Urteil des FG Hamburg vom 11.09.2013

FG Hamburg: restriktive auslegung, entlastung, unternehmen, kupfer, steuer, prozess, vergleich, erlass, einspruch, ausnahme

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(Stromsteuer: Stromsteuerentlastung nach § 9a StromStG)
1. Nach § 9a Abs. 1 Nr. 3 StromStG in der ab dem 01.01.2007 geltenden Fassung wird nur der sog.
Wärmestrom, nicht jedoch der sog. Kraftstrom von der Stromsteuer entlastet.
2. Nach § 9a Abs. 1 Nr. 1 StromStG in der ab dem 01.01.2007 geltenden Fassung wird die Steuerentlastung
nur für den Strom gewährt, der unmittelbar in die Elektrolyse einfließt, d. h. an den Elektroden anliegt
und nicht für den Strom der für Randbereiche der Elektrolyse wie etwa die Bewegung des Elektrolyts
entnommen wird.
FG Hamburg 4. Senat, Urteil vom 11.09.2013, 4 K 133/12
9a/1/3 StromStG, 9a/1/1 StromStG, 2/4 EGRichtl-2003/96
Tatbestand
(Überlassen von Datev)
Die Klägerin begehrt eine Stromsteuerentlastung.
Die Klägerin stellt Kupfer und verschiedene Edelmetalle her. Für die Metallerzeugung und -bearbeitung sowie
die Elektrolyse setzt sie Strom ein.
Für 2007 gewährte der Beklagte der Klägerin antragsgemäß eine Steuerentlastung für den in der gesamten
Produktion eingesetzten Strom nach § 9a Abs. 1 Nr. 1 StromStG (für die Elektrolyse) und nach § 9a Abs. 1
Nr. 3 StromStG (für die Metallerzeugung und -bearbeitung) in Höhe von insgesamt ... €. Für das Jahr 2007
fand bei der Klägerin eine Außenprüfung statt. Dabei wurde der Umfang der Steuerentlastung beanstandet
(Bericht vom 23.09.2009 Rn. 3.6.3, Sachakte Bl. 9). Dort wird auf den Prüfbericht für 2006 (vom 15.12.2008
Rn. 3.11.3.2, Sachakte Bl. 33 im Verfahren 4 K 134/12) verwiesen. Darin heißt es, eine Steuerentlastung
könne nur für bestimmte Wärmebehandlungen, die in § 9a Abs. 1 Nr. 3 StromStG abschließend aufgeführt
seien, gewährt werden. Für Strom, der durch Motoren/Antriebe verbraucht werde (Kraftstrom), z. B. zum
Antrieb von Transportbändern oder Drehrohröfen, oder der von oder in
Prozessrechnern/Steuerungen/Leitständen verbraucht werde, werde keine Steuerentlastung gewährt. Bei der
Elektrolyse sei nur die Strommenge entlastungsfähig, die unmittelbar in diese einfließe, also der Strom, der
an den Elektroden anliege. Die begünstigten Verbräuche und die Berechnung der Rückforderung in Höhe von
... € sind in Anlage 13 zum Prüfbericht (Sachakte Bl. 67) aufgelistet, hierauf wird Bezug genommen.
Mit Bescheid vom 13.12.2010 forderte der Beklagte - soweit hier erheblich - in Umsetzung des Prüfberichts
Stromsteuer in Höhe von ... € zurück. Er verwies zur Begründung auf den Prüfbericht sowie den für die
Auslegung von § 9a Abs. 1 StromStG maßgeblichen Erlass des Bundesministeriums der Finanzen.
Am 12.01.2011 legte die Klägerin Einspruch ein. Sie meinte, dass nicht nur der sog. "Wärmestrom", sondern
auch der sog. "Kraftstrom" für den Gesamtprozess der Metallerzeugung und -bearbeitung zwingend
erforderlich und somit von der Steuer zu entlasten sei. Auch bei der Elektrolyse sei der Gesamtprozess zu
betrachten, eine Einschränkung auf Teilbereiche der Elektrolyse sei weder in der Energiesteuerrichtlinie
2003/96/EG noch im nationalen Recht vorgesehenen. Daher sei nicht nur der Stromdurchfluss an den
Elektroden (Anode und Kathode) begünstigt, sondern auch der Strom, der zur Durchführung der Elektrolyse
an anderen Stellen eingesetzt werde, insbesondere der Strom, der zum Bewegen des Elektrolyts durch den
Einsatz von Pumpen verwendet werde.
