Urteil des FG Baden-Württemberg vom 26.06.2014

gewerbesteuer, einkünfte, entlastung, bemessungsgrundlage

FG Baden-Württemberg Urteil vom 26.6.2014, 12 K 1045/13
Verfassungsmäßigkeit des § 35 EStG in der Fassung ab 2008 und der damit in
Zusammenhang stehenden Bemessungsgrundlage für den Solidaritätszuschlag
Tenor
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Die Kläger tragen die Kosten des Verfahrens.
Tatbestand
1 Streitig ist, ob der Grundsatz der steuerlichen Lastengleichheit des Art. 3 Abs. 1
des Grundgesetzes (GG) gebietet, dass der Steuerermäßigungsbetrag des § 35
des Einkommensteuergesetzes (EStG) für Zwecke der Festsetzung des
Solidaritätszuschlags nach der Summe aller positiven Einkünfte ermittelt wird.
2 Die Kläger sind verheiratet und werden gemeinsam zur Einkommensteuer
veranlagt.
3 Mit Bescheid über Einkommensteuer, Kirchensteuer und Solidaritätszuschlag vom
20. Februar 2011 legte der Beklagte der Besteuerung der Kläger folgende
Besteuerungsgrundlagen zugrunde:
4
Einkunftsart
Kläger
Klägerin
Gewerbebetrieb
0,00 EUR
1.066,00 EUR
nichtselbständige Tätigkeit 48.896,00 EUR 12.200,00 EUR
Kapitalvermögen
53.010,00 EUR 0,00 EUR
Vermietung und
Verpachtung
7.803,00 EUR
28.303,00 EUR
Sonstige
1.346,00 EUR
0,00 EUR
Summe
111.055,00 EUR 41.569,00 EUR
5 Hierdurch ergab sich auf das insgesamt zu versteuernde Einkommen in Höhe von
142.652,- EUR Einkommensteuer in Höhe von 50.174,- EUR, Solidaritätszuschlag
in Höhe von 2.759,56 und evangelische Kirchensteuer in Höhe von 4.013,92 EUR.
6 Mit Schreiben vom 27. Februar 2013 legten die Kläger Einspruch gegen den
Einkommensteuerbescheid vom 20. Februar 2013 ein und machten geltend, der
Solidaritätszuschlag begünstige vor dem Hintergrund des § 35 EStG
Gewerbetreibende, während alle anderen Steuerzahler mit nichtgewerblichen
Einkünften benachteiligt würden. Nach § 35 EStG würde nämlich eine Pauschale
für die Gewerbesteuer die tarifliche Einkommensteuer ermäßigen, und nur diese
sei Grundlage für den Solidaritätszuschlag. Daher beantragten die Kläger eine
fiktive Anrechnung nach § 35 EStG in Höhe von 13.763,60 EUR, was zu einer
Reduzierung des Solidaritätszuschlags in Höhe von 757,- EUR führen würde.
7 Der Beklagte folgte dem allerdings nicht und wies mit Einspruchsentscheidung
vom 18. März 2013 (Bl. 61 ff. der Rechtsbehelfsakte) den Einspruch der Kläger als
unbegründet zurück.
8 Hiergegen richtet sich die vorliegende Klage.
9 Die Kläger tragen vor, § 35 EStG sei mit Steuersenkungsgesetz vom 23. Oktober
2000 eingeführt worden, um Einzelunternehmen und Personengesellschaften von
der Gewerbesteuer zu entlasten und mit Gesetzesänderung 2007 „in der jetzigen
Fassung geändert“ worden.
10 Nach der Rechtsprechung des BFH sei § 35 EStG „für 2005 nicht
verfassungswidrig“. Allerdings habe der BFH mit Urteil vom 21. Juli 2011
festgestellt, dass bei der Anrechnung nach § 35 EStG 2005 Überkompensationen
entstehen könnten, wenn die gesamte Minderung der Einkommensteuer und des
Solidaritätszuschlags größer gewesen sei als die erhobene Gewerbesteuer.
