unzumutbaren
Geräuschimmissionen kommen, besteht bei bestimmungsgemäßer Nutzung der Spielfläche kein Anlass. Ein
Nachbar kann von der Bauaufsichtsbehörde nicht beanspruchen, prophylaktisch für jede erdenkliche
unzulässige Nutzung eine Auflage zu erlassen.
3. Soweit das Verwaltungsgericht den Hilfsantrag der Antragstellerin abgelehnt hat, die Antragsgegnerin im
Wege der einstweiligen Anordnung nach § 123 VwGO zu verpflichten, der Beigeladenen die Durchführung des
Bauvorhabens zu untersagen, ist dies im Ergebnis ebenfalls nicht zu beanstanden.
a. Zweifelhaft ist weiterhin die Zulässigkeit dieses Antrags, soweit die Antragstellerin ein Einschreiten der
Antragsgegnerin im Hinblick auf den denkmalrechtlichen Umgebungsschutz begehrt. Zwar dürften innerhalb
der Beschwerdebegründungsfrist des § 146 Abs. 4 VwGO geltend gemachte neue Tatsachen, die den
Streitgegenstand nicht verändern, auch dann zu berücksichtigen sein, wenn sie - wie ein selbst gestellter
Antrag - vom Beschwerdeführer selbst geschaffen wurden (vgl. OVG Münster, Beschl. v. 21.12.2006, BauR
2007, 861 m.w.N.). Die Antragstellerin hat jedoch den Antrag auf behördliches Einschreiten, der sich nach §
13 Abs. 2 des Hamburgischen Denkmalschutzgesetzes (DSchG) richten dürfte, erst am 9. Oktober 2013
nach dem Ablauf der Beschwerdebegründungsfrist beim zuständigen Denkmalschutzamt gestellt, die am 13.
September 2013 endete, nachdem sie sich zuvor innerhalb der Beschwerdebegründungsfrist allein an das
insoweit unzuständige Bezirksamt gewandt hatte.
Jedenfalls ist der Antrag unbegründet. Nach § 123 Abs. 1 Satz 1 VwGO kann das Gericht auch schon vor
Klageerhebung eine einstweilige Anordnung in Bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr
besteht, dass durch die Veränderung des bestehenden Zustands die Verwirklichung eines Rechts des
Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte. Eine einstweilige Anordnung kann auch zur
Regelung eines vorläufigen Zustandes in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis getroffen werden, wenn
diese Regelung nötig erscheint, um wesentliche Nachteile abzuwenden oder drohende Gefahr zu verhindern
oder aus sonstigen Gründen geboten ist (§ 123 Abs. 1 Satz 2 VwGO). Vorliegend fehlen sowohl der
erforderliche Anordnungsgrund als auch der Anordnungsanspruch.
Die Regelung erscheint gegenwärtig schon nicht notwendig, um wesentliche Nachteile abzuwenden, da der
Antrag auf behördliches Einschreiten das zuständige Denkmalschutzamt erst vor etwa drei Wochen erreicht
hat. Ein Fall der behördlichen Untätigkeit im Sinne des § 75 VwGO ist nicht gegeben. Der Antragstellerin
kann jedenfalls so lange noch zugemutet werden, die behördliche Entscheidung abzuwarten wie mit den
Baumaßnahmen noch nicht begonnen worden ist.
39
40
42
43
41
Es fehlt auch am Anordnungsanspruch. Ein im einstweiligen Rechtsschutzverfahren geltend gemachter
Anspruch auf behördliches Einschreiten setzt voraus, dass jede andere Entscheidung als die, zu Gunsten
des Antragstellers einzuschreiten, wegen der Verletzung eines nachbarschützenden Abwehranspruchs
ermessensfehlerhaft wäre (OVG Hamburg, Urt. v. 11.11.2009, NordÖR 2010, 29 zu § 76 HBauO). Ein
Einschreiten des Denkmalschutzamts in Gestalt einer vorläufigen Einstellung des Baus nach § 13 Abs. 2
DSchG setzt jedoch zunächst voraus, dass eine genehmigungspflichtige wesentliche Beeinträchtigung der
unmittelbaren Umgebung des Denkmals im Sinne des § 8 DSchG vorliegt, an der es jedoch – wie oben
dargestellt - bereits fehlt.
