Urteil des FG Düsseldorf vom 24.06.2004

FG Düsseldorf (Stille Reserven, Persönliche Verhältnisse, Gesetzlicher Erbe, Anteil, Wiederholung, Kapitalgesellschaft, Prozessvertreter, Vermögenswert, Gesellschafter, Ertragswert)

Datum:
Gericht:
Spruchkörper:
Entscheidungsart:
Tenor:
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Aktenzeichen:
Finanzgericht Düsseldorf, 10 K 6919/00 F
24.06.2004
Finanzgericht Düsseldorf
10. Senat
Urteil
10 K 6919/00 F
Der Bescheid über die geänderte gesonderte und einheitliche
Feststellung von Besteuerungsgrundlagen für 1993 vom 11. März 1999 in
der Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 8. November 2000 wird
dahin geändert, dass als Einkünfte aus Gewerbebetrieb der A GmbH &
Co. KG ein Verlust von 24.478 DM festgestellt wird. Die laufenden
Einkünfte belaufen sich auf ./. 102.454 DM, der Aufgabegewinn beläuft
sich auf 77.976 DM. Von dem Aufgabegewinn entfällt ein Anteil von
20.844 DM auf den Kläger. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
Die Kosten des Verfahrens tragen der Beklagte zu 66 v. H. und der
Kläger zu 34 v. H.
Gründe
I.
Strittig sind bei der Ermittlung eines Aufgabegewinns der gemeine Wert von GmbH-
Anteilen und die Höhe eines Geschäftswertes.
Der Kläger war im Streitjahr (1993) alleiniger Gesellschafter der A GmbH (GmbH). Deren
Stammkapital belief sich bis zu einer Erhöhung durch Gesellschafterbeschluss vom 24. Mai
1993 auf 50.000 DM. Gegenstand der 1982 gegründeten GmbH war der Vertrieb von
Computern, Büromaschinen, Büromöbeln, Zubehör und Software sowie der entsprechende
Service und die Durchführung aller hiermit verbundenen Geschäfte.
Die GmbH war Komplementärin der 1984 gegründeten A GmbH & Co. KG (KG).
Kommanditisten waren u. a. der Kläger und der am 23. Juni 2002 verstorbene B.
Gegenstand der KG war der Vertrieb und Verkauf von Bürobedarf, Büromöbeln,
Büromaschinen aller Art, Datenerfassungs- und Datenverarbeitungsanlagen, Soft- und
Hardware sowie die Ausführung von Wartungs- und Kundendienstarbeiten und
Reparaturen. Nach § 11 des Gesellschaftsvertrags der KG verpflichteten sich die
Gesellschafter, ihre ganze Arbeitskraft ausschließlich in den Dienst der KG zu stellen. Sie
unterwarfen sich einem absoluten Wettbewerbsverbot. Nach dem Ausscheiden der übrigen
Kommanditisten waren seit April 1986 nur noch Herr B mit einer Einlage in Höhe von 2.500
DM und der Kläger mit einer Einlage in Höhe von 7.500 DM als Kommanditisten an der KG
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beteiligt.
Die GmbH beriet von März bis Juni 1990 die C GmbH in D (Bundesland E) beim Aufbau
ihres Unternehmens. Sie stellte diesem Unternehmen dafür 212.211 DM in Rechnung. Der
Reinerlös aus diesem Geschäft beläuft sich nach den vom Beklagten nicht bestrittenen
Angaben des Klägers auf 105.065 DM.
Die KG wurde mit Ablauf des Wirtschaftsjahres 1992/93 zum 31. März 1993 aufgelöst. Die
GmbH führte den Geschäftsbetrieb der KG fort. Das Kapitalkonto von Herrn B zum 31. März
1993 war negativ. Die GmbH nahm ihn 1998 gerichtlich auf Ausgleich des sich nach
Anrechnung des auf ihn entfallenden Anteils am Unternehmenswert noch ergebenden
negativen Kapitalkontos in Anspruch. Dabei legte die GmbH eine vom Prozessvertreter des
Klägers erstellte Unternehmenswertermittlung vor, auf die verwiesen wird (BP-Handakte Bl.
