Urteil des FG Düsseldorf vom 05.07.2005

FG Düsseldorf: verdeckte gewinnausschüttung, kapitalgesellschaft, gesellschafter, weisung, vermögensvorteil, gewerbesteuer, eingriffskondiktion, leistungskondiktion, aufwand, prüfer

Finanzgericht Düsseldorf, 6 K 3842/02 K,F
Datum:
05.07.2005
Gericht:
Finanzgericht Düsseldorf
Spruchkörper:
6. Senat
Entscheidungsart:
Urteil
Aktenzeichen:
6 K 3842/02 K,F
Tenor:
Unter teilweiser Aufhebung der Einspruchsentscheidung vom
18.06.2002 und Abänderung der Bescheide über Körperschaftsteuer
1993 und zur gesonderten Feststellung von Besteuerungsgrundlagen
gem. § 47 Abs. 1 KStG auf den 31.12. 1993 werden
die Körperschaftsteuer 1993 ohne Herstellung der
Ausschüttungsbelastung für eine vGA von EUR 235.470,36 (DM
460.540) festgesetzt;
die Körperschaftsteuererhöhungs- und -minderungsbeträge
entsprechend festgestellt;
die Teilbeträge des verwendbaren Eigenkapitals unter Berücksichtigung
der geänderten Ausschüttung festgestellt.
Die Berechnung der geänderten Steuer- und Feststellungsbeträge wird
dem Beklagten übertragen.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
Die Kosten des Verfahrens tragen der Beklagte und die Klägerin zu je
1/2.
Die Revision wird zugelassen.
Gründe:
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Die Klägerin klagt als Gesamtrechtsnachfolgerin der "O-GmbH" . Alleinige
Gesellschafterin der "O-GmbH" war 1993 die "T-GmbH" "E-Stadt". Im Jahre 1993
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Gesellschafterin der "O-GmbH" war 1993 die "T-GmbH" "E-Stadt". Im Jahre 1993
bestand über die "T-GmbH" und deren alleinige Gesellschafterin, der "G-Holding AG",
eine umsatzsteuerliche und gewerbesteuerliche Organschaft mit der die "G-Holding AG"
beherrschenden "Tb-GmbH".
Am 14. Dezember 1992 erließ die "Tb-GmbH" eine Konzernrichtlinie, in der es unter
Punkt 1 "Steuern vom Einkommen und vom Ertrag" lit. b) "Gesellschaften ohne
Ergebnisabführungsvertrag" u.a. heißt: "Bei Bestehen einer gewerbesteuerlichen
Organschaft ist die Gewerbeertragsteuer zu ermitteln und unter den Steuern vom
Einkommen und vom Ertrag als Aufwendungen aus Umlagen für EE-Steuern
auszuweisen." Einen Ergebnisabführungsvertrag mit der "T-GmbH" schloß die "O-
GmbH" erst mit Wirkung zum 01. Januar 1994 ab. Aufgrund der Konzernrichtlinie
ermittelte die "O-GmbH" 1993 eine Gewerbeertragsteuerumlage nach der sog.
Belastungsmethode von DM 460.540, wies den Betrag in der Bilanz zum 31. Dezember
1993 als Aufwendung aus Steuerumlagen aus und führte ihn am 24. Juni 1994 an die
"Tb-GmbH" ab.
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Im Rahmen einer steuerlichen Außenprüfung durch das Finanzamt für
Konzernbetriebsprüfung "E-Stadt" bei der "O-GmbH" für die Jahre 1993 bis 1996
gelangten die Prüfer zu der Auffassung, dass die in 1993 als Aufwand gebuchte
Gewerbesteuerumlage eine verdeckte Gewinnausschüttung darstelle und hierfür die
Ausschüttungsbelastung herzustellen sei. Die Erhebung der Umlage führe zu einer
unberechtigten Benachteiligung der "O-GmbH". Denn im gewerbesteuerlichen
Organkreis der "O-GmbH" sei bereits seit 1992 keine Gewerbeertragsteuer mehr
angefallen. Im Konzern dürfe jedoch nur die tatsächlich geschuldete Gewerbesteuer
umgelegt werden. Unzulässigerweise werde die "O-GmbH" durch das angewendete
Belastungsverfahren mit einer fiktiven Steuer belastet.
