Urteil des FG Hamburg vom 03.04.2013

FG Hamburg: berechnung der steuer, betreiber, check, erlass, hauptsache, taxe, kultur, aufwand, öffentliche gewalt, vorläufiger rechtsschutz

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Kommunale Aufwandsteuern: Hamburgische Kultur- und Tourismustaxe
1. Ein Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung ist auch dazu statthaft, um vorläufig zu verhindern,
die Berechnungs-, Anmelde- und Abführungspflichten einer neu eingeführten Steuer erfüllen zu müssen.
2. Die Verpflichtungen zur Berechnung, Anmeldung und Abführung der Hamburgischen Kultur- und
Tourismustaxe sind nach dem im Verfahren auf Erlass einer einstweiligen Anordnung anzuwendenden
Maßstab verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden.
FG Hamburg 2. Senat, Beschluss vom 03.04.2013, 2 V 26/13
§ 1 Kult/TourTaxG HA, § 3 Kult/TourTaxG HA, § 4 Kult/TourTaxG HA, § 5 Kult/TourTaxG HA, § 6 Kult/TourTaxG
HA, § 7 Kult/TourTaxG HA, § 8 Kult/TourTaxG HA, § 9 Kult/TourTaxG HA, Art 2 Abs 1 GG, Art 3 Abs 1 GG, Art 12
Abs 1 GG, Art 14 Abs 1 GG, Art 19 Abs 3 GG, Art 20 Abs 3 GG
Tatbestand
I. Die Beteiligten streiten im einstweiligen Rechtsschutzverfahren über die Verpflichtung der Antragstellerin, die
Hamburgische Kultur-und Tourismustaxe zu berechnen, anzumelden und abzuführen.
Die Antragstellerin betreibt in Hamburg an ... Standorten Beherbergungsbetriebe im niedrigpreisigen Bereich in
Form von Hotels/Hostels. Die Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg beschloss am 4. Dezember
2012 das Hamburgische Kultur-und Tourismustaxengesetz (im Folgenden: KTTG). Das Gesetz wurde im
Hamburgischen Gesetz-und Verordnungsblatt vom 18. Dezember 2012 verkündet (HmbGVOBl 2012, 503) und
trat zum 1. Januar 2013 in Kraft (§ 12 Abs. 1 KTTG).
Das Gesetz enthält - soweit vorliegend erheblich - im Wesentlichen folgende Regelungen:
"§ 1
Steuergegenstand
(1) Der Steuer unterliegt der Aufwand für die entgeltliche Übernachtung einer Person in der Freien und
Hansestadt Hamburg in einem Beherbergungsbetrieb. Als Übernachtung gilt bereits die entgeltliche
Erlangung der Beherbergungsmöglichkeit unabhängig von der tatsächlichen Inanspruchnahme. Der
Übernachtung steht die Nutzung der Beherbergungsmöglichkeit, ohne dass eine Übernachtung erfolgt,
gleich, sofern hierfür ein gesonderter Aufwand betrieben wird. Ausgenommen von der Steuer sind
Übernachtungen, die für eine berufliche oder betriebliche Tätigkeit des Übernachtungsgastes zwingend
erforderlich sind. Der Betreiber des Beherbergungsbetriebes hat die zwingende Erforderlichkeit einer
Übernachtung für eine berufliche oder betriebliche Tätigkeit des Übernachtungsgastes durch geeignete
Belege nachzuweisen.
(2) Als Beherbergungsbetrieb gilt jeder Betrieb, bei dem Tätigkeiten zur Bereitstellung von kurzzeitigen
Beherbergungsmöglichkeiten ausgeübt werden. Nicht als Übernachtung im Sinne des Gesetzes gilt das
Unterkommen in Krankenhäusern, Rehabilitationskliniken, Alten-und Pflegeheimen, Hospizen und
vergleichbaren Einrichtungen, die dem Unterkommen von Personen in besonderen sozialen Situationen
dienen.
§ 2
Bemessungsgrundlage
(1) Die Steuer bemisst sich nach dem für die Übernachtung geschuldeten Entgelt ohne Umsatzsteuer
(Nettoentgelt). Unerheblich ist, ob das Nettoentgelt vom Gast oder von einem Dritten für den Gast
geschuldet wird. Im Falle der Belegung eines Zimmers durch mehrere Personen gilt vorbehaltlich einer
anderweitigen Abrechnung das nach Köpfen verteilte Gesamtentgelt des Zimmers als geschuldetes
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Entgelt des Übernachtungsgastes.
(2) ...
§ 3
Steuerpauschalsätze
Die Steuer beträgt je Gast und Übernachtung bei einem Nettoentgelt von bis zu
10 Euro 0 Euro,
25 Euro 0,50 Euro,
50 Euro 1 Euro,
100 Euro 2 Euro,
150 Euro 3 Euro,
200 Euro 4 Euro.
Je weitere angefangene 50 € Nettoentgelt erhöht sich die Steuer um jeweils einen Euro.
§ 4
Steuerschuldner, Haftungsschuldner
(1) Steuerschuldner ist der Betreiber oder die Betreiberin des Beherbergungsbetriebes.
(2) Hat der Gast hinsichtlich der zwingenden beruflichen oder betrieblichen Veranlassung seiner
Übernachtung falsche Belege vorgelegt oder falsche Angaben gemacht, haftet er für die entgangene
Steuer. § 219 der Abgabenordnung gilt diesen Fällen nicht.
§ 5
Entstehung und Fälligkeit der Steuer
(3) Die Steuer entsteht mit der Beendigung der Beherbergungsleistung.
(4) Die Steuer ist am 15. Tag nach Ablauf des Anmeldungszeitraumes fällig und an das Finanzamt
abzuführen.
§ 6
Anzeigepflicht, Steueranmeldung
(1) ...
(2) Der Anmeldungszeitraum ist das Kalendervierteljahr.
(3) Der Betreiber oder die Betreiberin des Beherbergungsbetriebes hat bis zum 15. Tag nach Ablauf des
Anmeldungszeitraums eine Steueranmeldung nach amtlich vorgeschriebenen Vordruck unter Angabe der
Gesamtzahl der Übernachtungen, der Anzahl der steuerpflichtigen Übernachtungen sowie der Anzahl der
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Übernachtungen mit zwingender beruflicher oder betrieblicher Veranlassung bei der zuständigen Behörde
abzugeben, in der die abzuführende Steuer selbst zu berechnen ist. Die Anmeldung im Sinne dieser
Vorschrift ist eine Steueranmeldung gemäß § 150 der Abgabenordnung.
(4) Gibt der Betreiber oder die Betreiberin des Beherbergungsbetriebes eine Anmeldung nicht ab, obwohl er
hierzu verpflichtet ist, oder hat er die Steuer fehlerhaft berechnet, so kann das Finanzamt die Steuer durch
Bescheid festsetzten. Steuermehrbeträge aufgrund von Festsetzungen nach Satz 1 sind innerhalb eines
Monats nach Bekanntgabe des Bescheides zu entrichten.
§ 7
Aufzeichnungs- und Aufbewahrungspflichten
Der Betreiber oder die Betreiberin des Beherbergungsbetriebes hat die Namen und die Dauer des
Aufenthalts aller Übernachtungsgäste in geeigneter Form aufzuzeichnen. Minderjährige Kinder in
Begleitung eines Elternteils oder beider Elternteile sind nur der Zahl nach anzugeben. Diese
Aufzeichnungen und die Belege zum Nachweis der zwingenden Erforderlichkeit einer Übernachtung für
eine berufliche oder betriebliche Tätigkeit des Übernachtungsgastes gemäß § 1 Absatz 1 Satz 4 sind für
einen Zeitraum von vier Jahren beginnend mit dem Ablauf des Jahres der Steuerentstehung
aufzubewahren."
Die Freie und Hansestadt Hamburg stellt Formulare bereit für die Anmeldung der Kultur- und Tourismustaxe
beim Antragsgegner (§ 6 Abs. 3 Satz 1 KTTG) und für den Nachweis, dass die Übernachtung für eine
berufliche oder betriebliche Tätigkeit des Übernachtungsgast zwingend erforderlich ist (§ 1 Abs. 1 Satz 4 und 5
KTTG: Arbeitgeberbestätigung, Bestätigung für eigenberufliche Tätigkeiten).
