Urteil des EuG vom 22.03.2011

Ara, Essential Facilities, Sammlung, Auflage

URTEIL DES GERICHTS (Zweite Kammer)
22. März 2011
)
„Wettbewerb – Kartelle – Sammel- und Verwertungssystem für gebrauchte
Verpackungen in Österreich – Sammel- und Sortiervereinbarungen, die
Ausschließlichkeitsbindungen enthalten – Einzelfreistellung – Auflagen – Grundsatz der
Verhältnismäßigkeit“
In der Rechtssache T‑419/03
Altstoff Recycling Austria AG,
Verpackungsverwertungs-Gesellschaft mbH, mit Sitz in Wien (Österreich),
Prozessbevollmächtigter: Rechtsanwalt H. Wollmann,
Klägerin,
gegen
Europäische Kommission,
H. Gading und schließlich durch W. Mölls und R. Sauer als Bevollmächtigte,
Beklagte,
unterstützt durch
EVA Erfassen und Verwerten von Altstoffen GmbH
Prozessbevollmächtigte: Rechtsanwälte A. Reidlinger und I. Hartung,
und durch
Bundeskammer
für
Arbeiter
und
Angestellte
mit
Sitz
in
Wien,
Prozessbevollmächtigte: Rechtsanwältin K. Wessely,
Streithelferinnen,
wegen Nichtigerklärung der Art. 2 und 3 der Entscheidung 2004/208/EG der Kommission
vom 16. Oktober 2003 in einem Verfahren nach Artikel 81 [EG] und Artikel 53 EWR-
Abkommen (Sachen COMP D3/35470 – ARA und COMP D3/35473 – ARGEV, ARO)
(ABl. 2004, L 75, S. 59)
erlässt
DAS GERICHT (Zweite Kammer)
unter Mitwirkung der Präsidentin I. Pelikánová, der Richterin K. Jürimäe und des Richters
S. Soldevila Fragoso (Berichterstatter),
Kanzler: K. Andová,
aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 15. Juni
2010
folgendes
Urteil
Vorgeschichte des Rechtsstreits
1
Die Altstoff Recycling Austria AG (ARA) ist eine privatwirtschaftlich geführte
Aktiengesellschaft, die 1993 gegründet wurde und deren Eigentümer und Alleinaktionär
der Altstoff Recycling Austria Verein (ARA-Verein) ist. Der ARA-Verein setzt sich aus
Unternehmen der Bereiche Verpackungswirtschaft, Abfüller, Abpacker und Handel
zusammen.
2
Die ARA organisiert in Österreich ein flächendeckendes Sammel- und
Verwertungssystem für Verpackungen. Im streitgegenständlichen Zeitraum schloss sie
im Rahmen dieses Systems Abfallentsorgungsverträge mit wirtschaftlich selbständigen
Branchenrecyclinggesellschaften (BRG), mit denen ihnen die Organisation der
Sammlung, der Sortierung, des Transports und der Verwertung der Verpackungen
übertragen wurde. Jede BRG war für bestimmte Packstoffe oder Packstoffgruppen
zuständig. Sie schlossen ihrerseits Dienstleistungsverträge mit Regionalpartnern, d. h.
mit Unternehmen oder Gebietskörperschaften, die die tatsächliche Sammlung und
Sortierung, den Transport und die Verwertung der Verpackungen übernahmen (im
Folgenden: Partnervereinbarungen). Gemeinsam bildeten die ARA und die BRG das
„ARA-System“.
3
Dem ARA-System angegliedert waren zur streitgegenständlichen Zeit acht BRG, und
zwar die für die Sammlung, Sortierung und Konditionierung von Verpackungen aus
Metall (Ferro-Metalle, Aluminium) und Leichtverpackungen (Holz, Keramik, Kunststoff,
Materialverbunde, textile Faserstoffe) zuständige ARGEV Verpackungsverwertungs-
Gesellschaft mbH (ARGEV), die für die Verwertung von Kunststoff- und
Textilverpackungen zuständige Österreichischer Kunststoff Kreislauf AG (ÖKK), die für
die Verwertung der von der ARGEV gesammelten Aluminiumverpackungen zuständige
Aluminium-Recycling GmbH (Alurec), die für die Verwertung von Verpackungen aus
Materialverbunden mit Ausnahme von Getränkeverbundkartons zuständige
Arbeitsgemeinschaft Verbundmaterialien GmbH, der für die Verwertung und teilweise
auch die Sammlung von Verpackungen aus Holz zuständige Verein für Holzpackmittel
(VHP), die für die Verwertung der von der ARGEV gesammelten Verpackungen aus
Ferro-Metallen zuständige Ferropack Recycling GmbH (im Folgenden: Ferropack), die
für die Sammlung und Verwertung von Verpackungen aus Papier, Karton, Pappe und
Wellpappe zuständige Altpapier-Recycling-Organisationsgesellschaft mbH (ARO) und
schließlich die für die Sammlung und Verwertung von Verpackungen aus Glas
zuständige Austria Glas Recycling GmbH (AGR). Am 14. September 2009 übernahm die
zuständige Austria Glas Recycling GmbH (AGR). Am 14. September 2009 übernahm die
ARA die ARGEV und die übrigen BRG des ARA-Systems mit Ausnahme der AGR.
4
Zum streitgegenständlichen Zeitpunkt verwaltete die ARGEV drei Sammelsysteme, und
zwar ein Haushaltssystem für Leichtverpackungen, ein Haushaltssystem für
Metallverpackungen und ein Gewerbesystem für Leicht- und Metallverpackungen.
Gesellschafter der ARGEV waren zu dieser Zeit die ARA mit einer Beteiligung von 11 %
und der ARGEV-Verein, der etwa 100 Mitglieder hatte, darunter Hersteller und
Importeure, Handelsunternehmen, Unternehmen der Verpackungswirtschaft sowie
Entsorgungs- und Verwertungsunternehmen.
5
Die ARA bietet ihre Dienstleistungen allen österreichischen und ausländischen
Unternehmen an, die von der am 1. Dezember 1996 in Kraft getretenen Verordnung des
österreichischen Bundesministers für Umwelt, Jugend und Familie über die Vermeidung
und Verwertung von Verpackungsabfällen und bestimmten Warenresten und die
Einrichtung von Sammel- und Verwertungssystemen (BGBl. 648/1996, im Folgenden:
VerpackVO) unmittelbar betroffen sind. Die Verordnung gründet auf dem
österreichischen Abfallwirtschaftsgesetz (BGBl. 434/1996) in geänderter Fassung (BGBl.
102/2002) (im Folgenden: AWG) und dient zur Umsetzung der Richtlinie 94/62/EG des
Europäischen Parlaments und des Rates vom 20. Dezember 1994 über Verpackungen
und Verpackungsabfälle (ABl. L 365, S. 10). Darüber hinaus nimmt die ARA die Rechte
der Lizenzpartner gegenüber den BRG als Treuhänderin wahr.
6
Am 24. März 1994 legte die Bundeskammer für Arbeiter und Angestellte (BAA) bei der
Überwachungsbehörde der Europäischen Freihandelsassoziation (im Folgenden: EFTA-
Behörde) Beschwerde gegen das ARA-System ein. Diese Beschwerde wurde sodann
an die Europäische Kommission weitergeleitet.
7
Am 30. Juni 1994 meldeten die ARA und die ARGEV einige Vereinbarungen bei der
EFTA-Behörde an und beantragten die Erteilung eines Negativattests oder
gegebenenfalls den Erlass einer Gruppenfreistellungsentscheidung. Mit Schreiben vom
21. März 1995 wurde die Zuständigkeit für die Prüfung der angemeldeten
Vereinbarungen auf die Kommission übertragen.
8
Am 8. Mai 1996 legten die FRS Folien-Rücknahme-Service GmbH & Co. KG (im
Folgenden: FRS) und die Raiffeisen Umweltgesellschaft mbH bei der Kommission eine
Beschwerde wegen der geplanten Gründung eines Gemeinschaftsunternehmens zum
Aufbau eines Sammel- und Verwertungssystems für Verpackungen ein. Diese
Beschwerde wurde von den Beschwerdeführerinnen jedoch nicht weiterbetrieben.
9
Mit Schreiben vom 28. August 2001 meldete die ARA weitere Vereinbarungen bei der
Kommission an; darüber hinaus beantragte sie zusammen mit der ARGEV die
Zusammenlegung ihrer Anmeldeverfahren, um ein Negativattest oder gegebenenfalls
eine Freistellungsentscheidung nach Art. 81 Abs. 3 EG zu erlangen. Zugleich teilte die
ARO mit, dass sie der bestehenden Anmeldung als Anmelderin beitrete. Dieses
Verfahren betraf Vereinbarungen, die sämtlich der Funktionsweise des ARA-Systems
zugrunde liegen, und zwar
– die Entpflichtungs- und Lizenzvereinbarungen zwischen der ARA und den aus der
– die Entpflichtungs- und Lizenzvereinbarungen zwischen der ARA und den aus der
VerpackVO verpflichteten Unternehmen (ohne Tarifblatt);
– den Entsorgungsvertrag zwischen der ARA und der ARGEV als Muster der
Entsorgungsverträge, die zwischen der ARA und den anderen BRG
(Arbeitsgemeinschaft Verbundmaterialien GmbH, ARO, AGR, Alurec, VHP,
Ferropack und ÖKK) geschlossen wurden;
– den Entsorgungs- bzw. Kooperationsvertrag zwischen der ARGEV und der ÖKK
sowie zwischen der ARGEV und der Alurec als Muster der von der ARGEV mit
ÖKK, Alurec, Ferropack und VHP geschlossenen Verträge;
– die von der ARGEV und der ARO mit ihren jeweiligen Regionalpartnern
geschlossenen Verträge.
10
Mit Schreiben vom 19. Februar 1996 und vom 22. März 2002 nahm die BAA unter
Bezugnahme auf die Beschwerde, die sie am 24. März 1994 bei der EFTA-Behörde
eingereicht hatte, gegenüber der Kommission Stellung zum ARA-System. Die EVA
Erfassen und Verwerten von Altstoffen GmbH (EVA) reichte mit Schreiben vom 27. April
2000 ebenfalls eine Beschwerde gegen die Gesellschaften des ARA-Systems ein, mit
der die von der FRS und der Raiffeisen Umweltgesellschaft ursprünglich am 8. Mai 1996
eingereichte Beschwerde wieder aufgenommen und ergänzt wurde.
11
Am 24. Juli 2002 beschloss die Kommission, in der vorliegenden Sache ein Verfahren
einzuleiten.
12
Durch Mitteilung vom 19. Oktober 2002 (ABl. C 252, S. 2) gab die Kommission
betroffenen Dritten nach Art. 19 Abs. 3 der geänderten Fassung der Verordnung Nr. 17
des Rates vom 6. Februar 1962, Erste Durchführungsverordnung zu den Artikeln [81 EG]
und [82 EG] (ABl. 1962, Nr. 13, S. 204), Gelegenheit, ihren Standpunkt mitzuteilen.
13
Im Anschluss an die Ausführungen der Kommission in der genannten Mitteilung
erteilten die ARA und die ARGEV vier Zusagen, von denen folgende hervorzuheben
sind:
– Zusage Nr. 1: Die ARGEV und die ARO verzichten ab dem 29. November 2000 auf
die
Anwendung
der
mit
den
Sammelunternehmen
vereinbarten
Meistbegünstigungsklauseln.
– Zusage Nr. 3: Die ARGEV hindert die Regionalpartner weder daran, für
Wettbewerber des ARA-Systems tätig zu werden, noch daran, mit ihnen Verträge
über die Mitbenutzung von Behältern oder sonstigen Einrichtungen zur Sammlung
und/oder Sortierung gebrauchter Verpackungen aus Haushalten abzuschließen
und zu erfüllen. Gleichwohl schränkt diese Zusage das Recht der ARGEV nicht ein,
ihre vertraglichen Gestaltungsmöglichkeiten für das mitbenutzte Sammel- und
Verwertungssystem durchzusetzen und alle erforderlichen Maßnahmen zu treffen,
um ihre Verpflichtungen nach dem AWG und der Genehmigungsentscheidung
erfüllen zu können.
– Zusage Nr. 4: Die ARGEV und die ARO werden ihre Verträge mit den
– Zusage Nr. 4: Die ARGEV und die ARO werden ihre Verträge mit den
Regionalpartnern zum Ablauf einer Vertragsdauer von drei Jahren kündigen, sofern
sich die Vertragsparteien nicht einvernehmlich auf eine Verlängerung des
Vertragsverhältnisses um höchstens zwei Jahre einigen. Spätestens nach Ablauf
einer Vertragsdauer von fünf Jahren werden die ARGEV und die ARO die
Leistungsverträge erneut in einem wettbewerblichen, transparenten und objektiven
Verfahren (Ausschreibungen aller Art, Angebotseinholung etc.) vergeben.
14
Am 16. Oktober 2003 erließ die Kommission die Entscheidung 2004/208/EG in einem
Verfahren nach Artikel 81 [EG] und Artikel 53 EWR-Abkommen (Sachen COMP
D3/35470 – ARA, COMP D3/35473 – ARGEV, ARO) (ABl. 2004, L 75, S. 59, im
Folgenden: angefochtene Entscheidung).
15
Im Rahmen der Anwendung von Art. 81 Abs. 1 EG wurden in der angefochtenen
Entscheidung die verschiedenen relevanten Märkte ermittelt. Zunächst wird der Markt,
auf dem die Sammelsysteme und Selbstentsorger- und ‑verwerterlösungen tätig sind, als
„Systemmarkt“ bezeichnet. Die Sammelsysteme zielten auf die durch die VerpackVO
verpflichteten Unternehmen ab und entlasteten sie durch die Einrichtung eines
gemeinsamen Sammel- und Verwertungsdienstes von diesen Pflichten. Die
Selbstentsorgerlösungen stellten individuelle Sammel- und Verwertungsdienste für
Unternehmen bereit, die sich nicht den bestehenden Sammelsystemen anschließen
wollten. Angesichts der Verpflichtungen aus der VerpackVO sei der relevante Markt auf
Verpackungsabfälle beschränkt.
16
In der angefochtenen Entscheidung heißt es, da die Leistungen nicht funktionell
austauschbar seien, müsse innerhalb der Systemmärkte zwischen dem Markt der
Systeme zur Entsorgung von Haushaltsverpackungen und dem Markt der Systeme für
Verpackungen aus dem Bereich des Großgewerbes und der Industrie unterschieden
werden.
17
Da die BRG die Entsorgung gebrauchter Verpackungen nicht selbst vornehmen, wird in
der angefochtenen Entscheidung eine zweite Ebene von Märkten behandelt, und zwar
die Märkte für die Sammlung und Sortierung gebrauchter Verpackungen, auf denen die
BRG als Nachfrager von Sammel- und Sortierleistungen aufträten und die Unternehmen
und kommunalen Körperschaften als Anbieter dieser Leistungen. Da die fraglichen
Leistungen nicht funktionell austauschbar seien, müsse anhand des Orts, an dem die
Abfälle anfielen, zwischen den Märkten für die Sammlung und Sortierung gebrauchter
Haushaltsverpackungen einerseits und gebrauchter Verpackungen aus dem Bereich der
Industrie andererseits unterschieden werden. Desgleichen könnten im Haushaltsbereich
anhand der Besonderheiten bestimmter Materialien drei Märkte unterschieden werden,
und zwar der Markt für die Sammlung von Altpapier, der Markt für die Sammlung von
Altglas und der Markt für die Sammlung und Sortierung von Leichtverpackungen.
18
Schließlich wird in der angefochtenen Entscheidung zwischen dem Markt für die
Sammlung und Sortierung und dem Markt für Dienste zur Verwertung der gesammelten
Materialien und für Sekundärrohstoffe unterschieden, da es sich bei der Organisation der
Verwertung gesammelter Materialien und dem Angebot von Sekundärrohstoffen um
verschiedene Ebenen desselben Produktmarkts handele. Es gebe ebenso viele Märkte
für Verwertungsdienste und Sekundärrohstoffe wie Materialkategorien. Zudem könne
für Verwertungsdienste und Sekundärrohstoffe wie Materialkategorien. Zudem könne
innerhalb derselben Materialkategorie keine Differenzierung zwischen Haushalts- und
Industrieverpackungen vorgenommen werden.
