Urteil des EuG vom 12.12.2014

Beschwerdekammer, Muster Und Modelle, Verwechslungsgefahr, Verordnung

URTEIL DES GERICHTS (Neunte Kammer)
12. Dezember 2014
)
„Gemeinschaftsmarke – Widerspruchsverfahren – Anmeldung der
Gemeinschaftswortmarke SELOGYN – Ältere nationale Wortmarke SELESYN –
Relatives Eintragungshindernis – Verwechslungsgefahr –Art. 8 Abs. 1 Buchst. b der
Verordnung (EG) Nr. 207/2009 –Zurückweisung der Anmeldung“
In der Rechtssache T‑173/13
Selo Medical GmbH
Rechtsanwalt T. Schneider,
Klägerin,
gegen
Harmonisierungsamt für den Binnenmarkt (Marken, Muster und Modelle) (HABM),
vertreten durch D. Walicka als Bevollmächtigte,
Beklagter,
andere Beteiligte im Verfahren vor der Beschwerdekammer des HABM und Streithelferin
im Verfahren vor dem Gericht:
biosyn Arzneimittel GmbH
Rechtsanwälte R. Kunz-Hallstein und H. P. Kunz-Hallstein,
betreffend eine Klage auf Aufhebung der Entscheidung der Vierten Beschwerdekammer
des HABM vom 21. Januar 2013 (Sache R 2601/2011‑4) zu einem
Widerspruchsverfahren zwischen der biosyn Arzneimittel GmbH und der Selo Medical
GmbH
erlässt
DAS GERICHT (Neunte Kammer)
unter Mitwirkung des Präsidenten G. Berardis sowie der Richter O. Czúcz
(Berichterstatter) und A. Popescu,
Kanzler: E. Coulon,
aufgrund der am 20. März 2013 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangenen
Klageschrift,
aufgrund der am 27. Juni 2013 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangenen
Klagebeantwortung des HABM,
aufgrund der am 24. Juni 2013 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangenen
Klagebeantwortung der Streithelferin,
aufgrund der schriftlichen Fragen des Gerichts an die Beteiligten und der am 12. und 13.
März 2014 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangenen Antworten auf diese Fragen,
aufgrund der am 23. Juni 2014 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangenen
Stellungnahme der Klägerin,
aufgrund des Umstands, dass keiner der Beteiligten binnen der Frist von einem Monat
nach der Mitteilung, dass das schriftliche Verfahren abgeschlossen ist, die Anberaumung
einer mündlichen Verhandlung beantragt hat, und des daher auf Bericht des
Berichterstatters gemäß Art. 135a der Verfahrensordnung des Gerichts ergangenen
Beschlusses, ohne mündliche Verhandlung zu entscheiden,
folgendes
Urteil
Vorgeschichte des Rechtsstreits und angefochtene Entscheidung
1
Am 22. April 2010 meldete die Klägerin, die Selo Medical GmbH, nach der Verordnung
(EG) Nr. 207/2009 des Rates vom 26. Februar 2009 über die Gemeinschaftsmarke (ABl.
L 78, S. 1) beim Harmonisierungsamt für den Binnenmarkt (Marken, Muster und Modelle)
(HABM) eine Gemeinschaftsmarke an.
2
Bei der angemeldeten Marke handelt es sich um das Wortzeichen SELOGYN.
3
Das Zeichen wurde für folgende Waren in Klasse 5 des Abkommens von Nizza über die
internationale Klassifikation von Waren und Dienstleistungen für die Eintragung von
Marken vom 15. Juni 1957 in revidierter und geänderter Fassung angemeldet:
„Pharmazeutische Erzeugnisse, ausschließlich für gynäkologische Anwendung, und
veterinärmedizinische Erzeugnisse; diätetische Lebensmittel für medizinische Zwecke;
Babykost; Nahrungsergänzungsmittel für medizinische Zwecke“.
4
Die Gemeinschaftsmarkenanmeldung wurde im Blatt für Gemeinschaftsmarken
Nr. 2010/171 vom 16. Juni 2010 veröffentlicht.
5
Am 3. Dezember 2010 erhob die Streithelferin, die biosyn Arzneimittel GmbH, nach
Art. 41 der Verordnung Nr. 207/2009 Widerspruch gegen die Eintragung der
angemeldeten Marke für die oben in Rn. 3 genannten Waren.
6
Der Widerspruch wurde auf die deutsche Wortmarke SELESYN gestützt, die am 7. Juli
2009 mit der Nr. 302009009432 für folgende Waren der Klasse 5 eingetragen worden
war: „Arzneimittel für humanmedizinische und tierärztliche Zwecke; pharmazeutische
und veterinärmedizinische Erzeugnisse; Diagnostika für medizinische Zwecke;
und veterinärmedizinische Erzeugnisse; Diagnostika für medizinische Zwecke;
chemische Reagenzien und chemische Testpräparate für den Gebrauch beim Arzt für
medizinische Zwecke; Präparate für die Gesundheitspflege; diätetische Erzeugnisse für
medizinische Zwecke; Nahrungsergänzungsmittel für medizinische Zwecke;
Nahrungsergänzungsmittel für nicht medizinische Zwecke, hauptsächlich bestehend aus
Vitaminen, Spurenelementen, Mineralien, soweit in Klasse 5 enthalten“.
7
Der Widerspruch wurde mit dem relativen Eintragungshindernis nach Art. 8 Abs. 1
Buchst. b der Verordnung Nr. 207/2009 begründet.
8
Am 4. November 2011 gab die Widerspruchsabteilung dem Widerspruch hinsichtlich
aller angefochtenen Waren statt, wies die Anmeldung insgesamt zurück und erlegte der
Klägerin die Kosten des Verfahrens auf.
9
Am 20. November 2011 legte die Klägerin beim HABM gegen die Entscheidung der
Widerspruchsabteilung nach den Art. 58 bis 64 der Verordnung Nr. 207/2009
Beschwerde ein.
10
Mit Entscheidung vom 21. Januar 2013 (im Folgenden: angefochtene Entscheidung)
wies die Vierte Beschwerdekammer des HABM die Beschwerde gegen die
Entscheidung der Widerspruchsabteilung zurück und erlegte der Klägerin die Kosten auf.
