Urteil des BVerwG vom 29.01.2015

BVerwG: grundstück, gemeinde, satzung, bauland, vorrang, grünfläche, rechtssicherheit, abgrenzung, bebauungsplan, beitragspflicht

BVerwG 9 C 9.13 [
ECLI:DE:BVerwG:2014:121114U9C9.13.0
]
Rechtsquellen:
BauGB § 34 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1, § 131 Abs. 1 Satz 1,
§ 133 Abs. 1
Stichworte:
Erschließungsbeitrag; Erschließungsvorteil; Erschlossensein; Tiefenbegrenzung; Klarstellungssatzung; Außenbereich.
Leitsatz:
Parallelentscheidung zu BVerwG 9 C 7.13
BUNDESVERWALTUNGSGERICHT
IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
BVerwG 9 C 9.13
VG Köln - 05.10.2010 - AZ: VG 17 K 3120/09
OVG Münster - 08.08.2013 - AZ: OVG 15 A 2656/10
In der Verwaltungsstreitsache hat der 9. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
auf die mündliche Verhandlung vom 12. November 2014
durch den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. Bier,
den Richter am Bundesverwaltungsgericht Prof. Dr. Korbmacher,
die Richterinnen am Bundesverwaltungsgericht Dr. Rudolph und Dr. Bick
und den Richter am Bundesverwaltungsgericht Steinkühler
für Recht erkannt:
Der Beschluss des Oberverwaltungsgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen vom 8. August 2013 wird geändert. Die Berufung
der Beklagten gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Köln vom 5. Oktober 2010 wird zurückgewiesen.
Im Übrigen wird die Revision der Klägerin zurückgewiesen.
Die Klägerin trägt 6/7 und die Beklagte 1/7 der Kosten des Berufungs- und Revisionsverfahrens.
Gründe
I
1 Die Klägerin wendet sich gegen ihre Heranziehung zu einer Vorausleistung auf einen Erschließungsbeitrag für die Erschließungsanlage „L. -
Straße Ost - von Einmündung L 101 bis Ausbauende“.
2 Sie ist Eigentümerin des 10 953 m² großen, mit einem eingeschossigen Wohnhaus und verschiedenen nicht Wohnzwecken dienenden
Gebäuden bebauten Grundstücks L. 1 - 3 (Gemarkung D., Flur 4, Flurstück 288), das teilweise innerhalb des Geltungsbereichs der von der Stadt
W. für die Ortslage L. erlassenen Klarstellungssatzung vom 27. September 2004 liegt. Das Grundstück grenzt mit seiner Westseite an die
abzurechnende Erschließungsanlage an, mit seiner Nordseite an die L 101. Die Erschließungsbeitragssatzung der Beklagten enthält eine
Tiefenbegrenzungsregelung. Danach gilt als Grundstücksfläche bei unbeplanten oder nicht qualifiziert beplanten Grundstücken, die an die
Verkehrsanlage angrenzen, die Fläche zwischen der Verkehrsanlage und der in einem Abstand von 50 m dazu verlaufenden Parallele, sofern die
bauliche oder gewerbliche Nutzung die Tiefenbegrenzung nicht überschreitet.
3 Mit Vorausleistungsbescheid vom 27. April 2009 zog die Beklagte die Klägerin zu Vorausleistungen auf den Erschließungsbeitrag in Höhe
von 34 451,86 € heran. Sie legte dabei unter Berücksichtigung der Tiefenbegrenzung eine Teilfläche von 2 266,91 m² zugrunde. Die Klägerin
wandte dagegen ein, ihr Grundstück habe bei der Aufwandsverteilung nur mit der innerhalb der Klarstellungssatzung liegenden
Grundstücksfläche berücksichtigt werden dürfen.
4 Das Verwaltungsgericht hat den Bescheid mit Urteil vom 5. Oktober 2010 aufgehoben, soweit darin eine Vorausleistung von mehr als 29
625,17 € festgesetzt worden ist. Zur Begründung hat es ausgeführt, die Festlegung der Grenzen des Innenbereichs durch die Klarstellungssatzung
sei auch für das Erschließungsbeitragsrecht maßgeblich und gehe der Tiefenbegrenzungsregelung vor. Letztere könne niemals Grundlage sein,
eine im Außenbereich liegende Teilfläche eines Grundstücks erweiternd in die Verteilung einzubeziehen.