Das Einspruchsverfahren ruhte, um eine Stellungnahme des Bundesfinanzministeriums abzuwarten. Mit
Erlass vom 28.02.2012 hielt das Bundesfinanzministerium an der dem Bescheid vom 13.10.2010 zu Grunde
liegenden Rechtsauffassung fest.
Daraufhin wurde der Einspruch mit Einspruchsentscheidung vom 03.07.2012 zurückgewiesen. Zur
Begründung führte der Beklagte aus, das Prinzip der Elektrolyse beruhe darauf, dass eine stromleitende
Flüssigkeit (Elektrolyt) beim Anlegen einer elektrischen Spannung zersetzt werde. Dafür sei es nicht
erforderlich, dass der Elektrolyt in Bewegung gehalten werde. Insofern werde die Steuerentlastung nach § 9a
Abs. 1 Nr. 1 StromStG nur für den Strom gewährt, der unmittelbar in die Elektrolyse einfließe, das heißt der
an den Elektroden anliege. Der Wortlaut des § 9a Abs. 1 Nr. 3 StromStG lasse darauf schließen, dass der
Gesetzgeber nur den beim Schmelzen, Warmhalten und Entspannen oder einer sonstigen Wärmebehandlung
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eingesetzten "Wärmestrom" habe begünstigen wollen. Daher scheide eine Entlastung für den Strom, der
durch Motoren ("Kraftstrom"), z. B. zum Antrieb von Umwälzventilatoren, durch Leitsysteme, wie z. B. Mess-
, Steuerungs- oder Überwachungseinrichtungen oder durch Beleuchtungsanlagen verbraucht werde, aus.
Mit ihrer am 06.08.2012 bei Gericht eingegangenen Klage verfolgt die Klägerin ihr Begehren weiter. Sie meint,
auch der in zwingend erforderlichen Nebenbetrieben eingesetzte Strom sei entlastungsfähig. Der Beklagte
verenge den Anwendungsbereich von § 9a Nr. 1 und Nr. 3 StromStG unzulässig. Eine isolierte Herausnahme
einzelner Teilprozesse sei unzulässig. Die Richtlinie 2003/96/EG regele die Mindestbesteuerung von
elektrischem Strom, ausgenommen sei unter anderem die Verwendung von elektrischem Strom, der
hauptsächlich für die Zwecke der chemischen Reduktion, bei der Elektrolyse und bei Prozessen in der
Metallindustrie verwendet werde, Art. 2 Abs. 4 lit. b) 3. Spiegelstrich. Den Mitgliedstaaten stehe es also frei,
den für solche Zwecke verwendeten Strom von der Besteuerung freizustellen oder nicht. Wie sich aus dem
Begriff "hauptsächlich" ergebe, sei die Ausnahme weit auszulegen. Der deutsche Gesetzgeber habe die
Entlastung unter Ausschöpfung des von Art. 2 Abs. 4 lit. b) 3. Spiegelstrich der Richtlinie 2003/96/EG
vorgegebenen Rahmens umfassend und nicht - wie der Beklagte meine - nur eingeschränkt ausgestalten
wollen. Er habe nicht geäußert, dass er im Rahmen des § 9a Abs. 1 Nr. 3 StromStG entgegen der Richtlinie
eine Unterscheidung zwischen "Wärmestrom" und "Kraftstrom" vornehmen wolle, andernfalls hätte er dies in
der Überschrift dieser Vorschrift deutlich gemacht. In der Bestimmung habe lediglich auf typische
Verwendungen verwiesen werden sollen. Ausgeschlossen von der Entlastung solle nur der etwa für die
Beleuchtung oder Verwaltung genutzte Strom sein. Zu dem begünstigten Prozess des Schmelzens gehöre im
Rahmen der Metallerzeugung und -bearbeitung zwingend auch der Betrieb von Gebläse, Lüfter etc., ohne die
der Prozess der Metallerzeugung nicht durchgeführt werden könne. Dabei handele es sich um Rand- und
Unterstützungsprozesse der Metallerzeugung. Dies ergebe auch ein Vergleich mit § 51 EnergieStG, der in
Bezug auf die Metallerzeugung und -bearbeitung keinerlei Einschränkungen enthalte. Es sei widersprüchlich,
