Urteil des EuGH vom 15.01.2015

Verordnung, Erzeugnis, Stoff, Europäische Kommission

URTEIL DES GERICHTSHOFS (Achte Kammer)
15. Januar 2015
)
„Vorlage zur Vorabentscheidung – Humanarzneimittel – Ergänzendes Schutzzertifikat –
Verordnung (EG) Nr. 469/2009 – Begriff ‚Wirkstoff‘ – Konjugierter Pneumokokken-
Impfstoff – Pädiatrische Verwendung – Trägerprotein – Kovalente Bindung“
In der Rechtssache C‑631/13
betreffend ein Vorabentscheidungsersuchen nach Art. 267 AEUV, eingereicht vom
Obersten Patent- und Markensenat (Österreich) mit Entscheidung vom 28. August 2013,
beim Gerichtshof eingegangen am 2. Dezember 2013, in dem Verfahren
Arne Forsgren
gegen
Österreichisches Patentamt
erlässt
DER GERICHTSHOF (Achte Kammer)
unter Mitwirkung der Richterin C. Toader in Wahrnehmung der Aufgaben des
Präsidenten der Achten Kammer sowie der Richter E. Jarašiūnas und C. G. Fernlund
(Berichterstatter),
Generalanwalt: Y. Bot,
Kanzler: A. Calot Escobar,
aufgrund des schriftlichen Verfahrens,
unter Berücksichtigung der Erklärungen
– von Herrn Forsgren, vertreten durch Patentanwalt D. Alge,
– der Europäischen Kommission, vertreten durch F. Bulst und G. Braun als
Bevollmächtigte,
aufgrund des nach Anhörung des Generalanwalts ergangenen Beschlusses, ohne
Schlussanträge über die Rechtssache zu entscheiden,
folgendes
Urteil
1
Das Vorabentscheidungsersuchen betrifft die Auslegung von Art. 1 Buchst. b und Art. 3
Buchst. a und b der Verordnung (EG) Nr. 469/2009 des Europäischen Parlaments und
des Rates vom 6. Mai 2009 über das ergänzende Schutzzertifikat für Arzneimittel (ABl.
L 152, S. 1).
2
Dieses Ersuchen ergeht im Rahmen eines Rechtsstreits zwischen Herrn Forsgren und
dem Österreichischen Patentamt wegen der Erteilung eines ergänzenden
Schutzzertifikats (im Folgenden: ESZ).
Rechtlicher Rahmen
3
In Art. 1 („Definitionen“) der Verordnung Nr. 469/2009 heißt es:
„Im Sinne dieser Verordnung bezeichnet der Ausdruck
a) ‚Arzneimittel‘ einen Stoff oder eine Stoffzusammensetzung, der (die) als Mittel zur
Heilung oder zur Verhütung menschlicher oder tierischer Krankheiten bezeichnet
wird, sowie ein Stoff oder eine Stoffzusammensetzung, der (die) dazu bestimmt ist,
im oder am menschlichen oder tierischen Körper zur Erstellung einer ärztlichen
Diagnose oder zur Wiederherstellung, Besserung oder Beeinflussung der
menschlichen oder tierischen Körperfunktionen angewandt zu werden;
b) ‚Erzeugnis‘ den Wirkstoff oder die Wirkstoffzusammensetzung eines Arzneimittels;
c) ‚Grundpatent‘ ein Patent, das ein Erzeugnis als solches, ein Verfahren zur
Herstellung eines Erzeugnisses oder eine Verwendung eines Erzeugnisses schützt
und das von seinem Inhaber für das Verfahren zur Erteilung eines Zertifikats
bestimmt ist;
d) ‚Zertifikat‘ das ergänzende Schutzzertifikat;
…“
4
Art. 2 („Anwendungsbereich“) dieser Verordnung bestimmt:
„Für jedes im Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaats durch ein Patent geschützte Erzeugnis,
das
vor
seinem
Inverkehrbringen
als
Arzneimittel
Gegenstand
eines
verwaltungsrechtlichen Genehmigungsverfahrens gemäß der Richtlinie 2001/83/EG des
Europäischen Parlaments und des Rates vom 6. November 2001 zur Schaffung eines
Gemeinschaftskodexes für Humanarzneimittel [(ABl. L 311, S. 67)] oder der Richtlinie
2001/82/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 6. November 2001 zur
Schaffung eines Gemeinschaftskodexes für Tierarzneimittel [(ABl. L 311, S. 1)] ist, kann
nach den in dieser Verordnung festgelegten Bedingungen und Modalitäten ein Zertifikat
erteilt werden.“
5
Art. 3 („Bedingungen für die Erteilung des Zertifikats“) der Verordnung sieht vor:
„Das Zertifikat wird erteilt, wenn in dem Mitgliedstaat, in dem die Anmeldung nach Artikel
7 eingereicht wird, zum Zeitpunkt dieser Anmeldung
a) das Erzeugnis durch ein in Kraft befindliches Grundpatent geschützt ist;
b) für das Erzeugnis als Arzneimittel eine gültige Genehmigung für das
Inverkehrbringen [im Folgenden: Zulassung] gemäß der Richtlinie [2001/83] bzw.
