Urteil des EuG vom 23.01.2014

Wirtschaftliche Einheit, Grundsatz der Gleichbehandlung, Unternehmen, Tochtergesellschaft

URTEIL DES GERICHTS (Dritte Kammer)
23. Januar 2014
)
„Wettbewerb – Kartelle – Markt für Calciumcarbid und Magnesium für die Stahl- und die
Gasindustrien im EWR außer Irland, Spanien, Portugal und dem Vereinigten Königreich
– Entscheidung, mit der eine Zuwiderhandlung gegen Art. 81 EG festgestellt wird –
Preisfestsetzung und Marktaufteilung – Zurechenbarkeit der Zuwiderhandlung –
Begründung – Geldbußen – Dauer der Zuwiderhandlung – Gleichbehandlung –
Mildernde Umstände – Zusammenarbeit im Verwaltungsverfahren –
Gesamtschuldnerische Haftung für die Zahlung der Geldbuße – Leitlinien von 2006 für
das Verfahren zur Festsetzung von Geldbußen“
In der Rechtssache T‑395/09
Gigaset AG
Prozessbevollmächtigte: Rechtsanwälte C. Grave, B. Meyring und A. Scheidtmann,
Klägerin,
gegen
Europäische Kommission
Bevollmächtigte im Beistand von Rechtsanwalt A. Böhlke,
Beklagte,
wegen Nichtigerklärung der Entscheidung K(2009) 5791 endg. der Kommission vom 22.
Juli 2009 in einem Verfahren nach Artikel 81 [EG] und Artikel 53 EWR-Abkommen
(Sache COMP/39.396 − Calciumcarbid und Reagenzien auf Magnesiumbasis für die
Stahl- und die Gasindustrien), soweit sie die Klägerin betrifft, sowie, hilfsweise,
Herabsetzung der mit dieser Entscheidung gegen die Klägerin verhängten Geldbuße
erlässt
DAS GERICHT (Dritte Kammer)
unter Mitwirkung des Präsidenten O. Czúcz sowie der Richterin I. Labucka und des
Richters D. Gratsias (Berichterstatter),
Kanzler: K. Andová, Verwaltungsrätin,
aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 28. Mai
2013
folgendes
folgendes
Urteil
Vorgeschichte des Rechtsstreits
1
Mit ihrer Entscheidung K(2009) 5791 endg. vom 22. Juli 2009 in einem Verfahren nach
Artikel 81 [EG] und Artikel 53 EWR-Abkommen (Sache COMP/39.396 – Calciumcarbid
und Reagenzien auf Magnesiumbasis für die Stahl- und die Gasindustrien)
(Zusammenfassung im ABl. C 301, S. 18, im Folgenden: angefochtene Entscheidung)
stellte die Kommission der Europäischen Gemeinschaften fest, dass die Hauptanbieter
von Calciumcarbid und Magnesium für die Stahl- und Gasindustrie gegen Art. 81 Abs. 1
EG und Art. 53 des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum (EWR)
verstoßen hätten, indem sie sich vom 7. April 2004 bis 16. Januar 2007 an einer einzigen
und fortdauernden Zuwiderhandlung beteiligt hätten. Diese habe in einer Aufteilung der
Märkte, einer Festsetzung von Quoten, einer Aufteilung der Kunden, einer Festsetzung
der Preise und einem Austausch vertraulicher Geschäftsinformationen über Preise,
Kunden und Verkaufsvolumina im EWR mit Ausnahme von Irland, Spanien, Portugal und
dem Vereinigten Königreich bestanden.
2
Das Verfahren wurde nach einem am 20. November 2006 von Akzo Nobel NV
gestellten Antrag auf Geldbußenerlass gemäß der Mitteilung der Kommission über den
Erlass und die Ermäßigung von Geldbußen in Kartellsachen (ABl. 2002, C 45, S. 3, im
Folgenden: Kronzeugenregelung von 2002) eröffnet.
3
Mit Art. 1 Buchst. f der angefochtenen Entscheidung stellte die Kommission fest, dass
die Arques Industries AG, die spätere Gigaset AG, vom 30. August 2004 bis 16. Januar
2007 an der Zuwiderhandlung beteiligt gewesen sei. Insbesondere geht aus Rn. 226 der
angefochtenen Entscheidung hervor, dass nach Auffassung der Kommission Mitarbeiter
der SKW Stahl-Metallurgie GmbH (die bis 2005 unter SKW Stahl-Technik GmbH & Co.
KG firmierte, im Folgenden: SKW) direkt an den Vereinbarungen und/oder abgestimmten
Verhaltensweisen des streitigen Kartells teilgenommen hätten. Aus den Rn. 251 und 252
der angefochtenen Entscheidung geht hervor, dass SKW vom 30. August 2004 bis 16.
Januar 2007 im alleinigen Eigentum der SKW Stahl-Metallurgie Holding AG (im
Folgenden: SKW Holding) stand und dass die Klägerin zuvor vom 30. August 2004 bis
30. November 2006 100 % und dann vom 30. November 2006 bis 16. Januar 2007 mehr
als 57 % des Kapitals der SKW Holding gehalten habe. Aus den in den Rn. 251 bis 262
der angefochtenen Entscheidung angeführten Gründen ging die Kommission davon aus,
dass die Klägerin im Zeitraum zwischen dem 30. August 2004 und dem 16. Januar 2007
zur selben wirtschaftlichen Einheit wie SKW Holding und SKW gehört habe und daher
für den Verstoß der Mitglieder der Geschäftsleitung oder des Personals Letzterer gegen
die Wettbewerbsvorschriften verantwortlich gemacht werden könne.
4
Mit Art. 2 Buchst. f der angefochtenen Entscheidung verhängte die Kommission gegen
die Klägerin sowie gegen SKW und SKW Holding für deren Beteiligung an der streitigen
Zuwiderhandlung gesamtschuldnerisch eine Geldbuße in Höhe von 13,3 Mio. Euro.
Überdies geht aus den Rn. 228 bis 244 der angefochtenen Entscheidung hervor, dass
SKW nach Ansicht der Kommission im Zeitraum vom 22. April bis 30. August 2004,
SKW nach Ansicht der Kommission im Zeitraum vom 22. April bis 30. August 2004,
während dessen SKW ebenfalls an der streitigen Zuwiderhandlung beteiligt gewesen
sei, mit ihren damaligen beiden Muttergesellschaften, der Evonik Degussa GmbH (im
Folgenden: Degussa) und der AlzChem Hart GmbH (im Folgenden: AlzChem), eine
wirtschaftliche Einheit gebildet habe. Daher verhängte sie mit Art. 2 Buchst. g der
angefochtenen Entscheidung gegen diese drei Gesellschaften gesamtschuldnerisch
eine Geldbuße in Höhe von 1,04 Mio. Euro. Hierzu heißt es in Fn. 681 zu Rn. 361 der
angefochtenen Entscheidung:
„[SKW] ist für eine einzige Geldbuße verantwortlich und ihre kumulative
gesamtschuldnerische Haftung mit anderen Adressaten dieser Entscheidung geht nicht
über den Betrag von [13,3 Mio. Euro] hinaus, wenngleich sie mit verschiedenen
juristischen Einheiten für unterschiedliche Beträge gesamtschuldnerisch haftet.“
Verfahren und Anträge der Parteien
5
Mit Klageschrift, die am 6. Oktober 2009 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangen ist,
hat die Klägerin die vorliegende Klage erhoben.
6
Mit am 30. Oktober 2009 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangenem und unter der
Rechtssachennummer T‑395/09 R registriertem besonderem Schriftsatz hat die Klägerin
außerdem einen Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung im Sinne des
Art. 243 EG und der Art. 104 ff. der Verfahrensordnung des Gerichts gestellt. Mit
Beschluss des Präsidenten des Gerichts vom 30. Oktober 2009, Arques
Industries/Kommission (T‑395/09 R, nicht in der amtlichen Sammlung veröffentlicht), der
gemäß Art. 105 § 2 Abs. 2 der Verfahrensordnung ergangen ist, wurde diesem Antrag bis
auf Weiteres stattgegeben. Mit Beschluss des Präsidenten des Gerichts vom 15.
November 2010, Arques Industries/Kommission (T‑395/09 R, nicht in der amtlichen
Sammlung veröffentlicht), wurde die Rechtssache T‑395/09 R im Register des Gerichts
gestrichen, nachdem die Klägerin ihren Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung
zurückgenommen hatte.
7
Infolge der Änderung der Zusammensetzung der Kammern des Gerichts ist der
ursprünglich bestimmte Berichterstatter der Dritten Kammer zugeteilt worden, der die
vorliegende Rechtssache deshalb zugewiesen worden ist. Wegen der teilweisen
Neubesetzung des Gerichts ist die vorliegende Rechtssache einem neuen
Berichterstatter zugewiesen worden, der dieser Kammer angehört.
8
Mit Schriftsatz, der am 15. Juli 2011 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangen ist, hat
die Klägerin das Gericht über die Änderung ihres Firmennamens in Gigaset AG
informiert.
9
Das Gericht (Dritte Kammer) hat auf Bericht des Berichterstatters beschlossen, die
mündliche Verhandlung zu eröffnen, und hat die Kommission im Rahmen
prozessleitender Maßnahmen nach Art. 64 der Verfahrensordnung um Beantwortung
einer Frage und um Vorlage bestimmter Dokumente gebeten. Die Kommission ist dem
fristgerecht nachgekommen.
10
Die Parteien haben in der Sitzung vom 28. Mai 2013 mündlich verhandelt und Fragen
des Gerichts beantwortet.
11
Die Klägerin beantragt,
– die Art. 1, 2, 3 und 4 der angefochtenen Entscheidung für nichtig zu erklären,
soweit sie sie betreffen;
– hilfsweise, die in Art. 2 Buchst. f der angefochtenen Entscheidung gegen sie
verhängte Geldbuße herabzusetzen;
– hilfsweise, die Art. 1 und 3 der angefochtenen Entscheidung für nichtig zu erklären,
soweit sie sie betreffen;
– der Kommission die Kosten aufzuerlegen.
12
Die Kommission beantragt,
– die Klage abzuweisen;
– der Klägerin die Kosten aufzuerlegen.
Rechtliche Würdigung
13
Die Klägerin stützt ihre Klage auf acht Gründe: Erstens liege ein Verstoß gegen Art. 81
EG und Art. 23 Abs. 2 Buchst. a der Verordnung (EG) Nr. 1/2003 des Rates vom 16.
Dezember 2002 zur Durchführung der in den Artikeln 81 [EG] und 82 [EG]
niedergelegten Wettbewerbsregeln (ABl. 2003, L 1, S. 1) vor, soweit die Kommission sie
gesamtschuldnerisch für das Fehlverhalten von SKW zur Verantwortung gezogen habe;
zweitens sei die Begründungspflicht verletzt; drittens liege ein Rechtsfehler vor, soweit
die Kommission vom Vorliegen einer einheitlichen und fortdauernden Zuwiderhandlung
ausgegangen sei; viertens werde in Bezug auf die gesamtschuldnerische Haftung der
Klägerin mit SKW für die Zahlung der Geldbuße die Begründungspflicht verletzt; fünftens
liege ein Verstoß gegen Art. 23 der Verordnung Nr. 1/2003 vor; sechstens sei der
Grundsatz der Gleichbehandlung verletzt; siebtens habe die Kommission gegen Art. 23
der Verordnung Nr. 1/2003 verstoßen, indem sie nicht als mildernden Umstand
zugunsten der Klägerin berücksichtigt habe, dass diese den fraglichen Sachverhalt nicht
bestritten habe; achtens seien Art. 81 EG und Art. 7 der Verordnung Nr. 1/2003 fehlerhaft
angewendet worden, und aus den Art. 1 und 3 der angefochtenen Entscheidung ergebe
sich ein Verstoß gegen die Begründungspflicht. Die Klägerin führt weiter aus, dass sich
von diesen acht Klagegründen die ersten drei auf ihren ersten Klageantrag bezögen, die
folgenden vier ihren zweiten, hilfsweise gestellten Antrag beträfen und der achte
Klagegrund ihren dritten, ebenfalls hilfsweise gestellten Antrag stütze.
14
Der erste und der zweite Klagegrund sind zusammen zu prüfen.
Zum ersten Klagegrund, mit dem ein Verstoß gegen Art. 81 EG und Art. 23 Abs. 2
Buchst. a der Verordnung Nr. 1/2003 gerügt wird, soweit die Kommission die Klägerin
gesamtschuldnerisch für das Fehlverhalten von SKW zur Verantwortung gezogen habe,
und zum zweiten Klagegrund, mit dem ein Verstoß gegen die Begründungspflicht gerügt
wird
15
Wie oben in Rn. 3 ausgeführt, machte die Kommission die Klägerin für die streitige
Zuwiderhandlung allein wegen des Umstands verantwortlich, dass Mitglieder der
Geschäftsleitung oder des Personals von SKW, die nach Auffassung der Kommission im
Zeitraum zwischen dem 30. August 2004 und dem 16. Januar 2007 zur selben
wirtschaftlichen Einheit wie die Klägerin gehörte, daran beteiligt gewesen seien. Bevor
das Vorbringen der Klägerin zur Stützung ihrer ersten beiden Klagegründe
zusammenfassend dargestellt und geprüft wird, ist auf die ständige Rechtsprechung zur
Haftbarmachung der Muttergesellschaft für von ihren Tochtergesellschaften begangene
Zuwiderhandlungen gegen die Wettbewerbsregeln hinzuweisen.
Hinweis auf die einschlägige Rechtsprechung
16
Nach ständiger Rechtsprechung bezeichnet der Begriff des Unternehmens jede eine
wirtschaftliche Tätigkeit ausübende Einrichtung unabhängig von ihrer Rechtsform und
der Art ihrer Finanzierung (vgl. Urteil des Gerichtshofs vom 20. Januar 2011, General
Química u. a./Kommission, C‑90/09 P, Slg. 2011, I‑1, Rn. 34 und die dort angeführte
Rechtsprechung).
17
Der Gerichtshof hat ferner klargestellt, dass in diesem Zusammenhang unter dem
Begriff des Unternehmens eine wirtschaftliche Einheit zu verstehen ist, selbst wenn
diese wirtschaftliche Einheit rechtlich aus mehreren natürlichen oder juristischen
Personen gebildet wird (vgl. Urteil General Química u. a./Kommission, oben in Rn. 16
angeführt, Rn. 35 und die dort angeführte Rechtsprechung).
18
Verstößt eine solche wirtschaftliche Einheit gegen die Wettbewerbsregeln, hat sie nach
dem Grundsatz der persönlichen Verantwortlichkeit für diese Zuwiderhandlung
einzustehen (vgl. Urteil General Química u. a./Kommission, oben in Rn. 16 angeführt,
Rn. 36 und die dort angeführte Rechtsprechung). Wie der Gerichtshof ebenfalls
klargestellt hat, muss die Zuwiderhandlung gegen das Wettbewerbsrecht gleichwohl
eindeutig einer juristischen Person zugerechnet werden, gegen die Geldbußen
festgesetzt werden können, und die Mitteilung der Beschwerdepunkte muss an sie
gerichtet werden. In der Mitteilung der Beschwerdepunkte muss auch angegeben
werden, in welcher Eigenschaft einer juristischen Person die behaupteten Tatsachen zur
Last gelegt werden (Urteil des Gerichtshofs vom 10. September 2009, Akzo
Nobel u. a./Kommission, C‑97/08 P, Slg. 2009, I‑8237, Rn. 57).
19
Zur Frage, unter welchen Umständen einer juristischen Person, die nicht Urheberin der
Zuwiderhandlung ist, dennoch Sanktionen auferlegt werden können, ergibt sich aus
ständiger Rechtsprechung, dass einer Muttergesellschaft das Verhalten ihrer
Tochtergesellschaft insbesondere dann zugerechnet werden kann, wenn die
Tochtergesellschaft trotz eigener Rechtspersönlichkeit ihr Marktverhalten nicht autonom
bestimmt, sondern im Wesentlichen Weisungen der Muttergesellschaft befolgt, und zwar
vor allem wegen der wirtschaftlichen, organisatorischen und rechtlichen Bindungen
zwischen diesen beiden Rechtssubjekten (vgl. Urteil General Química u. a./Kommission,
oben in Rn. 16 angeführt, Rn. 37 und die dort angeführte Rechtsprechung).
20
Da nämlich in einem solchen Fall die Muttergesellschaft und ihre Tochtergesellschaft
Teil ein und derselben wirtschaftlichen Einheit sind und damit ein Unternehmen im Sinne
von Art. 81 EG bilden, kann die Kommission eine Entscheidung, mit der Geldbußen
verhängt werden, an die Muttergesellschaft richten, ohne dass deren persönliche
Beteiligung an der Zuwiderhandlung nachzuweisen wäre (vgl. Urteil General Química
u. a./Kommission, oben in Rn. 16 angeführt, Rn. 38 und die dort angeführte
Rechtsprechung).
21
Der Gerichtshof hat insoweit außerdem klargestellt, dass in dem besonderen Fall, dass
eine Muttergesellschaft 100 % des Kapitals ihrer Tochtergesellschaft hält, die gegen die
Wettbewerbsregeln der Union verstoßen hat, zum einen diese Muttergesellschaft einen
bestimmenden Einfluss auf das Verhalten dieser Tochtergesellschaft ausüben kann und
zum anderen eine widerlegliche Vermutung (im Folgenden: kapitalbezogene Vermutung)
besteht, dass die Muttergesellschaft tatsächlich einen solchen Einfluss ausübt. Unter
diesen Umständen braucht die Kommission nur nachzuweisen, dass die
Muttergesellschaft das gesamte Kapital der Tochtergesellschaft hält, damit die
Vermutung eingreift, dass die Muttergesellschaft einen bestimmenden Einfluss auf die
Geschäftspolitik der Tochtergesellschaft ausübt. Die Kommission kann in der Folge die
Muttergesellschaft als Gesamtschuldnerin für die Zahlung der gegen ihre
Tochtergesellschaft verhängten Geldbuße in Anspruch nehmen, sofern die
Muttergesellschaft, der es obliegt, die genannte Vermutung zu widerlegen, keine
ausreichenden Beweise dafür erbringt, dass ihre Tochtergesellschaft auf dem Markt
eigenständig auftritt (vgl. Urteil General Química u. a./Kommission, oben in Rn. 16
angeführt, Rn. 39 und 40 und die dort angeführte Rechtsprechung; Urteile des
Gerichtshofs vom 29. März 2011, ArcelorMittal Luxembourg/Kommission und
Kommission/ArcelorMittal Luxembourg u. a., C‑201/09 P und C‑216/09 P, Slg. 2011,
I‑2239, Rn. 97, und vom 3. Mai 2012, Legris Industries/Kommission, C‑289/11 P, noch
nicht in der amtlichen Sammlung veröffentlicht, Rn. 46).
Angefochtene Entscheidung
22
Aus Rn. 226 der angefochtenen Entscheidung geht hervor, dass die Kommission SKW
für die streitige Zuwiderhandlung für den Zeitraum vom 22. April 2004 bis 16. Januar
2007 wegen einer unmittelbaren Beteiligung bestimmter Mitglieder der Geschäftsleitung
oder des Personals von SKW an den streitigen wettbewerbswidrigen Vereinbarungen
und Verhaltensweisen haftbar machte. Was die Haftung von SKW Holding für die
Zuwiderhandlung betrifft, wies die Kommission in Rn. 245 der angefochtenen
Entscheidung darauf hin, dass SKW im Zeitraum vom 30. August 2004 bis 16. Januar
2007 eine 100%ige Tochtergesellschaft der SKW Holding gewesen sei. Aus diesen
Gründen und aufgrund der oben in Rn. 21 angeführten Rechtsprechung, auf die auch in
Rn. 206 der angefochtenen Entscheidung hingewiesen wird, ging die Kommission davon
aus, dass sie SKW Holding während des Zeitraums, in dem diese das gesamte Kapital
von SKW hielt, für deren Zuwiderhandlung haftbar machen könne (vgl. auch Rn. 227 der
angefochtenen Entscheidung). Dessen ungeachtet wies die Kommission in Rn. 246 der
angefochtenen Entscheidung auf bestimmte weitere Umstände hin, die ihrer Ansicht
nach die Vermutung eines bestimmenden Einflusses und den sich daraus ergebenden
Schluss bestätigten, dass nämlich SKW Holding während des Zeitraums, in dem sie das
Schluss bestätigten, dass nämlich SKW Holding während des Zeitraums, in dem sie das
gesamte Kapital von SKW gehalten habe, einen bestimmenden Einfluss auf deren
Marktverhalten gehabt habe und somit für die von ihrer Tochtergesellschaft begangene
Zuwiderhandlung haftbar gemacht werden könne.
23
In Bezug auf die Klägerin führte die Kommission in den Rn. 251 und 252 der
angefochtenen Entscheidung aus:
„(251) Ab 30. August 2004 und mindestens bis 16. Januar 2007 stand [SKW] im direkten
100%igen Eigentum der [SKW Holding]. Letztere stand bis 30. November 2006 im
100%igen Eigentum [der Klägerin]. Deshalb kann die Kommission für denselben
Zeitraum das von der Tochtergesellschaft praktizierte rechtswidrige Kartellverhalten
der [Klägerin] zurechnen.
(252) Dessen ungeachtet liegen der Kommission für den Zeitraum vom 30. November
2006 bis 16. Januar 2007, in dem die [Klägerin] etwas mehr als 57 % hielt …, einige
Fakten vor, die den entscheidenden Einfluss der Muttergesellschaft auf die
Tochtergesellschaft belegen und damit zeigen, dass sie ein einziges Unternehmen
darstellten:
– Die Beziehung zur Muttergesellschaft … wurde über [SKW Holding]
hergestellt. Letztere war die neu geschaffene zwischengeschaltete
Holdinggesellschaft, die von [der Klägerin] mit dem Ziel gegründet wurde, die
neu übernommene Tochtergesellschaft zu verwalten. …
– Für die Verwaltung der zwischengeschalteten Holdinggesellschaft ernannte
[die Klägerin] als Geschäftsführer eine Person ihres Vertrauens, nämlich den
Mitarbeiter, der bei [der Klägerin] unter anderem für den Erwerb der
Tochtergesellschaft verantwortlich war. …
– Der Geschäftsführer der zwischengeschalteten Holdinggesellschaft erstattete
der Muttergesellschaft regelmäßig Bericht über die wirtschaftlichen
Leistungen der Tochtergesellschaft – Entwicklung von Umsatz und Ergebnis,
Cashflow und Liquiditätsplanung, Budgetplanung. …
– Der Geschäftsführer der zwischengeschalteten Holdinggesellschaft
informierte [die Klägerin] über die Fortschritte bei der Umstrukturierung der
Tochtergesellschaft und nach Abschluss dieser Umstrukturierung, über die
künftigen Entwicklungen der Tochtergesellschaft, zum Beispiel über eine
Geschäftserweiterung durch die Übernahme neuer Firmen. …
– Unterlagen aus der fraglichen Zeit zeigen, dass der Geschäftsführer der
zwischengeschalteten
Holdinggesellschaft
die
Zustimmung
des
Hauptgeschäftsführers [der Klägerin] zu strategischen Entscheidungen
benötigte, durch die Rentabilität und Wachstum der Tochtergesellschaft direkt
beeinflusst wurden. …
– Der Geschäftsführer der Tochtergesellschaft konnte direkten Kontakt mit
einem Vorstandsmitglied [der Klägerin] aufnehmen, um Fragen zu erörtern,
die direkten Einfluss auf das Geschäft der Tochtergesellschaft hatten. …
die direkten Einfluss auf das Geschäft der Tochtergesellschaft hatten. …
– Bei Zusammenkünften mit Mitbewerbern wurde der Geschäftsführer der
Tochtergesellschaft manchmal von einem Vorstandsmitglied [der Klägerin]
begleitet. …
– Der Umsatz der Tochtergesellschaft wurde in den Umsatz [der Klägerin] vom
1. September 2004 bis 20. Juli 2007 einbezogen …, woran sich zeigt, dass
das von der Tochtergesellschaft erzielte Einkommen zu den wirtschaftlichen
Leistungsdaten der Muttergesellschaft beitrug.
– Bevor die zwischengeschaltete Holdinggesellschaft an der Börse eingeführt
wurde, verstärkte [die Klägerin] ihre Überwachung durch Ernennung mehrerer
Mitglieder
ihres
Vorstands,
darunter
des
stellvertretenden
Vorstandsvorsitzenden,
zu
Mitgliedern
des
Verwaltungsrats
der
Holdinggesellschaft. … Sie waren daher in der Lage, über die
Tochtergesellschaft eine direkte Kontrolle auszuüben. Außerdem wurde die
bisherige Verwaltungsstruktur ohne Unterbrechung fortgesetzt. …“
24
Zum besseren Verständnis dieser Passage der angefochtenen Entscheidung ist darauf
hinzuweisen, dass mit Muttergesellschaft offenkundig die Klägerin und mit
Tochtergesellschaft SKW gemeint ist und dass es sich bei der zwischengeschalteten
Holdinggesellschaft um SKW Holding handelt.
25
In ihrer Erwiderung auf die Mitteilung der Beschwerdepunkte hatte die Klägerin die in
Rn. 252 der angefochtenen Entscheidung angeführten Umstände bestritten. Ihre insoweit
vorgebrachten Argumente wurden von der Kommission in den Rn. 253 bis 262 der
angefochtenen Entscheidung geprüft und zurückgewiesen.
Zum Umfang des ersten Klagegrundes
26
Es ist festzustellen, dass die Klägerin mit ihrem Vorbringen zum ersten Klagegrund, den
sie in ihren Schriftsätzen geltend macht, weder die in der angefochtenen Entscheidung
getroffene Feststellung (siehe oben, Rn. 22) in Frage stellt, SKW und SKW Holding
seien im Zeitraum vom 30. August 2004 bis 16. Januar 2007 Teil derselben
wirtschaftlichen Einheit gewesen, so dass die von bestimmten Mitgliedern der
Geschäftsleitung und des Personals von SKW begangene Zuwiderhandlung SKW
Holding zugerechnet werden könne, noch die in der angefochtenen Entscheidung
getroffene und auf die Vermutung eines bestimmenden Einflusses gestützte Feststellung,
die Klägerin habe im Zeitraum vom 30. August 2004 bis 30. November 2006 (in dem die
Klägerin 100 % des Kapitals der SKW Holding gehalten habe) mit SKW Holding eine
wirtschaftliche Einheit gebildet. Die Argumente, die die Klägerin in ihren Schriftsätzen
zur Stützung des ersten Klagegrundes vorbringt, zielen lediglich darauf ab, das
Vorliegen einer aus ihr selbst und SKW Holding bestehenden wirtschaftlichen Einheit
nach dem 30. November 2006 und bis zum Ende der Zuwiderhandlung zu bestreiten,
d. h. für den Zeitraum, in dem die Vermutung eines bestimmenden Einflusses für das
Verhältnis zwischen der Klägerin und SKW Holding nicht mehr galt, da die Klägerin nur
noch ungefähr 57 % des Kapitals der SKW Holding hielt.
27
Nachdem die Klägerin in der mündlichen Verhandlung aufgefordert worden war, den
27
Nachdem die Klägerin in der mündlichen Verhandlung aufgefordert worden war, den
Umfang des ersten Klagegrundes zu präzisieren, hat sie bestätigt, dass sie das
Vorliegen einer aus ihr selbst und SKW Holding bestehenden wirtschaftlichen Einheit im
Zeitraum vor dem 30. November 2006 nicht in Frage stelle. Zum Vorliegen einer aus
SKW Holding und SKW – der die an der Zuwiderhandlung beteiligten natürlichen
Personen angehörten – bestehenden wirtschaftlichen Einheit hat die Klägerin darauf
hingewiesen, dass diese beiden Gesellschaften ebenfalls eine Klage beim Gericht
gegen die angefochtene Entscheidung erhoben hätten und in diesem Zusammenhang
u. a. die Feststellung der Kommission zurückgewiesen hätten, sie hätten im Zeitraum der
Zuwiderhandlung eine wirtschaftliche Einheit gebildet. Die Klägerin hat außerdem darauf
hingewiesen, dass sie in der genannten Rechtssache als Streithelferin zur Unterstützung
der Anträge von SKW und SKW Holding zugelassen worden sei. Sollte das Gericht also
in seinem Urteil bezüglich der Klage von SKW und SKW Holding zu der Feststellung
gelangen, dass die von Mitarbeitern oder Mitgliedern des Vorstands von SKW
begangene Zuwiderhandlung SKW Holding nicht zugerechnet werden könne, müsse
diese Feststellung auch im Rahmen der vorliegenden Rechtssache berücksichtigt
werden. Die Kommission hat dieses letztgenannte Argument zurückgewiesen und
geltend gemacht, dass die Klägerin hierzu in ihrer Klageschrift gezielt hätte vortragen
müssen, um die rechtlich hinreichend auf die Vermutung eines bestimmenden Einflusses
gestützte Feststellung in Frage zu stellen, dass SKW und SKW Holding während des
Zeitraums der Zuwiderhandlung eine einzige wirtschaftliche Einheit gebildet hätten.
28
Ohne dass es erforderlich wäre, über diese zwischen den Parteien bestehende
Meinungsverschiedenheit zu entscheiden, genügt jedenfalls der Hinweis, dass das
Gericht die von SKW und SKW Holding gegen die angefochtene Entscheidung
erhobene Klage mit Urteil vom 23. Januar 2014, SKW Stahl-Metallurgie Holding und
SKW Stahl-Metallurgie/Kommission (T‑384/09, noch nicht in der amtlichen Sammlung
veröffentlicht), in vollem Umfang abgewiesen und in diesem Zusammenhang bestätigt
hat, dass diese beiden Gesellschaften während des gesamten Zeitraums der
Zuwiderhandlung Teil derselben wirtschaftlichen Einheit waren.