19
In geografischer Hinsicht sei für den Systemmarkt und den Sammlungs- und
Sortierungsmarkt das Gebiet Österreichs zugrunde zu legen. Dagegen sei hinsichtlich
der Märkte für Verwertungsdienste und für Sekundärrohstoffe auf das Gebiet des
Europäischen Wirtschaftsraums (EWR) abzustellen.
20
Nach der Definition der relevanten Märkte prüfte die Kommission die
Partnervereinbarungen und kam zu dem Ergebnis, dass sie zum einen auf den Märkten
für die Sammlung und Sortierung von Haushaltsverpackungen, mit Ausnahme des
Vertrags zwischen ARO und den Gebietskörperschaften, und zum anderen auf den
Märkten für die Sammlung und Sortierung gewerblicher Verpackungen zu einer
spürbaren Beschränkung des Wettbewerbs im Sinne von Art. 81 Abs. 1 EG führten.
Diese Beschränkung rühre daher, dass es eine territoriale Ausschließlichkeitsbindung
zugunsten jedes Regionalpartners der ARGEV oder der ARO gebe. Angesichts der
überragenden Stellung der ARGEV und der ARO auf dem Nachfragemarkt während der
Laufzeit der Verträge würden nämlich allen übrigen Anbietern von Sammel- und
Sortierdiensten für Haushaltsverpackungen und gewerbliche Verpackungen der Zutritt zu
bedeutenden Märkten oder nicht unbedeutende Absatzmöglichkeiten entzogen.
21
Bezüglich der Haushaltsverpackungen sei die festgestellte Beschränkung spürbar im
Sinne von Art. 81 Abs. 1 EG. Da die ARGEV zur maßgeblichen Zeit der wichtigste
Nachfrager nach Sammel- und Sortierleistungen gewesen sei, habe das Netz der
Leistungsverträge, die eine Ausschließlichkeitsbindung enthalten hätten, auf dem
gesamten geografischen Markt zur kumulativen Wirkung der Schließung des Markts für
ausgeschlossene Sammel- und Sortierunternehmen geführt. Auf der Angebotsseite
stünden der Errichtung einer zweiten Erfassungsinfrastruktur raumökonomische und
entsorgungslogistische Gründe entgegen. Daher sei die Annahme realistisch, dass jedes
mit dem ARA-System konkurrierende Sammelsystem mit den Regionalpartnern des
ARA-Systems zusammenarbeiten müsste, so dass es unwahrscheinlich sei, dass sich
die ausgeschlossenen Sammel- und Sortierunternehmen auf dem Markt ansiedeln
könnten. Infolgedessen seien wichtige Absatzmärkte für einen Zeitraum von bis zu fünf
Jahren, der maximalen Laufzeit der Verträge, verschlossen.
22
Zu den gewerblichen Verpackungen wird in der angefochtenen Entscheidung
festgestellt, dass die ARGEV und die ARO dort zur maßgebenden Zeit nicht die
Hauptnachfrager nach Sammel- und Sortierleistungen gewesen seien. In diesem
Bereich gebe es auf dem Nachfragemarkt nach Entsorgungsleistungen andere Systeme,
und die Entsorgungsunternehmen könnten ihre Dienste auch Großanfallstellen anbieten.
Gleichwohl seien die konkurrierenden Systeme und die Großanfallstellen in ihrer
wirtschaftlichen Bedeutung nicht mit dem ARA-System vergleichbar, und die in diesem
Zusammenhang festgestellte Beschränkung habe den ausgeschlossenen Unternehmen
während der Laufzeit der Verträge nicht unbedeutende Absatzmärkte entzogen und sich
folglich spürbar auf den Wettbewerb ausgewirkt.
23
Die Ausschließlichkeitsbindung in den Leistungsverträgen sei allerdings für das
Funktionieren und die Einrichtung der Sammel- und Sortierinfrastrukturen erforderlich
Funktionieren und die Einrichtung der Sammel- und Sortierinfrastrukturen erforderlich
gewesen, die erhebliche Investitionen der Regionalpartner erfordert und die unmittelbare
Umsetzung umweltpolitischer Vorgaben ermöglicht hätten. Zudem habe die
Beauftragung eines einzigen Unternehmens mit der gesamten Sammlung innerhalb
eines Gebiets für maximal fünf Jahre den Parteien erlaubt, zum einen die zu
erbringenden Leistungen langfristig zu planen und zu organisieren und zum anderen
Größen- und Verbundvorteile zu realisieren, was zu Effizienzgewinnen geführt habe. Die
Exklusivbindung zugunsten der Regionalpartner habe folglich zur Verbesserung der
Warenerzeugung und zur Förderung des technischen oder wirtschaftlichen Fortschritts
beigetragen und sei den Verbrauchern zugutegekommen, die im Sinne von Art. 81
Abs. 3 EG am entstehenden Gewinn angemessen beteiligt worden seien. Ferner habe
sich eine Ausschließlichkeitsbindung von mindestens drei Jahren aus wirtschaftlichen
Gründen als unerlässlich erwiesen, um eine dauerhafte und zuverlässige Erbringung der
Sammel- und Sortierleistungen zu gewährleisten und sicherzustellen, dass die
Regionalpartner die für die Umsetzung der Sammel- und Sortiervereinbarungen
erforderlichen Investitionen tätigten.
24
In der angefochtenen Entscheidung heißt es, die festgestellte Beschränkung sei nicht
geeignet gewesen, den Wettbewerb auf den betreffenden Märkten auszuschalten. Zu
den Sammel- und Sortierdiensten bei Haushaltsabfällen führte die Kommission jedoch
ergänzend Folgendes aus.
25
Erstens gewährleiste im Bereich der Sammlung von Haushaltsabfällen die Tatsache,
dass nach spätestens fünf Jahren eine Ausschreibung zum Abschluss neuer
Leistungsverträge durchgeführt werde, einen freien Wettbewerb um die
Entsorgungsgebiete. In der Praxis sei es indes aufgrund von Platzmangel, rechtlicher
Probleme in Zusammenhang mit dem Umwelt- und Landschaftsschutz und der
Entsorgungstraditionen der Verbraucher nicht möglich, eine zweite Sammelinfrastruktur
für
Haushaltsabfälle
einzurichten.
In
Anbetracht
dieser
besonderen
Angebotsbedingungen auf dem relevanten Markt seien die haushaltsnah aufgestellten
Behältnisse für gebrauchte Verpackungen ein Element, hinsichtlich dessen jeder
Wettbewerb unmöglich sei.
26
Nach alledem sei ein freier und ungehinderter Zugang zu der bereitgestellten
Erfassungsinfrastruktur eine unabdingbare Voraussetzung für die Intensivierung des
Nachfragewettbewerbs sowohl im Bereich der Sammeldienstleistungen bei
Haushaltsverpackungen als auch auf dem vertikal vorgelagerten Markt für die
Organisation der Rücknahme und Verwertung beim privaten Endverbraucher anfallender
gebrauchter Verpackungen gewesen. Demnach sei ein Nachfragewettbewerb bei
Sammeldienstleistungen nur dann möglich, wenn die ARGEV den Regionalpartnern
nicht verbiete, mit Wettbewerbern des ARA-Systems Verträge über die Mitbenutzung der
Erfassungsbehälter abzuschließen.
27
In der Zusage Nr. 3 wolle die ARGEV diese Mitbenutzung aber an erhebliche
Einschränkungen knüpfen. Daher habe die Kommission bestimmte Auflagen für
notwendig erachtet, um sicherzustellen, dass die Freistellungsvoraussetzungen von
Art. 81 Abs. 3 EG erfüllt würden. Zum einen habe die ARGEV die Entsorger nicht daran
hindern dürfen, mit Wettbewerbern der ARA und der ARGEV Verträge über die
hindern dürfen, mit Wettbewerbern der ARA und der ARGEV Verträge über die
Mitbenutzung von Behältern oder sonstigen Einrichtungen zum Sammeln und Sortieren
gebrauchter Verkaufsverpackungen abzuschließen und zu erfüllen. Ferner habe die
ARGEV, um zu verhindern, dass sie die Gesamtmenge der gesammelten Verpackungen
an sich binde und so die Erfüllung der vorgeschriebenen Quoten durch die Wettbewerber
unmöglich mache, von den Regionalpartnern nur Nachweise über die
Verpackungsmengen verlangen dürfen, die dem Anteil des ARA-Systems an den
insgesamt durch die verschiedenen Sammelsysteme lizenzierten Verpackungsmengen
entsprochen hätten. Diese zweite Auflage habe sich auf alle Entsorgungsunternehmen
bezogen, mit denen die ARGEV eine Sammelpartnervereinbarung abgeschlossen habe;
sie habe gegolten, soweit ein konkurrierendes System eine Mitbenutzung in der
betreffenden Sammelregion beantragt habe, und ab dem Zeitpunkt, zu dem dem
fraglichen System die Zusage erteilt worden sei.
28
Zweitens habe bei der Sortierung von Haushaltsabfällen die Trennung der
Verpackungen nach Wertstoffen technisch anspruchsvolle Verfahren und Investitionen
erfordert, die nur begrenzt für andere Sortiervorgänge nutzbar gemacht werden könnten.
Die hohen Investitionen für neue Sortiereinrichtungen stellten für Wettbewerber des
ARA-Systems eine nicht unerhebliche Marktzutrittsschranke dar.
29
Die ARGEV habe zwar erklärt, dass die Entsorger nicht daran gehindert seien, die
Sortiereinrichtungen konkurrierenden Systemen zur Verfügung zu stellen, habe aber die
Mitbenutzung in der Zusage Nr. 3 an erhebliche Einschränkungen geknüpft. Angesichts
der Bedeutung, die dem ungehinderten Zugang zu den Sortieranlagen für die Entfaltung
von Wettbewerb zukomme, sei es daher erforderlich gewesen, die Freistellung nach
Art. 81 Abs. 3 EG mit der Auflage zu verknüpfen, dass die ARGEV die Entsorger nicht
daran hindern dürfe, Verträge über eine Mitbenutzung von Sortieranlagen abzuschließen
und zu erfüllen.
30
Die angefochtene Entscheidung enthält u. a. folgende Bestimmungen:
„Artikel 2
Die Bestimmungen von Artikel 81 Absatz 1 [EG] und von Artikel 53 Absatz 1 EWR-
Abkommen werden gemäß Artikel 81 Absatz 3 [EG] und Artikel 53 Absatz 3 EWR-
Abkommen für nicht anwendbar erklärt auf individuelle Sammel- und Sortierverträge der
ARGEV und der ARO mit ihren jeweiligen regionalen Entsorgungspartnern, die eine
Ausschließlichkeitsbindung vorsehen und deren Laufzeit spätestens am 31. Dezember
2006 endet.
Die Freistellung gilt vom 30. Juni 1994 bis zum 31. Dezember 2006.
Artikel 3
Die Freistellung des Artikels 2 ist an folgende Auflagen gebunden:
a) [Die] ARGEV hindert die Entsorger nicht daran, mit Wettbewerbern des ARA-
Systems Verträge über die Mitbenutzung von Behältern oder sonstigen
Einrichtungen zum Sammeln und Sortieren gebrauchter, bei Haushalten
anfallender Verkaufsverpackungen abzuschließen und solche Verträge zu erfüllen.
anfallender Verkaufsverpackungen abzuschließen und solche Verträge zu erfüllen.
b) [Die] ARGEV darf von den Entsorgern nur den Nachweis der Verpackungsmengen
verlangen, die dem Anteil des ARA-Systems an den insgesamt durch Systeme im
Haushaltsbereich
für
bestimmte
Materialfraktionen
lizenzierten
Verpackungsmengen entsprechen. In diesem Fall kann [die] ARGEV das Entgelt
nach Ziffer 3.1.1 der Sammelpartnervereinbarung in dem in Satz 1 dieses Absatzes
genannten Verhältnis verringern. Für die Entgelte nach Ziffer 3.1.2 und 3.1.3 der
Sammelpartnervereinbarung sind die der ARGEV nachgewiesenen Mengen
maßgeblich. Diese Auflage bezieht sich auf alle Entsorger, mit denen [die] ARGEV
eine Sammelpartnervereinbarung abgeschlossen hat.“
Verfahren und Anträge der Verfahrensbeteiligten
31
Mit Klageschrift, die am 22. Dezember 2003 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangen
ist, haben die ARA und die ARGEV die vorliegende Klage erhoben.
32
Mit besonderem Schriftsatz, der am selben Tag bei der Kanzlei des Gerichts
eingegangen ist, haben die ARA und die ARGEV einen Antrag auf Aussetzung des
Vollzugs von Art. 3 Buchst. b der angefochtenen Entscheidung gestellt (Rechtssache
T‑419/03 R). Mit Schreiben vom 11. März 2004 haben sie diesen Antrag
zurückgenommen. Durch Beschluss des Präsidenten des Gerichts vom 26. März 2004 ist
die Rechtssache T‑419/03 R im Register des Gerichts gestrichen worden; die
Kostenentscheidung ist vorbehalten worden.
33
Mit Schriftsätzen, die am 19. Februar und am 23. April 2004 bei der Kanzlei des
Gerichts eingegangen sind, haben die EVA und die BAA beantragt, im vorliegenden
Verfahren als Streithelferinnen zur Unterstützung der Kommission zugelassen zu
werden. Mit Beschluss vom 20. Januar 2005 hat der Präsident der Ersten Kammer des
Gerichts diesen Anträgen stattgegeben. Die Streithelferinnen haben ihre Schriftsätze am
17. Mai 2005 eingereicht.
34
Am 16. September 2007 ist die Rechtssache im Anschluss an eine teilweise
Neubesetzung des Gerichts der Zweiten Kammer zugewiesen worden, und es ist ein
neuer Berichterstatter bestimmt worden.
35
Auf Bericht des Berichterstatters hat das Gericht (Zweite Kammer) am 8. Juli 2009
beschlossen, die mündliche Verhandlung zu eröffnen. Am 12. August 2009 ist der
Sitzungsbericht den Verfahrensbeteiligten zugestellt worden; die mündliche
Verhandlung ist auf den 29. September 2009 terminiert worden.
36
Am 14. September 2009 hat die ARA (im Folgenden: Klägerin) dem Gericht mitgeteilt,
dass sie die ARGEV und die übrigen BRG des ARA-Systems mit Ausnahme der AGR
übernommen habe.
37
Am 21. September 2009 hat die Klägerin beim Gericht einen Antrag auf Aussetzung des
Verfahrens gemäß Art. 77 der Verfahrensordnung des Gerichts gestellt. Durch Beschluss
vom 22. September 2009 hat das Gericht das Verfahren für einen Zeitraum von sechs
Monaten ausgesetzt.
38
Das Verfahren ist am 23. März 2010 wieder aufgenommen worden, und die mündliche
Verhandlung hat am 15. Juni 2010 stattgefunden.
39
Die Klägerin beantragt,
– die Art. 2 und 3 der angefochtenen Entscheidung für nichtig zu erklären;
– hilfsweise, Art. 3 der angefochtenen Entscheidung für nichtig zu erklären;
– der Kommission die Kosten aufzuerlegen.
40
Die Kommission, die EVA und die BAA beantragen,
– die Klage abzuweisen;
– der Klägerin die Kosten aufzuerlegen.
Rechtliche Würdigung
41
In der mündlichen Verhandlung hat die Kommission ihren Verzicht auf die Einrede der
Unzulässigkeit der von der ARA erhobenen Klage erklärt; dies ist im Sitzungsprotokoll
vermerkt worden.
42
Die Klägerin stützt ihre Klage auf sechs Gründe. Mit dem ersten Klagegrund wird die
Verletzung von Art. 81 EG und Art. 2 der Verordnung Nr. 17 gerügt. Der zweite
Klagegrund betrifft die Vereinbarkeit der Leistungsverträge mit den Voraussetzungen der
Verordnung (EG) Nr. 2790/1999 der Kommission vom 22. Dezember 1999 über die
Anwendung von Artikel 81 Absatz 3 [EG] auf Gruppen von vertikalen Vereinbarungen
und aufeinander abgestimmten Verhaltensweisen (ABl. L 336, S. 21). Mit dem dritten
Klagegrund wird geltend gemacht, dass die Art. 2 und 3 der angefochtenen
Entscheidung nicht den Anforderungen der „Essential-Facilities-Doktrin“ genügten. Der
vierte Klagegrund stützt sich darauf, dass die in der angefochtenen Entscheidung
enthaltenen Auflagen nicht durchführbar seien. Mit dem fünften Klagegrund wird gerügt,
dass die in der angefochtenen Entscheidung enthaltenen Auflagen unverhältnismäßig
seien, und der sechste Klagegrund geht dahin, dass Widersprüche zwischen dem
verfügenden Teil und den Gründen der angefochtenen Entscheidung bestünden.