Sie ging davon aus, dass eine Verwechslungsgefahr im Sinne von Art. 8 Abs. 1
Buchst. b der Verordnung Nr. 207/2009 bestehe. Die Beschwerdekammer war der
Auffassung, dass sich die maßgeblichen Verkehrskreise sowohl aus dem normal
informierten, aufmerksamen und verständigen Publikum als auch aus Fachleuten im
pharmazeutischen und medizinischen Bereich zusammensetzten und, da es sich bei der
älteren Marke um eine deutsche Marke handele, auf die Verkehrskreise in Deutschland
abzustellen sei. Beim Warenvergleich gelangte die Beschwerdekammer zu dem
Ergebnis, dass die mit der angemeldeten Marke beanspruchten Waren und die, die von
der älteren Marke erfasst seien, teilweise identisch und im Übrigen ähnlich seien. Der
Vergleich der Wortzeichen SELESYN und SELOGYN ergab nach Ansicht der
Beschwerdekammer eine „überdurchschnittliche“ Ähnlichkeit in Schriftbild und Klang;
der begriffliche Vergleich falle neutral aus. Bei der Beurteilung der Verwechslungsgefahr
ging die Beschwerdekammer davon aus, dass wegen der Art der fraglichen Waren zwar
von einem erhöhten Aufmerksamkeitsgrad der maßgeblichen Verkehrskreise
auszugehen sei, in Anbetracht der durchschnittlichen Kennzeichnungskraft der Marken
wegen der „überdurchschnittlichen“ Ähnlichkeit der Zeichen in Schriftbild und Klang und
der Warenidentität bzw. ‑ähnlichkeit aber die Gefahr von Verwechslungen bestehe.
Anträge der Parteien
11
Die Klägerin beantragt,
– die angefochtene Entscheidung aufzuheben und den Widerspruch
zurückzuweisen;
– dem HABM und der Streithelferin die Kosten aufzuerlegen.
12
Das HABM und die Streithelferin beantragen,
12
Das HABM und die Streithelferin beantragen,
– die Klage abzuweisen;
– der Klägerin die Kosten aufzuerlegen.
Rechtliche Würdigung
13
Die Klägerin macht als einzigen Klagegrund einen Verstoß gegen Art. 8 Abs. 1
Buchst. b der Verordnung Nr. 207/2009 geltend.
14
Gemäß Art. 8 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung Nr. 207/2009 ist die angemeldete Marke
auf Widerspruch des Inhabers einer älteren Marke von der Eintragung ausgeschlossen,
wenn wegen ihrer Identität oder Ähnlichkeit mit der älteren Marke und der Identität oder
Ähnlichkeit der durch die beiden Marken erfassten Waren oder Dienstleistungen für das
Publikum die Gefahr von Verwechslungen in dem Gebiet besteht, in dem die ältere
Marke Schutz genießt. Dabei schließt die Gefahr von Verwechslungen die Gefahr ein,
dass die Marke mit der älteren Marke gedanklich in Verbindung gebracht wird. Nach
Art. 8 Abs. 2 Buchst. a Ziff. ii der Verordnung Nr. 207/2009 gehören zu den älteren
Marken die in einem Mitgliedstaat eingetragenen Marken mit einem früheren Anmeldetag
als dem Tag der Anmeldung der Gemeinschaftsmarke.
15
Nach ständiger Rechtsprechung liegt Verwechslungsgefahr dann vor, wenn das
Publikum glauben könnte, dass die betreffenden Waren oder Dienstleistungen aus
demselben Unternehmen oder aus wirtschaftlich miteinander verbundenen Unternehmen
stammen. Das Vorliegen von Verwechslungsgefahr ist umfassend, gemäß der
Wahrnehmung der in Rede stehenden Zeichen und Waren oder Dienstleistungen durch
die maßgeblichen Verkehrskreise und unter Berücksichtigung aller maßgeblichen
Umstände des Einzelfalls, insbesondere der Wechselbeziehung zwischen der
Ähnlichkeit der Zeichen und der Ähnlichkeit der damit gekennzeichneten Waren oder
Dienstleistungen, zu beurteilen (vgl. Urteil vom 9. Juli 2003, Laboratorios RTB/HABM –
Giorgio Beverly Hills [GIORGIO BEVERLY HILLS], T‑162/01, Slg, EU:T:2003:199,
Rn. 30 bis 33 und die dort angeführte Rechtsprechung).
Zu den maßgeblichen Verkehrskreisen
16
In Rn. 12 der angefochtenen Entscheidung ist die Beschwerdekammer davon
ausgegangen, dass die ältere Marke eine deutsche Marke sei, so dass es für die
Beurteilung der Verwechslungsgefahr auf die Auffassung der maßgeblichen
Verkehrskreise in Deutschland ankomme. Sie hat außerdem festgestellt, dass sich die
mit den in Rede stehenden Marken gekennzeichneten Waren der Klasse 5 sowohl an
das allgemeine Publikum richteten, das als normal informiert, aufmerksam und
verständig anzusehen sei, als auch an den Fachverkehr im pharmazeutischen und
medizinischen Bereich. Allerdings hat die Beschwerdekammer in Rn. 23 der
angefochtenen
Entscheidung
klargestellt,
dass
von
einem
erhöhten
Aufmerksamkeitsgrad der maßgeblichen Verkehrskreise auszugehen sei.
17
Zunächst ist die Erwägung der Beschwerdekammer, der zufolge die Beurteilung der
Verwechslungsgefahr von der Wahrnehmung der maßgeblichen Verkehrskreise in
Verwechslungsgefahr von der Wahrnehmung der maßgeblichen Verkehrskreise in
Deutschland abhängt, als zutreffend anzusehen, was im Übrigen von der Klägerin nicht
bestritten wird.
18
Sodann ist das Argument der Klägerin zurückzuweisen, das sich darauf stützt, dass die
von der älteren Marke erfassten Waren als Arzneimittel apothekenpflichtig seien, die von
der angemeldeten Marke erfassten Waren hingegen nicht allein in Apotheken, sondern
auch in Drogerien verkauft würden.
19
Insoweit ist daran zu erinnern, dass bei dem gemäß Art. 8 Abs. 1 Buchst. b der
Verordnung Nr. 207/2009 vorgeschriebenen Warenvergleich auf die Bezeichnung der
Waren abzustellen ist, die von der älteren Marke erfasst werden, und nicht auf die Waren,
für die die Marke tatsächlich benutzt wird, es sei denn, die betreffende Marke unterliegt
bereits dem Benutzungszwang nach Art. 42 Abs. 2 und 3 der Verordnung Nr. 207/2009
und im Rahmen eines Antrags auf Nachweis der ernsthaften Benutzung der älteren
Marke wird dieser Nachweis nur für einen Teil der Waren oder Dienstleistungen, für die
die ältere Marke eingetragen ist, erbracht (Urteil vom 22. März 2007, Saint-Gobain
Pam/HABM – Propamsa [PAM PLUVIAL], T‑364/05, Slg, EU:T:2007:96, Rn. 85).
