Urteil des FG Düsseldorf vom 12.10.2004

FG Düsseldorf (Einfluss, Geschäftsführung, Gesellschafter, Aussonderung, Vermögenswert, Kapitalgesellschaft, Rechtsnachfolger, Abschlag, Stammkapital, Beschränkung)

Datum:
Gericht:
Spruchkörper:
Entscheidungsart:
Tenor:
1
2
3
4
Aktenzeichen:
Finanzgericht Düsseldorf, 6 K 876/02 BA
12.10.2004
Finanzgericht Düsseldorf
6. Senat
Urteil
6 K 876/02 BA
Die Klage wird abgewiesen.
Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.
Die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen sind nicht
erstattungsfähig.
Die Revision wird zugelassen.
G r ü n d e:
Die Klägerin ist eine GmbH, die die Druckerei und das Verlagsgewerbe betreibt. Die
Beigeladenen zu 1. bis 13. waren zu den streitigen Bewertungsstichtagen 31.12.1992 und
1993 die am Stammkapital der Klägerin (insgesamt 70.170.000 DM) mit mehr als 5 v.H.
beteiligten Gesellschafter der Klägerin. Dabei waren die "B" (Beigeladene zu 1.) mit jeweils
19,667 v.H., die in 1993 verstorbene "E" (Rechtsnachfolger: Der Beigeladene zu 13.) mit
15,391 v.H. (nur zum 31.12.1992) und der ebenfalls in 1993 verstorbene Dr. "X"
(Rechtsnachfolger: Die Beigeladenen zu 11.) mit 10,822 v.H. sowie die in 1996 verstorbene
"A" (Rechtsnachfolger: Die Beigeladenen zu 2. bis 7.) mit 10,867 v.H. am Stammkapital der
Klägerin beteiligt. Die übrigen Beigeladenen waren zwischen 5 v.H. und 10 v.H. beteiligt.
Die Klägerin ist zu 50 v.H. am Stammkapital der "Q-GmbH" ("Q") beteiligt (Nominalwert:
75.000 DM). Weiterer Gesellschafter der "Q" ist die "H-KG" mit ebenfalls 50 v.H. der
Geschäftsanteile. Zur gemeinsamen Ausübung des Stimmrechts bei der "Q" haben die
Gesellschafter sich in der "Vereinigung der Gesellschafter der "Q-GmbH" - GbR"
zusammengeschlossen. Zwischen der GbR und der "Q" bestand seit dem 13.12.1979 ein
steuerlich anerkannter Ergebnisabführungsvertrag (so genannte "Mehrmütterorganschaft").
Nach dem Gewinnverteilungsschlüssel der "Q" erhält die Klägerin 65 v.H. und die "H- KG"
35 v.H. der Jahresergebnisse.
Auf der Grundlage der Feststellungen einer Außenprüfung bei der Klägerin durch das
Finanzamt für Groß-BP "F-Stadt", die unter anderem die Streitjahre 1992 und 1993 betraf,
änderte der Beklagte die zunächst unter dem Vorbehalt der Nachprüfung festgestellten
5
6
7
8
9
10
11
12
13
14
gemeinen Werte der Anteile an der Klägerin und stellte die Werte wie folgt fest:
31.12.1992
31.12.1993
Anteile mit Einfluss auf die Geschäftsführung
565 DM
658 DM
Anteile ohne Einfluss auf die Geschäftsführung
340 DM
428 DM
Dabei wurden zum 31.12.1992 die Anteile der Gesellschafter 2, 4 bis 6, 8 und 10 bis 12
und zum 31.12.1993 die Anteile der Gesellschafter 1 bis 15 aus der dem Bescheid
beigefügten Liste als Beteiligungen ohne Einfluss auf die Geschäftsführung angesehen.
Bzgl. der Ermittlung im Einzelnen wird auf die Darstellung in den Anlagen 44 bis 46 und 52
bis 54 zum BP-Bericht vom 08.11.2000 Bezug genommen.
Im Einspruchsverfahren gegen die bezeichneten Feststellungen hat die Klägerin geltend
gemacht, der Außenprüfer habe zu Unrecht neben dem Vermögenswert der Beteiligung an
der "Q" (zum 31.12.1992: 28.950.000 DM; zum 31.12.1993: 27.945.000 DM) auch die
abgeführten Ergebnisanteile bei der Ermittlung des Ertragswerts der Klägerin
berücksichtigt. Dabei seien folgende Ergebnisse in die Ertragswertberechnung
eingeflossen:
1990: 9.859.441 DM,
1991: 10.323.376 DM,
1992: 10.182.956 DM,
1993: 11.500.122 DM.