43
Die Kommission ist zunächst der Ansicht, bei dem Vorbringen zur fehlenden
Verbindung zwischen der Wettbewerbsbeschränkung und den getroffenen Auflagen,
zum Recht der Klägerin, ihr System zu gestalten, und zur mangelnden Genauigkeit der
angefochtenen Entscheidung handele es sich um neue, in der Erwiderung vorgebrachte
Angriffsmittel, die daher unzulässig seien. Ferner ist sie der Ansicht, das Vorbringen der
Klägerin zur Kostenverteilung sei ein neues, in der mündlichen Verhandlung
vorgebrachtes Angriffsmittel und daher unzulässig.
44
Nach Art. 48 § 2 Abs. 1 der Verfahrensordnung können neue Angriffs- und
Verteidigungsmittel im Laufe des Verfahrens nicht mehr vorgebracht werden, es sei
denn, dass sie auf rechtliche oder tatsächliche Gründe gestützt werden, die erst während
des Verfahrens zutage getreten sind. Ein Angriffs- oder Verteidigungsmittel, das eine
des Verfahrens zutage getreten sind. Ein Angriffs- oder Verteidigungsmittel, das eine
Erweiterung eines bereits vorher – unmittelbar oder implizit – vorgetragenen Angriffs-
oder Verteidigungsmittels darstellt und einen engen Zusammenhang mit diesem
aufweist, ist jedoch zulässig (Urteile des Gerichts vom 10. April 2003, Travelex Global
and Financial Services und Interpayment Services/Kommission, T‑195/00, Slg. 2003,
II‑1677, Randnrn. 33 und 34, und vom 24. Mai 2007, Duales System
Deutschland/Kommission, T‑151/01, Slg. 2007, II‑1607, Randnr. 71).
45
Im vorliegenden Fall ist festzustellen, dass die als neu eingestuften Angriffsmittel eine
Erweiterung des Vorbringens darstellen, mit dem die Klägerin auf die Ausführungen
geantwortet hat, die die Kommission in ihrer Klagebeantwortung zum vierten, die
Erfüllbarkeit der Auflagen betreffenden Klagegrund, zum fünften, die Verhältnismäßigkeit
der Auflagen betreffenden Klagegrund und zum sechsten, die Existenz von
Widersprüchen zwischen dem verfügenden Teil und den Gründen der angefochtenen
Entscheidung betreffenden Klagegrund gemacht hat.
46
Daher ist die Rüge der Kommission, dass es sich um unzulässige neue Angriffsmittel
handele, zurückzuweisen.
Erster Klagegrund: Verstoß gegen Art. 81 EG und Art. 2 der Verordnung Nr. 17
Vorbringen der Parteien
47
Die Klägerin trägt vor, die Partnervereinbarungen enthielten keine Bestimmung, aus der
sich explizit oder implizit eine Ausschließlichkeitsbindung zu ihren Lasten ergebe.
Obwohl sie sich selbst beschränkt und entschieden habe, in jeder Sammelregion mit
einem einzigen Regionalpartner zusammenzuarbeiten, sei sie frei darin, in jedem
Vertragsgebiet andere Unternehmen mit dem Sammeln und/oder Sortieren von
Verpackungen
zu
beauftragen.
Die
gerügten
wettbewerbsbeschränkenden
Auswirkungen resultierten somit aus dem Bestehen eines Austauschvertrags, mit dem
ein privater oder kommerzieller Verbraucher seinen Bedarf decke, und fielen deshalb
nicht in den Geltungsbereich von Art. 81 Abs. 1 EG.
48
Die Selbstbeschränkung der Klägerin führe auch nicht dazu, dass nur ein einziger
Partner pro Sammelgebiet verbliebe, der im Rahmen eines alternativen Sammelsystems
tätig werden könnte. Die Auswahl an potenziellen Vertragspartnern werde in der Praxis
dadurch vergrößert, dass bei der Entsorgung gewerblicher Verpackungen der
Abfallerzeuger frei wählen könne, welches Entsorgungsunternehmen die Verpackungen
zu den Übernahmestellen des ARA-Systems transportiere. Dies bedeute, dass in den
verschiedenen Sammelregionen neben dem Regionalpartner der Klägerin für die
Haushaltssammlung noch eine Vielzahl weiterer Entsorgungsunternehmen tätig sei.
Zudem betrieben die AGR und die ARO zur Entsorgung von Haushaltsabfällen in jedem
Sammelgebiet Sammelsysteme, die sich oft anderer Regionalpartner bedienten. Daher
existierten keine „lokalen Entsorgermonopole“, so dass die Kommission diesen
Verträgen ein Negativattest nach Art. 2 der Verordnung Nr. 17 hätte erteilen müssen.
49
Die Kommission und die Streithelferinnen treten dem gesamten Vorbringen der Klägerin
entgegen.
Würdigung durch das Gericht
50
Die Klägerin führt aus, die Partnervereinbarungen enthielten keine Bestimmung, aus
der sich explizit oder implizit eine Ausschließlichkeitsbindung zu ihren Lasten ergebe.
Dieses Vorbringen ist zunächst zu prüfen.
51
Wie aus der Prüfung der Partnervereinbarungen hervorgeht, enthalten sie keine
förmliche territoriale Ausschließlichkeitsbindung zugunsten der Sammel- und/oder
Sortierpartner. Es gab nämlich keine Bestimmung, die die Klägerin verpflichtet hätte, sich
in jeder Region nur an einen einzigen Sammel- und/oder Sortierpartner zu binden. Das
Gericht hat daher zu prüfen, ob die Kommission unter den besonderen Umständen des
relevanten Markts hinreichend dargetan hat, dass diese für einen bestimmten Zeitraum
mit einem einzigen Sammel- und/oder Sortierpartner geschlossenen Verträge in
Wirklichkeit wie eine Ausschließlichkeitsbindung wirken, die zu einer
Wettbewerbsbeschränkung führt. Sodann ist gegebenenfalls zu prüfen, ob die
festgestellte Wettbewerbsbeschränkung bedeutsam genug ist, um einen Verstoß gegen
Art. 81 Abs. 1 EG darzustellen. Insoweit ist darauf hinzuweisen, dass sich nach der
Rechtsprechung die richterliche Kontrolle von Handlungen der Kommission, bei denen
komplexe wirtschaftliche Gegebenheiten zu würdigen sind, darauf beschränken muss,
ob die Verfahrensvorschriften und die Begründungspflicht eingehalten worden sind, ob
der Sachverhalt zutreffend festgestellt worden ist und ob kein offensichtlicher
Beurteilungsfehler und kein Ermessensmissbrauch vorliegen (vgl. Urteil des Gerichts
vom 23. Oktober 2003, Van den Bergh Foods/Kommission T‑65/98, Slg. 2003, II‑4653,
Randnr. 80 und die dort angeführte Rechtsprechung).
52
Die Prüfung dieser Vereinbarungen durch die Kommission ergab, dass sich die
Klägerin während eines Zeitraums von drei bis fünf Jahren nur an einen Sammel-
und/oder Sortierpartner je Sammelregion binden will (vgl. Randnrn. 95, 111 und 220 der
angefochtenen Entscheidung); dies erklärt die Klägerin damit, dass ihr Bedarf an den
fraglichen Leistungen durch einen einzigen Partner hinreichend gedeckt werde.
53
Aus den Partnervereinbarungen ergibt sich der Wille der Klägerin, während eines
Zeitraums von drei bis fünf Jahren nur einen Partner je Sammelregion mit der Erbringung
der Sammel- und Sortierleistungen bei Haushaltsverpackungen zu betrauen. Es gibt in
diesen Vereinbarungen keinen Anhaltspunkt dafür, dass die Klägerin während dieses
Zeitraums von der selbst auferlegten Beschränkung abgehen und andere Sammel- und
Sortierunternehmen auffordern könnte, ihr die genannten Leistungen in der fraglichen
Sammelregion ebenfalls zu erbringen, um z. B. eine Erhöhung der lizenzierten
Verpackungsmengen zu bewältigen.
54
Überdies lassen andere die Partnervereinbarungen betreffende Gesichtspunkte den
Schluss zu, dass die Beteiligung eines zusätzlichen Partners im fraglichen Gebiet
ausgeschlossen ist. So ist eine Änderung des Entgelts der Regionalpartner vorgesehen,
wenn das Sammelsystem oder der Mengenrahmen geändert wird, aber für den Fall des
Eintritts eines neuen Sammelpartners sind keine Vorkehrungen getroffen. Desgleichen
müssen sich die von den Unternehmen, die Vertragspartner werden wollen,
vorzulegenden Standardangebote stets auf die gesamte in Rede stehende
Sammelregion beziehen.
Sammelregion beziehen.
55
Aus dem Vorstehenden folgt, dass die ausgeschlossenen Unternehmen während der
Laufzeit der Vereinbarungen der Klägerin keine Angebote machen können (vgl.
Randnrn. 221 bis 223, 228 und 236 der angefochtenen Entscheidung). Folglich haben
die Partnervereinbarungen, auch wenn sie keine dahin gehende förmliche Klausel
enthalten,
dieselben
Wirkungen
wie
die
Aufnahme
einer
territorialen
Ausschließlichkeitsbindung zugunsten jedes Sammel- und/oder Sortierpartners. Das
Argument der Klägerin, es gebe keine Ausschließlichkeitspflicht, entbehrt daher der
Grundlage.
56
Was die Analyse der wettbewerbsbeschränkenden Wirkungen der
Partnervereinbarungen angeht, so darf das Gericht nach der Rechtsprechung, wenn es
die Stichhaltigkeit der Beurteilung des Vorliegens einer spürbaren Beschränkung des
Wettbewerbs im Sinne von Art. 81 Abs. 1 EG durch die Kommission prüft, nicht nur die
Wirkungen der Ausschließlichkeit für sich allein und lediglich unter Bezugnahme auf die
durch die Partnervereinbarungen in den verschiedenen Sammelregionen auferlegten
Beschränkungen betrachten (vgl. in diesem Sinne Urteil Van den Bergh
Foods/Kommission, Randnr. 82). In Bezug auf die Frage, ob die Partnervereinbarungen
der Klägerin unter das Verbot in Art. 81 Abs. 1 EG fallen, ist nämlich nach der
Rechtsprechung zu prüfen, ob sich aus der Gesamtheit aller auf dem relevanten Markt
bestehenden gleichartigen Vereinbarungen und aus den übrigen wirtschaftlichen und
rechtlichen Begleitumständen der fraglichen Vereinbarungen ergibt, dass sie die
kumulative Wirkung haben, neuen Wettbewerbern den Zugang zu diesem Markt zu
verschließen. Ergibt die Prüfung, dass dies nicht der Fall ist, dann können die einzelnen
Vereinbarungen, aus denen das Bündel der Vereinbarungen besteht, den Wettbewerb
nicht im Sinne von Art. 81 Abs. 1 EG beschränken. Ergibt die Prüfung hingegen, dass der
Markt schwer zugänglich ist, so ist anschließend zu untersuchen, inwieweit die streitigen
Vereinbarungen zu der kumulativen Wirkung beitragen, wobei nur solche Verträge
verboten sind, die zu einer etwaigen Abschottung des Markts in erheblichem Maß
beitragen (Urteil des Gerichtshofs vom 28. Februar 1991, Delimitis, C‑234/89, Slg. 1991,
I‑935, Randnrn. 23 und 24, und Urteil Van den Bergh Foods/Kommission, Randnr. 83).
57
Die Kommission hat in Randnr. 176 der angefochtenen Entscheidung festgestellt, dass
das ARA-System im Bereich der Haushaltsverpackungen das einzige flächendeckende
und alle Materialfraktionen, mit Ausnahme von Getränkeverbundkartons, umfassende
Sammel- und Verwertungssystem in Österreich darstelle. Wie sich aus den – von der
Klägerin nicht bestrittenen – Angaben in Randnr. 182 der angefochtenen Entscheidung
ergibt, ist das ARA-System der wichtigste Nachfrager nach Entsorgungsleistungen.
58
Da die Partnervereinbarungen vom wichtigsten Nachfrager nach
Entsorgungsleistungen – der Klägerin – geschlossen werden, besteht die praktische
Konsequenz der Schaffung dieses Netzes von Vereinbarungen in der Abschottung des
Marktzugangs für die ausgeschlossenen Sammel- und Sortierunternehmen und darin,
dass auf der Angebotsseite der Wettbewerb auf dem Markt für die Sammlung und
Sortierung von Haushaltsverpackungen während der Laufzeit der Vereinbarung, d. h. für
drei bis fünf Jahre, eingeschränkt wird.
59
Im Hinblick darauf, dass das von der Klägerin geschaffene Netz von
59
Im Hinblick darauf, dass das von der Klägerin geschaffene Netz von
Partnervereinbarungen ganz Österreich abdeckt, kann diese Wettbewerbsbeschränkung
nicht auf eine Sammelregion begrenzt bleiben. Sie wird sich auf dieses gesamte Gebiet
auswirken und damit auf den gesamten räumlich relevanten Markt für Sammel- und
Sortierleistungen (vgl. Randnr. 226 der angefochtenen Entscheidung). Den
ausgeschlossenen Unternehmen werden daher sowohl die Umgehung des Netzes von
Vereinbarungen und der Zugang zum österreichischen Markt für die Sammlung und
Sortierung von Haushaltsverpackungen als auch das Überleben auf dem genannten
Markt Schwierigkeiten bereiten.
60
Diese Situation wird durch zusätzliche Hindernisse für den Zugang zum Markt für die
Sammlung und Sortierung von Haushaltsverpackungen verschärft. Raumökonomische
und entsorgungslogistische Gründe stehen nämlich der Errichtung weiterer
Sammelinfrastrukturen für Haushaltsabfälle entgegen (vgl. Randnr. 227 der
angefochtenen Entscheidung), was durch die hierzu abgegebene Stellungnahme der
österreichischen Behörden bestätigt wird (vgl. Randnr. 285 der angefochtenen
Entscheidung). Somit könnten etwaige Konkurrenten des ARA-Systems, um sich die
Erbringung von Sammel- und Sortierleistungen von Beginn ihrer Tätigkeit an zu sichern,
keine Vereinbarungen mit anderen Entsorgern über die Errichtung zusätzlicher
Sammelinfrastrukturen neben den bereits vorhandenen Behältnissen schließen und
wären deshalb gezwungen, sich mit den Sammelpartnern der Klägerin
zusammenzuschließen. Beispielsweise muss das Konkurrenzsystem Öko-Box einen
Teil der Sammelinfrastruktur der Klägerin nutzen, um seine Tätigkeit der Sammlung und
Verwertung von Getränkeverbundkartons auszubauen (vgl. Randnrn. 177 und 227 der
angefochtenen Entscheidung); dies wird von der Klägerin nicht bestritten.
61
In Bezug auf die Sortierinfrastrukturen wird die Feststellung der Kommission, dass der
Marktzugang dadurch behindert werde, dass die Errichtung neuer Sortiereinrichtungen
hohe Investitionen erfordere, was eine nicht unerhebliche Zutrittsschranke zum Markt für
die Sammlung und Sortierung von Haushaltsverpackungen darstelle (vgl. Randnr. 318
der angefochtenen Entscheidung), von der Klägerin nicht in Abrede gestellt.
62
Aus all diesen Umständen hat die Kommission in Randnr. 227 der angefochtenen
Entscheidung geschlossen, dass „es als unwahrscheinlich angesehen werden [muss],
dass sich während der Laufzeit der Sammelpartnervereinbarung in den jeweiligen
Vertragsgebieten in spürbarem, d. h. erheblichem Umfang, neue Angebotsmöglichkeiten
auf dem relevanten Markt für ausgeschlossene Sammeldienstleister ergeben“. Nach
Randnr. 236 der angefochtenen Entscheidung gilt dies auch für die Sortierdienstleister.
