Urteil des BVerwG vom 25.10.2007

BVerwG: lehrer, teilzeitbeschäftigung, ausschluss, vollzeitbeschäftigung, gleichbehandlung, beamtenrecht, entlastung, bruchteil, rechtsverordnung, gleichstellung

Rechtsquellen:
GG
Art. 3 Abs. 1
BremBG
§ 71b
Brem. Verordnung über die Ermäßigung
der Unterrichtsverpflichtung
§ 2 Abs. 1, 2 und 4
RsprEinhG
§ 2 Abs. 1
Stichworte:
Ermäßigung der Unterrichtsverpflichtung der Lehrer; Ausschluss der Lehrer in
Altersteilzeit; besoldungs- und versorgungsrechtliche Vorteile der Altersteilzeit;
Saldierung von Vor- und Nachteilen im Rahmen der Prüfung des Gleichheits-
satzes; Vorlegung an den Gemeinsamen Senat.
Leitsatz:
Der allgemeine Gleichheitssatz gemäß Art. 3 Abs. 1 GG gebietet nicht, die für
ältere Lehrer vorgesehene Ermäßigung der wöchentlichen Unterrichtsverpflich-
tung auch beamteten Lehrern in Altersteilzeit zu gewähren.
Urteil des 2. Senats vom 25. Oktober 2007 - BVerwG 2 C 16.06
I. VG Bremen vom 25.05.2004 - Az.: VG 6 K 296/04 -
II. OVG Bremen vom 14.06.2006 - Az.: OVG 2 A 155/05 –
BUNDESVERWALTUNGSGERICHT
IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
Verkündet
BVerwG 2 C 16.06
am 25. Oktober 2007
OVG 2 A 155/05
Schütz
Justizhauptsekretärin
als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle
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In der Verwaltungsstreitsache
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hat der 2. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
auf die mündliche Verhandlung vom 25. Oktober 2007
durch den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht Albers,
die Richter am Bundesverwaltungsgericht Prof. Dr. Kugele, Groepper und
Dr. Heitz sowie die Richterin am Bundesverwaltungsgericht Thomsen
für Recht erkannt:
Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Oberver-
waltungsgerichts der Freien Hansestadt Bremen vom
14. Juni 2006 wird zurückgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des Revisionsverfahrens.
G r ü n d e :
I
Der Kläger steht als Lehrer im Amt eines Studienrats (Besoldungsgruppe A 13)
im Schuldienst der Beklagten. Er ist ausschließlich mit Unterrichtstätigkeit be-
schäftigt. Seine wöchentliche Unterrichtsverpflichtung beträgt 26 Stunden. Mit
Wirkung vom 1. Februar 2003 wurde ihm bis zum Erreichen der gesetzlichen
Altersgrenze Altersteilzeit mit einer fünfjährigen Phase der vollen Beschäftigung
und einer sich daran anschließenden fünfjährigen Phase der Freistellung vom
Dienst bewilligt (Blockmodell).
Den Antrag des Klägers, ihm die für ältere Lehrer vorgesehene Unterrichtser-
mäßigung zu gewähren, lehnte die Beklagte ab, weil Lehrer in Altersteilzeit
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hiervon ausdrücklich ausgenommen seien. Widerspruch, Klage und Berufung
des Klägers sind erfolglos geblieben. In dem Berufungsurteil hat das Oberver-
waltungsgericht im Wesentlichen ausgeführt:
Die Unterrichtsermäßigung von einer oder zwei Wochenstunden für ausschließ-
lich durch Unterrichtstätigkeit beschäftigte ältere Lehrer solle der beruflichen
Belastungssituation Rechnung tragen. Diese Arbeitserleichterung werde nach
der einschlägigen Rechtsverordnung zwar teilzeitbeschäftigten älteren Lehrern
mit mindestens den halben Regelpflichtstunden zur Hälfte, nicht jedoch Lehrern
in Altersteilzeit gewährt. Deren Ausschluss stelle keine gleichheitswidrige Be-
nachteiligung dar. Zum einen diene bereits die Altersteilzeit der beruflichen Ent-
lastung aus Altersgründen. Sie solle einen gleitenden Übergang in den Ruhe-
stand ermöglichen und Frühpensionierungen entgegenwirken. Zum anderen
ließen es die erheblichen besoldungs- und versorgungsrechtlichen Vorteile der
Altersteilzeit zu, den dadurch begünstigten Lehrern weitere altersbedingte kost-
spielige Vergünstigungen wie die Unterrichtsermäßigung vorzuenthalten.
Mit der Revision macht der Kläger die Verletzung des Gebots der Gleichbe-
handlung gemäß Art. 3 Abs. 1 GG geltend. Lehrer in Altersteilzeit seien den
besonderen altersbedingten Belastungen der Unterrichtstätigkeit ebenso wie
andere ältere Lehrer ausgesetzt.