29
Folglich ist die einzige Frage, die zur Beurteilung des ersten Klagegrundes zu prüfen
ist, die, ob die Klägerin und SKW Holding vom 30. November 2006 bis 16. Januar 2007
eine wirtschaftliche Einheit bildeten. Sollte diese Frage zu bejahen sein, wäre in
Anbetracht dessen, dass, wie das Gericht im Urteil SKW Stahl-Metallurgie Holding und
SKW Stahl-Metallurgie/Kommission (oben in Rn. 28 angeführt) festgestellt hat, in
demselben Zeitraum SKW Holding zusammen mit SKW eine wirtschaftliche Einheit
bildete, festzustellen, dass die von Mitgliedern der Geschäftsleitung oder des Personals
von SKW begangene und von der Kommission nicht nur SKW, sondern ebenso SKW
Holding zugerechnete streitige Zuwiderhandlung auch der Klägerin zugerechnet werden
könnte.
Zum Vorliegen einer wirtschaftlichen Einheit zwischen der Klägerin und SKW Holding
30
Nach der oben in Rn. 19 angeführten Rechtsprechung kann sich die Kommission, wenn
sie der Muttergesellschaft das wettbewerbswidrige Verhalten einer Tochtergesellschaft
zurechnen möchte, nicht mit der Feststellung begnügen, dass diese Gesellschaft einen
bestimmenden Einfluss auf das Marktverhalten ihrer Tochtergesellschaft ausüben
bestimmenden Einfluss auf das Marktverhalten ihrer Tochtergesellschaft ausüben
„konnte“, ohne dass zu prüfen wäre, ob dieser Einfluss tatsächlich ausgeübt wurde.
Vielmehr obliegt es ihr grundsätzlich, einen solchen entscheidenden Einfluss anhand
einer Reihe tatsächlicher Umstände zu beweisen (vgl. Urteil des Gerichts vom 27.
September 2006, Avebe/Kommission, T‑314/01, Slg. 2006, II‑3085, Rn. 136 und die dort
angeführte Rechtsprechung). Wie der Gerichtshof in seinem Urteil vom 1. Juli 2010,
Knauf Gips/Kommission (C‑407/08 P, Slg. 2010, I‑6375, Rn. 100), entschieden hat, sind
bei der Prüfung der Frage, ob eine Gesellschaft ihr Marktverhalten autonom bestimmt,
sämtliche Gesichtspunkte zu berücksichtigen, die im Zusammenhang mit den
wirtschaftlichen, organisatorischen und rechtlichen Verbindungen zwischen dieser
Gesellschaft und der als für das Handeln der Gruppe verantwortlich angesehenen
Gesellschaft der Gruppe relevant sind und die von Fall zu Fall variieren und daher nicht
abschließend aufgezählt werden können.
31
Nur als Hinweis sei erwähnt, dass nach der Rechtsprechung im Rahmen der Prüfung,
ob mehrere zu einer Gruppe gehörende Unternehmen eine wirtschaftliche Einheit bilden,
geprüft worden ist, ob die Muttergesellschaft die Preispolitik, die Herstellungs- und
Vertriebsaktivitäten, die Verkaufsziele, die Bruttomargen, die Verkaufskosten, den „cash
flow“, die Lagerbestände und das Marketing ihrer Tochtergesellschaft beeinflussen
konnte (vgl. Urteil des Gerichts vom 12. Dezember 2007, Akzo Nobel u. a./Kommission,
T‑112/05, Slg. 2007, II‑5049, Rn. 64 und die dort angeführte Rechtsprechung).
32
Außerdem obliegt es der Kommission, wie sich der oben in den Rn. 19 bis 21
angeführten Rechtsprechung entnehmen lässt, in dem Fall, dass die Voraussetzungen
für die Vermutung eines bestimmenden Einflusses nicht vorliegen, wie dies im Verhältnis
zwischen der Klägerin und SKW Holding für den Zeitraum vom 30. November 2006 bis
16. Januar 2007 der Fall ist, den Beweis für das Vorliegen einer wirtschaftlichen Einheit
zwischen zwei Einrichtungen zu erbringen, wenn sie eine dieser Einrichtungen für eine
von der anderen begangene Zuwiderhandlung zur Verantwortung ziehen möchte.
Jedoch ist darauf hinzuweisen, dass die tatsächlichen Gesichtspunkte, auf die sich eine
Partei beruft, die andere Partei zu einer Erläuterung oder Rechtfertigung zwingen
können, wobei sonst der Schluss zulässig ist, dass den Anforderungen an die
Beweislast genügt wurde (vgl. Urteile des Gerichtshofs vom 7. Januar 2004, Aalborg
Portland u. a./Kommission, C‑204/00 P, C‑205/00 P, C‑211/00 P, C‑213/00 P,
C‑217/00 P und C‑219/00 P, Slg. 2004, I‑123, Rn. 78 und 79, und vom 17. Juni 2010,
Lafarge/Kommission, C‑413/08 P, Slg. 2010, I‑5361, Rn. 29).
33
Im Licht der vorstehenden Erwägungen ist zu prüfen, ob die Kommission im
vorliegenden Fall zu Recht feststellte, dass die Klägerin und SKW Holding im Zeitraum
vom 30. November 2006 bis 16. Januar 2007 eine wirtschaftliche Einheit gebildet hätten
und dass folglich die Verantwortlichkeit für die streitige Zuwiderhandlung für eben diesen
Zeitraum auch der Klägerin habe zugerechnet werden können.
34
Hierzu ist darauf hinzuweisen, dass die Kommission, wie aus Rn. 29 der angefochtenen
Entscheidung hervorgeht, bei ihrer Entscheidung den Umstand berücksichtigt hat, dass
die Klägerin „ein Unternehmen mit großem Sachverstand im Bereich der
Umstrukturierung [war], das sich auf den Erwerb von Unternehmen in besonderer
Lage … konzentriert[e]“. Diese Aussage wird durch die Antwort der Klägerin auf die
Mitteilung der Beschwerdepunkte bestätigt, die im Übrigen in der Klageschrift selbst von
Mitteilung der Beschwerdepunkte bestätigt, die im Übrigen in der Klageschrift selbst von
sich behauptet hat, „ein Turnaround-Spezialist [zu sein], der sich auf den Erwerb und die
aktive Restrukturierung von Unternehmen in Umbruchsituationen konzentriert [habe]“.
35
In ihrer Antwort vom 11. Februar 2008 auf ein Auskunftsverlangen der Kommission
machte die Klägerin zu ihrer Geschäftstätigkeit folgende Ausführungen:
„Das operative Geschäft der Arques Industries AG beschränkt sich auf die ‚strategische
Entwicklung des Beteiligungsportfolios‘. Kern der Geschäftstätigkeit der Arques
Industries AG und deren Wertschöpfungskette ist somit der Erwerb von Unternehmen in
Umbruchsituationen und in sanierungsbedürftigem Zustand zu günstigen Preisen und
Einstandskonditionen (Unternehmensbereich Akquisition), die Unterstützung und
Begleitung der Entwicklung dieser Unternehmen durch Realisierung der
Wertentwicklungspotentiale hin zum ‚Turn Around‘, um so ein wertschöpfendes, cash
flow positives, den Anforderungen der Märkte gerecht werdendes Unternehmen zu
gestalten (Unternehmensbereich Operations), um dieses Unternehmen mit weiterem
Wachstumspotential
und
positiver
Zukunftsaussicht
(Arques
ist
kein
Wachstumsfinanzierer …) an einen strategischen oder Finanzinvestor wieder zu
veräußern und um so den Sanierungserfolg durch der Kaufpreisfindung zugrunde
liegende künftige Ertragspotentiale zu realisieren (Unternehmensbereich Exit). Die
Beteiligungsunternehmen der Arques Industries AG durchlaufen in der Zeit, in welcher
sie dem Arques-Konzern zugehören[,] einen Lebenszyklus entsprechend Sanierung –
‚Turn Around‘ – Unternehmensentwicklung – Wachstumspotential von geschätzt 3 bis 5
Jahren. ‚Strategische Entwicklung des Beteiligungsportfolios‘ heißt damit, ständig auf der
Suche nach sanierungsbedürftigen, aber auch sanierungsfähigen und potenzialstarken
Unternehmen zu sein und andererseits für einen kontinuierlichen Abgang von erfolgreich
sanierten Beteiligungsunternehmen zu sorgen, um damit auch die Mittel für das vom Ziel
her ausschließlich eigenkapitalfinanzierte Geschäftsmodell zu befördern.“
36
Des Weiteren ist unstreitig, dass SKW Holding von der Klägerin als bloße
zwischengeschaltete Gesellschaft für den Erwerb des gesamten Kapitals von SKW
verwendet wurde, die sie von Degussa erwarb. Die dahin gehende Behauptung in Rn.
252 erster Gedankenstrich der angefochtenen Entscheidung erweist sich somit als
zutreffend. Die Kommission verweist insoweit nämlich in Fn. 541 der angefochtenen
Entscheidung u. a. auf die oben in Rn. 35 angeführte Antwort der Klägerin vom 11.
Februar 2008. Die Klägerin hat darin im Wesentlichen vorgetragen, sie habe das
gesamte Kapital von SKW Holding von einer auf die Gründung von
Vorratsgesellschaften spezialisierten Gesellschaft gerade zu dem Zweck erworben,
SKW Holding für den Erwerb des gesamten Kapitals von SKW zu verwenden, die sie
von Degussa erwerben wollte (und in der Folge auch erworben hat).
37
Es ist außerdem darauf hinzuweisen, dass sich der Erwerb von SKW durch die Klägerin
in den Rahmen von deren oben in Rn. 35 beschriebener allgemeiner Geschäftsstrategie
einfügt, d. h., dass die Klägerin beabsichtigte, SKW umzustrukturieren, nach erfolgreicher
Umstrukturierung zu einem über dem Erwerbspreis liegenden Preis zu veräußern und
damit einen Gewinn zu erzielen. Die Klägerin hat weder im Verwaltungsverfahren noch
vor dem Gericht das Gegenteil behauptet, und außerdem hat die Kommission als Anlage
zu ihrer Klagebeantwortung eine Pressemitteilung der Klägerin vom 20. Juli 2007
zu ihrer Klagebeantwortung eine Pressemitteilung der Klägerin vom 20. Juli 2007
vorgelegt, die von dieser anlässlich der Übertragung des noch von ihr an SKW
gehaltenen Kapitals herausgegeben worden war und diese Auffassung bestätigt. Dieser
Pressemitteilung zufolge, die auf der Internetseite der Klägerin verfügbar war, hatte die
Klägerin SKW vom Degussa-Konzern übernommen und „nach durchgreifender
Restrukturierung und Neuausrichtung“ an die Börse gebracht.
38
Es ist festzustellen, dass die oben angeführten Umstände, die letztlich nur das eigene
Vorbringen der Klägerin zusammenfassen, für die Auffassung sprechen, dass die
Klägerin einen bestimmenden Einfluss auf das Marktverhalten der SKW Holding und
über diese auf SKW ausübte. Es ist nämlich nur schwer nachvollziehbar, wie die
Klägerin eine Um- und Restrukturierung von SKW hätte vornehmen können, ohne einen
bestimmenden Einfluss auf deren Marktverhalten und damit zwangsläufig auf das
Verhalten der SKW Holding auszuüben, die das gesamte Kapital von SKW hielt.
39
Zwar hat die Klägerin in ihrer Klageschrift eine Behauptung wiederholt, die sie bereits in
ihrer Erwiderung auf die Mitteilung der Beschwerdepunkte vorgebracht hatte und wonach
gemäß ihrem Geschäftsmodell die Tochtergesellschaften „für ihre wirtschaftliche
Entwicklung selbst verantwortlich [sind]“, während sie selbst „lediglich die allgemeine
Geschäftsentwicklung [beobachtet], aber nicht [steuert]“. Sollte diese Behauptung dahin
zu verstehen sein, dass SKW oder SKW Holding über völlige Autonomie bei der
Führung ihrer Geschäfte verfügten, stünde sie im Widerspruch zu den oben in den Rn. 34
bis 38 angeführten Gesichtspunkten und Erwägungen, so das ihr nicht gefolgt werden
könnte.
40
Diese Behauptung ist in den Kontext des Vorbringens der Klägerin zu stellen, wonach
im Wesentlichen weder sie selbst noch SKW Holding irgendeinen Einfluss auf die
operativen Entscheidungen von SKW ausgeübt hätten. Die Klägerin trug bereits im
Verwaltungsverfahren ein dahin gehendes Argument vor, das die Kommission in Rn. 254
der angefochtenen Entscheidung zusammenfassend darstellte und mit der in Rn. 255
dieser Entscheidung angeführten Begründung zurückwies. Diese beiden Randnummern
lauten:
„(254) In Bezug auf den Einfluss der Muttergesellschaft auf die Tochtergesellschaft
nimmt [die Klägerin] eine Unterscheidung zwischen operativen Entscheidungen
einerseits und strategischen Entscheidungen andererseits vor. … Sie macht
geltend, als Finanzinvestor wegen ihres fehlenden Know-how und ihrer
mangelnden Erfahrungen im operativen Geschäft niemals irgendwelche
geschäftlichen Entscheidungen im Bereich Calciumcarbid oder Magnesium
getroffen zu haben. …
(255) Die Trennung der operativen und der strategischen Entscheidungen in Bezug auf
ein bestimmtes Unternehmen ist unnatürlich, zumal dies in rechtlicher Hinsicht
bedeuten würde, dass eine Muttergesellschaft nur dann für das rechtswidrige
Verhalten ihrer Tochtergesellschaft haftbar gemacht wird, wenn sie deren operative
Entscheidungen beeinflusst hat, nicht jedoch, wenn sie die strategischen
Entscheidungen der Gesellschaft am Markt bestimmt hat. Das Konzept der
einheitlichen wirtschaftlichen Einheit ist mit solch einer akademischen
Kategorisierung von Geschäftstätigkeiten am Markt nicht vereinbar. Ein solcher
Kategorisierung von Geschäftstätigkeiten am Markt nicht vereinbar. Ein solcher
Ansatz steht auch im Widerspruch zur Realität, da gerade die strategischen
Entscheidungen das Verhalten der Gesellschaft am Markt maßgeblich bestimmen.
Strategische Entscheidungen betreffen die allgemeine Entwicklung der
Tochtergesellschaft, die Frage, ob sie am Markt überleben soll oder nicht, ob ihre
Geschäftstätigkeit ausgeweitet oder eingeschränkt werden soll, ob Investitionen
oder Übernahmen … getätigt werden sollen sowie ob … und zu welchem Preis …
sie veräußert werden soll.“
41
Die Klägerin hat in der Klageschrift das Argument, das sie bereits im
Verwaltungsverfahren vorgebracht hatte und das in Rn. 254 der angefochtenen
Entscheidung zusammenfassend dargestellt wurde, wiederholt. Sie führt zum einen
weiter aus, dass die mögliche Veräußerung der Tochtergesellschaft durch die
Muttergesellschaft, die die Kommission als Beispiel für eine strategische Entscheidung
anführe, für die Frage eines bestimmenden Einflusses der Muttergesellschaft auf die
Tochtergesellschaft ohne Bedeutung sei, da diese Entscheidung immer von Ersterer
getroffen werden müsse.
42
Zum anderen macht sie geltend, dass die Kommission, indem sie verneine, dass der
Unterscheidung zwischen operativen und strategischen Entscheidungen eine
Bedeutung zukomme, der Konsolidierten Mitteilung der Kommission zu
Zuständigkeitsfragen gemäß der Verordnung (EG) Nr. 139/2004 des Rates über die
Kontrolle von Unternehmenszusammenschlüssen (ABl. 2009, C 43, S. 10) widerspreche.
Aus den Nrn. 54, 56, 58, 62, 65 bis 67, 77, 78 und 80 dieser Mitteilung gehe hervor, dass
für die Begründung der Kontrolle eines Unternehmens auf die Möglichkeit abgestellt
werde, strategische Entscheidungen zu treffen. Außerdem zeigten die Nrn. 81 und 93
dieser Mitteilung deutlich, dass es erforderlich sei, zwischen dem Tagesgeschäft eines
Unternehmens und strategischen Entscheidungen zu differenzieren. Für den
Kontrollbegriff im Rahmen der Anwendung der Verordnung (EG) Nr. 139/2004 des Rates
vom 20. Januar 2004 über die Kontrolle von Unternehmenszusammenschlüssen (ABl.
L 24, S. 1) reiche die Möglichkeit aus, strategische Entscheidungen zu treffen. Für das
Vorliegen einer wirtschaftlichen Einheit zwischen zwei Einrichtungen, aufgrund dessen
einer dieser beiden Einrichtungen die Haftung für eine von der anderen begangene
Zuwiderhandlung gegen die Wettbewerbsregeln zugerechnet werden könne, sei
hingegen die tatsächliche Ausübung eines bestimmenden Einflusses erforderlich. Selbst
wenn sie tatsächlich SKW betreffende strategische Entscheidungen getroffen habe,
bedeute dies nicht, dass sie Einfluss auf deren Tagesgeschäft genommen habe.
43
Dieses Vorbringen der Klägerin ist nicht geeignet, die in Rn. 255 der angefochtenen
Entscheidung dargelegten Erwägungen in Frage zu stellen. Was das oben in Rn. 41
zusammenfassend dargestellte Argument betrifft, ist darauf hinzuweisen, dass die
Kommission sich darauf beschränkte, festzustellen, dass zu den Fragen im
Zusammenhang mit der allgemeinen Entwicklung einer Tochtergesellschaft, die durch
die hinsichtlich dieser Tochtergesellschaft getroffenen strategischen Entscheidungen
beeinflusst werden könnten, die Frage zähle, ob und zu welchem Preis diese
Tochtergesellschaft möglicherweise veräußert werde. Diese Feststellung ist im Übrigen
zutreffend. Entgegen dem, was die Klägerin offenbar geltend macht, kann diese
Erwägung der Kommission nicht dahin verstanden werden, dass eine Muttergesellschaft
Erwägung der Kommission nicht dahin verstanden werden, dass eine Muttergesellschaft
allein deshalb einen bestimmenden Einfluss auf die Tochtergesellschaft ausübt, weil die
Entscheidung über eine mögliche Veräußerung der Tochtergesellschaft zwangsläufig in
die Zuständigkeit der Muttergesellschaft fällt.
44
Zu dem oben in Rn. 42 angeführten Argument ist darauf hinzuweisen, dass die
Kommission, entgegen der Behauptung der Klägerin, in Rn. 255 der angefochtenen
Entscheidung die Unterscheidung zwischen Entscheidungen über operative Fragen und
solchen über strategische Fragen nicht außer Acht gelassen hat. Im Wesentlichen hat sie
lediglich behauptet, dass der Umstand allein, dass die Muttergesellschaft sich darauf
beschränke, die strategischen Entscheidungen in Bezug auf ihre Tochtergesellschaft zu
treffen, ohne sich in die operativen Fragen einzumischen, nicht ausreiche, um einen
bestimmenden Einfluss der Muttergesellschaft auf das Verhalten der Tochtergesellschaft
oder das Vorliegen einer wirtschaftlichen Einheit zwischen beiden auszuschließen.
Diese Behauptung ist zutreffend und wird durch das Vorbringen der Klägerin nicht in
Frage gestellt. Unabhängig davon, dass die Konsolidierte Mitteilung der Kommission zu
Zuständigkeitsfragen gemäß der Verordnung Nr. 139/2004 die Anwendung dieser
Verordnung betrifft und damit für die vorliegende Rechtssache nicht unmittelbar relevant
ist, in der es um die Anwendung der Verordnung Nr. 1/2003 geht, ist darauf hinzuweisen,
dass diese Mitteilung nach eigenen Angaben der Klägerin bei der Frage der Kontrolle
eines Unternehmens auch den strategischen Entscheidungen Bedeutung beimisst.
45
Außerdem hat das Gericht in seinem Urteil vom 12. Dezember 2007, Akzo Nobel
u. a./Kommission (oben in Rn. 31 angeführt, Rn. 63 und 64), die Ansicht ausdrücklich
verworfen, der zufolge der bestimmende Einfluss, der es rechtfertigen könne, dass der
Muttergesellschaft die Haftung für die von der Tochtergesellschaft begangene
Zuwiderhandlung zugerechnet werde, sich nur auf die Geschäftspolitik dieser
Tochtergesellschaft im engen Sinne beziehen könne, d. h. beispielsweise die Vertriebs-
und Preisstrategie. Das Gericht hat zudem darauf hingewiesen, dass es bei der
Beurteilung der Frage nach dem Vorliegen einer wirtschaftlichen Einheit zwischen zwei
Einrichtungen alle Angaben berücksichtigen muss, die ihm die Parteien vorlegen, wobei
deren Charakter und Bedeutung je nach den Merkmalen des jeweiligen Falls variieren
können (Urteil vom 12. Dezember 2007, Akzo Nobel u. a./Kommission, oben in Rn. 31
angeführt, Rn. 65). Darüber hinaus hat das Gericht hervorgehoben, dass es dafür, dass
die Zuwiderhandlung eines Tochterunternehmens dessen Mutterunternehmen
zugerechnet wird, nicht des Beweises bedarf, dass das Mutterunternehmen Einfluss auf
die Politik seines Tochterunternehmens in dem spezifischen Bereich nimmt, in dem es
zu der Zuwiderhandlung gekommen ist (Urteil vom 12. Dezember 2007, Akzo Nobel
u. a./Kommission, oben in Rn. 31 angeführt, Rn. 83).
46
Die oben in Rn. 45 angeführte Rechtsprechung ist der Klägerin bekannt. Gleichwohl
macht sie geltend, dass auch dann, wenn eine die Zurechnung des rechtswidrigen
Verhaltens der Tochtergesellschaft an die Muttergesellschaft ermöglichende
wirtschaftliche Einheit zwischen Mutter- und Tochterunternehmen bestehen könne, bei
der Ausübung des Ermessens durch die Kommission, ob sie auch gegen die
Muttergesellschaft vorgehe, berücksichtigt werden müsse, ob diese Einfluss auf das
Tagesgeschäft der Tochtergesellschaft genommen habe oder Letztere in dieser Hinsicht
habe autonom handeln können, wie es bei SKW der Fall gewesen sei. Dieses
Vorbringen steht in engem Zusammenhang mit dem zweiten Klagegrund und wird
Vorbringen steht in engem Zusammenhang mit dem zweiten Klagegrund und wird
zusammen mit diesem in den folgenden Rn. 89 bis 98 geprüft.
47
Es ist außerdem darauf hinzuweisen, dass der in Rn. 252 zweiter Gedankenstrich der
angefochtenen Entscheidung festgestellte Umstand, dass die Klägerin ihren für den
Erwerb von SKW verantwortlichen Mitarbeiter für die Verwaltung der für diesen Erwerb
verwendeten Holdinggesellschaft (SKW Holding) ernannt habe, ebenfalls die oben in
Rn. 38 dargelegte Erwägung bestätigt, wonach die Geschäftsstrategie der Klägerin und
das von dieser mit dem Erwerb von SKW verfolgte Ziel die Ausübung eines
bestimmenden Einflusses auf SKW Holding und über diese auf SKW erfordert hätten.
Die Behauptungen der Klägerin, dass keines der Mitglieder des Vorstands von SKW
Holding gleichzeitig Aufgaben bei der Klägerin wahrgenommen habe und dass es
normal sei, dass die Aktionäre einer Gesellschaft durch Mehrheit über die Besetzung der
Leitungsorgane dieser Gesellschaft entschieden, sind an sich zutreffend, genügen aber
nicht, um diese Feststellung in Frage zu stellen.
48
Außerdem ist darauf hinzuweisen, dass sich die Kommission bei der in der
angefochtenen Entscheidung getroffenen Feststellung des Vorliegens einer
wirtschaftlichen Einheit zwischen der Klägerin und SKW Holding nicht lediglich auf
Schlussfolgerungen wie die oben in Rn. 38 angeführten stützte, sondern in Rn. 252 der
angefochtenen Entscheidung konkrete Umstände anführte, die die Auffassung von der
Ausübung eines bestimmenden Einflusses durch die Klägerin auf das Verhalten ihrer
vorgenannten Tochtergesellschaft stützen.
49
Zu der in Rn. 252 dritter Gedankenstrich der angefochtenen Entscheidung angeführten
Behauptung, SKW Holding habe der Klägerin regelmäßig Bericht über die
wirtschaftlichen Leistungen von SKW erstattet, weist die Klägerin darauf hin, dass sie
bereits im Verwaltungsverfahren vorgetragen hätte, dass diese Informationen für sie in
erster Linie erforderlich gewesen seien, um die kapitalmarktrechtlichen Pflichten zu
erfüllen. Die Kommission erwiderte darauf in Rn. 256 der angefochtenen Entscheidung
wie folgt:
„Die Kommission ist … der Ansicht, dass [die Klägerin] als Finanzinvestor Kenntnis von
diesen Daten haben musste, die ja maßgeblich für ihre Entscheidungen betreffend das
Geschäft innerhalb der Gruppe und am Markt in der Zukunft waren. Ferner ist die
Kommission aufgrund der Tatsache, dass diese Daten für die strategischen
Entscheidungen [der Klägerin] eine maßgebliche Rolle spielen, nicht davon überzeugt,
dass der Muttergesellschaft die Finanzdaten nur aufgrund einer gesetzlichen
Verpflichtung übermittelt wurden … und für diese keinen wirtschaftlichen Wert hatten.“
50
Die Klägerin räumt ein, dass die Kenntnis dieser Daten ihr die Möglichkeit eröffnet
habe, strategische Entscheidungen in Bezug auf SKW zu treffen, macht aber geltend,
dass diese Kenntnis für sich allein für den Nachweis, dass sie von dieser Möglichkeit
Gebrauch gemacht habe, nicht ausreiche, wie die Kommission in früheren
Entscheidungen auch anerkannt habe. Diese Erwägungen gälten auch für die in Rn. 252
vierter Gedankenstrich der angefochtenen Entscheidung erwähnten Informationen zu
den Fortschritten bei der Umstrukturierung.
51
Diesem Vorbringen kann nicht gefolgt werden. Zwar ist allgemein anerkannt, dass die
51
Diesem Vorbringen kann nicht gefolgt werden. Zwar ist allgemein anerkannt, dass die
verschiedenen für kapitalmarktnotierte Gesellschaften geltenden Vorschriften von diesen
Gesellschaften regelmäßige Berichte zu bestimmten Kennzahlen verlangen. Jedoch hat
die Klägerin keine näheren Angaben zu den konkreten Anforderungen gemacht, die sie
hätte erfüllen müssen. Unter diesen Umständen ist ihre Behauptung, die Übermittlung
von Informationen zu den wirtschaftlichen Leistungen von SKW durch SKW Holding
habe hauptsächlich zum Ziel gehabt, diesen rechtlichen Anforderungen zu genügen,
nicht belegt, so dass ihr nicht gefolgt werden kann.
52
Im Übrigen ist darauf hinzuweisen, dass die formalen Voraussetzungen, die die
Kapitalmärkte für die Berichterstattung aufstellen, zwar bestimmte Kennzahlen einer
Gesellschaft betreffen, sich aber grundsätzlich nicht auf Fragen wie die des Fortschritts
bei der Umstrukturierung einer Tochtergesellschaft beziehen. Wie aus Rn. 252 vierter
Gedankenstrich der angefochtenen Entscheidung hervorgeht, die insoweit in Fn. 544 auf
die Antwort der Klägerin vom 11. Februar 2008 auf ein Auskunftsverlangen der
Kommission verweist, wurde die Klägerin regelmäßig von SKW Holding über die
Fortschritte bei der Umstrukturierung von SKW und deren künftige Entwicklung
informiert.
53
Wie bereits ausgeführt (siehe oben, Rn. 39), macht die Klägerin geltend, sie habe die
allgemeine Geschäftsentwicklung lediglich beobachtet, nicht aber gesteuert. Jedoch hat
die Klägerin sowohl in ihrer Antwort auf das Auskunftsverlangen der Kommission als
auch in der Klageschrift angegeben, dass sie SKW Holding eine Arbeitsgruppe („Task
force“) zur Verfügung gestellt habe, die auf ihre Anforderung einzelne Sanierungs- oder
Restrukturierungsmaßnahmen hätte unterstützen können. Sie stellt aber klar, dass ein
Eingreifen dieser Arbeitsgruppe in Bezug auf SKW zu keinem Zeitpunkt erforderlich
gewesen sei.