20
In Rn. 13 der angefochtenen Entscheidung hat die Beschwerdekammer festgestellt,
dass die ältere Marke noch nicht dem Benutzungszwang nach Art. 42 Abs. 2 und 3 der
Verordnung unterliege, was die Klägerin nicht in Zweifel gezogen hat.
21
Folglich hat die Beschwerdekammer die maßgeblichen Verkehrskreise zu Recht mit
Blick auf die Bezeichnung der mit der älteren Marke gekennzeichneten Waren bestimmt,
zu denen nicht nur ausschließlich in Apotheken verkaufte Waren, sondern auch Waren
gehören, die außerhalb von Apotheken verkauft werden können, wie
Nahrungsergänzungsmittel für nicht medizinische Zwecke, insbesondere Vitamine,
Spurenelemente und Mineralien.
22
Auch das Argument der Klägerin, die Wahrnehmung der Fachkreise stehe deutlich im
Vordergrund, ist zurückzuweisen.
23
Nach der Rechtsprechung setzen sich nämlich, auch wenn die in Rede stehenden
Waren Arzneimittel sind, die vor ihrem Verkauf an die Verbraucher in den Apotheken
einer Verschreibung durch den Arzt bedürfen, die maßgeblichen Verkehrskreise sowohl
aus Endverbrauchern als auch aus medizinischen Fachleuten, d. h. Ärzten, die das
Arzneimittel verschreiben, und Apothekern, die das verschriebene Arzneimittel
verkaufen, zusammen (Urteile vom 26. April 2007, Alcon/HABM, C‑412/05 P, Slg,
EU:C:2007:252, Rn. 52 bis 66, und vom 9. Februar 2011, Ineos Healthcare/HABM –
Teva Pharmaceutical Industries [ALPHAREN], T‑222/09, Slg, EU:T:2011:36, Rn. 42 bis
45).
24
Die Beschwerdekammer hat daher zu Recht festgestellt, dass sich die maßgeblichen
Verkehrskreise sowohl aus Fachleuten im pharmazeutischen und medizinischen Bereich
als auch aus der breiten Öffentlichkeit zusammensetzen.
25
Was darüber hinaus den Aufmerksamkeitsgrad der angesprochenen Verkehrskreise
betrifft, ist zum einen daran zu erinnern, dass medizinische Fachleute bei der
Verschreibung von Arzneimitteln einen erhöhten Grad an Aufmerksamkeit an den Tag
Verschreibung von Arzneimitteln einen erhöhten Grad an Aufmerksamkeit an den Tag
legen. Zum anderen ist hinsichtlich der Endverbraucher im Fall des rezeptfreien Verkaufs
pharmazeutischer Erzeugnisse davon auszugehen, dass die Verbraucher, die als
angemessen unterrichtet, aufmerksam und verständig anzusehen sind, an diesen
Produkten, da sie ihren gesundheitlichen Zustand beeinflussen, interessiert sind und
verschiedene Produktvarianten weniger leicht verwechseln werden (Urteile vom 21.
Oktober 2008, Aventis Pharma/HABM – Nycomed [PRAZOL], T‑95/07, EU:T:2008:455,
Rn. 29, und vom 8. Juli 2009, Procter & Gamble/HABM – Laboratorios Alcala Farma [oli],
T‑240/08, EU:T:2009:258, Rn. 50). Damit kann bei Arzneimitteln, ob sie auf ein Rezept
hin abgegeben werden oder nicht, angenommen werden, dass ihnen die normal
informierten und angemessen aufmerksamen und verständigen Verbraucher einen
erhöhten Grad an Aufmerksamkeit widmen (Urteile vom 15. Dezember 2009, Trubion
Pharmaceuticals/HABM – Merck [TRUBION], T‑412/08, EU:T:2009:507, Rn. 28, und vom
15. Dezember 2010, Novartis/HABM – Sanochemia Pharmazeutika [TOLPOSAN],
T‑331/09, Slg, EU:T:2010:520, Rn. 26).
26
Daher sind sämtliche Erwägungen der Beschwerdekammer hinsichtlich der
maßgeblichen Verkehrskreise als zutreffend anzusehen.
Zum Warenvergleich
27
Die Klägerin zieht die Erwägungen in Zweifel, die die Beschwerdekammer in den
Rn. 13 bis 15 der angefochtenen Entscheidung zum Vergleich der in Rede stehenden
Waren angestellt hat.
28
Erstens bestreitet die Klägerin die Erwägung der Beschwerdekammer, dass die
veterinärmedizinischen Erzeugnisse, die Nahrungsergänzungsmittel für medizinische
Zwecke, die pharmazeutischen Erzeugnisse ausschließlich für gynäkologische
Anwendungen und die diätetischen Lebensmittel für medizinische Zwecke, die für die
angemeldete Marke beansprucht würden, mit den von der älteren Marke erfassten Waren
identisch seien.
29
Soweit die Klägerin zunächst die in Rn. 14 der angefochtenen Entscheidung angestellte
Erwägung, dass die von den in Rede stehenden Marken erfassten
veterinärmedizinischen Erzeugnisse identisch seien, in Zweifel zieht, ist festzustellen,
dass sie kein Argument zur Stützung dieser Rüge anführt. Sie ist daher nach Art. 44 § 1
Buchst. c der Verfahrensordnung des Gerichts, der eine kurze Darstellung der
Klagegründe verlangt, als unzulässig zurückzuweisen.
30
Sodann vertritt die Klägerin die Auffassung, dass die von der angemeldeten Marke
erfassten Nahrungsergänzungsmittel für medizinische Zwecke nicht von der älteren
Marke erfasst seien; diese erfasse nämlich Nahrungsergänzungsmittel für nicht
medizinische Zwecke. Insoweit genügt die Feststellung, dass aus der vorstehenden
Rn. 6 eindeutig hervorgeht, dass die ältere Marke nicht nur Nahrungsergänzungsmittel
für nicht medizinische Zwecke, sondern auch solche für medizinische Zwecke erfasst.
Folglich ist diese Rüge zurückzuweisen.
31
Die Klägerin macht ferner geltend, die pharmazeutischen Erzeugnisse ausschließlich
für gynäkologische Anwendung und die diätetischen Lebensmittel für medizinische
für gynäkologische Anwendung und die diätetischen Lebensmittel für medizinische
Zwecke, die von der angemeldeten Marke beansprucht würden, seien nicht mit den
pharmazeutischen Erzeugnissen bzw. den diätetischen Erzeugnissen für medizinische
Zwecke, die von der älteren Marke erfasst würden, identisch. Insoweit genügt der
Hinweis, dass, wenn die von der älteren Marke erfassten Waren die von der
angemeldeten Marke beanspruchten Waren einschließen, diese Waren als identisch im
Sinne von Art. 8 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung Nr. 207/2009 angesehen werden
(Urteil vom 23. Oktober 2002, Oberhauser/HABM – Petit Liberto [Fifties], T‑104/01, Slg,
EU:T:2002:262, Rn. 32 und 33). Vorliegend schließen die pharmazeutischen
Erzeugnisse die pharmazeutischen Erzeugnisse ausschließlich für gynäkologische
Anwendung und – da der Begriff des Erzeugnisses weiter ist als der des Lebensmittels –
die diätetischen Erzeugnisse für medizinische Zwecke die diätetischen Lebensmittel für
medizinische Zwecke ein. Diese Rüge ist somit zurückzuweisen.