63
Aus dem Vorstehenden folgt, dass die Beschränkung, die sich die Klägerin auferlegt,
nicht nur ihre eigene Handlungsfreiheit betrifft. Sie schränkt nämlich auf der
Angebotsseite für die ausgeschlossenen Sammel- und Sortierunternehmen den Zugang
zum Markt für die Sammlung und Sortierung von Haushaltsverpackungen ein, da sie die
Möglichkeiten dieser Unternehmen beschneidet, auf dem genannten Markt tätig zu
werden. Entgegen dem Vorbringen der Klägerin gehen diese Wirkungen somit über die
Wirkungen eines Austauschvertrags, mit dem ein privater oder kommerzieller
Verbraucher seinen Bedarf deckt, hinaus. Die Kommission hat daher keinen
offensichtlichen Beurteilungsfehler begangen, als sie die Ansicht vertrat, dass den
genannten Unternehmen durch das Netz von Partnervereinbarungen der relevante Markt
genannten Unternehmen durch das Netz von Partnervereinbarungen der relevante Markt
verschlossen werde und dass dies zu einer spürbaren Einschränkung des Wettbewerbs
im Sinne von Art. 81 Abs. 1 EG führe. Für das der Kommission gemeldete Netz von
Partnervereinbarungen kann daher kein Negativattest gemäß Art. 2 der Verordnung
Nr. 17 erteilt werden.
64
Im Anschluss an die Feststellung des Vorliegens einer spürbaren Einschränkung des
Wettbewerbs hat die Kommission in den Randnrn. 275, 276 und 316 der angefochtenen
Entscheidung anerkannt, dass die Partnervereinbarungen unter dem Aspekt der
Organisation der Sammel- und Sortiertätigkeiten aus Management- und Effizienzgründen
zur Sicherstellung zuverlässiger Sammeldienstleistungen sowie aufgrund des
Erfordernisses der Planungs- und Investitionssicherheit für die zur Erfüllung der Sammel-
und Sortiervereinbarung vorzunehmenden Investitionen gerechtfertigt seien. Nach
Ansicht der Kommission handelt es sich bei dieser Ausschließlichkeitspflicht daher um
eine Beschränkung, die zur Verwirklichung des Ziels einer rationellen Organisation der
Sammel- und Sortiertätigkeiten auf dem österreichischen Markt im Sinne von Art. 81
Abs. 3 EG unerlässlich ist (vgl. Randnrn. 268 bis 287 und 316 der angefochtenen
Entscheidung).
65
Die Kommission war allerdings der Auffassung, dass diese Einschränkung des
Wettbewerbs auf dem Sammel- und Sortiermarkt für Haushaltsverpackungen zu einer
Einschränkung des Wettbewerbs auf dem vorgelagerten Markt der Systeme zur
Entsorgung von Haushaltsverpackungen führen könnte, wenn es der Klägerin gelänge,
ihren Partnern eine De-facto-Ausschließlichkeit bei der Erbringung der Sammel- und
Sortierleistungen aufzuerlegen (vgl. Randnrn. 230, 234 und 286 der angefochtenen
Entscheidung). Diese Ausschließlichkeit würde es ihr nämlich ermöglichen, ihren
potenziellen Wettbewerbern den Zugang zu den vorhandenen Sammel- und
Sortierinfrastrukturen zu verwehren. In einer solchen Situation hätten die Wettbewerber
keine reale und konkrete Möglichkeit, das von der Klägerin geschaffene Netz von
Vereinbarungen zu umgehen, denn es gebe auf dem Markt für die Sammlung und
Sortierung von Haushaltsverpackungen kein anderes Sammel- und Sortierunternehmen,
das ihnen diese Dienste von Beginn ihrer Tätigkeit an zu wettbewerbsfähigen
Bedingungen anbieten könnte. Die Zusage der Klägerin, sich an nur einen Sammel-
und/oder Sortierpartner je Sammelregion zu binden, könnte daher zu einer
Einschränkung des Wettbewerbs auf dem Markt der Systeme zur Entsorgung von
Haushaltsverpackungen führen, die sich unmittelbar in einer geringeren Nachfrage nach
Sammel- und Sortierleistungen auf dem Markt für die Sammlung und Sortierung von
Haushaltsverpackungen äußern würde (vgl. Randnr. 287 der angefochtenen
Entscheidung).
66
Entgegen dem Vorbringen der Klägerin besteht das Problem somit nicht darin, dass die
Partnervereinbarungen zu „lokalen Entsorgermonopolen“ führen, die gegen Art. 81
Abs. 1 EG verstoßen, sondern darin, dass die Einschränkung des Wettbewerbs auf dem
Sammel- und Sortiermarkt für Haushaltsverpackungen es unter den in Randnr. 65
genannten Umständen ermöglichen würde, den Wettbewerb auf dem Markt der Systeme
zur Entsorgung von Haushaltsverpackungen zu beseitigen und dadurch die Nachfrage
nach Sammel- und Sortierleistungen auf dem Markt für die Sammlung und Sortierung
von Haushaltsverpackungen zu verringern.
von Haushaltsverpackungen zu verringern.
67
Im vorliegenden Fall hat die Kommission in den Randnrn. 231, 234 und 236 der
angefochtenen Entscheidung anerkannt, dass die Klägerin die Mitbenutzung der
Sammel- und Sortierinfrastrukturen nicht verbietet. Gleichwohl hat die Kommission die
Ansicht vertreten, dass bestimmte Befugnisse, die sich die Klägerin in der Zusage Nr. 3
vorbehalten habe, genutzt werden könnten, um ihren potenziellen Wettbewerbern den
Marktzugang zu erschweren. Um dieser Gefahr zu begegnen, hat die Kommission
beschlossen, der Klägerin gemäß Art. 8 Abs. 1 der Verordnung Nr. 17 die beiden in Art. 3
der angefochtenen Entscheidung vorgesehenen, oben in Randnr. 27 angeführten
Auflagen zu machen (vgl. Randnrn. 287, 288 und 318 der angefochtenen Entscheidung).
68
Nach Ansicht der Kommission rechtfertigte die Möglichkeit, dass die Klägerin die
Existenz nur eines Partners je Sammelregion und die Befugnisse, die sie sich in der
Zusage Nr. 3 vorbehalten habe, nutzen könnte, um den Wettbewerb auf dem Markt der
Systeme zur Entsorgung von Haushaltsverpackungen auszuschalten, die in Art. 3 der
angefochtenen Entscheidung erwähnten Auflagen. Mit diesen Auflagen, die die Klägerin
im Wesentlichen daran hindern sollten, die Mitbenutzung der Sammel- und
Sortierinfrastrukturen zu verbieten und sich in den Fällen der Mitbenutzung den ihr nicht
zustehenden Teil der gesammelten Verpackungen zuzueignen, könne verhindert
werden, dass die Klägerin konkurrierenden Systemen den Zugang zu den bereits
vorhandenen Sammel- und Sortierinfrastrukturen versperre und dadurch den Wettbewerb
auf dem Markt der Systeme zur Entsorgung von Haushaltsverpackungen einschränken
und die Nachfrage nach Sammel- und Sortierleistungen auf dem Markt für die Sammlung
und Sortierung von Haushaltsverpackungen beschneiden könnte.
69
Die Klägerin hält dem entgegen, es gebe eine breite Auswahl potenzieller Partner, denn
im Bereich der Entsorgung gewerblicher Verpackungen wählten die Abfallerzeuger ihre
Regionalpartner frei aus, und im Bereich der Entsorgung von Haushaltsverpackungen
organisierten die AGR und die ARO in jeder Sammelregion Sammelsysteme, bei denen
sie häufig auf andere Regionalpartner zurückgriffen.
70
Erstens ist in Bezug auf den Markt für die Sammlung gewerblicher Verpackungen zum
einen hervorzuheben, dass es nach den Akten und entgegen dem Vorbringen der
Klägerin eine einheitliche Partnervereinbarung für die Sammlung von gewerblichen und
Haushaltsverpackungen gab, durch die ein einziger Partner der Klägerin mit der
Sammlung beider Verpackungsarten betraut wurde. Nach dieser Vereinbarung konnten
beide Verpackungsarten sogar gleichzeitig eingesammelt werden. Dass ein einziger
Partner die Sammlung beider Verpackungsarten gewährleisten muss, schließt damit für
Unternehmen, die auf die Sammlung nur einer dieser Verpackungsarten spezialisiert
sind, jede Möglichkeit aus, Sammelpartner zu werden. Dies würde sie nach Ansicht der
Klägerin gleichwohl nicht am Marktzutritt hindern, da sie den Erzeugern gewerblicher
Verpackungsabfälle unter den nachstehend in Randnr. 75 genannten Bedingungen
Leistungen in Zusammenhang mit dem Transport oder der Sammlung solcher Abfälle
anbieten könnten.
71
Zum anderen ist festzustellen, dass die Unterschiede zwischen den Märkten für die
Sammlung und Sortierung von Haushaltsverpackungen und von gewerblichen
Verpackungen so bedeutsam sind, dass die Leistungen der Sammel- und
Verpackungen so bedeutsam sind, dass die Leistungen der Sammel- und
Sortierunternehmen, die sich auf einen dieser beiden Märkte spezialisiert haben, nicht
austauschbar sind, und dass die genannten Unternehmen ihre Leistungen nicht auf dem
anderen Markt erbringen können. Nach den von der Klägerin nicht durch einen
gegenteiligen Nachweis widerlegten Ausführungen der Kommission müssen die
Sammel- und Sortierleistungen in Anbetracht der verschiedenen speziellen
Anforderungen an Sammlung und Sortierung unterschiedlich ausgestaltet sein (vgl.
Randnr. 161 der angefochtenen Entscheidung).
72
Was nämlich die Sortierung anbelangt, fallen bei großen Unternehmen größere
Verpackungsmengen an, die an den Orten, an denen sie anfallen, nach
Materialfraktionen sortiert und dann gelagert werden. Aus diesem Grund bedarf es bei
gewerblichen Verpackungen, anders als bei Haushaltsverpackungen, keiner
Sortierinfrastruktur; im Übrigen gestattet es die Partnervereinbarung dem Sammelpartner,
Anlieferern gemischter Verpackungen den Mehraufwand in Rechnung zu stellen.
73
Auch in Bezug auf die Sammlung weisen die gewerblichen Verpackungen, wie aus der
Partnervereinbarung
hervorgeht,
einige
Besonderheiten
gegenüber
den
Haushaltsverpackungen auf. So ist der Sammelpartner im Fall der gewerblichen
Verpackungen als Betreiber der regionalen Übernahmestelle tätig. Seine Haupttätigkeit
besteht darin, das von den großen Erzeugern gewerblicher Abfälle, die als
Abfalllieferanten auftreten, gelieferte Material in Empfang zu nehmen und sämtliche
Wiegescheine des im Einklang mit den österreichischen Rechtsvorschriften gelieferten
Materials zu erfassen, damit geprüft werden kann, ob die Mindestmengen erreicht
wurden (vgl. auch Randnr. 166 der angefochtenen Entscheidung). Die Abfallerzeuger
sind daher verpflichtet, das sortierte Material bis zur Übernahmestelle zu befördern. Als
Zusatzleistung bietet der Sammelpartner in stark industrialisierten Gebieten auch das
Einsammeln lizenzierter Verpackungen an den Anfallorten an, wobei die Abfallerzeuger
dies nach Angaben der Klägerin ablehnen können. Dagegen ergibt sich für die
Haushaltsverpackungen aus der Partnervereinbarung, dass die Sammelleistung die
planmäßige Entleerung der Sammelbehälter und die Abholung der vom Sammelpartner
gestellten Sammelsäcke nach einem von ihm aufgestellten genauen Plan der Abholtage
sowie den Transport der in den Haushalten gesammelten Abfälle zur Sortieranlage
umfasst, wobei der Sammelpartner gegenüber der ARA für die Qualität der gesammelten
Verpackungen verantwortlich ist.
74
Es gibt folglich starke Unterschiede zwischen den Sammel- und Sortierleistungen bei
Haushaltsverpackungen und bei gewerblichen Verpackungen. Daher ist, wie in der
angefochtenen Entscheidung festgestellt wird, eine funktionale Austauschbarkeit der
Sammel- und Sortierleistungen bei Haushaltsverpackungen und bei gewerblichen
Verpackungen nicht gegeben (vgl. Randnr. 162 der angefochtenen Entscheidung).
75
Die Klägerin ist zwar der Ansicht, die ausgeschlossenen Sammelunternehmen könnten
ihre Dienste auf dem Sammel- und Sortiermarkt für gewerbliche Verpackungen den
Abfallerzeugern anbieten, die ihre Abfälle bis zur Übernahmestelle transportieren
müssten, und in stark industrialisierten Gebieten könnten sie ihnen sogar das
Einsammeln der Verpackungen in Wettbewerb zu den vom Sammelpartner angebotenen
Leistungen anbieten. Mangels funktionaler Austauschbarkeit der Sammlung von
Leistungen anbieten. Mangels funktionaler Austauschbarkeit der Sammlung von
Haushaltsverpackungen und von gewerblichen Verpackungen ist gleichwohl davon
auszugehen, dass die auf den Haushaltssektor spezialisierten Unternehmen
grundsätzlich nicht in der Lage sein werden, Sammelleistungen bei gewerblichen
Verpackungen zu erbringen. Deshalb ist es im vorliegenden Fall irrelevant, dass die
Erzeuger gewerblicher Abfälle ihren Partner frei wählen können.
76
Zweitens hat die Kommission in Bezug auf die Entsorgung von Altpapier aus
Haushalten in Randnr. 157 der angefochtenen Entscheidung unwidersprochen
festgestellt, dass die ARO „lediglich bestimmte Mengen bei der kommunalen
Altpapiersammlung ein[kauft]“, die bereits vor Schaffung des ARA-Systems bestanden
habe. Nach Randnr. 158 der angefochtenen Entscheidung gilt das Gleiche für die
Entsorgung von Altglas.
77
Aus dem Vorstehenden folgt, dass es nicht denkbar ist, dass die ausgeschlossenen
Unternehmen,
die
im
Bereich
der
Sammlung
und
Sortierung
von
Haushaltsverpackungen tätig sind, ohne Weiteres Zugang zum Markt für die Sammlung
und Sortierung gewerblicher Verpackungen erlangen können oder dass sie ihre
Leistungen auf den Märkten für die Sammlung von Altpapier und Altglas erbringen
können, da diese Märkte auf kommunalen Sammelsystemen beruhen und daher dem
Zutritt etwaiger Konkurrenten verschlossen sind. Folglich ist die Existenz dieser Märkte
entgegen dem Vorbringen der Klägerin für die Vergrößerung der Nachfrage nach
Sammel- und Sortierleistungen bei Haushaltsverpackungen und für die Sicherung des
Überlebens der mit den Sammelpartnern der Klägerin konkurrierenden Unternehmen
nicht relevant.
78
An diesem Ergebnis ändert auch das Vorbringen der Klägerin in der mündlichen
Verhandlung nichts, dass das Vorliegen einer Wettbewerbsbeschränkung zweifelhaft
erscheinen könnte, wenn sich eine Vereinbarung für das Eindringen eines
Unternehmens in ein Gebiet, in dem es bisher nicht tätig gewesen sei, als notwendig
erweise (Urteil des Gerichts vom 2. Mai 2006, O2 [Germany]/Kommission, T‑328/03, Slg.
2006, II‑1231, Randnr. 68).
79
Insoweit ist hervorzuheben, dass im vorliegenden Fall – anders als in der Rechtssache,
in der das Urteil O2 (Germany)/Kommission ergangen ist – nicht erwiesen ist, dass das
von der Klägerin errichtete Netz von Partnervereinbarungen den Eintritt eines
Konkurrenzunternehmens in den Markt gestattete. Vielmehr war, wie oben in Randnr. 65
ausgeführt, die kumulative Wirkung dieses Netzes geeignet, den Wettbewerbern des
ARA-Systems den Zugang zum Markt der Systeme zur Entsorgung von
Haushaltsverpackungen zu verschließen. Dieses Argument ist daher zurückzuweisen.