5 Das Oberverwaltungsgericht hat gegen dieses Urteil sowohl die Berufung der Klägerin als auch der Beklagten zugelassen.
6 Mit Beschluss vom 8. August 2013 hat das Oberverwaltungsgericht die Berufung der Klägerin, mit der diese u.a. die Höhe des
Erschließungsaufwandes gerügt und die Einbeziehung weiterer Grundstücke in die Verteilmasse gefordert hatte, zurückgewiesen. Auf die
Berufung der Beklagten hat es das angefochtene Urteil geändert und die Klage insgesamt abgewiesen. Die räumliche Erschließungswirkung
einer Straße ende nicht dort, wo der Außenbereich beginne, also hinter dem letzten Baukörper, sondern da, wo für ein großes Baugrundstück
eine Gebrauchswerterhöhung durch die Gebrauchsvorteile an der Straße nicht mehr feststellbar sei. Es sei für die Beitragspflicht unerheblich, dass
auf den im Außenbereich liegenden Teilflächen der Grundstücke nicht gebaut werden dürfe, da der betroffene Eigentümer mit der ihm
ermöglichten wohnakzessorischen Nutzung einen Vorteil auch von den Außenbereichsflächen seines Grundstücks habe. Die Tiefenbegrenzung
habe daher nicht die Funktion, den Innen- vom Außenbereich typisierend abzugrenzen. Das könne schon deshalb nicht der Fall sein, weil der
Bebauungszusammenhang regelmäßig am letzten Baukörper ende, dieser aber in der Regel vor der üblichen satzungsrechtlichen
Tiefenbegrenzung liege. Voraussetzung für eine Veranlagung sei zwar, dass ein Grundstück bebaut oder Bauland sei, nicht aber, dass es in seiner
vollen Länge in einem im Zusammenhang bebauten Ortsteil liege. Die Klarstellungssatzung spiegele dagegen den tatsächlich vorhandenen
Verlauf der Grenze zwischen Innen- und Außenbereich wider; ihr sei daher im Erschließungsbeitragsrecht keine relevante Bedeutung hinsichtlich
des Umfangs der erschlossenen Grundstücksflächen beizumessen.
7 Gegen diesen Beschluss richtet sich die Revision der Klägerin. Zur Begründung trägt sie vor: Die Entscheidung des Berufungsgerichts führe
dazu, dass das Erschließungsbeitragsrecht vom Bauplanungsrecht abgekoppelt werde und in Widerspruch zu diesem gerate. Die Auffassung des
Berufungsgerichts missachte den durch die Klarstellungssatzung eindeutig zum Ausdruck gekommenen planerischen Willen der Gemeinde. Das
Oberverwaltungsgericht weiche damit von der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts ab, wonach ein Grundstück im Außenbereich
erschließungsbeitragsrechtlich nicht als Bauland herangezogen werden könne. Die Länge der Erschließungsanlage sei willkürlich festgelegt
worden; sie ende in Höhe des Flurstücks 101, obwohl sich unmittelbar danach Wohnbebauung befinde.
8 Die Klägerin beantragt,
den Beschluss des Oberverwaltungsgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen vom 8. August 2013 sowie das Urteil des Verwaltungsgerichts
Köln vom 5. Oktober 2010 zu ändern und den Vorausleistungsbescheid der Beklagten vom 27. April 2009 insgesamt aufzuheben.
hilfsweise: den Beschluss des Oberverwaltungsgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen vom 8. August 2013 zu ändern und die Berufung der
Beklagten gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Köln vom 5. Oktober 2010 zurückzuweisen.
9 Die Beklagte beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
10 Sie verteidigt den angefochtenen Beschluss.
II
11 Die Revision ist entgegen der Auffassung der Beklagten nicht deswegen nach § 139 Abs. 3 Satz 4, § 143 VwGO unzulässig, weil die
Revisionsbegründung als verletzte Bundesnorm lediglich den nach Ansicht der Beklagten nicht einschlägigen § 133 Abs. 3 BauGB nennt und im
Übrigen pauschal auf die §§ 127 ff. BauGB verweist. Dem formellen Begründungserfordernis ist Genüge getan, wenn die Verletzung einer
Rechtsnorm gerügt wird; ob die als verletzt bezeichnete Norm geeignet ist, das Revisionsvorbringen zu stützen, ist eine Frage der Begründetheit
(vgl. Urteil vom 9. Oktober 1996 - BVerwG 6 C 11.94 - BVerwGE 102, 95 <99>). Die Revisionsbegründung enthält auch eine hinreichend
verständliche Auseinandersetzung mit dem angefochtenen Beschluss.
12 Die Revision der Klägerin ist teilweise begründet. Der Beschluss des Berufungsgerichts verletzt Bundesrecht (§ 137 Abs. 1 Nr. 1 VwGO),
soweit es auf die Berufung der Beklagten der Auffassung ist, dass Grundstücke, die in den Außenbereich hineinragen, ungeachtet der durch eine
Klarstellungssatzung nach § 34 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 BauGB gezogenen Grenze mit ihrer gesamten Fläche bzw. maximal bis zur
satzungsrechtlichen Tiefenbegrenzung bei der Verteilung des Erschließungsaufwandes (§ 131 Abs. 1 Satz 1 BauGB) zu berücksichtigen sind.
Soweit es die Berufung der Klägerin zurückweist, ist der Beschluss dagegen bundesrechtlich nicht zu beanstanden.
13 1. Zutreffend ist das Berufungsgericht davon ausgegangen, dass die satzungsrechtliche Tiefenbegrenzung der Ermittlung der erschlossenen
Grundstücksflächen im Sinne des § 131 Abs. 1 Satz 1 BauGB dient.
