Urteil des EuG vom 12.09.2013

Form der Ware, Muster Und Modelle, Unterscheidungskraft, Beschwerdekammer

URTEIL DES GERICHTS (Fünfte Kammer)
12. September 2013
)
„Gemeinschaftsmarke – Anmeldung einer Gemeinschaftsbildmarke mit der Darstellung
eines Menstruationstampons – Absolutes Eintragungshindernis – Fehlende
Unterscheidungskraft – Art. 7 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung (EG) Nr. 207/2009“
In der Rechtssache T‑492/11
„Rauscher“ Consumer Products GmbH
Prozessbevollmächtigter: Rechtsanwalt M. Stütz,
Klägerin,
gegen
Harmonisierungsamt für den Binnenmarkt (Marken, Muster und Modelle) (HABM),
vertreten durch D. Walicka als Bevollmächtigte,
Beklagter,
betreffend eine Klage gegen die Entscheidung der Ersten Beschwerdekammer des
HABM vom 20. Juli 2011 (Sache R 2168/2010‑1) über die Anmeldung einer
Gemeinschaftsbildmarke, die einen Menstruationstampon darstellt,
erlässt
DAS GERICHT (Fünfte Kammer)
unter Mitwirkung des Präsidenten S. Papasavvas sowie der Richter V. Vadapalas und
K. O’Higgins (Berichterstatter),
Kanzler: E. Coulon,
aufgrund der am 21. September 2011 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangenen
Klageschrift,
aufgrund der am 12. Januar 2012 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangenen
Klagebeantwortung,
aufgrund des Umstands, dass keine der Parteien binnen einem Monat nach der
Mitteilung, dass das schriftliche Verfahren abgeschlossen ist, die Anberaumung einer
mündlichen Verhandlung beantragt hat, und des daher auf Bericht des Berichterstatters
gemäß Art. 135a der Verfahrensordnung des Gerichts ergangenen Beschlusses, ohne
mündliche Verhandlung zu entscheiden,
mündliche Verhandlung zu entscheiden,
folgendes
Urteil
Vorgeschichte des Rechtsstreits
1
Am 1. Juli 2012 meldete die Klägerin, die „Rauscher“ Consumer Products GmbH, nach
der Verordnung (EG) Nr. 207/2009 des Rates vom 26. Februar 2009 über die
Gemeinschaftsmarke (ABl. L 78, S. 1) beim Harmonisierungsamt für den Binnenmarkt
(Marken, Muster und Modelle) (HABM) eine Gemeinschaftsmarke an.
2
Dabei handelte es sich um folgendes Bildzeichen:
3
Die Marke wurde u. a. für die Waren „Damenhygieneartikel; Binden und Bandagen für
gesundheitliche
Zwecke,
Damenbinden,
Monatsbinden,
Slipeinlagen,
Menstruationstampons; Verbandmaterial; Watte für medizinische Zwecke“ der Klasse 5
des Abkommens von Nizza über die internationale Klassifikation von Waren und
Dienstleistungen für die Eintragung von Marken vom 15. Juni 1957 in revidierter und
geänderter Fassung angemeldet.
4
Mit Entscheidung vom 8. Oktober 2010 wies der Prüfer die Anmeldung für die Waren
„Damenhygieneartikel“ und „Menstruationstampons“ gemäß Art. 7 Abs. 1 Buchst. b der
Verordnung Nr. 207/2009 zurück, da es der angemeldeten Marke in Bezug auf diese
Waren an Unterscheidungskraft fehle.
5
Am 5. November 2010 erhob die Klägerin gemäß den Art. 58 bis 64 der Verordnung Nr.
207/2009 Beschwerde gegen die Entscheidung des Prüfers, soweit damit die
Anmeldung für einen Teil der beanspruchten Waren zurückgewiesen worden war.