36 ff.). Danach belief sich der Unternehmenswert der KG am 31. März 1993 auf 228.530
DM. Das Landgericht (LG) F gab der Klage der GmbH durch Versäumnisurteil vom 8. April
1998 statt.
Die KG ermittelte in der Feststellungserklärung 1993 einen Gewinn aus der Aufgabe ihres
Betriebs i. S. von § 16 Abs. 3 des Einkommensteuergesetzes (EStG) 1990 in Höhe von
29.560 DM, den sie dem Kläger und Herrn B im Verhältnis ihrer Einlagen zu 75 v. H. und zu
25 v. H. zurechnete. Der Beklagte stellte sowohl die laufenden Einkünfte als auch den
Aufgabegewinn durch Feststellungsbescheid vom 7. Juli 1994 unter dem Vorbehalt der
Nachprüfung erklärungsgemäß fest. Im Anschluss an eine die Verhältnisse der KG
betreffende Betriebsprüfung ging der Beklagte davon aus, dass als Aufgabegewinn der
vom Prozessvertreter des Klägers ermittelte Unternehmenswert anzusetzen sei. Er stellte
deshalb durch geänderten Feststellungsbescheid vom 11. März 1999 den Aufgabegewinn
mit einem Betrag von 228.530 DM fest und rechnete ihn dem Kläger und Herrn B je anteilig
zu.
Der dagegen eingelegte Einspruch, mit dem der Kläger einen auf ihn entfallenden
Aufgabeverlust geltend machte, hatte lediglich insoweit Erfolg, als der Beklagte den dem
Kläger zugerechneten Anteil am Aufgabegewinn von 171.398 DM auf 146.844 DM
herabsetzte. Den weiter gehenden Einspruch wies er als unbegründet zurück. Der Beklagte
ging davon aus, dass sich der gemeine Wert der im Sonderbetriebsvermögen gehaltenen
Anteile des Klägers an der GmbH am 31. März 1993 auf 157.000 DM belaufen habe. Der
Geschäftswert der KG sei in der Weise zu ermitteln, dass vom Unternehmenswert in Höhe
von 228.530 DM stille Reserven des Vorratsvermögens in Höhe von 29.560 DM
abzuziehen seien. Am verbleibenden Betrag in Höhe von 198.970 DM sei der Kläger zu
3/4, d. h. mit einem Betrag von 149.227 DM beteiligt. Wegen weiterer Einzelheiten der
Berechnung des dem Kläger zugerechneten Anteils am Aufgabegewinn wird auf die
Einspruchsentscheidung vom 8. November 2000 verwiesen.
Mit der daraufhin erhobenen Klage wendet sich der Kläger gegen den vom Beklagten bei
der Berechnung des Aufgabegewinns angesetzten Unternehmenswert und gegen den vom
Beklagten ermittelten gemeinen Wert der GmbH-Anteile. Er ist der Auffassung, dass bei der
Berechnung des Unternehmenswertes der Risikozuschlag auf den Basiszinssatz zu
verdreifachen sei. Diese Erhöhung sei auf Grund der Ergebnisse der GmbH in den
nachfolgenden Jahren gerechtfertigt. Der bei der Ermittlung des Unternehmenswertes im
Verfahren vor dem LG F angesetzte Kapitalisierungszinssatz von 10,68 v. H. diene
ausschließlich der Deckung des Schadensersatzes. Bei der Ermittlung des
Ertragshundertsatzes für die Bewertung der GmbH-Anteile sei das Betriebsergebnis des
Wirtschaftsjahres 1990/91 um den Reinerlös aus dem Auftrag, den die GmbH für die C
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GmbH ausgeführt habe, zu kürzen. Bei diesem Auftrag habe es sich um einen einmaligen,
durch die Wiedervereinigung bedingten Geschäftsvorfall gehandelt.