Der Kläger beantragt,
die Urteile des Oberverwaltungsgerichts der Freien Han-
sestadt Bremen vom 14. Juni 2006 und des Verwaltungs-
gerichts der Freien Hansestadt Bremen vom 25. Mai 2004
sowie den Bescheid der Beklagten vom 4. November
2003 und deren Widerspruchsbescheid vom 16. Dezem-
ber 2003 aufzuheben und festzustellen, dass sich die wö-
chentliche Unterrichtsverpflichtung des Klägers aus Al-
tersgründen nach Maßgabe der für vollzeitbeschäftigte
Lehrkräfte geltenden Vorschriften ermäßigt.
Die Beklagte beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
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II
Die Revision des Klägers ist nicht begründet. Es verstößt nicht gegen den all-
gemeinen Gleichheitssatz gemäß Art. 3 Abs. 1 GG, Lehrern im Beamten-
verhältnis, die wie der Kläger Altersteilzeit in Anspruch nehmen, die für ältere
Lehrer ansonsten vorgesehene Unterrichtsermäßigung vorzuenthalten.
1. Nach der Bremischen Verordnung über die Ermäßigung der Unterrichtsver-
pflichtung und die Anrechnung bestimmter Aufgaben auf die Unterrichtsver-
pflichtung - UVpflErmäV - in der Fassung vom 8. August 2000 (BremGBl
S. 335) ermäßigt sich die wöchentliche Unterrichtsverpflichtung der ausschließ-
lich durch Unterrichtstätigkeit beschäftigten Lehrer (Regelpflichtstunden) von
dem auf die Vollendung des 55. Lebensjahres folgenden Schuljahr an um eine
Wochenstunde, von dem auf die Vollendung des 58. Lebensjahres folgenden
Schuljahr an um zwei Wochenstunden (§ 2 Abs. 1 Nr. 1 und 2 UVpflErmäV).
Teilzeitbeschäftigten mit mindestens den halben Regelpflichtstunden wird eine
Ermäßigung von einer halben bzw. einer Wochenstunde gewährt (§ 2 Abs. 2
Nr. 1 und 2 UVpflErmäV). Diese Regelungen sind trotz der Heraufsetzung der
Altersgrenzen auf die Vollendung des 58. bzw. 60. Lebensjahres durch die Än-
derungsverordnung vom 20. Juli 2005 (BremGBl S. 371) im Fall des Klägers
maßgebend, weil nach der Übergangsregelung des § 7a UVpflErmäV die Er-
mäßigung in der am 31. Juli 2005 geltenden Höhe gewahrt bleibt. Die Unter-
richtsverpflichtung ermäßigt sich bei Eintritt der normativen Voraussetzungen;
einer Bewilligung bedarf es nicht.
Die Unterrichtsermäßigung lässt die Arbeitszeit, d.h. die Zahl der wöchentlichen
Regelpflichtstunden, und die gemäß § 6 Abs. 1 BBesG daran anknüpfende Hö-
he der Dienstbezüge unberührt. Es handelt sich um eine Maßnahme der Ar-
beitserleichterung. Der Verordnungsgeber erlässt älteren Lehrern im Hinblick
auf die altersbedingten besonderen Belastungen der Unterrichtstätigkeit einen
geringen Teil ihrer Unterrichtsverpflichtung (Urteil vom 23. Juni 2005 - BVerwG
2 C 21.04 - BVerwGE 124, 11 <16>).
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2. Nach § 2 Abs. 4 UVpflErmäV wird die Unterrichtsermäßigung aus Alters-
gründen nicht für diejenigen Lehrer gewährt, die nach den Vorschriften des Be-
amtengesetzes oder den entsprechenden tarifvertraglichen Regelungen Teil-
zeitbeschäftigung aus Altersgründen in Anspruch nehmen. Diese Vorschrift ist
mit höherrangigem Recht vereinbar, soweit beamtete Lehrer wie der Kläger von
der Unterrichtsermäßigung ausgeschlossen werden.
Die Regelungen des § 2 UVpflErmäV halten sich im Rahmen der gesetzlichen
Verordnungsermächtigung gemäß § 16 Nr. 2 des Bremischen Lehrerarbeits-
zeitaufteilungsgesetzes - BremLAAufG - vom 17. Juni 1997 (BremGBl S. 218;
vgl. Urteil vom 23. Juni 2005 a.a.O. <13 f.>). Die Ausschlussregelung des § 2
Abs. 4 UVpflErmäV verstößt auch nicht gegen das Gebot der Gleichbehand-
lung gemäß Art. 3 Abs. 1 GG. Denn die Schlechterstellung der Lehrer in Al-
tersteilzeit gegenüber anderen älteren Lehrern, die die Voraussetzungen einer
Unterrichtsermäßigung gemäß § 2 Abs. 1 und 2, § 7a UVpflErmäV erfüllen, ist
durch sachliche Gründe gerechtfertigt. Dies gilt für beide Formen der Altersteil-
zeit, sowohl für das Blockmodell als auch für das Teilzeitmodell.