6
Mit Entscheidung vom 20. Juli 2011 (im Folgenden: angefochtene Entscheidung) wies
die Erste Beschwerdekammer die Beschwerde mit der Begründung zurück, der
angemeldeten Marke fehle es an Unterscheidungskraft im Sinne von Art. 7 Abs. 1
Buchst. b der Verordnung Nr. 207/2009. Sie vertrat im Wesentlichen die Auffassung,
dass Gegenstand der Anmeldung die Darstellung eines Menstruationstampons und
seiner Wirkweise sei, die durch einen Pfeil veranschaulicht werde, der von dem spitzen
Ende in Richtung des Inneren des Tampons zeige und damit verdeutliche, wie die
Flüssigkeit in den Tampon eindringe. Die maßgeblichen Verkehrskreise, bei denen es
sich um die Durchschnittsverbraucherinnen handele, würden das Zeichen als eine
sich um die Durchschnittsverbraucherinnen handele, würden das Zeichen als eine
schematische Darstellung eines Menstruationstampons auffassen. Zudem sei die
dargestellte Form für diese Warengattung üblich, und die Kombination der funktionellen
Elemente verleihe der angemeldeten Marke keine Unterscheidungskraft. Daher werde es
das Zeichen nicht erlauben, die Damenhygieneartikel und Menstruationstampons der
Klägerin von Waren anderer betrieblicher Herkunft zu unterscheiden.
Anträge der Parteien
7
Die Klägerin beantragt,
– die angefochtene Entscheidung aufzuheben;
– dem HABM die Kosten aufzuerlegen.
8
Das HABM beantragt,
– die Klage abzuweisen;
– der Klägerin die Kosten aufzuerlegen.
Rechtliche Würdigung
9
Die Klägerin stützt ihre Klage auf einen einzigen Klagegrund, mit dem sie einen Verstoß
gegen Art. 7 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung Nr. 207/2009 geltend macht.
10
Zunächst trägt die Klägerin vor, dass der Aufmerksamkeitsgrad der angesprochenen
Verkehrskreise wegen der Art und Verwendung der fraglichen Waren, die das Intimleben
berührten, überdurchschnittlich sei. Sodann wendet sie sich gegen die Auffassung der
Beschwerdekammer, die angemeldete Marke bestehe aus dem bloßen Erscheinungsbild
der Ware, während sie im Gegenteil die Oberflächendarstellung der Ware mit einer
Schnittansicht kombiniere und darüber hinaus durch den „willkürlich gesetzten“ Pfeil die
Funktionsweise dieser Ware andeute. Das Zeichen sei eine grafische Darstellung, die
über die einfache Darstellung eines Menstruationstampons hinausgehe und auf die
technische Innovation der fraglichen Waren hinweise, weshalb die maßgeblichen
Verkehrskreise ihre betriebliche Herkunft ohne Probleme feststellen könnten. Schließlich
habe die Beschwerdekammer, indem sie die Erheblichkeit der Eintragung der
Gemeinschaftsmarke Nr. 9216722 ohne eine klare Begründung verneint habe, ihre
Pflicht verletzt, zu ähnlichen Anträgen bereits ergangene Entscheidungen zu
berücksichtigen und ein besonderes Augenmerk auf die Frage zu richten, ob im gleichen
Sinne zu entscheiden sei.
11
Nach Art. 7 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung Nr. 207/2009 sind Marken, die keine
Unterscheidungskraft haben, von der Eintragung ausgeschlossen.
12
Nach ständiger Rechtsprechung bedeutet Unterscheidungskraft einer Marke im Sinne
dieses Artikels, dass die Marke geeignet ist, die Ware, für die die Eintragung beantragt
wurde, als von einem bestimmten Unternehmen stammend zu kennzeichnen und sie
somit von den Waren anderer Unternehmen zu unterscheiden (Urteile des Gerichtshofs
somit von den Waren anderer Unternehmen zu unterscheiden (Urteile des Gerichtshofs
vom 29. April 2004, Procter & Gamble/HABM, C‑473/01 P und C‑474/01 P, Slg. 2004,
I‑5173, Randnr. 32, und vom 21. Oktober 2004, HABM/Erpo Möbelwerk, C‑64/02 P, Slg.