Die Antragstellerin hat am 25. Januar 2013 Feststellungsklage erhoben (2 K 25/13) und einen Antrag auf Erlass
einer einstweiligen Anordnung gestellt. Ihren Antrag begründet sie wie folgt:
Der Antrag sei gemäß § 114 der Finanzgerichtsordnung (FGO) statthaft. Dies folge daraus, dass auch die
Klage in der Hauptsache als Feststellungsklage nach § 41 FGO zulässig sei. Damit werde keine verdeckte
Normenkontrollklage erhoben, sondern die Feststellung des Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses
begehrt. Ihr, der Antragstellerin, gehe es darum, feststellen zu lassen, dass sie nicht verpflichtet sei, in ihren
Beherbergungsbetrieben die Kultur-und Tourismustaxe zu erheben und sie gemäß § 6 KTTG beim
Antragsgegner anzumelden und abzuführen. Sie könne auch nicht darauf verwiesen werden, zunächst eine
Steueranmeldung abzugeben und gegen diesen Verwaltungsakt mit einem Einspruch und einem Antrag auf
Aussetzung der Vollziehung vorzugehen. Ihr Rechtsschutzbegehren bestehe darin, bereits jetzt von der
Erhebungs- und Anmeldepflicht bis zur Entscheidung des Rechtsstreits in der Hauptsache befreit zu sein. Ihr
Ziel sei es, einen erheblichen, nicht rückgängig zu machenden und nicht Erfolg versprechenden Aufwand zur
Erhebung der Taxe bis zur rechtskräftigen Entscheidung in der Hauptsache vorläufig nicht betreiben zu
müssen. Eine einstweilige Anordnung sei deshalb zur Gewährung effektiven Rechtsschutzes der zutreffende
Rechtsbehelf.
Wegen der komplizierten Staffelung der Beträge und des Fehlens einer Übergangsfrist sei es ihr, der
Antragstellerin, nicht möglich, einen reibungslosen, einigermaßen ökonomisch sinnvollen und zielführenden
Erhebungsvorgang zu organisieren. Bei Online-Buchungen seien die gestaffelten Beträge der Taxe
datenverarbeitungstechnisch nicht darstellbar. Sowohl bei solchen Buchungen als auch bei Buchungen im
Reisebüro müsse deshalb die Auskunft unterbleiben, ob der Aufenthalt beruflich oder privat veranlasst sei. Die
Veranlassung der Reise könne erst beim Check-In an der Rezeption vor Ort ermittelt werden. Bei einer Check-
In Software könnten die zu erhebenden Beträge nicht abgebildet werden. Daher müsse die Erhebung und
Berechnung im Einzelfall vor Ort durch das Personal manuell erfolgen. Dies sei ihr, der Antragstellerin, -
zumindest ohne Übergangsfrist - nicht möglich, obwohl sie bereits erheblichen Aufwand betrieben habe.
Sie, die Antragstellerin, habe in ihren ... Häusern in Hamburg im Jahr 2012 bei 222.694 Anreisen 463.224
Übernachtungen durchgeführt. Dies bedeute, dass an den Rezeptionen täglich bis zu 1.000 Anmeldungen
erfolgten. Wegen dieser hohen Zahl müssten die Vorgänge ökonomisch gestaltet werden. Im Jahr 2012 habe
ein Check-In etwa 2:10 Minuten gedauert. Nunmehr nehme allein die Datenerhebung für die Taxe 3 Minuten in
Anspruch. Der zeitliche Aufwand habe deshalb um rund 150 % zugenommen. Es seien 1.108 Arbeitsstunden
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zusätzlich zu leisten. Ihr, der Antragstellerin, stünden dafür weder in quantitativer noch in qualitativer Hinsicht
die erforderlichen personellen Ressourcen zur Verfügung. Sie müsse äußerst kurzfristig eine Vielzahl neuer
Mitarbeiter einstellen, was tatsächlich nicht möglich sei, weil typischerweise Teilzeitkräfte bei ihr beschäftigt
seien. Erweise sich das Gesetz später als rechtswidrig, müsse sie, die Antragstellerin, den neuen Mitarbeitern
wieder kündigen. Dies sei arbeitsrechtlich schwierig und ihr nicht zumutbar. Ihr Personal sei zudem bei der
Berechnung der Taxe überfordert.
Wegen ihres Low-Budget-Geschäftsmodells und der damit verbundenen geringen Gewinnspanne von nur 4-5 %
pro Übernachtung stehe ihr, der Antragstellerin, nicht die Möglichkeit offen, auf die Abwälzung der Abgabe zu
verzichten und sie zunächst aus Wirtschaftlichkeitsüberlegungen aus eigener Tasche zu bezahlen.
Die schon gegenwärtig rechtswidrig erhobenen Beträge könnten bei Abwarten einer rechtskräftigen
Entscheidung im Hauptsacheverfahren nicht unmittelbar vom Antragsgegner an die Übernachtungsgäste
zurückerstattet werden. Es sei nur eine Erstattung an den Betreiber möglich, welcher die Beträge dann
wiederum an die Gäste weiterleiten müsse. Beides ziehe einen erheblichen Aufwand nach sich. Angesichts
ihrer Übernachtungszahlen sei ein solches Rückerstattungsverfahren nicht nur ökonomisch nicht sinnvoll,
sondern unzumutbar und rein faktisch in vielen Fällen nicht möglich.
Der Antrag sei begründet. Es bestehe ein Anordnungsanspruch auf Erlass einer Sicherungsanordnung nach §
114 Abs. 1 Satz 1 FGO. Sie, die Antragstellerin, habe aus Art. 2 Abs. 1 i. V. m. 19 Abs. 3 des Grundgesetzes
(GG) einen Anspruch, nicht mit verfassungswidrigen Steuern belegt zu werden und die für die Erhebung des
angefochtenen Gesetzes erforderlichen Vorkehrungen treffen zu müssen.
§ 1 Abs. 1 i. V. m. § 4 Abs. 1 KTTG sei verfassungswidrig, weil diese Vorschrift gegen den Grundsatz der
Vorhersehbarkeit der Abgabenlast für den Steuerpflichtigen verstoße. Der eine Abgabenpflicht begründende
Tatbestand müsse so bestimmt sein, dass der Abgabepflichtige die auf ihn entfallende Belastung
vorausberechnen könne. Dies sei nicht der Fall, weil sie, die Antragstellerin, als Steuerschuldnerin keine
Kenntnis vom maßgeblichen Unterscheidungskriterium einer privaten oder einer beruflichen Übernachtung
habe. Eine solche Kenntnis besitze nur der Übernachtungsgast. Dessen Kenntnis sei dem Betreiber des
Beherbergungsbetriebes auch nicht sicher zugänglich. Er könne dessen Angaben zudem nicht überprüfen.
§ 1 Abs. 1 Satz 5 KTTG verletze den Grundsatz der Tatbestandsmäßigkeit der Besteuerung. Der
Steuergläubiger trage die Feststellungslast für diejenigen Tatsachen, die den Steueranspruch begründeten. Die
von § 1 Abs. 1 Satz 1 und 4 KTTG vorausgesetzte Privatheit einer Übernachtung sei ein steuerbegründendes
Tatbestandsmerkmal. Durch die Überbürdung des Nachweises der beruflichen Veranlassung einer
Übernachtung (§ 1 Abs. 1 S. 5 KTTG) auf den Betreiber des Beherbergungsbetriebes werde eine Vermutung
dafür begründet, dass die Übernachtung privat sei. Für eine Umkehr der Feststellungslast fehle es an einem
hinreichend Grund.
Es liege ferner eine Verletzung des Gleichheitssatzes des Art. 3 Abs. 1 GG vor. Dieser verlange, dass eine
gleichmäßige Erhebung der Steuer sichergestellt sei. Hierfür sei ein Mindestmaß an verfahrensrechtlicher
Gewährleistung durch Kontrollmöglichkeiten zu fordern. Diese Voraussetzung sei nicht erfüllt. Es fehle an
einem Mindestmaß an Kontrollmöglichkeiten und der Überprüfbarkeit der Angaben des Übernachtungsgastes.
Die für den Nachweis des beruflichen Anlasses der Übernachtung vorgesehenen Formulare seien mangels
Abfrage substantiierter Angaben nicht von den Mitarbeitern des Antragsgegners überprüfbar.
Es liege zudem eine Verletzung des Art. 12 Abs. 1 GG vor. Ihr, der Antragstellerin, werde durch das Gesetz
eine spezifische Preisgestaltung für die Beherbergung vorgegeben. Sie sei letztlich gezwungen, die Taxe auf
ihre Gäste abzuwälzen und damit ihre Preisgestaltung zu ändern. Dieser Eingriff sei für sie wegen ihrer
geringen Gewinnspanne pro Übernachtung existenzbedrohend, wenn es ihr nicht gelinge, die Taxe auf die
Gäste umzulegen. Derzeit stelle sie die Abwälzung vor technisch unlösbare Probleme. Es liege deshalb nicht
ein Eingriff auf der Ebene der Ausübungsfreiheit, sondern der Berufswahlfreiheit vor. Dieser Eingriff sei nicht
gerechtfertigt, weil es schon an einer erforderlichen Übergangsregelung fehle. Zudem werde sie mit einem
unverhältnismäßigen Erhebungsaufwand belegt; insbesondere werde ihr der Nachweis des
Befreiungstatbestandes abverlangt. Hinzu komme, dass sie kurz vor der Einführung eines so genannten Kiosk-
Systems (Check-In-Terminal) gestanden habe, um die Mitarbeiter an den Rezeptionen zu entlasten. Diese
Systeme könnten keine Prüfung vornehmen, ob eine Abgabepflicht bestehe. Die Terminals könnten deshalb
nicht bestellt werden.