14 a) Mit der Funktion der Tiefenbegrenzungsregelung hat sich der Senat zuletzt in seinem Urteil vom 1. September 2004 - BVerwG 9 C 15.03 -
(BVerwGE 121, 365, bekräftigt durch Beschluss vom 26. April 2006 - BVerwG 9 B 1.06 - Buchholz 406.11 § 131 BauGB Nr. 117 Rn. 5)
befasst. Dabei hat er ausgehend von dem der ständigen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zugrunde liegenden baurechtlichen
Vorteilsbegriff (hierzu und zu der Kritik an diesem Begriff Storost, DVBl 2005, 1004) die Notwendigkeit einer Tiefenbegrenzung unmittelbar
aus § 131 Abs. 1 Satz 1 BauGB hergeleitet. Die Tiefenbegrenzung spricht die Frage an, bis zu welcher Tiefe ein Grundstück in
erschließungsbeitragsrechtlich relevanter Weise nutzbar und deshalb erschlossen im Sinne des § 131 Abs. 1 Satz 1 BauGB ist. Da die
Erschließung darin besteht, einem Grundstück die Zugänglichkeit zur Erschließungsanlage in einer auf die bauliche oder gewerbliche Nutzbarkeit
des Grundstücks gerichteten Funktion zu vermitteln (Urteile vom 25. Juni 1969 - BVerwG 4 C 14.68 - BVerwGE 32, 226 <227> und vom 7.
Oktober 1977 - BVerwG 4 C 103.74 - Buchholz 406.11 § 131 BBauG Nr. 25 S. 37), liegt bei besonders tiefen Grundstücken wegen
mangelnder baulicher oder sonstiger erschließungsbeitragsrechtlich relevanter Ausnutzbarkeit hinsichtlich ihrer Übertiefe ein Erschlossensein im
Sinne des § 131 Abs. 1 Satz 1 BauGB nicht vor. Das hat zur Folge, dass diese Grundstücke mit ihren von der Erschließung nicht mehr
betroffenen Teilen an der Verteilung des beitragsfähigen Aufwandes nicht beteiligt sind (Urteile vom 10. Juni 1981 - BVerwG 8 C 20.81 -
BVerwGE 62, 308 <315> und vom 1. September 2004 a.a.O. S. 367 f.). Die Anordnung einer Tiefenbegrenzung dient mithin, ebenso wie die
gesetzliche Bestimmung des maßgeblichen Grundstücksbegriffs, der Ermittlung der erschlossenen Grundstücksflächen im Sinne des § 131 Abs. 1
Satz 1 BauGB, auf die der Aufwand nach der satzungsrechtlichen Verteilungsregelung umzulegen ist (vgl. Urteil vom 19. Februar 1982 -
BVerwG 8 C 27.81 - BVerwGE 65, 61 <65>).
15 Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts ist die Gemeinde nicht verpflichtet, eine Tiefenbegrenzungsregelung in
ihre Satzung aufzunehmen. Sie kann vielmehr auch in jedem Einzelfall gemäß § 131 Abs. 1 Satz 1 BauGB entscheiden, inwieweit ein
Grundstück erschlossen ist. Entscheidet sich die Gemeinde für diesen Weg, so kann das allerdings in erhöhtem Maße zu
Meinungsverschiedenheiten führen. Denn die Bestimmung der Grenze von Ausnutzbarkeit und Erschließungsvorteil bei übermäßig tiefen
Grundstücken bewegt sich naturgemäß innerhalb einer gewissen Bandbreite und wird nicht immer leicht zu treffen sein (Urteile vom 10. Juni
1981 a.a.O. und vom 19. Februar 1982 a.a.O.). Aus diesem Grund hat das Bundesverwaltungsgericht im Interesse der Rechtssicherheit und der
Verwaltungspraktikabilität mehrfach entschieden, dass die Anordnung einer Tiefenbegrenzung für unbeplante Gebiete durch Satzung zulässig ist.
Sie begründet dann, sofern sie sich an der ortsüblichen baulichen Nutzung orientiert, eine Vermutung dafür, dass im unbeplanten Innenbereich
alle Grundstücke bis zur festgesetzten Tiefengrenze erschlossen sind und jenseits der Grenze ein Erschließungsvorteil wegen fehlender
Ausnutzbarkeit nicht gegeben ist (Urteile vom 30. Juli 1976 - BVerwG 4 C 65.74 und 4 C 66.74 - Buchholz 406.11 § 131 BauGB Nr. 15 S. 9 f.,
vom 19. Februar 1982 a.a.O. S. 66 und vom 1. September 2004 a.a.O. S. 369).
16 b) Das Berufungsgericht hat richtig erkannt, dass der Anwendungsbereich einer satzungsrechtlichen Tiefenbegrenzung nicht darauf
beschränkt ist, den Innen- vom Außenbereich abzugrenzen.
17 Der Senat hat bereits in seinem Urteil vom 1. September 2004 (a.a.O. S. 370) ausgeführt, dass es an einem tragfähigen Grund mangelt, die
Zulässigkeit einer satzungsrechtlichen Tiefenbegrenzung auf einen wie auch immer gearteten „Randbereich“ des unbeplanten Innenbereichs im
Übergang zum Außenbereich zu beschränken. Daran ist festzuhalten. Der in der Entscheidung vom 1. September 2004 (a.a.O. S. 369) zu
findende Hinweis auf die „Anwendungsschwierigkeiten des § 34 BauGB“ lässt keinen anderen Schluss zu. Auch und gerade in „zentralen“
Innenbereichslagen wird die Frage, welcher Bereich als maßgebliche nähere Umgebung im Sinne des § 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB anzusehen ist,
insbesondere die Frage, wo die rückwärtige „faktische Baugrenze“ verläuft, vielfach nicht einfach zu beantworten sein (vgl. Beschlüsse vom 28.