11 Mit Wirkung ab 2008 sei § 35 EStG neu gefasst worden. Nunmehr würden
gewerbliche Einkünfte gegenüber allen anderen Einkünften über einem Betrag von
24.500,- EUR beim Solidaritätszuschlag über die Anrechnung nach § 35 EStG
bevorteilt. Die Gewerbesteuer werde ab 2008 regelmäßig in voller Höhe bei der
Einkommensteuer angerechnet und entlaste über die Anrechnung nach § 35 EStG
den Solidaritätszuschlag entsprechend. Damit stelle die „Überentlastung“ für
gewerbliche Einkünfte seit 2008 den Regelfall bei der Entlastung beim
Solidaritätszuschlag dar. Eine sachliche Rechtfertigung, die diese
Ungleichbehandlung entsprechend Art. 3 GG legitimiere, sei nicht zu erkennen und
sei vom Gesetzgeber auch nicht gewollt, sondern lediglich übersehen worden.
Auch sei die Streitfrage nicht durch die Vorläufigkeitsregelung zum
Solidaritätszuschlag nach § 165 AO abgedeckt.
12 Die Kläger beantragen,
den Bescheid über die Einkommensteuer und den Solidaritätszuschlag für 2011
vom 1. Oktober 2013 zu ändern mit dem Ziel, dass der Solidaritätszuschlag um
757,- EUR gemindert wird.
13 Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
14 Zur Begründung trägt er - unter Bezugnahme auf die Einspruchsentscheidung im
übrigen - vor, im Streitfall liege kein Verstoß gegen Art. 3 GG vor. Zwar liege eine
Ungleichbehandlung der verschiedenen Einkünfte vor. Diese sei jedoch
gerechtfertigt, da die pauschalierte Anrechnung der Gewerbesteuer in Form einer
Steuerermäßigung nach § 35 EStG Einzelunternehmen und
Personengesellschaften einen Ausgleich für die Sonderbelastung durch die
Gewerbesteuer auf ihren Gewerbebetrieb gewähren und damit eine Gleichstellung
mit Einkünften aus selbständiger Tätigkeit und eine gleichwertige Entlastung zu
den Kapitalgesellschaften erreichen solle, da der Körperschafssteuersatz ab 2001
auf 25% abgesenkt worden sei.
15 Die sachliche Rechtfertigung der Ungleichbehandlung der gewerblichen Einkünfte
gegenüber anderen Einkunftsarten und damit die Verfassungsmäßigkeit des § 35
EStG in der 2005 geltenden Fassung sei bereits höchstrichterlich bejaht worden
(BVerfG-Beschluss vom 21. Juni 2006, BVerfGE 116, 164; BFH-Urteil vom 21. Juli
2011 II R 50/09, BFH/NV 2011, 1685). Erst Recht sei aber die ab dem
Veranlagungszeitraum 2008 geltende Gesetzeslage verfassungsgemäß, da diese
nur noch eine einstufige Entlastung der Gewerbetreibenden im Rahmen einer
Anrechnung der Gewerbesteuer bei der Bemessung des Solidaritätszuschlags
nach § 35 EStG vorsehe, wenn auch zum Ausgleich der weggefallenen
Abzugsmöglichkeit als Betriebsausgabe der Anrechnungsfaktor von 1,8 auf das
3,8fache des Gewerbesteuermessbetrags erhöht worden sei. Auch sei die Höhe
der Anrechnung auf die tatsächlich zu entrichtende Gewerbesteuer begrenzt
worden. Damit sei die bisher ergangene Rechtsprechung zur
Verfassungsgemäßheit der Vorschrift voll übertragbar.
16 Auch eine eventuelle Überkompensation sei nicht der Regelfall, zumal die
nunmehr auf den Solidaritätszuschlag begrenzte ggf. mögliche Überkompensation
zwangsläufig geringer sei als die bisher mögliche - und bereits als
verfassungsgemäß beurteilte - Überkompensation.