der Richtlinie [2001/82] erteilt wurde;
c) für das Erzeugnis nicht bereits ein Zertifikat erteilt wurde;
d) die unter Buchstabe b erwähnte Genehmigung die erste [Zulassung] dieses
Erzeugnisses als Arzneimittel ist.“
6
Art. 4 („Schutzgegenstand“) der Verordnung lautet:
„In den Grenzen des durch das Grundpatent gewährten Schutzes erstreckt sich der durch
das Zertifikat gewährte Schutz allein auf das Erzeugnis, das von der [Zulassung] des
entsprechenden Arzneimittels erfasst wird, und zwar auf diejenigen Verwendungen des
Erzeugnisses als Arzneimittel, die vor Ablauf des Zertifikats genehmigt wurden.“
Ausgangsverfahren und Vorlagefragen
7
Aus den dem Gerichtshof vorgelegten Akten ergibt sich, dass Herr Forsgren Inhaber
eines europäischen Patents für „Protein D – ein IgD-bindendes Protein von Haemophilus
influenzae“ (EP0594610B1, im Folgenden: Grundpatent) ist.
8
Protein D ist in einem pädiatrisch verwendeten Pneumokokken-Impfstoff mit der
Bezeichnung „Synflorix“ enthalten. Dieser Impfstoff wurde mit der Entscheidung K(2009)
2563 der Kommission vom 30. März 2009 über die Erteilung einer Zulassung für das
Humanarzneimittel
„Synflorix
Pneumokokkenpolysaccharid-Konjugatimpfstoff
(adsorbiert)“ gemäß der Verordnung (EG) Nr. 726/2004 des Europäischen Parlaments
und des Rates (ABl. C 101, S. 3, im Folgenden: Zulassung für Synflorix) zugelassen.
9
Wie der Zulassung für Synflorix in der auf den Sachverhalt des Ausgangsverfahrens
anwendbaren Fassung, insbesondere der Zusammenfassung der Merkmale des
Arzneimittels in ihrem Anhang I, zu entnehmen ist, handelt es sich bei Synflorix um einen
Impfstoff, der zehn Serotypen von Pneumokokkenpolysacchariden enthält, die an
Trägerproteine konjugieren und an Aluminiumphosphat adsorbieren. Bei acht dieser
Serotypen ist Protein D das Trägerprotein. Die von der Zulassung erfassten
Anwendungsgebiete sind die „[a]ktive Immunisierung gegen durch Streptococcus
pneumoniae verursachte invasive Erkrankungen und akute Otitis media bei Säuglingen
und Kindern ab einem Alter von 6 Wochen bis zum vollendeten 2. Lebensjahr“. Nach
Anhang I der Zulassung für Synflorix sind Natriumchlorid und Wasser für
Injektionszwecke die sonstigen Bestandteile dieses Impfstoffs.
10
Herr Forsgren meldete am 24. September 2009 beim Österreichischen Patentamt ein
ergänzendes Schutzzertifikat für Protein D an. Die Anmeldung wurde mit der
Begründung zurückgewiesen, Protein D sei nur ein Hilfsstoff.
Begründung zurückgewiesen, Protein D sei nur ein Hilfsstoff.
11
Die Rechtsmittelabteilung des Österreichischen Patentamts bestätigte diese
Entscheidung. Sie stellte die therapeutische Wirksamkeit von Protein D gegen das
Bakterium Haemophilus influenzae fest, vertrat jedoch die Auffassung, Protein D sei in
Synflorix nicht als solches enthalten, sondern sei mit anderen Wirkstoffen kovalent
gebunden. Daher liege für Protein D keine Genehmigung als Arzneimittel im Sinne der
Verordnung Nr. 469/2009 vor.
12
Herr Forsgren erhob gegen diese Entscheidung der Rechtsmittelabteilung des
Österreichischen Patentamts Beschwerde beim Obersten Patent- und Markensenat. Er
trägt vor, Protein D habe eine eigene therapeutische Wirkung, und in mehreren
Mitgliedstaaten seien ESZ für dieses Erzeugnis erteilt worden.
13
In seiner Beschwerdeentscheidung stellt der Oberste Patent- und Markensenat fest,
dass
– Protein D durch ein Grundpatent geschützt sei;
– für diesen Stoff noch kein ESZ erteilt worden sei;
– für Synflorix eine Zulassung erteilt worden sei;
– Protein D in Synflorix eine eigene Wirkung habe, und zwar
– als Impfstoff gegen eine durch nicht typisierbare Haemophilus-influenzae-
Bakterien hervorgerufene Mittelohrentzündung und
– als Adjuvans der gegen Pneumokokken wirkenden Stoffe
(Pneumokokkenpolysaccharide).
14
Nach Ansicht des vorlegenden Gerichts hängt die Erteilung eines ESZ allein davon ab,
ob Protein D als Wirkstoff des Arzneimittels Synflorix angesehen werden könne. Dies sei
aus zwei Gründen zweifelhaft.