Ferner werde in den durch Art. 14 GG geschützten eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb in
verfassungswidriger Weise eingegriffen. Sie, die Antragstellerin, habe bislang erhebliche und vergebliche
Aufwendungen getätigt, um die von ihr verlangten Verpflichtungen umzusetzen. Sofern sie die Taxe nicht auf
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ihre Gäste abwälzen könne, sei ihr Betrieb gefährdet, weil sie nur eine geringe Gewinnspanne habe. Eine nur
kalkulatorische Abwälzung auf die Gäste sei nicht zumutbar. Ferner sei eine derartige Preissteigerung im Low-
Budget-Bereich nicht durchsetzbar.
Die in § 7 Satz 3 KTTG normierte vierjährige Aufbewahrungspflicht für die Meldescheine verstoße zudem
gegen § 27 Abs. 3 Satz 1 MeldeG. Auch die Höhe der jeweils zu erhebenden Taxe sei bei Mehrfachbelegungen
eines Zimmers in sich nicht stimmig und zwinge sie zu einer unsachgemäßen Erhebung.
Es liege ein Anordnungsgrund vor. Sie, die Antragstellerin, habe bereits erhebliche Maßnahmen zur Umsetzung
des Gesetzes unternommen, dennoch sei es ihr aus den angeführten Gründen nicht möglich, einen
reibungslosen, einigermaßen ökonomisch sinnvollen und zielführenden Erhebungsvorgang zu organisieren.
Ferner bestünden unlösbare Schwierigkeiten beim Vollzug des Gesetzes darin, dass es nicht möglich sei, die
nach der Preisangabenverordnung (PAngV) erforderliche Angabe von Endpreisen vorzunehmen. Die
Vermittlungsportale akzeptierten keine flexible Preisberechnung. Ohne Kenntnis des Reisegrundes sei eine
solche Berechnung auch nicht möglich. Gegenwärtig werde die Taxe noch ganz aus den Preisangaben
herausgehalten und vor Ort erhoben. Dies erzeuge Unmut bei den Gästen. Wenn diese Praxis zu Beschwerden
oder Abmahnungen führe, würden die Vermittlungsportale die Taxe pauschal ohne deren Ausweisung
aufschlagen. Dies zwinge sie, die Antragstellerin, zu unökonomischen und unzumutbaren Erstattungen von
Kleinstbeträgen im Einzelfall vor Ort.
Die Antragstellerin beantragt, festzustellen, dass sie vorläufig, d. h. bis zur rechtskräftigen Entscheidung über
die Feststellungsklage (2 K 25/13), nicht verpflichtet ist, von ihren Gästen die Kultur-und Tourismustaxe
gemäß dem KTTG zu erheben.
Der Antragsgegner beantragt, den Antrag abzulehnen.
Der Antrag sei bereits unzulässig. Die Antragstellerin begehre im Wege vorläufigen Rechtsschutzes tatsächlich
die Feststellung, dass es sich bei dem KTTG um ein verfassungswidriges Gesetz handele. Die
Verfassungsmäßigkeit des Gesetzes sei die Hauptfrage des Antrags. Eine Feststellungsklage mit dem Ziel der
Überprüfung der Gültigkeit von Steuergesetzen sei aber grundsätzlich unzulässig. Dem folgend sei auch der
Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung unzulässig. Die Kultur-und Tourismustaxe sei gemäß § 5
KTTG einer Anmeldesteuer. Die Steueranmeldung stehe gemäß § 168 der Abgabenordnung (AO) einer
Steuerfestsetzung unter Vorbehalt der Nachprüfung gleich. Gegen diese Steueranmeldung sei der Rechtsbehelf
des Einspruchs gegeben und vorläufiger Rechtsschutz könne mit einem Antrag auf Aussetzung der
Vollziehung (AdV) geltend gemacht werden. Der Antrag auf AdV sei dem Antrag auf Erlass einer einstweiligen
Anordnung vorrangig.
Der Erlass einer einstweiligen Anordnung setze einen Anordnungsgrund voraus. Daran sei ein sehr strenger
Maßstab anzulegen. Durch die Pflichten des KTTG müsse die wirtschaftliche Existenz der Antragstellerin
unmittelbar bedroht sein. Diese Voraussetzung für den Erlass einer einstweiligen Anordnung sei nicht erfüllt.
Die von der Antragstellerin geltend gemachten Nachteile seien insgesamt nicht so gewichtig, dass sie das
öffentliche Interesse an der Vollziehung des Gesetzes überwiegen würden. Die von der Antragstellerin für
möglich gehaltene Erstattung der Taxe an die Gäste könne zumutbar dadurch vermieden werden, dass die
Antragstellerin die Abgabe nur kalkulatorisch, aber nicht unmittelbar an ihre Gäste weitergebe. Durch einen
Verzicht auf die Weitergabe oder eine bloß kalkulatorische Abwälzung werde der Nachteil eines aufwändigen
Erstattungsverfahrens vollständig vermieden. Es sei technisch möglich, im Buchungsportal der Antragstellerin
und bei anderen Portalen auf die Taxe hinzuweisen und den Anlass der Reise abzufragen. Die Berechnung der
Taxe sei sowohl EDV-technisch als auch manuell leicht umzusetzen.
Der Antrag sei zudem unbegründet. § 1 Abs. 1 KTTG genüge dem Bestimmtheitsgrundsatz. Dieser verlange
vom Normgeber, Rechtsvorschriften so genau zu fassen, wie dies nach der Eigenart der zu ordnenden
Lebenssachverhalte mit Rücksicht auf den Normzweck möglich sei. Diesen Anforderungen werde § 1 Abs. 1
KTTG gerecht. Danach gelte die grundsätzliche Regelung, dass eine entgeltliche Übernachtung der
Besteuerung unterliege. Eine Ausnahme von diesem Grundsatz bestehe dann, wenn vom Gast Erklärungen
und Nachweise für eine zwingende berufliche oder betriebliche Veranlassung der Übernachtung vorgelegt
würden. Solche Nachweise werde der Gast spätestens bei der Rechnungserteilung aus eigenem finanziellem
Interesse vorlegen, weil die Taxe von den Hotels auf die Übernachtungsgäste abgewälzt werde. Die Steuer sei
für den Betreiber des Beherbergungsbetriebes somit vorhersehbar. Er könne als Betroffener die Rechtslage
erkennen und wisse, was er bei seinen Gästen abfragen müsse.
Sofern sich hinterher herausstelle, dass ein Gast falsche Angaben gemacht oder Belege vorgelegt habe, solle
nach dem in der Gesetzesbegründung bekundeten Willen des Gesetzgebers nicht der Betreiber des
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Beherbergungsbetriebes, sondern der Gast im Wege der Haftung in Anspruch genommen werden. Diese
Möglichkeit eröffne § 4 Abs. 2 KTTG. Eine Inanspruchnahme des Beherbergungsbetriebes als Steuerschuldner
in einer solchen Konstellation sei zudem sachlich unbillig und könne über die Regelung des § 163 AO
vermieden werden.
Es liege auch kein Verstoß gegen den Grundsatz der Tatbestandsmäßigkeit der Besteuerung vor. Der
Gesetzgeber könne die Frage regeln, wer die Feststellungslast für steuerbegründende oder
steuerausschließende Tatsachen trage. Hierbei würden Erwägungen angestellt, wie ein Gesetz
verwaltungsökonomisch sinnvoll umgesetzt werden könne. Bei der Kultur-und Tourismustaxe handele es sich
um eine kommunale Aufwandsteuer, bei der der Dritte und nicht der Steuerschuldner im Wege der Abwälzung
mit der Zahlung der Steuer belastet werde. Hier befinde sich der Steuerschuldner und nicht der Steuergläubiger
zum eigentlich finanziell belasteten Dritten in einem Näheverhältnis. Es sei deshalb zulässig, den
Steuerschuldner auch mit dem Sammeln der Kriterien von dem steuerbelasteten Gast zu beauftragen, die die
Steuerbarkeit entfallen ließen.
Auch der Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG sei nicht verletzt. Das KTTG sehe genügend
Kontrollmöglichkeiten vor, um die Angaben der Gäste durch die Steuerverwaltung überprüfen zu lassen. Das
durch § 8, § 9 Abs. 2 KTTG und § 93 AO i. V. m. §§ 328 ff. AO zur Verfügung gestellte Instrumentarium sei
ausreichend, um die gleichmäßige und vollständige Erhebung der Steuer zu gewährleisten.