17 Der Beklagte hat den Einkommensteuerbescheid des Streitjahres aus nicht
streitbefangenen Gründen mit Datum vom 1. Oktober 2013 geändert (Bl. 35 ff. der
Gerichtsakte) und nunmehr festgesetzt:
18 Einkommensteuer
46.010,00 EUR
Solidaritätszuschlag 2.530,54 EUR
evang. Kirchensteuer 3.680,80 EUR
19 Am 29. April 2014 hat der Senat einen Gerichtsbescheid (Bl. 41 ff. der
Gerichtsakte) erlassen. Dieser ist durch den Antrag auf mündliche Verhandlung
des Bevollmächtigten der Kläger vom 5. Mai 2014 (Bl. 66 der Gerichtsakte) in
Wegfall geraten.
20 Am 26. Juni 2014 hat die mündliche Verhandlung stattgefunden. Auf die
Niederschrift hierzu wird Bezug genommen.
21 Der Sach- und Streitstand beruht auf der Gerichtsakte und den von der Beklagten
vorgelegten Behördenakten (§ 71 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung -FGO-).
Entscheidungsgründe
22 1. Soweit die Kläger mit ihrem Antrag im Rahmen der mündlichen Verhandlung
auch den Einkommensteuerbescheid selbst angegriffen haben, ist die Klage
bereits unzulässig, nachdem der Bevollmächtigte insoweit keine Beschwer der
Kläger substantiiert vorgetragen hat, so dass der Klage insoweit das
Rechtsschutzbedürfnis i. S. d. § 40 Abs. 2 FGO fehlt. Der Bevollmächtigte hat
vielmehr im Rahmen der von ihm in der mündlichen Verhandlung übergebenen
Vergleichsberechnung ausdrücklich dargestellt, dass die nach früherer Rechtslage
erfolgten Ungleichbehandlung im Rahmen der - eigentlichen -
Einkommensteuerfestsetzung mit der ab 2008 geltenden Neufassung des § 35
EStG beseitigt worden ist.
23 2. Im Übrigen ist die Klage unbegründet.
24 Gem. § 100 Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 1, Abs. 2 Satz 1 FGO hebt das Gericht den
angefochtenen Steuerbescheid allerdings nur auf oder ändert ihn, soweit dieser
rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist. Der
angefochtene Bescheid ist jedoch rechtmäßig und verletzt die Kläger nicht in ihren
Rechten.
25 a) § 35 EStG in der Fassung ab 2008 ist verfassungsgemäß.
26 Die Nichtberücksichtigung der Steuerermäßigung nach § 35 EStG bei anderen als
den in der Vorschrift genannten Steuerpflichtigen ist verfassungsrechtlich nicht zu
beanstanden.
27 So hat der BFH bereits entschieden, dass die Beschränkung der
Steuerermäßigung des § 35 EStG 2007 auf gewerbliche Einkünfte von
Einzelunternehmern und Mitunternehmern Art. 3 Abs. 1 GG nicht verletze und die
damit verbundene Ungleichbehandlung dieser Einkünfte durch das mit der
Einführung der Steuerermäßigung verfolgte Ziel der Entlastung von
Personengesellschaften und Einzelunternehmen gerechtfertigt sei (BFH-Urteil vom
21. Juli 2011 II R 52/10, BStBl II 2012, 43).
28 Für die Zeit ab dem Veranlagungszeitraum 2008 sei die Möglichkeit einer
Überkompensation zudem vollständig beseitigt worden (BFH-Urteil vom 21. Juli
2011 II R 50/09, BFH/NV 2011, 1685 m. w. Nachw.). Der Abzug des
Steuerermäßigungsbetrags wurde auf die tatsächlich zu zahlende Gewerbesteuer
beschränkt (§ 35 Abs. 1 Satz 5 EStG in der für 2008 geltenden Fassung), die
Gewerbesteuer ist nicht mehr als Betriebsausgabe abziehbar (§ 4 Abs. 5b, § 52
Abs. 12 Satz 7 EStG 2008).