54
Entgegen dem Vorbringen der Klägerin belegen diese Aussagen nicht nur, dass sie in
der Lage war, einen bestimmenden Einfluss auf das Verhalten von SKW Holding
auszuüben, sondern bezeugen auch die tatsächliche Ausübung eines solchen
Einflusses. Aus den Erwägungen oben in den Rn. 34 bis 38 folgt nämlich, dass die
Klägerin, als sie von Degussa das gesamte Kapital von SKW erwarb, ein festgelegtes
Ziel verfolgte, nämlich in Bezug auf dieses Unternehmen ihre übliche Geschäftsstrategie
umzusetzen. Die Klägerin hat selbst eingeräumt, dass SKW Holding als
zwischengeschaltete Gesellschaft verwendet worden sei, um in der Phase der
Restrukturierung von SKW deren gesamtes Kapital zu halten. Außerdem wurde bei der
Klägerin die für den Erwerb von SKW verantwortliche Person für die Verwaltung von
SKW Holding ernannt. Diese Person erstattete der Klägerin im Namen von SKW Holding
regelmäßig Bericht, so namentlich hinsichtlich des Fortschritts bei der Umstrukturierung
von SKW. Für den Fall, dass diese Berichte eine Schwierigkeit bei der Umsetzung der
Umstrukturierungsstrategie offenbarten, hielt sich die Klägerin bereit, mit ihrer mit der
Umstrukturierung beauftragten Task force einzugreifen. Die Gesamtheit dieser Umstände
zeigt, dass die Klägerin mittels SKW Holding eine bestimmte Strategie der
Umstrukturierung von SKW umsetzte und deren Ausführung aus der Nähe verfolgte, um
beim geringsten Anzeichen einer Schwierigkeit bei der Erreichung der – insbesondere
finanziellen – Ziele dieser Strategie einzugreifen. Dies stellt eine tatsächliche Ausübung
eines bestimmenden Einflusses auf das Verhalten von SKW Holding, d. h. auf die
eines bestimmenden Einflusses auf das Verhalten von SKW Holding, d. h. auf die
Verwaltung von deren einzigen Vermögengegenstand (SKW, deren gesamtes Kapital
von SKW Holding gehalten wurde), dar.
55
In Rn. 252 fünfter bis siebter Gedankenstrich der angefochtenen Entscheidung führt die
Kommission außerdem bestimmte weitere Umstände an, die ebenfalls die Ansicht von
einem bestimmenden Einfluss der Klägerin auf das Verhalten von SKW Holding
bestätigten. Im Einzelnen handelt es sich um den Umstand, dass der Geschäftsführer
von SKW Holding die Zustimmung der Klägerin zu strategischen Entscheidungen
benötigt habe, durch die Rentabilität und Wachstum von SKW beeinflusst worden seien,
und den Umstand, dass der Geschäftsführer der letztgenannten Gesellschaft direkten
Kontakt mit einem Vorstandsmitglied der Klägerin habe aufnehmen können, um Fragen
zu erörtern, die direkten Einfluss auf das Geschäft von SKW gehabt hätten, oder dass er
bei Zusammenkünften mit Mitbewerbern manchmal von einem solchen
Vorstandsmitglied begleitet worden sei. Zur Stützung dieser Behauptungen verwies die
Kommission in den Fn. 545 bis 547 auf zwei E-Mails des Geschäftsführers von SKW,
Herr L., vom 19. Juli und 25. September 2005.
56
Zu der Behauptung in Rn. 252 fünfter Gedankenstrich der angefochtenen Entscheidung
macht die Klägerin geltend, dass die strategische Entscheidung, auf die sich die
Kommission stütze, die Veräußerung des gesamten Kapitals von SKW durch SKW
Holding betroffen habe. Dieses Vorbringen folgt offenkundig den detaillierteren
Erläuterungen zu der E-Mail vom 25. September 2005, die sie in ihrer Erwiderung auf die
Mitteilung der Beschwerdepunkte gegeben hatte und die im Wesentlichen dahin gingen,
dass diese E-Mail von Herrn L. an den Geschäftsführer einer am Erwerb von SKW
interessierten argentinischen Gesellschaft gesandt worden sei.
57
Die Kommission führte zu einem entsprechenden Vorbringen der Klägerin in deren
Erwiderung auf die Mitteilung der Beschwerdepunkte in den Rn. 257 und 258 der
angefochtenen Entscheidung Folgendes aus:
„(257) [Die Klägerin] räumt ein, dass die Kenntnis der Finanzdaten bedeuten könne,
dass [sie] von den wichtigsten Aspekten der Geschäftspolitik ihrer
Tochtergesellschaft Kenntnis hatte. … [Sie] räumt darüber hinaus ein, dass für die
Veräußerung der Tochtergesellschaft ihre Zustimmung erforderlich war, behauptet
aber, dass dies nichts mit Rentabilität und Wachstum der Tochtergesellschaft zu tun
habe. … In diesem Zusammenhang weist die Kommission darauf hin, dass die
Entscheidung, ob und zu welchem Preis die Tochtergesellschaft verkauft werden
sollte, von der Muttergesellschaft ausgehend von der aktuellen und künftigen
Rentabilität und den Wachstumsaussichten der Tochtergesellschaft getroffen wird.
In diesem Sinne wurden die Bezeichnungen Rentabilität und Wachstum verwendet.
(258) Die E-Mail bezüglich der Veräußerung der Tochtergesellschaft zeigt deutlich, dass
die Tochtergesellschaft bei ihren Entscheidungen durchaus Einschränkungen
unterlag. …“
58
Hierzu ist zu bemerken, dass der Umstand, dass SKW Holding zur Veräußerung des
gesamten Kapitals von SKW an eine dritte Gesellschaft die Zustimmung der Klägerin
benötigte, auch dann für die Ansicht spricht, dass die Klägerin einen bestimmenden
benötigte, auch dann für die Ansicht spricht, dass die Klägerin einen bestimmenden
Einfluss auf das Verhalten von SKW Holding ausübte, wenn man den Ausführungen der
Klägerin folgt. In diesem Sinne sind die oben in Rn. 57 angeführten Erwägungen in der
angefochtenen Entscheidung zu verstehen.
59
Zu der Behauptung in Rn. 252 sechster Gedankenstrich der angefochtenen
Entscheidung macht die Klägerin im Übrigen geltend, dass der Umstand, dass der
Geschäftsführer von SKW die Möglichkeit gehabt habe, unmittelbar mit ihrer eigenen
Geschäftsführung Kontakt aufzunehmen, für sich allein keinen Aufschluss darüber gebe,
inwiefern sie einen bestimmenden Einfluss auf das Verhalten von SKW ausgeübt habe,
insbesondere was deren wettbewerbswidriges Verhalten betreffe.
60
Insoweit ist darauf hinzuweisen, dass es im vorliegenden Fall um einen möglichen
bestimmenden Einfluss der Klägerin auf das Verhalten von SKW Holding geht. Die
Kommission hat nämlich in der angefochtenen Entscheidung nicht behauptet, die
Klägerin hätte unmittelbar einen bestimmenden Einfluss auf das Marktverhalten von
SKW ausgeübt. Sie hat lediglich vorgetragen, SKW Holding habe einen bestimmenden
Einfluss auf das Verhalten von SKW ausgeübt, während die Klägerin einen
bestimmenden Einfluss auf das Verhalten von SKW Holding ausgeübt habe, so dass
festgestellt werden könne, dass diese drei Gesellschaften zur selben wirtschaftlichen
Einheit gehört hätten und alle für das wettbewerbswidrige Verhalten der Mitglieder der
Geschäftsleitung oder des Personals von SKW hätten verantwortlich gemacht werden
können. Die Klägerin bestreitet lediglich die Feststellung, sie habe einen bestimmenden
Einfluss auf das Verhalten von SKW Holding ausgeübt, und zwar nur für einen Teil des
Zeitraums der Zuwiderhandlung, nämlich die Zeit zwischen dem 30. November 2006 und
dem 16. Januar 2007 (siehe auch oben, Rn. 26 bis 29).
61
Im Licht dieser Erläuterungen ist festzustellen, dass der in Rn. 252 sechster
Gedankenstrich der angefochtenen Entscheidung angeführte Umstand, dessen
sachliche Richtigkeit die Klägerin nicht bestreitet, tatsächlich einen Umstand darstellt,
der für die Ansicht spricht, dass sie einen bestimmenden Einfluss auf das Verhalten von
SKW Holding ausübte. Denn wenn sich die Klägerin jeglicher Einflussnahme auf die
Verwaltung ihrer Tochtergesellschaft SKW durch SKW Holding enthielt, ist nicht
nachvollziehbar, wozu unmittelbare Kontakte zwischen dem Geschäftsführer von SKW
und einem Vorstandsmitglied der Klägerin nützlich gewesen sein sollten.
62
Was im Übrigen die Behauptung der Klägerin betrifft, wonach der in Rn. 252 sechster
Gedankenstrich der angefochtenen Entscheidung angeführte Umstand keinen
bestimmenden Einfluss ihrerseits auf das wettbewerbswidrige Verhalten von SKW
beweise, genügt der Hinweis, dass die Kommission – worauf in Rn. 253 der
angefochtenen Entscheidung, die auf Rn. 224 dieser Entscheidung verweist,
hingewiesen wird – ihr zu keiner Zeit vorgeworfen hat, sie habe über Mitglieder ihrer
Geschäftsleitung oder ihres Personals Kenntnis von der Zuwiderhandlung gehabt oder
gar dazu angestiftet, sondern sie deshalb dafür haftbar gemacht hat, weil sie zu
derselben wirtschaftlichen Einheit wie SKW gehört habe, von der Mitglieder der
Geschäftsleitung und des Personals unmittelbar an der Zuwiderhandlung beteiligt
gewesen seien.
63
Die oben in Rn. 62 dargelegte Erwägung rechtfertigt es auch, das Vorbringen der
63
Die oben in Rn. 62 dargelegte Erwägung rechtfertigt es auch, das Vorbringen der
Klägerin bezüglich der in Rn. 252 siebter Gedankenstrich der angefochtenen
Entscheidung angeführten Feststellung zurückzuweisen. Die Klägerin erläutert insoweit,
dass sich diese Feststellung auf die E-Mail vom 19. Juli 2005 stütze, auf die die
Kommission in Fn. 547 der angefochtenen Entscheidung verweise. Diese E-Mail
beziehe sich auf ein Treffen in Wien (Österreich) am 25. Juli 2005, das bei den in der
angefochtenen Entscheidung angeführten wettbewerbswidrigen Treffen nicht erwähnt
werde.
64
Die Bedeutung der in Rn. 252 siebter Gedankenstrich der angefochtenen Entscheidung
angeführten Feststellung ist nämlich vom Zweck des fraglichen Treffens unabhängig und
liegt darin, dass der Geschäftsführer von SKW von einem Vorstandsmitglied der Klägerin
begleitet wurde. Dieser Umstand ist mit der Ansicht, es habe an einem bestimmenden
Einfluss der Klägerin auf das Verhalten von SKW Holding gefehlt, nicht vereinbar. Träfe
diese Ansicht zu, hätten die Vorstandsmitglieder der Klägerin nämlich keinen Grund
gehabt, den Geschäftsführer von SKW, deren Kapital von SKW Holding gehalten wurde,
bei Treffen mit Mitbewerbern zu begleiten.
65
Die Klägerin macht zu den drei in Rn. 252 fünfter bis siebter Gedankenstrich der
angefochtenen Entscheidung getroffenen Feststellungen außerdem geltend, dass mit
den E-Mails vom 19. Juli und 25. September 2005 nicht nachgewiesen werden könne,
dass sie im Zeitraum vom 30. November 2006 bis 16. Januar 2007 einen bestimmenden
Einfluss auf das Verhalten von SKW Holding ausgeübt habe. Diese E-Mails seien
nämlich offenkundig keine „Unterlagen aus der fraglichen Zeit“ im Sinne des fünften
Gedankenstrichs der genannten Randnummer. Die Klägerin wirft der Kommission vor
diesem Hintergrund eine offensichtlich fehlerhafte Beweiswürdigung vor.
66
Die Bemerkung der Klägerin, diese beiden E-Mails lägen vor dem erwähnten Zeitraum,
ist ganz offensichtlich zutreffend. Was die Bezugnahme auf „Unterlagen aus der
fraglichen Zeit“ in Rn. 252 fünfter Gedankenstrich der angefochtenen Entscheidung
betrifft, ist darauf hinzuweisen, dass in der angefochtenen Entscheidung eine gewisse
Unklarheit in der Frage besteht, ob die in der genannten Randnummer angeführten
Umstände den gesamten Zeitraum betreffen, hinsichtlich dessen die Klägerin für die
streitige Zuwiderhandlung verantwortlich gemacht wurde, oder lediglich den Zeitraum
vom 30. November 2006 bis 16. Januar 2007.
67
Dennoch ist allein die Tatsache, dass die Umstände, auf die die Feststellungen in Rn.
252 fünfter bis siebter Gedankenstrich der angefochtenen Entscheidung gestützt werden,
vor dem genannten Zeitraum liegen, nicht ausreichend, um die Bedeutung dieser
Feststellungen auch für diesen Zeitraum in Abrede zu stellen. Bei Rechtssachen, die
Zuwiderhandlungen gegen die Wettbewerbsregeln betreffen, ist die Berücksichtigung
von vor dem maßgeblichen Zeitraum liegenden Umständen nicht ausgeschlossen,
soweit diese Umstände u. a. dazu dienen können, ein Gesamtbild der Situation
herzustellen und die Deutung der übrigen Beweise zu untermauern (vgl. in diesem Sinne
Urteil des Gerichts vom 8. Juli 2008, Lafarge/Kommission, T‑54/03, nicht in der amtlichen
Sammlung veröffentlicht, Rn. 428). Außerdem ergibt sich aus der oben in Rn. 32
angeführten Rechtsprechung, dass bestimmte von einer Partei des Rechtsstreits geltend
gemachte Gesichtspunkte, selbst wenn sie vor dem maßgeblichen Zeitraum liegen, die
andere Partei zu einer Erläuterung zwingen können, wobei sonst der Schluss zulässig
ist, dass den Anforderungen an die Beweislast genügt wurde.
68
Im vorliegenden Fall geben die aus den E-Mails vom 19. Juli und 25. September 2005
hervorgehenden Gesichtspunkte aus den bereits genannten Gründen ein Bild von der
Organisation der Beziehungen zwischen SKW, SKW Holding und der Klägerin, das nur
mit der Ausübung eines bestimmenden Einflusses der Klägerin auf das Verhalten von
SKW Holding vereinbar ist. Soweit die Klägerin vorträgt, ein solcher bestimmender
Einfluss sei nach dem 30. November 2006 nicht mehr ausgeübt worden, muss sie durch
geeignete Beweise untermauerte Ausführungen zu den nach diesem Datum erfolgten
Änderungen der Beziehungen zwischen diesen drei Gesellschaften machen, mit denen
nachgewiesen wird, dass die in Rn. 252 fünfter bis siebter Gedankenstrich angeführten
Umstände nicht mehr aktuell waren. Die Klägerin hat jedoch insoweit weder im
Verwaltungsverfahren noch in der Klageschrift eine Erläuterung gegeben. Die einzige
Änderung, die die Klägerin angegeben hat, ist die am 26. Mai 2006, also vor dem 30.
November 2006, erfolgte Umwandlung von SKW Holding in eine Aktiengesellschaft. Im
Übrigen hat die Klägerin keine konkreten Änderungen nach dem 30. November 2006
und bis zum Ende des Zeitraums der Zuwiderhandlung in den Beziehungen zwischen
den drei genannten Gesellschaften vorgetragen. Auch den zu den Akten gegebenen
Unterlagen lässt sich eine solche Änderung nicht entnehmen.
69
In Ermangelung von Argumenten und Beweisen für das Gegenteil kann, wie die
Kommission dies offensichtlich in der angefochtenen Entscheidung getan hat,
zulässigerweise davon ausgegangen werden, dass das Erfordernis der Zustimmung der
Klägerin zu den strategischen Entscheidungen von SKW Holding bezüglich SKW und
die für deren Geschäftsführer bestehende Möglichkeit, unmittelbar mit einem Mitglied des
Vorstands der Klägerin in Kontakt zu treten oder sich bei Treffen mit Mitbewerbern von
einem solchen Vorstandsmitglied begleiten zu lassen, auch über den 30. November
2006 hinaus fortbestanden.
70
Insoweit ist darauf hinzuweisen, dass unstreitig ist, dass die Klägerin nach diesem
Zeitpunkt und bis zum Ende des Zeitraums der Zuwiderhandlung ungefähr 57 % der
Aktien von SKW Holding hielt, während das restliche Kapital dieser Gesellschaft
aufgrund von deren Börsennotierung stark gestreut war. Wird aber die absolute Mehrheit
der Aktien einer börsennotierten Gesellschaft von einer natürlichen oder juristischen
Person gehalten, eröffnet dies dieser Person weitgehende Einfluss- und
Kontrollmöglichkeiten hinsichtlich des Verhaltens dieser Gesellschaft. In Anbetracht
dieser Erwägung und da die Klägerin vor dem Gericht nicht bestreitet, dass sie vor dem
30. November 2006 einen bestimmenden Einfluss auf das Verhalten von SKW Holding
ausübte, musste sie auch angesichts der oben in Rn. 32 angeführten Rechtsprechung
erläutern, welche ihren bestimmenden Einfluss auf SKW Holding beendenden
Maßnahmen sie nach diesem Datum konkret getroffen hat. Eine entsprechende
Erläuterung ist umso mehr erforderlich, als sich aus den oben in Rn. 37 dargelegten
Erwägungen ergibt, dass die Klägerin auch nach dem 30. November 2006 und der
Veräußerung einer Minderheit des Kapitals von SKW Holding infolge der
Börsennotierung der Aktien dieser Gesellschaft deren restliches Kapital veräußern
wollte, was sie kurz nach dem Ende des Zeitraums der Zuwiderhandlung auch getan hat.
Die Klägerin hatte somit großes Interesse daran, auch nach dem 30. November 2006
Die Klägerin hatte somit großes Interesse daran, auch nach dem 30. November 2006
weiterhin einen bestimmenden Einfluss auf das Verhalten von SKW auszuüben, um
sicherzustellen, dass diese nicht von der zuvor verfolgten Restrukturierungs- und
Aufwertungsstrategie abwich, die bereits Erfolge gezeigt hatte.
71
In Anbetracht all dieser Erwägungen kann der Kommission nicht zum Vorwurf gemacht
werden, dass sie die in Rn. 252 fünfter bis siebter Gedankenstrich der angefochtenen
Entscheidung angeführten Umstände als Hinweise auf die Ausübung eines
bestimmenden Einflusses auf das Verhalten von SKW Holding durch die Klägerin nach
dem 30. November 2006 berücksichtigt hat, selbst wenn sie sich aus vor diesem
Zeitpunkt liegenden Beweismitteln ergeben sollten. Im Übrigen ergibt sich aus diesen
Erwägungen auch, dass die Schlussfolgerungen, die die Kommission aus den oben in
Rn. 55 erwähnten E-Mails vom 19. Juli und 25. September 2005 gezogen hat und die in
Rn. 252 fünfter bis siebter Gedankenstrich und den Fn. 545 bis 547 der angefochtenen
Entscheidung enthalten sind, nicht fehlerhaft sind.
72
Die Klägerin macht außerdem geltend, die Kommission habe den in Rn. 252 achter
Gedankenstrich der angefochtenen Entscheidung, angeführten Sachverhalt, dass der
Umsatz von SKW in ihren eigenen Umsatz einbezogen worden sei, zu Unrecht als einen
Umstand berücksichtigt, der ihren bestimmenden Einfluss auf das Verhalten von SKW
Holding bestätigen könne. Diese Konsolidierung entspreche den Vorgaben der
International Financial Reporting Standards und stelle höchstens ein Indiz für die
Möglichkeit eines bestimmenden Einflusses der Muttergesellschaft auf die
Tochtergesellschaft dar, könne aber die tatsächliche Ausübung eines solchen Einflusses
nicht bestätigen.
73
Ohne dass es erforderlich wäre, zu bestimmen, ob die Konsolidierung des Umsatzes
von SKW im Umsatz der Klägerin für sich genommen ausreichte, um daraus zu folgern,
dass die Klägerin einen bestimmenden Einfluss auf das Verhalten von SKW Holding, die
das gesamte Kapital von SKW hielt, ausübte, stellt sie insoweit sicherlich einen Umstand
dar, der zusammen mit den weiteren in diese Richtung gehenden und in Rn. 252 der
angefochtenen Entscheidung angeführten Umständen dazu dienen kann, diese
Schlussfolgerung zu untermauern, und zwar selbst dann, wenn diese Konsolidierung,
wie die Klägerin geltend macht, aus der Anwendung allgemein anerkannter
internationaler Vorschriften in diesem Bereich folgt. Die Kommission hat im
Wesentlichen gerade aus diesem Grund in Rn. 260 der angefochtenen Entscheidung ein
entsprechendes Argument der Klägerin zurückgewiesen, das diese in ihrer Erwiderung
auf die Mitteilung der Beschwerdepunkte vorgebracht hatte.
74
Schließlich tritt die Klägerin der in Rn. 252 neunter und letzter Gedankenstrich der
angefochtenen Entscheidung angeführten Behauptung entgegen, wonach sie vor der
Börsennotierung von SKW Holding ihre Überwachung dieser Gesellschaft u. a. durch
Ernennung mehrerer Mitglieder ihres Vorstands zu Mitgliedern des Verwaltungsrats von
SKW Holding verstärkt habe.
75
Die Klägerin macht geltend, dass SKW Holding seit dem 26. Mai 2006 eine
Aktiengesellschaft sei. Sie weist zunächst darauf hin, dass die Bezugnahme in Rn. 252
letzter Gedankenstrich der angefochtenen Entscheidung auf den „Verwaltungsrat“ von
SKW Holding unzutreffend sei und führt aus, dass die in diesem Gedankenstrich
SKW Holding unzutreffend sei und führt aus, dass die in diesem Gedankenstrich
genannten Personen in den Aufsichtsrat von SKW Holding berufen worden seien. Unter
Verweis auf die einschlägigen Bestimmungen des deutschen Rechts trägt sie vor, dass
der Vorstand einer Aktiengesellschaft die Gesellschaft unter eigener Verantwortung zu
leiten habe und dabei selbständig und nach eigenem Ermessen handle. Der Aufsichtsrat
habe sich aller Eingriffe in den Bereich der Geschäftsführung zu enthalten und müsse
sich auf die Überwachung der Geschäftsführung des Vorstands beschränken. Zwar
könne vorgesehen werden, dass bestimmte Arten von Geschäften nur mit Zustimmung
des Aufsichtsrats oder, wenn dieser seine Zustimmung verweigere, der
Hauptversammlung vorgenommen werden dürften. Jedoch habe der Aufsichtsrat keine
Möglichkeit, den Vorstand positiv zu zwingen, eine bestimmte Entscheidung
vorzunehmen. Beschlüsse der Hauptversammlung über Fragen der Geschäftsführung
seien für den Vorstand nur bindend, wenn die Hauptversammlung auf sein Verlangen hin
entschieden habe. Ausnahmen gälten für „beherrschte“ oder „eingegliederte“
Gesellschaften im Sinne der einschlägigen deutschen Rechtsvorschriften. Jedoch habe
SKW Holding zu keinem Zeitpunkt im Zeitraum der Zuwiderhandlung der Definition einer
solchen Gesellschaft entsprochen.
76
Zunächst ist darauf hinzuweisen, dass die Klägerin zu Recht geltend gemacht hat, dass
die Mitglieder ihres Vorstands zu Mitgliedern des Aufsichtsrats und nicht des
Verwaltungsrats von SKW Holding ernannt worden seien. Rn. 252 letzter
Gedankenstrich der angefochtenen Entscheidung verweist insoweit in Fn. 549 auf die
Antwort von SKW auf ein Auskunftsverlangen der Kommission. Aus diesem Dokument
geht hervor, dass zwei Vorstandsmitglieder der Klägerin, Herr Z. und Herr V., seit der
Umwandlung von SKW Holding in eine Aktiengesellschaft deren Aufsichtsrat
angehörten. Die Namen der Mitglieder des Vorstands der letztgenannten Gesellschaft,
unter denen sich kein Vorstandsmitglied der Klägerin befindet, sind in diesem Dokument
ebenfalls aufgeführt. Daraus ergibt sich, was die Kommission im Übrigen in der
mündlichen Verhandlung eingeräumt hat, dass die Bezugnahme auf den Verwaltungsrat
von SKW Holding in Rn. 252 letzter Gedankenstrich der angefochtenen Entscheidung
auf einer sachlichen Unrichtigkeit beruht und dahin zu verstehen ist und von der Klägerin
im Übrigen auch so verstanden wurde, dass damit der Aufsichtsrat dieser Gesellschaft
gemeint ist. Die möglichen Folgen dieser sachlichen Unrichtigkeit werden unten in Rn.
87 geprüft.
77
Schließlich ist darauf hinzuweisen, dass das Vorbringen der Klägerin in ihrer
Erwiderung auf die Mitteilung der Beschwerdepunkte dem oben in Rn. 75
zusammenfassend wiedergegebene Vorbringen entspricht. Die Kommission hat dieses
Vorbringen in den Rn. 261 und 262 der angefochtenen Entscheidung zurückgewiesen,
die wie folgt lauten:
„(261) [Die Klägerin] ist der Ansicht, dass die Änderung der Gesellschaftsform – von
einer GmbH in eine AG – automatisch bedeute, dass eine Einflussnahme auf das
Geschäftsverhalten der Tochtergesellschaft nicht mehr möglich sei. … Dieses
Argument überzeugt nicht, da das Geschäftsmodell der [Klägerin] als
Finanzinvestor unverändert weiterbestand.
(262) Aufgrund der in Rn. (252) beschriebenen Situation ist die Kommission der Ansicht,
(262) Aufgrund der in Rn. (252) beschriebenen Situation ist die Kommission der Ansicht,
dass [die Klägerin] die Interessen der Gruppe im Sinn hatte, als sie Entscheidungen
bezüglich ihres Tochterunternehmens traf, im Gegensatz zu der Behauptung,
Letzteres sei vollkommen unabhängig gewesen. … Daher vertritt die Kommission
gemäß der Rechtsprechung … die Auffassung, dass [die Klägerin] nicht mittels
Beweisen die Annahme widerlegt hat, dass sie tatsächlich keinen entscheidenden
Einfluss auf die SKW … ausübte. Daher kann [die Klägerin] für das rechtswidrige
Verhalten von SKW … haftbar gemacht werden und die Entscheidung geht auch an
[die Klägerin].“
78
Die Klägerin stellt diese Erwägungen in Abrede, indem sie zunächst behauptet, ihr
Geschäftsmodell stehe einem lenkenden Eingreifen in den Geschäftsbereich einer
Tochtergesellschaft entgegen. Dieses Vorbringen lässt sich jedoch mit den oben in den
Rn. 37, 47 und 54 dargelegten Erwägungen zurückweisen.
79
Sodann beruft sich die Klägerin auf das Urteil Avebe/Kommission (oben in Rn. 30
angeführt, Rn. 136), wonach das mögliche Weisungsrecht, über das eine
Muttergesellschaft gegenüber ihrer Tochtergesellschaft verfüge, einen relevanten
Umstand darstelle, der für den Nachweis eines auf diese Tochtergesellschaft
ausgeübten bestimmenden Einflusses zu berücksichtigen sei. Das Fehlen eines solchen
Weisungsrechts belege, dass die Ausübung eines derartigen Einflusses nicht möglich
sei. Die Nichtberücksichtigung der rechtlichen Unmöglichkeit für eine Muttergesellschaft,
ihrer Tochtergesellschaft verbindliche Weisungen zu erteilen, zugunsten der
Muttergesellschaft stehe im Widerspruch zur Berücksichtigung des Weisungsrechts, über
das die Muttergesellschaft gegenüber ihrer Tochtergesellschaft verfüge, zulasten der
Muttergesellschaft.
80
Diesem Vorbringen kann nicht gefolgt werden.
81
Erstens geht aus der Rechtsprechung nicht hervor, dass der Begriff der
„Leitungsbefugnis“ einer Handelsgesellschaft gegenüber einer anderen zwingend die
Möglichkeit voraussetzte, dass die erste Gesellschaft der zweiten rechtlich verpflichtende
Weisungen erteilen kann. Zwar wird im Urteil Avebe/Kommission (oben in Rn. 30
angeführt) in den Rn. 137 bis 138 auf eine sich aus einem Unternehmensvertrag
ergebende Leitungsbefugnis Bezug genommen, von der angenommen werden kann,
dass sie rechtlich zwingenden Charakter hatte. Jedoch werden in Rn. 136 dieses Urteils,
auf die die Klägerin im Rahmen ihres Vorbringens verweist, zur Stützung der
Feststellung, auf die sich die Klägerin beruft, die Urteile des Gerichtshofs vom 2. Oktober
2003, Aristrain/Kommission (C‑196/99 P, Slg. 2003, I‑11005, Rn. 95 bis 99), und vom 28.
Juni 2005, Dansk Rørindustri u. a./Kommission (C‑189/02 P, C‑202/02 P, C‑205/02 P,
C‑208/02 P und C‑213/02 P, Slg. 2005, I‑5425, Rn. 118 bis 122), sowie das Urteil des
Gerichts vom 20. März 2002, HFB u. a./Kommission (T‑9/99, Slg. 2002, II‑1487, Rn. 527),
angeführt. In keinem dieser Urteile geht es jedoch um rechtlich zwingende Weisungen,
die eine Gesellschaft einer anderen hätte erteilen können. In den Urteilen Dansk
Rørindustri u. a./Kommission (Rn. 120) und HFB u. a./Kommission (Rn. 527) wird darauf
Bezug genommen, dass ein und dieselbe Person Schlüsselfunktionen in den
Verwaltungsorganen mehrerer Gesellschaften hatte, und auf den Umstand, dass sie
diese bei bestimmten Treffen vertrat. Das Urteil Aristrain/Kommission (Rn. 97) hingegen
bezieht sich auf die „Leitungsbefugnis“ einer Gesellschaft gegenüber einer anderen,
bezieht sich auf die „Leitungsbefugnis“ einer Gesellschaft gegenüber einer anderen,
ohne dass weitere Erläuterungen gegeben würden, was nachvollziehbar ist, da der
Gerichtshof davon ausging, dass nicht nachgewiesen worden war, dass die Klägerin in
dieser Rechtssache über eine solche Befugnis gegenüber einer anderen Gesellschaft
verfügte.