Unter Hinweis auf Abschnitt 11 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 Satz 4 Vermögensteuerrichtlinien 1993
(VStR 1993) seien die Gewinne und Verluste einer Organgesellschaft, die der Organträger
auf Grund eines Ergebnisabführungsvertrages übernommen habe, bei der Ermittlung des
Ertragshundertsatzes auszusondern. Dies gelte unabhängig von der jeweiligen
Beteiligungshöhe, da die Richtlinienregelung allein auf das Vorliegen eines steuerlich
anerkannten Ergebnisabführungsvertrages abstelle.
Mit Einspruchsentscheidung vom 25.01.2002 hat der Beklagte den Einspruch als
unbegründet zurückgewiesen.
Hiergegen wendet sich die Klägerin mit ihrer Klage. Sie trägt vor, der Beklagte habe zu
Unrecht die aus der Beteiligung an der "Q" der Klägerin zufließenden Erträge bei der
Ermittlung des gemeinen Werts der Anteile zu den streitigen Stichtagen berücksichtigt.
Durch die Bewertung der Geschäftsanteile an der "Q" mit ihrem Stuttgarter Verfahrenswert
auf der einen Seite und der zusätzlichen Berücksichtigung der abgeführten Gewinne an die
Klägerin andererseits komme es zur doppelten Berücksichtigung der von der "Q"
erwirtschafteten Erträge. Entgegen der Auffassung des Beklagten sei dieser so genannte
Kaskadeneffekt nicht nur bei Beteiligungen von über 50 v.H., sondern auch bei
Beteiligungen an Organgesellschaften mit einem steuerlich anerkannten
Ergebnisabführungsvertrag zwingend herauszurechnen. Denn bei der Auslegung durch
den Beklagten sei der entsprechende Satz als sinnlos anzusehen. Wenn nämlich die
Organbeteiligung, wie der Beklagte meine, mehrheitsvermittelnd sein müsste, läge bereits
15
16
17
eine Beteiligung im Sinne des Abschnitt 11 Abs. 4 Nr. 1 VStR 1993 vor, auf die Abschnitt
11 Abs. 4 Nr. 2 Satz 3 anzuwenden wäre. Mit der Auslegung durch den Beklagten besitze
die Richtlinienregelung keinen eigenständigen Regelungsgehalt, weil sie nur die
selbstverständliche Aussage treffe, dass die Erträge aus einer mehrheitsvermittelnden
Beteiligung auch dann auszusondern sind, wenn über die Beteiligung hinaus ein
Ergebnisabführungsvertrag bestehe.
Bei der Auslegung sei auch zu berücksichtigen, dass die Regelung in Abschnitt 11 Abs. 4
VStR 1993 der Vermeidung des Kaskadeneffekts durch die doppelte Erfassung der Erträge
einer Beteiligungsgesellschaft diene. So habe der Bundesfinanzhof zwar grundsätzlich
festgestellt, dass dieser Kaskadeneffekt ab einer Beteiligungshöhe von 50 v.H. oder
darunter vom Steuerpflichtigen regelmäßig hinzunehmen sei, dies allerdings nur, wenn
nicht besondere Umstände hinzuträten, die eine Vermeidung des Kaskadeneffekts auch
unterhalb der Beteiligungsgrenze geboten erscheinen ließen; als entsprechende
Gesichtspunkte habe der BFH ausdrücklich den der Effektensubstitution oder einer
Organschaft mit Ergebnisabführung benannt (BFH-Urteil vom 06.03.1991 II R 18/88, BFHE
164, 91, Bundessteuerblatt -BStBl- 1991, 558). Dabei sei zu berücksichtigen, dass der
Ergebnisabführungsvertrag das beherrschte Unternehmen zur Abführung seines gesamten
Gewinns an die herrschende Gesellschaft verpflichte und damit die Zurechnung des
gesamten Gewinns bzw. des Verlustausgleichs als Folge des
Ergebnisabführungsvertrages nicht mehr von einer Einzelbeschlussfassung der
Gesellschafter der jeweils verpflichteten Gesellschaft abhänge. Soweit bei der
Beteiligungshöhe von 50 v.H. oder darunter die Möglichkeit bestehe, dass das Ergebnis
infolge eines abweichenden Gesellschafterbeschlusses nicht unmittelbar dem derart
beteiligten Gesellschafter über eine Ausschüttung zu Gute komme, sondern etwa auf Grund
eines entgegenstehenden Gesellschafterbeschlusses thesauriert werde, sei dies bei
Bestehen eines Ergebnisabführungsvertrages nicht gegeben. Deshalb sei es unter
Berücksichtigung des Sinn und Zwecks der Regelung in Abschnitt 11 Abs. 4 VStR 1993
zwingend geboten, bei Bestehen eines Ergebnisabführungsvertrages den Kaskadeneffekt
durch die Aussonderung der Erträge der Organgesellschaft auch für eine 50 %-ige
Beteiligung auszuschließen.