29 b) Auch an der Verfassungsmäßigkeit der Berechnung des Solidaritätszuschlags
bestehen im Streitfall keine Bedenken.
30 aa) Die Berechnung der Höhe des Solidaritätszuschlags und dessen (einfach-
)gesetzeskonforme Festsetzung ist zwischen den Beteiligten im Streitfall unstreitig.
31 Der Solidaritätszuschlag wird von allen einkommensteuerpflichtigen natürlichen
Personen und körperschaftsteuerpflichtigen Körperschaften,
Personenvereinigungen und Vermögensmassen (vgl. § 2 SolZG) gleichermaßen
erhoben. Eine Ungleichbehandlung von Personengruppen liegt insoweit nicht vor.
Da der Zuschlag mit 5,5 % der Bemessungsgrundlage festgesetzt wird (vgl. § 4
Satz 1 SolZG), ergeben sich zwar für die Steuerpflichtigen abhängig von ihrem
Einkommen und damit von ihrer Leistungsfähigkeit unterschiedliche Belastungen.
Die stärkere Belastung höherer Einkommen ist aber verfassungsrechtlich nicht zu
beanstanden, soweit beim betroffenen Steuerpflichtigen -wie im Streitfall bei den
Klägern - nach Abzug der Steuerbelastung ein hohes frei verfügbares Einkommen
bleibt, das die Privatnützigkeit des Einkommens sichtbar macht (vgl. BVerfG-
Beschluss vom 18. Januar 2006 2 BvR 2194/99, BVerfGE 115, 97).
32 Nach § 1 Abs. 5 Satz 1 SolZG kann mit einem Rechtsbehelf gegen den
Solidaritätszuschlag auch weder die Bemessungsgrundlage noch die Höhe des zu
versteuernden Einkommens angegriffen werden. Der Bescheid über die
Einkommensteuer ist insoweit Grundlagenbescheid für die Festsetzung des
Solidaritätszuschlags (vgl. BFH-Urteil vom 27. Januar 2011 III R 90/07, BStBl II
2011, 543).
33 Nichts anderes gilt für die mit Wirkung ab dem Veranlagungszeitraum 2008
geltende Neufassung des § 35 EStG.
34 Der Beklagte hat den Solidaritätszuschlag hiernach - unstreitig - in der gesetzlich
vorgesehenen Höhe festgesetzt.
35 bb) Der Senat folgt den von den Klägern geäußerten Bedenken im Hinblick auf die
Verfassungsmäßigkeit des Solidaritätszuschlags nicht.
36 Für die Rechtslage vor dem Streitjahr 2008 hat der BFH bereits ausgeführt, dass
die Beschränkung der Steuerermäßigung des § 35 EStG 2005 auf gewerbliche
Einkünfte Art. 3 Abs. 1 GG nicht verletze. Die damit verbundene
Ungleichbehandlung von Einkünften aus Gewerbebetrieb gegenüber anderen
Einkunftsarten sei durch die Kompensation der Zusatzbelastung aufgrund der
Gewerbesteuer und das mit der Einführung der Steuerermäßigung verfolgte Ziel
der Entlastung von Personengesellschaften und Einzelunternehmen gerechtfertigt.
Dies gelte nicht nur in Bezug auf die Minderung der Einkommensteuer, sondern
auch hinsichtlich der daran anknüpfenden Minderung der Bemessungsgrundlage
für den Solidaritätszuschlag (BFH-Urteil vom 21. Juli 2011 II R 52/10, BStBl II 2012,
43).
