Urteil des FG Düsseldorf vom 25.07.2003

FG Düsseldorf (Einkünfte, Verwaltungsakt, Abgabenordnung, Verlustvortrag, Geldleistung, Verlustabzug, Auskunft, Ermessen, Datum)

Datum:
Gericht:
Spruchkörper:
Entscheidungsart:
Tenor:
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Aktenzeichen:
Finanzgericht Düsseldorf, 11 K 3813/99 F
25.07.2003
Finanzgericht Düsseldorf
11. Senat
Beschluss
11 K 3813/99 F
Der Streitwert wird auf 48.815 EUR festgesetzt.
Gründe:
I.
Der Kläger erhob gegen die gesonderten Feststellungsbescheide für die Jahre 1991 bis
1993 Klage und begehrte für 1991 eine Kürzung des Gewinns aus Gewerbebetrieb um
497.705 DM, für 1992 eine Erhöhung um 45.129 DM und für 1993 eine Kürzung um
502.158 DM. Mit Urteil vom 21.11.2002 gab der 11. Senat des Finanzgerichts Düsseldorf
der Klage in vollem Umfang statt. Unter Berücksichtigung der nach dem Urteil zu
ändernden gesonderten Feststellungen 1991 bis 1993 ergab sich zum 31.12.1993 ein
verbleibender Verlustabzug in Höhe von 982.448 DM.
Die Beteiligten streiten nunmehr über die Höhe des Streitwertes.
Der Kläger begehrt die Festsetzung eines Streitwertes in Höhe von 245.612 DM (= 982.448
x 25%). Bei der einheitlichen und gesonderten Feststellung richte sich der Streitwert nach
den vermutlichen einkommensteuerlichen Auswirkungen. Dabei sei zur Vereinfachung des
Verfahrens von einer pauschalen einkommensteuerlichen Auswirkung in Höhe von 25 %
auszugehen.
Nach Ansicht des Beklagten ist der Streitwert unter Berücksichtigung der durchschnittlichen
Einkommensteuerbelastung des Klägers zu schätzen, da sich die steuerliche Auswirkung
des verbleibenden Verlustvortrages auf mehrere Jahre auswirkt. Die
Einkommensteuerbelastung betrüge nach Auskunft des für die Einkommensteuer
zuständigen Wohnsitzfinanzamtes in den Jahren 1997 bis 2000 13,94 %. Es sei von einer
steuerlichen Auswirkung und einem Streitwert in Höhe von 14 % x 982.448 DM =
137.542,72 DM ( 70.324,47 EUR) auszugehen.
II.
Der Streitwert ist gem. §§ 13 Abs. 1 Satz 1, 25 Abs. 2 Satz 1 Gerichtskostengesetz (GKG)
auf 48.815 EUR festzusetzen. Dieser Betrag entspricht der Summe aus den streitigen
Beträgen im Klageverfahren in Höhe von 954.743 DM X 10 % = 95.473 DM (= 48.814,57
EUR).
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In den Verfahren vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit ist der Streitwert
grundsätzlich nach der sich nach dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung
der Sache nach Ermessen zu bestimmen (§ 13 Abs. 1 Satz 1 GKG). Bietet der bisherige
Sach- und Streitstand hierfür keine genügenden Anhaltspunkte, so ist der Auffangstreitwert
in Höhe von 8.000 DM anzunehmen (§ 13 Abs. 1 Satz 2 GKG). Betrifft der Antrag des
Klägers eine bezifferte Geldleistung oder einen hierauf gerichteten Verwaltungsakt, so ist
deren Höhe maßgebend (§ 13 Abs. 2 GKG).
Vorliegend ist die Bedeutung der Sache nach § 13 Abs. 1 Satz 1 GKG mit 10 % des
streitigen Betrages zu schätzen. Gegenstand des vorliegenden Verfahrens sind Bescheide
über die gesonderte Feststellung von Verlusten für 1991 bis 1993 nach § 180 Abs. 1 Nr. 2b
Abgabenordnung (AO). Der Antrag des Klägers betrifft damit keinen Verwaltungsakt i. S.
von § 13 Abs. 2 GKG, sondern einen Verwaltungsakt, der sich nur mittelbar - über § 182
Abs. 1 AO und § 10d Abs. 3 EStG (in der Fassung der Streitjahre) - auf Verwaltungsakte
auswirkt, die auf eine Geldleistung gerichtet sind. Dies sind im vorliegenden Fall die
Einkommensteuerbescheide für die Veranlagungszeiträume ab 1994. Diese mittelbare
steuerliche Auswirkung rechtfertigt es § 13 Abs. 1 Satz 1 GKG anzuwenden und nicht den
Regelstreitwert (§ 13 Abs. 1 Satz 2 GKG) anzusetzen. Nach ständiger Rechtsprechung des
Bundesfinanzhofs ist der Streitwert in Verfahren wegen gesonderter Feststellung von
Einkünften deshalb nach den einkommensteuerlichen Auswirkungen beim Kläger zu
bestimmen (§ 13 Abs. 1 Satz 1 GKG) (vgl. BFH-Urteil vom 10.06.1999 IV E 3/99, BFH/NV
1999, 1608). Lassen sich diese im Zeitpunkt der Streitfestsetzung nicht ermitteln, so sind
sie anhand aller erkennbaren Umstände (z.B. bereits abgegebene Steuererklärungen,
Höhe des Verlustabzuges, Höhe der Einkommensbeträge bzw. der Steuersätze) zu
schätzen (vgl. Finanzgericht Berlin-Beschluss vom 25.09.2002 / K 7472/01, EFG 2003, 191
und FG Düsseldorf-Beschluss vom 12.10.1995 14 K 2199/93 F, EFG 1996, 158).