September 1988 - BVerwG 4 B 175.88 - Buchholz 406.11 § 34 BBauG/BauGB Nr. 128, vom 23. November 1998 - BVerwG 4 B 29.98 -
Buchholz 406.11 § 34 BauGB Nr. 192 S. 77 f. und vom 13. Mai 2014 - BVerwG 4 B 38.13 - ZfBR 2014, 574). Um diese Unsicherheiten zu
vermeiden und die ortsübliche Bebauungstiefe eines unbeplanten Innenbereichs im Interesse der Rechtssicherheit und Verwaltungspraktikabilität
für die Beitragserhebung generell festzulegen, bieten sich satzungsrechtliche Tiefenbegrenzungen an.
18 Die Kritik, es sei offensichtlich, dass sehr tiefe und damit sehr viel größere Grundstücke in der Regel eine erheblich größere bauliche
Ausnutzbarkeit besäßen und sich daher das Ausmaß der ermittelten Erschließungsvorteile erheblich voneinander unterscheide (Driehaus,
Erschließungs- und Ausbaubeiträge, 9. Aufl. 2012, § 17 Rn. 36 und Uechtritz, VBlBW 2006, 178 <181 f.>), berücksichtigt nicht hinreichend,
dass die Regelhaftigkeit der Beziehung zwischen zulässiger baulicher Nutzung und Grundstücksgröße - insbesondere im Hinblick auf die
Festsetzung von Grund- und Geschossflächenzahlen - nur in (qualifiziert) beplanten Gebieten gegeben ist, während in unbeplanten Gebieten
auch sehr tiefe Grundstücke nicht regelmäßig stärker ausgenutzt werden können als weniger tiefe Grundstücke. Die Beantwortung der Frage, ob
sich eine Bebauung nach Art und Maß der Nutzung, der Bauweise und der Grundstücksfläche, die überbaut werden soll, in die nähere
Umgebung einfügt (§ 34 Abs. 1 BauGB), hängt nicht in erster Linie und schon gar nicht regelhaft von der Tiefe des jeweiligen Grundstücks ab,
sondern von der tatsächlich vorhandenen Umgebungsbebauung. Was insbesondere das Maß der Nutzung betrifft, prägt vorrangig die absolute
Größe der vorhandenen Gebäude nach Grundfläche, Geschosszahl und Höhe, bei offener Bebauung zusätzlich auch ihr Verhältnis zur
umgebenden Freifläche, das Bild der maßgebenden Umgebung; den relativen Maßstäben der Grundflächen- und Geschossflächenzahl kommt
dagegen im unbeplanten Innenbereich - wenn überhaupt - nur eine untergeordnete Bedeutung zu (Urteil vom 23. März 1994 - BVerwG 4 C
18.92 - BVerwGE 95, 277 <278 f.>; Beschluss vom 3. April 2014 - BVerwG 4 B 12.14 - ZfBR 2014, 493). Ein übertiefes Grundstück wird
daher in der Regel nicht über die von den benachbarten, weniger tiefen Grundstücken geprägte rückwärtige Baugrenze hinaus bebaubar sein und
damit auch keinen größeren Erschließungsvorteil haben.
19 2. Mit Bundesrecht nicht vereinbar ist hingegen die Annahme des Berufungsgerichts, dass Grundstücke, die teilweise im Außenbereich liegen,
auch mit der in den Außenbereich hineinragenden Fläche bis zu einer satzungsrechtlichen Tiefenbegrenzung bei der Verteilung des
Erschließungsaufwandes (§ 131 Abs. 1 Satz 1 BauGB) zu berücksichtigen sind.
