Urteil des EuG vom 06.10.2016

Europäische Zentralbank, Satzung, Kommission, Verfahrensordnung

BESCHLUSS DES GERICHTS (Vierte Kammer)
6. Oktober 2016 (
*
)
„Klageschrift – Mangelnde Vertretung des Klägers – Offensichtliche Unzulässigkeit“
In der Rechtssache T‑368/16
Armin Zinnecker,
Kläger,
gegen
Europäische Zentralbank,
Beklagte,
wegen Nichtigerklärung des in einer Pressemitteilung vom 4. Mai 2016 genannten Beschlusses der Europäischen Zentralbank, die Produktion und
Ausgabe der 500-Euro-Banknote einzustellen,
erlässt
DAS GERICHT (Vierte Kammer)
unter Mitwirkung des Präsidenten H. Kanninen (Berichterstatter) sowie des Richters L. Calvo-Sotelo Ibáñez-Martín und der Richterin I. Reine,
Kanzler: E. Coulon,
folgenden
Beschluss
Verfahren und Anträge des Klägers
Der Kläger hat mit Klageschrift, die am 13. Juli 2016 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangen ist, die vorliegende Klage erhoben.
Die eingereichte Klageschrift ist nur vom Kläger unterzeichnet worden.
Der Kläger beantragt,
– den Beschluss der Beklagten vom 4. Mai 2016 betreffend die Einstellung der Produktion und Ausgabe der 500-Euro-Banknote für nichtig zu erklären;
– die Beklagte zu verpflichten, weiterhin einen 500-Euro-Schein herauszugeben.
Rechtliche Würdigung
Gemäß Art. 126 seiner Verfahrensordnung kann das Gericht, wenn die Klage offensichtlich unzulässig ist, ohne Fortsetzung des Verfahrens durch mit
Gründen versehenen Beschluss entscheiden.
Im vorliegenden Fall hält sich das Gericht auf der Grundlage des Akteninhalts für ausreichend unterrichtet und beschließt in Anwendung dieses
Artikels, ohne Fortsetzung des Verfahrens zu entscheiden.
Aus der Akte geht hervor, dass der Kläger Anwalt ist und die Klage in dieser Eigenschaft erhoben hat.
Nach Art. 19 Abs. 3 und 4 und Art. 21 Abs. 1 der Satzung des Gerichtshofs der Europäischen Union, die gemäß Art. 53 Abs. 1 der Satzung auf das
Gericht anwendbar sind, und nach Art. 73 Abs. 1 der Verfahrensordnung müssen andere Parteien als die Mitgliedstaaten, die Unionsorgane, die
Vertragsstaaten des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum (EWR) und die EFTA-Überwachungsbehörde durch einen Anwalt vertreten
sein, der berechtigt ist, vor einem Gericht eines Mitgliedstaats oder eines anderen Vertragsstaats des EWR-Abkommens aufzutreten. Ferner muss die
Klageschrift Namen und Wohnsitz des Klägers und die Stellung des Unterzeichnenden enthalten. Das Original eines Verfahrensschriftstücks in
Papierform muss schließlich von dem Bevollmächtigten oder Anwalt der Partei handschriftlich unterzeichnet sein.
Nach ständiger Rechtsprechung ergibt sich aus dem Wortlaut der vorgenannten Bestimmungen und insbesondere aus der Verwendung des Begriffs
„vertreten“ in Art. 19 Abs. 3 der Satzung des Gerichtshofs der Europäischen Union, dass eine „Partei“ im Sinne dieses Artikels für die Erhebung einer
Klage beim Gericht unabhängig von ihrer Eigenschaft nicht selbst auftreten darf, sondern sich eines Dritten bedienen muss, der berechtigt ist, vor
einem Gericht eines Mitgliedstaats oder eines Vertragsstaats des EWR-Abkommens aufzutreten (vgl. in diesem Sinne Beschlüsse vom 5. Dezember
1996, Lopes/Gerichtshof, C‑174/96 P, EU:C:1996:473, Rn. 11, vom 21. November 2007, Correia de Matos/Parlament, C‑502/06 P, nicht veröffentlicht,
EU:C:2007:696, Rn. 11, vom 29. September 2010, EREF/Kommission, C‑74/10 P und C‑75/10 P, nicht veröffentlicht, EU:C:2010:557, Rn. 54, sowie vom
14. Oktober 2015, Lattermann/Präsident des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main, T‑230/15, nicht veröffentlicht, EU:T:2015:823, Rn. 8).