32
Daher ist die Erwägung der Beschwerdekammer zu bestätigen, dass die
veterinärmedizinischen Erzeugnisse, die Nahrungsergänzungsmittel für medizinische
Zwecke, die pharmazeutischen Erzeugnisse ausschließlich für gynäkologische
Anwendung und die diätetischen Lebensmittel für medizinische Zwecke, die von der
angemeldeten Marke beansprucht werden, mit den von der älteren Marke erfassten
Waren identisch sind.
33
Zweitens zieht die Klägerin die in Rn. 15 der angefochtenen Entscheidung enthaltene
Erwägung der Beschwerdekammer in Zweifel, der zufolge zwischen der Babykost, die
von der angemeldeten Marke beansprucht wird, und den diätetischen Erzeugnissen für
medizinische Zwecke, den Nahrungsergänzungsmitteln für medizinische Zwecke und
den Nahrungsergänzungsmitteln für nicht medizinische Zwecke, hauptsächlich
bestehend aus Vitaminen, Spurenelementen und Mineralien, soweit in Klasse 5
enthalten, die von der älteren Marke erfasst werden, eine Ähnlichkeit besteht.
34
Insoweit ist zu beachten, dass nach ständiger Rechtsprechung bei der Beurteilung der
Ähnlichkeit der betreffenden Waren alle erheblichen Faktoren zu berücksichtigen sind,
die das Verhältnis kennzeichnen, in dem diese Waren und Dienstleistungen zueinander
stehen. Hierzu gehören insbesondere ihre Art, Verwendungszweck und Nutzung sowie
ihre Eigenart als miteinander konkurrierende oder einander ergänzende Waren. Es
können auch andere Faktoren wie die Vertriebswege der betreffenden Waren
berücksichtigt werden (vgl. Urteil vom 11. Juli 2007, El Corte Inglés/HABM – Bolaños
Sabri [PiraÑAM diseño original Juan Bolaños], T‑443/05, Slg, EU:T:2007:219, Rn. 37
und die dort angeführte Rechtsprechung).
35
Hinsichtlich der in Rede stehenden Waren ist die Beschwerdekammer zu Recht davon
ausgegangen, dass Babykost auf der einen und diätetische Erzeugnisse sowie
Nahrungsergänzungsmittel auf der anderen Seite einander ähnlich sein könnten. Denn
in beiden Fällen handelt es sich um spezielle Nahrungsmittel, die für besondere
Personengruppen bestimmt sind und einem diätetischen Zweck dienen. Die
Beschwerdekammer ist ferner zu Recht davon ausgegangen, dass die Vertriebswege
übereinstimmen, da die betreffenden Waren nebeneinander in Apotheken, Supermärkten
und Drogerien angeboten werden.
36
Daher ist als Ergebnis festzustellen, dass zwischen der Babykost, die von der
36
Daher ist als Ergebnis festzustellen, dass zwischen der Babykost, die von der
angemeldeten Marke beansprucht wird, und den diätetischen Erzeugnissen für
medizinische Zwecke, den Nahrungsergänzungsmitteln für medizinische Zwecke und
den Nahrungsergänzungsmitteln für nicht medizinische Zwecke, hauptsächlich
bestehend aus Vitaminen, Spurenelementen und Mineralien, soweit in Klasse 5
enthalten, die von der älteren Marke erfasst werden, eine Ähnlichkeit besteht.
37
Soweit die Klägerin drittens geltend macht, dass die von den beiden Marken
beanspruchten Waren deshalb unterschiedlich seien, weil die unter der älteren Marke
verkauften Waren für Intensivmediziner und damit für Fachkreise bestimmt seien,
während sich die unter der angemeldeten Marke verkauften Waren an ein breites
allgemeines Publikum richteten und auch in Apotheken verkauft würden, wirft sie damit
der Beschwerdekammer vor, nicht die tatsächliche Benutzung dieser Waren
berücksichtigt zu haben. Diese Rüge ist unter Hinweis auf die Ausführungen in den
vorstehenden Rn. 18 bis 21 zurückzuweisen.
38
Demzufolge sind sämtliche Rügen gegen die Erwägungen der Beschwerdekammer zur
Identität und Ähnlichkeit der einander gegenüberstehenden Waren zurückzuweisen und
die hierzu getroffenen Feststellungen der Beschwerdekammer zu bestätigen.
Zum Zeichenvergleich
39
In den Rn. 16 bis 20 der angefochtenen Entscheidung hat die Beschwerdekammer
angenommen,
dass
die
einander
gegenüberstehenden
Marken
einen
„überdurchschnittlichen“ Ähnlichkeitsgrad in Bild und Klang aufwiesen und der
begriffliche Vergleich zwischen ihnen neutral ausfalle.
40
Die Klägerin zieht diese Erwägungen in Zweifel.
41
Insoweit ist vorab darauf hinzuweisen, dass bei der umfassenden Beurteilung der
Verwechslungsgefahr hinsichtlich der Ähnlichkeit der einander gegenüberstehenden
Zeichen im Bild, im Klang oder in der Bedeutung auf den Gesamteindruck abzustellen
ist, den die Zeichen hervorrufen, wobei insbesondere ihre kennzeichnungskräftigen und
dominierenden Elemente zu berücksichtigen sind. Für die umfassende Beurteilung der
Verwechslungsgefahr kommt es entscheidend darauf an, wie die Marken auf den
Durchschnittsverbraucher dieser Waren oder Dienstleistungen wirken. Der
Durchschnittsverbraucher nimmt dabei eine Marke regelmäßig als Ganzes wahr und
achtet nicht auf ihre verschiedenen Einzelheiten (vgl. Urteil vom 12. Juni 2007,
HABM/Shaker, C‑334/05 P, Slg, EU:C:2007:333, Rn. 35 und die dort angeführte
Rechtsprechung).