zum Beispiel eine Steuerentlastung für ein erdgasbetriebenes Gebläse zu gewähren, während ein
strombetriebenes Gebläse nicht begünstigt werde. Ein dieser Auslegung entgegenstehender Erlass des
Bundesfinanzministeriums sei unerheblich. Entsprechendes gelte für die Steuerentlastung für die Elektrolyse
gemäß § 9a Abs. 1 Nr. 1 StromStG. Der Umfang der Steuerentlastung beziehe sich auf den gesamten
Prozess der Elektrolyse inklusive des Stroms zur Bewegung des Elektrolyts. Eine Beschränkung auf
Teilbereiche der Elektrolyse sei in der Richtlinie 2003/96/EG nicht vorgesehen. Der Gesetzgeber habe die
Elektrolyse so stellen wollen, wie es vor der Einführung der Ökosteuer gewesen sei. Bis 1999 habe es keine
Stromsteuer gegeben, der Gesetzgeber habe den gesamten für die Elektrolyse notwendigen Strom inklusive
der Hilfsprozesse entlasten und damit den status quo ante wiederherstellen wollen. Die Elektrolyse beinhalte
die Veränderung eines Stoffes mittels Stromdurchflusses. Sie beschränke sich nicht auf den
Stromdurchfluss an den Elektroden, vielmehr werde zur Durchführung der Elektrolyse in der Regel Strom
auch an anderen Stellen eingesetzt, insbesondere werde der Strom zum bei der Kupfer-, Silber-, und
Goldelektrolyse erforderlichen Bewegen des Elektrolyts durch den Einsatz von Pumpen verwendet. Dies sei
Teil des Prozesses.
Die Klägerin beantragt den Bescheid vom 13.12.2010 in der Fassung der Einspruchsentscheidung vom
03.07.2012 insoweit aufzuheben, als gem. § 9a StromStG erstattete Stromsteuer in Höhe von ... €
zurückgefordert wird.
Der Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.
Er bezieht sich auf die Einspruchsentscheidung und ergänzt, das Prinzip der Elektrolyse beinhalte, dass
durch zwei Elektroden ein elektrischer Gleichstrom in eine leitfähige Flüssigkeit (Elektrolyt) geleitet werde
und dabei die im Elektrolyt enthaltenen Stoffe durch Ionenentladung zersetzt würden. Da die Hilfsprozesse
der Elektrolyse nach Unternehmen und Anwendungszweck variieren könnten, sei es wegen der
Gleichbehandlung von Unternehmen notwendig, eine Steuerentlastung nur für den im Kernbereich der
Elektrolyse eingesetzten Strom zu gewähren. In Bezug auf die Metallerzeugung und -bearbeitung sei der
Wortlaut der Vorschrift eindeutig.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichtsakte und die Sachakte des Beklagten Bezug
genommen.
Entscheidungsgründe
Die zulässige Anfechtungsklage ist unbegründet.
I.
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Der Abgabenbescheid vom 13.12.2010 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 03.07.2012 ist
rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten, § 100 Abs. 1 S. 1 FGO.
Die Beteiligten streiten über die Entlastungsfähigkeit von Strom, den die Klägerin einerseits für die
Metallerzeugung und -bearbeitung (1.) und andererseits für die Elektrolyse (2.) eingesetzt hat.
Rechtsgrundlage für die Steuerentlastung ist § 9a Abs. 1 StromStG.
1.Nach § 9a Abs. 1 Nr. 3 StromStG in der ab dem 01.01.2007 geltenden Fassung wird die Steuer für
nachweislich versteuerten Strom erlassen, erstattet oder vergütet, den ein Unternehmen des produzierenden
Gewerbes für die Metallerzeugung und -bearbeitung jeweils zum Schmelzen, Erwärmen, Warmhalten,
Entspannen oder sonstigen Wärmebehandlung entnommen hat.