82
Es ist daher festzustellen, dass eine „Leitungsbefugnis“ einer Handelsgesellschaft
gegenüber einer anderen im Sinne dieser Rechtsprechung nicht nur in dem Fall
gegeben sein kann, dass die möglichen Weisungen, die die erste Gesellschaft der
zweiten erteilt, für Letztere einen rechtlich zwingenden Charakter haben, sondern auch
dann, wenn aufgrund persönlicher, wirtschaftlicher oder organisatorischer Verbindungen
zwischen diesen beiden Gesellschaften die zweite Gesellschaft den Weisungen der
ersten grundsätzlich Folge leistet, selbst wenn sie hierzu rechtlich nicht verpflichtet ist.
Dieser letztgenannte Fall scheint umso wahrscheinlicher, wenn, wie im vorliegenden
Fall, die erste Gesellschaft über die Mehrheit der Aktien der zweiten verfügt und
berechtigt ist, deren Vorstand zu ernennen und gegebenenfalls auszuwechseln.
83
Zweitens stellt eine etwaige Leitungsbefugnis einer Gesellschaft gegenüber einer
anderen zwar einen Umstand dar, der geeignet ist, die Ausübung eines bestimmenden
Einflusses der ersten auf das Verhalten der zweiten zu beweisen. Jedoch handelt es
sich, wie dies im Übrigen durch das von der Klägerin angeführte Urteil
Avebe/Kommission (oben in Rn. 30 angeführt, Rn. 136) bestätigt wird, nicht um den
einzigen Umstand, der in diesem Zusammenhang zu berücksichtigen ist. In diesem
Zusammenhang sind nämlich, worauf oben in Rn. 30 bereits hingewiesen wurde, alle
verfügbaren tatsächlichen Umstände zu berücksichtigen. Aus diesem Grund kann nicht
dem oben in Rn. 79 zusammenfassend dargestellten Vorbringen der Klägerin gefolgt
werden, wonach dann, wenn bewiesen sei, dass eine Gesellschaft nicht über die
Befugnis verfüge, einer anderen Gesellschaft Weisungen zu erteilen, jeglicher
bestimmender Einfluss der ersten auf das Verhalten der zweiten zwangsläufig
ausgeschlossen sei.
84
Drittens beweisen die oben in Rn. 75 zusammenfassend dargestellten Erläuterungen
der Klägerin zu den Bestimmungen des deutschen Rechts betreffend die Befugnisse des
Vorstands einer Aktiengesellschaft und denen ihres Aufsichtsrats in keiner Weise, dass
sie ab dem Zeitpunkt der Umwandlung ihrer Tochtergesellschaft SKW Holding in eine
Aktiengesellschaft keinerlei Möglichkeit mehr gehabt hätte, auf deren Verhalten Einfluss
zu nehmen. Die Klägerin räumt selbst ein, dass die Zustimmung des Aufsichtsrats oder
der Hauptversammlung der Aktionäre, in der die Klägerin über die Stimmenmehrheit
verfügte, eine notwendige Voraussetzung dafür darstellen kann, dass der Vorstand einer
Aktiengesellschaft bestimmte Schritte unternehmen kann.
85
Außerdem geht aus dem oben in Rn. 76 angeführten Dokument hervor, dass der
Aufsichtsrat von SKW Holding aus insgesamt nur drei Mitgliedern bestand, von denen
zwei, wie bereits erwähnt, zugleich Mitglieder des Vorstands der Klägerin waren. Zur Zeit
der Ernennung des Aufsichtsrats war die Klägerin allein für dessen Zusammensetzung
verantwortlich, da sie noch das gesamte Kapital von SKW Holding hielt. Die
Entscheidung der Klägerin, die Mehrzahl der Posten des Aufsichtsrats von SKW Holding
mit Mitgliedern ihres eigenen Vorstands zu besetzen, schließt sich ihrer
mit Mitgliedern ihres eigenen Vorstands zu besetzen, schließt sich ihrer
vorangegangenen Entscheidung an, die Mitarbeiterin in den Vorstand von SKW Holding
zu ernennen, die für den Erwerb von SKW verantwortlich war (siehe oben, Rn. 47). Im
Übrigen hat die Klägerin, als diese Mitarbeiterin mitteilte, dass sie schwanger sei, dem
Aufsichtsrat von SKW Holding nach eigenen Angaben vorgeschlagen, Herrn F., den die
Klägerin für den geplanten Börsengang engagiert hatte, für eine Übergangszeit als
weiteres Mitglied ihres Vorstands zu ernennen.
86
Unter Berücksichtigung dieser Umstände und des Fehlens einer alternativen Erklärung
der Klägerin für ihre Entscheidung, die Mehrzahl der Posten des Aufsichtsrats von SKW
Holding mit Mitgliedern ihres eigenen Vorstands zu besetzen, ist festzustellen, dass alle
diese Umstände die Ausübung eines bestimmenden Einflusses der Klägerin auf das
Verhalten ihrer Tochtergesellschaft SKW Holding auch im Zeitraum nach dem 30.
November 2006 belegen, in dem die Klägerin lediglich die Mehrheit von deren Kapital
hielt. Die Kommission hat diese Umstände somit in der angefochtenen Entscheidung zu
Recht berücksichtigt.
87
Aus denselben Erwägungen ist außerdem festzustellen, dass die sachliche
Unrichtigkeit, die in der unzutreffenden Bezugnahme auf den „Verwaltungsrat“ von SKW
Holding in Rn. 252 letzter Gedankenstrich der angefochtenen Entscheidung besteht,
nicht ausreicht, um die Argumentation der Kommission in Frage zu stellen. Auch wenn
diese Bezugnahme als den Aufsichtsrat von SKW Holding betreffend aufzufassen ist und
von der Klägerin auch so aufgefasst wurde, bleibt sie für die von der Kommission
geprüfte Frage relevant.
88
In Anbetracht der gesamten oben dargelegten Erwägungen ist festzustellen, dass die
Kommission in der angefochtenen Entscheidung zu Recht festgestellt hat, dass die
Klägerin auch nach dem 30. November 2006 und bis zum Ende des Zeitraums der
Zuwiderhandlung einen bestimmenden Einfluss auf das Verhalten ihrer
Tochtergesellschaft SKW Holding ausgeübt habe und sie somit auch hinsichtlich dieses
Zeitraums für die streitige Zuwiderhandlung verantwortlich gemacht werden könne. Die
von der Klägerin vorgetragenen Argumente und Umstände können diese
Schlussfolgerung nicht in Frage stellen.
Zur Entscheidung der Kommission, der Klägerin die Zuwiderhandlung ihrer
Tochtergesellschaft zuzurechnen
89
Wie bereits oben in Rn. 46 zum ersten von der Klägerin geltend gemachten Klagegrund
ausgeführt, trägt diese u. a. vor, die Kommission habe bei der Entscheidung, ob der
Muttergesellschaft das rechtswidrige Verhalten der Tochtergesellschaft zuzurechnen sei,
zu berücksichtigen, ob der bestimmende Einfluss der Erstgenannten auf das Verhalten
der Zweitgenannten deren Tagesgeschäft betreffe.
90
Außerdem rügt die Klägerin mit dem zweiten Klagegrund einen Verstoß gegen die
Begründungspflicht. Unter Berufung u. a. auf das Urteil des Gerichtshofs vom 21.
November 1991, Technische Universität München (C‑269/90, Slg. 1991, I‑5469, Rn. 14),
macht sie geltend, dass an den Inhalt und an den Umfang der Begründung besonders
hohe Anforderungen zu stellen seien, wenn die Kommission über ein weites Ermessen
verfüge. Die Klägerin räumt ein, dass die Kommission im vorliegenden Fall in den Rn.
verfüge. Die Klägerin räumt ein, dass die Kommission im vorliegenden Fall in den Rn.
251 bis 261 der angefochtenen Entscheidung begründet habe, weshalb sie davon
ausgehe, dass zwischen der Klägerin und SKW eine wirtschaftliche Einheit bestehe.
Hingegen fehle in der angefochtenen Entscheidung jegliche Begründung dafür, weshalb
sich die Kommission dafür entschieden habe, ihr Ermessen dahin auszuüben, auch der
Klägerin eine Geldbuße aufzuerlegen. Nach der Rechtsprechung wäre eine umfassende
Begründung dieser Entscheidung jedoch erforderlich gewesen, da durch die
Verhängung der Geldbuße intensiv in die Rechte der Klägerin eingegriffen worden sei.
91
Die Klägerin geht davon aus, dass ihre Ansicht durch Rn. 59 des Urteils vom 10.
September 2009, Akzo Nobel u. a./Kommission (oben in Rn. 18 angeführt), gestützt
werde, in dem es heißt: „[W]eil eine Muttergesellschaft und ihre Tochtergesellschaft ein
Unternehmen im Sinne von Art. 81 EG bilden, kann die Kommission … eine
Entscheidung, mit der Geldbußen verhängt werden, an die Muttergesellschaft richten,
ohne dass deren persönliche Beteiligung an der Zuwiderhandlung nachzuweisen wäre.“
Die Klägerin misst der Verwendung des Verbs „können“ besondere Bedeutung bei.
Außerdem trägt sie vor, dass die Kommission in Rn. 262 der angefochtenen
Entscheidung, wonach sie „für das rechtswidrige Verhalten von SKW … haftbar gemacht
werden [kann]“, selbst anerkannt habe, dass in diesem Bereich ein Ermessen gegeben
sei. Daraus ergebe sich, dass die Kommission über ein Ermessen dahin verfüge, ob sie
bei Vorliegen einer wirtschaftlichen Einheit zwischen einer Muttergesellschaft und deren
Tochtergesellschaft, die eine Zuwiderhandlung gegen die Wettbewerbsregeln begangen
habe, eine Entscheidung, mit der sie den Verstoß ahnde, nur gegen die
Tochtergesellschaft erlasse, oder ob diese Entscheidung auch an die Muttergesellschaft
zu richten sei.
92
Es ist darauf hinzuweisen, dass die Kommission nach der oben in den Rn. 16 bis 21
angeführten Rechtsprechung die Muttergesellschaft einer Tochtergesellschaft, die eine
Zuwiderhandlung gegen die Wettbewerbsregeln begangen hat, nur dann mit einer
Sanktion belegen darf, wenn sie über hinreichende Anhaltspunkte verfügt, anhand deren
sie, gegebenenfalls unter Heranziehung der Vermutung eines bestimmenden Einflusses,
beweisen kann, dass diese beiden Gesellschaften zur selben wirtschaftlichen Einheit
gehören. Insoweit hat der Gerichtshof in seinem Urteil vom 24. September 2009, Erste
Group Bank u. a./Kommission (C‑125/07 P, C‑133/07 P, C‑135/07 P und C‑137/07 P,
Slg. 2009, I‑8681, Rn. 82), ausgeführt, dass die Kommission nicht grundsätzlich
verpflichtet ist, in einem ersten Schritt zu prüfen, ob die Voraussetzungen dafür erfüllt
sind, der Muttergesellschaft des Unternehmens, das die fragliche Zuwiderhandlung
begangen hat, die Zuwiderhandlung zuzurechnen, bevor sie ins Auge fassen kann, sich
gegen das Unternehmen zu wenden, das Urheber der Zuwiderhandlung ist. Der
Gerichtshof hat festgestellt, dass es der Kommission freisteht, ins Auge zu fassen,
zunächst das letztgenannte Unternehmen mit einer Sanktion zu belegen, bevor sie
gegebenenfalls untersucht, ob die Zuwiderhandlung der Muttergesellschaft in der
maßgeblichen Zeit zugerechnet werden kann. Er hat weiter ausgeführt, dass andernfalls
die Ermittlungen der Kommission erheblich durch das Erfordernis erschwert werden
könnten, zu prüfen, inwieweit die Handlungen einer Gesellschaft der Gesellschaft
zugerechnet werden können, die in der maßgeblichen Zeit deren Muttergesellschaft war.
93
Im Übrigen muss die Kommission, wenn sie eine Methode wählt, um festzustellen, ob
von einer Verantwortung der Muttergesellschaften, deren Tochtergesellschaften an ein
von einer Verantwortung der Muttergesellschaften, deren Tochtergesellschaften an ein
und demselben Kartell teilgenommen hätten, auszugehen sei, nach dem Grundsatz der
Gleichbehandlung bei allen diesen Muttergesellschaften dieselben Kriterien anwenden,
sofern keine außergewöhnlichen Umstände vorliegen (Urteil des Gerichtshofs vom 19.
Juli 2012, Alliance One International und Standard Commercial Tobacco/Kommission,
C‑628/10 P und C‑14/11 P, noch nicht in der amtlichen Sammlung veröffentlicht, Rn. 57
bis 61).
94
Was die Beachtung der Begründungspflicht betrifft, muss eine solche Entscheidung zur
Anwendung der Wettbewerbsregeln der Union in Bezug auf die Muttergesellschaft, die
für die Zuwiderhandlung ihrer Tochtergesellschaft haftbar gemacht wird, nach ständiger
Rechtsprechung eine ausführliche Darlegung der Gründe enthalten, die die Zurechnung
der Zuwiderhandlung an die Muttergesellschaft rechtfertigt (Urteile des Gerichtshofs vom
29. September 2011, Elf Aquitaine/Kommission, C‑521/09 P, Slg. 2011, I‑8947, Rn. 152,
und Alliance One International und Standard Commercial Tobacco/Kommission, oben in
Rn. 93 angeführt, Rn. 75).
95
Folglich legt die Kommission, wenn sie angesichts der von ihr hierfür unter Beachtung
des Gleichbehandlungsgrundsatzes angewandten Methode und aufgestellten Kriterien
ausreichende Informationen zur Ermöglichung der Feststellung sammeln konnte, dass
eine Muttergesellschaft und deren persönlich an einem Wettbewerbsverstoß beteiligte
Tochtergesellschaft zum Zeitpunkt dieses Verstoßes eine wirtschaftliche Einheit im
Sinne der oben in den Rn. 16 bis 21 angeführten Rechtsprechung darstellten, in ihrer
Entscheidung, mit der sie auch gegen die Muttergesellschaft eine Sanktion verhängt, die
fraglichen Umstände unter Beachtung der oben in Rn. 94 angeführten Rechtsprechung
dar, ohne dass ihr eine Verletzung des Unionsrechts oder der Begründungspflicht
vorgeworfen werden könnte.
96
In diesem Fall ist die Kommission weder verpflichtet, den Umstand zu berücksichtigen,
dass der bestimmende Einfluss der Muttergesellschaft auf die Tochtergesellschaft nicht
das Tagesgeschäft der Letztgenannten betraf, noch eine besondere Begründung der Art
zu geben, wie sie die Klägerin in ihrem oben in Rn. 90 resümierten Vorbringen umrissen
hat.
97
Nach alledem kann die oben in den Rn. 46 und 89 zusammengefasste Rüge der
Klägerin im Rahmen ihres ersten Klagegrundes keinen Erfolg haben. Da auch alle
weiteren im Rahmen des ersten Klagegrundes erhobenen Rügen aus den bereits
dargelegten Gründen zurückzuweisen sind, ist dieser Klagegrund insgesamt
zurückzuweisen.
98
Dasselbe gilt für den zweiten Klagegrund. Da die angefochtene Entscheidung im
vorliegenden Fall eine Begründung enthält, wie sie nach der oben in Rn. 94 angeführten
Rechtsprechung erforderlich ist, was die Klägerin im Übrigen nicht bestreitet, ist
festzustellen, dass diese Entscheidung selbst den Anforderungen des Art. 253 EG und
der Rechtsprechung entsprechend hinreichend begründet ist (vgl. in diesem Sinne auch
Urteil des Gerichts vom 13. Juli 2011, ENI/Kommission, T‑39/07, Slg. 2011, II‑4457, Rn.
65).
Zum dritten Klagegrund, mit dem gerügt wird, die Kommission habe rechtsfehlerhaft das
Zum dritten Klagegrund, mit dem gerügt wird, die Kommission habe rechtsfehlerhaft das
Vorliegen einer einheitlichen und fortdauernden Zuwiderhandlung festgestellt
99
Mit ihrem dritten Klagegrund macht die Klägerin geltend, die Feststellung der
Kommission, dass die im Rahmen des streitigen Kartells getroffenen Absprachen
zwischen den Anbietern von Calciumcarbidpulver, Calciumcarbidgranulat und
Magnesiumgranulat eine einheitliche und fortdauernde Zuwiderhandlung darstellten,
beruhe auf einer fehlerhaften Rechtsanwendung.
Zur Rechtsprechung im Zusammenhang mit dem Begriff der einheitlichen
Zuwiderhandlung
100
Zunächst ist auf die Rechtsprechung zum Begriff der einheitlichen und fortdauernden
Zuwiderhandlung hinzuweisen.
101
Dieser Begriff erfasst eine Situation, in der mehrere Unternehmen an einer
Zuwiderhandlung beteiligt waren, die in einem kontinuierlichen Verhalten bestand, mit
dem ein einziges wirtschaftliches Ziel verfolgt wurde, nämlich die Verfälschung des
Wettbewerbs, oder aber an einzelnen Zuwiderhandlungen, die miteinander durch eine
Übereinstimmung des Zwecks (ein und dieselbe Zielsetzung sämtlicher Bestandteile)
und der Personen (Übereinstimmung der betreffenden Unternehmen, die sich der
Beteiligung im Hinblick auf den gemeinsamen Zweck bewusst waren) verbunden waren
(Urteile des Gerichts vom 8. Juli 2008, BPB/Kommission, T‑53/03, Slg. 2008, II‑1333, Rn.
257, und vom 28. April 2010, Amann & Söhne und Cousin Filterie/Kommission,
T‑446/05, Slg. 2010, II‑1255, Rn. 89). Dem lässt sich nicht entgegenhalten, dass ein oder
mehrere Teile dieser Reihe von Handlungen oder dieses fortgesetzten Verhaltens auch
für sich genommen einen Verstoß gegen Art. 81 EG darstellen könnten (Urteil Aalborg
Portland u. a./Kommission, oben in Rn. 32 angeführt, Rn. 258, und Urteil
BPB/Kommission, Rn. 252). Der Begriff der einheitlichen Zuwiderhandlung kann sich im
Übrigen nach der Rechtsprechung auf die rechtliche Einstufung eines
wettbewerbswidrigen Verhaltens beziehen, das aus Vereinbarungen, aufeinander
abgestimmten Verhaltensweisen und Beschlüssen von Unternehmensvereinigungen
besteht (vgl. Urteil Amann & Söhne und Cousin Filterie/Kommission, Rn. 91 und die dort
angeführte Rechtsprechung).
102
Fügen sich die verschiedenen Handlungen wegen ihres identischen Zweckes der
Verfälschung des Wettbewerbs innerhalb des Gemeinsamen Marktes in einen
„Gesamtplan“ ein, so ist die Kommission berechtigt, die Verantwortung für diese
Handlungen anhand der Beteiligung an der Zuwiderhandlung als Ganzes aufzuerlegen
(Urteil Aalborg Portland u. a./Kommission, oben in Rn. 32 angeführt, Rn. 258). Der
Gerichtshof hat außerdem entschieden, dass ein Unternehmen, das sich durch eigene
Handlungen, die den Begriff von auf ein wettbewerbswidriges Ziel gerichteten
Vereinbarungen oder aufeinander abgestimmten Verhaltensweisen im Sinne von Art. 81
Abs. 1 EG erfüllten und zur Mitwirkung an der Verwirklichung der Zuwiderhandlung in
ihrer Gesamtheit bestimmt waren, an einer einheitlichen Zuwiderhandlung beteiligt hatte,
für die ganze Zeit seiner Beteiligung an der genannten Zuwiderhandlung auch für das
Verhalten verantwortlich war, das andere Unternehmen im Rahmen der
Zuwiderhandlung an den Tag legten. Dies ist dann der Fall, wenn das betreffende
Unternehmen nachweislich von dem rechtswidrigen Verhalten der anderen Beteiligten
wusste oder es vernünftigerweise vorhersehen konnte sowie bereit war, die daraus
erwachsende Gefahr auf sich zu nehmen, ohne dass damit die Grundsätze der
persönlichen Verantwortlichkeit für derartige Zuwiderhandlungen oder der
Einzeluntersuchung der belastenden Beweise in Frage gestellt würden (Urteil des
Gerichtshofs vom 8. Juli 1999, Kommission/Anic Partecipazioni, C‑49/92 P, Slg. 1999,
I‑4125, Rn. 83). Für den Nachweis der Beteiligung eines Unternehmens an einer
wettbewerbswidrigen Vereinbarung hat die Kommission folglich zu beweisen, dass
dieses Unternehmen durch sein Verhalten zur Erreichung der von allen Beteiligten
verfolgten gemeinsamen Ziele hat beitragen wollen und von dem von anderen
Unternehmen in Verfolgung dieser Ziele beabsichtigten oder an den Tag gelegten
Verhalten wusste oder es vernünftigerweise vorhersehen konnte sowie bereit war, die
daraus erwachsende Gefahr auf sich zu nehmen (Urteil Kommission/Anic Partecipazioni,
Rn. 87).
103
Auch ist klarzustellen, dass der Begriff des einzigen Ziels nicht durch einen
allgemeinen Verweis auf die Verzerrung des Wettbewerbs auf dem von der
Zuwiderhandlung betroffenen Markt bestimmt werden kann, da die Beeinträchtigung des
Wettbewerbs als Ziel oder Wirkung jedem von Art. 81 Abs. 1 EG erfassten Verhalten
inhärent ist. Eine solche Definition des Begriffs des einzigen Ziels könnte dem Begriff der
einheitlichen und fortdauernden Zuwiderhandlung teilweise seinen Sinn nehmen, da sie
zur Folge hätte, dass mehrere einen Wirtschaftssektor betreffende Verhaltensweisen, die
nach Art. 81 Abs. 1 EG verboten sind, systematisch als Bestandteile einer einzigen
Zuwiderhandlung eingestuft werden müssten. Es ist somit bei der Einstufung
unterschiedlicher Vorgänge als einheitliche und fortdauernde Zuwiderhandlung zu
prüfen, ob zwischen ihnen insofern ein Komplementaritätsverhältnis besteht, als jede von
ihnen eine oder mehrere Folgen des normalen Wettbewerbs beseitigen soll und durch
Interaktion zur Verwirklichung sämtlicher wettbewerbswidriger Wirkungen beiträgt, die
ihre Urheber im Rahmen eines auf ein einziges Ziel gerichteten Gesamtplans anstreben.
Insoweit sind alle Umstände zu berücksichtigen, die diese Verbindung nachweisen oder
in Frage stellen können, wie der Anwendungszeitraum, der Inhalt einschließlich der
verwendeten Methoden und im Zusammenhang damit das Ziel der verschiedenen
fraglichen Handlungen (Urteil Amann & Söhne und Cousin Filterie/Kommission, oben in
Rn. 101 angeführt, Rn. 92; vgl. in diesem Sinne Urteil des Gerichts vom 12. Dezember
2007, BASF und UCB/Kommission, T‑101/05 und T‑111/05, Slg. 2007, II‑4949, Rn. 179
bis 181).
104
Schließlich ist auch darauf hinzuweisen, dass die Tatsache, dass sich ein
Unternehmen nicht an allen Tatbestandsmerkmalen eines Kartells beteiligt hat, für den
Nachweis des Vorliegens einer Zuwiderhandlung dieses Unternehmens irrelevant ist.
Dieser Gesichtspunkt ist nur bei der Beurteilung der Schwere der Zuwiderhandlung und
gegebenenfalls bei der Bemessung der Geldbuße zu berücksichtigen (Urteil Aalborg
Portland u. a./Kommission, oben in Rn. 32 angeführt, Rn. 86).
Angefochtene Entscheidung
105
In den Rn. 168 bis 172 der angefochtenen Entscheidung hat die Kommission im
Wesentlichen die Erwägungen aus der oben in den Rn. 101 bis 104 angeführten
Wesentlichen die Erwägungen aus der oben in den Rn. 101 bis 104 angeführten
Rechtsprechung wiedergegeben. Sodann hat sie in Rn. 173 der angefochtenen
Entscheidung darauf hingewiesen, dass sie in der Mitteilung der Beschwerdepunkte zu
dem vorläufigen Schluss gekommen sei, dass der Komplex der in Rede stehenden
Vereinbarungen und abgestimmten Verhaltensweisen im vorliegenden Fall eine
einheitliche und fortdauernde Zuwiderhandlung dargestellt habe, auch wenn die
streitigen Ereignisse jeweils für sich genommen eine Zuwiderhandlung gegen die
Wettbewerbsregeln dargestellt hätten. Nach Rn. 176 der angefochtenen Entscheidung
soll die Klägerin diese Schlussfolgerung in ihrer Erwiderung auf die Mitteilung der
Beschwerdepunkte in Abrede gestellt haben. Sie habe geltend gemacht, dass der
Komplex von Vereinbarungen und/oder von abgestimmten Verhaltensweisen zwischen
den
Anbietern
von
Calciumcarbidpulver,
Calciumcarbidgranulat
und
Magnesiumgranulat, obwohl diese miteinander in Zusammenhang stünden, dennoch
drei verschiedene Zuwiderhandlungen bedeutet hätten.
106
In Rn. 177 der angefochtenen Entscheidung hat die Kommission ausgeführt, dass sie
sich bewusst gewesen sei, dass die Ereignisse, die Gegenstand der angefochtenen
Entscheidung seien, in zwei Märkten, nämlich den Märkten für reaktive Stoffe für die
Stahl- und für die Gasindustrie, stattgefunden und drei Produkte betroffen hätten. Sie
wies jedoch darauf hin, dass diese Ereignisse aus den in den Rn. 181 bis 194 der
angefochtenen Entscheidung angeführten Gründen einen Komplex von miteinander
verbundenen Vereinbarungen und abgestimmten Verhaltensweisen gebildet hätten, so
dass sie eine einheitliche und fortdauernde Zuwiderhandlung dargestellt hätten.
107
Die in den Rn. 181 bis 194 der angefochtenen Entscheidung dargelegten Gründe
betreffen fünf verschieden Fragen. Erstens beziehen sich die Rn. 181 bis 184 auf die
Produkte, um die es bei dem Kartell geht.
108
In diesem Zusammenhang hat die Kommission in den Rn. 182 und 183 der
angefochtenen Entscheidung insbesondere in Bezug auf Calciumcarbidpulver und
granulat Folgendes ausgeführt:
„(182) Calciumcarbid könnte möglicherweise als Granulat anders eingesetzt werden als
pulverförmiges Calciumcarbid (Gasindustrie/Stahlindustrie), doch aus Sicht der
Anbieter sind sich die Produkte sehr ähnlich. … Einzig und allein die Veredlung ist
anders. Das unbehandelte Produkt bleibt gleich … und wird ungeachtet seiner
Verwendung zum gleichen Preis verkauft. Folglich ist die Preisentwicklung des
Produkts als Granulat in gewisser Weise der des Produkts in Pulverform ähnlich,
woraus sich schlussendlich eine zwangsläufige Angleichung der Preise für beide
Produkte ergibt. … Es liegt in hohem Maße an dieser identischen Kostenstruktur für
das unbehandelte Produkt und an der Ähnlichkeit der Preise auf dem Markt, dass
es für die Unternehmen nur folgerichtig war, von der Absprache zu
Calciumcarbidpulver auch bei Calciumcarbidgranulat zu profitieren.
(183) Darüber hinaus hatten die Absprachen/abgestimmten Verhaltensweisen zu
Calciumcarbidpulver
für
die
Stahlindustrie
Auswirkungen
auf
das
Geschäftsverhalten der beteiligten Unternehmen im Bereich Calciumcarbidgranulat
für den Gasmarkt und umgekehrt. In bilateralen Zusammenkünften und bei
telefonischen Kontakten erörterten die Anbieter Volumen, Kunden und Preise
telefonischen Kontakten erörterten die Anbieter Volumen, Kunden und Preise
gleichzeitig für den Stahl- und den Gasmarkt. … Die trilaterale Zusammenkunft
zwischen [der] Donau Chemie [AG], [der Novácke chemické závody, a.s.] und [der
TDR Metalurgija d.d.] zum Gasmarkt am 7. April 2004 wurde auch zur Erörterung
der Positionen auf dem Stahlmarkt genutzt. … Donau Chemie schlug sogar vor,
beide Anwendungen in einer multilateralen Zusammenkunft zu diskutieren. …“.
109
Zweitens beziehen sich die Rn. 185 bis 188 der angefochtenen Entscheidung auf die
Kartellbeteiligten. Es wird festgestellt, dass alle Adressaten dieser Entscheidung an dem
Kartell zu Calciumcarbidpulver für die Stahlindustrie beteiligt gewesen seien. Vier von
ihnen hätten auch an den Aktivitäten des Kartells betreffend Calciumcarbidgranulat für
die Gasindustrie teilgenommen (Rn. 185). Die drei anderen Unternehmen, darunter
SKW, hätten auch an den Aktivitäten betreffend Magnesiumgranulate teilgenommen und
daher auch direkte Kenntnis von mindestens zwei Bestandteilen der einheitlichen
Zuwiderhandlung gehabt. Die direkt beteiligten juristischen Personen seien in der Regel
dieselben gewesen, und die Personen, die die Unternehmen bei den multilateralen
Zusammenkünften zu Calciumcarbidpulver für die Stahlindustrie vertreten hätten, hätten
auch an den Zusammenkünften zu Magnesiumgranulaten teilgenommen (Rn. 186). In
Rn. 187 der angefochtenen Entscheidung stellt die Kommission fest, dass keines der
betreffenden Unternehmen wesentliche Umsätze bei allen drei Bestandteilen der
Zuwiderhandlung verzeichnet habe, was das Bestehen einer einheitlichen
Zuwiderhandlung jedoch nicht ausschließe. Schließlich stellt sie in Rn. 188 der
angefochtenen Entscheidung fest, dass das Vorhandensein eines dritten Bestandteils
nicht geheim gehalten worden sei. Sie bezieht sich insoweit auf eine E-Mail eines
Mitarbeiters von Akzo Nobel an einen Mitarbeiter der Ecka-Gruppe, aus der hervorgehe,
dass diese Gruppe, die am Kartell für Calciumcarbidpulver und Magnesiumgranulat
teilgenommen, jedoch kein Calciumcarbidgranulat angeboten habe, gewusst habe, dass
die wettbewerbswidrigen Absprachen auch dieses Produktsegment betroffen hätten.