37 Soweit die Kläger insoweit zur Stützung ihrer Rechtsauffassung auf den Beschluss
des Bundesverfassungsgerichts vom 21. Juni 2006 2 BvL 2/99 (BGBl I 2006,
1857) verweisen, vermag der Senat dem nicht zu folgen. Zum einen ist dieser
Beschluss zu § 32c EStG ergangen. Jedenfalls aber wird dort auch ausgeführt, der
Steuergesetzgeber sei grundsätzlich nicht gehindert, nichtfiskalische Förderungs-
und Lenkungsziele aus Gründen des Gemeinwohls zu verfolgen.Die
Ungleichbehandlung der durch § 32c EStG entlasteten Steuerpflichtigen im
Verhältnis zu den Beziehern nicht gewerblicher Einkünfte finde ihre Rechtfertigung
in dem Anliegen, Zusatzbelastungen durch die Gewerbesteuer zu kompensieren,
sowie in dem dem Standortsicherungsgesetz zugrunde liegenden Konzept
wirtschaftspolitischer Förderungs- und Lenkungszwecke (Rz. 78 der
Entscheidung). Auch sei diese Ungleichbehandlung vor dem Hintergrund der
geringen Zahl der Gewerbetreibenden, bei denen durch die Anwendung des § 32c
EStG ein Gesamtbelastungsvorteil (Einkommen- und Gewerbesteuer) gegenüber
der Einkommensteuerbelastung der übrigen Einkünfte allenfalls eingetreten sein
könnte, aufgrund der Typisierungsbefugnis des Gesetzgebers hinzunehmen und
die weiteren, auf die Standortsicherung bezogenen gesetzgeberischen Ziele
geeignet, den Typisierungsspielraum des Gesetzgebers bei der Ausgestaltung
einer Regelung, die die Zusatzbelastung bei der Gewerbesteuer hoher
gewerblicher Einkünfte berücksichtigen soll, zu erweitern (Rz. 90 und 91 der
Entscheidung).
38 Eine „Nr. 5 des Leitsatzes“, wie sie der Bevollmächtigte in seinem Schreiben vom
19. Juni 2013 zitiert hat, lässt sich der Entscheidung - jedenfalls in der in Juris
abgedruckten Fassung - dagegen nicht entnehmen. Im Übrigen schließt die
derzeitige Erhebung des Solidaritätszuschlags Gewerbetreibende auch nicht von
der Erhebung der Abgabe aus. Für diese gilt vielmehr der gleiche
Berechnungsmodus wie für alle anderen Steuerpflichtigen auch.
39 Auch die vor dem Hintergrund der früheren Rechtslage in einigen Fällen mögliche
Überkompensation war eine Folge der gesetzlichen Typisierung, die aber wegen
ihrer Größenordnung und der Intention des Gesetzgebers verfassungsrechtlich
zulässig war. Eine Überentlastung konnte nur bei einer überschaubaren Anzahl
von Gewerbetreibenden eintreten (BFH-Urteil vom 21. Juli 2011 II R 52/10, BStBl II
2012, 43).
40 Nichts anderes gilt - erst recht - für die Erhebung des Solidaritätszuschlags in der
Gesetzesfassung ab 2008.
41 Nachdem der Gesetzgeber die im Rahmen des § 35 EStG a.F. denkbare
Überkompensationsmöglichkeit abgeschafft hat, mag sich zwar im Rahmen einer
Kontrollrechnung unter Berücksichtigung eines fiktiven Anrechnungsbetrages eine
höhere Solidaritätszuschlagsbelastung der Kläger als anderer Steuerpflichtiger
erheben. Dies ist aber nicht Folge einer verfassungsrechtlich zu beanstanden
Ungleichbehandlung aufgrund der Vorschriften des Solidaritätszuschlagsgesetzes,
sondern folgt zwingend aus der - verfassungsgemäßen, s.o. - Höhe der
festgesetzten Einkommensteuer als Bemessungsgrundlage des
Solidaritätszuschlags und hält sich nach Überzeugung des Senats jedenfalls im
Rahmen des dem Gesetzgeber zustehenden Gestaltungs- und
Pauschalierungsermessens.