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Der Beklagte folgte der Ansicht der Prüfer und änderte am 06. Februar 2002 die unter
dem Vorbehalt der Nachprüfung (§ 164 Abgabenordnung - AO -) stehenden Bescheide
über Körperschaftsteuer 1993 sowie zur Feststellung gemäß § 47 Abs. 1
Körperschaftsteuergesetz - KStG - a.F. auf den 31. Dezember 1993 und gemäß § 47
Abs. 2 KStG a.F. für 1993. Nachdem der Beklagte die dagegen erhobenen Einsprüche
mit Entscheidungen vom 18. Juni 2002 als unbegründet zurückgewiesen hatte, wendet
die Klägerin sich hiergegen mit mehreren Klagen (6 K 3842/02 und 6 K 3843/02), die
der Senat mit Beschluss vom 05. Juli 2005 zur gemeinsamen Verhandlung und
Entscheidung unter dem Aktenzeichen 6 K 3842/02 zusammengefasst hat.
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Die Klägerin ist im wesentlichen der Ansicht, jede Berechnungsmethode zur Ermittlung
der Umlage der Gewerbesteuer sei zulässig. Dies sei dem Erlass des
Finanzministeriums Nordrhein-Westfalen vom 14. Dezember 1964 (S 2526a-10, Der
Betrieb 1965, 13) zu entnehmen. Ohne Anwendung der sog. Belastungsmethode würde
im übrigen die Organgesellschaft zu Lasten des Verlustvortrags des Organträgers von
einer Steuerschuld befreit. Einen solchen Nachteil habe die Organträgerin jedoch nicht
hinzunehmen. Das Gericht hat auf den Beschluss des Bundesfinanzhofs - BFH - vom
21. Dezember 2004 (I R 107/03, Sammlung der Entscheidungen des BFH - BFHE - 208,
288, Deutsches Steuerrecht - DStR - 2005, 592) hingewiesen, wonach ohne eine
vertragliche Grundlage die gewinnmindernde Berücksichtigung einer
Gewerbesteuerumlage ausscheide. Dazu trägt die Klägerin vor, zivilrechtliche
Grundlage für die Zahlung der Gewerbesteuerumlage sei die Konzernrichtlinie sowie
die damalige allgemeine Praxis der deutschen Konzerne. Bei Organgesellschaften in
Rechtsform der GmbH sei im übrigen die organisatorische Eingliederung dadurch
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gekennzeichnet, dass der Organträger in die Geschäftsführung der Organgesellschaft
eingreifen könne, wobei es weniger auf die rechtliche, sondern vorrangig auf die
tatsächliche Durchsetzbarkeit der Einflussnahme ankomme. Der Abschluss eines
gesonderten Vertrages über die Abführung einer Gewerbesteuerumlage sei bei
Bestehen einer Konzernrichtlinie überflüssig und praxisfern. Schließlich bestünde ein
Bereicherungsanspruch des Organträgers aus § 812 Abs. 1 Satz 1 2. Alternative
Bürgerliches Gesetzbuch - BGB - gegen die Organgesellschaft, wenn die Verluste des
Organträgers gegen die Gewerbeerträge der Organgesellschaft verrechnet würden. Die
Höhe des Bereicherungsanspruchs entspreche dem Vermögensvorteil bei der
Organgesellschaft aus der Befreiung von der Gewerbesteuerschuld. Die Annahme einer
verdeckten Gewinnausschüttung sei daher ausgeschlossen.
Die Klägerin beantragt,
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unter Änderung der angefochtenen Bescheide die verdeckte Gewinnausschüttung
in Höhe von 460.540 DM nicht anzusetzen und die Ausschüttungsbelastung nicht
herzustellen,
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hilfsweise, die Revision zuzulassen.
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Der Beklagte beantragt,
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die Klage abzuweisen,
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hilfsweise, die Revision zuzulassen.
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Er ist der Ansicht, die von der Klägerin gewählte Methode der Gewerbesteuerumlage
stelle nicht sicher, dass mindestens im Durchschnitt mehrerer Jahre nur die tatsächlich
gezahlten Steuerbeträge umgelegt würden. Nach dem Ländererlass vom 14. Dezember
1964 sei dies jedoch Voraussetzung für die Anerkennung einer Methode zur Umlage
der Gewerbeertragsteuer. Offenbar sei zudem in der Konzernrichtlinie keine
Bestimmung über die Vorgehensweise beim Vorliegen von Verlusten bei der
Organgesellschaft getroffen worden. Sofern die Klägerin im Wege der Auslegung davon
ausgehe, dass bei Vorliegen von Verlusten eine negative Umlage berechnet worden
wäre, sei dies eine Unterstellung, die weder vom Text der Konzernrichtlinie noch von
deren Durchführung gestützt würde. Wie das Urteil des FG Nürnberg vom 04. November
2003 (1 257/1999, Entscheidungen der Finanzgerichte - EFG - 2004, 592) ausführe,
liege ein Anspruch des Organträgers gegenüber der Organgesellschaft aus
ungerechtfertigter Bereicherung nicht vor. Diese Entscheidung sei durch die BFH-
Entscheidung I R 107/03 vom 21. Dezember 2004 bestätigt worden.