Die Antragstellerin betreibe in ihren Beherbergungsbetrieben ein offenes Preissystem. Bei einer solchen
Gestaltung sei es zur vorläufigen Vermeidung aller angeblichen organisatorischen Probleme leicht möglich, die
Kulturtaxe einzupreisen und damit kalkulatorisch auf die Gäste abzuwälzen. Bei den günstigen
Übernachtungspreisen der Antragstellerin gebe es sowieso nur die Alternativen keine Kulturtaxe, 0,50 € oder 1
€ pro Person und Übernachtung. Im Übrigen erfolge diese einfachste Weitergabe der Kulturtaxe schon bei
diversen Buchungsportalen, wenn über diese Übernachtungen in Betrieben der Antragstellerin gebucht würden.
In Wirklichkeit träfen die von der Antragstellerin geschilderten Probleme nicht zu. Es sei den Betreibern von
Beherbergungsbetrieben in Hamburg im Übrigen seit mehr als einem Jahr bekannt, dass an der Einführung der
Tourismustaxe gearbeitet werde. Es sei ihnen damit ermöglicht worden, sich organisatorisch auf die Einführung
einzustellen.
Nach der Preisangabenverordnung sei es zulässig, bei einer kalkulatorischen Ermittlung des
Übernachtungspreises eine Kulturtaxe nicht ausdrücklich auszuweisen. Nur bei direkter Steuerabwälzung sei
es wichtig, dass in Internetangeboten auf die Abgabe hingewiesen werde. Die Umstellung auf Check-In-
Terminals werde nicht durch das KTTG, sondern das Melderecht verhindert.
Entscheidungsgründe
II. Der Antrag ist zulässig (1), aber unbegründet (2).
1)
a) Der Rechtsweg zu den Finanzgerichten ist eröffnet. Nach § 5 Abs. 1 des Gesetzes zur Ausführung der
Finanzgerichtsordnung i. V. m. § 33 Abs. 1 Nr. 4 FGO ist der Finanzrechtsweg auch gegeben in öffentlich-
rechtlichen Streitigkeiten über Abgabenangelegenheiten, soweit die Abgaben - wie das KTTG - der
Landesgesetzgebung unterliegen und von Landesfinanzbehörden - dem Antragsgegner - verwaltet werden.
b) Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung ist statthaft.
Nach § 114 Abs. 1 Satz 1 FGO kann das Gericht auf Antrag, auch schon vor Klageerhebung, eine einstweilige
Anordnung in Bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, dass durch eine Veränderung
des bestehenden Zustands die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich
erschwert werden könnte (Sicherungsanordnung). Einstweilige Anordnungen sind nach § 114 Abs. 1 Satz 2
FGO auch zur Regelung eines vorläufigen Zustandes in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig,
wenn diese Regelung, vor allem bei dauernden Rechtsverhältnissen, um wesentliche Nachteile abzuwenden
oder drohende Gewalt zu verhindern oder aus anderen Gründen nötig erscheint (Regelungsanordnung).
c) Vorliegend ist der Antrag der Antragstellerin als Regelungsanordnung (§ 114 Abs. 1 Satz 2 FGO) statthaft.
Sie möchte damit der Sache nach bewirken, vorläufig bis zur Entscheidung des Rechtsstreits in der
Hauptsache (2 K 25/13) von den Verpflichtungen nach § 6 Abs. 3 i. V. m. § 5 Abs. 2, § 6 Abs. 2 KTTG
entbunden zu werden, die Kultur-und Tourismustaxe selbst zu berechnen, beim Antragsgegner - beginnend mit
dem ersten Quartal 2013 - vierteljährlich anzumelden und abzuführen. Damit möchte die Antragstellerin eine
vorläufige Regelung in Bezug auf ihre Pflichten nach dem KTTG gegenüber dem Antragsgegner erreichen.
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Diese Pflichten begründen ein Rechtsverhältnis zwischen den Beteiligten, weil durch § 6 Abs. 3 i. V. m. § 5
Abs. 2, § 6 Abs. 2 KTTG bestimmte, aus einem konkreten Sachverhalt - den Beherbergungsleistungen der
Antragstellerin - resultierende rechtliche Pflichten der Antragstellerin (Berechnung, Anmeldung und Abführung
der Steuer) gegenüber dem Antragsgegner begründet werden (vgl. etwa BFH-Beschluss vom 19. August 2008,
V B 29/07, BFH/NV 2008, 1501; von Groll in Gräber, FGO, 7. Auflage 2010, § 41 FGO Rn. 12 m. w. N.). Eine
Sicherungsanordnung (§ 114 Abs. 1 Satz 1 FGO) kommt nicht in Betracht, weil die genannten Pflichten des
KTTG schon bestehen und insoweit keine Veränderung des bestehenden Zustandes zu befürchten ist, durch
die eine Verwirklichung eines Rechts der Antragstellerin vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte.
Der Senat legt den gestellten Antrag in Verbindung mit der Antragsbegründung in diesem Sinne aus. Er lautet
seinem Wortlaut nach zwar dahingehend, festzustellen, dass die Antragstellerin vorläufig nicht verpflichtet ist
"von ihren Gästen" die Kultur- und Tourismustaxe nach dem KTTG zu "erheben". Eine solche Erhebungspflicht
schreibt das Gesetz nicht vor. Die Kultur- und Tourismustaxe ist als kommunale Aufwandsteuer zwar auf eine
Abwälzung auf den Gast angelegt. Das KTTG verpflichtet aber nicht zu einer solchen Abwälzung. Die Steuer
wird auch nicht bei den Übernachtungsgästen, sondern bei den Betreibern der Beherbergungsbetriebe als
Steuerschuldnern (§ 4 Abs. 1 KTTG) im Wege der Selbstveranlagung durch Anmeldung und Abführung
erhoben. Dies wird - ausweislich der Begründung - auch von der Antragstellerin nicht verkannt. Ihr geht es
darum, vorläufig von den eigenen durch § 6 Abs. 3 i. V. m. § 5 Abs. 2, § 6 Abs. 2 KTTG begründeten Pflichten
zur Berechnung, Anmeldung und Abführung der Steuer befreit zu werden.
Das Gericht legt den Antrag ferner so aus, dass die Antragstellerin nicht zusätzlich vorläufig von der Pflicht zur
Aufbewahrung der nach § 7 Satz 1 KTTG aufzuzeichnenden Daten über einen Zeitraum von vier Jahren (§ 7
Satz 3 KTTG) befreit werden möchte. Die Antragstellerin macht mit ihrer Antragsbegründung zwar auch
geltend, dass § 7 Satz 3 KTTG gegen das informationelle Selbstbestimmungsrecht aus Art. 2 Abs. 1 GG i. V.
m. Art. 1 Abs. 1 GG sowie gegen § 27 Abs. 3 Satz 1 MeldeG verstoße. Diese Aufbewahrungspflicht nach § 7
Satz 3 KTTG und die Länge der Aufbewahrungsfrist hat mit der vom Antrag umfassten "Erhebung" der Kultur-
und Tourismustaxe aber nur mittelbar zu tun. Aus der Antragsbegründung geht zudem nicht hervor, dass die
Antragstellerin vorläufig davon verschont werden will, die von § 7 Satz 1 KTTG geforderten Daten länger als
melderechtlich zulässig (1 Jahr: § 27 Abs. 3 HmbMG) aufbewahren zu müssen; insoweit wird insbesondere
kein besonderer Nachteil dargelegt, der eine Eilentscheidung rechtfertigen soll.
d) Der Antrag ist nicht gegenüber einem Antrag auf AdV subsidiär. Nach § 114 Abs. 5 FGO gelten die
Vorschriften über den Erlass einer einstweiligen Anordnung zwar nicht für die Fälle des § 69 FGO. Die
einstweilige Anordnung ist also gegenüber der Aussetzung der Vollziehung und der Aufhebung der Vollziehung
subsidiär. Das bedeutet, dass kein Rechtsschutzbedürfnis für den Antrag auf Erlass einer einstweiligen
Anordnung besteht, wenn eine Aussetzung oder Aufhebung der Vollziehung nach § 69 Abs. 3 FGO in Betracht
kommt (vgl. BFH-Beschlüsse vom 11. Januar 1984 II B 35/83, BStBl II 1984, 210; vom 19. April 1988 VII B
167/87, BFH/NV 1989, 36; Lange in Hübschmann/Hepp/Spitaler, AO/FGO, § 114 FGO Rn. 20 m. w. N.). Dies
gilt jedoch nur, soweit ein AdV-Antrag bereits vorliegt oder zumutbar zeitnah gestellt werden kann, um den
begehrten einstweiligen Rechtsschutz zu erlangen.