20 a) Die nach Maßgabe des § 131 Abs. 1 BauGB in Verbindung mit § 131 Abs. 2 und 3 BauGB vorzunehmende Verteilung des umlagefähigen
Erschließungsaufwands für eine beitragsfähige Erschließungsanlage ist auf das Ziel der Beitragserhebung ausgerichtet. Um eine Belastung der
Gemeinde mit nicht umlagefähigen Kosten zu vermeiden, müssen schon bei der Aufwandsverteilung alle Grundstücke unberücksichtigt bleiben,
die generell ungeeignet sind, eine Beitragspflicht im Sinne des § 133 Abs. 1 BauGB auszulösen. Infolgedessen fallen nach der ständigen
Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts Grundstücke nicht unter § 131 Abs. 1 BauGB, wenn sie unfähig sind, die Voraussetzungen des
§ 133 Abs. 1 BauGB jemals zu erfüllen (Urteile vom 1. Februar 1980 - BVerwG 4 C 43.76 - Buchholz 406.11 § 131 BBauG Nr. 32 S. 63 und
vom 14. Februar 1986 - BVerwG 8 C 115.84 - Buchholz 406.11 § 133 BBauG Nr. 95 S. 63). Die Prüfung, ob ein Grundstück durch eine
bestimmte beitragsfähige Erschließungsanlage im Sinne des § 131 Abs. 1 Satz 1 BauGB erschlossen wird, muss sich demnach darauf erstrecken,
ob aufgrund der gegebenen rechtlichen und tatsächlichen Verhältnisse die Annahme gerechtfertigt ist, dieses Grundstück werde auch die
Voraussetzungen des § 133 Abs. 1 BauGB erfüllen können. Das trifft für Grundstücke, die im Außenbereich liegen, nicht zu. Grundstücke, „für
die eine bauliche oder gewerbliche Nutzung festgesetzt ist“ (§ 133 Abs. 1 Satz 2 BauGB), sind ausschließlich Grundstücke in qualifiziert
beplanten Gebieten. Außenbereichsgrundstücke sind aber ungeachtet ihrer potentiell nicht ausgeschlossenen Bebaubarkeit auch nicht nach der
Verkehrsauffassung „Bauland“, und erst recht stehen sie nicht „nach der geordneten baulichen Entwicklung der Gemeinde zur Bebauung“ an (§
133 Abs. 1 Satz 2 BauGB). Das entspricht der ständigen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts und gilt auch dann, wenn ein
Außenbereichsgrundstück tatsächlich bebaut ist, weil vorweg bereits feststeht, dass es aus Rechtsgründen an der zu § 133 Abs. 1 Satz 2 BauGB
hinführenden Bebaubarkeit fehlt (Urteil vom 14. Februar 1986 a.a.O. S. 64 m.w.N.).
21 b) Diese Grundsätze finden entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts nicht nur bei insgesamt im Außenbereich liegenden
Grundstücken Anwendung, sondern auch dann, wenn nur eine Teilfläche eines im Übrigen im Innenbereich liegenden Grundstücks in den
Außenbereich hineinragt. Die Annahme des Oberverwaltungsgerichts, auf die bauplanungsrechtliche Situation eines Grundstücks komme es nur
für die Frage an, ob es überhaupt erschlossen sei, während sich der Umfang der Erschließung ausschließlich nach beitragsrechtlichen Maßstäben
richte, ist mit Bundesrecht nicht vereinbar.
richte, ist mit Bundesrecht nicht vereinbar.
22 Wie der Senat bereits in seinem Urteil vom 1. September 2004 (a.a.O. S. 368) klargestellt hat, ist ein Grundstück im Sinne des § 131 Abs. 1
BauGB nur erschlossen, wenn und soweit ihm durch diese Straße entweder eine Bebaubarkeit oder eine der Bebaubarkeit
erschließungsbeitragsrechtlich gleichgestellte Nutzbarkeit vermittelt wird. Grundstücke unabhängig vom Umfang der Erschließungswirkung an
den Kosten der Erschließungsmaßnahme zu beteiligen, widerspräche der Funktion des Erschließungsbeitragsrechts, einen Ausgleich für die dem
betroffenen Grundstück durch die Erschließungsanlage vermittelte bauliche oder gewerbliche Ausnutzbarkeit herzustellen. Dies wäre jedoch der
Fall, würde man Grundstücksflächen, die im Außenbereich liegen und die daher nicht durch die Anbaustraße erschlossen werden, in die
Aufwandsverteilung einbeziehen. Etwas anderes folgt auch nicht daraus, dass sich nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts der
Umfang der erschlossenen Fläche im Sinne des § 131 Abs. 1 Satz 1 BauGB grundsätzlich nicht verringert, wenn die überbaubare Fläche eines
beplanten Grundstücks durch die Festsetzung von Baulinien, Baugrenzen oder Bebauungstiefen gemäß § 23 BauNVO oder durch Abstands- und
Anbauverbote etwa gemäß § 9 Abs. 1 und 2 FStrG beschränkt ist. Zum einen kann so gut wie niemals die gesamte Grundstücksfläche der
baulichen Nutzung zugeführt werden und sollen Regelungen dieser Art nicht auf das Maß der baulichen Nutzung, sondern lediglich auf den
Standort der baulichen Anlagen Einfluss nehmen, zum anderen wird bei der Planung regelmäßig auf ein angemessenes Verhältnis zwischen der
Grundstücksgröße und dem Grad der Bebaubarkeit geachtet (§ 1a Abs. 1 BauGB), so dass für ein Bauvorhaben durchweg mehr Fläche zur
Verfügung stehen muss, als für die bauliche Anlage als solche benötigt wird (Urteil vom 1. September 2004 a.a.O. S. 371 f.). Eine ähnliche
Regelhaftigkeit zwischen Grundstücksgröße und Ausnutzbarkeit besteht - wie schon erwähnt - im unbeplanten Innenbereich nicht und fehlt erst
recht, wenn und soweit ein Grundstück im Außenbereich liegt.