Übereinstimmend gehen die Beteiligten davon aus, dass es im Streitfall um die Steuerentlastung für
nachweislich versteuerten Strom geht und dass es sich bei der Klägerin um ein Unternehmen des
produzierenden Gewerbes handelt. Im Streit ist allein die Frage, welche der von der Klägerin in den
Entlastungsantrag für die jeweiligen Einsatzbereiche bzw. Kostenstellen einbezogenen Strommengen (vgl.
auch die Auflistung in der Anlage 13 zum Prüfbericht, Sachakte Bl. 67) in den Anwendungsbereich des § 9a
StromStG fallen. Der Beklagte geht davon aus, dass lediglich der sog. "Wärmestrom" begünstigt ist.
Demgegenüber meint die Klägerin, der gesamte Produktionsbereich sei der Metallerzeugung und -bearbeitung
zuzuordnen, so dass auch der sog. "Kraftstrom" begünstigt sei; es müsse auf die typischen Verfahren
abgestellt werden und nicht auf eine Unterscheidung zwischen Kraft- und Wärmestrom. Daher müsse der
Strom nicht selbst zum Erwärmen oder Schmelzen dienen. Die in den Werken der Klägerin in A und B
angewandten Verfahren dienen im Wesentlichen der Herstellung von Kupfer, wobei die Ausgangsstoffe, z. B.
Erzkonzentrate, in Schmelzöfen geschmolzen werden. Daneben kommen weitere Öfen für Folgeprozesse
zum Einsatz, der Gesamtprozess der Herstellung erfordert aber auch von der Klägerin als Nebenbetriebe
bezeichnete strombetriebene Anlagen, wie etwa Filteranlagen oder die Kühlwasserbereitstellung.
Der Rechtsauffassung der Klägerin vermag sich der Senat nicht anzuschließen. § 9a Abs. 1 Nr. 3 StromStG
stellt nach seinem eindeutigen Wortlaut keine Grundlage für die Entlastung des gesamten für die
Metallerzeugung und -bearbeitung entnommenen Stroms dar, sondern schränkt die Entlastung durch die
Formulierung "jeweils zum Schmelzen, Erwärmen, Warmhalten, Entspannen oder sonstigen
Wärmebehandlung" ein. Dieser Formulierung, die enumerativ und nicht beispielhaft die einzelnen
Produktionsschritte, für die die Begünstigung gilt, auflistet, hätte es nicht bedurft, wenn der Gesetzgeber alle
Stromentnahmen, die im weiteren Sinne der Metallerzeugung und -bearbeitung dienen, hätte begünstigen
wollen. § 9a Abs. 1 Nr. 3 StromStG ist so zu verstehen, dass eine Steuerentlastung nur in Betracht kommt,
wenn der Strom nicht zum Antrieb von Maschinen oder Motoren verwendet wird, sondern jeweils zu den im
Gesetz genannten Wärmeprozessen (Möhlenkamp/Milewski, Stromsteuergesetz, § 9a Rn. 9). Erfasst sind
also Vorgänge mit Wärmeerzeugung (vgl. Meissner, Energiesteuern, § 9a StromStG, Rn. 7). Für diese
Auslegung spricht insbesondere auch die zum 01.01.2007 in § 9a Abs. 1 Nr. 3 StromStG neu
aufgenommenen Formulierung "... oder sonstigen Wärmebehandlung". Sie impliziert, dass es sich bei den
zuvor genannten Behandlungen "Schmelzen", "Erwärmen", "Warmhalten" und "Entspannen" ebenfalls um
solche der Wärmebehandlung handelt. Dies entspricht auch der bisherigen Rechtsprechung des Senats (vgl.