Derzeit liegt weder ein AdV-Antrag der Antragstellerin vor noch könnte er gestellt werden. Erst mit der ersten
Steueranmeldung, die nach Ablauf des ersten Quartals 2013 gemäß § 6 Abs. 3 Satz 1 KTTG bis zum 15. April
2013 vorzunehmen ist, liegt nach § 6 Abs. 3 Satz 2 KTTG i. V. m § 150, § 168 Satz 1 AO eine
Steuerfestsetzung unter dem Vorbehalt der Nachprüfung vor. Dagegen könnte die Antragstellerin Einspruch (§
347 AO) einlegen und einen Antrag auf AdV oder Aufhebung der Vollziehung beim Antragsgegner stellen (§ 361
AO). Unter den Voraussetzungen des § 69 Abs. 4 FGO kann ein AdV-Antrag bei Gericht gestellt werden.
Der Antragstellerin ist es aber unter dem Gesichtspunkt der verfassungsrechtlich durch Art. 19 Abs. 4 GG
gebotenen Gewährung effektiven Rechtsschutzes nicht zuzumuten, den einstweiligen Rechtsschutz über einen
AdV-Antrag zu suchen. Ein solcher würde nur vorläufigen Rechtsschutz gegen die einzelne Steueranmeldung
vermitteln und müsste gegebenenfalls nach jeder Steueranmeldung bis zur rechtskräftigen Entscheidung in der
Hauptsache wiederholt werden. Das Rechtschutzziel ihres Antrags auf Erlass einer einstweiligen Anordnung
geht darüber hinaus. Damit soll bereits vor der ersten Steueranmeldung und vorläufig bis zur Entscheidung in
der Hauptsache (2 K 25/13) erreicht werden, dass die Antragstellerin die Anmelde- und Abführungspflicht nicht
zu erfüllen hat. Eilverfahren - und damit auch das Verfahren auf Erlass einer einstweiligen Anordnung - sind
unter dem Gesichtspunkt der Gewährung effektiven Rechtschutzes gerade dazu da, soweit wie möglich der
Schaffung vollendeter Tatsachen zuvorzukommen, die nicht mehr rückgängig gemacht werden können (vgl.
BVerfG-Beschluss vom 15. August 2002 1 BvR 1790/00, NJW 2002, 3691; Lange in
Hübschmann/Hepp/Spitaler, AO/FGO, § 114 FGO Rn. 64).
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e) Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung ist auch nicht deshalb unzulässig, weil in der
Hauptsache (2 K 25/13) eine unzulässige Feststellungsklage in Form einer verdeckten Normenkontrollklage
erhoben worden ist. Dies ist nicht der Fall. Die Antragstellerin begehrt mit der Klage in der Hauptsache die
Feststellung des Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses. Dort hat sie die Feststellung beantragt, gegenüber
dem Antragsgegner/Beklagten nicht verpflichtet zu sein, die Pflichten aus einem Steuerschuldverhältnis
gemäß § 4 Abs. 1 KTTG zu erfüllen. Diese Pflichten, namentlich die durch § 6 Abs. 3 i. V. m. § 5 Abs. 2, § 6
Abs. 2 KTTG begründeten Pflichten zur Berechnung, Anmeldung und Abführung der Steuer, begründen - wie
oben dargelegt - ein konkretes Rechtsverhältnis zwischen den Beteiligten des Hauptsacheverfahrens. Der
Senat folgt der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofes und des Bundesverwaltungsgerichts, dass im
Interesse der Gewährung eines weitgehenden Rechtsschutzes bei geltend gemachtem normativem Unrecht an
die Voraussetzungen für eine Feststellungsklage mit normenkontrollrechtlichem Hintergrund keine zu strengen
Anforderungen zu stellen sind (vgl. BFH-Urteil vom 22.04.1986 VII R 184/85, BFHE 146, 302 m. w. N.).
2) Der Antrag hat in der Sache keinen Erfolg.
Die Voraussetzungen für den Erlass einer einstweiligen Anordnung mit dem Inhalt, die Antragstellerin vorläufig
bis zur Entscheidung des Rechtsstreits in der Hauptsache (2 K 25/13) von den Verpflichtungen zur
Berechnung, Anmeldung und Abführung der Steuer nach § 6 Abs. 3 i. V. m. § 5 Abs. 2, § 6 Abs. 2 KTTG
freizustellen, liegen nicht vor. Die Antragstellerin hat weder einen Anordnungsanspruch (a) noch einen
Anordnungsgrund (b) glaubhaft gemacht (§ 114 Abs. 3 FGO i. V. m § 920 Abs. 2, § 294 der
Zivilprozessordnung - ZPO-).
a) Die Antragstellerin hat keinen Anspruch darauf, von der Verpflichtung zur Berechnung, Anmeldung und
Abführung der Steuer gemäß § 6 Abs. 3 i. V. m. § 5 Abs. 2, § 6 Abs. 2 KTTG vorläufig befreit zu werden. Die
von der Antragstellerin gerügten Verfassungsverstöße liegen nicht vor bzw. können vom Gericht im
vorliegenden summarischen Verfahren mangels Glaubhaftmachung der geltend gemachten
Tatsachengrundlage nicht festgestellt werden. Der Antragstellerin steht deshalb kein grundrechtlicher
Abwehranspruch aus Art. 2 Abs. 1 oder Art. 12 Abs. 1 GG i. V. m. Art. 19 Abs. 3 GG zu, nicht mit einer
verfassungswidrigen Steuer belegt zu werden und nicht an ihrer Erhebung mitwirken zu müssen.
aa) Aus dem Grundsatz der Tatbestandsmäßigkeit als Ausdruck des Rechtsstaatsprinzips folgt im Bereich des
Abgabenrechts, dass steuerbegründende Umstände so bestimmt sein müssen, dass der Steuerpflichtige die
auf ihn entfallende Steuerlast in gewissem Umfang vorausberechnen kann (vgl. BVerfG, Urteil vom 14. Februar
1965 1 BvR 571/60, BVerfGE 19, 253; Beschluss vom 17. Juli 2003 2 BvL 1/99 u. a., BVerfGE 108, 186).
Diese Voraussetzungen erfüllt das KTTG. Darin werden der Steuergegenstand (§ 1 KTTG), die
Bemessungsgrundlage (§ 2 KTTG), der Steuersatz (§ 3 KTTG), der Steuerschuldner (§ 4 Abs. 1 KTTG), die
Entstehung und Fälligkeit der Steuer (§ 5) sowie die Erhebung (§ 6 KTTG) so geregelt, dass die Grundlagen
und die Berechnung der Steuer - jedenfalls im Wege der Auslegung - vom Steuerschuldner hinreichend deutlich
erkannt werden können. Es ist nicht erforderlich, dass die Steuer exakt vorausberechnet werden kann. Wann
eine "zwingende" Erforderlichkeit für die berufliche oder betriebliche Tätigkeit des Übernachtungsgastes im
Sinne von § 1 Abs. 1 Satz 4 KTTG gegeben ist, kann insbesondere anhand der vom Bundesverwaltungsgericht
in den Urteilen vom 11. Juli 2012 (9 CN 1/11, 9 CN 2/11, NVwZ 2012, 1407, juris) zu den Satzungen über die
Erhebung von Kulturförderabgaben in Trier und Bingen dargelegten Kriterien ermittelt werden (vgl. auch
Bürgerschafts-Drs. 20/5840, S. 9). Danach ist erforderlich, aber auch ausreichend, dass ohne die entgeltliche
Übernachtung die Berufsausübung, gewerbliche Tätigkeit oder freiberufliche Tätigkeit nicht ausgeübt und
deshalb Einkommen nicht erwirtschaftet werde könnte.
Entgegen der Auffassung der Antragstellerin ändert der Umstand, dass nicht sie, sondern nur der Gast
Kenntnis über die das maßgebliche Unterscheidungsmerkmal für die Steuerbarkeit einer Übernachtung
begründenden Umstände hat, nichts an der hinreichenden Bestimmtheit des Besteuerungstatbestandes nach §
1 Abs. 1 KTTG (private oder zwingend berufliche bzw. betrieblich erforderliche Übernachtung). Der
Beherbergungsunternehmer hat die Möglichkeit, die Gäste zum Anlass ihrer Übernachtung zu befragen und auf
dieser Grundlage die Steuer zu berechnen. Im Regelfall wird ein Gast eine entsprechende Erklärung abgeben,
jedenfalls wenn er damit die Abwälzung der Steuer durch einen höheren Übernachtungspreis verhindern kann.