23 Abweichendes ergibt sich schließlich auch nicht daraus, dass nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts die Ausweisung einer
Teilfläche als „private Grünfläche“ im beplanten Gebiet in der Regel den Umfang des Erschlossenseins eines Grundstücks unberührt lässt. Zwar
hat das Bundesverwaltungsgericht zur Begründung der Erschließungswirkung in dieser Fallgestaltung darauf abgestellt, dass „private
Grünflächen“ im Gegensatz zu festgesetzten „öffentlichen Grünflächen“ einer erschließungsbeitragsrechtlich relevanten Nutzung als Hausgarten
zugänglich seien, und aus diesem Grund eine von der Anbaustraße vermittelte Erschließungswirkung bejaht (Beschluss vom 29. November 1994
- BVerwG 8 B 171.94 - Buchholz 406.11 § 131 BauGB Nr. 95 S. 35 f.). An einer solchen Erstreckung der Erschließungswirkung auf nicht
bebaubare Teile eines Grundstücks fehlt es aber bei Außenbereichsflächen auch dann, wenn die betroffenen Flächen tatsächlich
wohnakzessorisch genutzt werden können. Eine im Außenbereich liegende Grundstücksfläche befindet sich in einer grundsätzlich anderen
baurechtlichen Situation als ein in einem qualifiziert beplanten Gebiet liegendes Grundstück, für das der Bebauungsplan hinsichtlich einer
Teilfläche eine „private Grünfläche“ festsetzt. Die „private Grünfläche“ ist, auch wenn sie nicht Bauland im Sinne des § 19 Abs. 3 BauNVO
darstellt, Teil eines durch einen qualifizierten Bebauungsplan als Baugebiet ausgewiesenen Grundstücks. Nur deshalb ist der Weg eröffnet, für
diese Teilfläche auf eine erschließungsbeitragsrechtlich relevante Nutzungsmöglichkeit abzustellen. Dies ist bei einem Außenbereichsgrundstück,
aber auch bei einer im Außenbereich liegenden Teilfläche eines im Übrigen im unbeplanten Innenbereich liegenden Grundstücks nicht der Fall.
Die wohnakzessorische Nutzungsmöglichkeit besteht in einer solchen Fallgestaltung losgelöst von der durch die Erschließungsanlage vermittelten
erschließungsbeitragsrechtlich relevanten Nutzbarkeit (vgl. Urteil vom 14. Februar 1986 a.a.O. S. 64 f.). Die Anbaustraße vermittelt mit anderen
Worten einem teilweise im unbeplanten Innenbereich und teilweise im Außenbereich liegenden Grundstück hinsichtlich des im Außenbereich
liegenden Grundstücksteils keinen Vorteil, der eine Beteiligung an den Kosten der Herstellung der Erschließungsanlage rechtfertigt.
24 c) Die hier vertretene Auffassung ist unter dem übergeordneten Gesichtspunkt des Gleichheitssatzes (Art. 3 Abs. 1 GG) nicht zu beanstanden.
Soweit es das Berufungsgericht als gleichheitswidrig ansieht, wenn Grundstücke, deren Teilflächen in den Außenbereich ragen, abhängig vom
Zufall des Erlasses einer Klarstellungssatzung entweder mit ihrer (vorbehaltlich einer Tiefenbegrenzung) kompletten Fläche oder nur bis zur in
der Satzung bestimmten Grenze in die Verteilung des beitragsfähigen Erschließungsaufwands einbezogen würden, liegt diesen Bedenken die -
wie oben ausgeführt - unzutreffende Annahme zugrunde, Außenbereichsflächen könnten überhaupt erschlossen im Sinne des § 131 Abs. 1 Satz
1 BauGB sein. Das Fehlen einer Satzung nach § 34 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 BauGB hat vielmehr für die Bestimmung des Anteils an den
Erschließungskosten lediglich zur Folge, dass die Abgrenzung von Innen- und Außenbereich gesondert in jedem Einzelfall vorzunehmen ist.
25 Auch die Überlegung des Oberverwaltungsgerichts, dass bei Vorliegen einer Klarstellungssatzung nur die bis zur letzten Gebäudewand
reichende Fläche, bei einer Tiefenbegrenzung aber auch die wohnakzessorisch genutzten Außenbereichsflächen zum Erschließungsbeitrag
herangezogen würden, führt im Ergebnis nicht auf einen Verstoß gegen den Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG.
26 Nicht auszuschließen ist, dass bei einer satzungsrechtlichen Tiefenbegrenzung die erschlossenen Flächen großzügiger bemessen werden als
bei einer jedes Grundstück in den Blick nehmenden Einzelfallentscheidung der Gemeinde oder im Falle des Erlasses einer Klarstellungssatzung.