Urteil vom 08.06.2012, 4 K 104/11). Hieran hält der Senat auch vor dem Hintergrund der Argumentation der
Klägerin fest. Zutreffend weist die Klägerin darauf hin, dass § 9a Abs. 1 StromStG die Richtlinie 2003/96/EG
des Rates vom 27.10.2003 zur Restrukturierung der gemeinschaftlichen Rahmenvorschriften zur Besteuerung
von Energieerzeugnissen und elektrischem Strom (RL 2003/96/EG) umsetzt. Art. 1 RL 2003/96/EG
bestimmt, dass die Mitgliedstaaten nach Maßgabe dieser Richtlinie Steuern auf Energieerzeugnisse und
elektrischen Strom erheben. Von diesem Grundsatz macht Art. 2 Abs. 4 lit. b) 3. Spiegelstrich RL
2003/96/EG insoweit eine Ausnahme, als er die Richtlinie für elektrischen Strom, der hauptsächlich für die
Zwecke der chemischen Reduktion, bei der Elektrolyse und bei Prozessen in der Metallindustrie verwendet
wird, für nicht gültig erklärt. Diese Bestimmung befreit die Mitgliedstaaten also von der im Grundsatz
aufgestellten Verpflichtung zur Besteuerung von elektrischem Strom. So ergibt sich aus dem 24.
Erwägungsgrund der RL 2003/96/EG, dass den Mitgliedstaaten die Möglichkeit eingeräumt werden soll,
bestimmte weitere Steuerbefreiungen oder -ermäßigungen anzuwenden. Der nationale Gesetzgeber ist also
keinesfalls verpflichtet, sämtlichen bei Prozessen in der Metallindustrie verwendeten elektrischen Strom von
der Besteuerung auszunehmen, sondern kann im Rahmen des ihm zustehenden Gestaltungsspielraums
entscheiden, ob er den in der Metallindustrie verwendeten elektrischen Strom gänzlich, teilweise oder gar
nicht entlastet. Ihm steht es daher auch frei, die Stromsteuerentlastung nur für bestimmte
Herstellungsschritte zu gewähren. Insofern geht der Senat davon aus, dass § 9a Abs. 1 Nr. 3 StromStG nur
die Stromentnahme für bestimmte Herstellungsschritte in der Metallindustrie entlastet und der nationale
Gesetzgeber daher den von Art. 2 Abs. 4 lit. b) 3. Spiegelstrich RL 2003/96/EG eröffneten Rahmen
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zulässigerweise nicht ausgeschöpft hat.
Die Überlegung der Klägerin, der nationale Gesetzgeber habe entsprechend der Formulierung in Art. 2 Abs. 4
lit. b) 3. Spiegelstrich RL 2003/96/EG den gesamten bei Prozessen in der Metallindustrie verwendeten
elektrischen Strom entlasten wollen, überzeugt den Senat nicht. Der Wortlaut des § 9a Abs. 1 Nr. 3
StromStG, ist eindeutig. Eine Auslegung entgegen dem Wortlaut kommt nicht in Betracht. Wenn der
Gesetzgeber den Rahmen des Art. 2 Abs. 4 lit. b) 3. Spiegelstrich Richtlinie 2003/96/EG hätte ausschöpfen
wollen, hätte er dies unter Weglassung der Einschränkung formulieren können, wie er dies auch in § 51 Abs.
1 Nr. 1 lit. b) EnergieStG gemacht hat. Insofern belegt der Unterschied zwischen den stromsteuerrechtlichen
und den energiesteuerrechtlichen Parallelvorschriften gerade, dass § 9a Abs. 1 StromStG seinem Wortlaut
entsprechend eng auszulegen ist. Zu einem anderen Auslegungsergebnis gelangt man auch nicht mit Blick
auf die Überschrift von § 9a StromStG. Unabhängig von der - wohl zu verneinenden - Frage, ob die
Überschrift an der Regelungswirkung teilnimmt, ist dort von einer Entlastung "für bestimmte Prozesse und
Verfahren" die Rede. In Abs. 1 Nr. 3 der Norm sind nicht alle, sondern eben nur "bestimmte" Prozesse und
Verfahren im Rahmen der Metallerzeugung und -bearbeitung genannt. Insofern findet sich hier kein
Widerspruch.
Schließlich hält es der Senat für geboten, § 9a Abs. 1 Nr. 3 StromStG, sofern die Begriffe "Schmelzen",
"Erwärmen", "Warmhalten", "Entspannen" und "sonstige Wärmebehandlung" überhaupt einer Auslegung
zugänglich sind, restriktiv in dem Sinne auszulegen, dass nur der Wärmestrom begünstigt wird. Es handelt
sich hier um eine Ausnahmevorschrift, so dass der Grundsatz einer restriktiven Auslegung von
Ausnahmetatbeständen greift (vgl. zu diesem Grundsatz BFH, Urteile vom 30.03.2004, VII R 68/03 und vom
30.01.1996, VII R 81/95).