Wenn er keine oder unzutreffende Angaben macht, berührt dies nicht die Bestimmtheit des
Steuertatbestandes, sondern die Frage der Tatbestandserfüllung und wer bei Nichtaufklärbarkeit der Umstände
die Feststellungslast trägt.
bb) Dies ist nach § 1 Abs. 1 Satz 5 KTTG der Betreiber des Beherbergungsbetriebes. Er hat danach die
zwingende Erforderlichkeit einer Übernachtung für eine berufliche oder betriebliche Tätigkeit des
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Übernachtungsgastes durch geeignete Belege nachzuweisen. Ihm wird damit verdeutlicht, dass er - jedenfalls
zunächst - die Steuer zu tragen hat, wenn er den geforderten Nachweis über den Übernachtungsanlass nicht
erbringen kann. Da die Steueranmeldung einer Steuerfestsetzung unter dem Vorbehalt der Nachprüfung
gleichsteht (§ 168 Satz 1 AO), kann der Betreiber bis zum Ablauf der Festsetzungsfrist eine
Änderungsmeldung abgeben, wenn er später nachweisen kann, dass eine Übernachtung nicht steuerpflichtig
war (§ 168 Satz 1, § 164 Abs. 2 AO).
Nach den Gesetzesmaterialien soll mit § 1 Abs. 1 Satz 5 KTTG ein effektives Verfahren ermöglicht werden.
Deshalb regele das Gesetz, dass die Übernachtung der Besteuerung unterfalle, wenn das zwingende berufliche
oder betriebliche Erfordernis einer Übernachtung nicht nachgewiesen werde (vgl. Bürgerschafts-Drs. 20/5840,
S. 9). Entgegen der Auffassung der Antragstellerin wird durch § 1 Abs. 1 Satz 5 KTTG keine gesetzliche
Vermutung für die Privatheit einer Übernachtung aufgestellt, sondern (lediglich) die Feststellungslast verteilt.
Diese Verteilung ist nicht zu beanstanden. Zwar dürfen mit einer örtlichen Aufwandsteuer nach Art. 105 Abs.
2a GG nur private Übernachtungen belegt werden (vgl. BVerwG, Urteil vom 11. Juli 2012 9 CN 1/11, NVwZ
2012, 1407) und ist die Privatheit der Übernachtung deshalb nach § 1 Abs. 1 Satz 1 und 4 KTTG ein
steuerbegründendes Merkmal, für das grundsätzlich der Steuergläubiger die Feststellungslast trägt (vgl. etwa
BFH-Urteil vom 24. Juni 1976 IV R 101/75, BStBl II 1976, 562).
Der Gesetzgeber ist im Rahmen seiner Gestaltungsfreiheit für die Festlegung des Steuertatbestandes und des
dabei anzuwendenden Verfahrens aber befugt, die Feststellungslast aus sachlichen Gründen anderweitig zu
verteilen, wenn der Steuerpflichtige damit nicht unverhältnismäßig belastet wird. Hier ist es sachgerecht, dem
Betreiber des Beherbergungsbetriebes als Steuerschuldner (§ 4 Abs. 1 KTTG) die Feststellungslast für das
Vorliegen einer zwingenden beruflichen oder betrieblichen Veranlassung der Übernachtung zuzuweisen. Dies
liegt aus Gründen der Effektivität der Steuerhebung nahe, weil der Betreiber des Beherbergungsbetriebes eine
größere Beweisnähe aufweist, als der Antragsgegner. Letzterer hat bei der Erfüllung des
Besteuerungstatbestandes (der Übernachtung) keinen Kontakt zum Übernachtungsgast. Der Betreiber des
Beherbergungsbetriebes hat hingegen die Möglichkeit, den Gast bei der Buchung oder beim Check-In über den
Anlass der Übernachtung zu befragen. Er muss melderechtlich (§§ 26, 27 HmbMG) und zur Erhebung der
Steuer (§ 7 Satz 1 KTTG) bereits den Namen und die Dauer der Übernachtung durch Ausfüllung eines
Meldescheines ermitteln und festhalten. In diesem Zusammenhang besteht auch die Möglichkeit, den Anlass
der Übernachtung zu erfragen. Dies ist grundsätzlich kein unverhältnismäßiger Aufwand, zumal der
Antragsgegner dafür einfach auszufüllende Formulare bereithält.
Es belastet den Betreiber des Beherbergungsbetriebes auch nicht unzumutbar, wenn er mangels Nachweises
der zwingenden beruflichen oder betrieblichen Veranlassung der Übernachtung die Abgabe (jedenfalls
zunächst) in Einzelfällen entrichten muss, obwohl der Steuertatbestand tatsächlich nicht vorgelegen hat. Zum
einen ist die im Einzelfall anfallende Steuer im Regelfall nicht besonders hoch (nach § 3 KTTG 0,50 € ab einem
Übernachtungspreis von 25 € pro Person bis 4 € bei einem Übernachtungspreis von 200 € pro Person). Zum
anderen ist die Steuer als Aufwandsteuer auf Abwälzung auf den Gast angelegt. Dies kann auch so erfolgen,
dass lediglich eine kalkulatorische Abwälzung im Wege einer generellen Einbeziehung in die
Übernachtungspreise vorgenommen wird (vgl. BVerfG, Beschluss vom 04. Februar 2009 1 BvL 8/05, BVerfGE
123, 1, zur Spielgerätesteuer). Dann trägt der Gast - und nicht der Betreiber des Beherbergungsbetriebes - die
Steuer wirtschaftlich endgültig und unabhängig von ihrem tatsächlichen Entstehen.
cc) Es liegt durch die rechtliche Ausgestaltung des KTTG auch kein Verstoß gegen Art. 3 Abs. 1 GG vor, weil
durch ein strukturelles Defizit die gleichmäßige Erhebung der Steuer nicht sichergestellt ist (vgl. BVerfG Urteil
vom 09. März 2004 2 BvL 17/02, BVerfGE 110, 94). Der Antragsgegner weist zutreffend darauf hin, dass durch
die Möglichkeit der Steuernachschau (§ 8 KTTG), durch die Auskunfts- und Mitwirkungspflichten (§ 9 KTTG),
insbesondere die Auskunftspflicht des Gastes zum zwingenden beruflichen oder betrieblichen Hintergrund der
Übernachtung (§ 9 Abs. 2 KTTG), die Möglichkeit der Auskunftseinholung von Dritten nach § 93 AO -
insbesondere von Arbeitgebern - in Verbindung mit den Vollstreckungsmöglichkeiten nach § 328 ff. AO ein
hinreichendes Instrumentarium an Kontrollmitteln zur Verfügung steht. Damit kann die Richtigkeit der
Steueranmeldungen und können insbesondere die Übernachtungsanlässe mit hinreichender Effektivität
überprüft werden. Selbst wenn die vom Antragsgegner bereitgestellten Formulare "Arbeitgeberbestätigung" und
"Bestätigung für eigenberufliche Tätigkeiten" keinen Raum für nähere Erläuterungen des beruflichen oder
betrieblichen Hintergrundes der Übernachtung lassen und daraus allein möglicherweise keine Anhaltspunkte für
Nachfragen hervorgehen, können sich solche aus anderen Umständen ergeben (etwa auffällige Häufungen)
oder Kontrollen stichpunktartig vorgenommen werden, um den gleichmäßigen Gesetzesvollzug sicherzustellen.
dd) Die Antragstellerin wird durch die Verpflichtung zur Berechnung, Anmeldung und Abführung der Steuer auch
im Übrigen nicht in ihren Grundrechten verletzt.
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Es kann dahingestellt bleiben, ob durch die Pflichten nach dem KTTG ein Eingriff in die durch Art. 12 Abs. 1 i.
V. m. Art. 19 Abs. 3 GG geschützte Berufsfreiheit der Antragstellerin vorliegt.
Art. 12 Abs. 1 GG schützt die Berufsfreiheit grundsätzlich nicht vor Veränderungen der Marktdaten und
Rahmenbedingungen der unternehmerischen Entscheidungen. Insbesondere gewährleistet das Grundrecht
keinen Anspruch auf eine erfolgreiche Marktteilhabe oder künftige Erwerbsmöglichkeiten (vgl. BVerfG,
Beschluss vom 20.04.2004 1 BvR 905/00, BVerfGE 110, 274). Deshalb führt der Umstand, dass sich die
Antragstellerin möglicherweise aus wirtschaftlichen Gründen gehalten sieht, die Steuer auf ihre
Übernachtungsgäste abzuwälzen, nicht zu einem Eingriff in die Berufsfreiheit. Eine Verpflichtung zur
Abwälzung und damit zu einer bestimmten Preisgestaltung, die die Berufstätigkeit unmittelbar regeln würde,
sieht das KTTG nicht vor.
Der Schutzbereich des Art. 12 Abs. 1 GG ist jedoch dann berührt, wenn Normen, die zwar die Berufstätigkeit
selbst unberührt lassen, aber Rahmenbedingungen der Berufsausübung verändern, infolge ihrer Gestaltung in
einem engen Zusammenhang mit der Ausübung eines Berufs stehen und objektiv eine berufsregelnde Tendenz
haben (vgl. BVerfG, Beschluss vom 08. April 1997 1 BvR 48/94, BVerfGE 95, 267; Beschluss vom 14. Juli
1998 1 BvR 1640/97, BVerfGE 98, 218).