Bei Aussonderung der Erträge der "Q-GmbH" ergebe sich für die Ermittlung des gemeinen
Werts der Anteile mit Einfluss auf die Geschäftsführung zum 31.12.1992 ein Wert von 525
DM und zum 31.12.1993 ein Wert von 616 DM je 100 des Stammkapitals. Auf die
Berechnung der Klägerin (die auf Grund der Erörterung im Termin zur mündlichen
Verhandlung vom 12.10.2004 korrigiert wurde) auf Blatt 8, 9 und 14, 15 des Schreibens
vom 13.02.2002 wird im Einzelnen Bezug genommen.
Bei der Ermittlung der Werte ohne Einfluss auf die Geschäftsführung sei zu
berücksichtigen, dass diese in Bezug auf die Behandlung der Gewinnabführungen einer
Organgesellschaft in den VStR 1993 nur bruchstückhaft geregelt sei und deshalb
grundsätzlich verschiedene Berechnungsmöglichkeiten zulasse. Das Problem folge
daraus, dass an Stelle der Ermittlung des Ertragshundertsatzes aus den erzielten Erträgen
die ausgeschütteten Dividenden zu berücksichtigen seien. Die Berechnung durch den
Beklagten sei abzulehnen, da dadurch der Kaskadeneffekt im Verhältnis zu
Organgesellschaften erhalten bliebe. Nach Abschnitt 11 Abs. 4 Satz 5 VStR 1993 sei der
gemeine Wert unter Berücksichtigung der in Abschnitt 9 Abs. 2 VStR 1993 geregelten
Besonderheiten bzgl. des Ertragshundertsatzes zu ermitteln. Damit sei jedoch darüber
hinaus eine selbstständige Regelung zur Ermittlung des gemeinen Werts der Anteile ohne
Einfluss auf die Geschäftsführung aufgestellt. Da Abschnitt 9 Abs. 2 VStR 1993 den Ansatz
18
19
20
21
22
23
24
25
eines Zwischenwertes für Beteiligungsbesitz nicht vorsehe, sei dieser zu Unrecht erfolgt
und damit rechtswidrig. Dies sei unter Berücksichtigung der besonderen
vermögensrechtlichen Stellung von Minderheitsgesellschaftern mit Gesellschaftsanteilen
ohne Einfluss auf die Geschäftsführung gerechtfertigt. Da sein Stimmrecht weitgehend
wirkungslos bleibe, sei der Minderheitsgesellschafter auch nicht in der Lage, an den
grundlegenden unternehmerischen Entscheidungen mitzuwirken. Er befinde sich damit in
vermögensrechtlicher Hinsicht in der Position eines bloßen Rentenempfängers. Während
des Bestehens der Gesellschaft sei damit der allein wertbestimmende Faktor der Anteile
ohne Einfluss auf die Geschäftsführung die Dividende der Gesellschaft, an der der
Minderheitsgesellschafter unmittelbar beteiligt sei. Eine Berücksichtigung des
Beteiligungsbesitzes bei der Wertbemessung der Anteile ohne Einfluss auf die
Geschäftsführung müsse unterbleiben, da dieser nicht zu den wertbestimmenden Faktoren
der Beteiligung des Minderheitsgesellschafters gehöre. Allenfalls im Falle einer Liquidation
komme dem Minderheitsgesellschafter mittelbar durch Teilhabe am Liquidationserlös der
Wert des Beteiligungsbesitzes zu Gute.