15
Erstens sei fraglich, ob nicht jedenfalls das Vorliegen einer kovalenten Bindung
zwischen Protein D und anderen Stoffen die Erteilung eines ESZ ausschließe. Anders
als in den Rechtssachen, in denen die Urteile Medeva (C‑322/10, EU:C:2011:773) und
Georgetown University u. a. (C‑422/10, EU:C:2011:776) ergangen seien, sei der
Wirkstoff, für den das ESZ im Ausgangsverfahren begehrt werde, im zugelassenen
Arzneimittel nicht neben anderen Wirkstoffen enthalten, sondern mit anderen Wirkstoffen
kovalent verbunden. Aufgrund dieser molekularen Bindung enthalte das Arzneimittel
einen vom Grundpatent verschiedenen Stoff.
16
Wenn schon geringfügige Änderungen an einem Molekül zu einer starken Änderung der
Wirkung führen könnten, müsse dies erst recht bei einer kovalenten Bindung mit einem
anderen Stoff gelten. Jedoch sei denkbar, dass dies im vorliegenden Fall nicht gelte, da
Protein D trotz der kovalenten Bindung eine ihm eigene immunogene Wirkung gegen
Haemophilus influenzae habe. Unter diesen Umständen neige das vorlegende Gericht
zu der Auffassung, dass für einen von einem Grundpatent geschützten Wirkstoff ein ESZ
auch dann erteilt werden könne, wenn er in einem Arzneimittel nur im Rahmen einer
auch dann erteilt werden könne, wenn er in einem Arzneimittel nur im Rahmen einer
kovalenten Bindung enthalten sei.
17
Zweitens bestünden Zweifel daran, ob der Umstand, dass Protein D nicht über eine
Zulassung verfüge, der Erteilung eines ESZ entgegenstehe. Dabei sei fraglich, ob die
Zulassung von Synflorix für die Zwecke der Anwendung von Art. 3 Buchst. b der
Verordnung Nr. 469/2009 auch Protein D umfasse, da Protein D in der Zulassung nur als
Trägerprotein genannt und eine Wirkung als Impfstoff gegen Haemophilus-influenzae-
Bakterien ausdrücklich als „nicht nachgewiesen“ bezeichnet werde.
18
Es stelle sich die Frage, ob für Protein D als Trägerprotein ein ESZ erteilt werden
könne. Mit Blick auf das Urteil Massachusetts Institute of Technology (C‑431/04,
EU:C:2006:291) sei die Erteilung eines ESZ umso weniger wahrscheinlich, als Protein D
nur die Darreichung eines Wirkstoffs ermögliche.
19
Zweifelhaft sei auch, ob für Protein D ein ESZ erteilt werden könne, weil es die Wirkung
der Pneumokokkenpolysaccharide verstärke. Da sich eine solche Wirkung als Adjuvans
nicht aus der Zulassung ergebe, stehe dieser Umstand ebenfalls der Erteilung eines
ESZ entgegen, und zwar unabhängig von der Antwort des Gerichtshofs auf das
Vorabentscheidungsersuchen in der Rechtssache, in der der Beschluss Glaxosmithkline
Biologicals und Glaxosmithkline Biologicals, Niederlassung der Smithkline Beecham
Pharma (C‑210/13, EU:C:2013:762) ergangen sei.
20
In Anbetracht dessen hat der Oberste Patent- und Markensenat das Verfahren
ausgesetzt und dem Gerichtshof folgende Fragen zur Vorabentscheidung vorgelegt:
1. Kann nach Art. 1 Buchst. b und Art. 3 Buchst. a und b der Verordnung Nr. 469/2009
bei Vorliegen der weiteren Voraussetzungen ein ESZ für einen durch ein
Grundpatent geschützten Wirkstoff (hier: Protein D) erteilt werden, wenn dieser
Wirkstoff im Arzneimittel (hier: Synflorix) in kovalenter (molekularer) Verbindung mit
anderen Wirkstoffen enthalten ist, dabei jedoch seine eigene Wirkung behält?
2. Wenn Frage 1 bejaht wird:
a) Kann nach Art. 3 Buchst. a und b der Verordnung Nr. 469/2009 ein ESZ für
den vom Grundpatent geschützten Stoff (hier: Protein D) erteilt werden, wenn
dieser eine eigene therapeutische Wirkung hat (hier als Impfstoff gegen
Haemophilus-influenzae-Bakterien), sich die Genehmigung des Arzneimittels
aber nicht auf diese Wirkung bezieht?
b) Kann nach Art. 3 Buchst. a und b der Verordnung Nr. 469/2009 ein ESZ für
den vom Grundpatent geschützten Stoff (hier: Protein D) erteilt werden, wenn
die Zulassung diesen Stoff als „Träger“ für die eigentlichen Wirkstoffe (hier:
Pneumokokkenpolysaccharide) bezeichnet, er als „Adjuvans“ die Wirkung
dieser Stoffe verstärkt, diese Wirkung in der Genehmigung des Arzneimittels
aber nicht ausdrücklich genannt wird?
Zu den Vorlagefragen
Zur ersten Frage
21
Mit seiner ersten Frage möchte das vorlegende Gericht wissen, ob Art. 1 Buchst. b und
Art. 3 Buchst. a der Verordnung Nr. 469/2009 dahin auszulegen sind, dass sie die
Erteilung eines ESZ für einen Wirkstoff allein deshalb ausschließen, weil dieser Wirkstoff
mit anderen zur Zusammensetzung eines Arzneimittels gehörenden Wirkstoffen kovalent
verbunden ist.