80
Die Kommission konnte daher ohne offensichtlichen Beurteilungsfehler zu dem
Ergebnis kommen, dass es zum einen eine Wettbewerbsbeschränkung auf dem Markt für
die Sammlung und Sortierung leichter Haushaltsverpackungen gebe, für die aufgrund
ihrer positiven Auswirkungen auf die Organisation der Sammlung und Sortierung von
Haushaltsverpackungen eine individuelle Freistellung gewährt werden könne, und dass
diese Beschränkung zum anderen Auswirkungen auf den Markt der Systeme zur
Entsorgung von Haushaltsverpackungen und damit auf die Nachfrage nach Sammel-
und Sortierleistungen auf dem Markt der Haushaltsverpackungen haben könnte. Die
und Sortierleistungen auf dem Markt der Haushaltsverpackungen haben könnte. Die
Kommission hat auch keinen offensichtlichen Beurteilungsfehler begangen, als sie die
Ansicht vertrat, dass an die Freistellung die beiden oben in Randnr. 27 angeführten
Auflagen zu knüpfen seien, um zu verhindern, dass die Klägerin den Wettbewerb auf
dem Markt der Systeme zur Entsorgung von Haushaltsverpackungen ausschalten könne.
Daher ist dieser Klagegrund zurückzuweisen.
Zweiter Klagegrund: Vereinbarkeit der Partnervereinbarungen mit den Voraussetzungen
der Verordnung Nr. 2790/1999
Vorbringen der Parteien
81
Die Klägerin ist der Ansicht, selbst wenn die Partnervereinbarungen eine
Ausschließlichkeitsbindung zu ihren Lasten enthielten, sei diese nach Art. 2 Abs. 1 und
Art. 3 Abs. 1 der Verordnung Nr. 2790/1999, die im Übrigen nicht die Festsetzung von
Auflagen für die von der Freistellung Begünstigten gestatte, von der Anwendung des
Art. 81 Abs. 1 EG freigestellt. Folge man nämlich der von der Kommission in den
Randnrn. 155 ff. der angefochtenen Entscheidung vorgenommenen Definition des
relevanten Markts, so verfüge kein Regionalpartner der Klägerin in Österreich über einen
Anteil von mehr als 30 % am Markt für die Sammlung und/oder Sortierung von
Leichtverpackungen. Zudem gewähre die Verordnung Nr. 2790/1999 Vertriebssystemen,
die bestimmten Händlern exklusive Absatzgebiete zuwiesen, eine Freistellung; nichts
anderes könne im Rahmen eines Netzwerks von Partnervereinbarungen gelten, in dem
der Auftraggeber seinen Vertragspartnern exklusive Betreuungsgebiete zuweise.
82
Die Kommission habe auch den geografisch relevanten Markt nicht richtig bestimmt; die
Sammelregionen entsprächen keinem der Wirtschaftsräume, denn sie seien von der
Klägerin anlässlich ihrer Ausschreibungen definiert worden. Außerdem sei das
entscheidende Kriterium für die Ermittlung des Marktanteils eines Lieferanten die
Situation vor und nicht nach Abschluss der Partnervereinbarungen.
83
Schließlich bestehe der Grund dafür, dass die Klägerin nicht schon vor Einreichung der
Klageschrift auf die Verordnung Nr. 2790/1999 hingewiesen habe, darin, dass die
Kommission keine Mitteilung der Beschwerdepunkte veröffentlicht habe.
84
Die Kommission und die Streithelferinnen treten dem gesamten Vorbringen der Klägerin
entgegen.
Würdigung durch das Gericht
85
Zunächst ist das Vorbringen der Klägerin zu prüfen, dass sie nicht die Möglichkeit
gehabt habe, die auf die Verordnung Nr. 2790/1999 gestützten Argumente früher geltend
zu machen.
86
Insoweit ist erstens darauf hinzuweisen, dass die ARA und die ARGEV mit Schreiben
vom 28. August 2001 für die angemeldeten Vereinbarungen ein Negativattest oder
gegebenenfalls eine Freistellungsentscheidung nach Art. 81 Abs. 3 EG beantragten.
Dieser Antrag wurde im Einklang mit den Anforderungen von Art. 2 der Verordnung (EG)
Nr. 3385/94 der Kommission vom 21. Dezember 1994 über die Form, den Inhalt und die
anderen Einzelheiten der Anträge und Anmeldungen nach der Verordnung Nr. 17 (ABl.
anderen Einzelheiten der Anträge und Anmeldungen nach der Verordnung Nr. 17 (ABl.
L 377, S. 28) und dem ihr beigefügten Formblatt A/B gestellt, ohne dass sich die
Kommission dazu geäußert hätte.
87
Zweitens heißt es in Randnr. 139 der Mitteilung vom 19. Oktober 2002 (siehe oben,
Randnr. 12), dass die Kommission beabsichtige, gegen die angemeldeten
Vereinbarungen keine Einwände auf der Grundlage von Art. 81 EG und Art. 53 EWR-
Abkommen zu erheben oder den Parteien eine Einzelfreistellung nach Art. 81 Abs. 3 EG
und Art. 53 Abs. 3 EWR-Abkommen zu gewähren, möglicherweise verbunden mit
Auflagen.
88
Drittens richtete die Kommission am 1. April 2003 ein Schreiben an die Klägerin, in dem
sie ankündigte, dass sie beabsichtige, eine positive Entscheidung nach Art. 81 EG zu
erlassen und diese gemäß Art. 8 Abs. 1 der Verordnung Nr. 17 mit bestimmten Auflagen
in Bezug auf die Mitbenutzung der Sammeleinrichtungen zu verknüpfen. In dem mit
„Begründung“ überschriebenen Teil erläuterte die Kommission eingehend, aus welchen
Gründen es möglich sei, eine Einzelfreistellung für die Partnervereinbarung zu
gewähren, und aus welchen Gründen sie der Ansicht war, dass bestimmte
Vereinbarungen des ARA-Systems eine den Wettbewerb ausschaltende Wirkung haben
könnten, die die Auferlegung der genannten Auflagen rechtfertige. Schließlich wurde die
Klägerin in diesem Schreiben darauf hingewiesen, dass sie sich innerhalb einer Frist
von einem Monat ab Zugang des Schreibens äußern könne. In einem zweiten Schreiben
vom 6. Juni 2003 teilte die Kommission der Klägerin mit, dass die vorgesehenen
Auflagen geändert worden seien, um den von ihr und den österreichischen Behörden
geäußerten Bedenken Rechnung zu tragen.
89
Unter diesen Umständen kann nicht bestritten werden, dass die Klägerin während des
Verwaltungsverfahrens von den möglichen wettbewerbsausschließenden Wirkungen der
angemeldeten Vereinbarungen und den Auflagen, die die Kommission an eine
Einzelfreistellung knüpfen wollte, Kenntnis erlangen konnte. Wie sich aus den Schreiben
vom 16. Mai und vom 25. Juni 2003 ergibt, mit denen die Klägerin auf die Schreiben der
Kommission vom 1. April und vom 6. Juni 2003 antwortete, beantragte sie jedoch nicht
ausdrücklich die Anwendung der Verordnung Nr. 2790/1999 und erhob auch keine
Einwände gegen die Nichtanwendung von Art. 3 Abs. 1 dieser Verordnung im
vorliegenden Fall oder gegen die Definition des insoweit relevanten Markts. Wie die
Kommission ausgeführt hat, erklärt dies, weshalb in der angefochtenen Entscheidung
nicht auf die aus der Verordnung Nr. 2790/1999 hergeleiteten Argumente eingegangen
wurde. Das Fehlen jeder Bezugnahme auf diese Argumente in der angefochtenen
Entscheidung kann deren Rechtmäßigkeit daher nicht in Frage stellen.
90
Selbst wenn man unterstellt, dass die Klägerin durch ihren Antrag auf Erteilung einer
Freistellung nach Art. 81 Abs. 3 EG implizit die Anwendung der Verordnung Nr.
2790/1999 beantragt hätte, kann der im Wesentlichen auf die Nichtanwendung dieser
Verordnung gestützte Klagegrund jedenfalls nicht dazu führen, dass die angefochtene
Entscheidung als rechtswidrig anzusehen wäre.
91
Die Partnervereinbarungen sind nämlich Dienstleistungsverträge, die die Klägerin für
jede Sammelregion exklusiv an einen Sammel- und/oder Sortierpartner binden, wobei
jeder von ihnen auf einer anderen Ebene der Entsorgungskette für
jeder von ihnen auf einer anderen Ebene der Entsorgungskette für
Haushaltsverpackungen tätig ist. Mit diesen Verträgen schaffen die Parteien die
Voraussetzungen, unter denen die der Klägerin in jeder Sammelregion obliegende
Sammlung und Sortierung der Haushaltsverpackungen stattzufinden hat. Es handelt sich
somit um Subunternehmervereinbarungen zwischen nicht miteinander konkurrierenden
Unternehmen, die in den Anwendungsbereich von Art. 2 Abs. 1 der Verordnung Nr.
2790/1999 fallen.
92
Nach den Angaben in Randnr. 173 der angefochtenen Entscheidung, denen die
Klägerin nicht widersprochen hat, ist der geografisch relevante Markt für die Beurteilung
des Vorliegens einer spürbaren Einschränkung des Wettbewerbs im Sinne von Art. 81
Abs. 1 EG in den Fällen des Systemmarkts und der Märkte für die Sammlung und
Sortierung das gesamte Gebiet Österreichs, da sich die objektiven Nachfrage- und
Angebotsbedingungen auf diesem Markt deutlich von den Bedingungen in anderen
Gebieten des Binnenmarkts unterscheiden. Die oben in Randnr. 5 angeführten
österreichischen Rechtsvorschriften über die Entsorgung von Verpackungen regeln
nämlich, unter welchen Bedingungen diese Tätigkeit im gesamten Gebiet Österreichs zu
entfalten ist, und diese Bedingungen stellen daher im Vergleich zu den Bedingungen in
anderen Gebieten des Binnenmarkts besondere Bedingungen dar. Im Übrigen errichtet
die Klägerin in diesem gesamten Gebiet ihr Netz von Partnervereinbarungen, das
aufgrund der kumulativen Wirkung der Verträge über jede Sammelregion geeignet ist,
den Wettbewerb sowohl auf dem Markt der Systeme zur Entsorgung von
Haushaltsverpackungen als auch auf dem Markt für die Sammlung und Sortierung dieser
Verpackungen zu beeinträchtigen.
93
Dagegen ist das relevante Gebiet für die Beurteilung der Frage, ob im vorliegenden Fall
die in Art. 3 Abs. 1 der Verordnung Nr. 2790/1999 vorgesehene Schwelle von 30 %
überschritten ist, das Sammelgebiet als das Gebiet, in dem die Sammel- und/oder
Sortierpartner eine Bindung mit der Klägerin eingegangen sind, und als der Ort, an dem
sie ihre Leistungen erbringen. Die Klägerin führt nämlich ihre Ausschreibungen für jedes
dieser Gebiete durch, und die Partner bieten ihre Leistungen durch die Organisation von
Sammel- und Sortierinfrastrukturen in jedem dieser Gebiete an. Zudem gibt es nach
Punkt 7 der Standardausschreibung Besonderheiten der Sammelregionen, die in einem
Dokument mit dem Titel „Select Regional (Teil L)“ beschrieben werden. Überdies wird im
Leistungsbericht der Klägerin für das Jahr 2002 näher ausgeführt, dass die Bezirke und
Gemeinden in Sammelregionen zusammengefasst würden, für die die Klägerin ein
geeignetes und ganz spezifisches Sammelkonzept erarbeitet habe.
94
Aus dem Vorstehenden folgt, dass jede Sammelregion, im Einklang mit den in Randnr.
90 der Mitteilung 2000/C 291/01 der Kommission – Leitlinien für vertikale
Beschränkungen (ABl. 2000, C 291, S. 1) festgelegten Kriterien, homogene
Bedingungen für die Leistungserbringung aufweist und von den Nachbarregionen
aufgrund ihrer Besonderheiten und den Bedingungen der Leistungserbringung
unterschieden werden kann, um den relevanten geografischen Markt zur Berechnung der
in der Verordnung Nr. 2790/1999 vorgesehenen Schwelle zu ermitteln.
95
Dass die Kommission das gesamte Gebiet Österreichs als das zur Prüfung der
wettbewerbswidrigen Wirkungen der angemeldeten Vereinbarungen relevante
wettbewerbswidrigen Wirkungen der angemeldeten Vereinbarungen relevante
geografische Gebiet angesehen hat, ändert daran nichts. Dieser Umstand hindert
nämlich nicht daran, innerhalb des genannten Gebiets Märkte zu finden, die aus der
Sicht der Erbringer von Sammel- und Sortierleistungen geografisch enger begrenzt sind
und in denen die Bedingungen für die Leistungserbringung homogen sind und sich von
den Bedingungen in den Nachbarregionen unterscheiden. Daher sind es, wie oben in
Randnr. 93 ausgeführt, die Sammelregionen, die die relevanten Märkte für die Klärung
der Frage darstellen, ob die Klägerin in den Genuss der in der Verordnung Nr.
2790/1999 vorgesehenen Gruppenfreistellung kommen kann.
96
Zum Vorbringen der Klägerin, dass der entscheidende Gesichtspunkt für die Ermittlung
des Marktanteils eines Lieferanten die Situation vor und nicht nach Abschluss der
Partnervereinbarungen sei, ist darauf hinzuweisen, dass nach Art. 9 Abs. 2 Buchst. a der
Verordnung Nr. 2790/1999 der Marktanteil für die Anwendung von Art. 3 „anhand der
Angaben für das vorhergehende Kalenderjahr ermittelt [wird]“. Außerdem ist, wie die
Kommission ausgeführt hat, in Fällen neuer Märkte auf den Zeitpunkt abzustellen, zu
dem der Markt geschaffen wurde. Erst ab diesem Zeitpunkt kann festgestellt werden, in
welchem Umfang der Lieferant über Marktmacht verfügt, indem gemäß Art. 9 Abs. 2
Buchst. a der Verordnung Nr. 2790/1999 der auf ihn entfallende Marktanteil ermittelt wird.
97
Im vorliegenden Fall bedeutet dies, dass bei der Ermittlung des Marktanteils jedes
Sammel- und/oder Sortierpartners die Situation nach Abschluss der Vereinbarungen
über die Sammlung und Sortierung von Haushaltsverpackungen zu berücksichtigen ist
und nicht, entgegen dem Vorbringen der Klägerin, die Situation vor ihrem Abschluss.
98
Als Erbringer von Sammel- und Sortierleistungen, an die sich die Klägerin exklusiv
bindet, überschreiten die Sammel- und Sortierpartner deutlich die in Art. 3 Abs. 1 der
Verordnung Nr. 2790/1999 festgelegte Marktanteilsschwelle von 30 %. Zum einen hat
nach den Angaben in Randnr. 225 der angefochtenen Entscheidung, denen die Klägerin
nicht widersprochen hat, im Bereich der Haushaltsleichtverpackungen nur Öko-Box ein
Wettbewerbssystem installiert, und zwar für Getränkeverbundkartons. Zum anderen hat
Öko-Box, wie die Klägerin in ihren Schriftsätzen anerkannt hat, ein System entwickelt,
das Sammelinfrastrukturen nur für einen Teil der Verpackungen nutzt, wobei insoweit die
Sammelpartner der Klägerin in Anspruch genommen werden. Der Marktanteil der
regionalen Sammel- und/oder Sortierpartner kann daher ohne Weiteres 100 % erreichen,
und Art. 2 Abs. 1 der Verordnung Nr. 2790/1999 erlaubt es somit nicht, für die
angemeldeten Vereinbarungen eine Gruppenfreistellung ohne jede Auflage zu
gewähren.
99
Nach alledem ist dieser Klagegrund zurückzuweisen.
Dritter Klagegrund: Verstoß der Art. 2 und 3 der angefochtenen Entscheidung gegen die
„Essential-Facilities-Doktrin“
Vorbringen der Parteien
100
Die Klägerin ist der Ansicht, die Kommission messe dem freien und ungehinderten
Zugang alternativer Sammelsysteme zu ihrer Erfassungsinfrastruktur große Bedeutung
für die Intensivierung des Wettbewerbs zu; Art. 2 und vor allem Art. 3 der angefochtenen
Entscheidung seien ein Versuch, dem ARA-System eine Verpflichtung aufzuerlegen,
Entscheidung seien ein Versuch, dem ARA-System eine Verpflichtung aufzuerlegen,
ohne den Anforderungen der „Essential-Facilities-Doktrin“ zu genügen.