Der Kläger beantragt,
den Bescheid über die geänderte gesonderte und einheitliche Feststellung von
Besteuerungsgrundlagen für 1993 vom 11. März 1999 in der Gestalt der
Einspruchsentscheidung vom 8. November 2000 dahin zu ändern, dass ihm statt eines
Aufgabegewinns in Höhe von 146.844 DM ein Aufgabeverlust in Höhe von 34.059 DM
zugerechnet wird.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Er ist der Ansicht, dass er den auf den Kläger entfallenden Aufgabegewinn nicht zu dessen
Nachteil fehlerhaft ermittelt habe. Bei einer Ermittlung des gemeinen Wertes der GmbH-
Anteile auf den 31. März 1993 ergebe sich vielmehr ein Wert von 172.000 DM statt des in
der Einspruchsentscheidung zu Grunde gelegten Wertes von 157.000 DM.
Wegen der Einzelheiten des Vorbringens der Beteiligten im Klageverfahren wird auf die
zwischen ihnen gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen verwiesen.
Der Senat hat die den Streitfall betreffenden Steuerakten des Beklagten beigezogen. Das
Amtsgericht F hat auf Anfrage des Berichterstatters mitgeteilt, dass die Mutter von Herrn B
und seine Geschwister die Erbschaft ausgeschlagen hätten. Sein Vater sei vorverstorben.
Weitere Erben seien nicht bekannt.
II.
1. Der Senat entscheidet ohne Beiladung eines Rechtsnachfolgers nach Herrn B.
Die Beiladung eines Rechtsnachfolgers nach Herrn B ist nicht möglich, weil dessen
gesetzliche Erben der ersten und zweiten Ordnung die Erbschaft ausgeschlagen haben
und andere Verwandte, ein Ehegatte oder ein Lebenspartner nicht bekannt sind. Der
Fiskus als gesetzlicher Erbe hat keine steuerlichen Verpflichtungen eines Verstorbenen zu
erfüllen und ist daher vom Ausgang des Verfahrens unter keinem denkbaren rechtlichen
Gesichtspunkt betroffen.
2. Die Klage ist teilweise begründet. Der angefochtene Bescheid in der Gestalt der
Einspruchsentscheidung ist insoweit rechtswidrig, als der Beklagte den Anteil des Klägers
am Aufgabegewinn mit einem Betrag von 146.844 DM statt mit einem Betrag von lediglich
20.844 DM festgestellt hat. Der Kläger ist dadurch in seinen Rechten verletzt (§ 100 Abs. 1
Satz 1 der Finanzgerichtsordnung - FGO -).
a) Der gemeine Wert der bei der Aufgabe des Betriebs der KG am 31. März 1993 in das
Privatvermögen des Klägers überführten, zuvor in seinem Sonderbetriebsvermögen
gehaltenen Geschäftsanteile an der GmbH beläuft sich auf 31.000 DM.
Nach § 16 Abs. 3 Satz 3 EStG 1990 sind zum Betriebsvermögen gehörende
Wirtschaftsgüter, die bei einer Aufgabe des Gewerbebetriebs nicht veräußert werden, mit
dem gemeinen Wert im Zeitpunkt der Aufgabe anzusetzen. Der gemeine Wert wird nach §
9 Abs. 2 des Bewertungsgesetzes (BewG) durch den Preis bestimmt, der im gewöhnlichen
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Geschäftsverkehr nach der Beschaffenheit des Wirtschaftsgutes bei einer Veräußerung zu
erzielen wäre. Dabei sind alle Umstände, die den Preis beeinflussen, zu berücksichtigen.
Ungewöhnliche oder persönliche Verhältnisse sind nicht zu berücksichtigen. Lässt sich der
gemeine Wert nicht börsennotierter Anteile an einer Kapitalgesellschaft nicht aus
Verkäufen ableiten, die weniger als ein Jahr zurückliegen, so ist er unter Berücksichtigung
des Vermögens und der Ertragsaussichten der Kapitalgesellschaft zu schätzen (§ 11 Abs. 2
Satz 2 BewG). Die Finanzverwaltung hat dafür in den Abschn. 4 ff. der Vermögensteuer-
Richtlinien (VStR) Maßstäbe entwickelt, die nach Auffassung des Bundesfinanzhofs (BFH)
auch im Rahmen der Wertermittlung gemäß § 16 Abs. 3 Satz 3 EStG 1990 herangezogen
werden können (vgl. Urteil vom 21. Januar 1993 XI R 33/92, Sammlung nicht amtlich
veröffentlichter Entscheidungen des Bundesfinanzhofs - BFH/NV - 1994, 12). Dieser
Auffassung schließt sich der Senat an.