Zu den Ähnlichkeiten in Bild und Klang
42
In Rn. 18 der angefochtenen Entscheidung ist die Beschwerdekammer davon
ausgegangen, dass die beiden Marken in bildlicher Hinsicht einander
„überdurchschnittlich“ ähnlich seien. In diesem Zusammenhang hat die
Beschwerdekammer zunächst festgestellt, dass die einander gegenüberstehenden
Zeichen von gleicher Länge seien und in den Buchstabengruppen „sel“ am Wortanfang
sowie „yn“ am Wortende und somit in fünf der sieben Buchstaben, aus denen sie sich
zusammensetzten, übereinstimmten. Sodann hat sie darauf hingewiesen, dass sich die
zusammensetzten, übereinstimmten. Sodann hat sie darauf hingewiesen, dass sich die
Unterschiede zwischen den beiden Marken auf die Buchstabengruppen „og“ und „es“ im
Wortinneren der Marken beschränkten und die angesprochenen Verkehrskreise die
Übereinstimmungen am Zeichenanfang und ‑ende stärker beachteten als die
Unterschiede in der Zeichenmitte.
43
In Rn. 19 der angefochtenen Entscheidung ist die Beschwerdekammer davon
ausgegangen, dass sich die Zeichen in klanglicher Hinsicht ähnelten. In diesem
Zusammenhang hat die Beschwerdekammer zunächst festgestellt, dass die einander
gegenüberstehenden Zeichen aus Sicht der deutschsprachigen Verbraucher aus drei
Silben beständen, von denen die jeweils erste – „se“ – identisch sei, die jeweils zweite –
„le“ und „lo“ – denselben Konsonanten enthalte und die jeweils dritte in der Endung „yn“
übereinstimme; die Zeichen unterschieden sich lediglich hinsichtlich der Vokale „o“ bzw.
„e“ in der jeweils zweiten Silbe und den Konsonanten „g“ bzw. „s“ am Anfang der jeweils
dritten Silbe. Sodann hat sie darauf hingewiesen, dass der jeweilige Sprech- und
Betonungsrhythmus der einander gegenüberstehenden Zeichen identisch sei.
44
Die Klägerin hält diese Erwägungen für falsch. Was erstens die bildliche Ähnlichkeit
betrifft, macht sie geltend, dass die beiden einander gegenüberstehenden Zeichen
wegen der Unterschiede hinsichtlich der zwei Buchstaben in der Mitte der Zeichen
visuell nicht ähnlich seien. Zweitens sieht sie keine klangliche Ähnlichkeit der einander
gegenüberstehenden Zeichen. Die jeweils erste Silbe der Zeichen, die die Klägerin mit
„selo“ und „sele“ angibt, wiesen einen entscheidenden Unterschied auf, da die Vokale „e“
und „o“ starke, im Verhältnis zueinander völlig unterschiedliche Selbstlaute seien. Ferner
seien die jeweils zweite Silbe „gyn“ und „syn“ unterschiedlich, da es sich bei dem
Konsonanten „g“ um einen „stimmhaften velaren Plosiv“ handele, der vom
Durchschnittsverbraucher deutlich wahrgenommen werde, während es sich bei dem
Konsonanten „s“ um einen „stimmlosen alveolaren Frikativ“ handele, der vom
Durchschnittsverbraucher nicht deutlich wahrgenommen werde. Drittens macht die
Klägerin geltend, die Beschwerdekammer habe nicht berücksichtigt, dass die einander
gegenüberstehenden Zeichen kurz seien und daher bereits kleine Unterschiede zu
einem unterschiedlichen Gesamteindruck führen könnten.
45
Das HABM und die Streithelferin treten dem Vorbringen der Klägerin entgegen.
46
Was erstens die bildliche Ähnlichkeit betrifft, ist zunächst festzustellen, dass die
Zeichen SELOGYN und SELESYN aus sieben Buchstaben bestehen, somit eine
identische Länge aufweisen und in fünf Buchstaben übereinstimmen, nämlich den
Buchstaben „sel“ am Anfang und den Buchstaben „yn“ am Ende. Ferner ist darauf
hinzuweisen, dass ein Verbraucher üblicherweise dem jeweils ersten Teil eines
Zeichens mehr Gewicht beilegt (Urteil vom 23. Mai 2007, Henkel/HABM – SERCA
[COR], T‑342/05, EU:T:2007:152, Rn. 42) und die einander gegenüberstehenden
Marken nicht nur an ihrem Anfang, sondern auch an ihrem Ende übereinstimmen.
Folglich sind diese Zeichen einander in klanglicher Hinsicht ähnlich.
47
In diesem Zusammenhang ist das auf die Länge der Zeichen gestützte Argument der
Klägerin zu verwerfen. Denn Unterschiede zwischen Zeichen werden zwar leichter
wahrgenommen, wenn es sich um kurze Zeichen handelt, und diese Unterscheide sind
daher eher geeignet, einen unterschiedlichen Gesamteindruck hervorzurufen (vgl. in
daher eher geeignet, einen unterschiedlichen Gesamteindruck hervorzurufen (vgl. in
diesem Sinne Urteile vom 20. April 2005, Krüger/HABM – Calpis [CALPICO], T‑273/02,
Slg, EU:T:2005:134, Rn. 39, und COR, oben in Rn. 46 angeführt, EU:T:2007:152,
Rn. 42); jedoch können die einander gegenüberstehenden Marken, die jeweils aus
sieben Buchstaben bestehen, aus Sicht des deutschsprachigen Verbrauchers nicht als
besonders kurz angesehen werden.
48
Was zweitens die klangliche Ähnlichkeit betrifft, sind zunächst die Feststellungen der
Beschwerdekammer zu bestätigen, denen zufolge die jeweils erste Silbe – „se“ –
identisch ausgesprochen wird, die jeweils zweite Silbe – „le“ bzw. „lo“ – mit dem gleichen
Konsonanten beginnt und die jeweils dritte Silbe – „gyn“ bzw. „syn“ – in ihrem Endlaut
„yn“ übereinstimmt. Zwar unterscheiden sich – wie die Klägerin bemerkt – die jeweils
zweite Silbe durch den Vokal „e“ bzw. „o“ und die jeweils dritte Silbe durch den
Konsonanten „s“ bzw. „g“. Diese Unterschiede vermögen jedoch nicht die klangliche
Ähnlichkeit der beiden Zeichen in Frage zu stellen. Denn, wie die Beschwerdekammer
zutreffend festgestellt hat, weisen die Zeichen SELOGYN und SELESYN einen
identischen Sprech- und Betonungsrhythmus auf. Ein deutschsprachiger Verbraucher
spricht die Zeichen so aus, dass die Betonung auf der jeweils ersten und dritten Silbe
liegt. Folglich ist der klangliche Unterschied, der sich aus den unterschiedlichen Vokalen
„o“ und „e“ ergibt, weniger geeignet, einen unterschiedlichen Gesamteindruck
hervorzurufen. Daher sind die einander gegenüberstehenden Zeichen als in klanglicher
Hinsicht ähnlich anzusehen.