101
Zur Stützung dieses Klagegrundes führt die Klägerin zum einen aus, ihre
Partnervereinbarungen stünden einer Mitbenutzung der Sammelbehälter im Prinzip nicht
entgegen, so dass aus diesen Verträgen keine Behälterexklusivität zu ihren Gunsten
resultiere. Unter diesen Umständen gebe es keine tatbestandsmäßigen
Wettbewerbsbeschränkungen, und die Auflagen der Kommission könnten nicht auf
Art. 81 Abs. 3 EG und Art. 8 Abs. 1 der Verordnung Nr. 17 gestützt werden.
102
Zum anderen verpflichte die angefochtene Entscheidung sie in Wirklichkeit dazu,
Wettbewerbern Kapazitäten „abzutreten“, was in den Anwendungsbereich von Art. 82 EG
falle. Eine derartige Verpflichtung könne nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs nur
dann legitim sein, wenn es sich bei den für sie betriebenen Sammeleinrichtungen um
wesentliche Einrichtungen handele (Urteil des Gerichtshofs vom 26. November 1998,
Bronner, C‑7/97, Slg. 1998, I‑7791). Das sei hier aber nicht der Fall, denn es sei
technisch möglich, die Strukturen ihres Sammelsystems zu duplizieren, indem
konkurrierenden Sammelsystemen überall dort, wo sie ein Holsystem betreibe, die
Einrichtung eines Bringsystems gestattet werde und umgekehrt.
103
Die Kommission tritt dem gesamten Vorbringen der Klägerin entgegen.
Würdigung durch das Gericht
104
Nach gefestigter Rechtsprechung ist es missbräuchlich, wenn sich ein Unternehmen,
das auf einem bestimmten Markt eine beherrschende Stellung innehat, weigert, einem
Unternehmen, mit dem es auf einem benachbarten Markt in Wettbewerb steht, die für die
Ausübung seiner Tätigkeit unerlässlichen Rohstoffe oder Dienstleistungen zu liefern
bzw. zu erbringen, sofern das betreffende Verhalten geeignet war, jeglichen Wettbewerb
durch dieses Unternehmen auszuschalten (Urteil Bronner, Randnr. 38, und Urteil des
Gerichtshofs vom 29. April 2004, IMS Health, C‑418/01, Slg. 2004, I‑5039, Randnrn. 40
bis 45). In diesen Fällen kann die Kommission, nachdem sie das Vorliegen einer
Zuwiderhandlung, insbesondere den Missbrauch einer beherrschenden Stellung,
festgestellt hat, gemäß Art. 3 der Verordnung Nr. 17 zur Wahrung der praktischen
Wirksamkeit ihrer Entscheidung bestimmte Verpflichtungen auferlegen (Urteil des
Gerichtshofs vom 6. April 1995, RTE und ITP/Kommission, C‑241/91 P und C‑242/91 P,
Slg. 1995, I‑743, Randnrn. 90 und 91).
105
Nach den Partnervereinbarungen haben die Sammel- und Sortierpartner die für die
Erfüllung ihrer vertraglichen Verpflichtungen erforderlichen Infrastrukturen zu schaffen
(vgl. Randnr. 98 der angefochtenen Entscheidung). Diese Infrastrukturen gehören den
Sammel- und Sortierpartnern und nicht der Klägerin, die lediglich ihren Aufstellungsort
mit den Gebietskörperschaften aushandelt. Daher macht die Klägerin geltend, ihr stehe
kein Eigentums- oder Kontrollrecht in Bezug auf diese Einrichtungen zu, das es ihr
ermöglichen würde, ihren Konkurrenten in missbräuchlicher Weise Sammelleistungen zu
verweigern, um sie vom Entsorgungsmarkt für Verpackungen auszuschließen.
106
Aufgrund der Partnervereinbarungen und der Gestaltungsmöglichkeiten, die sie sich in
der Zusage Nr. 3 vorbehalten hat, ist die Klägerin jedoch in der Lage, zusammen mit
der Zusage Nr. 3 vorbehalten hat, ist die Klägerin jedoch in der Lage, zusammen mit
ihren Partnern den Zugang zu den in jeder Sammelregion geschaffenen Infrastrukturen
zu kontrollieren. Dadurch ist sie in der Lage, den Zugang ihrer Konkurrenten zu den ihren
Partnern gehörenden Sammel- und Sortierinfrastrukturen zu blockieren.
107
Wie die Kommission in Randnr. 234 der angefochtenen Entscheidung hervorgehoben
hat, besteht das Problem, das sich im vorliegenden Fall stellt, nämlich darin, dass die
Klägerin aufgrund der Gestaltungsmöglichkeiten, die sie sich in der Zusage Nr. 3
vorbehalten hat, die Mitbenutzung der Sammel- und Sortierinfrastrukturen verhindern
kann. Durch Ausnutzung dieser Gestaltungsmöglichkeiten kann die Klägerin
insbesondere die Sammelpartner, die ihre Infrastrukturen den Konkurrenten des ARA-
Systems öffnen möchten, daran hindern und Letzeren damit den Zutritt zum Markt der
Systeme zur Entsorgung von Haushaltsverpackungen erschweren. Es besteht die
Gefahr, dass dieses Verhalten zu einer Wettbewerbsbeschränkung auf dem genannten
Markt führt und dadurch die Nachfrage nach Sammel- und Sortierleistungen bei
Haushaltsverpackungen begrenzt.
108
Wie oben in Randnr. 67 ausgeführt, hat die Kommission es, um dieser Gefahr zu
begegnen, als erforderlich angesehen, die Einzelfreistellung gemäß Art. 8 Abs. 1 der
Verordnung Nr. 17 mit den in Art. 3 der angefochtenen Entscheidung vorgesehenen
Auflagen zu verbinden.
109
Daher handelt es sich im vorliegenden Fall nicht um eine einseitige Weigerung der
Klägerin, konkurrierenden Unternehmen eine für die Entwicklung eines benachbarten
Markts erforderliche Leistung zu erbringen, was gegen Art. 82 EG verstoßen und daher
die Anwendung der „Essential-Facilities-Doktrin“ rechtfertigen würde. Es handelt sich um
einen Fall, in dem die Position, die sich die Klägerin aufgrund der
Partnervereinbarungen mit den Sammel- und Sortierunternehmen vorbehält, zu einer
Wettbewerbsbeschränkung auf dem Markt der Systeme zur Entsorgung von
Haushaltsverpackungen und damit zu einer Begrenzung der Nachfrage nach Sammel-
und Sortierleistungen auf dem Markt für die Sammlung und Sortierung von
Haushaltsverpackungen führen kann. Die Kommission hat folglich im vorliegenden Fall
die „Essential-Facilities-Doktrin“ und die zu ihr ergangene Rechtsprechung des
Gerichtshofs zu Recht nicht angewandt.
110
Daraus folgt zum einen, dass die Kommission nicht versucht hat, im vorliegenden Fall
die „Essential-Facilities-Doktrin“ anzuwenden, und zum anderen, dass die „Essential-
Facilities-Doktrin“ und die zu ihr ergangene Rechtsprechung des Gerichtshofs im
vorliegenden Fall bei der Prüfung, ob die Auflagen rechtmäßig sind, mit der die der
Klägerin von der Kommission gewährte Einzelfreistellung verbunden wurde, keine
Anwendung finden. Daher ist dieser Klagegrund zurückzuweisen.
Vierter Klagegrund: mangelnde Durchführbarkeit der in der angefochtenen
Entscheidung vorgesehenen Auflagen
Vorbringen der Parteien
111
Die Klägerin ist der Ansicht, die in der angefochtenen Entscheidung enthaltenen
Auflagen entsprächen nicht der Rechtsprechung des Gerichtshofs zum Grundsatz der
Auflagen entsprächen nicht der Rechtsprechung des Gerichtshofs zum Grundsatz der
Verhältnismäßigkeit, da sie nicht geeignet seien, das angestrebte Ziel zu erreichen, und
nicht die geringstmögliche Belastung darstellten.
112
Im Übrigen habe die Kommission die Besonderheiten des ARA-Systems nicht
ausreichend berücksichtigt, denn im Unterschied zu dem in Deutschland bestehenden
System der Abfallentsorgung werde die Sammlung, Sortierung und Verwertung
überwiegend durch verschiedene Unternehmen durchgeführt, und diese Partner könnten
die Menge an gesammelten, sortierten und verwerteten Verpackungen nachträglich nicht
nachweisen, sondern müssten die gesammelten Verpackungen laufend den
Übernahmestellen der Klägerin übergeben. Folglich bestehe das einzige Ziel der
Auflage in Art. 3 Buchst. b der angefochtenen Entscheidung darin, zu verhindern, dass
die Klägerin einen höheren als den ihr zustehenden Anteil am Sammelgut einfordere.
Diese Auflage setze somit voraus, dass der Klägerin zum Zeitpunkt der Übergabe der
gesammelten Verpackungen der Marktanteil des ARA-Systems bekannt sei, was aus
zwei Gründen nicht möglich sei. Erstens seien außenstehende Sammelsysteme, d. h.
diejenigen, die keine Mitbenutzung der Sammelinfrastrukturen anstrebten, nicht
verpflichtet, der Klägerin ihre Lizenzmengen mitzuteilen, was die Berechnung des
Anteils der Klägerin an der Gesamtmenge der Haushaltsverpackungen unmöglich
mache. Zweitens seien die Marktanteilsdaten nur im Nachhinein nach den periodischen
Meldungen der Lizenzmengen durch Hersteller und Importeure verfügbar. Damit das
Sammelgut auf die verschiedenen Systembetreiber verteilt werden könne, müssten
Verteilungsschlüssel verwandt werden, die im Vorhinein ab dem Zeitpunkt der Übergabe
einer bestimmten Verpackungsmenge bekannt seien.
113
Schließlich stünden die Beschränkung des Wettbewerbs und die Auflage in Art. 3
Buchst. b der angefochtenen Entscheidung in keinerlei Zusammenhang. Die Klägerin
habe der Kommission am 28. August 2003 einen Vorschlag für eine andere
Aufteilungsmethode gemacht, nach der die verschiedenen Sammelsysteme jährlich im
Vorhinein beim Entsorger eine bestimmte Übernahmekapazität bestellten, die sich an
den erwarteten Lizenzmengen orientiere. Die Kommission habe dieses Modell jedoch
nicht in Erwägung gezogen.
114
Die Kommission und die Streithelferinnen treten dem gesamten Vorbringen der
Klägerin entgegen.
Würdigung durch das Gericht
115
Zunächst ist darauf hinzuweisen, dass die Klägerin den Grundsatz der
Verhältnismäßigkeit sowohl zur Stützung ihres vierten Klagegrundes, der die
Durchführbarkeit der in der angefochtenen Entscheidung vorgesehenen Auflagen betrifft,
als auch als eigenständigen Klagegrund (fünfter Klagegrund) anführt. Daher ist im
Rahmen des fünften Klagegrundes die Verhältnismäßigkeit der Auflagen und
insbesondere der in Art. 3 Buchst. b der angefochtenen Entscheidung vorgesehenen
Auflage und im Rahmen des vorliegenden Klagegrundes die Durchführbarkeit der
fraglichen Auflage zu prüfen.
116
Zur Beantwortung des Vorbringens der Klägerin ist erstens festzustellen, dass nach den
Akten die Lizenzmengen der außenstehenden Systeme im vorliegenden Fall keine Rolle
für die Berechnung des Anteils der Klägerin an der Gesamtmenge der
Haushaltsverpackungen spielen. Das Problem der Aufteilung der gesammelten
Verpackungen stellt sich nämlich nur bei einer gemeinsamen Nutzung der
Sammelinfrastrukturen. Da die Klägerin in diesem Fall keinen Anspruch auf sämtliche
gesammelten Verpackungen erheben kann, muss berechnet werden, welcher Teil der
Verpackungen auf jedes der Sammelsysteme entfällt, die sich die genannten
Infrastrukturen teilen, damit die gesammelten Verpackungen unter ihnen aufgeteilt
werden können. Folglich entbehrt das Vorbringen der Klägerin zur Verfügbarkeit von
Angaben über die Lizenzmengen der außenstehenden Systeme jeder Grundlage.
117
Zweitens hat die Klägerin trotz ihrer dahin gehenden Ausführungen nicht zu begründen
vermocht, dass es nicht möglich wäre, ihren Anteil an der Gesamtmenge von
Haushaltsverpackungen zum Zeitpunkt der Übergabe der gesammelten Verpackungen
an die Übernahmestellen zu ermitteln, weil dies eine im Vorhinein festgelegte und für ein
Jahr geltende Methode zur Aufteilung der gesammelten Verpackungen erfordern würde.
Vielmehr geht aus der Entpflichtungs- und Lizenzvereinbarung zwischen der Klägerin
und den Abfallerzeugern hervor, dass die Abfallerzeuger zur Ermittlung des Betrags des
der Klägerin geschuldeten jährlichen Entgelts die genauen in den Verkehr gebrachten
Verpackungsmengen monatlich oder vierteljährlich – je nachdem, ob es sich um einen
großen oder einen kleinen Abfallerzeuger handelt – bis zum zehnten Tag des zweiten
auf den Abrechnungszeitraum folgenden Monats angeben müssen. Dies bedeutet, dass
die Klägerin die von den Lizenz- und Entpflichtungsvereinbarungen erfassten
Verpackungsmengen auf der Grundlage dieser Verträge und der Daten, die sie
regelmäßig erhält, ermitteln kann.
118
Zwar sind die endgültigen Daten zum abgelaufenen Kalenderjahr erst in den ersten
zehn Tagen des zweiten Monats nach dem Ende des letzten Monats oder Quartals des
genannten Jahres verfügbar. Dies bedeutet jedoch entgegen dem Vorbringen der
Klägerin nicht, dass die Aufteilung der Verpackungen erst 15 Monate nach Beginn des
Geschäftsjahrs erfolgen kann, was die „laufende Aufteilung“ der gesammelten
Verpackungen verhindern würde. Die Aufteilung der gesammelten Verpackungen kann
nach Sammlungsfortschritt anhand der tatsächlichen lizenzierten Verpackungsmengen
erfolgen, die in den vorangegangenen Monaten in den Verkehr gebracht wurden. Das
Ergebnis dieser Aufteilung wird dann am Jahresende durch einen Ausgleich anhand der
von den Abfallerzeugern gemeldeten endgültigen tatsächlichen Mengen korrigiert. Wie
die Kommission ausgeführt hat, könnte bei der Aufteilung auch systematisch auf die zu
erwartenden Mengen abgestellt und eine Anpassung nur zu bestimmten Zeitpunkten
vorgenommen werden. Wie sich aus den Akten ergibt, wurde die letztgenannte
Möglichkeit im Rahmen des Verfahrens des vorläufigen Rechtsschutzes, das vor dem
Gericht stattgefunden hat, von der Klägerin vorgeschlagen und von der Kommission
akzeptiert.
119
Drittens hat die mündliche Verhandlung ergeben, dass die angefochtene Entscheidung
vorläufig in einer für die Parteien zufriedenstellenden Weise umgesetzt wurde.
120
Aus alledem folgt, dass die laufende Aufteilung der gesammelten Verpackungen der
Durchführbarkeit der in Art. 3 Buchst. b der angefochtenen Entscheidung vorgesehenen
Auflage nicht entgegensteht und dass es entgegen dem Vorbringen der Klägerin somit
Auflage nicht entgegensteht und dass es entgegen dem Vorbringen der Klägerin somit
nicht der Heranziehung einer im Vorhinein festgelegten und für ein Jahr geltenden
Aufteilungsmethode bedarf.
121
Das übrige Vorbringen der Klägerin kann an dieser Schlussfolgerung nichts ändern.
122
Erstens entbehrt das Argument, es gebe keinen Zusammenhang zwischen der
Wettbewerbsbeschränkung und der Auflage, jeder Grundlage. Wie aus den Randnrn.