Insoweit ist darauf hinzuweisen, dass die Vorstellung von der Funktion des Anwalts in der Unionsrechtsordnung, die aus den gemeinsamen
Rechtstraditionen der Mitgliedstaaten hervorgeht und auf die sich Art. 19 der Satzung des Gerichtshofs der Europäischen Union stützt, die eines
Organs der Rechtspflege ist, das in völliger Unabhängigkeit und im höheren Interesse der Rechtspflege die rechtliche Unterstützung zu gewähren hat,
die der Mandant benötigt (vgl. in diesem Sinne Urteile vom 18. Mai 1982, AM & S Europe/Kommission, 155/79, EU:C:1982:157, Rn. 24, vom 14.
September 2010, Akzo Nobel Chemicals und Akcros Chemicals/Kommission u. a., C‑550/07 P, EU:C:2010:512, Rn. 42, sowie vom 6. September 2012,
Prezes Urzędu Komunikacji Elektronicznej/Kommission, C‑422/11 P und C‑423/11 P, EU:C:2012:553, Rn. 23; Beschlüsse vom 3. September
2015, Lambauer/Rat, C‑52/15 P, nicht veröffentlicht, EU:C:2015:549, Rn. 19 und die dort angeführte Rechtsprechung, sowie vom 14. Oktober 2015,
Lattermann/Präsident des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main, T‑230/15, nicht veröffentlicht, EU:T:2015:823, Rn. 9).
10
Neben den vorstehenden Erwägungen zur Vorstellung von der Rolle des Rechtsanwalts in der Unionsrechtsordnung stellt nämlich die einer Partei –
auch wenn sie selbst Anwalt ist – auferlegte Verpflichtung, sich zur Vertretung vor den Unionsgerichten eines Dritten zu bedienen, die Parteien
unabhängig von ihrer beruflichen Stellung hinsichtlich der Bedingungen für die Verteidigung ihrer Rechte vor den Unionsgerichten gleich und ist
daher geeignet, den Gleichheitssatz zu gewährleisten (vgl. Beschluss vom 3. September 2015, Lambauer/Rat, C‑52/15 P, nicht veröffentlicht,
EU:C:2015:549, Rn. 24 und die dort angeführte Rechtsprechung).
11
Folglich genügt die in der vorliegenden Rechtssache eingereichte Klageschrift, die vom Kläger selbst unterzeichnet worden ist, nicht den
Anforderungen von Art. 19 der Satzung des Gerichtshofs der Europäischen Union.
12
Daraus folgt, dass die vorliegende Klage wegen offensichtlicher Unzulässigkeit abzuweisen ist, ohne dass sie der Beklagten zugestellt werden
müsste.
Kosten
13
Da der vorliegende Beschluss vor Zustellung der Klageschrift an die Beklagte ergeht und dieser keine Kosten entstehen konnten, ist nur zu
entscheiden, dass der Kläger nach Art. 133 der Verfahrensordnung seine eigenen Kosten trägt.
Aus diesen Gründen hat
DAS GERICHT (Vierte Kammer)
beschlossen:
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Herr Armin Zinnecker trägt seine eigenen Kosten.
Luxemburg, den 6. Oktober 2016
Der Kanzler Der Präsident
E. Coulon H. Kanninen
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Verfahrenssprache: Deutsch.