22
Nach Art. 2 der Verordnung Nr. 469/2009 kann für jedes im Hoheitsgebiet eines
Mitgliedstaats durch ein Patent geschützte Erzeugnis, das vor seinem Inverkehrbringen
als Arzneimittel Gegenstand eines verwaltungsrechtlichen Genehmigungsverfahrens
gemäß der Richtlinie 2001/83 ist, nach den in dieser Verordnung festgelegten
Bedingungen und Modalitäten ein ESZ erteilt werden.
23
Der Begriff des Erzeugnisses ist in Art. 1 Buchst. b der Verordnung Nr. 469/2009
definiert als der „Wirkstoff oder die Wirkstoffzusammensetzung eines Arzneimittels“. Der
Begriff des Wirkstoffs wird in dieser Verordnung jedoch nicht definiert. Er wurde auch in
Art. 1 Buchst. b der durch die Verordnung Nr. 469/2009 aufgehobenen Verordnung
(EWG) Nr. 1768/92 des Rates vom 18. Juni 1992 über die Schaffung eines ergänzenden
Schutzzertifikats für Arzneimittel (ABl. L 182, S. 1) verwendet, und der Gerichtshof war
bereits mit einer Frage zu dieser Bestimmung befasst. Dabei hat er entschieden, dass
der Ausdruck „Wirkstoff“ in seiner gewöhnlichen Bedeutung in der Pharmakologie zu der
Zusammensetzung eines Arzneimittels gehörende Stoffe, die keine eigene Wirkung auf
den menschlichen oder den tierischen Organismus haben, nicht einschließt (vgl. Urteil
Massachusetts Institute of Technology, EU:C:2006:291, Rn. 18).
24
Diese Auslegung wurde vom Gesetzgeber der Europäischen Union später im
Wesentlichen übernommen. Durch die Richtlinie 2011/62/EU des Europäischen
Parlaments und des Rates vom 8. Juni 2011 (ABl. L 174, S. 74) wurde nämlich in Art. 1
der Richtlinie 2001/83 folgende Definition des Begriffs „Wirkstoff“ eingefügt: „Jeder Stoff
oder jedes Gemisch von Stoffen, der bzw. das bei der Herstellung eines Arzneimittels
verwendet werden soll und im Fall der Verwendung bei seiner Herstellung zu einem
Wirkstoff dieses Arzneimittels wird, das eine pharmakologische, immunologische oder
metabolische Wirkung ausüben soll, um die physiologischen Funktionen
wiederherzustellen, zu korrigieren oder zu beeinflussen, oder eine medizinische
Diagnose erstellen soll.“
25
Daraus folgt, dass sich der Begriff des Wirkstoffs für die Zwecke der Anwendung der
Verordnung Nr. 469/2009 auf Stoffe bezieht, die eine eigene pharmakologische,
immunologische oder metabolische Wirkung ausüben. Da die Verordnung Nr. 469/2009
nicht danach unterscheidet, ob ein Wirkstoff mit anderen Stoffen kovalent verbunden ist,
besteht kein Anlass, die Erteilung eines ESZ für einen solchen Wirkstoff aus diesem
Grund auszuschließen.
26
Hingegen hat der Gerichtshof bereits entschieden, dass ein Stoff, der keine eigene
therapeutische Wirkung entfaltet und dazu dient, eine bestimmte Darreichungsform des
Arzneimittels zu erhalten, nicht unter den Begriff des Wirkstoffs fällt, so dass für ihn kein
ESZ erteilt werden kann (Urteil Massachusetts Institute of Technology, EU:C:2006:291,
ESZ erteilt werden kann (Urteil Massachusetts Institute of Technology, EU:C:2006:291,
Rn. 25).
27
Die Antwort auf die Frage, ob ein Stoff, der zur Zusammensetzung eines Arzneimittels
gehört, ein Wirkstoff im Sinne von Art. 1 Buchst. b der Verordnung Nr. 469/2009 ist, hängt
somit davon ab, ob dieser Stoff eine eigene pharmakologische, immunologische oder
metabolische Wirkung hat; dies gilt unabhängig davon, ob eventuell eine kovalente
Bindung mit anderen Wirkstoffen besteht.
28
Demnach ist auf die erste Frage zu antworten, dass Art. 1 Buchst. b und Art. 3 Buchst. a
der Verordnung Nr. 469/2009 dahin auszulegen sind, dass sie die Erteilung eines ESZ
für einen Wirkstoff nicht grundsätzlich ausschließen, wenn dieser Wirkstoff mit anderen
zur Zusammensetzung eines Arzneimittels gehörenden Wirkstoffen kovalent verbunden
ist.
Zu Buchst. a der zweiten Frage
29
Mit Buchst. a seiner zweiten Frage möchte das vorlegende Gericht wissen, ob Art. 3
Buchst. b der Verordnung Nr. 469/2009 der Erteilung eines ESZ für einen Wirkstoff
entgegensteht, dessen therapeutische Wirkung nicht zu den von der Zulassung erfassten
Anwendungsgebieten gehört.