49
In diesem Kontext ist das auf die Länge der Zeichen gestützte Argument der Klägerin zu
verwerfen. Zum einen spricht ein deutschsprachiger Verbraucher – entgegen dem
Vorbringen der Klägerin – die Zeichen SELESYN und SELOGYN nicht zwei-, sondern
dreisilbig aus. Zum anderen können im Deutschen Zeichen, die aus drei Silben
bestehen, nicht als in klanglicher Hinsicht besonders kurz angesehen werden.
50
Als Ergebnis ist daher festzustellen, dass die einander gegenüberstehenden Zeichen in
visueller und klanglicher Hinsicht einander ähnlich sind.
Zur begrifflichen Ähnlichkeit
51
Die Klägerin zieht auch die in Rn. 20 der angefochtenen Entscheidung enthaltenen
Erwägungen der Beschwerdekammer in Zweifel, wonach der begriffliche Vergleich der
Zeichen neutral sei, da keines der Zeichenwörter als Ganzes einen Begriffsgehalt
aufweise. Nach Ansicht der Klägerin hat die Beschwerdekammer den beschreibenden
Charakter der älteren Marke SELESYN nicht berücksichtigt. Der Bestandteil „sele“
verweise auf das deutsche Wort „Selen“ und deute somit auf selenhaltige Produkte hin.
Die Verwendung von Selen sei im Bereich der Lebensmittelergänzung besonders
beliebt. In ihren Antworten auf die Fragen des Gerichts hat die Klägerin vorgetragen,
dass die Verbindung zwischen dem Bestandteil „sele“ und Selen in Anbetracht der Art
der Waren, die die Streithelferin verkaufe und für die sie Werbung mache, offenkundig
sei. Wegen ihres erhöhten Aufmerksamkeitsgrads würden die maßgeblichen
Verkehrskreise ohne weiteres Nachdenken eine hinreichend direkte und konkrete
Verbindung zu dem Inhaltsstoff der in Rede stehenden Waren erkennen.
52
Das HABM und die Streithelferin treten diesem Vorbringen entgegen. Das HABM macht
52
Das HABM und die Streithelferin treten diesem Vorbringen entgegen. Das HABM macht
geltend, dass das Wort „selesyn“ als Ganzes im Deutschen keine Bedeutung und somit
keinen beschreibenden Charakter habe. Die Streithelferin trägt vor, dass die Bedeutung
weder des Bestandteils „sele“ noch des Bestandteils „syn“ sofort verständlich sei.
53
Insoweit ist erstens festzustellen, dass im Deutschen weder SELESYN noch SELOGYN
als Ganzes eine Bedeutung hat, was die Klägerin nicht in Abrede stellt.
54
Zweitens nimmt der Durchschnittsverbraucher eine Marke zwar regelmäßig als Ganzes
wahr und achtet nicht auf die verschiedenen Einzelheiten (Urteil vom 22. Juni 1999,
Lloyd Schuhfabrik Meyer, C‑342/97, Slg, EU:C:1999:323, Rn. 25); dennoch wird er ein
von ihm wahrgenommenes Wortzeichen in die Wortbestandteile zerlegen, die ihm eine
konkrete Bedeutung vermitteln oder die ihm bekannten Wörtern ähnlich sind (Urteile vom
6. Oktober 2004, Vitakraft-Werke Wührmann/HABM – Krafft [VITAKRAFT], T‑356/02, Slg,
EU:T:2004:292, Rn. 51, und vom 13. Februar 2007, Mundipharma/HABM – Altana
Pharma [RESPICUR], T‑256/04, Slg, EU:T:2007:46, Rn. 57).
55
In diesem Zusammenhang ist zunächst das Argument der Klägerin zu verwerfen, das
sich auf die Art der von der Streithelferin verkauften und beworbenen Waren stützt. Wie
in den vorstehenden Rn. 18 bis 20 ausgeführt, ist vorliegend im Rahmen des
Warenvergleichs auf sämtliche mit den in Rede stehenden Marken gekennzeichneten
Warenkategorien abzustellen. Dies gilt auch für die Frage, ob der Bestandteil „sele“ auf
Selen hindeutet.
56
Daher muss geprüft werden, ob der erste Bestandteil der einander gegenüberstehenden
Marken aus Sicht der maßgeblichen Verkehrskreise, zu denen neben Fachleuten im
pharmazeutischen und medizinischen Bereich auch die breite Öffentlichkeit gehört, in
Bezug auf die gekennzeichneten Warenkategorien einen Hinweis auf Selen darstellt.
57
Insoweit ist festzustellen, dass nicht ausgeschlossen werden kann, dass ein nicht
unbedeutender Teil der breiten Öffentlichkeit und zumindest ein Teil der Fachleute die
Buchstabengruppen „sele“, „sel“ oder „se“ nicht als Hinweis auf Selen versteht. Zwar
entspricht die in der älteren Marke enthaltene Buchstabenfolge „sele“ vier der fünf
Buchstaben des deutschen Worts „Selen“. Trotzdem stellt aber nicht jeder, der der
breiten Öffentlichkeit zuzurechnen ist, zwangsläufig eine gedankliche Verbindung zu
dem Wort „Selen“ her. Zunächst handelt es sich bei Selen nicht um einen Stoff, der
häufig verwendet wird. Sodann stellt weder die Buchstabengruppe „sele“ noch die
Buchstabengruppe „sel“ im Deutschen eine offizielle oder übliche Abkürzung für Selen
dar. Zudem lässt sich die Buchstabengruppe „sele“ – wie das HABM und die
Streithelferin zutreffend bemerken – nicht nur mit Selen verbinden. Denn diese
Buchstabengruppe ist auch in den deutschen Wörtern „Selektion“ und „selektieren“
enthalten. Im Übrigen gibt es – worauf die Streithelferin zu Recht hinweist – einen
Arzneistoff mit dem Namen „Selegilin“, der in Medikamenten gegen die Parkinson-
Krankheit verwendet wird und kein Selen enthält. Ein Teil des breiten Publikums kann
dem Umstand, dass der Anfang einer Marke die Buchstabengruppe „sele“ enthält, also
nicht sofort und ohne weiteres Nachdenken entnehmen, dass die Waren, für die die
betreffende Marke benutzt wird, Selen enthält. Zudem steht die Buchstabengruppe „se“
zwar im Periodensystem der Elemente für Selen. In Anbetracht der Vielzahl von Wörtern
im Deutschen, die mit der Buchstabengruppe „se“ beginnen, wird jedoch die breite
im Deutschen, die mit der Buchstabengruppe „se“ beginnen, wird jedoch die breite
Öffentlichkeit in einem Zeichen, das mit dieser Buchstabengruppe beginnt, keinen Bezug
zu Selen erkennen.