Angesichts des im Vergleich zu Art. 2 Abs. 4 lit. b) 3. Spiegelstrich Richtlinie 2003/96/EG einschränkenden
Wortlauts von § 9a Abs. 1 Nr. 3 StromStG bedarf es keiner weiteren Überlegungen zur Frage, inwieweit es,
wie die Klägerin meint, Ziel des nationalen Gesetzgebers war, die Möglichkeiten der Richtlinie voll
auszuschöpfen.
Der Senat übersieht auch nicht, dass § 51 Abs. 1 Nr. 1 lit. b) EnergieStG eine Steuerentlastung für die
Metallerzeugung und -bearbeitung gewährt, ohne dies auf bestimmte Herstellungsschritte zu beschränken,
und somit weiter gefasst ist als § 9a Abs. 1 Nr. 3 StromStG. In der Tat kann dies im Hinblick auf die
steuerliche Belastung zu unterschiedlichen Ergebnissen führen, wenn man z. B. ein erdgasbetriebenes
Gebläse (Steuerentlastung) und ein mit Strom betriebenes Gebläse (keine Steuerentlastung) in den Blick
nimmt. Diese Unterschiede ergeben sich jedoch aus dem eindeutigen Gesetzeswortlaut und sind mithin
hinzunehmen.
Der Senat geht davon aus, dass zwischen den Beteiligten unstreitig ist, welche Entnahme für den jeweiligen
Einsatzbereich bzw. die jeweilige Kostenstelle dem Wärme- bzw. dem Kraftstrom zuzurechnen ist, und dass
- was auch die Klägerin nicht bestreitet - der Beklagte diese Differenzierung für sich genommen richtig
vorgenommen hat. Daher bedarf es einer Befassung mit den einzelnen Einsatzbereichen bzw. Kostenstellen
nicht.
2.Nach § 9a Abs. 1 Nr. 1 StromStG in der ab dem 01.01.2007 geltenden Fassung wird die Steuer für
nachweislich versteuerten Strom erlassen, erstattet oder vergütet, den ein Unternehmen des produzierenden
Gewerbes für die Elektrolyse entnommen hat. Insoweit ist zwischen den Beteiligten im Streit, ob, wie der
Beklagte meint, die Steuerentlastung nur für den Strom gewährt werden kann, der unmittelbar in die
Elektrolyse einfließt, d. h. an den Elektroden anliegt, oder ob, wie die Klägerin meint, auch der für
Randbereiche der Elektrolyse, wie etwa die Bewegung des Elektrolyts, erforderliche Strom begünstigt ist.
Nach der Prozessbeschreibung der Klägerin wird das Rohkupfer in ein Bad aus verdünnter Schwefelsäure
gehängt, in dem es sich langsam auflöst. Gegenüber der Anodenplatte wird eine Edelstahlplatte positioniert,
die als Kathode dient. Zwischen Anoden- und Kathodeplatten (Kupfer und Edelstahl) wird eine elektrische
Spannung so angelegt, dass der elektrische Strom über die Platten nur durch das Säurebad laufen kann.
Dabei transportiert er das aufgelöste Kupfer von der Anode (Kupferplatte) zur Kathode (Edelstahlplatte), auf
der es in Form hochreinen Metalls wieder abgeschieden wird. Alle anderen Metalle oder Nichtmetalle
verbleiben entweder in der Lösung oder fallen als ungelöster Schlamm auf den Boden der Elektrolyse-Zellen.