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Die zulässige Klage ist teilweise begründet.
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Zu Recht hat der Beklagte den in 1993 bei der "O-GmbH" im Wege des sog. stand-alone
Verfahrens (auch Belastungsverfahren, vgl. die Darstellung der Umlageverfahren im
BFH-Beschluss vom 21. Dezember 2004 I R 107/03, BFHE 208, 288) ermittelten und als
Aufwand aus Gewerbesteuerumlage verbuchten Betrag als verdeckte
Gewinnausschüttung - vGA - angesehen und das Einkommen der "O-GmbH" 1993 um
DM 460.540 erhöht. Zu Unrecht hat er jedoch im Streitjahr 1993 die
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Ausschüttungsbelastung hergestellt.
Unter einer vGA i.S. des § 8 Abs. 3 Satz 2 Körperschaftsteuergesetz - KStG - ist bei
einer Kapitalgesellschaft eine Vermögensminderung (verhinderte Vermögensmehrung)
zu verstehen, die durch das Gesellschaftsverhältnis veranlasst ist, sich auf die Höhe des
Unterschiedsbetrages gemäß § 4 Abs. 1 Satz 1 Einkommensteuergesetz - EStG - i.V.m.
§ 8 Abs. 1 KStG auswirkt und in keinem Zusammenhang zu einer offenen Ausschüttung
steht (z.B. BFH Urteile vom 19. Januar 2000 I R 24/99, BFHE 191, 107,
Bundessteuerblatt - BStBl - II 2000, 545; vom 15. März 2000 I R 40/99, BFHE 191, 330,
BStBl II 2000, 504 und vom 9. August 2000 I R 12/99, BFHE 193, 274, BStBl II 2001,
140). Für den größten Teil der entschiedenen Fälle hat der BFH die Veranlassung durch
das Gesellschaftsverhältnis angenommen, wenn die Kapitalgesellschaft ihrem
Gesellschafter einen Vermögensvorteil zuwendet, den sie bei der Sorgfalt eines
ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiters einem Nichtgesellschafter nicht
gewährt hätte (ständige Rechtsprechung des BFH, vgl. Urteile vom 16. März 1967 I
261/63, BFHE 89, 208, BStBl III 1967, 626 und vom 27. März 2001 I R 27/99, BFHE 195,
228, BStBl II 2002, 111). Bei Leistungen einer Kapitalgesellschaft an ihren
beherrschenden Gesellschafter ist eine vGA auch dann anzunehmen, wenn diese nicht
auf einer im voraus getroffenen, klaren und eindeutigen sowie tatsächlich
durchgeführten Vereinbarung beruhen (BFH Urteil vom 22. Oktober 2003 I R 36/03,
BFHE 204, 106, BStBl II 2004, 307, m.w.N.).
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Es fehlt sowohl an einer vorherigen eindeutigen Vereinbarung als auch an einer
sonstigen Rechtsgrundlage für die Zahlung der Gewerbesteuerumlage. Die den
Unterschiedsbetrag gem. § 4 Abs. 1 Satz 1 EStG mindernde Umlage ist allein aufgrund
der Weisung der (mittelbar) beherrschenden Gesellschafterin, also aus
gesellschaftsrechtlichen Gründen passiviert worden und stellt somit eine vGA dar.
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Es fehlt zunächst an einer im Voraus getroffenen, klaren und eindeutigen Vereinbarung.
Ein schriftlicher Umlagevertrag liegt nicht vor. Der Abschluss einer entsprechenden
mündlichen Vereinbarung ist den Akten nicht zu entnehmen und auch nicht behauptet
worden. Eine wiederholte Passivierung und Abführung einer
Gewerbeertragsteuerumlage, die als laufende Übung auf einen laufenden
Vertragsvollzug und damit als Indiz für den Abschluss einer solchen Vereinbarung
dienen könnte (vgl. zum Schluss von einer regelmäßigen Leistung auf eine mündlich
getroffene Vereinbarung z.B. BFH Urteil vom 29. Juli 1992 I R 18/91, BFHE 169, 71,
BStBl II 1993, 139), läßt sich nicht feststellen.