42 Der Senat weist in diesem Zusammenhang der guten Ordnung halber darauf hin,
dass auch bei dem von den Klägern mitgeteilten Berechnungsbeispiel im
Schreiben vom 19. Juni 2013 unter Einrechnung der Gewerbesteuer die
Mehrbelastung bei den im Beispiel der Kläger gewählten freiberuflichen Einkünften
nicht etwa, wie am Ende des Schreibens ausgeführt, 10.552,20 EUR beträgt,
sondern die Kläger diese zuvor selbst mit 552,20 EUR errechnet haben. Dieses
Beispiel relativiert sich zudem noch weiter, sowohl wenn man der Berechnung den
in 2010 in Baden-Württemberg gegebenen Gewerbesteuer-Durchschnittshebesatz
von 358% zugrunde legt als auch - durch die Höhenbegrenzung des
Anrechnungsbetrages in § 35 EStG - bei Zugrundelegung des in 2010 im
Bundesdurchschnitt geltenden Durchschnittshebesatzes von 390%. In Berlin,
Bremen, Hamburg, Nordrhein-Westfalen, Saarland und Sachsen betrug der
Durchschnittshebesatz sogar teilweise weit mehr als 410% (vgl. insoweit auch die
Angaben bei Wikipedia, http://de.wikipedia.org/wiki/Gewerbesteuer_(Deutschland),
zuletzt eingesehen am 17. April 2014).
43 cc) Soweit der Bevollmächtigte im Rahmen der mündlichen Verhandlung eine
unzureichende Sachaufklärung des Gerichts gerügt hat, ist dem nicht zu folgen. So
ergibt sich die Gesamtsteuer- und Abgabenbelastung nicht aufgrund lediglich
exemplarisch gewählter Berechnungsbeispiele, sondern aus der im
Veranlagungszeitraum geltenden Rechtslage. Die Kenntnis derselben darf aber
unterstellt werden.
44 dd) Soweit das Niedersächsische Finanzgericht (Vorlagebeschluss vom 21.
August 2013 7 K 143/08, „Juris“) dem Bundesverfassungsgericht die Frage zur
Entscheidung vorgelegt hat, ob das Solidaritätszuschlaggesetz 1995 im
Veranlagungszeitraum 2007 verfassungswidrig sei (Az. des BVerfG 2 BvL 6/14),
vermag dieser Beschluss nicht auf die Behandlung des vorliegenden Verfahrens
„durchzuschlagen“ Dieser Beschluss ist zur Rechtslage bis 2007 ergangen. Er
kann somit nicht auf die hier vorliegende geänderte Rechtslage übertragen
werden. Der Senat teilt zudem - wie ausgeführt - die verfassungsrechtliche
Einschätzung des vorlegenden Gerichts nicht.
45 c) Der Senat weist abschließend darauf hin, dass - selbst wenn unterstellt würde,
die derzeitige Anrechnung der Gewerbesteuer gem. § 35 EStG und als Folge
dessen die Höhe des die Kläger treffenden Solidaritätszuschlags seien
verfassungswidrig - die Kläger vor dem Hintergrund des Rechtsstaats- und
Gewaltenteilungsprinzips des Art. 20 Abs. 3 GG gleichwohl nicht eine Erweiterung
der - dann verfassungswidrigen - Rechtslage auf sich selbst verlangen könnten,
sondern allenfalls die Beseitigung des aus ihrer Sicht verfassungswidrigen
Zustands im Hinblick auf andere - begünstigte - Steuerpflichtige. Hierfür ist aber
weder ein Rechtsschutzbedürfnis erkennbar noch würde ein solcher Antrag den
Klägern zu dem begehrten Ziel - der Minderung des festgesetzten
Solidaritätszuschlags - verhelfen können.
46 3. Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs. 1 FGO.
47 4. Die Revision war nicht zuzulassen. Zulassungsgründe i. S. d. § 115 FGO liegen
nicht vor. Die Auffassung des Bevollmächtigten, die vorliegende Streitsache habe
grundsätzliche Bedeutung, teilt der Senat nicht.