2004, I‑10031, Randnr. 42).
13
Die Unterscheidungskraft einer Marke ist zum einen im Hinblick auf die Waren oder
Dienstleistungen, für die sie angemeldet worden ist, und zum anderen im Hinblick auf
ihre Wahrnehmung durch die maßgeblichen Verkehrskreise zu beurteilen (Urteile des
Gerichtshofs Procter & Gamble/HABM, oben in Randnr. 12 angeführt, Randnr. 33, und
vom 22. Juni 2006, Storck/HABM, C‑25/05 P, Slg. 2006, I‑5719, Randnr. 25).
14
Dabei unterscheiden sich die Kriterien für die Beurteilung der Unterscheidungskraft
dreidimensionaler Marken, die in der Form einer Ware bestehen, nicht von den für die
übrigen Kategorien von Marken geltenden. Im Zusammenhang mit der Anwendung
dieser Kriterien ist jedoch festzustellen, dass eine dreidimensionale Marke, die in der
Form der Ware selbst besteht, von den maßgeblichen Verkehrskreisen nicht notwendig
in gleicher Weise wahrgenommen wird wie eine Wort- oder Bildmarke, die aus einem
Zeichen besteht, das vom Erscheinungsbild der mit der Marke bezeichneten Waren
unabhängig ist. Denn die Durchschnittsverbraucher schließen aus der Form der Waren
oder der ihrer Verpackung, wenn grafische oder Wortelemente fehlen, gewöhnlich nicht
auf die Herkunft dieser Waren; daher kann es schwieriger sein, die Unterscheidungskraft
einer solchen dreidimensionalen Marke nachzuweisen als diejenige einer Wort- oder
Bildmarke (vgl. Urteil des Gerichtshofs vom 7. Oktober 2004, Mag Instrument/HABM,
C‑136/02 P, Slg. 2004, I‑9165, Randnr. 30 und die dort angeführte Rechtsprechung).
15
Somit ist es, je mehr sich die angemeldete Form der Form annähert, in der die
betreffende Ware am wahrscheinlichsten in Erscheinung tritt, umso eher zu erwarten,
dass dieser Form die Unterscheidungskraft im Sinne von Art. 7 Abs. 1 Buchst. b der
Verordnung Nr. 207/2009 fehlt. Nur eine Marke, die erheblich von der Norm oder der
Üblichkeit
in
der
Branche
abweicht
und
deshalb
ihre
wesentliche
herkunftskennzeichnende
Funktion
zu
erfüllen
vermag,
besitzt
auch
Unterscheidungskraft im Sinne von Art. 7 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung. Wenn eine
dreidimensionale Marke in der Form der Ware besteht, für die sie angemeldet wird, reicht
demnach der bloße Umstand, dass diese Form eine Variante der üblichen Formen
dieser Warengattung ist, nicht aus, um zu belegen, dass es der genannten Marke nicht
an Unterscheidungskraft im Sinne von Art. 7 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung
Nr. 207/2009 fehlt. Es ist immer zu prüfen, ob diese Marke es dem durchschnittlich
informierten
und
angemessen
aufmerksamen
und
verständigen
Durchschnittsverbraucher der fraglichen Ware erlaubt, diese – ohne eine Prüfung
vorzunehmen und ohne besonders aufmerksam zu sein – von Waren anderer
Unternehmen zu unterscheiden (Urteil Mag Instrument/HABM, oben in Randnr. 14
angeführt, Randnrn. 31 und 32).
16
Um beurteilen zu können, ob die Kombination der Bestandteile einer Form von den
maßgeblichen Verkehrskreisen als Herkunftshinweis wahrgenommen werden kann, ist
der von dieser Kombination hervorgerufene Gesamteindruck zu untersuchen, was nicht
unvereinbar damit ist, die einzelnen verwendeten Gestaltungselemente nacheinander zu
prüfen (vgl. in diesem Sinne Urteil des Gerichts vom 19. September 2001,
Procter & Gamble/HABM [Rechteckige Tablette mit Einlagerung], T‑129/00, Slg. 2001,
Procter & Gamble/HABM [Rechteckige Tablette mit Einlagerung], T‑129/00, Slg. 2001,
II‑2793, Randnr. 54).