Nach Ansicht der Kommission „[zeigt d]ieses Dokument …, dass die Diskussionen zum
Stahl- und Gasmarkt als Bestandteil der gleichen Vereinbarung angesehen wurden“.
110
Drittens beziehen sich die Rn. 189 bis 191 der angefochtenen Entscheidung auf den
Zeitraum, in dem die Kartelltreffen stattfanden. Es wird u. a. festgestellt, dass die
Zusammenkünfte zu Calciumcarbidgranulat häufig direkt im Anschluss an die
multilateralen Zusammenkünfte zu Calciumcarbidpulver abgehalten worden seien (Rn.
190). Diese Überlappung des Zeitrahmens der Absprachen und der abgestimmten
Verhaltensweisen für jedes Produkt (Calciumcarbidpulver und -granulat sowie
Magnesiumgranulat) und der entsprechenden Zusammenkünfte zeige, dass die
Absprachen zu Marktanteilen und zur Preisfestsetzung alle drei Produktgruppen
betroffen hätten und dass die Zusammenkünfte miteinander verknüpft gewesen seien
(Rn. 191).
111
Viertens wird in den Rn. 192 und 193 der angefochtenen Entscheidung festgestellt,
dass, auch wenn die Zusammenkünfte zu den drei Produktgruppen in vielen Fällen
getrennt organisiert worden seien, die Anbieter identische Mechanismen zur Erreichung
des von ihnen verfolgten Ziels verwendet hätten. Diese Mechanismen hätten im
Einfrieren von Marktanteilen in einer Auftaktsitzung, gefolgt von der Vereinbarung und
Koordinierung von Preiserhöhungen bestanden. Außerdem seien die verwendeten
Koordinierung von Preiserhöhungen bestanden. Außerdem seien die verwendeten
Tabellen der Marktanteile einander sehr ähnlich gewesen (Rn. 192). Zudem seien die
Mechanismen zur Kontrolle und zur Umsetzung der Absprachen in Form von
Folgebesprechungen und/oder bilateralen telefonischen Kontakten für alle drei
Produktgruppen identisch gewesen (Rn. 193).
112
Fünftens sei mit den Absprachen die Erreichung eines einzigen wettbewerbswidrigen
Ziels verfolgt worden. Aufgrund einer Konsolidierung auf der Nachfrageseite hätten die
Anbieter den Eindruck gehabt, auf einem zurückgehenden Markt tätig zu sein, und
beschlossen, ihre Stellung durch die Vereinigung ihrer Kräfte zu verteidigen, statt einzeln
gegeneinander im Wettbewerb zu stehen. Ihr Ziel habe darin bestanden, den Markt zu
stabilisieren, indem sie die Abnehmer unter sich aufgeteilt und Preiserhöhungen
abgestimmt hätten, sowie in einer Erhöhung der Preise über das Niveau, das unter
Bedingungen des freien Wettbewerbs erzielt worden wäre (Rn. 194).
Prüfung des Klagegrundes
113
Die Klägerin macht geltend, die Kommission habe in der angefochtenen Entscheidung
weder die oben in Rn. 102 angeführten notwendigen Voraussetzungen für die
Feststellung einer einheitlichen und fortdauernden Zuwiderhandlung dargelegt, noch
habe sie bewiesen, dass diese im vorliegenden Fall vorgelegen hätten. Vielmehr habe
SKW nach Rn. 186 der angefochtenen Entscheidung keine Kenntnis von dem Kartell
betreffend Calciumcarbidgranulat gehabt. Aus dem Schuldprinzip folge, dass die
notwendigen Voraussetzungen für die Feststellung einer einheitlichen Zuwiderhandlung
stets individuell zu beweisen seien. Da SKW auch nach den Feststellungen der
Kommission keine Kenntnis von einem Gesamtplan unter Einschluss eines Kartells
betreffend Calciumcarbidgranulat gehabt habe, könne ihr eine einheitliche
Zuwiderhandlung unter Einschluss eines Kartells betreffend Calciumcarbidgranulat auch
dann nicht zur Last gelegt werden, wenn andere Unternehmen einen solchen Plan
gefasst hätten.
114
Diesem Vorbringen kann nicht gefolgt werden.
115
Zunächst ist die Behauptung der Klägerin, die Kommission habe in der angefochtenen
Entscheidung die notwendigen Voraussetzungen für die Feststellung einer einheitlichen
und fortdauernden Zuwiderhandlung nicht dargelegt, unzutreffend. Wie oben in Rn. 105
ausgeführt, wird in den Rn. 168 bis 172 der angefochtenen Entscheidung genau auf die
Voraussetzungen hingewiesen, die sich aus der ständigen Rechtsprechung des
Gerichtshofs und des Gerichts ergeben.
116
Auch die Behauptung, die Kommission habe in Rn. 186 der angefochtenen
Entscheidung anerkannt, dass SKW keine Kenntnis von dem Kartell betreffend
Calciumcarbidgranulat gehabt habe, ist unzutreffend. Wie oben in Rn. 109 ausgeführt,
hatte SKW gemäß Rn. 186 der angefochtenen Entscheidung „direkte Kenntnis von
mindestens zwei Bestandteilen der einzigen Zuwiderhandlung“. Diese Feststellung
schließt nicht aus, dass SKW direkt oder zumindest indirekt Kenntnis vom dritten
Bestandteil des Kartells Kenntnis hatte. Sie kann daher nicht dahin aufgefasst werden,
als hätte die Kommission anerkannt, dass SKW keinerlei Kenntnis von dem Kartell
betreffend Calciumcarbidgranulat gehabt habe.
betreffend Calciumcarbidgranulat gehabt habe.
117
Sodann ergibt sich aus der oben in Rn. 102 angeführten Rechtsprechung, dass weder
aus dem von der Klägerin angeführten Schuldprinzip noch aus irgendeiner anderen
Erwägung folgt, dass die Kommission, um einem Unternehmen seine Beteiligung an
einer einheitlichen und fortdauernden Zuwiderhandlung zur Last legen zu können,
beweisen müsste, dass dieses Unternehmen vom gesamten, von allen anderen an
dieser Zuwiderhandlung beteiligten Unternehmen beabsichtigten oder an den Tag
gelegten tatsächlichen Verhalten direkte Kenntnis hatte. Es genügt nach dieser
Rechtsprechung der Nachweis, dass das betreffende Unternehmen dieses Verhalten
vernünftigerweise vorhersehen konnte und dass es bereit war, die daraus erwachsende
Gefahr auf sich zu nehmen.
118
Diese zuletzt genannte Voraussetzung ist im vorliegenden Fall jedoch erfüllt. Die in den
Rn. 182 bis 194 der angefochtenen Entscheidung dargelegten Umstände, die oben in
den Rn. 108 bis 112 zusammenfassend dargestellt wurden, belegen rechtlich
hinreichend zumindest, dass SKW vernünftigerweise vorhersehen konnte, dass sich
diejenigen der an der streitigen Absprache Beteiligten, die auch Calciumcarbidgranulat
anboten, hinsichtlich dieses Produkts zu einem Verhalten verpflichteten, das dem
bezüglich Calciumcarbidpulver und Magnesiumgranulat entsprach, an dem sich SKW
selbst beteiligte, und dass sie diese Gefahr auf sich nahm.
119
Die Klägerin hat in ihrer Klageschrift nichts vorgetragen, was die konkreten und
ausführlichen Feststellungen in Rn. 182 bis 194 der angefochtenen Entscheidung in
Frage stellen könnte. Hingegen hat die Kommission in ihrer Klagebeantwortung
Umstände angeführt, die ihre Schlussfolgerung bestätigen, dass SKW zumindest
vernünftigerweise habe vorhersehen können, dass sich das streitige Kartell auch auf
Calciumcarbidgranulat erstreckte, und diese Gefahr auf sich genommen habe.
120
So stellte die Kommission in Rn. 108 der angefochtenen Entscheidung unter
Bezugnahme auf relevante Beweismittel fest, dass Donau Chemie auf dem Kartelltreffen
vom 3. November 2004 den anderen Teilnehmern vorgeschlagen habe, auch über die
Umsätze von Calciumcarbidgranulat zu sprechen, dieser Antrag aber u. a. von SKW
abgelehnt worden sei.
121
In ihrer Erwiderung auf die Mitteilung der Beschwerdepunkte bestritt die Klägerin nicht,
dass Donau Chemie in Anwesenheit von Vertretern von SKW einen solchen Vorschlag
gemacht hatte, machte aber geltend, dass die Ablehnung dieses Vorschlags das Fehlen
eines Gesamtplans belege. Die Kommission hat vor dem Gericht jedoch zu Recht darauf
hingewiesen, dass aus Fn. 236, auf die in Rn. 92 der angefochtenen Entscheidung
verwiesen wird, hervorgeht, dass SKW nur einen einzigen Kunden mit
Calciumcarbidgranulat beliefert habe. Da die Klägerin keine gegenteiligen Argumente
geltend gemacht hat, erscheint die Annahme vernünftig, dass die Ablehnung von SKW,
über Calciumcarbidgranulat zu diskutieren, sich eher durch das geringe Interesse erklärt,
das der Markt für dieses Produkt für sie darstellte, und nicht durch die angeblich fehlende
Bereitschaft, die Gefahr und die Folgen einer Erweiterung des streitigen Kartells auch auf
diesen Markt auf sich zu nehmen. Aus denselben Gründen genügt diese Ablehnung
allein nicht, um auf das Nichtvorliegen eines Gesamtplans im Sinne der oben in Rn. 102
angeführten Rechtsprechung zu schließen.
angeführten Rechtsprechung zu schließen.
122
Die Kommission weist zur Stützung ihrer Behauptung in Rn. 188 der angefochtenen
Entscheidung, wonach das Vorhandensein eines weiteren Bestandteils des Kartells
gegenüber den Kartellbeteiligten, die sich an diesem Bestandteil nicht beteiligt hätten,
nicht geheim gehalten worden sei, in den Rn. 101, 108, 111 und 190 der angefochtenen
Entscheidung, in denen insoweit auf Beweismittel in den Akten der Kommission
verwiesen wird, darauf hin, dass die Zusammenkünfte zu Calciumcarbidgranulat häufig
insofern mit den Zusammenkünften zu Calciumcarbidpulver in Zusammenhang
gestanden hätten, als sie direkt im Anschluss an diese Zusammenkünfte stattgefunden
hätten. Die Kommission hat hierzu u. a. eine mündliche Erklärung eines Mitarbeiters von
Akzo Nobel angeführt, auf die in Rn. 101, Fn. 256, der angefochtenen Entscheidung
verwiesen wird. Dieser Erklärung zufolge „[endeten] die multilateralen Zusammenkünfte
für die metallurgische Industrie oftmals so …, in einem informellen Gespräch betreffend
den Gasmarkt“. Dies stellt einen weiteren Umstand dar, der, da die Klägerin keine
gegenteiligen Argumente geltend gemacht hat, zumindest annehmen lässt, dass SKW
das Vorhandensein eines Calciumcarbidgranulat betreffenden Teils des Kartells
vernünftigerweise vorhersehen konnte und die entsprechende Gefahr auf sich nahm.
123
Aus den vorstehenden Erwägungen folgt, dass der dritte Klagegrund als unbegründet
zurückzuweisen ist.
Zum vierten Klagegrund, mit dem ein Verstoß gegen die Begründungspflicht gerügt wird,
was die gesamtschuldnerische Haftung der Klägerin mit SKW für die Zahlung der
Geldbuße anbelangt
124
Mit ihrem vierten Klagegrund macht die Klägerin eine widersprüchliche Begründung der
angefochtenen Entscheidung geltend. Sie ist der Ansicht, dass in dem Betrag von 13,3
Mio. Euro, über den hinaus SKW nicht hafte (siehe oben, Rn. 4), der Betrag von 1,04 Mio.
Euro, für den SKW gesamtschuldnerisch mit Degussa und AlzChem einzustehen habe,
notwendigerweise enthalten sein müsse. Jedoch sei angeordnet worden, dass sie und
SKW Holding gesamtschuldnerisch mit SKW für die Zahlung des Betrags von 13,3 Mio.
Euro hafteten, ohne dass angeordnet worden wäre, dass sie gesamtschuldnerisch mit
Degussa und AlzChem für die Zahlung der gegen die beiden Letztgenannten verhängten
Geldbuße hafte.
125
Dieser Widerspruch in der Begründung der angefochtenen Entscheidung stelle eine
Verletzung wesentlicher Formvorschriften in Form eines Verstoßes gegen die in Art. 253
EG vorgesehene Begründungspflicht dar. Nach Ansicht der Klägerin folgt daraus, dass
der Betrag der gegen sie verhängten Geldbuße daher um den Betrag von 1,04 Mio. Euro
herabzusetzen sei, da sie insoweit nicht verantwortlich gemacht werden könne.
126
Dieses Vorbringen kann keinen Erfolg haben.
127
Die Begründung einer Einzelfallentscheidung muss die Überlegungen des Organs, das
den Rechtsakt erlassen hat, so klar und eindeutig zum Ausdruck bringen, dass die
Betroffenen ihr die Gründe für die erlassene Maßnahme entnehmen können und das
zuständige
Gericht
seine
Kontrollaufgabe
wahrnehmen
kann.
Das
Begründungserfordernis ist nach den Umständen des Einzelfalls zu beurteilen. In der
Begründungserfordernis ist nach den Umständen des Einzelfalls zu beurteilen. In der
Begründung brauchen nicht alle tatsächlich und rechtlich einschlägigen Gesichtspunkte
genannt zu werden, da die Frage, ob sie den Erfordernissen des Art. 253 EG genügt,
nicht nur anhand des Wortlauts des fraglichen Rechtsakts zu beurteilen ist, sondern auch
anhand des Kontexts, in dem er erlassen wurde (Urteil des Gerichtshofs vom 2. April
1998, Kommission/Sytraval und Brink’s France, C‑367/95 P, Slg. 1998, I‑1719, Rn. 63).
128
Verhängt die Kommission eine Sanktion wegen Verletzung der Wettbewerbsregeln, so
sind die Anforderungen an das wesentliche Formerfordernis, um das es sich bei der
Begründungspflicht handelt, nach ständiger Rechtsprechung erfüllt, wenn sie in ihrer
Entscheidung die Beurteilungsgesichtspunkte angibt, die es ihr ermöglicht haben,
Schwere und Dauer der Zuwiderhandlung zu ermitteln (Urteile des Gerichtshofs vom 16.
November 2000, Sarrió/Kommission, C‑291/98 P, Slg. 2000, I‑9991, Rn. 73, und vom 15.
Oktober 2002, Limburgse Vinyl Maatschappij u. a./Kommission, C‑238/99 P, C‑244/99 P,
C‑245/99 P, C‑247/99 P, C‑250/99 P bis C‑252/99 P und C‑254/99 P, Slg. 2002, I‑8375,
Rn. 463).
129
Im vorliegenden Fall ist darauf hinzuweisen, dass die Höhe der mit der angefochtenen
Entscheidung verhängten Geldbußen nach der in den Leitlinien für das Verfahren zur
Festsetzung von Geldbußen gemäß Artikel 23 Absatz 2 Buchstabe a) der Verordnung
(EG) Nr. 1/2003 (ABl. 2006, C 210, S. 2, im Folgenden: Leitlinien) beschriebenen
Methode berechnet wurde. Diese Methode umfasst zwei Stufen. Auf der ersten Stufe
setzt die Kommission für jedes einzelne Unternehmen und jede einzelne
Unternehmensvereinigung auf der Grundlage des Werts der von dem betreffenden
Unternehmen im relevanten räumlichen Markt verkauften Waren oder Dienstleistungen,
die mit dem Verstoß in einem unmittelbaren oder mittelbaren Zusammenhang stehen,
einen Grundbetrag fest (Nrn. 19 bis 26 der Leitlinien). In Nr. 13 der Leitlinien wird
klargestellt, dass die Kommission im Regelfall den Umsatz im letzten vollständigen
Geschäftsjahr zugrunde legt, in dem das Unternehmen an der Zuwiderhandlung beteiligt
war. Zur Ermittlung des Grundbetrags wird ein bestimmter Teil am Umsatz, der sich nach
der Schwere der Zuwiderhandlung richtet, mit der Zahl der Jahre der Zuwiderhandlung
multipliziert (Nrn. 19 bis 24 der Leitlinien). Jedoch fügt die Kommission gemäß Nr. 25 der
Leitlinien unabhängig von der Dauer der Beteiligung eines Unternehmens an der
Zuwiderhandlung einen Betrag (sogenannte „Eintrittsgebühr“) zwischen 15 % und 25 %
des Umsatzes hinzu, um die Unternehmen von vornherein an der Beteiligung an
horizontalen Vereinbarungen zur Festsetzung von Preisen, Aufteilung von Märkten oder
Mengeneinschränkungen abzuschrecken. Auf der zweiten Stufe kann die Kommission
den auf der ersten Stufe berechneten Grundbetrag der Geldbuße nach oben oder unten
anpassen, um erschwerende oder mildernde Umstände zu berücksichtigen (Nrn. 27 bis
29 der Leitlinien).
130
Die Umstände, die die Kommission zur Berechnung der gegen die Klägerin verhängten
Geldbuße herangezogen hat, wurden in der angefochtenen Entscheidung klar dargelegt.
So sind in Rn. 288 der angefochtenen Entscheidung die Umsätze angegeben, die SKW
und die anderen Kartellbeteiligten in unmittelbarem oder mittelbarem Zusammenhang
mit der Zuwiderhandlung erzielt haben. Außerdem gab die Kommission in Rn. 301 der
angefochtenen Entscheidung an, dass sie „[i]n Anbetracht der besonderen Umstände
dieses Falles … unter Berücksichtigung der in Randnrn. (294) bis (299) erörterten
Kriterien in Bezug insbesondere auf die Art der Zuwiderhandlung … und die räumliche
Kriterien in Bezug insbesondere auf die Art der Zuwiderhandlung … und die räumliche
Ausdehnung der Zuwiderhandlung“ einen Anteil von 17 % des mit der Zuwiderhandlung
erzielten Umsatzes für die Bestimmung des Grundbetrags der Geldbuße festgesetzt
habe. Die Dauer der Beteiligung der einzelnen Adressaten der angefochtenen
Entscheidung am Kartell geht aus der Tabelle in Rn. 280 der angefochtenen
Entscheidung hervor. Für die Klägerin wird die Dauer der Beteiligung mit zwei Jahren
und vier Monaten bei Calciumcarbidpulver und mit einem Jahr und sechs Monaten bei
Magnesiumgranulat angegeben. Schließlich enthält Rn. 304 der angefochtenen
Entscheidung eine weitere Tabelle, in der die auf der Grundlage der Dauer der
Beteiligung am Kartell festgesetzten Multiplikatoren angegeben sind, mit denen der
Anteil des mit der Zuwiderhandlung erzielten Umsatzes zu multiplizieren war, um den
Grundbetrag der gegen den jeweiligen Adressaten der angefochtenen Entscheidung zu
verhängenden der Geldbuße zu bestimmen. Der für die Klägerin angegebene
Multiplikator lautete 2,5 für Calciumcarbidpulver und 1,5 für Magnesiumgranulat.
131
Außerdem geht aus den Rn. 309 bis 331 der angefochtenen Entscheidung, die sich auf
erschwerende und mildernde Umstände beziehen, hervor, dass weder die eine noch die
andere Art von Umständen in Bezug auf die Klägerin berücksichtigt wurde, so dass der
auf der Grundlage der oben in Rn. 130 angeführten Umstände berechnete Grundbetrag
der Geldbuße nicht erhöht oder herabgesetzt werden musste.
132
In der angefochtenen Entscheidung sind daher alle Umstände aufgeführt, die die
Kommission veranlasst haben, gegen die Klägerin mit SKW und SKW Holding
gesamtschuldnerisch eine Geldbuße von 13,3 Mio. Euro zu verhängen, so dass ihre
Begründung mit den Anforderungen der oben in Rn. 128 angeführten Rechtsprechung in
Einklang steht. Außerdem geht aus diesen Angaben klar hervor, dass der Betrag von
13,3 Mio. Euro, anders als von der Klägerin für richtig gehalten, den Betrag der gegen
Degussa und AlzChem verhängten Geldbuße (1,04 Mio. Euro) nicht mitumfasst.
133
Der Kommission kann auch nicht vorgeworfen werden, die Begründung dieser
Entscheidung sei widersprüchlich, weil SKW darin gesamtschuldnerisch für zwei
unterschiedliche Geldbußen haftbar gemacht worden sei, deren Gesamtbetrag sich auf
14,34 Mio. Euro belaufe, und zugleich darauf hingewiesen worden sei, dass die
gesamtschuldnerische Haftung von SKW zusammen mit weiteren Adressaten der
angefochtenen Entscheidung den Betrag von 13,3 Mio. Euro nicht übersteigen könne.
134
Die gesamtschuldnerische Haftung von SKW für die Zahlung der beiden
unterschiedlichen Geldbußen beruht darauf, dass sie während des Zeitraums ihrer
Beteiligung an der Zuwiderhandlung zu zwei unterschiedlichen wirtschaftlichen
Einheiten gehörte. Wie oben in Rn. 22 ausgeführt, beteiligte sich SKW vom 22. April
2004 bis 16. Januar 2007 an dem streitigen Kartell. Jedoch gehörte sie bis zum 30.
August 2004, dem Zeitpunkt, zu dem ihr gesamtes Kapital von SKW Holding, einer
Tochtergesellschaft der Klägerin, erworben wurde, zur selben wirtschaftlichen Einheit
wie Degussa und AlzChem. Folglich wurde sie zusammen mit diesen beiden
Gesellschaften für den Zeitraum vom 22. April bis 30. August 2004 wegen ihrer
Beteiligung an der Zuwiderhandlung gesamtschuldnerisch haftbar gemacht, die sich nur
auf den Calciumcarbidpulver betreffenden Teil des Kartells bezog, da das erste in der
angefochtenen Entscheidung angeführte Zusammentreffen bezüglich Magnesium am 14.
angefochtenen Entscheidung angeführte Zusammentreffen bezüglich Magnesium am 14.
Juli 2005 stattfand. Für den Zeitraum zwischen dem 30. August 2004 bis zum Ende der
Zuwiderhandlung wurde SKW zusammen mit SKW Holding und der Klägerin für die
Zuwiderhandlung gesamtschuldnerisch haftbar gemacht.
135
Die oben in Rn. 134 angeführten Umstände werden auch in den Rn. 226 bis 262 der
angefochtenen Entscheidung angeführt. Außerdem werden in dieser Entscheidung auch
die Dauer der Beteiligung von SKW an der Zuwiderhandlung (zwei Jahre und acht
Monate für Calciumcarbidpulver und ein Jahr und sechs Monate für Magnesiumgranulat;
siehe Rn. 280) und die auf der Grundlage dieser Beteiligung festgesetzten
Multiplikatoren (2,5 für Calciumcarbidpulver und 1,5 für Magnesiumgranulat; siehe Rn.
304) angegeben. Da die für SKW angegebenen Multiplikatoren mit den für die Klägerin
angegebenen identisch sind, ist es folgerichtig und keineswegs widersprüchlich, dass für
diese beiden Gesellschaften in der angefochtenen Entscheidung derselbe
Geldbußenbetrag festgesetzt wurde. Unter diesen Umständen ist es auch folgerichtig,
anzugeben, wie es die Kommission in Fn. 681 zu Rn. 361 der angefochtenen
Entscheidung getan hat, dass die Haftung von SKW nicht über den Betrag der gegen sie
zu verhängenden Geldbuße (13,3 Mio. Euro) hinausgehen kann, auch wenn diese
Gesellschaft gesamtschuldnerisch für die Zahlung zweier unterschiedlicher Geldbußen
haftet, deren Gesamtbetrag diesen Betrag übersteigt.
136
Darüber hinaus handelt es sich bei der Begründungspflicht um ein wesentliches
Formerfordernis, das von der Stichhaltigkeit der Begründung zu unterscheiden ist, die zur
materiellen Rechtmäßigkeit des streitigen Rechtsakts gehört (vgl. Urteil des Gerichtshofs
vom 15. Dezember 2005, Italien/Kommission, C‑66/02, Slg. 2005, I‑10901, Rn. 26 und
die dort angeführte Rechtsprechung).
137
Daher ist die Frage der Rechtmäßigkeit der von der Kommission getroffenen
Entscheidung, für die Klägerin einen Multiplikator anzuwenden, der mit dem für die
Beteiligung von SKW am Calciumcarbidpulver betreffenden Teil des Kartells identisch
ist, keine Frage der Beachtung der Begründungspflicht, auf die allein sich der
vorliegende Klagegrund bezieht, sondern der materiellen Rechtmäßigkeit der
angefochtenen Entscheidung. Letztere wird insoweit mit dem jeweils zweiten Teil des
fünften und des sechsten Klagegrundes von der Klägerin gerügt und ist daher in diesem
Zusammenhang zu prüfen (siehe unten, Rn. 153 bis 192).
138
Aufgrund der vorstehenden Erwägungen ist festzustellen, dass der vorliegende
Klagegrund als unbegründet zurückzuweisen ist.
Zum fünften Klagegrund, mit dem ein Verstoß gegen Art. 23 der Verordnung Nr. 1/2003
gerügt wird, und zum sechsten Klagegrund, mit dem eine Verletzung des Grundsatzes
der Gleichbehandlung gerügt wird
139
Der fünfte Klagegrund gliedert sich in zwei Teile, nämlich zum einen die Beanstandung
einer fehlerhaften Beurteilung der Schwere der Zuwiderhandlung durch die Kommission
und zum anderen das Vorbringen, die Kommission habe zur Berücksichtigung der Dauer
der Zuwiderhandlung falsche Multiplikatoren verwendet. Der sechste Klagegrund, mit
dem eine Verletzung des Grundsatzes der Gleichbehandlung gerügt wird, gliedert sich
ebenfalls in zwei Teile, die sich zum einen auf die Schwere und zum anderen die Dauer
ebenfalls in zwei Teile, die sich zum einen auf die Schwere und zum anderen die Dauer
der Zuwiderhandlung beziehen. Der zweite Teil des fünften Klagegrundes und der
zweite Teil des sechsten Klagegrundes sind zusammen zu prüfen, da sie im
Wesentlichen auf dasselbe Vorbringen gestützt werden.
Zum ersten Teil des fünften Klagegrundes, mit dem eine fehlerhafte Beurteilung der
Schwere der Zuwiderhandlung durch die Kommission gerügt wird
140
Mit dem ersten Teil des fünften Klagegrundes macht die Klägerin geltend, die
Kommission habe der Berechnung der gegen die Klägerin verhängten Geldbuße die
Annahme zugrunde gelegt, dass SKW an einer einzigen, Calciumcarbidpulver,
Calciumgranulat und Magnesiumgranulat betreffenden Zuwiderhandlung beteiligt
gewesen sei. Diese Annahme, die – wie die Klägerin im Rahmen des dritten
Klagegrundes gezeigt habe – falsch sei, wirke sich zwangsläufig auf die Beurteilung der
Schwere der streitigen Zuwiderhandlung aus. Anstatt die Schwere der Zuwiderhandlung
individuell zu beurteilen, habe die Kommission für die Anwendung der Nrn. 19 bis 25 der
Leitlinien einen einheitlichen Satz von 17 % des tatbezogenen Umsatzes festgesetzt, der
auch für SKW gelte, obwohl diese nicht in der von der Kommission angenommenen
Form an dem einzigen Kartell beteiligt gewesen sei. Folglich sei die gegen die Klägerin
verhängte Geldbuße unverhältnismäßig.
141
Selbst wenn eine Beteiligung von SKW an einer einheitlichen Zuwiderhandlung
feststünde, hätte die Kommission in jedem Fall deren mangelnde Kenntnis von Teilen
dieser Zuwiderhandlung berücksichtigen müssen. Aus der angefochtenen Entscheidung
gehe nicht hervor, dass dies geschehen sei. Die in den Rn. 296 und 315 dieser
Entscheidung dargelegte Ansicht der Kommission, wonach mit der Heranziehung des im
Zusammenhang mit der Zuwiderhandlung erzielten Umsatzes der Beteiligung der
einzelnen Unternehmen an der Zuwiderhandlung in angemessener Weise Rechnung
getragen worden sei, sei mit der Rechtsprechung (Urteile des Gerichtshofs vom 15. Juli
1970, Buchler/Kommission, 44/69, Slg. 1970, 733, Rn. 49, und Kommission/Anic
Partecipazioni, oben in Rn. 102 angeführt, Rn. 90) nicht vereinbar.
142
Diesem Vorbringen kann nicht gefolgt werden. Zunächst ist darauf hinzuweisen, dass
bereits festgestellt wurde, dass der dritte Klagegrund als unbegründet zurückzuweisen
ist. Daher kann der Kommission nicht als Fehler vorgeworfen werden, dass sie SKW und
folglich der Klägerin eine Beteiligung an einer einheitlichen und fortdauernden
Zuwiderhandlung betreffend die drei oben in Rn. 140 angeführten Produkte zur Last
gelegt hat.