290 und 293 der angefochtenen Entscheidung hervorgeht, besteht ein klarer
Zusammenhang zwischen der Auflage einerseits und der Gefahr einer Abschottung des
vertikal vorgelagerten Markts für die Konkurrenten der Klägerin und einer Verringerung
der Nachfrage nach Sammel- und Sortierleistungen auf dem Markt für die Sammlung und
Sortierung von Haushaltsverpackungen andererseits. Diese Gefahr ergäbe sich aus der
Gewährung einer Einzelfreistellung der Vereinbarungen, mit denen sich die Klägerin an
nur einen Partner je Sammelregion bindet und sich Befugnisse vorbehält, die die
Mitbenutzung der Sammel- und Sortierinfrastrukturen vereiteln könnten. Mit dieser
Auflage soll somit verhindert werden, dass die Klägerin Nachweise oder Belege über die
Verpackungsmengen konkurrierender Systeme erlangen kann, die mit ihr die
Sammelinfrastrukturen teilen, und dass sie sich, insbesondere gegenüber der
österreichischen Aufsichtsbehörde, Mengen zueignet, die diesen Systemen zustehen.
Ein solches Verhalten der Klägerin würde die konkurrierenden Systeme daran hindern,
ihre Quote einzuhalten, und ihr Verbleiben auf dem Markt erschweren. Ihr Verschwinden
vom Markt würde zu einer Verringerung der Nachfrage nach Sammel- und
Sortierleistungen auf dem Markt für die Sammlung und Sortierung von
Haushaltsverpackungen führen. Entgegen dem Vorbringen der Klägerin war die
Kommission daher nach Art. 8 Abs. 1 der Verordnung Nr. 17 zu der fraglichen Auflage
berechtigt, um zu verhindern, dass die der Klägerin gewährte Einzelfreistellung zu einer
Wettbewerbsbeschränkung auf dem Markt der Systeme zur Entsorgung von
Haushaltsverpackungen und damit zu einer Verringerung der Nachfrage nach Sammel-
und Sortierleistungen bei Haushaltsverpackungen führen könnte.
123
Zweitens entbehrt auch das Vorbringen der Klägerin, die Kommission habe einen
Großteil des Textes der Auflage in Art. 3 Buchst. b aus der Entscheidung zum deutschen
System der Abfallentsorgung übernommen, ohne den Besonderheiten des ARA-Systems
Rechnung zu tragen, jeder Grundlage. Wie die Prüfung der beiden in Rede stehenden
Entscheidungen erkennen lässt, stimmt ihr Wortlaut nicht überein. Außerdem zeigt die
Prüfung der angefochtenen Entscheidung entgegen dem Vorbringen der Klägerin, dass
die Nachweise oder Belege, auf die die Auflage in Art. 3 Buchst. b dieser Entscheidung
Bezug nimmt, nicht dazu dienen, die physische Übergabe der gesammelten
Verpackungen zu ersetzen, sondern bestätigen sollen, welcher Teil der gesammelten
Verpackungen der Klägerin zusteht. Nach § 11 Abs. 8 VerpackVO und Auflage 2 der
Genehmigung zur Errichtung bzw. zum Betreiben eines Sammel- und
Verwertungssystems sollen diese Nachweise der österreichischen Aufsichtsbehörde die
Feststellung ermöglichen, dass die Klägerin ihre Sammelquote erfüllt. Nach Randnr. 291
der angefochtenen Entscheidung können sie auch herangezogen werden, um das
Entgelt der Partner im Fall der Mitbenutzung der Sammelinfrastrukturen herabzusetzen.
124
Aus alledem folgt, dass die von der Kommission vorgeschlagenen
Aufteilungsmethoden auf Daten wie den zu erwartenden Mengen oder den lizenzierten
Aufteilungsmethoden auf Daten wie den zu erwartenden Mengen oder den lizenzierten
Mengen der vorangegangenen Monate beruhen, die der Klägerin zum Zeitpunkt der
Aufteilung der gesammelten Verpackungen leicht zugänglich sind, und dass diese
Methoden den Besonderheiten des ARA-Systems somit in gleicher Weise Rechnung
tragen wie die von der Klägerin vorgeschlagene Methode. Der einzige Unterschied
besteht darin, dass bei den von der Kommission vorgeschlagenen Methoden die zu
erwartenden Mengen oder die lizenzierten Mengen der vorangegangenen Monate
nachträglich korrigiert werden können, z. B. anhand der tatsächlichen und endgültigen
Mengen in den Verkehr gebrachter und von den Abfallerzeugern gemeldeter lizenzierter
Verpackungen. Wie oben in Randnr. 118 ausgeführt, ist diese nachträgliche Korrektur
nicht mit einer laufenden Aufteilung der gesammelten Verpackungen unter den
Sammelsystemen unvereinbar, die sich die Sammelinfrastrukturen teilen. Entgegen dem
Vorbringen der Klägerin ist die Auflage daher nicht undurchführbar.
125
Dieser Klagegrund ist folglich zurückzuweisen.
Fünfter Klagegrund: Verstoß gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit
Vorbringen der Parteien
126
Die Klägerin ist der Ansicht, dass die Auflage in Art. 3 Buchst. b der angefochtenen
Entscheidung unverhältnismäßig sei, da sie ihr Pflichten auferlege, die sie an der
Erfüllung der vorgeschriebenen Quoten hindern könnten und damit ihre Existenz
gefährdeten. Die Auflage reduziere nämlich ihren Zugriff auf die ihr zur Verfügung
stehenden Sammelkapazitäten. Deswegen habe sie sich das Gestaltungsrecht für ihr
System vorbehalten und den die Sammlung durchführenden Unternehmen vertraglich
untersagt, eigenmächtig vorzugehen. Die Unverhältnismäßigkeit sei in zwei Fällen
besonders offensichtlich: wenn ein anderes Sammelsystem zusätzliche Lizenzmengen
akquiriere und wenn andere Sammelsysteme ganz oder teilweise eigene
Sammeleinrichtungen installierten.
127
Im ersten Fall verringere der Eintritt eines weiteren Sammelsystems in den Markt den
Anteil des ARA-Systems an der Gesamtmenge der haushaltsnah anfallenden
Verpackungen und damit seinen Marktanteil. Die Wettbewerber würden sich nämlich
nicht darauf beschränken, dem ARA-System Kunden wegzunehmen, sondern würden
auf dem Markt darüber hinaus zusätzliche Verpackungsmengen lizenzieren, die derzeit
weder von den Herstellern noch von den Vertreibern zurückgenommen würden, d. h.
Verpackungsmengen von „Trittbrettfahrern“. Infolgedessen würde sich der von ihr zu
beanspruchende Teil des Sammelguts der Regionalpartner verringern, so dass sie die
vorgeschriebenen Quoten nicht einhalten könnte und das Bundesministerium für
Umwelt, Jugend und Familie ihr die Genehmigung entziehen könnte. Somit reduziere die
Auflage der Kommission den Zugriff der Klägerin auf die Sammelkapazitäten.
128
Die von der Kommission vorgeschlagene Lösung, die Behältervolumen anzupassen,
damit sie größere Sammelmengen aufnehmen könnten, sei nicht zufriedenstellend. So
würde die Klägerin erst im Nachhinein erfahren, dass die Sammelkapazitäten nicht
ausreichten, und Anpassungsmaßnahmen könnten frühestens nach zwei Jahren greifen.
Aus diesem Grund sei sie der Ansicht, dass alternative Sammelsysteme, um die Behälter
mitbenutzen zu dürfen, das benötigte Behältervolumen und die damit
mitbenutzen zu dürfen, das benötigte Behältervolumen und die damit
korrespondierenden Sammelmengen jährlich im Vorhinein bestellen müssten.
129
Bei der Bereitstellung von Sammelkapazitäten und dem Zugriff auf die gesammelten
Mengen handele es sich um dasselbe Problem; wenn die fragliche Auflage die Klägerin
dazu zwänge, Sammelmengen an Wettbewerber abzutreten, würde das ihre gesamte
Kapazitätsplanung zu Makulatur machen.
130
Im zweiten Fall handele es sich bei den konkurrierenden Systemen vor allem um
Anbieter, die auf ganz bestimmte Verpackungsarten spezialisiert und in der Lage seien,
alternative Sammeleinrichtungen aufzubauen, so dass sie die für die Klägerin
betriebenen Einrichtungen allenfalls ergänzend in Anspruch nehmen würden. Dies sei
insbesondere bei den Systemen Öko-Box und Bonus der Fall. Ein solches Verhalten der
konkurrierenden Systeme sei absolut vorhersehbar, da die Mitbenutzung von
Sammelinfrastrukturen keinen wirklichen Preiswettbewerb schaffe; dieser könne nur
durch die Einrichtung eigener Sammelinfrastrukturen entstehen. Auch bei einer nur
teilweisen Mitbenutzung von Sammelinfrastrukturen wäre die Klägerin aufgrund der
Auflage verpflichtet, auf die Übernahme gesammelter Mengen in einem größeren
Umfang zu verzichten, als es dem Bedarf des Konkurrenzsystems entspreche, was
offenkundig unangemessen wäre.
131
Im Übrigen sei nicht nachvollziehbar, dass die Kommission keine Lösung des Problems
der teilweisen Mitbenutzung der Sammelinfrastrukturen aufgezeigt und den vorgelegten
Kompromissvorschlag nicht einmal in Erwägung gezogen habe.
132
Schließlich würde die Auflage in Art. 3 Buchst. b der angefochtenen Entscheidung die
Klägerin zwingen, die Sammlung von Verpackungen neu zu organisieren, was die
Sammelkosten erhöhen und infolgedessen die Effizienz des ARA-Systems vermindern
würde. Diese Kosten müssten daher auf die Nutznießer der Mitbenutzung der
Sammelinfrastrukturen abgewälzt werden, d. h. auf die konkurrierenden Systeme und die
Sammelpartner. Auch die Betriebskosten des Systems (oder Systemkosten) müssten auf
die konkurrierenden Systeme abgewälzt werden.
133
Die Kommission und die Streithelferinnen treten dem gesamten Vorbringen der
Klägerin entgegen.
Würdigung durch das Gericht
134
Nach ständiger Rechtsprechung dürfen Handlungen der Organe nach dem Grundsatz
der Verhältnismäßigkeit, der zu den allgemeinen Grundsätzen des Gemeinschaftsrechts
gehört, nicht die Grenzen dessen überschreiten, was zur Erreichung des angestrebten
Ziels geeignet und erforderlich ist; dabei ist, wenn mehrere geeignete Maßnahmen zur
Auswahl stehen, die am wenigsten belastende zu wählen (Urteile des Gerichtshofs vom
11. Juli 2002, Käserei Champignon Hofmeister, C‑210/00, Slg. 2002, I‑6453, Randnr. 59,
vom 9. September 2004, Spanien und Finnland/Parlament und Rat, C‑184/02 und
C‑223/02, Slg. 2004, I‑7789, Randnr. 57, und vom 7. Juli 2009, S.P.C.M. u. a., C‑558/07,
Slg. 2009, I‑5783, Randnr. 41).
135
Im vorliegenden Fall besteht das von der Kommission mit der Auflage in Art. 3 Buchst. b
135
Im vorliegenden Fall besteht das von der Kommission mit der Auflage in Art. 3 Buchst. b
der angefochtenen Entscheidung angestrebte Ziel darin, die Ausschaltung des
Wettbewerbs auf dem Markt der Systeme zur Entsorgung von Haushaltsverpackungen
zu verhindern, die eintreten könnte, wenn für die von der Klägerin mitgeteilten Sammel-
und Sortiervereinbarungen eine Einzelfreistellung gewährt würde, durch die sich die
Nachfrage nach Sammel- und Sortierleistungen auf dem Markt für die Sammlung und
Sortierung von Haushaltsverpackungen verringern würde. Wie nämlich den Randnrn.
290 und 292 der angefochtenen Entscheidung zu entnehmen ist, könnte die Klägerin in
den Fällen der Mitbenutzung von Sammelinfrastrukturen versuchen, sich die
Gesamtmenge der gesammelten Verpackungen zuzueignen und damit die
konkurrierenden Systeme an der Einhaltung ihrer Quote zu hindern. Wie oben in Randnr.
122 ausgeführt, kann durch das Verbot für die Klägerin, Nachweise oder Belege über
den ihren Konkurrenten zustehenden Teil der Gesamtmenge an Haushaltsverpackungen
zu verlangen, verhindert werden, dass sie sich, insbesondere gegenüber der
österreichischen Aufsichtsbehörde, der sie Nachweise für die Erfüllung ihrer Quote
vorlegen muss, alle gesammelten Verpackungen zueignet. Wie sich ferner aus Randnr.
123 ergibt, ist dieses Verbot mit den Besonderheiten des ARA-Systems vereinbar.
136
Um zu verhindern, dass die Klägerin versucht, sich alle gesammelten Verpackungen
zuzueignen, bedarf es einer Aufteilung dieser Verpackungen. Hierfür hat die Kommission
Aufteilungsmethoden vorgeschlagen, bei denen die Anteile genau den lizenzierten
Mengen jedes Systems entsprechen, was die Gefahr einer Monopolisierung der
gesammelten Verpackungen durch die Klägerin ausschließt. Diese Aufteilungsmethoden
hindern die Klägerin nämlich an dem Versuch, die Position konkurrierender Systeme
durch künstliche Erhöhung der den Sammelpartnern mitgeteilten Mengen zu schwächen.
Sie erscheinen daher in Anbetracht des verfolgten Ziels, jede Ausschaltung des
Wettbewerbs auf dem Markt der Systeme zur Entsorgung von Haushaltsverpackungen
und damit eine Verringerung der Nachfrage nach Sammel- und Sortierleistungen auf
dem Markt für die Sammlung und Sortierung von Haushaltsverpackungen zu verhindern,
zufriedenstellend.
137
Daher ist die Auflage in Art. 3 Buchst. b der angefochtenen Entscheidung im Licht des
von der Kommission angestrebten Ziels nicht unangemessen (vgl. in diesem Sinne Urteil
Käserei Champignon Hofmeister, Randnrn. 60 bis 64).
138
Diese Schlussfolgerung kann durch das Vorbringen der Klägerin zum Erwerb
zusätzlicher Lizenzmengen durch ein anderes Sammelsystem und zur Mitbenutzung der
von ihr errichteten Sammeleinrichtungen nicht entkräftet werden.
139
Erstens ist in Bezug auf das Argument, ein anderes Sammelsystem könnte zusätzliche
Lizenzmengen erwerben, zum einen hervorzuheben, dass nach § 11 Abs. 7 VerpackVO
in der hier relevanten Fassung die Prozentsätze so festzulegen sind, dass zumindest
50 % der Menge jedes Verpackungsmaterials, hinsichtlich der eine Teilnahme am
System erfolgt, gesammelt werden. Zum anderen sind nach Auflage 1 der Genehmigung
zur Errichtung bzw. zum Betreiben eines Sammel- und Verwertungssystems die
Mindesterfassungs- und ‑verwertungsquoten im Fall der Klägerin „bezogen auf die pro
Kalenderjahr jeweils kontrahierte Verpackungsmenge gemäß § 11 Abs. 7 VerpackVO“
zu berechnen. Somit hätten Verpackungsmengen von „Trittbrettfahrern“, d. h.
Verpackungen, die bislang von keinem Entsorgungssystem angenommen wurden,
Verpackungen, die bislang von keinem Entsorgungssystem angenommen wurden,
keinen Einfluss auf die Sammelquoten der Klägerin, die weiterhin in der oben
angegebenen Weise berechnet würden. Im Übrigen trifft es zwar zu, dass die Tatsache,
dass Verpackungsmengen von „Trittbrettfahrern“ zu lizenzierten Verpackungen der mit
der Klägerin konkurrierenden Systeme werden können, zur Folge hat, dass diese
Verpackungen ihr zur Erreichung ihrer Sammelquote nicht zur Verfügung stehen. Nach
der Systematik der einschlägigen nationalen Rechtsvorschriften dürfen sich die Systeme
im Fall einer Mitbenutzung der Sammelinfrastrukturen bei der Sammlung der zur
Erreichung ihrer Sammelquote erforderlichen Verpackungsmengen jedoch nicht auf
Verpackungsmengen von „Trittbrettfahrern“ stützen, sondern müssen ihre
Sammelkapazitäten erhöhen, z. B. durch häufigere Leerung der Sammelbehälter.