Hierin liegt allerdings kein Verstoß gegen den Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG. Die satzungsrechtliche Tiefenbegrenzung muss zur
Einhaltung des Vorteilsprinzips und zur Beachtung des Gleichbehandlungsgrundsatzes an Kriterien für eine möglichst realitätsnahe Abgrenzung
der bevorteilten von den nicht mehr bevorteilten Flächen ausgerichtet werden und auf einer sorgfältigen Ermittlung der örtlichen Verhältnisse
beruhen (vgl. OVG Greifswald, Urteil vom 14. September 2010 - 4 K 12/07 - KStZ 2011, 215). Wird die satzungsrechtliche Regelung diesen
Anforderungen gerecht, weil sich die Gemeinde bei der Festlegung der Tiefenbegrenzung realitätsgerecht an den in der Gemeinde typischen
Grundstücksverhältnissen orientiert hat, ist die gleichwohl mögliche Einbeziehung von Flächen, die bei einer Ermittlung der Reichweite des
Erschließungsvorteils durch eine Einzelfallentscheidung oder bei Erlass einer Klarstellungssatzung dem Außenbereich zuzurechnen wären, von
der Typisierungsbefugnis der Gemeinde gedeckt (zur Typisierungsbefugnis vgl. BVerfG, Beschluss vom 16. März 2005 - 2 BvL 7/00 -
BVerfGE 112, 268 <280> und Urteil vom 5. November 2014 - 1 BvF 3/11 - juris Rn. 66 m.w.N.). Deren Grenzen wären erst überschritten,
wenn die aus Gründen der Verwaltungspraktikabilität und Rechtssicherheit zulässige Typisierungsbefugnis zu einer mit den aus ihr
erwachsenden Vorteilen nicht mehr in einem angemessenen Verhältnis stehenden Ungleichheit der Belastung führen würde (BVerfG, Urteil vom
5. November 2014 a.a.O.). Dafür, dass dies im Falle einer auf einer ordnungsgemäßen Ermittlung der ortsüblichen Grundstücksverhältnisse
beruhenden satzungsrechtlichen Tiefenbegrenzung der Fall wäre, ist nichts ersichtlich.
27 Dies gilt umso mehr, als die Annahme des Oberverwaltungsgerichts, dass bei Vorliegen einer Klarstellungssatzung Hausgärten und sonstige
wohnakzessorisch genutzte Grundstücksflächen stets unberücksichtigt bleiben müssten, Bedenken begegnet. Das Berufungsgericht stützt sich für
seine Auffassung auf die ständige Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts, wonach der für die Abgrenzung von Innen- und
Außenbereich maßgebliche Bebauungszusammenhang in aller Regel am letzten Baukörper der Ortslage endet (vgl. Urteil vom 16. September
2010 - BVerwG 4 C 7.10 - Buchholz 406.11 § 34 BauGB Nr. 212 Rn. 12 m.w.N.). Dieser Grundsatz, der in erster Linie die Frage betrifft, ob
2010 - BVerwG 4 C 7.10 - Buchholz 406.11 § 34 BauGB Nr. 212 Rn. 12 m.w.N.). Dieser Grundsatz, der in erster Linie die Frage betrifft, ob
und unter welchen Voraussetzungen unbebaute Grundstücke in Ortsrandlagen noch Teil des Bebauungszusammenhangs sind, steht aber nicht
der Annahme entgegen, dass die typische wohnakzessorische Nutzung bebauter Grundstücke, insbesondere ein angemessener Hausgarten, noch
dem Innenbereich zugeordnet werden kann (Rieger, in: Schrödter, BauGB, 7. Aufl. 2006, § 34 Rn. 11; Dürr, in: Brügelmann, Kommentar zum
BauGB, Bd. 3, Stand Juli 2014, § 34 Rn. 20; Söfker, in: Ernst/Zinkahn/Bielenberg, BauGB, Bd. 2, Stand Juli 2014, § 34 Rn. 25; Johlen, KStZ
1996, 148 <149>; Jäde, in: Jäde/Dirnberger/Weiss, BauGB BauNVO, 7. Aufl. 2013, § 34 Rn. 19; OVG Saarlouis, Urteil vom 2. Oktober 1981 -
2 Z 2/80 - BRS 38 Nr. 73; OVG Bautzen, Urteil vom 23. Oktober 2000 - 1 D 33/00 - NVwZ-RR 2001, 426 <427>; OVG Schleswig, Urteil
vom 17. Mai 2001 - 1 K 21/98 - NVwZ-RR 2002, 485 <486> und OVG Magdeburg, Beschluss vom 18. August 2009 - 4 M 112/09 - juris Rn.
6).
28 Hiernach wird bei zutreffender Beurteilung der örtlichen Verhältnisse die typische wohnakzessorische Nutzung regelmäßig noch ganz oder
teilweise zum Innenbereich gehören. Damit hängt es aber nicht vom Zufall des Erlasses oder Nichterlasses einer Klarstellungssatzung ab, ob
diese Nutzung bei der Frage, wie weit die Erschließungswirkung einer Anbaustraße reicht, Berücksichtigung findet. Der vorliegende Fall
verdeutlicht gleichzeitig, dass die Festlegung der Tiefenbegrenzung eine sorgfältige Ermittlung der örtlichen Bebauungsverhältnisse durch den
Satzungsgeber erfordert und dieser prüfen muss, ob er eine für alle Grundstücke im Gemeindegebiet gleichermaßen geltende Tiefenbegrenzung
festlegen kann. Gegebenenfalls sind differenzierende Regelungen bei der konkreten Ausgestaltung der Tiefenbegrenzung notwendig (vgl. auch
Richarz, KStZ 2006, 1 <9>).