Die Verpflichtungen zur Berechnung, Anmeldung und Abführung der Steuer verändern zwar die
Rahmenbedingungen der Berufsausübung. Es ist aber fraglich, ob ihnen eine objektiv berufsregelnde Tendenz
zukommt. Dafür spricht, dass es zur richtigen Berechnung der Steuer angezeigt ist und vom Gesetzgeber nach
den obigen Darlegungen auch angenommen wird, dass es der Betreiber des Beherbergungsbetriebes im
Rahmen seiner üblichen Berufstätigkeit übernimmt, seine Übernachtungsgäste zum Anlass der Übernachtung
zu befragen. Es wird damit vorausgesetzt, dass er den Ablauf seiner Berufstätigkeit auf diese neuen
Anforderungen einstellt.
Diese Frage kann aber dahingestellt bleiben, weil subsidiär jedenfalls ein Eingriff in die allgemeine
Handlungsfreiheit gemäß Art. 2 Abs. 1 GG i. V. m. Art. 19 Abs. 3 GG vorliegt, beide Grundrecht durch ein
Gesetz eingeschränkt werden können und insoweit gleiche Anforderungen in Bezug auf den
Verhältnismäßigkeitsgrundsatz zu stellen sind, weil allenfalls die Berufsausübungsfreiheit und nicht die
Berufswahlfreiheit berührt ist. Eingriffe in die Freiheit der Berufsausübung bedürfen gemäß Art. 12 Abs. 1 Satz
2 GG einer gesetzlichen Grundlage, die den Anforderungen der Verfassung an grundrechtsbeschränkende
Gesetze genügt. Beschränkungen der Berufsausübungsfreiheit müssen vernünftigen Zwecken des
Gemeinwohls dienen und den Berufstätigen nicht übermäßig oder unzumutbar treffen (vgl. BVerfG, Urteil vom
27. Oktober 1998 1 BvR 2306 u. a., BVerfGE 98, 341). Aus Art. 2 Abs. 1 GG folgen keine höheren
Anforderungen an grundrechtsbeschränkende Gesetze.
Die Einführung des KTTG bezweckt die Erzielung von Steuern, um Mittel für die Unterstützung der Kultur und
des Tourismus in Hamburg zu gewinnen (vgl. Bürgerschafts-Drs. 20/4386, S. 1). Das Gesetz dient damit einem
vernünftigen, gemeinwohlbezogenen Zweck. Vorliegend hat die Antragstellerin nicht glaubhaft gemacht, durch
die sie treffende Verpflichtung zur Berechnung, Anmeldung und Abführung der Steuer in unverhältnismäßiger
Weise belastet zu werden.
Sie wendet sich im Kern gegen die Verpflichtung zur Berechnung der Steuer und sieht sich nicht dazu in der
Lage, dies zu gewährleisten. Bei der Buchung über Online-Portale und in Reisebüros werde mangels rechtlicher
Verpflichtung nicht nach dem Anlass der Reise gefragt, auch sei ein Online-Buchungsvorgang einschließlich
der Steuer wegen der kompliziert gestaffelten Beträge datenverarbeitungstechnisch nicht möglich. Ferner sei
es nicht möglich, die gestaffelten Beträge in ihrer Check-In-Software zu berücksichtigen. Die Programmierfirma
habe bis jetzt kein entsprechendes Programm entwickeln können. Deshalb müsse die Steuer an ihren
Rezeptionen beim Check-In von ihren Mitarbeitern per Hand errechnet werden.
Wie oben dargelegt, ist die neben der Ausfüllung des Meldescheins erforderliche Befragung des
Übernachtungsgastes über den Anlass der Übernachtung nebst gegebenenfalls erforderlicher Überreichung von
Belegen oder der Formulare zum Ausfüllen grundsätzlich kein unverhältnismäßiger Mehraufwand des
Betreibers eines Beherbergungsbetriebes. Auch die Berechnung der Steuer ist nicht besonders kompliziert und
mit vertretbarem Aufwand (jedenfalls mit einem Taschenrechner) zu leisten. Es müssen nur die (nach Abzug
des gegebenenfalls mit berechneten Preises für das Frühstück oder sonstige Mahlzeiten) Nettoentgelte je Gast
und Übernachtung ermittelt und auf diese die Pauschsätze des § 3 KTTG angewandt werden. Eine Berechnung
der Steuer beim Check-In an der Rezeption müsste zudem nur dann erfolgen, wenn sie dort individuell auf den
Übernachtungspreis des Gastes aufgeschlagen werden soll. Dazu sind die Betreiber durch das KTTG indes
nicht verpflichtet. Sie haben - wie oben dargelegt - auch die Möglichkeit, die Steuer nicht gesondert
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auszuweisen, sondern kalkulatorisch in ihrer Preisberechnung zu berücksichtigen.
Es kann dahingestellt bleiben, ob es bei Online-Buchungen oder bei Buchungen im Reisebüro tatsächlich nicht
möglich ist, die für die Berechnung der Steuer nötigen Daten zu erheben; insbesondere einen Hinweis zu der
Frage zu erhalten, ob die Übernachtung beruflich oder privat veranlasst ist. Ferner kann offen bleiben, ob die
Check-In-Software auf die Staffelung der Steuer eingestellt werden kann.
Jedenfalls hat die Antragstellerin nicht glaubhaft gemacht, dass die manuelle Erhebung der Steuer für sie einen
unverhältnismäßigen Mehraufwand bedeutet. Sie hat zwar die erforderlichen Arbeitsschritte beim Check-In
dargelegt und aus einem zeitlichen Mehraufwand von 3 Minuten eine um 150% längere Check-In-Zeit
berechnet. Dazu benötige sie eine Vielzahl neuer Mitarbeiter, die am Arbeitsmarkt nicht zur Verfügung stünden.
Unabhängig von der Frage, ob der behauptete zusätzliche zeitliche Aufwand für die Ermittlung der
Tatsachengrundlagen für die KTTG und deren Berechnung in der geltend gemachten Höhe tatsächlich besteht ,
ist aus dem Vorbringen der Antragstellerin nicht nachvollziehbar zu entnehmen, ob sie dafür tatsächlich
zusätzliches Personal benötigt. Dafür wären insbesondere substantiierte Angaben über ihren Personalbestand,
zu den für den Check-In insgesamt zur Verfügung stehenden Arbeitszeiten und der Auslastung der Check-In-
Mitarbeiter erforderlich und glaubhaft zu machen.
Angesichts der regelmäßig nicht besonders schwierigen Berechnung der Steuer nach den in § 3 KTTG
anzuwendenden Pauschalen ist es für das Gericht nicht nachvollziehbar, dass das Personal der Antragstellerin
dazu angeblich nicht in der Lage sein soll, zumal es zum Teil aus Studenten bestehen soll und die Berechnung
der Steuer nicht zwingend beim Check-In vorzunehmen ist. Dies kann - wie oben dargelegt - bei einer nur
kalkulatorischen Abwälzung der Steuer auch später im Rahmen der üblichen Buchhaltungstätigkeiten erfolgen.
Die Antragstellerin hat auch nicht plausibel dargelegt, dass es ihr nicht möglich ist, die Steuer nur
kalkulatorisch - und damit verdeckt - auf die Übernachtungspreise umzulegen. Dazu wären zumindest
substantiierte und glaubhaft gemachte Angaben zur erforderlichen Höhe der Preisanhebung, zur sonstigen
Kalkulation und zur wirtschaftlichen Situation der Antragstellerin und zur Wettbewerbssituation in Hamburg
erforderlich. Daran fehlt es. Im Übrigen spricht gegen die Behauptung der Antragstellerin, dass sie
Hotels/Hostels im Niedrigpreissegment betreibt. Derzeit wirbt sie auf ihrer Internetseite für den Standort
Hamburg mit Übernachtungspreisen ab 8 € (www...). Da bei der Antragstellerin häufig nur Übernachtungspreise
bis zu 25 € pro Gast, maximal bis zu 50 € pro Gast anfallen dürften, wären voraussichtlich auch nur Steuern
zwischen 0,50 € und 1 € pro Übernachtung abzuwälzen, so dass nur eine moderate Preiserhöhung zu erwarten
wäre. Zudem wäre zu berücksichtigen, dass die Mitbewerber der Antragstellerin in Hamburg vor der gleichen
Fragestellung stehen.
Die behauptete Vereitelung der geplanten Einführung eines Kiosk-Systems beim Check-In durch den Erwerb
entsprechender Automaten stellt schon deshalb keinen unverhältnismäßigen Eingriff in die
Grundrechtspositionen der Antragstellerin dar, weil die Übernachtungsgäste gemäß § 26 HmbMG am Tag der
Ankunft einen Meldeschein handschriftlich auszufüllen haben, so dass der Check-In vor Ort ohnehin nicht
vollkommen computergestützt durchgeführt werden kann.