30
Herr Forsgren ist der Auffassung, der Umstand, dass eine Zulassung nicht explizit die
Verwendung eines Wirkstoffs für seine eigene therapeutische Wirkung umfasse, stehe
der Erteilung eines ESZ nicht entgegen. Jede andere Antwort verkenne den Zweck der
Verordnung Nr. 469/2009. Protein D werde in Synflorix über seine Wirkung als
Trägerprotein hinaus wegen seines Potenzials, vor Infektionen durch Haemophilus-
influenzae-Bakterien zu schützen, verwendet. Es sei selbst immunogen und habe eine
glaubhafte und spezifische therapeutische Wirkung. Dass die Zulassung für Synflorix
diese therapeutische Wirkung nicht erwähne, sei unbeachtlich. Keine Bestimmung der
Verordnung Nr. 469/2009 sehe ein solches Erfordernis vor. Es sei zudem möglich, im
Laufe der Zeit Änderungen an Zulassungen vorzunehmen, so dass erhebliche praktische
Schwierigkeiten entstünden, wenn zwischen dem ESZ und dem Wortlaut der Zulassung
ein Zusammenhang hergestellt würde.
31
Die Europäische Kommission macht geltend, damit ein ESZ erteilt werden könne,
müsse das Zulassungsverfahren für das mit dem Grundpatent geschützte Erzeugnis
erfolgreich durchlaufen worden sein. Ohne eine solche Zulassung bestehe kein Grund
für eine Verlängerung des Patentschutzes. Zudem solle das aus der Verordnung Nr.
469/2009 hervorgehende System eine gewisse Einfachheit und Transparenz schaffen.
Dieses Ziel würde verfehlt, wenn die zuständige Behörde anhand anderer Quellen als
der Zulassung überprüfen müsste, ob der betreffende Stoff ein Wirkstoff sei.
32
Hierzu ist darauf hinzuweisen, dass für die Erteilung eines ESZ die vier in Art. 3 der
Verordnung Nr. 469/2009 genannten kumulativen Bedingungen erfüllt sein müssen.
Diese Bestimmung sieht im Wesentlichen vor, dass ein ESZ nur erteilt werden kann,
wenn das Erzeugnis zum Zeitpunkt der Anmeldung durch ein in Kraft befindliches
Grundpatent geschützt ist und für das Erzeugnis nicht bereits ein Zertifikat erteilt wurde.
Zudem muss für das Erzeugnis eine gültige Zulassung als Arzneimittel gemäß der
Richtlinie 2001/83 oder der Richtlinie 2001/82 erteilt worden sein, bei der es sich
schließlich um die erste Zulassung des Erzeugnisses als Arzneimittel handeln muss.
33
Ferner ist darauf hinzuweisen, dass mit dem ESZ die Wiederherstellung einer
ausreichenden Dauer des wirksamen Grundpatentschutzes angestrebt wird, indem dem
Inhaber nach Ablauf dieses Patents eine zusätzliche Ausschließlichkeitsfrist eingeräumt
wird, die zumindest zum Teil den Rückstand in der wirtschaftlichen Verwertung seiner
Erfindung ausgleichen soll, der aufgrund der Zeitspanne von der Einreichung der
Patentanmeldung bis zur Erteilung der ersten Zulassung in der Union eingetreten ist
(Urteil Eli Lilly and Company, C‑493/12, EU:C:2013:835, Rn. 41 und die dort angeführte
Rechtsprechung).
34
Daraus folgt, dass für ein patentiertes Erzeugnis kein ESZ erteilt werden kann, wenn es
nicht als Arzneimittel zugelassen wurde.
35
Art. 4 der Verordnung Nr. 469/2009 sieht zudem vor, dass sich der durch das Zertifikat
gewährte Schutz allein auf das Erzeugnis erstreckt, das von der Zulassung des
Arzneimittels erfasst wird, „und zwar auf diejenigen Verwendungen des Erzeugnisses als
Arzneimittel, die vor Ablauf des Zertifikats genehmigt wurden“. Diese Bestimmung
impliziert, dass für eine nicht zugelassene Verwendung des Erzeugnisses als
Arzneimittel kein ESZ erteilt werden kann (vgl. in diesem Sinne Urteil Medeva,
EU:C:2011:773, Rn. 37). Ein Wirkstoff, dessen therapeutische Wirkungen nicht zu den
Anwendungsgebieten gehören, für die eine Zulassung erteilt wurde, kann demnach nicht
Gegenstand eines ESZ sein.
36
Hierzu hat der Gerichtshof bereits für den Fall, dass zwei Arzneimittel für das gleiche
Anwendungsgebiet zugelassen worden waren, im Wesentlichen entschieden, dass der
einem Arzneimittel durch ein ESZ gewährte Schutz dem Vertrieb eines Arzneimittels, das
denselben Wirkstoff in Kombination mit einem anderen Wirkstoff enthält,
entgegengehalten werden kann (vgl. Beschlüsse Novartis, C‑442/11, EU:C:2012:66,
Rn. 20 bis 22, und Novartis, C‑574/11, EU:C:2012:68, Rn. 18 bis 20).