29 3. Aus dem Vorstehenden folgt, dass in dem hier vorliegenden Fall einer hinter der Tiefenbegrenzung zurückbleibenden Satzung nach § 34
Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 BauGB diese grundstücksbezogene und genauere satzungsrechtliche Regelung der stärker typisierenden Tiefenbegrenzung
als speziellere Regelung vorgeht. Die von der satzungsrechtlichen Tiefenbegrenzung ausgehende Vermutung, dass ein innerhalb der
Tiefenbegrenzung liegendes Grundstück dem unbeplanten Innenbereich zugehörig und von der Anbaustraße bis zur festgelegten Grenze
erschlossen ist, wird durch die Klarstellungssatzung nach § 34 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 BauGB widerlegt. Gegen den Vorrang der
Klarstellungssatzung in den Fällen der weiterreichenden Tiefenbegrenzung spricht auch nicht, dass eine fehlerhafte Festlegung der Grenze des im
Zusammenhang bebauten Ortsteils durch die Gemeinde einen im gerichtlichen Verfahren stets zu beachtenden Fehler darstellt, die
Klarstellungssatzung nach § 34 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 BauGB mit anderen Worten nur deklaratorischen Charakter hat und daher zwar die
öffentlichen Planungsträger und sonstige öffentliche Stellen, nicht jedoch die Gerichte bindet (vgl. Urteil vom 22. September 2010 - BVerwG 4
CN 2.10 - BVerwGE 138, 12 Rn. 14 m.w.N.; Driehaus, Erschließungs- und Ausbaubeiträge, 9. Aufl. 2012, § 17 Rn. 42). Eine danach mögliche
Unbeachtlichkeit einer Klarstellungssatzung im Einzelfall lässt deren generellen Vorrang unberührt.
30 Der Vorrang einer Klarstellungssatzung gilt hingegen nicht, wenn und soweit sie die satzungsrechtliche Tiefenbegrenzung überschreitet. Dann
scheidet zwar der jenseits der Klarstellungssatzung liegende Grundstücksteil als erschlossene Fläche aus. Hinsichtlich der im Innenbereich
liegenden Grundstücksfläche („zentrale Innenbereichslage“) ist dagegen allein die Tiefenbegrenzung maßgeblich für die Festlegung der
Reichweite der Erschließungswirkung. Insoweit und nur insoweit spielt die Klarstellungssatzung keine Rolle für die Bestimmung der
erschlossenen Fläche.
31 4. Der Vorrang der Klarstellungssatzung gegenüber der satzungsrechtlichen Tiefenbegrenzung hat zur Folge, dass der Beschluss des
Berufungsgerichts zu ändern und die Berufung der Beklagten gegen das erstinstanzliche Urteil zurückzuweisen ist. Der von der Klägerin mit der
Revision verfolgte weitergehende Anspruch auf Aufhebung des Vorausleistungsbescheides insgesamt bleibt dagegen ohne Erfolg. Soweit das
Oberverwaltungsgericht - von seinem Rechtsstandpunkt aus folgerichtig - die Frage nach der Bestimmtheit des Geltungsbereichs der
Klarstellungssatzung offengelassen hat, hat die Klägerin in der mündlichen Verhandlung hierzu zu Protokoll die Erklärung abgegeben, dass die
Richtigkeit der in der Klarstellungssatzung festgelegten Innen-/Außenbereichsgrenze aufgrund der vom Verwaltungsgericht getroffenen
Feststellungen nicht mehr in Frage gestellt werde. Mit ihrer weiteren Rüge, die Erschließungsanlage ende willkürlich in Höhe des Flurstücks 101,
obwohl sich unmittelbar danach weitere baulich genutzte Grundstücke befinden, greift sie die Aussage des Berufungsgerichts an, dass die
vorhandene Bebauung mit einem Altenteilerhaus auf dem an die Flurstücke 100 bis 101 angrenzenden Flurstück 103 angesichts der dazwischen
liegenden weiträumigen Freiflächen nicht mehr Teil der organischen Siedlungsstruktur sei und daher nicht am Bebauungszusammenhang
teilnehme. Warum diese Würdigung des Berufungsgerichts unzutreffend sein sollte mit der Folge, dass dem Berufungsgericht ein Fehler bei der
Anwendung materiellen Bundesrechts (§ 34 BauGB) vorzuwerfen wäre, legt die Revision nicht dar. Auch wenn man das Vorbringen als
Verfahrensrüge hinsichtlich der tatsächlichen Feststellungen des Oberverwaltungsgerichts versteht, kann die Revision keinen Erfolg haben. Zwar
könnte mit dem Argument einer objektiv willkürlichen Sachverhaltsfeststellung ein Verfahrensfehler gerügt werden (vgl. Beschluss vom 2.
September 2014 - BVerwG 8 PKH 2.13 - juris Rn. 8 m.w.N.). Es fehlt aber an jeder eine solche Schlussfolgerung rechtfertigenden Darlegung
durch die Klägerin.
32 5. Die Kostenentscheidung folgt aus § 155 Abs. 1 Satz 1 VwGO.
Dr. Bier
Prof. Dr. Korbmacher
Dr. Rudolph
Dr. Bick
Steinkühler