Hierdurch wird Strom verbraucht. Weiterer Strom wird unter anderem für das Umpumpen der säurehaltigen
Lösung, den Transport der Platten mittels Maschinen oder die Luftreinigung benötigt. Anders als dies bei § 9a
Abs. 1 Nr. 3 StromStG der Fall ist, enthält § 9a Abs. 1 Nr. 1 StromStG keine Einschränkung in Bezug auf
bestimmte Prozesse. Die Rechtsauffassung des Beklagten, nur die Strommenge sei entlastungsfähig, die
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unmittelbar in die Elektrolyse einfließe, d. h. der Strom, der an den Elektroden anliege, ist somit das Ergebnis
einer restriktiven Auslegung. Dieser Ansatz wird in der Literatur kritisch gesehen, weil er die Steuerentlastung
von Strom ausschließt, der etwa für Nebenaggregate eingesetzt wird, auch wenn dies notwendigerweise der
Durchführung der Elektrolyse dient (Friedrich Meissner, Energiesteuern, § 9a StromStG Rn. 5, vgl. auch
Möhlenkamp/Milewski, § 9a StromStG Rn. 6).
Gleichwohl schließt sich das Gericht der Rechtsauffassung des Beklagten an. Sie beschränkt die Entlastung
auf den Kern der Elektrolyse, der sich darauf reduziert, eine Spannung an die Elektroden (Anode und
Kathode) zu legen, die durch den Elektrolyt - eine leitende Flüssigkeit - geleitet wird (vgl. z. B. elektronik-
kompendium.de, Stichwort Elektrolyse oder wikipedia.de, Stichwort Elektrolyse). Dieser Grundvorgang stellt
für sich genommen bereits die Elektrolyse dar, insofern ist die Verwendung von Strom zunächst nur zum
Anlegen der Spannung an die Elektroden erforderlich. Dies schließt nicht aus, dass, je nach technischer
Ausgestaltung des Verfahrens, auch weitere Motoren, Maschinen etc. mit Strom betrieben werden, damit die
Elektrolyse durchgeführt werden kann. Namentlich mag dies im Streitfall für die Pumpe gelten, die den
Elektrolyt in Bewegung hält. Auch der für den Betrieb derartiger Hilfs- oder Nebenanlagen verwendete Strom
mag als i. S. v. § 9a Abs. 1 Nr. 1 StromStG für die Elektrolyse entnommen angesehen werden können.
Der Senat hält aber das engere Verständnis des Beklagten für überzeugender. Bereits der Wortlaut von § 9a
Abs. 1 Nr. 1 StromStG legt - im Vergleich zur Regelung in Art. 2 Abs. 4 lit. b) 3. Spiegelstrich RL 2003/96/EG
- ein enges Verständnis nahe. Die Formulierung "bei der Elektrolyse" in der Richtlinie ist sprachlich weiter als
die Formulierung "für die Elektrolyse" in § 9a Abs. 1 Nr. 1 StromStG. "Bei" versteht der Senat im Sinne von
"im Zusammenhang mit", was die Möglichkeit eröffnen mag, Stromentnahmen zu entlasten, die zwar nicht
unmittelbar in die Elektrolyse einfließen, die aber Randbereiche der Elektrolyse betreffen und somit im
Zusammenhang mit dieser stehen. Die Präposition "für" impliziert, dass die Stromentnahme für die
Elektrolyse selbst erforderlich sein muss. Dies spricht dafür, lediglich den für den Kern der Elektrolyse - das
Anlegen der Spannung an die Elektroden - entnommenen Strom als entlastungsfähig anzusehen.
Die restriktive Auslegung entspricht zudem einem praktischen Bedürfnis, denn sie vermeidet
Abgrenzungsschwierigkeiten, sie stellt eine einheitliche Handhabung der Steuerentlastung von Unternehmen
sicher, ohne nach der technischen Ausgestaltung im Einzelfall differenzieren zu müssen, und sie entspricht
dem bereits bei § 9a Abs. 1 Nr. 3 StromStG erwähnten Grundsatz einer restriktiven Auslegung von
Ausnahmetatbeständen (vgl. zu diesem Grundsatz wiederum BFH, Urteile vom 30.03.2004, VII R 68/03 und
vom 30.01.1996, VII R 81/95).
II.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO. Die Revision wird zugelassen. Die Sache hat
grundsätzliche Bedeutung, zudem dient sie der Fortbildung des Rechts und der Sicherung einer einheitlichen
Rechtsprechung, da insbesondere zum Umfang des Entlastungsanspruchs nach § 9a Abs. 1 Nr. 1 StromStG
noch keine Rechtsprechung vorliegt, § 115 Abs. 2 Nr. 1, Nr. 2 FGO.