143
Sodann ist darauf hinzuweisen, dass der Betrag, auf den sich die Nrn. 19 bis 26 der
Leitlinien beziehen, den Grundbetrag der Geldbuße darstellt, der die Schwere der
Zuwiderhandlung und nicht die relative Schwere des Tatbeitrags der einzelnen
betroffenen Unternehmen widerspiegeln soll. Nach der Rechtsprechung ist die
letztgenannte Frage im Rahmen der eventuellen Berücksichtigung erschwerender oder
mildernder Umstände zu prüfen (Urteil des Gerichts vom 12. Dezember 2012, Novácke
chemické závody/Kommission, T‑352/09, noch nicht in der amtlichen Sammlung
veröffentlicht, Rn. 58; vgl. in diesem Sinne auch Urteil des Gerichts vom 8. Oktober 2008,
Carbone-Lorraine/Kommission, T‑73/04, Slg. 2008, II‑2661, Rn. 100). Folglich steht es
der Kommission frei, den bei der Bestimmung des Grundbetrags der Geldbuße
der Kommission frei, den bei der Bestimmung des Grundbetrags der Geldbuße
heranzuziehenden Umsatzanteil für alle Kartellbeteiligten in derselben Höhe
festzusetzen. Die Festsetzung eines übereinstimmenden Prozentsatzes für alle
Kartellbeteiligten führt nicht zwangsläufig zur Berechnung eines für alle identischen
Grundbetrags. Da dieser sich anhand des mit der Zuwiderhandlung in Zusammenhang
stehenden Umsatzes jedes Kartellbeteiligten errechnet, fällt er für jeden von ihnen
entsprechend den verschiedenen erzielten Umsätzen unterschiedlich aus (Urteil
Novácke chemické závody/Kommission, Rn. 58).
144
Außerdem hatte die Festsetzung des Grundbetrags der Geldbuße auf der Grundlage
des von jedem der an der Zuwiderhandlung Beteiligten erzielten tatbezogenen
Umsatzes, worauf die Kommission sowohl in den Rn. 296 und 315 der angefochtenen
Entscheidung als auch in ihren Schriftsätzen an das Gericht zu Recht hingewiesen hat,
zur Folge, dass selbst dann, wenn alle Beteiligten für eine einheitliche und fortdauernde
Zuwiderhandlung bezüglich dreier verschiedener Produkte mit Sanktionen belegt
worden wären, die jedem von ihnen auferlegte individuelle Sanktion allein auf der
Grundlage der Umsätze festgesetzt wurde, die mit den Produkten erzielt wurde,
hinsichtlich deren er sich an der Zuwiderhandlung beteiligt hatte.
145
Diese Vorgehensweise steht entgegen dem Vorbringen der Klägerin völlig mit den
Erwägungen aus Rn. 90 des Urteils Kommission/Anic Partecipazioni (oben in Rn. 102
angeführt) in Einklang, wonach der Umstand, dass sich ein Unternehmen nicht an allen
Tatbestandsmerkmalen eines Kartells beteiligt oder aber bei seiner Beteiligung eine
weniger bedeutende Rolle gespielt hat, bei der Beurteilung der Schwere der
Zuwiderhandlung und gegebenenfalls bei der Bemessung der Geldbuße zu
berücksichtigen ist.
146
Was die Bezugnahme der Klägerin auf das Urteil Buchler/Kommission (oben in Rn. 141
angeführt, Rn. 49) betrifft, ist darauf hinzuweisen, dass der Gerichtshof darin festgestellt
hat, dass bei der Beurteilung der Schwere der Zuwiderhandlung für die Bemessung der
Geldbuße insbesondere die Art der Wettbewerbsbeschränkungen, die Anzahl und die
Bedeutung der beteiligten Unternehmen, der von ihnen jeweils kontrollierte Marktanteil
sowie die Marktlage zur Zeit der Begehung der Zuwiderhandlung zu berücksichtigen
sind.
147
In der angefochtenen Entscheidung gibt es jedoch keine Anhaltspunkte dafür, dass die
Kommission diese Erwägungen nicht beachtet hätte.
148
Insbesondere ist darauf hinzuweisen, dass aus Nr. 23 der Leitlinien hervorgeht, dass
Vereinbarungen wie die im vorliegenden Fall in Rede stehenden ihrer Art nach zu den
schwerwiegendsten Verstößen gehören. Außerdem geht aus Nr. 21 der Leitlinien hervor,
dass zur Bemessung des Grundbetrags der Geldbuße ein Betrag von bis zu 30 % des
Umsatzes festgesetzt werden kann. Die „Eintrittsgebühr“, die nach Nr. 25 der Leitlinien
unabhängig von der Dauer der Beteiligung des betreffenden Unternehmens an der
Zuwiderhandlung in den Grundbetrag der Geldbuße einbezogen wird, um die
Unternehmen von vornherein an der Beteiligung an horizontalen Vereinbarungen
abzuschrecken, liegt, wie aus eben dieser Nummer hervorgeht, zwischen 15 % und 25 %
des von dem betreffenden Unternehmen im Zusammenhang mit der Zuwiderhandlung
erzielten Umsatzes. Daraus folgt, dass der im vorliegenden Fall von der Kommission
erzielten Umsatzes. Daraus folgt, dass der im vorliegenden Fall von der Kommission
gewählte Prozentsatz (17 %) eher im mittleren Bereich der vorgesehenen Skala liegt,
und dies, obwohl die streitige Zuwiderhandlung zu den schwerwiegendsten Verstößen
gehört.
149
Was die Zahl und die Bedeutung der an dieser Zuwiderhandlung beteiligten
Unternehmen betrifft, ist darauf hinzuweisen, dass die angefochtene Entscheidung an 15
Gesellschaften gerichtet ist. Außerdem geht aus den Angaben in Rn. 46 der
angefochtenen Entscheidung, die von der Klägerin in keiner Weise bestritten wurden,
hervor, dass die kumulierten Marktanteile der Kartellbeteiligten sich auf mindestens 75 %
des EWR-Marktes für Calciumcarbidpulver, 65 % für Calciumcarbidgranulat und 70 % für
Magnesiumgranulat beliefen.
150
In Anbetracht dieser Erwägungen und da die Klägerin ihre Behauptung, in der
angefochtenen Entscheidung werde die Erwägung aus Rn. 49 des Urteils
Buchler/Kommission (oben in Rn. 141 angeführt) nicht berücksichtigt, in keiner Weise
substantiiert hat, ist festzustellen, dass die Festsetzung des bei der Bestimmung des
Grundbetrags der Geldbuße zu berücksichtigenden Anteils am Umsatz im vorliegenden
Fall auf 17 % keinesfalls unverhältnismäßig ist. Folglich rechtfertigen die Argumente, die
die Klägerin im Rahmen dieses ersten Teils des fünften Klagegrundes geltend macht, es
nicht, dass das Gericht von seiner Befugnis zu unbeschränkter Nachprüfung Gebrauch
macht, um den Betrag der gegen die Klägerin verhängten Geldbuße zu ändern.
151
Daraus folgt, dass der erste Teil des fünften Klagegrundes als unbegründet
zurückzuweisen ist.
152
Im Weiteren sind der zweite Teil des fünften und der zweite Teil des sechsten
Klagegrundes zusammen zu prüfen, mit denen jeweils eine fehlerhafte Beurteilung der
Dauer der Zuwiderhandlung gerügt wird.
Zum zweiten Teil des fünften und zum zweiten Teil des sechsten Klagegrundes, mit
denen jeweils eine fehlerhafte Beurteilung der Dauer der Zuwiderhandlung gerügt wird
153
Die Klägerin macht geltend, dass auf SKW für deren Beteiligung an dem Kartell
betreffend Calciumcarbidpulver derselbe Multiplikator (2,5) wie auf sie selbst angewandt
worden sei, obwohl SKW an diesem Teil des Kartells länger beteiligt gewesen sei (zwei
Jahre und acht Monate) als sie selbst (zwei Jahre und vier Monate). So müssten die
beiden Muttergesellschaften von SKW während der beiden unterschiedlichen
Kartellzeiträume (einerseits Degussa und AlzChem, bei denen ein Multiplikator von 0,5
für denselben Teil des Kartells angewandt worden sei, und andererseits die Klägerin und
SKW Holding) für eine längere Gesamtdauer der Beteiligung haften (entsprechend
einem Multiplikator von 3) als SKW, der Einheit, die persönlich an dem Kartell beteiligt
gewesen sei. Es ist darauf hinzuweisen, dass es sich dabei um Umstände handelt, die
bereits bei der Erörterung des vierten Klagegrundes geprüft wurden (siehe u. a. oben,
Rn. 124, 135 und 137).
154
Die Klägerin vertritt die Ansicht, dass die Kommission, indem sie auf die Klägerin und
auf SKW denselben Multiplikator angewandt habe, den Schuldgrundsatz und den
Grundsatz der persönlichen Haftung verletzt habe, die verlangten, dass eine Geldbuße
Grundsatz der persönlichen Haftung verletzt habe, die verlangten, dass eine Geldbuße
schuldangemessen sein müsse. Dies sei vorliegend nicht der Fall, da die Klägerin so
behandelt werde, als hätte sie während der gesamten Dauer der Beteiligung von SKW
an der Zuwiderhandlung Kontrolle über diese ausgeübt. Außerdem sei die Kommission
von ihren eigenen Leitlinien abgewichen, wonach Zeiträume von mehr als sechs
Monaten bis zu einem Jahr mit einem ganzen Jahr angerechnet würden. Folglich hätte
nach Ansicht der Klägerin auf SKW für einen Zeitraum der Beteiligung am Kartell von
zwei Jahren und acht Monaten ein Multiplikator von 3 angewandt werden müssen. Die
Klägerin sieht darin zugleich einen Verstoß gegen den Grundsatz der Gleichbehandlung.
155
Insoweit ist auf Nr. 24 der Leitlinien hinzuweisen, die wie folgt lautet: „Um der Dauer der
Mitwirkung der einzelnen Unternehmen an der Zuwiderhandlung in voller Länge
Rechnung zu tragen, wird der nach dem Umsatz ermittelte Wert (siehe oben Ziffern 20
bis 23) mit der Anzahl der Jahre multipliziert, die das Unternehmen an der
Zuwiderhandlung beteiligt war. Zeiträume bis zu sechs Monaten werden mit einem
halben, Zeiträume von mehr als sechs Monaten bis zu einem Jahr mit einem ganzen
Jahr angerechnet.“
156
Die Kommission erklärt in ihrer Klagebeantwortung, dass sie sich in der angefochtenen
Entscheidung nicht an den Wortlaut von Nr. 24 der Leitlinien gehalten habe, sondern den
Multiplikator erst ab einem zusätzlichen Quartal der Beteiligung an der Zuwiderhandlung
um 0,5 erhöht habe. Folglich sei ein Multiplikator von 2,5 gegenüber den
Kartellbeteiligten erst ab einem Zeitraum der Beteiligung am Kartell von zwei Jahren und
drei Monaten angewandt worden, während ein Multiplikator von 3 erst ab einem Zeitraum
der Beteiligung am Kartell von zwei Jahren und neun Monaten angewandt worden sei.
Da die Klägerin für die Dauer von zwei Jahren, vier Monaten und 17 Tagen am Kartell
beteiligt gewesen sei, sei ihr gegenüber ein Multiplikator von 2,5 angewandt worden.
Gegenüber SKW, die geringfügig länger, aber weniger als zwei Jahre und neun Monate
an der Zuwiderhandlung beteiligt gewesen sei, sei derselbe Multiplikator angewandt
worden.
157
Nach Ansicht der Kommission stellt die Entscheidung, den Multiplikator erst ab einer
Beteiligung am Kartell von weiteren drei Monaten um 0,5 zu erhöhen, eine Maßnahme
dar, die einheitlich alle Kartellbeteiligten begünstige. Außerdem verlange der von der
Klägerin geltend gemachte Schuldgrundsatz für die Bemessung der Geldbuße nicht die
Verwendung einer arithmetischen Formel, die jedweden Unterschied in der Dauer der
Beteiligung zum Ausdruck bringe. Sie beruft sich insoweit auf Nr. 6 der Leitlinien und auf
die Urteile des Gerichts vom 7. Juli 1994, Dunlop Slazenger/Kommission (T‑43/92, Slg.
1994, II‑441, Rn. 178), vom 12. Juli 2001, Tate & Lyle u. a./Kommission (T‑202/98,
T‑204/98 und T‑207/98, Slg. 2001, II‑2035, Rn. 105), und vom 9. Juli 2003, Cheil
Jedang/Kommission (T‑220/00, Slg. 2003, II‑2473, Rn. 137). Im Übrigen könne sich die
Klägerin nicht auf eine angebliche ungerechtfertigte vorteilhaftere Behandlung von SKW
berufen, um einen Anspruch auf Herabsetzung der gegen sie verhängten Geldbuße zu
begründen. Zur Stützung dieses Vorbringens beruft sich die Kommission auf die Urteile
des Gerichts vom 14. Mai 1998, SCA Holding/Kommission (T‑327/94, Slg. 1998, II‑1373,
Rn. 160), und HFB u. a./Kommission (oben in Rn. 81 angeführt, Rn. 515). Schließlich
bedeute der Umstand, dass die Summe der gegenüber den verschiedenen
Muttergesellschaften von SKW angewandten Multiplikatoren höher sei als der
gegenüber Letzterer angewandte Multiplikator, für sich allein nicht, dass die
gegenüber Letzterer angewandte Multiplikator, für sich allein nicht, dass die
angefochtene Entscheidung rechtsfehlerhaft sei.
158
Nach Art. 23 Abs. 3 der Verordnung Nr. 1/2003 ist die Dauer der Zuwiderhandlung einer
der Gesichtspunkte, die bei der Festsetzung der Höhe der Geldbuße gegen
Unternehmen, die gegen Wettbewerbsregeln verstoßen haben, zu berücksichtigen sind
(Urteile Cheil Jedang/Kommission, oben in Rn. 157 angeführt, Rn. 128, und Amann &
Söhne und Cousin Filterie/Kommission, oben in Rn. 101 angeführt, Rn. 237).
159
Zwar darf die Kommission nach ständiger Rechtsprechung nicht durch den
ausschließlichen und mechanischen Rückgriff auf mathematische Formeln auf ihr
Ermessen bei der Festsetzung von Geldbußen verzichten (Urteile des Gerichtshofs
Sarrió/Kommission, oben in Rn. 128 angeführt, Rn. 76, vom 15. Oktober 2002, Limburgse
Vinyl Maatschappij u. a./Kommission, oben in Rn. 128 angeführt, Rn. 464, und vom 2.
Oktober 2003, Corus UK/Kommission, C‑199/99 P, Slg. 2003, I‑11177, Rn. 199; vgl. in
diesem Sinne auch Urteil Tate & Lyle u. a./Kommission, oben in Rn. 157 angeführt, Rn.
105).
160
Jedoch ist im selben Zusammenhang auch entschieden worden, dass es der
Kommission freisteht, ihre Entscheidung mit einer Begründung zu versehen, die über das
hinausgeht, wozu sie verpflichtet ist, und u. a. Zahlenangaben enthält, von denen sie
sich vor allem hinsichtlich der angestrebten Abschreckungswirkung leiten ließ, als sie
bei der Festsetzung von Geldbußen gegen mehrere Unternehmen, die in unterschiedlich
starkem Maß an der Zuwiderhandlung teilgenommen hatten, ihr Ermessen ausübte. Es
kann nämlich wünschenswert sein, dass die Kommission von dieser Möglichkeit
Gebrauch macht, um den Unternehmen nähere Angaben zur Berechnungsweise der
gegen sie verhängten Geldbuße zu verschaffen. Darüber hinaus kann dies zur
Transparenz des Verwaltungshandelns beitragen und dem Unionsrichter die Ausübung
seiner Befugnis zu unbeschränkter Nachprüfung erleichtern, in deren Rahmen er außer
der Rechtmäßigkeit der angefochtenen Entscheidung auch die Angemessenheit der
festgesetzten Geldbuße zu beurteilen hat (Urteil Sarrió/Kommission, oben in Rn. 128
angeführt, Rn. 76 und 77).
161
Im Übrigen geht aus der Rechtsprechung hervor, dass das Gericht in bestimmten Fällen
in Ausübung seiner Befugnis zu unbeschränkter Nachprüfung die genauen Angaben zur
Dauer der Beteiligung eines Unternehmens an einer Zuwiderhandlung gegen die
Wettbewerbsregeln berücksichtigt und den Betrag der von der Kommission verhängten
Geldbuße geändert hat, um diese Dauer genauer und verhältnismäßiger zu
berücksichtigen.
162
So hat das Gericht in seinem Urteil BASF und UCB/Kommission (oben in Rn. 103
angeführt, Rn. 219 und 220) festgestellt, dass der von der Kommission in dieser
Rechtssache vertretene Ansatz, bei dem der Ausgangsbetrag der Geldbuße für jedes
volle Jahr um 10 % und für jeden verbleibenden Zeitraum von vollen sechs Monaten um
5 % erhöht wurde, unter den Umständen dieses Falls zu beträchtlichen Diskrepanzen
zwischen den Kartellbeteiligten führen konnte. Das Gericht hat insbesondere festgestellt,
dass, da die Beteiligung einer der Klägerinnen in dieser Rechtssache an der
Zuwiderhandlung drei Jahre und zehn volle Monate gedauert hatte, eine Erhöhung von
Zuwiderhandlung drei Jahre und zehn volle Monate gedauert hatte, eine Erhöhung von
5 % – die einer Beteiligung an der Zuwiderhandlung von einem halben Jahr (sechs
Monate) entsprach – zur Berücksichtigung der zehn Monate durch das Gericht die
verbleibenden vier Monate der Beteiligung unberücksichtigt ließe. Es hat daher in
Anbetracht dessen, dass es über genaue Angaben zur Dauer der Beteiligung der
einzelnen Klägerinnen in dieser Rechtssache an der Zuwiderhandlung verfügte und in
der Lage war, deren Geldbußen so zu berechnen, dass sie die genaue Dauer dieser
Beteiligung widerspiegelten, und sie so verhältnismäßiger zu gestalten, entschieden, im
Rahmen der Ausübung seiner Befugnis zu unbeschränkter Nachprüfung eine Erhöhung
um 38 % vorzunehmen, um einem Zeitraum der Beteiligung an der Zuwiderhandlung von
drei Jahren und zehn Monaten Rechnung zu tragen.
163
Ebenso hat das Gericht in seinem von der Kommission angeführten Urteil Cheil
Jedang/Kommission (oben in Rn. 157 angeführt) festgestellt, dass die Kommission, ohne
hierzu durch die in dieser Rechtssache anwendbaren Leitlinien verpflichtet gewesen zu
sein, den Grundsatz einer Erhöhung um 10 % jährlich gegenüber allen an der
Zuwiderhandlung beteiligten Unternehmen angewandt hatte. Jedoch wandte sie
gegenüber der Klägerin in dieser Rechtssache für eine Dauer der Beteiligung von zwei
Jahren und zehn Monaten eine Erhöhung um 30 % auf die gegen diese verhängte
Geldbuße an (Urteil Cheil Jedang/Kommission, oben in Rn. 157 angeführt, Rn. 130 und
131). Das Gericht hat festgestellt, dass diese Erhöhung zwar nicht an sich gegen die
Leitlinien der Kommission verstieß, sie aber im Hinblick auf die Beurteilung offensichtlich
fehlerhaft war, die die Kommission in ihrer Entscheidung vorgenommen hatte und auf die
sie sich nach eigenen Angaben gestützt hatte, um gegenüber den betroffenen
Unternehmen die Erhöhungen wegen der Dauer der Zuwiderhandlung festzusetzen.
Folglich hat das Gericht die Erhöhung des Ausgangsbetrags der in dieser Rechtssache
gegen die Klägerin verhängten Geldbuße im Rahmen seiner Befugnis zu
unbeschränkter Nachprüfung auf 20 % herabgesetzt (Urteil Cheil Jedang/Kommission,
oben in Rn. 157 angeführt, Rn. 135 bis 139).
164
Aus dieser Rechtsprechung folgt, dass einer Abstufung des Geldbußenbetrags, um die
genaue Dauer der Beteiligung eines Unternehmens an einer Zuwiderhandlung gegen
die Wettbewerbsregeln genauer und verhältnismäßiger wiederzugeben, nichts
entgegensteht. Auch die Erwägungen in Nr. 6 der Leitlinien, auf die sich die Kommission
beruft, können nicht zu einem anderen Schluss führen.
165
Die Kommission führt in dieser Nummer der Leitlinien aus, dass „[d]ie Verbindung des
Umsatzes auf den vom Verstoß betroffenen Märkten mit der Dauer … eine Formel
dar[stellt], die die wirtschaftliche Bedeutung der Zuwiderhandlung und das jeweilige
Gewicht des einzelnen an der Zuwiderhandlung beteiligten Unternehmens angemessen
wiedergibt“. Weiter heißt es: „Sie vermittelt Aufschluss über die Größenordnung der
Geldbuße und sollte nicht als Grundlage für eine automatische arithmetische
Berechnungsmethode verstanden werden.“
166
Diese Erwägungen müssen in den Gesamtzusammenhang der mit den Leitlinien
eingeführten Methode zur Berechnung der Geldbuße gebracht werden. Es ist nämlich
festzustellen, dass die Kommission sich im Rahmen der Anwendung dieser Methode
einen ausreichenden Ermessensspielraum vorbehalten hat. So ist in den Nrn. 21 und 25
der Leitlinien vorgesehen, dass die bei der Bestimmung des Grundbetrags der Geldbuße
der Leitlinien vorgesehen, dass die bei der Bestimmung des Grundbetrags der Geldbuße
und des als Eintrittsgebühr bezeichneten Teils desselben zu berücksichtigenden
Prozentsätze der im Zusammenhang mit der Zuwiderhandlung erzielten Umsätze
anhand einer ausreichend breiten Skala ermittelt werden, die bis 30 % bzw. 25 % gehen
kann. Außerdem sehen die Nrn. 27 bis 29 die Möglichkeit vor, den Grundbetrag der
Geldbuße anzupassen, um mögliche erschwerende oder mildernde Umstände zu
berücksichtigen, und überlassen es der Kommission, den genauen Prozentsatz dieser
Anpassungen zu bestimmen. Außerdem hat sich die Kommission in Nr. 30 die
Möglichkeit vorbehalten, die Geldbuße über den Betrag, der sich aus der Anwendung
der mit den Leitlinien eingeführten Methode ergibt, zu erhöhen, um sicherzustellen, dass
diese eine abschreckende Wirkung hat, während Nr. 37 einen allgemeineren Vorbehalt
enthält, der vorsieht, dass die besonderen Umstände eines Falles es rechtfertigen
können, dass die Kommission von der in den Leitlinien verankerten Methode zur
Festsetzung des Geldbußenbetrags abweicht.
167
Die Feststellung in Nr. 6 der Leitlinien, wonach mit diesen Leitlinien keine automatische
arithmetische Methode zur Berechnung der Geldbuße eingeführt werde, erweist sich
somit als zutreffend. Gleichwohl enthalten die einschlägigen Entscheidungen der
Kommission wie im vorliegenden Fall die angefochtene Entscheidung genaue Angaben
zur Dauer der Beteiligung der jeweiligen Unternehmen an der Zuwiderhandlung und
sieht Nr. 24 der Leitlinien eine Abstufung des Geldbußenbetrags vor, die diese Dauer für
jedes betroffene Unternehmen wiedergeben soll. Eine mögliche Anpassung dieser
Abstufung, gegebenenfalls im Rahmen der Ausübung der Befugnis zu unbeschränkter
Nachprüfung im Bereich der Geldbußen durch das Gericht, um die genaue Dauer dieser
Beteiligung wiederzugeben und die Geldbuße so verhältnismäßiger zu gestalten,
widerspricht in keiner Weise dem hinter den Leitlinien stehenden Gedanken.
168
Im Übrigen muss die Kommission in jedem Einzelfall, wenn sie die Festsetzung von
Geldbußen nach dem Wettbewerbsrecht beschließt, die allgemeinen Rechtsgrundsätze
einhalten, zu denen der Grundsatz der Gleichbehandlung in seiner Auslegung durch die
Unionsgerichte gehört (Urteil des Gerichts vom 27. September 2006, Archer Daniels
Midland/Kommission, T‑59/02, Slg. 2006, II‑3627, Rn. 315). Nach ständiger
Rechtsprechung verlangt dieser Grundsatz, dass vergleichbare Sachverhalte nicht
unterschiedlich und unterschiedliche Sachverhalte nicht gleich behandelt werden dürfen,
es sei denn, dass eine solche Behandlung objektiv gerechtfertigt ist (vgl. Urteil des
Gerichtshofs vom 16. Dezember 2008, Arcelor Atlantique und Lorraine u. a., C‑127/07,
Slg. 2008, I‑9895, Rn. 23 und die dort angeführte Rechtsprechung).
169
Die Verletzung des Gleichheitsgrundsatzes durch eine unterschiedliche Behandlung
setzt voraus, dass die betreffenden Sachverhalte im Hinblick auf alle Merkmale, die sie
kennzeichnen, vergleichbar sind. Die Merkmale unterschiedlicher Sachverhalte und
somit deren Vergleichbarkeit sind u. a. im Licht des Ziels und des Zwecks der
Unionsmaßnahme, die die fragliche Unterscheidung einführt, zu bestimmen und zu
beurteilen. Außerdem sind die Grundsätze und Ziele des Regelungsbereichs zu
berücksichtigen, dem die in Rede stehende Maßnahme unterfällt (vgl. Urteil Arcelor
Atlantique und Lorraine u. a., oben in Rn. 168 angeführt, Rn. 25 und 26 und die dort
angeführte Rechtsprechung).
170
Im vorliegenden Fall unterscheidet sich der Sachverhalt der Klägerin nur in einem
Aspekt vom Sachverhalt von SKW, nämlich der Dauer ihrer Beteiligung an dem
Calciumcarbidpulver betreffenden Teil der streitigen Zuwiderhandlung. So geht aus den
Rn. 55 bis 57, 251 und 252 der angefochtenen Entscheidung hervor, dass diese Dauer
bei SKW zwei Jahre, acht Monate und 25 Tage und bei der Klägerin zwei Jahre, vier
Monate und 17 Tage betrug. Abgesehen von diesem Unterschied sind die Sachverhalte
dieser beiden Gesellschaften insoweit als identisch anzusehen, als sie beide aufgrund
derselben tatsächlichen Umstände, nämlich der Beteiligung von Mitgliedern der
Geschäftsleitung und des Personals von SKW am streitigen Kartell, für diese
Zuwiderhandlung zur Verantwortung gezogen wurden.
171
Aus diesen Erwägungen und aus der oben in Rn. 158 angeführten Rechtsprechung
folgt, dass die unterschiedliche Dauer der Beteiligung der Klägerin und der von SKW am
Calciumcarbidpulver betreffenden Teil des Kartells nach der oben in Rn. 169
angeführten Rechtsprechung als ein Umstand anzusehen ist, der den jeweiligen
Sachverhalt dieser beiden Gesellschaften kennzeichnet und damit den Schluss zulässt,
dass sich diese Sachverhalte unterscheiden. Jedoch hat die Kommission diese beiden
unterschiedlichen Sachverhalte gleich behandelt, indem sie gegen beide betroffenen
Gesellschaften Geldbußen in derselben Höhe verhängt hat.
172
Diese Gleichbehandlung unterschiedlicher Sachverhalte kann nicht als objektiv
gerechtfertigt angesehen werden. Eine unterschiedliche Behandlung ist gerechtfertigt,
wenn sie auf einem objektiven und angemessenen Kriterium beruht, d. h., wenn sie im
Zusammenhang mit einem rechtlich zulässigen Ziel steht, das mit der in Rede stehenden
Regelung verfolgt wird, und wenn diese unterschiedliche Behandlung in angemessenem
Verhältnis zu dem mit der betreffenden Behandlung verfolgten Ziel steht (vgl. Urteil
Arcelor Atlantique und Lorraine u. a., oben in Rn. 168 angeführt, Rn. 47 und die dort
angeführte Rechtsprechung).
173
Im vorliegenden Fall gibt es jedoch kein objektives und angemessenes Kriterium, das
eine Rundung der Dauer der Beteiligung an einer Zuwiderhandlung gegen die
Wettbewerbsregeln rechtfertigen würde, die im vorliegenden Fall die Verhängung einer
Geldbuße in derselben Höhe gegen zwei Gesellschaften zur Folge hat, bei denen die
Dauer der Beteiligung am Kartell unterschiedlich ist und dies den einzigen Umstand
darstellt, in dem sich die Sachverhalte dieser beiden Gesellschaften voneinander
unterscheiden. Die Berechnung der genauen Dauer der Beteiligung eines
Unternehmens an einer Zuwiderhandlung in Monaten, erforderlichenfalls sogar in Tagen,
und des entsprechenden genauen Multiplikators bereitet keine ernstlichen praktischen
Schwierigkeiten. Die genannte Rundung kann auch nicht mit der Erforderlichkeit
gerechtfertigt werden, sicherzustellen, dass die Geldbuße unabhängig von der Dauer der
Zuwiderhandlung eine abschreckende Mindestwirkung hat, denn Nr. 25 der Leitlinien
sieht genau hierfür beim Grundbetrag der Geldbuße das Hinzufügen der Eintrittsgebühr
vor.