17
Schließlich ist darauf hinzuweisen, dass die oben in den Randnrn. 14 bis 16 angeführte
Rechtsprechung, die für dreidimensionale Marken entwickelt wurde, die aus dem
Erscheinungsbild der Ware selbst bestehen, ebenfalls einschlägig ist, wenn die
angemeldete Marke, wie im vorliegenden Fall, eine Bildmarke ist, die aus der
zweidimensionalen Darstellung der Ware besteht. Denn auch in einem solchen Fall
besteht die Marke nicht aus einem Zeichen, das vom Erscheinungsbild der mit ihr
gekennzeichneten Waren unabhängig ist (vgl. in diesem Sinne Urteil des Gerichtshofs
vom 4. Oktober 2007, Henkel/HABM, C‑144/06 P, Slg. 2007, I‑8109, Randnr. 38). Die
Klägerin legt im Übrigen kein besonderes Gewicht auf die Einordnung des Zeichens als
Bild-, dreidimensionales oder anderes Zeichen.
18
Anhand dieser Erwägungen ist zu prüfen, ob die angemeldete Marke im vorliegenden
Fall eine Form ist, die für die fragliche Warengattung üblicherweise verwendet wird, oder
ob sie es erlaubt, die betriebliche Herkunft der Waren zu erkennen.
19
Die Klägerin wendet sich erstens gegen die Definition der maßgeblichen
Verkehrskreise durch die Beschwerdekammer, wonach die von der angemeldeten Marke
erfassten Waren gewöhnliche Verbrauchsgüter seien, die sich an die
Durchschnittsverbraucherinnen richteten.
20
Hierzu ist festzustellen, dass entgegen der Auffassung der Klägerin
Damenhygieneartikel und Menstruationstampons an Frauen gerichtete gewöhnliche
Verbrauchsgüter sind. Obwohl es sich bei den fraglichen Waren um solche der Klasse 5
handelt, ist bei keiner von ihnen für ihren Erwerb die Hilfe medizinischen Fachpersonals
erforderlich. Auch wenn nämlich diese Waren, wie die Klägerin vorträgt, den Intimbereich
der Verbraucherinnen berühren, ist den Akten kein Anhaltspunkt dafür zu entnehmen,
dass sich die Verbraucherinnen über diese Waren mehr informieren als über andere
Drogerieartikel, die sie regelmäßig erwerben. Bei den angesprochenen Verkehrskreisen
handelt es sich somit um die durchschnittlich informierte und angemessen aufmerksame
und verständige Durchschnittsverbraucherin. Allerdings ist zu berücksichtigen, dass sich
der Durchschnittsverbraucherin nur selten die Möglichkeit bietet, verschiedene Zeichen
unmittelbar miteinander zu vergleichen, sondern dass sie sich auf das im Gedächtnis
behaltene unvollkommene Bild verlassen muss (vgl. in diesem Sinne Urteil des
Gerichtshofs vom 22. Juni 1999, Lloyd Schuhfabrik Meyer, C‑342/97, Slg. 1999, I‑3819,
Randnr. 26).
21
Zweitens ist festzustellen, dass die angemeldete Marke nur eine Variante der üblichen
Formen der fraglichen Waren ist. Wie das HABM zutreffend geltend macht, hat der mit
der angemeldeten Marke dargestellte Menstruationstampon die marktübliche, durch
seine Funktion vorgegebene Form. Der Tampon ist mit Strichen unterschiedlicher Breite
gezeichnet, die seinen leicht konkaven Boden, seine Längsrillen und den
parabelförmigen Tamponkopf darstellen. Daher hat die Beschwerdekammer zu Recht
den Schluss gezogen, dass die angemeldete Marke eine Bildmarke sei, bei der es sich
um die Darstellung eines Menstruationstampons einschließlich der Darstellung der
Wirkweise in seinem Inneren handele.