Von einer Bestimmung des Streitwertes nach der konkreten steuerlichen Auswirkung ist
nach Ansicht des Senates im vorliegenden Fall abzusehen. Denn die Ermittlung der
konkreten steuerlichen Auswirkung ist bei der gesonderten Feststellung von Verlusten, die
sich - wie im Streitfall - erkennbar nicht im Verlustentstehungsjahr und gem. § 10d Abs. 1
EStG in den zwei vorausgegangenen Jahren sondern gem. § 10d Abs. 2 EStG in den
folgenden, zeitlich nicht eingrenzbaren Veranlagungszeiträumen auswirken (vgl. zum
unbegrenzten Verlustvortrag: Schmidt/Heinicke, EStG Kommentar, 10. Aufl., § 10d Anm. 7),
wegen fehlender Kenntnis über zukünftige Besteuerungsgrundlagen nicht möglich. Im
vorliegenden Fall ist nämlich auf Grund der Höhe der Verluste und fehlender bzw. geringer
positiver Einkünfte des Klägers nicht erkennbar, wann die Verluste aufgebraucht werden.
Die einkommensteuerliche Auswirkung ist somit zu schätzen.
Entgegen der Auffassung des Klägers kann die einkommensteuerliche Auswirkung nicht
mit 25% des streitigen Gewinns veranschlagt werden. Auf diesen Prozentsatz wird die
steuerliche Auswirkung in der Regel im Fall der gesonderten und einheitlichen Feststellung
von Einkünften geschätzt (vgl. Tipke/Kruse, Abgabenordnung/Finanzgerichtsordnung
Kommentar, Vor § 135 FGO Rd.Nr. 199 mit weiteren Nachweisen aus der
Rechtsprechung). Diesem Prozentsatz liegt die Annahme zu Grunde, dass sich die
festgestellten negativen Einkünfte über den in § 2 Abs. 3 EStG geregelten Verlustausgleich
("Summe der Einkünfte") im Folgebescheid des Verlustentstehungsjahr auf die Höhe der
festzusetzenden Einkommensteuer tatsächlich auswirken (vgl. Finanzgericht Baden-
Württemberg-Beschluss vom 10.08.1999 4 K 98/96, EFG 1999, 1251). Dies ist vorliegend
nicht der Fall. Die Verluste sind vielmehr nach § 10d Abs. 3 EStG (in der Fassung der
Streitjahre) im Verlustentstehungsjahr gesondert festzustellen und in die folgenden
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Veranlagungszeiträume vorzutragen. Dabei ist nicht gewährleistet, dass sich die
vorgetragenen Verluste in voller Höhe auf die festzusetzenden Einkommensteuern in den
Folgejahren auswirken. Die Regelung des § 10d Abs. 2 Satz 1 EStG gebietet nämlich den
Abzug "wie Sonderausgaben vom Gesamtbetrag der Einkünfte" sogar dann, wenn die
konkrete Höhe des Einkommens auch ohne den Verlustabzug nach § 10d Abs. 2 EStG
nicht zu einer Einkommensteuer-schuld führen würde. Mit anderen Worten: Der
vorgetragene Verlust ist (stets) insoweit abzuziehen, bis sich ein Einkommen von 0 DM
ergibt (Schmidt/Heinicke, a. a. O., § 10d Anm. 6c, 8; sowie 18. Aufl., § 10d Tz. 17 und 20).
Wie sich der Verlustvortrag bei künftigen Einkommensteuerveranlagungen auswirkt, ist
folglich im Zeitpunkt der Streitwertfestsetzung nicht absehbar. Der Senat hält daher eine
Begrenzung des Streitwerts auf 10 v. H. der streitigen Verlustbeträge für zutreffend (vgl. zu
Verlusten im Rahmen einer Körperschaftsteuerveranlagung: BFH - Beschluss vom
18.05.1983 I R 263/82, BFHE 138, 409, BFHE 139, 409BStBl II 1983, 602; und zu § 10d
EStG: Finanzgericht Baden-Württemberg - Beschluss vom 10.08.1999 4 K 98/96, EFG
1999, 1251).
Die Entscheidung ergeht gerichtsgebührenfrei.