37
Wie das vorlegende Gericht zutreffend ausgeführt hat, ist Anhang I der Zulassung für
Synflorix zu entnehmen, dass sich die Anwendungsgebiete, für die Synflorix zugelassen
wurde, auf die „[a]ktive Immunisierung gegen durch Streptococcus pneumoniae
verursachte invasive Erkrankungen und akute Otitis media bei Säuglingen und Kindern
ab einem Alter von 6 Wochen bis zum vollendeten 2. Lebensjahr“ beschränken; weiter
heißt es dort, dass „nicht ausreichend nachgewiesen [ist], dass Synflorix … vor nicht-
typisierbarem Haemophilus influenzae schützt“. Überdies wird in dem von der
Europäischen Arzneimittel-Agentur (EMA) im Rahmen der Beurteilung des
Zulassungsantrags für Synflorix erstellten Europäischen Öffentlichen Beurteilungsbericht
(Assessment report for Synflorix, procedure No. EMEA/H/C/000973, im Folgenden:
Europäischer Öffentlicher Beurteilungsbericht) insoweit Folgendes festgestellt: „Da der
Antrag auf Schutz gegen akute Mittelohrentzündung, die durch einen nicht typisierbaren
Haemophilus-influenzae-Stamm verursacht wurde, derzeit nicht durch klinische Daten
gestützt wird, ist keine Analyse des Gehalts an Protein D in der Spezifikation des
Arzneimittels erforderlich.“
38
Demnach konnte das Zulassungsverfahren, in das keine Versuche oder Daten über die
38
Demnach konnte das Zulassungsverfahren, in das keine Versuche oder Daten über die
therapeutischen Wirkungen von Protein D gegen Haemophilus influenzae Eingang
gefunden haben, die wirtschaftliche Verwertung des Grundpatents nicht verzögern. Unter
solchen Umständen widerspräche die Erteilung eines ESZ dem mit der Verordnung Nr.
469/2009 verfolgten Ziel, den Rückstand in der wirtschaftlichen Verwertung einer
patentierten Erfindung, der aufgrund der für die Erteilung der ersten Zulassung in der
Union erforderlichen Zeitspanne eingetreten ist, zumindest zum Teil auszugleichen.
39
Daher ist auf Buchst. a der zweiten Frage zu antworten, dass Art. 3 Buchst. b der
Verordnung Nr. 469/2009 dahin auszulegen ist, dass er der Erteilung eines ESZ für
einen Wirkstoff entgegensteht, dessen therapeutische Wirkung nicht zu den von der
Zulassung erfassten Anwendungsgebieten gehört.
Zu Buchst. b der zweiten Frage
40
Mit Buchst. b seiner zweiten Frage möchte das vorlegende Gericht wissen, ob Art. 3
Buchst. b der Verordnung Nr. 469/2009 dahin auszulegen ist, dass er der Erteilung eines
ESZ für ein Erzeugnis entgegensteht, das in der Zulassung für einen pädiatrischen
Impfstoff als Trägerprotein eines Wirkstoffs bezeichnet wird, weil es als Adjuvans die
Wirkung dieses Wirkstoffs verstärkt, ohne dass diese Wirkung in der Zulassung
ausdrücklich genannt wird.
41
Die Kommission trägt vor, der Gerichtshof habe diese Frage bereits in der Rechtssache,
in der der Beschluss Glaxosmithkline Biologicals und Glaxosmithkline Biologicals,
Niederlassung der Smithkline Beecham Pharma (EU:C:2013:762) ergangen sei,
beantwortet und dabei bestätigt, dass ein Stoff, der wie ein Adjuvans ohne eigene
therapeutische Wirkung sei, nicht als Erzeugnis im Sinne der Verordnung Nr. 469/2009
angesehen werden könne.
42
Es ist jedoch darauf hinzuweisen, dass sich aus der Zulassung für Synflorix,
insbesondere aus deren Anhang I, und aus den S. 8, 13 und 14 des Europäischen
Öffentlichen Beurteilungsberichts ergibt, dass in diesem Arzneimittel Aluminiumphosphat
als Adjuvans für die Adsorption sowie Natriumchlorid und Wasser für Injektionszwecke
als Hilfsstoffe verwendet werden. Unbeschadet der vom vorlegenden Gericht
vorzunehmenden Prüfung geht aus der Zulassung für Synflorix, deren Gültigkeit nicht in
Frage gestellt wird, somit hervor, dass Protein D in diesem Arzneimittel weder als
Hilfsstoff noch als Adjuvans verwendet wird.
43
Unter diesen Umständen lässt sich die Antwort auf Buchst. b der zweiten Frage nicht
aus dem Beschluss Glaxosmithkline Biologicals und Glaxosmithkline Biologicals,
Niederlassung der Smithkline Beecham Pharma (EU:C:2013:762, Rn. 45) ableiten, in
dem der Gerichtshof entschieden hat, dass Art. 1 Buchst. b der Verordnung Nr. 469/2009
in dem Sinne auszulegen ist, dass, ebenso wie ein Adjuvans nicht unter den Begriff
„Wirkstoff“ im Sinne dieser Bestimmung fällt, eine Kombination von zwei Stoffen, von
denen einer ein Wirkstoff mit eigenen arzneilichen Wirkungen ist, während der andere,
ein Adjuvans, es ermöglicht, diese arzneilichen Wirkungen zu verstärken, jedoch selbst
keine
eigene
arzneiliche
Wirkung
hat,
nicht
unter
den
Begriff
„Wirkstoffzusammensetzung“ im Sinne dieser Bestimmung fällt.