Selbst wenn man den Beteiligungsbesitz zu den wertbestimmenden Faktoren für Anteile
ohne Einfluss auf die Geschäftsführung zähle, sei die Wertermittlung durch den Beklagten
nicht zutreffend. Da, wie aufgezeigt, die Erträge von Organgesellschaften bei der
Bewertung auszusondern seien, dieses jedoch in den VStR 1993 für die Ermittlung des
gemeinen Werts der Anteile ohne Einfluss auf die Geschäftsführung nur rudimentär
geregelt sei, müsse die Aussonderung der Erträge der Organgesellschaft auf der Ebene
des Vermögenswerts des übrigen Vermögens vorgenommen werden. Die Aussonderung
betreffe dabei nur die Erträge des betreffenden Jahres für das der gemeine Wert ermittelt
werden soll. Diese Rechtslage ergebe sich aus der umfassenden Verweisung in Abschnitt
11 Abs. 4 Satz 5 VStR 1993. Unter Berücksichtigung dieser Auffassung ergebe sich zum
31.12.1992 ein Wert von 332 DM je 100 und zum 31.12.1993 ein Wert von 416 DM je 100.
Auf die Ermittlungen der Klägerin (Blatt 12, 13 und Blatt 15, 16 des Schreibens vom
13.02.2002) wird wegen der Einzelheiten Bezug genommen.
Die Klägerin beantragt,
den Feststellungsbescheid über die gesonderte und einheitliche Feststellung des
gemeinen Werts der Anteile zum 31.12.1992 und 31.12.1993 vom 08.05.2001 in Gestalt der
Einspruchsentscheidung vom 25.01.2002 aufzuheben und die gemeinen Werte der Anteile
mit Einfluss auf die Geschäftsführung zum 31.12.1992 auf 525 DM, die des gemeinen
Werts der Anteile ohne Einfluss auf die Geschäftsführung mit 313 DM sowie den gemeinen
Wert der Anteile mit Einfluss auf die Geschäftsführung zum 31.12.1993 mit 616 DM und den
gemeinen Wert der Anteile ohne Einfluss auf die Geschäftsführung mit 403 DM
festzustellen,
hilfsweise, die Revision zuzulassen.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen,
hilfsweise, die Revision zuzulassen.
Er bezieht sich im Einzelnen auf die mit Schreiben vom 07.11.2001 übersandte
Stellungnahme des Finanzamts für Großbetriebsprüfung sowie auf die
Einspruchsentscheidung vom 25.01.2002.
26
27
28
29
30
31
32
33
Die mit Beschluss des Senats vom 17.05.2004 - geändert mit Beschluss vom 27.07.2004 -
Beigeladenen zu 1.-13. haben keinen Antrag gestellt.
Die Klage ist nicht begründet.
Der Beklagte hat bei der Feststellung der gemeinen Werte der Anteile zu den streitigen
Stichtagen nach den Regeln des Stuttgarter Verfahrens (Abschnitt 4 ff. VStR 1993)
zutreffend die Beteiligung an der "Q" nicht als eine solche Beteiligung angesehen, auf die
Abschnitt 11 Abs. 4 VStR 1993 anwendbar ist.
Der gemeine Wert nicht notierter Anteile an Kapitalgesellschaften, deren Wert sich nicht
aus Verkäufen ableiten lässt, die weniger als ein Jahr zurückliegen, ist gem. § 11 Abs. 2
Satz 2 Bewertungsgesetz (BewG) unter Berücksichtigung der Vermögens- und
Ertragsaussichten zu schätzen. Diese Schätzung erfolgt nach dem so genannten
Stuttgarter Verfahren, das der Bundesfinanzhof in ständiger Rechtsprechung als ein
geeignetes Schätzungsverfahren anerkannt hat (vgl. BFH in BStBl II 1991, 558; Urteil vom
26.01.2000 II R 15/97, BFHE 191, 393, BStBl II 2000, 251). Mit Rücksicht auf die
Gleichmäßigkeit der Besteuerung ist von diesem Verfahren nur abzuweichen, wenn es in
Ausnahmefällen aus besonderen Gründen des Einzelfalles zu nicht tragbaren, d.h.
offensichtlich unrichtigen Ergebnissen führt (vgl. BFH-Urteil vom 17.05.1974 III R 156/72,
BFHE 112, 510, BStBl II 1974, 626; Urteil vom 06.02.1991 II R 87/88, BFHE 163, 471,
BStBl II 1991, 459).