174
Es ist darauf hinzuweisen, dass die Kommission im vorliegenden Fall, wie sie selbst
einräumt, von der in Nr. 24 der Leitlinien vorgesehenen Rundungsregel abgewichen ist
und eine andere, im Übrigen an keiner Stelle der angefochtenen Entscheidung erwähnte
Regel angewandt hat, nach der eine Erhöhung des Multiplikators um 0,5 erst ab einer
Regel angewandt hat, nach der eine Erhöhung des Multiplikators um 0,5 erst ab einer
zusätzlichen Dauer der Beteiligung an der Zuwiderhandlung von mehr als drei Monaten
vorzunehmen war.
175
Insoweit folgt aus der ständigen Rechtsprechung, dass die Kommission dadurch, dass
sie Verhaltensnormen wie vorliegend die Leitlinien erlassen und durch deren
Veröffentlichung angekündigt hat, dass sie sie von nun an auf die von diesen Normen
erfassten Fälle anwenden werde, die Ausübung ihres Ermessens beschränkt hat und
von diesen Normen nicht abweichen kann, ohne dass dies gegebenenfalls wegen eines
Verstoßes gegen allgemeine Rechtsgrundsätze wie die der Gleichbehandlung oder des
Vertrauensschutzes geahndet würde (Urteil Dansk Rørindustri u. a./Kommission, oben in
Rn. 81 angeführt, Rn. 211; Urteile des Gerichts vom 8. Oktober 2008, Schunk und
Schunk Kohlenstoff-Technik/Kommission, T‑69/04, Slg. 2008, II‑2567, Rn. 44, sowie
Amann & Söhne und Cousin Filterie/Kommission, oben in Rn. 101 angeführt, Rn. 146).
176
Aus dieser Rechtsprechung lässt sich ableiten, dass die Kommission von ihren eigenen
Leitlinien nur in Fällen abweichen darf, in denen eine solche Abweichung mit den
allgemeinen Rechtsgrundsätzen, u. a. dem Grundsatz der Gleichbehandlung, vereinbar
ist (vgl. in diesem Sinne Urteil Novácke chemické závody/Kommission, oben in Rn. 143
angeführt, Rn. 136), was nach den Ausführungen oben in den Rn. 170 bis 173
vorliegend nicht der Fall ist.
177
Im Übrigen hätte zwar die genaue Befolgung von Nr. 24 der Leitlinien die
Gleichbehandlung der unterschiedlichen Sachverhalte der Klägerin und von SKW
vermieden, da gegenüber SKW ein Multiplikator von 3 für ihre Beteiligung am
Calciumcarbidpulver betreffenden Teil des Kartells angewandt worden wäre, jedoch
stellt die vorliegende Rüge allgemeiner auf die Unvereinbarkeit einer Rundung (sei es
nach oben, sei es nach unten) der Dauer der Beteiligung der verschiedenen
Unternehmen an ein und derselben Zuwiderhandlung mit dem Grundsatz der
Gleichbehandlung ab.
178
Im Folgenden ist das Vorbringen der Kommission zu prüfen, das im Wesentlichen dahin
geht, dass die Klägerin keinen Vorteil aus einer möglicherweise zugunsten von SKW
begangenen Rechtsverletzung ziehen könne (siehe oben, Rn. 157).
179
Diesem Vorbringen kann nicht gefolgt werden. Nach ständiger Rechtsprechung kann
sich zwar niemand zu seinem Vorteil auf eine zugunsten eines anderen begangene
Rechtsverletzung berufen (Urteil des Gerichtshofs vom 10. November 2011, Rank Group,
C‑259/10 und C‑260/10, Slg. 2011, I‑10947, Rn. 62, und Urteil des Gerichts vom 20.
März 2002, Lögstör Rör/Kommission, T‑16/99, Slg. 2002, II‑1633, Rn. 350). Der
Umstand, dass die Kommission dem Wortlaut von Nr. 24 der Leitlinien nicht gefolgt ist,
kann jedoch für sich allein nicht als Rechtsverletzung im Sinne dieser Rechtsprechung
gewertet werden. Zum einen kann die Kommission, wie oben in Rn. 177 ausgeführt,
unter bestimmten Voraussetzungen von ihren eigenen Leitlinien abweichen, und sie hat
sich in diesen Leitlinien ausdrücklich die Möglichkeit vorbehalten, in geeigneten Fällen
die darin festgelegte Methode zur Bestimmung des Geldbußenbetrags nicht
anzuwenden (siehe oben, Rn. 166). Zum anderen weist die Klägerin zu Recht darauf hin,
dass die Leitlinien nach ständiger Rechtsprechung nicht als eine Rechtsnorm qualifiziert
werden können, dass sie aber eine Verhaltensnorm darstellen, die einen Hinweis auf die
werden können, dass sie aber eine Verhaltensnorm darstellen, die einen Hinweis auf die
zu befolgende Verwaltungspraxis enthält und von der die Kommission im Einzelfall nicht
ohne Angabe von Gründen abweichen kann, die mit dem Grundsatz der
Gleichbehandlung vereinbar sind (vgl. Urteil des Gerichtshofs vom 18. Mai 2006, Archer
Daniels Midland und Archer Daniels Midland Ingredients/Kommission, C‑397/03 P, Slg.
2006, I‑4429, Rn. 91 und die dort angeführte Rechtsprechung).
180
Die von der Kommission angeführte Rechtsprechung (Urteile SCA
Holding/Kommission, oben in Rn. 157 angeführt, Rn. 160, und HFB u. a./Kommission,
oben in Rn. 81 angeführt, Rn. 515) kann zu keinem anderen Ergebnis führen. Die
angeführten Randnummern dieser Urteile beziehen sich ausdrücklich auf den Fall, dass
die Kommission eine Rechtsverletzung begangen hat. Aus den vorstehend dargelegten
Gründen stellt jedoch die Verhängung einer Geldbuße, deren Betrag geringer ist als der,
der sich bei genauer Befolgung der Leitlinien ergäbe, als solche keine Rechtsverletzung
dar. Als rechtswidrig kann hingegen die diskriminierende Behandlung der Klägerin
gewertet werden, gegen die eine Geldbuße in derselben Höhe für eine geringere Dauer
der Beteiligung verhängt wurde, während die weiteren Umstände ihrer Beteiligung am
Kartell mit denen von SKW identisch waren. Außerdem ist jedenfalls darauf
hinzuweisen, dass die angeführten Randnummern dieser beiden Urteile nichttragende
Gründe enthalten.
181
Aus den vorstehenden Erwägungen ergibt sich, dass der jeweils zweite Teil des fünften
und sechsten Klagegrundes begründet ist. Es stellt sich folglich die Frage, welche
Maßnahme am geeignetsten ist, die ungerechtfertigte Ungleichbehandlung der Klägerin
zu beseitigen.
182
Insoweit ist festzustellen, dass gegenüber der Klägerin ein Multiplikator von 2,5
angewandt wurde, während in Anbetracht der genauen Dauer ihrer Beteiligung am
Calciumcarbidpulver betreffenden Teil des Kartells, wie sie sich aus der angefochtenen
Entscheidung ergibt, ein Multiplikator von 2,375 besser geeignet gewesen wäre, diese
Beteiligung verhältnismäßig wiederzugeben. Jedoch resultiert die Ungleichbehandlung
der Klägerin gegenüber SKW daraus, dass gegenüber Letzterer ein Multiplikator von 2,5
angewandt wurde, während ein Multiplikator von 2,735 die Dauer ihrer Beteiligung an
der streitigen Zuwiderhandlung genauer wiedergäbe.
183
Hierzu ist darauf hinzuweisen, dass zwar die dem Unionsrichter übertragene Befugnis
zu unbeschränkter Nachprüfung ausdrücklich die Befugnis einschließt, den Betrag der
verhängten Geldbuße gegebenenfalls zu erhöhen. Folglich bestünde die Lösung, die am
geeignetsten wäre, im Fall einer Ungleichbehandlung zwischen mehreren an einer
Zuwiderhandlung Beteiligten, die darauf beruht, dass die relative Schwere des
rechtswidrigen Verhaltens der einen gegenüber dem rechtswidrigen Verhalten der
anderen unterbewertet wurde, wieder ein gerechtes Gleichgewicht herzustellen, darin,
den Betrag der gegen die Erstgenanten verhängten Geldbuße zu erhöhen. Eine solche
Erhöhung könnte jedoch nur in dem Fall vorgenommen werden, dass die an der
Zuwiderhandlung Beteiligten, deren Geldbuße zu erhöhen wäre, diese Geldbuße vor
dem Gericht angefochten haben und es ihnen ermöglicht wurde, zu einer solchen
Erhöhung Stellung zu nehmen. Sind diese Voraussetzungen nicht erfüllt, besteht die
geeignetste Maßnahme, die ungerechtfertigte Ungleichbehandlung der Klägerin zu
geeignetste Maßnahme, die ungerechtfertigte Ungleichbehandlung der Klägerin zu
beseitigen, in der Herabsetzung des Betrags der gegen die anderen an der
Zuwiderhandlung Beteiligten verhängten Geldbuße (Urteil Novácke chemické
závody/Kommission, oben in Rn. 143 angeführt, Rn. 55 und 56; vgl. in diesem Sinne
auch Urteil des Gerichts vom 8. Juli 2004, JFE Engineering u. a./Kommission, T‑67/00,
T‑68/00, T‑71/00 und T‑78/00, Slg. 2004, II‑2501, Rn. 579).
184
In diesem Zusammenhang ist außerdem darauf hinzuweisen, dass die Ausübung der
Befugnis des Unionsrichters zu unbeschränkter Nachprüfung im Bereich der
Verhängung von Geldbußen wegen Verstoßes gegen die Wettbewerbsregeln nicht einer
Prüfung von Amts wegen entspricht und das Verfahren vor den Gerichten der Union ein
streitiges Verfahren ist. Mit Ausnahme der Gründe zwingenden Rechts, die der Richter
von Amts wegen zu berücksichtigen hat, wie etwa das Fehlen einer Begründung, ist es
Sache des Klägers, gegen die Entscheidung der Kommission, gegen die sich seine
Klage richtet, Klagegründe vorzubringen und für diese Beweise beizubringen (Urteil des
Gerichtshofs vom 8. Dezember 2011, KME Germany u. a./Kommission, C‑389/10 P, noch
nicht in der amtlichen Sammlung veröffentlicht, Rn. 130).
185
Im vorliegenden Fall hat zwar SKW vor dem Gericht mit einer separaten Klage, die mit
dem Urteil SKW Stahl-Metallurgie Holding und SKW Stahl-Metallurgie/Kommission
(oben in Rn. 28 angeführt) abgewiesen wurde, die gegen sie wegen ihrer Beteiligung an
dem streitigen Kartell verhängte Geldbuße der Höhe nach angefochten. SKW hat im
Rahmen dieser Klage aber keinen Klagegrund und keine Rüge zu der Rundung der
gegen sie verhängten Geldbuße vorgebracht, mit der der Dauer ihrer Beteiligung am
Calciumcarbid betreffenden Teil des Kartells Rechnung getragen werden sollte, also zu
dem hierfür in ihrem Fall angewandten Multiplikator. Diese Frage wurde auch von der
Kommission nicht aufgeworfen.
186
Unter diesen Umständen besteht die Maßnahme, die am geeignetsten ist, die
festgestellte Ungleichbehandlung zu beseitigen, nach den oben in Rn. 183 angeführten
Erwägungen darin, in der vorliegenden Rechtssache den Betrag der gegen die Klägerin
verhängten Geldbuße herabzusetzen.
187
Bei der Berechnung dieser Herabsetzung sind die folgenden Erwägungen zu
berücksichtigen. Erstens ist darauf hinzuweisen, dass die Leitlinien der Beurteilung der
Geldbuße durch den Unionsrichter, der insoweit die Befugnis zu unbeschränkter
Nachprüfung hat, nicht vorgreifen (Urteile des Gerichts vom 27. Juli 2005, Brasserie
nationale/Kommission, T‑49/02 bis T‑51/02, Slg. 2005, II‑3033, Rn. 169, und BASF und
UCB/Kommission, oben in Rn. 103 angeführt, Rn. 213). Daraus folgt zwar, dass das
Gericht nicht an die Leitlinien der Kommission gebunden ist, gleichwohl aber kann es
sich dafür entscheiden, die dort für die Berechnung des angemessenen Betrags der
Geldbuße beschriebene Methode ganz oder teilweise anzuwenden.
188
Zweitens hat das Gericht, worauf die Kommission hinweist, in seinem Urteil Dunlop
Slazenger/Kommission (oben in Rn. 157 angeführt, Rn. 178) zwar festgestellt, dass in
Anbetracht der besonderen Umstände dieser Rechtssache die Herabsetzung der dort
gegen die Klägerin verhängten Geldbuße nicht im Verhältnis zu der vorgenommenen
Kürzung der Dauer der Zuwiderhandlungen zu stehen brauchte, jedoch kann diese
Feststellung allein, die aufgrund der Umstände dieser Rechtssache gerechtfertigt war,
Feststellung allein, die aufgrund der Umstände dieser Rechtssache gerechtfertigt war,
einer Herabsetzung der Geldbuße in der vorliegenden Rechtssache nicht
entgegenstehen, mit der der Unterschied zwischen der jeweiligen Dauer der Beteiligung
der Klägerin und von SKW am Calciumcarbidpulver betreffenden Teil des streitigen
Kartells genauer und verhältnismäßiger wiedergegeben werden soll.
189
Drittens geht aus der Antwort der Kommission auf die oben in Rn. 9 angeführte
prozessleitende Maßnahme hervor, dass der genaue Wert der bei der Berechnung der
gegen die Klägerin verhängten Geldbuße berücksichtigten Umsätze 16,848 Mio. Euro für
Calciumcarbidpulver und 7,903 Mio. Euro für Magnesium beträgt.
190
Der Anteil der von der Kommission bei der Berechnung der Geldbuße berücksichtigten
Umsätze (17 %) beträgt 2 864 160 Euro bzw. 1 343 510 Euro für die beiden betreffenden
Produkte. Auf der Grundlage dieser Beträge und der in der angefochtenen Entscheidung
angegebenen Multiplikatoren hat die Kommission für die gegen die Klägerin zu
verhängende Geldbuße einen Grundbetrag von 10 Mio. Euro für Calciumcarbidpulver
und von 3,3 Mio. Euro für Magnesium zugrunde gelegt, was einen Gesamtbetrag der
Geldbuße von 13,3 Mio. Euro ergibt.
191
Wendet man auf diese Beträge die oben in Rn. 182 angegebenen geeigneten
Multiplikatoren an, ergeben sich für Calciumcarbidpulver (der Grundbetrag für
Magnesium bleibt offensichtlich unverändert) Beträge von 9 666 540 Euro für die
Klägerin und 10 697 637 Euro für SKW. Dies hätte dazu geführt, dass gegen die Klägerin
eine Geldbuße von 12,9 Mio. Euro und gegen SKW eine Geldbuße von 13,9 Mio. Euro
für ihre Beteiligung an der streitigen Zuwiderhandlung verhängt worden wäre.
192
Mit anderen Worten hatte die Gleichbehandlung der ungleichen Situationen, in denen
sich die Klägerin und SKW befanden, zur Folge, dass ihnen eine Geldbuße in derselben
Höhe auferlegt wurde, obgleich zwischen den beiden gegen diese beiden
Gesellschaften verhängten Geldbußen, wie aus den vorstehenden Ausführungen
hervorgeht, ein Unterschied von einer Million Euro liegen müsste. Um die festgestellte
Ungleichbehandlung zum Nachteil der Klägerin zu beseitigen, hat das Gericht daher in
Ausübung seiner Befugnis zu unbeschränkter Nachprüfung entschieden, den Betrag der
in der angefochtenen Entscheidung gegen die Klägerin verhängten Geldbuße um eine
Million Euro herabzusetzen.
Zum ersten Teil des sechsten Klagegrundes, der sich auf die Schwere der
Zuwiderhandlung bezieht
193
Mit dem ersten Teil des sechsten Klagegrundes wirft die Klägerin der Kommission
einen Verstoß gegen den Grundsatz der Gleichbehandlung vor, da diese zur
Bestimmung des Grundbetrags der Geldbuße in Anwendung der Nrn. 21 und 25 der
Leitlinien denselben Prozentsatz (17 %) des im Zusammenhang mit der
Zuwiderhandlung erzielten Umsatzes sowohl für den Calciumcarbidgranulat
betreffenden Teil des Kartells als auch für den Magnesium betreffenden Teil festgesetzt
habe. Jedoch seien im Fall des Magnesium betreffenden Teils des Kartells sowohl die
Anzahl der an der Zuwiderhandlung beteiligten Unternehmen als auch die betroffenen
Umsätze niedriger als beim Calciumcarbidgranulat betreffenden Teil. Nach Ansicht der
Klägerin hätte demnach für den Magnesium betreffenden Teil des Kartells ein niedrigerer
Klägerin hätte demnach für den Magnesium betreffenden Teil des Kartells ein niedrigerer
Prozentsatz des Umsatzes festgesetzt werden müssen.
194
Dieses Vorbringen kann keinen Erfolg haben.
195
Es ist zunächst darauf hinzuweisen, dass die Festsetzung eines einheitlichen
Prozentsatzes für die beiden genannten Teile des Kartells nicht bedeutet, dass für jeden
dieser Teile derselbe Geldbußenbetrag festgesetzt würde. Da es sich um einen
Prozentsatz des Umsatzes handelt, der im Zusammenhang mit der Zuwiderhandlung mit
dem betreffenden Produkt erzielt wurde, ist offensichtlich, dass der jeweilige Grundbetrag
der gegen einen Kartellbeteiligten verhängten Geldbuße für jeden dieser beiden Teile
jegliche Differenz zwischen den jeweiligen Umsätzen abbildet, die der Kartellbeteiligte
im Zusammenhang mit der Zuwiderhandlung mit den in Rede stehenden Produkten
erzielte. Allgemeiner ausgedrückt ist zwar, wie die Klägerin vorträgt, das Gesamtvolumen
der mit dem Magnesium betreffenden Teil des streitigen Kartells erzielten Umsätze
geringer als das der mit Calciumcarbidgranulat erzielten Umsätze, jedoch ergibt sich aus
den vorstehenden Erwägungen, dass die Summe der Grundbeträge der für den ersten
Teil verhängten Geldbußen niedriger ist als die der Grundbeträge der für den zweiten
Teil verhängten Geldbußen, was keine Gleichbehandlung unterschiedlicher
Sachverhalte darstellt.
196
Im Übrigen ist zu berücksichtigen, dass sich, worauf oben in Rn. 148 hingewiesen
wurde, aus Nr. 23 der Leitlinien ergibt, dass die Kommission Vereinbarungen wie die im
vorliegenden Fall in Rede stehenden zu den schwerwiegendsten Verstößen zählt. Diese
Nummer der Leitlinien gibt übrigens nur die ständige Rechtsprechung wieder, wonach
u. a. die Aufteilung von Märkten und horizontale Preisabsprachen stets zu den
schwersten Zuwiderhandlungen gegen das Wettbewerbsrecht gezählt worden sind (vgl.
Urteil Brasserie nationale/Kommission, oben in Rn. 187 angeführt, Rn. 173 und 174 und
die dort angeführte Rechtsprechung; Urteil des Gerichts vom 5. April 2006,
Degussa/Kommission, T‑279/02, Slg. 2006, II‑897, Rn. 252 und die dort angeführte
Rechtsprechung).
197
Unter diesen Umständen ist der Anteil von 17 % der Umsätze, den die Kommission zur
Berechnung des Grundbetrags der Geldbuße angenommen hat, sowohl für den
Calciumcarbidgranulat betreffenden Teil der Zuwiderhandlung als auch für den
Magnesium betreffenden Teil voll und ganz gerechtfertigt und kann jedenfalls nicht als
überzogen angesehen werden. Während nämlich der letzte Satz von Nr. 23 der Leitlinien
vorsieht, dass für Zuwiderhandlungen wie die im vorliegenden Fall in Rede stehende zur
Berechnung des Grundbetrags der Geldbuße „grundsätzlich ein Betrag am oberen Ende
dieser Bandbreite anzusetzen [ist]“, liegt ein Prozentsatz von 17 % nur geringfügig über
der Mitte der von 0 % bis 30 % reichenden Skala nach Nr. 21 der Leitlinien und sehr
nahe am unteren Ende der in Nr. 25 der Leitlinien vorgesehenen von 15 % bis 25 %
reichenden Skala, die bei der Bestimmung der Eintrittsgebühr anzuwenden ist.
198
Was die Bezugnahme der Klägerin auf die geringere Anzahl von am Magnesium
betreffenden Teil des Kartells beteiligten Unternehmen anbelangt, ist darauf
hinzuweisen, dass der Unterschied zum Calciumcarbidgranulat betreffenden Teil nahezu
vernachlässigbar ist. Sieben Adressaten der angefochtenen Entscheidung, die lediglich
vier wirtschaftliche Einheiten bildeten, waren vom letztgenannten Teil des Kartells
vier wirtschaftliche Einheiten bildeten, waren vom letztgenannten Teil des Kartells
betroffen. Dabei handelt es sich um Akzo Nobel und ihre Tochtergesellschaft Carbide
Sweden AB, mit der sie nach Angaben in der angefochtenen Entscheidung eine
wirtschaftliche Einheit bildete, Donau Chemie, Novácke chemické závody und deren
Muttergesellschaft zur maßgeblichen Zeit, 1. garantovaná a.s., mit der sie nach Angaben
in der angefochtenen Entscheidung eine wirtschaftliche Einheit bildete, sowie TDR
Metalurgija und ihre Muttergesellschaft Holding slovenske elektarne d.o.o., mit der sie
nach Angaben in der angefochtenen Entscheidung eine wirtschaftliche Einheit bildete.
Sechs Adressaten dieser Entscheidung, die drei wirtschaftliche Einheiten bildeten,
waren von dem Teil betroffen, der sich auf Magnesium bezog. Dabei handelte es sich um
Almamet, die aus der ECKA Granulate GmbH & Co. KG und deren Tochtergesellschaft
non ferrum Metallpulver GmbH & Co. KG bestehende Ecka-Gruppe sowie die aus SKW
und ihren verschiedenen unmittelbaren und mittelbaren Muttergesellschaften
bestehende wirtschaftliche Einheit.
199
Außerdem sind nach der Rechtsprechung für die Bemessung der Geldbuße die
Schwere und die Dauer der Zuwiderhandlung in die Erwägungen einzubeziehen, was
dazu zwingt, insbesondere die Anzahl und die Bedeutung der beteiligten Unternehmen
und den von ihnen kontrollierten Marktanteil zu berücksichtigen (Urteile des Gerichtshofs
vom 15. Juli 1970, ACF Chemiefarma/Kommission, 41/69, Slg. 1970, 661, Rn. 176, und
vom 16. Dezember 1975, Suiker Unie u. a./Kommission, 40/73 bis 48/73, 50/73, 54/73
bis 56/73, 111/73, 113/73 und 114/73, Slg. 1976, 1663, Rn. 612; Urteile des Gerichts vom
11. Dezember 2003, Ventouris/Kommission, T‑59/99, Slg. 2003, II‑5257, Rn. 199).
200
Die Schwere der Zuwiderhandlungen gegen das Wettbewerbsrecht ist nach ständiger
Rechtsprechung jedoch anhand einer Vielzahl von Gesichtspunkten zu ermitteln, zu
denen die besonderen Umstände der Rechtssache, ihr Kontext und die
Abschreckungswirkung der Geldbußen gehören, ohne dass es eine zwingende oder
abschließende Liste von Kriterien gäbe, die auf jeden Fall berücksichtigt werden
müssten (vgl. Urteil Erste Group Bank u. a./Kommission, oben in Rn. 92 angeführt, Rn.
91 und die dort angeführte Rechtsprechung). Das Gericht hat zu prüfen, wie die
Kommission ihr Ermessen in Bezug auf diese Gesichtspunkte ausgeübt hat (Urteil Erste
Group Bank u. a./Kommission, oben in Rn. 92 angeführt, Rn. 92), wobei darauf
hinzuweisen ist, dass das Gericht hier die Befugnis zu unbeschränkter Nachprüfung
besitzt, die es ihm erlaubt, gegebenenfalls seine eigene Würdigung an die Stelle
derjenigen der Kommission zu setzen (vgl. Urteil des Gerichtshofs vom 8. Februar 2007,
Groupe Danone/Kommission, C‑3/06 P, Slg. 2007, I‑1331, und die dort angeführte
Rechtsprechung).
201
Im vorliegenden Fall geht aus den Angaben in Rn. 39 der angefochtenen Entscheidung,
die von der Klägerin nicht bestritten wurden, hervor, dass die drei am Magnesium
betreffenden Teil des streitigen Kartells beteiligten Unternehmen (Almamet, die Ecka-
Gruppe und SKW) die drei größten Anbieter von Magnesiumgranulat für die
Stahlindustrie in Europa waren und dass ihr gemeinsamer Marktanteil bei etwa 70 % lag.
Den übrigen Markt teilten sich andere kleinere Händler wie die in Fn. 76 der
angefochtenen Entscheidung genannten, über die dort mitgeteilt wird, dass ihr jeweiliges
Verkaufsvolumen bei weniger als 1 000 t pro Jahr gelegen habe, sowie eine wachsende
Zahl chinesischer Ausfuhrunternehmen.
Zahl chinesischer Ausfuhrunternehmen.
202
Daraus folgt, dass sich die geringere Anzahl von am Magnesium betreffenden Teil des
Kartells beteiligten Unternehmen durch den größeren Konzentrationsgrad auf diesem
Markt erklärt. Dies geht eindeutig aus der Tabelle in Rn. 46 der angefochtenen
Entscheidung hervor, in der angegeben ist, dass sieben Kartellbeteiligte ungefähr 85 %
des Marktes für Calciumcarbidpulver kontrollierten, wobei die sieben oben in Rn. 198
genannten Kartellbeteiligten ungefähr 65 % des Marktes für Calciumcarbidgranulat
kontrollierten, während die drei oben in Rn. 201 genannten Unternehmen ungefähr 70 %
der Marktanteile für Magnesium hielten.
203
Außerdem geht aus Rn. 37 der angefochtenen Entscheidung hervor, dass es, anders
als beim Markt für Magnesium für die Stahlindustrie, bei dem der nicht von den drei am
Kartell beteiligten Unternehmen gehaltene Marktanteil (ungefähr 30 %) von kleineren
Händlern oder chinesischen Ausfuhrunternehmen gehalten wurde, über die von der
angefochtenen Entscheidung betroffenen Unternehmen hinaus sieben weitere Hersteller
oder Anbieter mit einem geschätzten gemeinsamen Marktanteil im EWR von etwa 15 %
für Calciumcarbidpulver und 31 % für Calciumcarbidgranulat gab.
204
In Anbetracht dieser Umstände und Erwägungen sowie auch unter Berücksichtigung
dessen, dass die Festsetzung eines einheitlichen Prozentsatzes des Umsatzes für alle
drei Teile des Kartells zur Berechnung des Grundbetrags der Geldbuße aus den oben in
Rn. 195 dargelegten Gründen nicht zur Folge hatte, dass für jeden dieser drei Teile
derselbe Grundbetrag festgesetzt worden wäre, ist das Vorbringen der Klägerin zu einer
Verletzung des Grundsatzes der Gleichbehandlung zurückzuweisen.
205
Entgegen dem Vorbringen der Klägerin erfordert dieser Grundsatz unter den
Umständen des vorliegenden Falls nämlich nicht die Festsetzung eines geringeren
Prozentsatzes des Umsatzes für Magnesium. Die von der Klägerin geltend gemachten
Umstände rechtfertigen es auch nicht, dass das Gericht von seiner Befugnis zu
unbeschränkter Nachprüfung zur Herabsetzung des Geldbußenbetrags über die oben in
Rn. 192 angeführte Herabsetzung hinaus Gebrauch machte. Der erste Teil des sechsten
Klagegrundes ist folglich zurückzuweisen.
Zum siebten Klagegrund, mit dem die Klägerin einen Verstoß gegen Art. 23 der
Verordnung Nr. 1/2003 rügt, da die Kommission ihr gegenüber nicht als mildernden
Umstand berücksichtigt habe, dass sie den ihr vorgeworfenen Sachverhalt nicht
bestritten habe
206
Die Klägerin weist darauf hin, dass sie in ihrer Erwiderung auf die Mitteilung der
Beschwerdepunkte ausdrücklich erklärt habe, dass sie den ihr von der Kommission
vorgeworfenen Sachverhalt nicht bestreite. Die Kommission habe diese Erklärung
jedoch nicht als einen Umstand berücksichtigt, der eine Herabsetzung des
Geldbußenbetrags rechtfertige. Die Klägerin verweist insoweit auf Rn. 323 der
angefochtenen Entscheidung, der wie folgt lautet: „Dass einige Unternehmen nach Erhalt
der Mitteilung der Beschwerdepunkte der Kommission mitteilten, dass sie im Kern die
betreffenden Tatsachen nicht bestritten, ist auch nicht als mildernder Umstand zu
werten.“
207
Die Klägerin vertritt die Ansicht, dass die Kommission auch hinsichtlich der
207
Die Klägerin vertritt die Ansicht, dass die Kommission auch hinsichtlich der
Berücksichtigung des Nichtbestreitens als mildernden Umstand über ein Ermessen
verfüge. Die Aussage der Kommission in Rn. 323 der angefochtenen Entscheidung
erwecke den Anschein, als verneine sie die Existenz dieses Ermessens.