44
Ferner ist darauf hinzuweisen, dass Synflorix nach Art. 1 seiner Zulassung ein
Pneumokokkenpolysaccharid-Konjugatimpfstoff (adsorbiert) ist. Nach Nr. 2.2 des
Europäischen Öffentlichen Beurteilungsberichts handelt es sich bei den zehn im
Arzneimittel vorhandenen Wirkstoffen um die Pneumokokkenpolysaccharide mit den
Serotypen 1, 4, 5, 6B, 7F, 9V, 14, 18C, 19F und 23F, die alle an ein Trägerprotein
konjugiert sind (D, TT oder DT).
45
In Anbetracht der vorstehenden Erwägungen ist, um dem vorlegenden Gericht eine
Antwort auf Buchst. b seiner zweiten Frage zu geben, die für die Entscheidung des
Ausgangsrechtsstreits zweckdienlich sein kann, die Frage im Licht der vorstehenden
Gesichtspunkte umzuformulieren und davon auszugehen, dass das vorlegende Gericht
mit ihr im Wesentlichen klären lassen möchte, ob ein Trägerprotein, das an ein in einem
pädiatrisch eingesetzten Impfstoff verwendetes Pneumokokkenpolysaccharid konjugiert
ist, als ein „Erzeugnis“ im Sinne von Art. 1 Buchst. b der Verordnung Nr. 469/2009, d. h.
als „Wirkstoff oder … Wirkstoffzusammensetzung eines Arzneimittels“, angesehen
werden kann.
46
Herr Forsgren trägt vor, Protein D trage dazu bei, Antikörper herzustellen, die für das
Pneumokokkenpolysaccharid spezifisch seien, an das es konjugiert sei. Es müsse daher
als Trägerprotein als ein eigener Wirkstoff betrachtet werden. Herr Forsgren sieht
insoweit eine Analogie zum Fall der Safener, mit dem der Gerichtshof in der
Rechtssache befasst war, in der das Urteil Bayer CropScience (C‑11/13,
EU:C:2014:2010) ergangen ist. Er schlägt deshalb vor, auf Buchst. b der zweiten Frage
zu antworten, dass ein ESZ für einen Stoff erteilt werden könne, der in der Zulassung als
Trägerprotein bezeichnet werde.
47
Hierzu geht aus Rn. 25 des vorliegenden Urteils hervor, dass sich der Begriff des
Wirkstoffs für die Zwecke der Anwendung der Verordnung Nr. 469/2009 auf Stoffe
bezieht, die eine eigene pharmakologische, immunologische oder metabolische Wirkung
ausüben. Dazu ist der Einleitung des Europäischen Öffentlichen Beurteilungsberichts zu
entnehmen, dass die nicht konjugierten Polysaccharid-Impfstoffe bei Kindern unter zwei
Jahren keine Immunantwort und kein Immungedächtnis auslösen können. Hingegen
können die Polysaccharid-Antikörper nach diesem Bericht eine solche Wirkung haben,
wenn sie an ein Trägerprotein konjugiert sind.
48
Demnach ist zu klären, ob ein Trägerprotein, das in einem Arzneimittel verwendet wird,
ohne eine eigene von der Zulassung erfasste immunogene Wirkung zu entfalten, als
„Wirkstoff“ angesehen werden kann, wenn es eine solche Wirkung ausübt, sobald es
mittels einer kovalenten Bindung an einen Polysaccharid-Antikörper konjugiert ist.
49
Diese Frage ist in keiner Bestimmung der Verordnung Nr. 469/2009 ausdrücklich
geregelt.
50
Entgegen dem Vorbringen von Herrn Forsgren kann sie auch nicht mittels einer
Analogie zum Urteil Bayer CropScience (EU:C:2014:2010) definitiv beantwortet werden.
In der Rechtssache, in der dieses Urteil ergangen ist, stellte sich nämlich im
Wesentlichen die Frage, ob ein Safener, der zusammen mit einem
unkrautbekämpfenden Wirkstoff in einem Pflanzenschutzmittel enthalten ist, als
unkrautbekämpfenden Wirkstoff in einem Pflanzenschutzmittel enthalten ist, als
„Erzeugnis“ im Sinne der Verordnung (EG) Nr. 1610/96 des Europäischen Parlaments
und des Rates vom 23. Juli 1996 über die Schaffung eines ergänzenden
Schutzzertifikats für Pflanzenschutzmittel (ABl. L 198, S. 30) anzusehen ist und deshalb
Gegenstand eines ESZ sein kann. Der Gerichtshof hat dies bejaht, da ein solcher Stoff
eine eigene toxische, phytotoxische oder pflanzenschützende Wirkung ausübt, was
insbesondere dann der Fall sein kann, wenn er auf den Stoffwechsel einer Pflanze
einwirkt.