Das Gericht kann auch nicht die von der Antragstellerin behaupteten Schwierigkeiten mit der
Preisangabenverordnung nachvollziehen. Endpreise sind nach § 1 Abs. 1 Satz 1 PAngV die Preise, die
einschließlich der Umsatzsteuer und sonstiger Preisbestandteile unabhängig von einer Rabattgewährung zu
zahlen sind. Darin kann die Steuer jedenfalls als fester kalkulatorischer Posten ohne Schwierigkeiten beim
Ausweis mit einberechnet werden.
Trotz der kurzen Zeitspanne zwischen Verkündung des KTTG (18. Dezember 2012) und In-Kraft-Treten des
Gesetzes am 1. Januar 2013 war es nicht erforderlich, dass der Gesetzgeber den Betreibern von
Beherbergungsbetrieben eine Übergangsfrist zur Umsetzung des Gesetzes gewährt, bzw. das Gesetz später in
Kraft treten lässt.
Zum einen ist das Gesetz schon am 4. Dezember 2012 von der Hamburgischen Bürgerschaft verabschiedet
worden, worüber nach dem Kenntnisstand des Gerichts auch in der Presse berichtet wurde. Ab diesem
Zeitpunkt stand der Inhalt des Gesetzes fest und konnten sich die Betreiber von Beherbergungsunternehmen
auf die neue Rechtslage vorbereiten. Ein Zeitraum von knapp vier Wochen ist zwar nicht besonders lang, aber
ausreichend, um sich auf die neue Situation einzustellen, zumal - wie oben dargelegt - von den Betreibern
keine unverhältnismäßigen Anstrengungen verlangt werden und die erste Steueranmeldung erst nach dem
ersten Quartal 2013 erfolgen muss.
§ 6 Abs. 3 i. V. m. § 6 Abs. 2 und § 5 Abs. 2 KTTG verstoßen auch nicht gegen Art. 14 Abs. 1 GG i. V. m.
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Art. 19 Abs. 3 GG.
Die Eigentumsgarantie des Art. 14 Abs. 1 GG schützt den konkreten Bestand an vermögenswerten Gütern vor
ungerechtfertigten Eingriffen durch die öffentliche Gewalt. Eine allgemeine Wertgarantie vermögenswerter
Rechtspositionen folgt aus Art. 14 Abs. 1 GG nicht. Diese Norm erfasst nur Rechtspositionen, die einem
Rechtssubjekt bereits zustehen, nicht aber in der Zukunft liegende Chancen und Verdienstmöglichkeiten (vgl.
BVerfG, Beschluss vom 26. Juni 2002 1 BvR 558/91 u. a., BVerfGE 105, 252 m. w. N.). Die
Eigentumsgarantie schützt nicht vor Preiserhöhungen infolge von neuen oder erhöhten Steuern. Die Erwartung,
dass ein Unternehmen auch in der Zukunft rentabel betrieben werden kann, fällt nicht in den Schutzbereich des
Art. 14 Abs. 1 GG (vgl. BVerfG, Beschluss vom 23. Januar 1990 1 BvR 306/86, BVerfGE 81, 208; Beschluss
vom 26. Juni 2002 1 BvR 558/91 u. a., BVerfGE 105, 252 m. w. N.105).Ob der sogen. eingerichtete und
ausgeübte Gewerbebetrieb vom Schutzbereich des Art. 14 Abs. 1 GG umfasst wird, hat das
Bundesverfassungsgericht bislang offen gelassen (vgl. BVerfG, Beschluss vom 26. Juni 2002 1 BvR 558/91 u.
a., BVerfGE 105, 252 m. w. N.). Auch vorliegend braucht dies Frage nicht entschieden zu werden, weil aus den
oben dargelegten Gründen nicht erkennbar ist, dass der Fortbestand des Betriebes der Antragstellerin durch die
ihr vom KTTG auferlegten Pflichten gefährdet ist.
b) Die Antragstellerin hat auch das Bestehen eines Anordnungsgrundes nicht glaubhaft gemacht. Dazu müsste
der Erlass der begehrten einstweiligen Anordnung zur Abwendung wesentlicher Nachteile, zur Verhinderung
drohender Gewalt oder aus anderen Gründen nötig erscheinen (§ 114 Abs. 1 Satz 2 FGO). Dies ist dann der
Fall, wenn das (private) Interesse des Antragstellers an der einstweiligen Regelung das öffentliche Interesse an
der Aufrechterhaltung des gegenwärtigen Zustandes überwiegt und die vorläufige Maßnahme unumgänglich ist,
um wesentliche Beeinträchtigungen der Position des Antragstellers zu verhindern. Bei der somit gebotenen
Interessenabwägung sind anhand der im Einzelfall gegebenen Umstände die voraussehbaren Folgen
gegenüberzustellen, die sich beim Erlass der Regelungsanordnung im Fall des Unterliegens des Antragstellers
in der Hauptsache ergeben würden, und zum anderen diejenigen Folgen, die eintreten würden, wenn eine
einstweilige Anordnung unterbliebe, das Begehren in der Hauptsache aber Erfolg hätte (vgl. BFH-Beschluss
vom 26. April 1994 VII B 47/93, BFH/NV 1995, 6, Lange in Hübschmann/Hepp/Spitaler, AO/FGO, § 114 FGO
Rn. 78; Koch in Gräber, 7. Aufl. 2010, § 114 Rn. 48 f.).
Anhand dieser Interessenabwägung ist nicht feststellbar, dass die privaten Interessen der Antragstellerin das
öffentliche Interesse an der Umsetzung des KTTG überwiegen. Wie oben dargelegt, werden der Antragstellerin
durch die (vorläufige) Berechnung, Anmeldung und Abführung der Steuer keine unverhältnismäßig belastenden
Maßnahmen abverlangt. Im Falle eines Obsiegens in der Hauptsache wäre der getätigte Aufwand zwar
vergeblich gewesen, die Antragstellerin würde aber die gezahlte Steuer zurückerstattet bekommen. Die von ihr
vorgetragenen Schwierigkeiten bei der Erstattung der Steuer an die Gäste können zumutbar dadurch umgangen
werden, dass die Steuer entweder nur kalkulatorisch auf den Übernachtungspreis aufgeschlagen wird oder bei
offenem Aufschlag der Steuer vertraglich kein Rückzahlungsanspruch für den Fall eingeräumt wird, dass die
Steuer zu Unrecht erhoben worden sein sollte.
Der möglicherweise vergebliche Aufwand für die Berechnung, Anmeldung und Abführung der Steuer wiegt
deutlich weniger, als das öffentliche Interesse an der sofortigen Umsetzung des Gesetzes. Im Falle des
Ergehens einer einstweiligen Anordnung und eines Unterliegens der Antragstellerin in der Hauptsache wären
zum einen Staatseinnahmen zunächst entgangen und müssten die Steuern nacherhoben werden. Dies ist -
abgesehen davon, dass der Staat damit das Insolvenzrisiko der Antragstellerin tragen würde - mit erheblichem
Mehraufwand für den Antragsgegner verbunden. Er müsste die Steuern durch Bescheid nacherheben (§ 6 Abs.
4 KTTG). Mangels der erforderlichen Aufzeichnungen wäre dazu aller Voraussicht nach eine Schätzung (§ 162
AO) erforderlich, für die vom Antragsgegner zunächst die tatsächlichen Grundlagen anhand der Gästelisten der
Antragstellerin ermittelt werden müssten. Zudem liegt jeder Schätzung das Risiko zu Grunde, von der
tatsächlich entstandenen Steuer abzuweichen. Im Übrigen müsste die Antragstellerin auf Grund ihrer
Mitwirkungspflicht im Besteuerungsverfahren (§ 90 AO) den Antragsgegner bei der Ermittlung der
Besteuerungsgrundlagen unterstützen, was auch auf ihrer Seite einen erheblichen nachträglichen zusätzlichen
Aufwand bedeuten würde. Deshalb liegt es in gewissem Umfang auch im Eigeninteresse der Antragstellerin,
bis zur Entscheidung in der Hauptsache den für die Umsetzung des Gesetzes erforderlichen Aufwand zu
betreiben, um nicht später mit einem Schlage mit dem nachträglichen, kumulierten Mitwirkungsaufwand
belastet zu werden und zudem das Risiko tragen zu müssen, auf Grund der Schätzung möglicherweise
tatsächlich nicht entstandene Steuern zahlen zu müssen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO
Die Beschwerde ist nicht zuzulassen, weil Zulassungsgründe nicht gegeben sind (§ 128 Abs. 3 i. V. m. 115
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Abs. 2 FGO).