Bei der Regelbewertung wird der Vermögenswert der Kapitalgesellschaft um den
Unterschiedsbetrag korrigiert, der sich durch Gegenüberstellung der Normalverzinsung und
des Ertragshundertsatzes, berechnet auf einen Zeitraum von fünf Jahren, ergibt (Abschn. 5
Abs. 1 Satz 1 VStR 1993). Wichtige Grundlage für die Ermittlung des Ertragshundertsatzes
ist der bisherige tatsächlich erzielte Durchschnittsertrag, der möglichst aus den
Betriebsergebnissen der letzten drei Jahre vor dem Bewertungsstichtag herzuleiten ist
(Abschn. 7 Abs. 1 Sätze 2 und 3 VStR 1993). Dabei sind allerdings der Regelung des § 9
Abs. 2 Satz 3 BewG folgend alle ungewöhnlichen Verhältnisse auszuscheiden, die bei der
Ermittlung des gemeinen Wertes nicht berücksichtigt werden dürfen. Dies gilt insbesondere
für einmalige Vorgänge, deren Wiederholung nicht zu erwarten ist (so zu Recht Viskorf, in:
Viskorf/Glier/Hübner/Knobel/Schuck, Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuergesetz,
Bewertungsgesetz, Kommentar, 2001, § 11 BewG Rdn. 61), denn nur so können die
Betriebsergebnisse der letzten drei Jahre dem Ziel dienen, den "voraussichtlichen
künftigen Jahresertrag" zu prognostizieren (Abschn. 7 Abs. 1 Satz 1 VStR 1993).
Bei dem Auftrag, den die GmbH 1990 für die C GmbH ausgeführt hat, handelt es sich um
ein einmaliges, außergewöhnliches Geschäft, dessen Wiederholung nach den am
Bewertungsstichtag bekannten Umständen nicht zu erwarten war. Dies folgt schon daraus,
dass die GmbH diesen Auftrag unter Verstoß gegen das im Gesellschaftsvertrag der KG
vereinbarte Wettbewerbsverbot ausgeführt hat. Die Wiederholung eines Rechtsverstoßes
kann aber jedenfalls dann nicht erwartet werden, wenn der Gesellschafter sich zuvor und
anschließend wieder vertragstreu verhalten hat. So verhält es sich bei der GmbH, wie aus
den vom Kläger für die Zeit von 1985 bis 1993 vorgelegten Jahresabschlüssen ersichtlich.
Dies spricht dafür, dass der Auftrag allein durch die besonderen Umstände, die sich durch
die Wiedervereinigung Deutschlands ergeben haben, bedingt war und eine Wiederholung
eines derartigen Geschäfts auch deshalb nicht erwartet werden konnte.
Der gemeine Wert der Anteile ist danach wie folgt zu ermitteln:
Vermögenswert: 75 v. H.
Ertragshundertsatz:
Ergebnis der letzten drei Jahre: 7.502 DM, abgerundet: 7.500 DM.
Durchschnittsertrag: (7.500 DM : 3 =) 2.500 DM.
Abzüglich Abschlag 15 v. H. (Abschn. 7 Abs. 3 Satz 2 VStR 1993): 375 DM.
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Jahresertrag: (2.500 DM ./. 375 DM =) 2.125 DM.
Stammkapital: 50.000 DM.
Ertragshundertsatz: (2.125 DM : 50.000 DM =) 4,25 v. H., abgerundet: 4 v. H.
Ertragswert: 5facher Ertragshundertsatz, d. h. (5 x 4 v. H. =) 20 v. H.
Summe Vermögenswert (Hundertsatz) und Ertragswert (Hundertsatz):
75 v. H. + 20 v. H. = 95 v. H.
Davon 66 v. H. (Abschn. 8 Abs. 2 Satz 5 VStR 1993): 62,70 v. H.
Abgerundet (Abschn. 8 Abs. 2 Satz 7 VStR 1993):
62 v. H.