22
Die verschiedenen Elemente, auf die die Klägerin verweist, um darzutun, dass sich
dieses Zeichen von den übrigen Tamponmodellen auf dem Markt unterscheide, sind rein
technischer und funktioneller Natur. Das Argument der Klägerin, dass sich das fragliche
Zeichen aus den überlagerten Elementen eines „grafisch durch Rahmenlinien
dargestellte[n] Tampon[s], räumlich gezeichnet“, einer „Querschnittsansicht und damit
[des Inneren] des Tampons“ und eines „sich ins Innere des Tampons in vier Richtungen
verjüngenden Pfeil[s], der die Wirkweise des Produktes als deren charakteristische
Eigenschaft darstellt“, zusammensetze, belegt nämlich, dass die Klägerin selbst das
Zeichen als die grafische Darstellung der Ware und ihrer Wirkweise ansieht. Hinsichtlich
dieses letztgenannten Elements widerspricht sich die Klägerin, wenn sie einerseits
vorträgt, der Pfeil sei „willkürlich gesetzt“, aber andererseits behauptet, der Pfeil stelle
„die Wirkweise des Produktes als deren charakteristische Eigenschaft“ dar.
23
Daher hat die Beschwerdekammer zu Recht festgestellt, dass die
Durchschnittsverbraucherin das fragliche Zeichen als nichts anderes als eine
schematische Darstellung eines Menstruationstampons auffassen werde, dessen
Funktion es sei, Flüssigkeiten zu absorbieren, weil sie es nicht gewöhnt sei, aus der
Form dieser Waren auf ihre betriebliche Herkunft zu schließen, zumal die Form auch
immer gleich sei. Demnach beschränkt sich der Gesamteindruck des Zeichens auf die
Kombination seiner funktionellen Elemente.
24
Zu dem Argument der Klägerin, die angemeldete Marke bestehe nicht nur aus der
äußeren Form der Ware, ist festzustellen, dass die oben in Randnr. 21 angesprochene
Besonderheit, dass mehrere Aspekte der Ware dargestellt werden, kein hinreichendes
Gewicht hat, da sie es den maßgeblichen Verkehrskreisen nicht ermöglichen wird, die
Menstruationstampons der Klägerin unmittelbar und mit Gewissheit von denen anderer
betrieblicher Herkunft zu unterscheiden.
25
Dass die angemeldete Marke eine Variante der üblichen Formen dieser Warengattung
ist, schließt drittens nicht aus, dass sie einige ästhetische Besonderheiten aufweisen
kann, die geeignet sind, ihr einen neuen und individuellen Charakter zu verleihen, und
es somit erleichtern, sie im Gedächtnis zu behalten, ohne dass diese Besonderheiten
jedoch genügten, um die Waren der Klägerin von denen anderer Unternehmen eindeutig
zu unterscheiden. Im vorliegenden Fall reicht die Besonderheit, dass die Ware in
technischer Weise dargestellt wird, wodurch ein Verständnis ihrer innovativen Wirkweise
ermöglicht wird, nicht aus, um der Marke Unterscheidungskraft zu verleihen. Wie die
Beschwerdekammer in Randnr. 16 der angefochtenen Entscheidung festgestellt hat, ist
der Pfeil ein übliches Symbol für die Bewegbarkeit in eine bestimmte Richtung. Zudem
weisen weder die Form noch die Farbe des Pfeils ästhetische Besonderheiten auf. Wie
die Klägerin selbst vorträgt, weist das Zeichen daher in seiner Gesamtheit auf die
Wirkweise des Menstruationstampons hin, bei der die aufzunehmende Flüssigkeit nicht
in erster Linie in den oberen Bereich des Tampons eindringt, sondern in der vom Pfeil
angezeigten Richtung über einen Trichter am Tamponkopf in den im Tampon mittig
verlaufenden Kanal einfließt und gleichzeitig nach außen diffundiert.