208
Die Klägerin räumt ein, dass in der Kronzeugenregelung von 2002, anders als in der
Mitteilung der Kommission über die Nichtfestsetzung oder die niedrigere Festsetzung
von Geldbußen in Kartellsachen (ABl. 1996, C 207, S. 4, im Folgenden: Mitteilung über
Zusammenarbeit von 1996), an deren Stelle sie getreten sei, eine Herabsetzung des
Geldbußenbetrags wegen Nichtbestreitens des Sachverhalts nicht ausdrücklich
vorgesehen sei. Sie weist jedoch darauf hin, dass Nr. 29 vierter Gedankenstrich der
Leitlinien vorsehe, dass der Grundbetrag der Geldbuße wegen des mildernden
Umstands einer aktiven Zusammenarbeit des Unternehmens mit der Kommission
außerhalb des Anwendungsbereichs der Kronzeugenregelung und über seine rechtliche
Verpflichtung zur Zusammenarbeit hinaus verringert werden könne.
209
Außerdem habe das Gericht in seinem Urteil vom 28. Februar 2002,
Cascades/Kommission (T‑308/94, Slg. 2002, II‑813, Rn. 256), das sich auf eine
Entscheidung bezogen habe, die vor Inkrafttreten der Mitteilung über Zusammenarbeit
von 1996 ergangen sei, entschieden, dass eine ausdrückliche Erklärung eines
Unternehmens, dass es die in der Mitteilung der Beschwerdepunkte angeführten
Tatsachenbehauptungen nicht bestreite, eine Herabsetzung der Geldbuße rechtfertigen
könne. Ebenso habe das Gericht in seinem Urteil vom 30. September 2009,
Hoechst/Kommission (T‑161/05, Slg. 2009, II‑3555, Rn. 97), entschieden, dass „die
Aufgabe der Kommission durch die ausdrückliche und eindeutige Erklärung in der
Erwiderung auf die Mitteilung der Beschwerdepunkte, dass der in der Mitteilung der
Beschwerdepunkte dargestellte Sachverhalt nicht bestritten werde, nur erleichtert
werden [konnte]“. Daraus folge, dass der Umstand, dass seit dem Erlass der
Kronzeugenregelung von 2002 eine Herabsetzung des Geldbußenbetrags wegen
Nichtbestreitens des Sachverhalts nicht mehr ausdrücklich vorgesehen sei, für sich allein
nicht die Aufgabe der vorherigen Verwaltungspraxis bedeute, und zwar weder der vor
Erlass der Mitteilung über Zusammenarbeit von 1996 begründeten noch der unter deren
Geltung entwickelten. In diesem Zusammenhang macht die Klägerin geltend, dass 2007
in einer anderen Sache, die sich auf den Anwendungsbereich der Kronzeugenregelung
von 2002 bezogen habe, eine Ermäßigung des Geldbußenbetrags für das
Nichtbestreiten des Sachverhalts gewährt worden sei.
210
Die Klägerin wirft der Kommission deshalb vor, sie habe die Schwere der
Zuwiderhandlung falsch und im Widerspruch zu Art. 23 der Verordnung Nr. 1/2003
beurteilt und einen Ermessensfehler begangen, da sie ohne Angabe von Gründen ihre
ausdrückliche Erklärung, dass sie den in der Mitteilung der Beschwerdepunkte
behaupteten Sachverhalt nicht bestreite, nicht als mildernden Umstand berücksichtigt
habe.
211
Zu diesem Vorbringen ist festzustellen, dass nach ständiger Rechtsprechung bei
Zuwiderhandlungen, die von mehreren Unternehmen begangen worden sind, für die
Bemessung der Geldbußen die relative Schwere des Tatbeitrags jedes einzelnen
Unternehmens zu prüfen ist, wobei insbesondere festzustellen ist, welche Rolle jedes
Unternehmens zu prüfen ist, wobei insbesondere festzustellen ist, welche Rolle jedes
bei der Zuwiderhandlung während der Dauer seiner Beteiligung an dieser gespielt hat.
Dies ist die logische Folge des Grundsatzes der individuellen Zumessung von Strafen
und Sanktionen, wonach ein Unternehmen nur für Handlungen bestraft werden darf, die
ihm individuell zur Last gelegt werden; dieser Grundsatz gilt in allen
Verwaltungsverfahren, die zu Sanktionen nach den Wettbewerbsregeln des
Unionsrechts führen können (vgl. Urteil des Gerichts vom 25. Oktober 2005, Groupe
Danone/Kommission, T‑38/02, Slg. 2005, II‑4407, Rn. 277 und 278 und die dort
angeführte Rechtsprechung).
212
In Übereinstimmung mit diesen Erwägungen sieht Nr. 29 der Leitlinien eine Anpassung
des Grundbetrags der Geldbuße aufgrund bestimmter mildernder Umstände vor, die den
jeweiligen betroffenen Unternehmen zuzuordnen sind. Diese Nummer enthält
insbesondere eine nicht abschließende Liste mildernder Umstände, die berücksichtigt
werden können. Ausweislich des vierten Gedankenstrichs dieser Nummer stellt die
Kommission mildernde Umstände fest bei „aktive[r] Zusammenarbeit des Unternehmens
mit [ihr] außerhalb des Anwendungsbereichs der Mitteilung über den Erlass und die
Ermäßigung von Geldbußen in Kartellsachen und über seine rechtliche Verpflichtung zur
Zusammenarbeit hinaus“.
213
Dagegen ist das schlichte Nichtbestreiten von Tatsachen durch das betroffene
Unternehmen nicht unter den beispielhaft aufgezählten mildernden Umständen in dieser
Nummer der Leitlinien aufgeführt. Die Kommission hat hierzu vor dem Gericht erläutert,
dass die Mitteilung über Zusammenarbeit von 1996 in Abschnitt D Nr. 2 eine
Herabsetzung der Geldbuße wegen der Zusammenarbeit für ein Unternehmen
vorgesehen habe, das der Kommission nach Erhalt der Mitteilung der
Beschwerdepunkte mitteile, dass es den Sachverhalt, auf den die Kommission ihre
Einwände stütze, nicht bestreite. Diese Verwaltungspraxis habe sich jedoch nicht als
wirksam erwiesen und sei aufgegeben worden, so dass weder die auf den vorliegenden
Sachverhalt anwendbare Kronzeugenregelung von 2002 noch die Leitlinien eine
vergleichbare Bestimmung enthielten.
214
Unter Berücksichtigung dieses Vorbringens der Kommission ist festzustellen, dass die
Kommission zwar, wie sich aus der in Rn. 175 des vorliegenden Urteils angeführten
Rechtsprechung ergibt, nicht von den Regeln, die sie sich auferlegt hat, abweichen kann,
dass sie jedoch frei darin ist, diese Regeln zu ändern oder zu ersetzen. In einem Fall, der
in den Geltungsbereich neuer Regeln fällt – wie die streitige Zuwiderhandlung, die in
zeitlicher Hinsicht in den Geltungsbereich der Leitlinien und der Kronzeugenregelung
von 2002 fällt –, kann der Kommission nicht vorgeworfen werden, einen mildernden
Umstand, der in diesen neuen Regeln nicht vorgesehen ist, nicht berücksichtigt zu
haben, nur weil er in den alten Regeln vorgesehen war. Die Tatsache, dass die
Kommission in ihrer früheren Entscheidungspraxis bestimmte Gesichtspunkte bei der
Bemessung der Geldbuße als mildernde Umstände angesehen hat, bedeutet nämlich
nicht, dass sie verpflichtet wäre, in einer späteren Entscheidung ebenfalls so zu
verfahren (Urteile des Gerichts vom 14. Mai 1998, Mayr-Melnhof/Kommission, T‑347/94,
Slg. 1998, II‑1751, Rn. 368, und vom 20. März 2002, LR AF 1998/Kommission, T‑23/99,
Slg. 2002, II‑1705, Rn. 337).
215
Daraus folgt, dass allein die Tatsache, dass die Kommission in älteren Entscheidungen,
215
Daraus folgt, dass allein die Tatsache, dass die Kommission in älteren Entscheidungen,
die nach Regeln und einer Praxis erlassen worden waren, die nach dem Erlass geändert
wurden, für eine Herabsetzung der gegen ein Unternehmen wegen seiner Beteiligung an
einem Kartell verhängten Geldbuße berücksichtigt hatte, dass dieses Unternehmen den
ihm vorgeworfenen Sachverhalt nicht bestritten hatte, nicht bedeutet, dass sie auch im
vorliegenden Fall verpflichtet gewesen wäre, der Klägerin aus dem gleichen Grund eine
Herabsetzung der Geldbuße zu gewähren.
216
Jedoch ist die Aufzählung der mildernden Umstände, die die Kommission nach Nr. 29
der Leitlinien berücksichtigen kann, nicht abschließend, worauf bereits oben in Rn. 212
hingewiesen wurde. Folglich steht die Tatsache, dass das Nichtbestreiten des
Sachverhalts durch ein an einer Zuwiderhandlung beteiligtes Unternehmen in den
Leitlinien nicht unter den mildernden Umständen aufgeführt ist, einer entsprechenden
Berücksichtigung dieses Gesichtspunkts nicht entgegen, wenn mit ihm nachgewiesen
werden kann, dass die relative Schwere der Beteiligung dieses Unternehmens an dieser
Zuwiderhandlung geringer ist (vgl. entsprechend Urteil Novácke chemické
závody/Kommission, oben in Rn. 143 angeführt, Rn. 94).
217
Folglich ist im Rahmen dieses Klagegrundes zu prüfen, ob die Tatsache, dass die
Klägerin den ihr vorgeworfenen Sachverhalt nicht bestritten hat, sowie die übrigen von
ihr behaupteten mildernden Umstände gemäß Nr. 29 vierter Gedankenstrich der
Leitlinien die relative Schwere des Tatbeitrags zum Kartell mildern und eine wirksame
Zusammenarbeit mit der Kommission darstellen konnten, so dass eine Herabsetzung der
ihr auferlegten Geldbuße gerechtfertigt ist.
218
Nach ständiger Rechtsprechung ist eine Herabsetzung der Geldbuße aufgrund einer
Zusammenarbeit während des Verwaltungsverfahrens nur dann gerechtfertigt, wenn das
Verhalten des fraglichen Unternehmens es der Kommission ermöglicht hat, eine
Zuwiderhandlung leichter festzustellen und diese gegebenenfalls zu beenden (Urteile
des Gerichtshofs vom 16. November 2000, SCA Holding/Kommission, C‑297/98 P, Slg.
2000, I‑10101, Rn. 36, und vom 10. Mai 2007, SGL Carbon/Kommission, C‑328/05 P,
Slg. 2007, I‑3921, Rn. 83; Urteil des Gerichts vom 14. Mai 1998, BPB de
Eendracht/Kommission, T‑311/94, Slg. 1998, II‑1129, Rn. 325).
219
Das Vorbringen der Klägerin ist im Licht der vorstehenden Erwägungen zu prüfen.
220
Aus den oben dargelegten Erwägungen ergibt sich, dass es der Kommission auch nach
der Aufhebung der Mitteilung über Zusammenarbeit von 1996 keineswegs verwehrt ist,
das Nichtbestreiten eines an einer Zuwiderhandlung gegen die Wettbewerbsregeln
beteiligten Unternehmens des ihm zur Last gelegten Sachverhalts als mildernden
Umstand zu berücksichtigen. Da die Kommission nach ständiger Rechtsprechung bei
der Festlegung der Höhe der Geldbußen im Rahmen der Verordnung Nr. 1/2003 über ein
Ermessen verfügt, um die Unternehmen dazu anhalten zu können, die
Wettbewerbsregeln einzuhalten (vgl. Urteil Brasserie nationale/Kommission, oben in Rn.
187 angeführt, Rn. 170 und die dort angeführte Rechtsprechung), ist in Übereinstimmung
mit der Klägerin festzustellen, dass die Kommission sich im Rahmen der Ausübung
dieses Ermessens entscheiden kann, ob sie ein solches Nichtbestreiten als mildernden
Umstand berücksichtigt.
221
Entgegen der Auffassung der Klägerin kann die Aussage der Kommission in Rn. 323
der angefochtenen Entscheidung jedoch nicht dahin ausgelegt werden, dass die
Kommission gar die Existenz eines solches Ermessens verneint hätte. In dieser
Randnummer wird lediglich aufgezeigt, dass das bloße Nichtbestreiten des Sachverhalts
durch einen oder mehrere an der Zuwiderhandlung Beteiligte unter den Umständen des
vorliegenden Falles nicht als mildernder Umstand berücksichtigt werden könne.
222
Insoweit ist darauf hinzuweisen, dass das streitige Kartell der Kommission von Akzo
Nobel zur Kenntnis gebracht worden war, wie in Rn. 335 der angefochtenen
Entscheidung ausgeführt wird. Anschließend gab auch Degussa eine Erklärung ab, um
in den Genuss der Kronzeugenregelung zu gelangen; in dieser Erklärung übermittelte
sie der Kommission zusätzliche Informationen, die sich u. a. auf den Magnesium
betreffenden Teil des Kartells bezogen, was ihr, wie den Rn. 350 bis 356 der
angefochtenen Entscheidung zu entnehmen ist, eine Herabsetzung der ihr auferlegten
Geldbuße einbrachte.
223
Wie sich im Übrigen aus Fn. 143 zu Rn. 64 und aus Rn. 348 der angefochtenen
Entscheidung ergibt, hatte die Kommission in den Räumlichkeiten eines anderen am
Kartell beteiligten Unternehmens, nämlich TDR Metalurgija d.d., schriftliche Beweise in
Bezug auf den Calciumcarbidpulver betreffenden Teil des Kartells und insbesondere in
Bezug auf die erste diesbezügliche Zusammenkunft vom 22. April 2004 beschlagnahmt.
Weiter ergibt sich aus den Rn. 124 bis 135 und 155 bis 159 der angefochtenen
Entscheidung, dass die Kommission auch über schriftliche Beweise in Bezug auf den
Magnesium betreffenden Teil des Kartells verfügte, und zwar in Gestalt der Unterlagen,
die in den bei einer in den Räumlichkeiten der Gesellschaft non ferrum Metallpulver, die
zur Ecka-Gruppe gehörte, durchgeführten Nachprüfung beschlagnahmt worden waren.
Dieselben Unterlagen wurden in der Folge auch von der letztgenannten Gesellschaft in
ihrer Antwort auf ein Auskunftsverlangen, das die Kommission an sie gerichtet hatte,
angeführt, weshalb die Kommission davon ausging, dass sie sie berücksichtigen durfte,
was die Klägerin übrigens nicht bestreitet.
224
Vor diesem Hintergrund ist festzustellen, dass die Kommission über eine erhebliche
Zahl von Beweisen für den der Klägerin zur Last gelegten Sachverhalt verfügte, sowohl
in Form von Erklärungen anderer Kartellbeteiligter als auch in Form von Unterlagen, die
eine, wenn auch bruchstückhafte, schriftliche Spur der verschiedenen Zusammenkünfte
im Rahmen dieses Kartells und der bei diesen Zusammenkünften getroffenen
Absprachen darstellten. Unter diesen Umständen ist, da die Klägerin nichts zum Beweis
des Gegenteils vorgetragen hat, festzustellen, dass die Kommission jedenfalls in der
Lage gewesen wäre, den der Klägerin zur Last gelegten Sachverhalt zu beweisen, wenn
sie ihn bestritten hätte. Folglich kann ein Nichtbestreiten nicht als eine wirksame
Zusammenarbeit während des Verwaltungsverfahrens im Sinne von Nr. 29 vierter
Gedankenstrich der Leitlinien und der in Rn. 218 des vorliegenden Urteils angeführten
Rechtsprechung angesehen werden und somit eine Herabsetzung der der Klägerin
auferlegten Geldbuße nicht rechtfertigen.
225
Somit kann der Kommission weder eine fehlerhafte Beurteilung der Schwere der
Zuwiderhandlung, noch ein Verstoß gegen Art. 23 der Verordnung Nr. 1/2003 noch ein
Ermessensfehler vorgeworfen werden. Die entsprechenden Rügen der Klägerin sind
somit zurückzuweisen.
226
Im Übrigen kann eine Rüge, die die Klägerin wegen eines Verstoßes gegen die
Begründungspflicht geltend machen möchte, indem sie der Kommission vorwirft, sie
habe „ohne Angabe von Gründen“ nicht berücksichtigt, dass sie den Sachverhalt nicht
bestritten habe, keinen Erfolg haben. Die Aussage in Rn. 323 der angefochtenen
Entscheidung (siehe oben, Rn. 206) ist in ihrem Zusammenhang zu sehen, der u. a.
durch die in der angefochtenen Entscheidung und zusammenfassend oben in den Rn.
222 und 223 dargestellten weiteren Umstände gekennzeichnet ist. Die Berücksichtigung
der Gesamtheit dieser Umstände ermöglicht es, die Gründe nachzuvollziehen, aus
denen die Kommission davon ausging, dass das bloße Nichtbestreiten des Sachverhalts
durch bestimmte am streitigen Kartell Beteiligte unter den Umständen des vorliegenden
Falls nicht als mildernder Umstand berücksichtigt werden könne. Folglich ist die
angefochtene Entscheidung nicht wegen einer fehlenden oder unzureichenden
Begründung rechtsfehlerhaft.
227
Schließlich kann aufgrund der oben dargelegten Erwägungen auch festgestellt werden,
dass die Ausübung der Befugnis zu unbeschränkter Nachprüfung durch das Gericht zur
Herabsetzung des gegen die Klägerin verhängten Geldbußenbetrags, um zu
berücksichtigen, dass sie den ihr zur Last gelegten Sachverhalt nicht bestritten hat, im
vorliegenden Fall nicht gerechtfertigt ist. Der siebte Klagegrund ist daher
zurückzuweisen.
Zum achten Klagegrund, mit dem eine fehlerhafte Anwendung von Art. 81 EG und Art. 7
der Verordnung Nr. 1/2003 sowie ein sich aus den Art. 1 und 3 der angefochtenen
Entscheidung ergebender Verstoß gegen die Begründungspflicht gerügt wird
228
Der achte Klagegrund ist auf die Nichtigerklärung der Art. 1 und 3 der angefochtenen
Entscheidung gerichtet, soweit sie die Klägerin betreffen.
229
Die Klägerin macht geltend, die Kommission behaupte nirgends in ihrer Entscheidung,
dass die Klägerin selbst Art. 81 EG verletzt habe. Sie verweist insoweit auf Rn. 262 der
angefochtenen Entscheidung, die sich auf die Feststellung beschränke, dass sie „für das
rechtswidrige Verhalten von SKW … haftbar gemacht werden“ könne. Diese Ausführung
widerspreche offensichtlich dem verfügenden Teil der angefochtenen Entscheidung, da
dort in Art. 1 Buchst. f festgestellt werde, dass sie eines der Unternehmen sei, die durch
die Beteiligung an einer einheitlichen und fortdauernden Zuwiderhandlung gegen Art. 81
EG verstoßen hätten, und da von ihr in Art. 3 verlangt werde, diese Zuwiderhandlung
unverzüglich abzustellen. Die Kommission habe ihre Befugnisse nach Art. 7 der
Verordnung Nr. 1/2003 überschritten, indem sie von der Klägerin die Beendigung eines
Verhaltens fordere, in das diese nie verwickelt gewesen sei. Außerdem macht die
Klägerin im Hinblick auf einen offensichtlichen Widerspruch zwischen der Beschreibung
des Sachverhalts in den Erwägungsgründen und dem verfügenden Teil der
angefochtenen Entscheidung einen Verstoß gegen die sich aus Art. 253 EG ergebende
Begründungspflicht geltend.
230
Die Klägerin erläutert, dass sie nicht behaupte, dass eine Muttergesellschaft nur für eine
von ihrer Tochtergesellschaft begangene Zuwiderhandlung verantwortlich gemacht
von ihrer Tochtergesellschaft begangene Zuwiderhandlung verantwortlich gemacht
werden könne, wenn sie selbst gegen die Wettbewerbsregeln verstoßen habe. Dennoch
sei sie der Ansicht, dass die Kommission nicht erklären könne, dass ein Unternehmen
gegen Art. 81 EG verstoßen habe, wenn dieses Unternehmen nicht an der
vorgeworfenen Verhaltensweise teilgenommen habe, sondern gegen dieses
Unternehmen aufgrund der Zurechnung des Verhaltens eines anderen Unternehmens
mit eigener Rechtspersönlichkeit eine Geldbuße verhängt werde. Diese gelte umso
mehr, als sich aus Art. 16 Abs. 1 der Verordnung Nr. 1/2003 ergebe, dass
Entscheidungen der Kommission wie die angefochtene Entscheidung die nationalen
Gerichte binden, wenn sie über Vereinbarungen, Beschlüsse oder Verhaltensweisen
nach Art. 81 EG und 82 EG zu befinden haben, die bereits Gegenstand einer
Entscheidung der Kommission seien. Die Klägerin ist der Ansicht, dass in Anbetracht
des genannten Art. 16 Abs. 1 davon ausgegangen werden könne, dass ein nationales
Gericht an die Feststellung in Art. 1 Buchst. f der angefochtenen Entscheidung gebunden
sei, was zu einer unwiderlegbaren Vermutung im Zusammenhang mit einer gegen sie
erhobenen Schadensersatzklage führe und Schadensersatzklagen zur Folge hätte, die
ohne diese Feststellung unbegründet wären.
231
Dieses Vorbringen kann keinen Erfolg haben, da es auf der unzutreffenden Prämisse
beruht, dass die Klägerin sich nicht selbst an der streitigen Zuwiderhandlung beteiligt
habe. Wie sich jedoch der oben in den Rn. 16 bis 21 angeführten Rechtsprechung
entnehmen lässt und das Gericht im Übrigen bereits im Urteil Schunk und Schunk
Kohlenstoff-Technik/Kommission (oben in Rn. 175 angeführt, Rn. 74) festgestellt hat,
wird eine juristische Person, gegen die aufgrund ihrer wirtschaftlichen und rechtlichen
Bindungen zu einer anderen juristischen Person, die es ihr erlaubten, deren
Marktverhalten zu bestimmen, wegen einer Zuwiderhandlung vorgegangen wird, so
behandelt, als habe sie diese Zuwiderhandlung selbst begangen.
232
Insoweit ist darauf hinzuweisen, dass letztlich nur natürliche Personen unmittelbar an
wettbewerbswidrigen Vereinbarungen, Verhaltensweisen oder Praktiken beteiligt sein
können. Grundsätzlich werden sowohl nach Unionsrecht als auch nach den Rechten der
Mitgliedstaaten Handlungen natürlicher Personen, die einer juristischen Person
angehören, sei es als Organ oder als Mitarbeiter, dieser juristischen Person zugerechnet.
Jedoch weist das Unionsrecht insoweit eine Besonderheit auf, als sich die Art. 81 EG
und 82 EG bereits ihrem Wortlaut nach auf die in der oben in den Rn. 16 und 17
angeführten Rechtsprechung definierten Unternehmen beziehen. Nach dieser
Rechtsprechung kann ein Unternehmen, d. h. eine wirtschaftlichen Einheit, selbst
mehrere juristische Personen umfassen. Im Fall einer Beteiligung natürlicher Personen,
die diesem Unternehmen angehören, an einer Zuwiderhandlung gegen die
Wettbewerbsregeln werden unabhängig von der genauen Identität der zu diesem
Unternehmen gehörenden juristischen Person, der diese natürlichen Personen
angehören, das gesamte Unternehmen und damit sämtliche juristischen Personen, aus
denen es zur Zeit der Zuwiderhandlung bestand, so behandelt, als hätten sie die
Zuwiderhandlung begangen, und es kann gegen sie eine Sanktion verhängt werden.
233
Da die Kommission im vorliegenden Fall davon ausging, dass die Klägerin im Zeitraum
der Zuwiderhandlung zum selben Unternehmen, d. h. zur selben wirtschaftlichen Einheit,
wie SKW gehörte und das Gericht diese Feststellung im Rahmen der Prüfung der beiden
wie SKW gehörte und das Gericht diese Feststellung im Rahmen der Prüfung der beiden
ersten Klagegründe bestätigt hat, ist festzustellen, dass Art. 1 Buchst. f und Art. 3 der
angefochtenen Entscheidung weder rechtsfehlerhaft sind noch eine widersprüchliche
Begründung der angefochtenen Entscheidung erkennen lassen, so dass das Vorbringen
der Klägerin, auf das sie den vorliegenden Klagegrund stützt, zurückzuweisen ist.
234
Nach alledem ist der achte Klagegrund zurückzuweisen. Somit ist der Betrag der gegen
die Klägerin verhängten Geldbuße in Ausübung der Befugnis zu unbeschränkter
Nachprüfung durch das Gericht auf 12,3 Mio. Euro festzusetzen (siehe oben, Rn. 192)
und die Klage im Übrigen abzuweisen.
Kosten
235
Nach Art. 87 § 3 der Verfahrensordnung kann das Gericht, wenn jede Partei teils
obsiegt, teils unterliegt, die Kosten teilen oder beschließen, dass jede Partei ihre
eigenen Kosten trägt.
236
Da der Klage nur teilweise stattgegeben wurde, hält es das Gericht bei angemessener
Berücksichtigung der Umstände des Falles für geboten, der Klägerin 90 % ihrer eigenen
Kosten und 90 % der Kosten der Kommission aufzuerlegen. Die Kommission trägt 10 %
ihrer eigenen Kosten und 10 % der Kosten der Klägerin. Da über die Verteilung der
Kosten des Verfahrens der einstweiligen Anordnung bereits im Beschluss vom 15.
November 2010, Arques Industries/Kommission (siehe oben, Rn. 6), entschieden wurde,
bezieht sich die vorliegende Kostenentscheidung nicht auf diese Kosten.
Aus diesen Gründen hat
DAS GERICHT (Dritte Kammer)
für Recht erkannt und entschieden:
1 . Die in Art. 2 Buchst. f der Entscheidung K(2009) 5791 endg. der Kommission
vom 22. Juli 2009 in einem Verfahren nach Art. 81 [EG] und Art. 53 EWR
Abkommen (Sache COMP/39.396 − Calciumcarbid und Reagenzien auf
Magnesiumbasis für die Stahl- und Gasindustrien) gegen die Gigaset AG
verhängte Geldbuße wird auf 12,3 Mio. Euro festgesetzt.
2. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
3 . Die Gigaset AG trägt 90 % ihrer eigenen Kosten und 90 % der Kosten der
Europäischen Kommission, mit Ausnahme der Kosten des Verfahrens der
einstweiligen Anordnung. Die Kommission trägt 10 % ihrer eigenen Kosten
und 10 % der Kosten der Gigaset AG, mit Ausnahme der Kosten des
Verfahrens der einstweiligen Anordnung.
Czúcz
Labucka
Gratsias
Verkündet in öffentlicher Sitzung in Luxemburg am 23. Januar 2014.
Unterschriften
Inhaltsverzeichnis
Vorgeschichte des Rechtsstreits
Verfahren und Anträge der Parteien
Rechtliche Würdigung
Zum ersten Klagegrund, mit dem ein Verstoß gegen Art. 81 EG und Art. 23 Abs. 2 Buchst. a
der Verordnung Nr. 1/2003 gerügt wird, soweit die Kommission die Klägerin
gesamtschuldnerisch für das Fehlverhalten von SKW zur Verantwortung gezogen habe, und
zum zweiten Klagegrund, mit dem ein Verstoß gegen die Begründungspflicht gerügt wird
Hinweis auf die einschlägige Rechtsprechung
Angefochtene Entscheidung
Zum Umfang des ersten Klagegrundes
Zum Vorliegen einer wirtschaftlichen Einheit zwischen der Klägerin und SKW Holding
Zur Entscheidung der Kommission, der Klägerin die Zuwiderhandlung ihrer
Tochtergesellschaft zuzurechnen
Zum dritten Klagegrund, mit dem gerügt wird, die Kommission habe rechtsfehlerhaft das
Vorliegen einer einheitlichen und fortdauernden Zuwiderhandlung festgestellt
Zur Rechtsprechung im Zusammenhang mit dem Begriff der einheitlichen Zuwiderhandlung
Angefochtene Entscheidung
Prüfung des Klagegrundes
Zum vierten Klagegrund, mit dem ein Verstoß gegen die Begründungspflicht gerügt wird, was
die gesamtschuldnerische Haftung der Klägerin mit SKW für die Zahlung der Geldbuße
anbelangt
Zum fünften Klagegrund, mit dem ein Verstoß gegen Art. 23 der Verordnung Nr. 1/2003 gerügt
wird, und zum sechsten Klagegrund, mit dem eine Verletzung des Grundsatzes der
Gleichbehandlung gerügt wird
Zum ersten Teil des fünften Klagegrundes, mit dem eine fehlerhafte Beurteilung der Schwere
Zum ersten Teil des fünften Klagegrundes, mit dem eine fehlerhafte Beurteilung der Schwere
der Zuwiderhandlung durch die Kommission gerügt wird
Zum zweiten Teil des fünften und zum zweiten Teil des sechsten Klagegrundes, mit denen
jeweils eine fehlerhafte Beurteilung der Dauer der Zuwiderhandlung gerügt wird
Zum ersten Teil des sechsten Klagegrundes, der sich auf die Schwere der Zuwiderhandlung
bezieht
Zum siebten Klagegrund, mit dem die Klägerin einen Verstoß gegen Art. 23 der Verordnung
Nr. 1/2003 rügt, da die Kommission ihr gegenüber nicht als mildernden Umstand
berücksichtigt habe, dass sie den ihr vorgeworfenen Sachverhalt nicht bestritten habe
Zum achten Klagegrund, mit dem eine fehlerhafte Anwendung von Art. 81 EG und Art. 7 der
Verordnung Nr. 1/2003 sowie ein sich aus den Art. 1 und 3 der angefochtenen Entscheidung
ergebender Verstoß gegen die Begründungspflicht gerügt wird
Kosten
Verfahrenssprache: Deutsch.