Gemeiner Wert der Anteile danach: (62 v. H. von 50.000 DM =) 31.000 DM.
b) Der Geschäftswert der KG beläuft sich auf (228.530 DM ./. 25.560 DM =) 198.970 DM.
Der Senat folgt der Berechnung, die die GmbH im Prozess vor dem LG F gegen Herrn B
vorgelegt hat. Es entspricht anerkannten Grundsätzen, bei der Ermittlung des
Geschäftswertes auf den Ertragswert abzustellen. Der Geschäftswert kann dabei entweder
nach der direkten oder nach der indirekten Methode ermittelt werden. Bei der indirekten
Methode wird auf der Grundlage der abdiskontierten künftig erzielbaren normalisierten
Gewinne ein Unternehmenswert als Gesamtwert berechnet, von dem der Substanzwert
(Summe der Teilwerte der einzelnen Wirtschaftsgüter ohne den Geschäftswert) abgezogen
wird (vgl. auch § 255 Abs. 4 Satz 1 HGB). Bei dem verbleibenden Betrag handelt es sich
um den Geschäftswert (vgl. Stobbe, in: Herrmann/Heuer/Raupach,
Einkommensteuergesetz/Körperschaftsteuergesetz, § 6 EStG Anm. 726).
aa) Das normalisierte Betriebsergebnis der KG für das Wirtschaftsjahr 1990/91 ist nicht um
den Reinerlös aus dem von der GmbH für die C GmbH ausgeführten Auftrag zu erhöhen.
Es kann dahinstehen, ob die KG wegen des Verstoßes gegen das Wettbewerbsverbot
einen Anspruch gegen die GmbH auf Herausgabe dieses Erlöses gemäß § 113 Abs. 1 des
Handelsgesetzbuchs (HGB) hatte. Ein solcher Anspruch wäre jedenfalls deshalb nicht bei
der Ermittlung des Geschäftswertes der KG zu berücksichtigen, weil es sich dabei um
einen Umstand handeln würde, dessen Wiederkehr die KG nicht erwarten konnte.
Für die Schätzung des zukünftig nachhaltig erzielbaren Reinertrags eines Unternehmens
können die Ergebnisse der Vergangenheit zwar eine Grundlage bilden. Es kann deshalb
auch - aus praktischen Gründen - auf Zahlen und Werte der Steuerbilanz zurückgegriffen
werden. Maßgebend sind jedoch letzten Endes nicht steuerliche, sondern
betriebswirtschaftliche Gesichtspunkte. Der steuerliche Jahresgewinn, nimmt man ihn zum
Ausgangspunkt, muss daher um Sonderabschreibungen und andere außergewöhnliche,
das wahre Betriebsergebnis verfälschende Umstände bereinigt werden (vgl. Maaßen,
Finanz-Rundschau - FR - 1976, 315, 320 f.; Stobbe, a. a. O.).
Bei einem etwaigen Anspruch der KG nach § 113 HGB würde es sich um einen
außergewöhnlichen Umstand in diesem Sinne handeln. Dies folgt schon daraus, dass die
KG keinen Einfluss darauf hatte, ob die GmbH das im Gesellschaftsvertrag geregelte
Wettbewerbsverbot zukünftig beachten würde. Eine sich aus einem Anspruch nach § 113
HGB ergebende Gewinnerhöhung würde damit auf einem zufälligen, mit der
Geschäftstätigkeit der KG in keinem sachlichen Zusammenhang stehenden Umstand
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beruhen. Sie hätte ihre Ursache im Gesellschaftsverhältnis und wäre nicht auf die eigene
werbende, der Verwirklichung des Unternehmenszwecks dienende Tätigkeit
zurückzuführen.
bb) Die Unternehmenswertermittlung ist auch insoweit zutreffend, als ihr ein
Kapitalisierungszinssatz von 10,68 v. H. zu Grunde liegt. Der Basiszinssatz ist
anerkanntermaßen um einen Risikozuschlag zu erhöhen, der mit 50 bis 60 v. H. des
Basiszinssatzes anzusetzen ist (vgl. BFH-Urteil vom 13. April 1983 I R 63/79,
Bundessteuerblatt II 1983, 667; Finanzgericht Nürnberg, Urteil vom 24. Oktober 1975 III
150/72, Entscheidungen der Finanzgerichte 1976, 65, 67; Maaßen, FR 1976, 315, 321 f.;
Wassermann, Der Zinsfuß als Bewertungsfaktor in der Ertragssteuerbilanz, Köln 1979, S.