51
Daher ist auf den wesentlichen Zweck der Verordnung Nr. 469/2009 abzustellen, der
darin besteht, einen ausreichenden Schutz zur Förderung der Forschung im
pharmazeutischen Bereich zu gewährleisten, die entscheidend zur ständigen
Verbesserung der Gesundheit der Bevölkerung beiträgt (Urteil Georgetown University
u. a., EU:C:2011:776, Rn. 24 und die dort angeführte Rechtsprechung).
52
Wie sich zudem insbesondere aus Nr. 28 Abs. 4 und 5 der Begründung des Vorschlags
für die Verordnung (EWG) des Rates vom 11. April 1990 über die Schaffung eines
ergänzenden Schutzzertifikats für Arzneimittel (KOM[90] 101 endg.) ergibt, dient der
durch ein ESZ gewährte Schutz vor allem der Amortisierung der Forschungsarbeiten, die
zur Entdeckung neuer „Erzeugnisse“ führen.
53
Im Licht des Wortlauts und der Zielsetzung der Verordnung Nr. 469/2009 ist davon
auszugehen, dass ein mittels einer kovalenten Bindung an einen Polysaccharid-
Antikörper konjugiertes Trägerprotein nur dann als „Wirkstoff“ im Sinne ihres Art. 1
Buchst. b eingestuft werden kann, wenn nachgewiesen ist, dass es eine eigene
pharmakologische, immunologische oder metabolische Wirkung ausübt. Letztlich ist es
Sache des vorlegenden Gerichts, anhand aller tatsächlichen Umstände, die den ihm zur
Entscheidung vorliegenden Rechtsstreit kennzeichnen, zu prüfen, ob Protein D, das an
die zur Zusammensetzung von Synflorix gehörenden Pneumokokkenpolysaccharide
konjugiert ist, unter Berücksichtigung dieser Kriterien eine eigene pharmakologische,
immunologische oder metabolische Wirkung ausübt und ob diese Wirkung zu den von
der Zulassung erfassten Anwendungsgebieten gehört.
54
Nach alledem ist auf Buchst. b der zweiten Frage zu antworten, dass Art. 1 Buchst. b der
Verordnung Nr. 469/2009 dahin auszulegen ist, dass ein mittels einer kovalenten
Bindung an einen Polysaccharid-Antikörper konjugiertes Trägerprotein nur dann als
„Wirkstoff“ im Sinne dieser Bestimmung eingestuft werden kann, wenn nachgewiesen ist,
dass es eine eigene pharmakologische, immunologische oder metabolische Wirkung
ausübt, die von den Anwendungsgebieten der Zulassung erfasst wird; es ist Sache des
vorlegenden Gerichts, dies anhand aller den Ausgangsrechtsstreit kennzeichnenden
tatsächlichen Umstände zu prüfen.
Kosten
55
Für die Parteien des Ausgangsverfahrens ist das Verfahren ein Zwischenstreit in dem
beim vorlegenden Gericht anhängigen Rechtsstreit; die Kostenentscheidung ist daher
Sache dieses Gerichts. Die Auslagen anderer Beteiligter für die Abgabe von Erklärungen
vor dem Gerichtshof sind nicht erstattungsfähig.
vor dem Gerichtshof sind nicht erstattungsfähig.
Aus diesen Gründen hat der Gerichtshof (Achte Kammer) für Recht erkannt:
1 . Art. 1 Buchst. b und Art. 3 Buchst. a der Verordnung (EG) Nr. 469/2009 des
Europäischen Parlaments und des Rates vom 6. Mai 2009 über das
ergänzende Schutzzertifikat für Arzneimittel sind dahin auszulegen, dass sie
die Erteilung eines ergänzenden Schutzzertifikats für einen Wirkstoff nicht
grundsätzlich ausschließen, wenn dieser Wirkstoff mit anderen zur
Zusammensetzung eines Arzneimittels gehörenden Wirkstoffen kovalent
verbunden ist.
2 . Art. 3 Buchst. b der Verordnung Nr. 469/2009 ist dahin auszulegen, dass er
der Erteilung eines ergänzenden Schutzzertifikats für einen Wirkstoff
entgegensteht, dessen therapeutische Wirkung nicht zu den von der
Genehmigung für das Inverkehrbringen erfassten Anwendungsgebieten
gehört.
Art. 1 Buchst. b der Verordnung Nr. 469/2009 ist dahin auszulegen, dass ein
mittels einer kovalenten Bindung an einen Polysaccharid-Antikörper
konjugiertes Trägerprotein nur dann als „Wirkstoff“ im Sinne dieser
Bestimmung eingestuft werden kann, wenn nachgewiesen ist, dass es eine
eigene pharmakologische, immunologische oder metabolische Wirkung
ausübt, die von den Anwendungsgebieten der Genehmigung für das
Inverkehrbringen erfasst wird; es ist Sache des vorlegenden Gerichts, dies
anhand aller den Ausgangsrechtsstreit kennzeichnenden tatsächlichen
Umstände zu prüfen.
Unterschriften
Verfahrenssprache: Deutsch.