26
Dabei wird die Fähigkeit der maßgeblichen Verkehrskreise, in der angemeldeten Marke
einen Hinweis auf die Herkunft der betreffenden Waren zu sehen, nicht dadurch
einen Hinweis auf die Herkunft der betreffenden Waren zu sehen, nicht dadurch
verstärkt, dass diese Verkehrskreise einen mittleren Aufmerksamkeitsgrad aufweisen.
27
Doch selbst wenn man unterstellt, dass die maßgeblichen Verkehrskreise mehr auf die
verschiedenen technischen Details der Ware achten, bedeutet das nicht automatisch,
dass sie diese so wahrnehmen, als hätten sie die Funktion einer Marke (vgl. Urteil des
Gerichts vom 17. Dezember 2008, Somm/HABM [Schatten spendende Abdeckung],
T‑351/07, nicht in der amtlichen Sammlung veröffentlicht, Randnr. 29 und die dort
angeführte Rechtsprechung).
28
Demnach kann die angemeldete Form, da sie sich nicht wesentlich von der üblichen
Form der fraglichen Waren unterscheidet, nicht die Hauptfunktion der Marke erfüllen,
nämlich auf die Herkunft der Ware hinzuweisen. Die Beschwerdekammer war daher zu
Recht der Meinung, dass der angemeldeten Marke von Haus aus jegliche
Unterscheidungskraft fehle.
29
Die Klägerin macht viertens geltend, dass die Beschwerdekammer zu Unrecht
angenommen habe, dass der Eintragung der Gemeinschaftsmarke Nr. 9216722 für die
Feststellung der Unterscheidungskraft der angemeldeten Marke keine Bedeutung
zukomme.
30
Insoweit ist zu beachten, dass das HABM verpflichtet ist, seine Befugnisse im Einklang
mit den allgemeinen Grundsätzen des Unionsrechts auszuüben. Zwar muss das HABM
nach den Grundsätzen der Gleichbehandlung und der ordnungsgemäßen Verwaltung
die zu ähnlichen Anmeldungen ergangenen Entscheidungen berücksichtigen und
besonderes Augenmerk auf die Frage richten, ob im gleichen Sinne zu entscheiden ist
oder nicht, doch ist die Anwendung dieser Grundsätze mit dem Gebot rechtmäßigen
Handelns in Einklang zu bringen. Im Übrigen muss aus Gründen der Rechtssicherheit
und gerade auch der ordnungsgemäßen Verwaltung die Prüfung jeder Anmeldung
streng und umfassend sein, um eine ungerechtfertigte Eintragung von Marken zu
verhindern. Daher muss eine solche Prüfung in jedem Einzelfall erfolgen. Die Eintragung
eines Zeichens als Marke hängt nämlich von besonderen, im Rahmen der tatsächlichen
Umstände des Einzelfalls anwendbaren Kriterien ab, anhand deren ermittelt werden soll,
ob das fragliche Zeichen nicht unter ein Eintragungshindernis fällt (vgl. in diesem Sinne
Urteil des Gerichtshofs vom 10. März 2011, Agencja Wydawnicza Technopol/HABM,
C‑51/10 P, Slg. 2011, I‑1541, Randnrn. 73 bis 77).
31
Im vorliegenden Fall hat die Beschwerdekammer in Randnr. 19 der angefochtenen
Entscheidung die Auffassung vertreten, dass die von der Klägerin angeführte
Gemeinschaftsmarke Nr. 9216722 für die Feststellung der Unterscheidungskraft des
fraglichen Zeichens unerheblich sei. Jede Anmeldung müsse aufgrund der konkreten
Umstände des Einzelfalls und nicht unter Bezugnahme auf andere Fälle ausschließlich
in Übereinstimmung mit den Bestimmungen der Verordnung Nr. 207/2009 gewürdigt
werden. Auch sei diese andere Marke nicht Gegenstand des laufenden Verfahrens.