177). Ein höherer Risikozuschlag würde dazu führen, dass der Kapitalisierungsfaktor
unabhängig von den Verhältnissen des Kapitalmarktes abnehmen würde. Nur diese
entscheiden aber darüber, wie nachhaltig der der Wertermittlung zu Grunde liegende
normalisierte Ertrag erzielt werden kann. Im Streitfall hätte die Verdreifachung des
Risikozuschlags zur Folge, dass der Kapitalisierungsfaktor von (100 : 10,68 =) 9,36 auf
(100 : 18,68 =) 5,35 sinken würde. Ein lediglich über einen Zeitraum von rund fünf Jahren
erzielbarer Ertrag kann aber bei einem Basiszinssatz von ca. 6,7 v. H. nicht als nachhaltig
angesehen werden (vgl. auch § 7 Abs. 1 Satz 3 EStG 1990, wonach von einer
betriebsgewöhnlichen Nutzungsdauer des Geschäftswertes eines Gewerbebetriebs von 15
Jahren auszugehen ist).
Die Verdreifachung des Risikozuschlags lässt sich auch nicht damit begründen, dass die
GmbH als Erwerberin des Geschäftswertes nicht in der Lage war, die Betriebsergebnisse
zu erzielen, die die KG von 1988 bis 1993 erzielt hat. Der Geschäftswert ist nach den
Verhältnissen des Steuerpflichtigen zu ermitteln, der ihn geschaffen hat. Auf die
Verhältnisse des Erwerbers darf nicht abgestellt werden. Dies gilt insbesondere deshalb,
weil es sich um eine Stichtagsbewertung auf den Zeitpunkt der Betriebsaufgabe (§ 16 Abs.
3 Satz 3 EStG 1990) handelt (vgl. auch BFH-Urteil vom 26. Juni 1996 II R 64/93, BFH/NV
1997, 157, zur bewertungsrechtlichen Schätzung des Ertragswertes einer
Kapitalgesellschaft nach dem Stuttgarter Verfahren). Umstände, die erst in der Person des
Erwerbers auftreten, sind aber nicht wertaufhellend, sondern wertbeeinflussend.
Schließlich rechtfertigt auch der Umstand, dass die Unternehmenswertermittlung aus
Anlass eines zivilgerichtlichen Verfahrens erfolgte, keinen Ansatz eines über 60 v. H.
hinausgehenden Risikozuschlags. Es gibt keinen zivilrechtlichen oder steuerrechtlichen
Unternehmenswert, sondern nur einen für alle Rechtsgebiete in gleicher Weise
maßgeblichen Wert des Unternehmens, der entscheidend auf Grund
betriebswirtschaftlicher Überlegungen zu ermitteln ist. Diesen Anforderungen entspricht die
Wertermittlung, die der Prozessvertreter des Klägers für den Rechtsstreit der GmbH gegen
Herrn B erstellt hat. Der Beklagte hat diesen Wert deshalb zutreffend auch seinen
Berechnungen zu Grunde gelegt.
Der auf den Kläger entfallende Anteil am Aufgabegewinn ist danach wie folgt zu ermitteln:
Buchwerte Aktiva (ohne Kapitalkonto) 1.837.631 DM
stille Reserven Vorratsvermögen 29.560 DM
Geschäftswert 198.970 DM
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a. 2.066.161 DM
abzüglich Schulden laut Bilanz 1.601.904 DM
gemeiner Wert des Betriebsvermögens 464.257 DM
Anteil Kläger (3/4) 348.192 DM
zuzüglich gemeiner Wert der GmbH-Anteile 31.000 DM
gemeiner Wert des Anteils des Klägers 379.192 DM
abzüglich Buchwert des Mitunternehmeranteils 358.348 DM
Aufgabegewinn des Klägers 20.844 DM
Die Kostenentscheidung folgt aus § 136 Abs. 1 Satz 1 FGO.