140
Das Vorbringen der Klägerin, sie würde erst im Nachhinein erfahren, dass die
vorgesehenen Sammelkapazitäten nicht ausreichten, kann an diesem Ergebnis nichts
ändern. Denn wie oben in Randnr. 118 ausgeführt, kann die Klägerin die Menge
lizenzierter Verpackungen im Vorhinein schätzen und anhand dieser Zahl ihren
Sammelbedarf ermitteln und entscheiden, ob die Sammelkapazitäten erhöht werden
müssen. Desgleichen kann sie die vorgesehenen Sammelkapazitäten anhand der
Verpackungsmengen korrigieren, die von den Lizenznehmern tatsächlich in den Verkehr
gebracht und laufend mitgeteilt werden.
141
Schließlich stellt die Mitbenutzung der Sammelinfrastrukturen entgegen dem
Vorbringen der Klägerin keine für sie nachteilige tatsächliche Abtretung von
Sammelkapazitäten an neue Wettbewerber dar. In Wirklichkeit verringern sich durch die
Mitbenutzung ihre Sammelkapazitäten nicht, da diese von den lizenzierten
Verpackungsmengen abhängen, die jedes Sammelsystem den Sammelpartnern mitteilt,
und somit der Erhöhung der lizenzierten Verpackungsmengen in jedem Sammelgebiet
Rechnung tragen. Wie bereits oben in Randnr. 139 ausgeführt, muss die Klägerin daher,
um die Einhaltung der Sammelquoten zu gewährleisten, die Sammlung an neuen Bedarf
anpassen, indem sie z. B. ihre Partner auffordert, die Kapazität der Behälter zu
vergrößern, oder indem sie häufigere Leerungen vornimmt.
142
Folglich ist das Argument, das sich auf den Erwerb zusätzlicher Lizenzmengen durch
ein konkurrierendes Sammelsystem stützt, zurückzuweisen.
143
Zweitens kann das Argument, das die teilweise Nutzung der von der Klägerin
geschaffenen Sammelinfrastrukturen durch Systeme betrifft, die ihre eigenen
Sammelinfrastrukturen haben, die Verhältnismäßigkeit der fraglichen Auflage nicht in
Frage stellen. Wie aus den Akten hervorgeht, gibt die Auflage, die der Klägerin in Art. 3
Buchst. b der angefochtenen Entscheidung gemacht wird, konkurrierenden Systemen,
die eine teilweise Nutzung der Sammelinfrastrukturen verlangen, nicht das Recht, eine
Verpackungsmenge in Anspruch zu nehmen, die der ihnen zustehenden Gesamtmenge
in den Verkehr gebrachter lizenzierter Verpackungen entspricht. Die konkurrierenden
Systeme müssen vielmehr im Vorhinein mitteilen, für welchen Teil der ihnen
zustehenden Menge lizenzierter Verpackungen sie die Mitbenutzung in Anspruch
nehmen wollen, und nur dieser Teil wird bei der Aufteilung der gesammelten
Verpackungen berücksichtigt. Überdies ist hervorzuheben, dass diese Möglichkeit im
Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes, das vor dem Gericht stattgefunden hat, von
Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes, das vor dem Gericht stattgefunden hat, von
der Klägerin vorgeschlagen und von der Kommission akzeptiert worden ist.
144
Zum Vorbringen der Klägerin, die vollständige oder teilweise Mitbenutzung der
Sammelinfrastrukturen würde keinen wirklichen Preiswettbewerb schaffen, ist darauf
hinzuweisen, dass die angefochtene Entscheidung der Klägerin gestattet, das in den
Partnervereinbarungen vorgesehene Entgelt herabzusetzen. Ihre Konkurrenten tragen
somit sowohl die Kosten für die Bereitstellung der Sammelbehälter und ‑säcke als auch
die Kosten für die Sammlung bei den Haushalten und Nutzern mit einer vergleichbaren
Verpackungsmenge und den Transport der ihnen zustehenden lizenzierten
Verpackungen. Dies bringt sie zwar bei bestimmten Kosten in die gleiche Situation wie
die Klägerin. Angesichts der möglichen Unterschiede in Bezug auf die Organisation und
Gestaltung des Systems, die rentable Verwertung und Vermarktung der Wertstoffe sowie
die Geschäftspolitik der verschiedenen Unternehmen kann ein Preiswettbewerb
gleichwohl nicht ausgeschlossen werden.
145
Zur Erforderlichkeit der fraglichen Auflage geht aus den Randnrn. 290 und 293 der
angefochtenen Entscheidung hervor, dass die Klägerin ohne diese Auflage versuchen
könnte, die Aufteilung der gesammelten Verpackungen zu kontrollieren, indem sie sich
einen Teil der Verpackungen zueignet, der ihr in Wirklichkeit nicht zusteht. Die Klägerin
hat zwar eine andere Aufteilungsmethode vorgeschlagen, die auf einer bestimmten,
jährlich im Vorhinein festgelegten und an den erwarteten Lizenzmengen orientierten
Übernahmekapazität beruht, doch hat sie nicht nachzuweisen vermocht, dass es andere
Maßnahmen gibt, die die fragliche Auflage überflüssig machen würden. Angesichts der
starken Marktstellung der Klägerin würde sie die von ihr vorgeschlagene
Aufteilungsmethode nämlich nicht daran hindern, die jährlich nachgefragten Mengen
durch künstliche Erhöhung der erwarteten Lizenzmengen zu verändern, um die Position
der konkurrierenden Systeme zu schwächen und damit den für die Konkurrenten
verfügbaren Teil der Behälter zu verringern. Wie die Kommission in ihren Schriftsätzen
ausgeführt hat, ohne dass es der Klägerin gelungen wäre, ihr Vorbringen zu widerlegen,
würden die konkurrierenden Systeme daraufhin versuchen, ihrerseits die nachgefragten
Mengen zu erhöhen, so dass es zu einem Wettlauf zwischen den konkurrierenden
Systemen käme, und zwar insbesondere in den wirtschaftlich attraktivsten Regionen, in
denen die Klägerin angesichts ihrer starken Marktstellung eine sehr gute
Ausgangsposition hätte. Dagegen beruht die in Art. 3 Buchst. b der angefochtenen
Entscheidung vorgesehene Aufteilung auf geeigneten, objektiven und nachprüfbaren
Methoden, die die Interessen der neuen Wettbewerber schützen und zugleich die
Marktstellung der Klägerin respektieren.
146
Folglich gibt es keine andere Maßnahme, mit der die Ausschaltung des Wettbewerbs
auf dem vertikal vorgelagerten Markt in ebenso wirksamer Weise verhindert werden
könnte. Daher ist die Auflage in Art. 3 Buchst. b der angefochtenen Entscheidung zur
Erreichung des angestrebten Ziels erforderlich (vgl. in diesem Sinne Urteil Käserei
Champignon Hofmeister, Randnr. 66, und Urteil des Gerichtshofs vom 10. Dezember
2002, British American Tobacco [Investments] und Imperial Tobacco, C‑491/01, Slg.
2002, I‑11453, Randnr. 139).
147
Aus alledem folgt, dass die fragliche Auflage nicht gegen den Grundsatz der
Verhältnismäßigkeit verstößt, da sie eine geeignete Maßnahme zur Erreichung des mit
Verhältnismäßigkeit verstößt, da sie eine geeignete Maßnahme zur Erreichung des mit
der angefochtenen Entscheidung verfolgten Ziels, die Einschränkung des Wettbewerbs
auf dem Markt der Systeme zur Entsorgung von Haushaltsverpackungen und die daraus
resultierende Verringerung der Nachfrage nach Sammel- und Sortierleistungen bei
Haushaltsverpackungen zu verhindern, darstellt und nicht über das hinausgeht, was zur
Erreichung dieses Ziels erforderlich ist.
148
Das auf den Effizienzverlust des ARA-Systems – der sich daraus ergeben soll, dass die
Klägerin in den Fällen der Mitbenutzung der Sammelinfrastrukturen nicht berechtigt sei,
bestimmte Kosten auf die konkurrierenden Systeme und auf die Sammelpartner
abzuwälzen – gestützte Argument kann diese Schlussfolgerung nicht in Frage stellen.
Zum einen resultieren die Systemkosten nach den Angaben in den Randnrn. 139 und
304 der angefochtenen Entscheidung aus der Errichtung des ARA-Systems und beruhen
auf den Besonderheiten dieses Systems. Die Klägerin hat nicht nachgewiesen, dass im
Fall einer Mitbenutzung der Sammelinfrastrukturen die diese in Anspruch nehmenden
Konkurrenten auch vom gesamten ARA-System für den Ausbau ihrer Tätigkeit im
Bereich der Abfallentsorgung profitieren. Vielmehr ist davon auszugehen, dass die
Konkurrenten auf der Grundlage einer Mitbenutzung allein der Sammelinfrastrukturen
ihre eigene Technologie zur Abfallentsorgung schaffen werden. Dass die Klägerin diese
Kosten tragen muss, führt daher nicht zu einem Effizienzverlust für das ARA-System, so
dass es nicht gerechtfertigt ist, sie auf Dritte abzuwälzen. Zum anderen ist in Bezug auf
die Kosten für die Mitbenutzung der Sammelinfrastrukturen hervorzuheben, dass die
Klägerin nicht nachzuweisen vermocht hat, in welchem Maß sich die Kosten pro Kilo
gesammelter Verpackungen durch die Mitbenutzung der Sammelinfrastrukturen
verändern würden. Daher ist nicht feststellbar, in welchem Umfang die Mitbenutzung die
Effizienz des ARA-Systems verringern könnte, wenn die Klägerin nicht berechtigt wäre,
die Kosten auf Dritte abzuwälzen.
149
Folglich ist dieser Klagegrund zurückzuweisen.
Sechster Klagegrund: Widersprüche zwischen dem verfügenden Teil und den Gründen
der angefochtenen Entscheidung
Vorbringen der Parteien
150
Die Klägerin ist der Ansicht, es bestehe ein Widerspruch zwischen den Randnrn. 301
und 313 der angefochtenen Entscheidung und ihrem verfügenden Teil, insbesondere
Art. 3 Buchst. b. In diesem Artikel werde nicht die Möglichkeit berücksichtigt, die Auflage
nicht in Fällen anzuwenden, in denen konkurrierende Systeme keine Mitbenutzung der
Sammelinfrastrukturen anstrebten, und er enthalte keine Angaben zu dem Zeitpunkt, ab
dem die Auflage anzuwenden sei. Der verfügende Teil der angefochtenen Entscheidung
sei in der Weise zu berichtigen, dass sein Wortlaut den bestehenden Zusammenhang
zwischen der Auflage, der Mitbenutzung der Sammeleinrichtungen und dem Zeitpunkt
deutlich mache, ab dem die Auflage wirksam werde. Im Ergebnis sei die angefochtene
Entscheidung weder hinreichend präzise noch in sich schlüssig.
151
Die Kommission tritt dem gesamten Vorbringen der Klägerin entgegen.
Würdigung durch das Gericht
Würdigung durch das Gericht
152
Es trifft zwar zu, dass die Klägerin nach Art. 3 Buchst. b der angefochtenen
Entscheidung „von den Entsorgern nur den Nachweis der Verpackungsmengen
verlangen [darf], die dem Anteil des ARA-Systems an den insgesamt durch Systeme im
Haushaltsbereich für bestimmte Materialfraktionen lizenzierten Verpackungsmengen
entsprechen“, doch ist nach der Rechtsprechung der verfügende Teil einer Entscheidung
im Licht der ihn stützenden Gründe auszulegen, d. h. im vorliegenden Fall der Randnrn.
301 und 313 der angefochtenen Entscheidung (vgl. in diesem Sinne Urteil des Gerichts
vom 15. September 1998, European Night Services u. a./Kommission, T‑374/94,
T‑375/94, T‑384/94 und T‑388/94, Slg. 1998, II‑3141, Randnr. 211). In Randnr. 301 der
angefochtenen Entscheidung heißt es aber: „Sofern und soweit ein Wettbewerbssystem
eine Mitbenutzung nicht anstrebt, sondern eigene Sammeleinrichtungen installiert, finden
die Auflagen keine Anwendung.“ Und in Randnr. 313 wird hinzugefügt: „Zu einer
Entgeltreduzierung kommt es nur, sofern und soweit das Wettbewerbssystem in der
jeweiligen Sammelregion eine Mitbenutzung anstrebt und erst ab dem Zeitpunkt der
Systemzulassung …“
153
Ferner trifft es zwar zu, dass sich die Auflage nach Art. 3 Buchst. b der angefochtenen
Entscheidung „auf alle Entsorger [bezieht], mit denen [die] ARGEV eine
Sammelpartnervereinbarung abgeschlossen hat“, doch ist nach der oben in Randnr. 152
angeführten Rechtsprechung dieser Teil von Art. 3 wiederum im Licht von Randnr. 292
der angefochtenen Entscheidung zu sehen. In dieser Randnummer heißt es zum einen,
dass sich die Auflage auf alle Unternehmen beziehe, mit denen die Klägerin eine
Sammelpartnervereinbarung abgeschlossen habe, unabhängig davon, ob darin eine
Mitbenutzung der Infrastruktur gestattet werde, wobei dies den Sammelpartnern einen
Anreiz zum Abschluss von Vereinbarungen mit konkurrierenden Systemen geben solle,
und zum anderen, dass die Auflage in Art. 3 Buchst. b der angefochtenen Entscheidung
nur gelte, sofern und soweit ein konkurrierendes System in der jeweiligen Sammelregion
eine Mitbenutzung nach der Auflage in Art. 3 Buchst. a der angefochtenen Entscheidung
anstrebe.
154
Folglich geht entgegen dem Vorbringen der Klägerin aus dem verfügenden Teil der
angefochtenen Entscheidung, liest man ihn im Licht ihrer Gründe, klar und eindeutig
hervor, dass die fragliche Auflage nur gilt, wenn ein konkurrierendes System die
Mitbenutzung der Sammelinfrastrukturen anstrebt, und dass sie ab dem Zeitpunkt der
Zulassung des Systems anzuwenden ist. Daher ist dieser Klagegrund zurückzuweisen,
und die Klage ist insgesamt abzuweisen.
Kosten
155
Nach Art. 87 § 2 der Verfahrensordnung ist die unterliegende Partei auf Antrag zur
Tragung der Kosten zu verurteilen. Da die Klägerin mit ihrem Vorbringen unterlegen ist,
sind ihr gemäß den Anträgen der Kommission, der EVA und der BAA ihre eigenen
Kosten sowie die Kosten der Kommission, der EVA und der BAA einschließlich der
durch das Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes entstandenen Kosten
aufzuerlegen.
Aus diesen Gründen hat
Aus diesen Gründen hat
DAS GERICHT (Zweite Kammer)
für Recht erkannt und entschieden:
1. Die Klage wird abgewiesen.
2 . Die Altstoff Recycling Austria AG trägt ihre eigenen Kosten sowie die Kosten
der Europäischen Kommission, der EVA Erfassen und Verwerten von
Altstoffen GmbH und der Bundeskammer für Arbeiter und Angestellte
einschließlich der durch das Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes
entstandenen Kosten.
Pelikánová
Jürimäe
Soldevila Fragoso
Verkündet in öffentlicher Sitzung in Luxemburg am 22. März 2011.
Unterschriften
Inhaltsverzeichnis
Vorgeschichte des Rechtsstreits
Verfahren und Anträge der Verfahrensbeteiligten
Rechtliche Würdigung
Erster Klagegrund: Verstoß gegen Art. 81 EG und Art. 2 der Verordnung Nr. 17
Vorbringen der Parteien
Würdigung durch das Gericht
Zweiter Klagegrund: Vereinbarkeit der Partnervereinbarungen mit den Voraussetzungen der
Verordnung Nr. 2790/1999
Vorbringen der Parteien
Würdigung durch das Gericht
Dritter Klagegrund: Verstoß der Art. 2 und 3 der angefochtenen Entscheidung gegen die
„Essential-Facilities-Doktrin“
Vorbringen der Parteien
Würdigung durch das Gericht
Vierter Klagegrund: mangelnde Durchführbarkeit der in der angefochtenen Entscheidung
vorgesehenen Auflagen
Vorbringen der Parteien
Würdigung durch das Gericht
Fünfter Klagegrund: Verstoß gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit
Vorbringen der Parteien
Würdigung durch das Gericht
Sechster Klagegrund: Widersprüche zwischen dem verfügenden Teil und den Gründen der
angefochtenen Entscheidung
Vorbringen der Parteien
Würdigung durch das Gericht
Kosten
Verfahrenssprache: Deutsch.