b. Schließlich kann die Antragstellerin auch nicht den Erlass einer einstweiligen Anordnung verlangen, soweit
sie um die Standsicherheit der Gebäude auf ihrem Grundstück fürchtet. Denn diesbezüglich ist der Antrag
nach § 123 Abs. 5 VwGO nicht statthaft. Die (nachträgliche) Prüfung der Standsicherheit ist gemäß § 68
Abs. 2 Satz 1 HBauO Bestandteil der Baugenehmigung. Sofern diese durchgeführt worden ist und die
Antragstellerin dennoch ihre Belange beeinträchtigt sieht, kann sie die Gewährung einstweiligen
Rechtsschutzes nach §§ 80, 80a VwGO beantragen.
III.
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 154 Abs. 2, 162 Abs. 3 VwGO.
Die Festsetzung des Streitwerts für das Berufungszulassungsverfahren folgt aus §§ 52 Abs. 1, 39 Abs. 1, 47
Abs. 2 GKG. Dabei ist zu berücksichtigen, dass es für die Streitwertbemessung allein auf das objektive Maß
der Beeinträchtigungen des nachbarlichen Grundstücks durch das angegriffene Vorhaben ankommt (OVG
Hamburg, Beschl. v. 10.2.2012, NordÖR 2012, 402; Beschl. v. 12.10.2010, 2 Bf 140/10.Z). Auch in Ziff. 9.7.1
des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit wird deutlich, dass der Streitwert einer
Nachbarklage gegen die Erteilung einer Baugenehmigung nicht entsprechend dem Bauvolumen des
nachbarlichen Bauvorhabens bemessen wird. Nach der ständigen Rechtsprechung des Beschwerdegerichts
ist der Streitwert für Nachbarklagen einem Rahmen von 7.500 bis 30.000 Euro zu entnehmen (Beschl. v.
7.1.2013, 2 Bf 98/12.Z, juris; Beschl. v. 29.11.2006, NordÖR 2007, 137). Der Streitwert richtet sich entgegen
der Auffassung der Antragstellerin nicht nach etwaigen Wertminderungen des nachteilig betroffenen
Grundstücks (Beschl. v. 29.11.2006, 2 Bs 148/06). Das Beschwerdegericht hält es nach wie vor nicht zuletzt
mit Blick auf die Kalkulierbarkeit des Streitwerts für alle Verfahrensbeteiligten und das Verhältnis zu den im
Streitwertkatalog vorgeschlagenen Werten in anderen baurechtlichen Streitigkeiten nicht für gerechtfertigt,
den Streitwert nach einer zumeist schwierig zu ermittelnden und von subjektiven Einschätzungen abhängigen
Wertminderung des Grundstücks und – im Ergebnis - mit einem nach oben offenen Streitwertrahmen zu
bemessen. Insbesondere letzteres wäre kaum mit dem Streitwertrahmen für Normenkontrollverfahren gegen
Bebauungspläne von höchstens 60.000 € (Ziff. 9.8 des Streitwertkatalogs) zu vereinbaren (OVG Hamburg,
Beschl. v. 29.11.2006, a.a.O.).
Im vorliegenden Beschwerdeverfahren des einstweiligen Rechtsschutzes hat das Beschwerdegericht unter
Berücksichtigung dieses Rahmens und unter Halbierung des für die Bewertung des Streits in der Hauptsache
anzunehmenden Streitwerts den Streitwert für den gegen die Baugenehmigung gerichteten Antrag auf 5.000,-
Euro und für den Antrag auf Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes nach § 123 VwGO, der einen
gesonderten Streitgegenstand darstellt, wie das Verwaltungsgericht auf 2.500,- Euro festgesetzt. Dabei wurde
werterhöhend insbesondere der Umstand berücksichtigt, dass das Gebäude O.- Straße 20-22
denkmalgeschützt ist, aber auch in Betracht gezogen, dass das Bauvorhaben erhebliche Abstände zum
Baudenkmal einhält. Außer Betracht bleiben bei der Streitwertbemessung Investitionen, die von der
Antragstellerin zum Erhalt und zur Sanierung ihres Denkmals getätigt worden sind. Deren Nutzen wird durch
das Bauvorhaben der Beigeladenen nicht geschmälert.