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Die Konzernrichtlinie vom 14. Dezember 1992 kann das Erfordernis einer klaren und
eindeutigen Vereinbarung nicht erfüllen. Sie ist als gesellschaftsrechtlich vermittelte
"schriftliche Weisung" des beherrschenden Gesellschafters anzusehen. Eine solche
vermag, anders als eine vertragliche Vereinbarung, weder eine Forderung des
Organträgers noch eine Verbindlichkeit der Organgesellschaft, die dort passiviert
werden könnte, zu begründen. Vielmehr führt eine, bei der beherrschten
Kapitalgesellschaft eine Vermögensminderung veranlassende, bloße Weisung des
Gesellschafters wegen ihrer ausschließlich gesellschaftsrechtlich begründeten
Wirksamkeit regelmäßig zu einer vGA. Auf eine Vereinbarung zur Abführung einer
Gewerbeertragsteuerumlage kann deshalb nicht verzichtet werden. Es ist daher auch
unbeachtlich, dass die beherrschende Gesellschafterin, wie die Klägerin zutreffend
meint, ihren Willen ohnehin in der Organgesellschaft durchsetzen kann.
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Zudem ist die Konzernrichtlinie vom 14.12.1992 nicht hinreichend eindeutig. Mit der
Formulierung, wonach "die Gewerbeertragsteuer zu ermitteln und unter den Steuern
vom Einkommen und vom Ertrag als Aufwendungen aus Umlagen für EE-Steuern
auszuweisen" ist, lässt sie offen, welche Gewerbeertragsteuer bei der Organgesellschaft
passiviert werden soll. In Betracht kommt die (anteilige) tatsächlich erhobene
Gewerbeertragsteuer des Organträgers oder eine nicht tatsächlich erhobene, fiktiv
ermittelte Gewerbeertragsteuer der Organgesellschaft. Zwar dürfte sich durch
Auslegung der Richtlinie ergeben, dass die zweite dargestellte Auslegung dem
tatsächlichen Willen der beherrschenden Gesellschafterin entspricht, denn jedenfalls im
Streitjahr ist tatsächlich in dieser Weise verfahren worden. Sind aber mehrere
Auslegungen möglich, kann die Konzernrichtlinie nicht als im Voraus getroffene
eindeutige Regelung angesehen werden. Wegen der offenbar erstmaligen Anwendung
der Richtlinie im Streitjahr kann auch kein wiederholter eindeutiger Vollzug zur
Präzisierung des Richtlinieninhalts herangezogen werden.
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Auch die von der Klägerin behauptete Praxis der deutschen Konzerne kann das
Erfordernis einer klaren und eindeutigen Vereinbarung nicht ersetzen. Zum einen lässt
sich eine solche Praxis nicht feststellen. Hierfür hat auch die Klägerin nichts weiter
vorgetragen. Zum anderen macht auch die Üblichkeit eines bestimmten Verhaltens im
Rechtsverkehr eine entsprechende vorherige Vereinbarung zwischen einer
Kapitalgesellschaft und dem sie beherrschenden Gesellschafter nicht entbehrlich, denn
eine solche Vereinbarung ist stets erforderlich (vgl. z.B. BFH Urteil vom 22. Oktober
2003 I R 36/03, BFHE 204, 106, BStBl II 2004, 307, m.w.N.).
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Darüber hinaus führt auch die vorherige Vereinbarung einer
Gewerbeertragsteuerumlage nach der Belastungsmethode nach Ansicht des Senats zu
einer vGA. Denn die Belastung mit einer fiktiven Gewerbeertragsteuer stellt eine
ungerechtfertigte Benachteiligung der Organgesellschaft dar, auf die sich ein ordentlich
und gewissenhaft handelnder Geschäftsleiter nicht einlassen würde. Wird der
Gewerbeertrag der Organgesellschaft dem Organträger als eigener zugerechnet (§ 2
Abs. 2 Satz 2 GewStG), so entrichtet dieser mit der für den gewerbesteuerlichen
Organkreis erhobenen Gewerbeertragsteuer eine "eigene" Steuer. Entsteht aber trotz
von der Organgesellschaft erwirtschafteten Gewerbeerträgen wegen der Nutzung
verrechenbarer Gewerbeverluste des Organträgers keine Gewerbeertragsteuer,
verrechnet die Organgesellschaft "eigene" Gewerbeerträge mit "eigenen" Verlusten.
Eine Inanspruchnahme der Organgesellschaft für die "eigene" Gewerbeertragsteuer des
Organträgers oder aber für den "Verbrauch" von mit "eigenen" Gewerbeerträgen des
Organträgers verrechneten "eigenen" Verlusten ist aber ebensowenig einzusehen, wie
eine Inanspruchnahme für eine bloß fiktive und nicht tatsächlich erhobene
Gewerbeertragsteuer der Organgesellschaft (vgl. hierzu Gosch: Anmerkung zu BFH I R
57/00, Die steuerliche Betriebsprüfung 2002, 149).