58
Folglich ist festzustellen, dass zumindest ein nicht zu vernachlässigender Teil des
breiten Publikums die Buchstabengruppen „sele“, „sel“ oder „se“ nicht als Hinweis auf
Selen versteht. Für diesen Teil des breiten Publikums ist somit das von der
Beschwerdekammer gefundene Ergebnis zu bestätigen, dass der begriffliche Vergleich
der Zeichen neutral ist.
59
Von den maßgeblichen Verkehrskreisen, die in der Buchstabengruppe „sele“ in der
älteren Marke SELESYN einen Hinweis auf Selen erkennt, sieht zumindest ein Teil
einen solchen Bezug auch in der Buchstabengruppe „sel“, die in der der angemeldeten
Marke SELOGYN enthalten ist. Für diesen Teil der maßgeblichen Verkehrskreise
weisen die einander gegenüberstehenden Marken somit eine begriffliche Ähnlichkeit auf.
60
Was den Teil der maßgeblichen Verkehrskreise betrifft, an den die Klägerin denkt und
der die Buchstabengruppe „sele“ in dem älteren Zeichen SELESYN als Hinweis auf
Selen sieht, ohne jedoch einen solchen Bezug in der Buchstabengruppe „sel“
wahrzunehmen, die in der angemeldeten Marke SELOGYN enthalten ist, ist daran zu
erinnern, dass es für die Feststellung einer Verwechslungsgefahr im Sinne von Art. 8
Abs. 1 Buchst. b der Verordnung Nr. 207/2009 ausreicht, dass diese Gefahr für einen Teil
der maßgeblichen Verkehrskreise besteht. Demzufolge wird im Weiteren nur auf die in
den vorstehenden Rn. 56 bis 59 genannten Teile der maßgeblichen Verkehrskreise
abgestellt.
Zur Kennzeichnungskraft der älteren Marke
61
In Rn. 22 der angefochtenen Entscheidung ist die Beschwerdekammer davon
ausgegangen, dass die ältere Marke SELESYN normale Kennzeichnungskraft besitze.
62
Die Klägerin hält diese Schlussfolgerung in Anbetracht des beschreibenden Charakters
der Bestandteile „sele“ und „syn“ für falsch.
63
Das HABM und die Streithelferin treten dem Vorbringen der Klägerin entgegen.
64
Insoweit ist zunächst festzustellen, dass – entgegen dem Vorbringen der Klägerin – der
Bestandteil „syn“ für die mit der älteren Marke gekennzeichneten Waren keine konkrete
Bedeutung hat.
65
Folglich ist zum einen hinsichtlich des Teils der maßgeblichen Verkehrskreise, der die
Buchstabengruppe „sele“ in der älteren Marke SELESYN nicht als Hinweis wahrnimmt,
das von der Beschwerdekammer gefundene Ergebnis zu bestätigen, dass diese Marke
normale Kennzeichnungskraft besitzt.
66
Zum anderen kann hinsichtlich des Teils der maßgeblichen Verkehrskreise, der die
Buchstabengruppe „sele“ in der älteren Marke SELESYN als Hinweis wahrnimmt,
entgegen dem Vorbringen der Klägerin nicht davon ausgegangen werden, dass diese
Marke keine Kennzeichnungskraft besitzt. Zunächst besitzt nämlich auch für diesen Teil
der maßgeblichen Verkehrskreise die betreffende Marke als Ganzes – d. h. die
der maßgeblichen Verkehrskreise die betreffende Marke als Ganzes – d. h. die
Kombination des Bestandteils „sele“, dessen Kennzeichnungskraft schwach ist, und des
Bestandteils „syn“, dem normale Kennzeichnungskraft zukommt – Kennzeichnungskraft.
Sodann ist darauf hinzuweisen, dass in dem Verfahren über einen Widerspruch gegen
die Anmeldung einer Gemeinschaftsmarke die Gültigkeit nationaler Marken, auf die der
Widerspruch gestützt wird, nicht in Frage gestellt werden kann. Folglich kann – entgegen
dem Vorbringen der Klägerin – die ältere nationale Marke SELESYN im Rahmen des
vorliegenden Verfahrens nicht als rein beschreibend gewertet werden, weil dies darauf
hinausliefe, ihre Kennzeichnungskraft und damit ihre Gültigkeit in Abrede zu stellen (vgl.
in diesem Sinne Urteil vom 24. Mai 2012, Formula One Licensing/HABM, C‑196/11 P,
Slg, EU:C:2012:314, Rn. 41 und 42).
67
Daher ist für den Teil der maßgeblichen Verkehrskreise, der die Buchstabengruppe
„sele“ in der älteren Marke SELESYN nicht als Hinweis wahrnimmt, das von der
Beschwerdekammer gefundene Ergebnis zu bestätigen, dass diese Marke normale
Kennzeichnungskraft besitzt, und sogar für den Teil der maßgeblichen Verkehrskreise,
der die Buchstabengruppe „sele“ in der betreffenden älteren Marke als Hinweis
wahrnimmt, weist sie zumindest eine gewisse Kennzeichnungskraft auf.
Zur Verwechslungsgefahr
68
In den Rn. 21 bis 25 der angefochtenen Entscheidung hat die Beschwerdekammer
angenommen, dass zwischen den einander gegenüberstehenden Marken die Gefahr
einer Verwechslung bestehe.
69
Die Klägerin hält diese Schlussfolgerung für falsch. Sie sieht wegen der fehlenden
Identität der in Rede stehenden Waren, der fehlenden visuellen, klanglichen und
begrifflichen Ähnlichkeit der einander gegenüberstehenden Zeichen, der schwachen
Kennzeichnungskraft der älteren Marke und des hohen Aufmerksamkeitsgrads der
maßgeblichen Verkehrskreise, die sehr spezialisiert seien, keine Verwechslungsgefahr.
70
Das HABM und die Streithelferin treten dem Vorbringen der Klägerin entgegen.
71
Insoweit ist daran zu erinnern, dass die umfassende Beurteilung der
Verwechslungsgefahr eine gewisse Wechselbeziehung zwischen den in Betracht
kommenden Faktoren, insbesondere der Ähnlichkeit der Marken und der Ähnlichkeit der
von ihnen erfassten Waren oder Dienstleistungen, impliziert. So kann ein geringer Grad
der Ähnlichkeit der gekennzeichneten Waren oder Dienstleistungen durch einen
höheren Grad der Ähnlichkeit der Marken ausgeglichen werden und umgekehrt (Urteil
vom 29. September 1998, Canon, C‑39/97, Slg., EU:C:1998:442, Rn. 17).