Soweit Abschnitt 11 VStR 1993 Sonderregelungen zur Ermittlung des gemeinen Werts von
Anteilen bei Beteiligungsbesitz vorsieht, sind die Voraussetzungen des Abschnitt 11 Abs. 4
mit Blick auf die Beteiligung der Klägerin an der "Q" nicht erfüllt.
Wie sich aus dem Zusammenhang des Abschnitt 11 Abs. 4 VStR ergibt, ist
Grundvoraussetzung für dessen Anwendung, dass eine Kapitalgesellschaft an einer
anderen Kapitalgesellschaft mit mehr als 50 v.H. beteiligt ist. Denn grundsätzlich ist
Voraussetzung für eine Anwendung des Abschnitt 11 Abs. 4 VStR 1993, dass sich die
einzelne unmittelbare oder mittelbare Beteiligung auf mehr als 50 v.H. des Grund- oder
Stammkapitals der jeweiligen Untergesellschaft beläuft (vgl. BFH in BStBl II 2000, 251 zur
entsprechenden früheren Regelung in Abschnitt 83 Abs. 1 VStR 1986). Nur soweit diese
Voraussetzungen erfüllt sind, unterbleibt bzgl. des Beteiligungsbesitzes der Abschlag vom
Vermögenswert und die Korrektur auf Grund der Ertragsaussichten.
In diesem Zusammenhang ergeht noch einmal der bereits im Termin zur mündlichen
Verhandlung vom 12.10.2004 dem Prozessvertreter der Klägerin gegebene Hinweis, dass
unter Berücksichtigung der Rechtsansicht der Klägerin die Beteiligung an der "Q" mit den
auf Blatt 5 des Urteils bezeichneten Beträgen im Zwischenwert ohne den Abschlag vom
Vermögenswert zu berücksichtigen wäre.
Soweit nach Abschnitt 11 Abs. 4 Nr. 2 Sätze 3 und 4 VStR 1993 die Erträge der unter Nr. 1
fallenden Beteiligungen sowie die Zinsen für Schulden, die mit diesen Beteiligungen in
wirtschaftlichem Zusammenhang stehen, auszusondern sind und dies auch für Gewinne
und Verluste einer Organgesellschaft gilt, die der Organträger auf Grund eines
Ergebnisabführungsvertrages übernommen hat, ist diese Regelung auf die Beteiligung der
Klägerin an der "Q" nicht anzuwenden. Zwar sind grundsätzlich bei der Schätzung des
gemeinen Werts der Anteile an einer Organträgergesellschaft im Stuttgarter Verfahren die
übernommenen Erträge des Organs zur Ermittlung des Ertragshundertsatzes nicht zu
berücksichtigen, da sie sich bei der Bewertung der Anteile an der Organgesellschaft und
34
35
36
37
38
damit auf den Vermögenswert der Organträgergesellschaft ausgewirkt haben (vgl. BFH in
BStBl II 1991, 251; Urteil vom 06.03.1991 II R 21/88, Sammlung amtlich nicht
veröffentlichter Entscheidungen des BFH -BFH/NV- 1992, 441); diese Regelung knüpft
aber an die Grundvoraussetzung des Abschnitt 11 Abs. 4 an, der eine mehr als 50 %-ige
Beteiligung an einer anderen Kapitalgesellschaft voraussetzt. Die Regelung in Abschnitt 11
Abs. 4 Nr. 2 Satz 4 VStR 1993 eröffnet damit nicht die Möglichkeit, die besondere
Bewertung gem. Abschnitt 11 Abs. 4 VStR 1993 auch für die Fälle zu eröffnen, in denen
sich bei Beteiligungen an Kapitalgesellschaften von jeweils bis zu 50 v.H. die
Eingliederungsvoraussetzungen des § 14 Abs. 1 Körperschaftsteuergesetz (KStG) in der
Weise erreicht werden, dass die Gesellschafter sich zur Ausübung der Beherrschung in
einer BGB-Gesellschaft zusammenschließen (so genannte Mehrmütterorganschaft, vgl. im
Einzelnen BFH-Urteil vom 09.06.1999 I R 43/97, BFHE 189, 518, BStBl II 2000, 695
m.w.N.).