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Zwar sind gesetzliche Ansprüche zwischen einer Kapitalgesellschaft und ihrem
beherrschenden Gesellschafter steuerlich auch dann zu berücksichtigen, wenn sie nicht
zusätzlich klar und eindeutig vereinbart sind (BFH Urteil vom 30. Juli 1997 I R 65/96,
BFHE 184, 297, BStBl II 1998, 402), aber auch ein gesetzlicher Anspruch der "Tb-
GmbH" auf Erstattung einer - anteiligen - Gewerbeertragsteuer bestand nicht. Ein
Ausgleichsanspruch aus Gesamtschuldnerschaft (§ 426 BGB) scheidet schon deshalb
aus, weil die "Tb-GmbH" keine Gewerbeertragsteuer gezahlt hat und aus der
Schmälerung des Verlustvortrages keine Gesamtschuld resultiert (vgl. FG Nürnberg
Urteil vom 4.November 2003, I 257/1999, EFG 2004, 592 mN).
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Aber auch ein Anspruch aus ungerechtfertigter Bereicherung (§ 812, § 818 Abs. 2 BGB),
und zwar sowohl aus Gründen der sog. Leistungskondiktion gemäß § 812 Abs. 1 Satz 1
1. Alternative BGB als auch aus Gründen der sog. Eingriffskondiktion gemäß § 812 Abs.
1 Satz 1 2. Alternative BGB bestand nicht. An den Voraussetzungen einer
Leistungskondiktion fehlt es, weil die "Tb-GmbH" keine Leistung an die "O-GmbH"
erbracht hat. Die Einbuße eines Verlustvortrages, den sie ohne Verrechnung mit den
von der Organgesellschaft erwirtschafteten Erträgen zu einem späteren Zeitpunkt hätte
nutzen können, stellt nach Ansicht des BFH (I R 107/03 a.a.O.), dem sich der Senat
anschließt, keine Leistung dar. Denn der Verlust gebührt, wie der BFH (a.a.O.)
ausgeführt hat, originär dem Organträger selbst, so dass auch eine anteilige
"Vergütung" dieser Verlustnutzung durch die Organgesellschaft nicht in Betracht kommt.
Weil der Gewerbeertrag der Organgesellschaft dem Organträger zugerechnet wird (§ 2
Abs. 2 Satz 2 GewStG), wird die Organgesellschaft auch von keiner sie treffenden
Steuerschuld befreit. Denn es fehlt schlichtweg an solchen Schulden (vgl. BFH Urteil
vom 27. Juni 1990 I R 183/85, BFHE 161, 157, 160, BStBl II 1990, 916, 918). Wegen der
fehlenden eigenen Gewerbeertragsteuerschuld hat die "O-GmbH" daher durch den
Verlustverbrauch bei der "Tb-GmbH" auch nicht in sonstiger Weise etwas von der "Tb-
GmbH" auf deren Kosten erlangt. Auch eine Eingriffskondiktion scheidet deswegen aus.
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Zu Unrecht hat der Beklagte aber die Ausschüttungsbelastung 1993 hergestellt. Eine
Ausschüttung und damit auch eine "andere Ausschüttung" i.S. des § 27 Abs. 3 Satz 2
KStG a.F. setzt eine Vermögensminderung (verhinderte Vermögensmehrung) bei einer
Kapitalgesellschaft voraus, die sich durch einen tatsächlichen Mittelabfluss konkretisiert
hat (BFH Urteil vom 31. Oktober 1990 I R 47/88, BStBl II 1991, 255; vgl. auch Abschn.
77 Abs. 6 Satz 1 der Körperschaftsteuer-Richtlinien 1995). Die "Gewerbesteuerumlage
1993" ist von der "O-GmbH" nicht 1993 an die "Tb-GmbH" gezahlt worden, so dass es
im Streitjahr an einem tatsächlichen Mittelabfluß fehlt.
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Die Kostenentscheidung beruht auf § 136 Abs. 1 Satz 1 Finanzgerichtsordnung -FGO-.
Die Übertragung der Berechnung der geänderten Steuer- und Feststellungsbeträge
erfolgt gemäß § 100 Abs. 2 Satz 2 FGO.
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Die Revision war wegen grundsätzlicher Bedeutung der Sache zuzulassen (§ 115 Abs.
2 Nr. 1 FGO).
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