32
Es ist festzustellen, dass die Gemeinschaftsmarke Nr. 9216722, deren
Eintragungsurkunde der Klageschrift in Kopie als Anhang A 5 beigefügt ist, eine
zweidimensionale Bildmarke eines Menstruationstampons ist, die der angemeldeten
Marke sehr ähnelt. Der Hauptunterschied zwischen diesen beiden Marken liegt darin,
dass der Pfeil, der in das Innere des Tampons zeigt, in der Gemeinschaftsmarke Nr.
9216722 in drei unterschiedliche Richtungen weist statt in vier wie bei der angemeldeten
Marke. Die Gemeinschaftsmarke Nr. 9216722 wurde zudem für mehrere Waren der
Klasse 5 des Abkommens von Nizza, darunter die fraglichen Waren, eingetragen.
33
Nach der oben in Randnr. 30 angeführten Rechtsprechung musste die
Beschwerdekammer des HABM die von der Klägerin angeführte Gemeinschaftsmarke
berücksichtigen. Aus der obigen Randnr. 31 geht hervor, dass die Beschwerdekammer
diese Marke geprüft hat, wenngleich der angefochtenen Entscheidung nicht zu
entnehmen ist, dass sie ihr die besondere Aufmerksamkeit gewidmet hat, die nach dem
Urteil Agencja Wydawnicza Technopol (siehe oben, Randnr. 30) erforderlich ist. Die
Beschwerdekammer hat sich nämlich in Randnr. 19 der angefochtenen Entscheidung
auf die Feststellung beschränkt, dass die ältere Marke für die Eintragung der
angemeldeten Marke unerheblich sei, ohne dies in irgendeiner Form sachdienlich zu
erläutern. Wie sich aus dem genannten Urteil ergibt, hat die Beschwerdekammer
außerdem zu Unrecht angenommen, dass Entscheidungen zu ähnlichen Anmeldungen
im Rahmen ihrer Prüfung der vorliegenden Rechtssache nicht zu berücksichtigen seien.
Es ist festzustellen, dass die Beschwerdekammer dadurch gegen ihre Pflichten
verstoßen hat, dass sie im Rahmen der Prüfung der fraglichen Anmeldung die bereits zu
ähnlichen Anmeldungen ergangenen Entscheidungen, insbesondere die Entscheidung
über die für die gleichen Waren eingetragene und der angemeldeten Marke sehr
ähnlichen Gemeinschaftsmarke Nr. 9216722, nicht berücksichtigt hat und kein
besonderes Augenmerk auf die Frage gerichtet hat, ob im gleichen Sinne zu entscheiden
war oder nicht.
34
Da jedoch die Beschwerdekammer unter den Umständen des vorliegenden Falles in
Randnr. 18 der angefochtenen Entscheidung die Unterscheidungskraft der
angemeldeten Marke zu Recht verneint hat, hat sie diese Marke nach den oben in
Randnr. 30 angeführten Grundsätzen zu Recht von der Eintragung ausgeschlossen.
Dass sie ihre Pflicht verletzt hat, im Rahmen der Prüfung der betreffenden Anmeldung
die bereits zu ähnlichen Anmeldungen ergangenen Entscheidungen, insbesondere die
Entscheidung über die Gemeinschaftsmarke Nr. 9216722, zu berücksichtigen, hat daher
auf die Begründetheit der angefochtenen Entscheidung keine Auswirkung.
35
Nach alledem ist die Klage abzuweisen.
Kosten
36
Nach Art. 87 § 2 der Verfahrensordnung des Gerichts ist die unterliegende Partei auf
Antrag zur Tragung der Kosten zu verurteilen. Da die Klägerin mit ihrem Vorbringen
unterlegen ist, sind ihr gemäß dem Antrag des HABM dessen Kosten aufzuerlegen.
Aus diesen Gründen hat
DAS GERICHT (Fünfte Kammer)
für Recht erkannt und entschieden:
1. Die Klage wird abgewiesen.
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Die „Rauscher“ Consumer Products GmbH trägt die Kosten.
Papasavvas
Vadapalas
O’Higgins
Verkündet in öffentlicher Sitzung in Luxemburg am 12. September 2013.
Unterschriften
Verfahrenssprache: Deutsch.