Mit der Beschränkung der Anwendung des Abschnitt 11 Abs. 4 Nr. 2 Satz 4 auf
Beteiligungen an anderen Kapitalgesellschaften von mehr als 50 v.H. wird die Regelung
auch nicht inhaltsleer. Denn mit ihr wird bestimmt, dass für die Wertermittlung nicht die
Erträge (Abschnitt 11 Abs. 4 Nr. 2 Satz 3 VStR 1993), sondern die "Gewinne und Verluste
einer Organgesellschaft, die der Organträger auf Grund eines Ergebnisabführungsvertrages
übernommen hat", auszusondern sind (vgl. bzgl. der Verlustberücksichtigung auch BFH in
BStBl II 1991, 558, BFH/NV 1992, 441).
Bei dieser Auslegung ist auch zu berücksichtigen, dass bei einer GmbH, die die
Voraussetzungen des Abschnitt 11 Abs. 1 und 2 VStR 1993 nicht erfüllt und die unmittelbar
oder mittelbar an anderen Kapitalgesellschaften zu weniger als 50 v.H. beteiligt ist, bei der
Schätzung des gemeinen Werts der GmbH-Anteile nach den Regeln des Stuttgarter
Verfahrens die Korrektur des Vermögenswerts ungeachtet des Gewichts des
Beteiligungsbesitzes für das gesamte Betriebsvermögen der GmbH auf Grund der
Ertragsaussichten unter Einschluss der Beteiligungserträge zu erfolgen hat (vgl. BFH in
BStBl II 2000, 251 zur früheren Regelung gem. Abschnitt 81 Abs. 1 und 1a VStR
1986/1989). Nach der Rechtsprechung des BFH lässt sich die Sonderregelung des
Abschnitt 11 Abs. 4 für Beteiligungsbesitz von mehr als 50 v.H. unter Berücksichtigung des
pauschalierten Bewertungsverfahrens nach dem Stuttgarter Verfahren nicht - etwa durch
Absenkung der Beteiligungsgrenze auf bis zu 50 v.H. - auf weitere Fallgruppen ausdehnen
(vgl. BFH in BStBl II 2000, 251 m.w.N.).
Soweit die Klägerin hilfsweise geltend macht, der gemeine Wert der Anteile ohne Einfluss
auf die Geschäftsführung sei gem. Abschnitt 11 Abs. 4 Satz 5 VStR 1993 i.V.m. Abschnitt 9
Abs. 2 VStR 1993 in der Weise zu ermitteln, dass der Ansatz eines Zwischenwerts für den
Beteiligungsbesitz entfalle, ist die Klage ebenfalls nicht begründet.
Die Regelung ist nach ihrem Sinngehalt so zu verstehen, dass bei Anteilen ohne Einfluss
auf die Geschäftsführung abweichend von der Grundregelung in Abschnitt 11 Abs. 4 Satz 4
(Kürzung um 15 v.H.) lediglich bzgl. der Ermittlung des Ertragswerts für das übrige
Vermögen auf Abschnitt 9 Abs. 2 VStR 1993 verwiesen wird.
Aus Abschnitt 9 Abs. 2 Satz 1 VStR 1993 ergibt sich, dass grundsätzlich lediglich eine
Sonderregelung zur Berechnung des Ertragshundertsatzes für Anteile, die keinen Einfluss
auf die Geschäftsführung gewähren, getroffen wird. Darüber hinaus enthält Abschnitt 9 Abs.
2 VStR 1993 eine besondere Regelung für den Abschlag wegen unverhältnismäßig
geringer Erträge bei Anteilen, die keinen Einfluss auf die Geschäftsführung gewähren (vgl.
Abschnitt 9 Abs. 2 Satz 4 und die in Abschnitt 9 Abs. 2 aufgeführten
39
40
41
Berechnungsbeispiele).
Im Übrigen ergeht insoweit der Hinweis, dass in den Vermögensteuerrichtlinien 1995 Satz
5 des Abschnitts 11 Abs. 4 nicht mehr aufgeführt ist.
Auf den hilfsweise gestellten Antrag der Klägerin ist die Revision wegen grundsätzlicher
Bedeutung der vom Senat entschiedenen Rechtsfragen zuzulassen (§ 115 Abs. 2 Nr. 1
Finanzgerichtsordnung - FGO).
Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs. 1 FGO. Da die Beigeladenen im Verfahren
keine Anträge gestellt haben, erscheint es als sachgerecht, die außergerichtlichen Kosten
der Beigeladenen für nicht erstattungsfähig zu erklären (§ 139 Abs. 4 FGO).