72
Was erstens die breite Öffentlichkeit betrifft, die die Buchstabengruppe „sele“ in der
älteren Marke SELESYN nicht als Hinweis auf Selen wahrnimmt, ist das von der
Beschwerdekammer gefundene Ergebnis zu bestätigen. Denn die betreffenden Waren
sind teilweise identisch und im Übrigen ähnlich. Für die breite Öffentlichkeit sind die
einander gegenüberstehenden Marken in visueller und klanglicher Hinsicht ähnlich, und
die Ähnlichkeiten betreffen Bestandteile, die nicht beschreibend sind. In Anbetracht
dieser Umstände und des Umstands, dass die ältere Marke für die genannte breite
Öffentlichkeit normale Kennzeichnungskraft besitzt, ist festzustellen, dass trotz der
Öffentlichkeit normale Kennzeichnungskraft besitzt, ist festzustellen, dass trotz der
erhöhten Aufmerksamkeit dieser Verkehrskreise die Gefahr besteht, dass die
betreffenden Verkehrskreise die beiden Zeichen ein und demselben Unternehmen
zuschreiben, wenn sie die beiden Zeichen in Verbindung mit identischen oder ähnlichen
Waren sehen, und dass somit eine Verwechslungsgefahr im Sinne von Art. 8 Abs. 1
Buchst. b der Verordnung Nr. 207/2009 gegeben ist.
73
Diese Feststellung genügt für sich alleine, um den auf einen Verstoß gegen diese
Vorschrift gestützten Klagegrund zurückzuweisen.
74
Zweitens ist – hilfsweise – ebenso festzustellen, dass auch für die in der vorstehenden
Rn. 59 genannten maßgeblichen Verkehrskreise, die die Buchstabengruppen „sele“ und
„sel“ in den einander gegenüberstehenden Marken als Hinweis auf Selen wahrnehmen,
eine Verwechslungsgefahr besteht.
75
Allerdings betreffen, was diesen Teil der maßgeblichen Verkehrskreise angeht, die
Ähnlichkeiten im ersten Teil der einander gegenüberstehenden Marken einen
beschreibenden Bestandteil, der weniger geeignet ist, die Herkunft der Waren eines
bestimmten Unternehmens zu bestimmen und damit diese Waren von denen anderer
Unternehmen zu unterscheiden. Diese Ähnlichkeiten müssen daher im Verhältnis zu
dem beschreibenden Charakter des Bestandteils, den sie betreffen, gesehen werden
(Urteil vom 23. Oktober 2013, Bode Chemie/HABM – Laros [sterilina], T‑114/12,
EU:T:2013:551, Rn. 32).
76
Bei den einander gegenüberstehenden Zeichen ergeben sich die visuellen
Ähnlichkeiten nicht nur aus ihrem übereinstimmenden Anfang, sondern auch aus ihrem
übereinstimmenden Ende sowie ihrer identischen Länge und die klanglichen
Ähnlichkeiten nicht nur aus ihrem übereinstimmenden Anfang, sondern auch aus ihrem
übereinstimmenden Ende sowie ihrem identischen Sprech- und Betonungsrhythmus.
77
Die Klägerin meint, die klanglichen und visuellen Ähnlichkeiten zwischen den einander
gegenüberstehenden Marken würden durch die begrifflichen Unterschiede zwischen den
beiden Zeichen neutralisiert. Insoweit ist darauf hinzuweisen, dass die umfassende
Beurteilung der Verwechslungsgefahr zwar impliziert, dass die begrifflichen
Unterschiede zwischen zwei Zeichen die zwischen ihnen bestehenden klanglichen und
visuellen Ähnlichkeiten neutralisieren können, wenn zumindest eines der Zeichen aus
Sicht der maßgeblichen Verkehrskreise eine eindeutige und bestimmte Bedeutung hat,
so dass diese Verkehrskreise sie ohne Weiteres erfassen können (Urteile vom 18.
Dezember 2008, Les Éditions Albert René/HABM, C‑16/06 P, Slg, EU:C:2008:739,
Rn. 98, und vom 14. Oktober 2003, Phillips‑Van Heusen/HABM – Pash Textilvertrieb
und Einzelhandel [BASS], T‑292/01, Slg, EU:T:2003:264, Rn. 54). Jedoch besteht für die
maßgeblichen Verkehrskreise, die nicht nur in der Buchstabengruppe „sele“ in der
älteren Marke SELESYN, sondern auch in der Buchstabengruppe „sel“ in der
angemeldeten Marke SELOGYN einen Hinweis auf Selen sehen, kein begrifflicher
Unterschied zwischen diesen beiden Marken. Für diese maßgeblichen Verkehrskreise
besteht vielmehr eine gewisse begriffliche Ähnlichkeit, die allerdings nur sehr
eingeschränkt ins Gewicht fällt, da sie einen kennzeichnungsschwachen Bestandteil der
einander gegenüberstehenden Marken betrifft und jedenfalls die Marken als Ganzes im
Deutschen keine Bedeutung haben.
Deutschen keine Bedeutung haben.
78
In Anbetracht der Identität oder Ähnlichkeit der in Rede stehenden Waren, der visuellen
und klanglichen Ähnlichkeiten der einander gegenüberstehenden Marken, die sich nicht
auf einen beschreibenden Bestandteil beschränken, und einer eingeschränkten
begrifflichen Ähnlichkeit ist festzustellen, dass für diesen Teil der maßgeblichen
Verkehrskreise eine Verwechslungsgefahr im Sinne von Art. 8 Abs. 1 Buchst. b der
Verordnung Nr. 207/2009 nicht ausgeschlossen werden kann.
79
Der einzige Klagegrund ist daher zurückzuweisen.
80
Da der einzige Klagegrund, den die Klägerin angeführt hat, nicht durchgreift, ist die
Klage abzuweisen.
Kosten
81
Nach Art. 87 § 2 der Verfahrensordnung ist die unterliegende Partei auf Antrag zur
Tragung der Kosten zu verurteilen. Da die Klägerin unterlegen ist, sind ihr gemäß den
Anträgen des HABM und der Streithelferin deren Kosten aufzuerlegen.
Aus diesen Gründen hat
DAS GERICHT (Neunte Kammer)
für Recht erkannt und entschieden:
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Die Selo Medical GmbH trägt die Kosten.
Berardis
Czúcz
Popescu
Verkündet in öffentlicher Sitzung in Luxemburg am 12. Dezember 2014.
Unterschriften
Verfahrenssprache: Deutsch.