Der allgemeine Gleichheitssatz gemäß Art. 3 Abs. 1 GG gebietet, wesentlich
Gleiches gleich zu behandeln. Es bleibt dem Normgeber überlassen, aufgrund
autonomer Wertungen die Differenzierungsmerkmale auszuwählen, an die er
eine Gleich- oder Ungleichbehandlung anknüpft. Dabei hat er grundsätzlich
einen weiten Gestaltungsspielraum, wenn die Ungleichbehandlung nicht an ein
personenbezogenes, d.h. von den Betroffenen gar nicht oder nur schwer beein-
flussbares Merkmal, sondern an Lebenssachverhalte anknüpft oder von freiwil-
ligen Entscheidungen der Betroffenen abhängt. In diesem Fall ist Art. 3 Abs. 1
GG regelmäßig nur verletzt, wenn sich die Ungleichbehandlung als evident
sachwidrig erweist, weil sich im Hinblick auf die Eigenart des geregelten Sach-
bereichs ein vernünftiger, einleuchtender Grund für die Unterscheidung nicht
finden lässt (vgl. zum Ganzen Urteil vom 28. April 2005 - BVerwG 2 C 1.04 -
BVerwGE 123, 308 <313 f.> mit Nachweisen zur Rechtsprechung des Bundes-
verfassungsgerichts).
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Allerdings verlangt der allgemeine Gleichheitssatz auch hier die folgerichtige,
d.h. gleichmäßige Anwendung des gewählten Differenzierungsmerkmals. Der
Normgeber darf nur dann von den für maßgeblich erklärten Wertungen abwei-
chen, d.h. das selbst gewählte Regelungssystem zum Nachteil einer Personen-
gruppe aufgeben, wenn hierfür Gründe vorliegen, deren Gewicht die Abwei-
chung nach Art und Ausmaß rechtfertigt (Urteil vom 28. April 2005 a.a.O.
<314>).
Danach besteht ein erhöhter Rechtfertigungsbedarf für den Ausschluss der
Lehrer in Altersteilzeit gemäß § 2 Abs. 4 UVpflErmäV. Dieser knüpft zwar nicht
an ein personengebundenes Merkmal an, sondern ist Folge der bewussten und
freiwilligen Entscheidung, Altersteilzeit in Anspruch zu nehmen. Jedoch ist der
Verordnungsgeber zum Nachteil dieser Lehrer von seiner der Unterrichtsermä-
ßigung zugrunde liegenden Wertung abgewichen, den altersbedingten beson-
deren Belastungen der Unterrichtstätigkeit Rechnung zu tragen. Wie die Rege-
lungen gemäß § 2 Abs. 2 UVpflErmäV zeigen, hat der Verordnungsgeber ein
Entlastungsbedürfnis auch für teilzeitbeschäftigte ältere Lehrer mit mindestens
der halben Pflichtstundenzahl anerkannt. Daher kann Lehrern in Altersteilzeit,
die sich in der gleichen Belastungssituation befinden, das Entlastungsbedürfnis
nicht mit der Begründung abgesprochen werden, die Belastungen seien bereits
durch die Reduzierung der regelmäßigen Arbeitszeit gemindert. Dies gilt insbe-
sondere für Lehrer in der Phase der Vollzeitbeschäftigung des Blockmodells.
Der Ausschluss dieser Lehrer ist aber aufgrund der besoldungs- und versor-
gungsrechtlichen Vorteile der Altersteilzeit gerechtfertigt. Diese Vorteile sind in
die Gleichheitsprüfung gemäß Art. 3 Abs. 1 GG einzubeziehen:
Bei der Prüfung, ob die Schlechterstellung einer Personengruppe mit Art. 3
Abs. 1 GG vereinbar ist, sind die gerade dieser Gruppe gewährten Vorteile zu
berücksichtigen, wenn zwischen Vor- und Nachteilen ein innerer Zusammen-
hang besteht. Dies ist vor allem dann der Fall, wenn sich Vor- und Nachteile
aus einem einheitlichen normativen Regelungsgefüge ergeben. Der Normgeber
muss den Nachteil gerade im Hinblick auf einen bestimmten Vorteil angeordnet
haben und umgekehrt. Zudem muss es nach dem Normzweck der gesetzlichen
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Regelungen und der Eigenart des jeweiligen Regelungsbereichs sachlich ver-
tretbar sein, Vor- und Nachteile zu saldieren (vgl. BVerfG, Beschlüsse vom
15. Oktober 1985 - 2 BvL 4/83 - BVerfGE 71, 39 <57 ff.>, vom 18. November
1986 - 1 BvL 29 u.a./83 - BVerfGE 74, 9 <25> und vom 10. April 1997 - 2 BvL
77/92 - BVerfGE 96, 1 <8 f.>; zum Ganzen Haller, Die Verrechnung von Vor-
und Nachteilen im Rahmen von Art. 3 Abs. 1 GG, S. 303 ff.).
Der für die Saldierung erforderliche Sachzusammenhang zwischen Altersteilzeit
gemäß § 71b BremBG und Unterrichtsermäßigung gemäß § 2 UVpflErmäV
liegt darin, dass nach beiden Vorschriften der zeitliche Umfang der Dienstleis-
tung aufgrund des Lebensalters verringert wird. Der normative Regelungszu-
sammenhang ergibt sich daraus, dass der Landesgesetzgeber die Bewilligung
von Altersteilzeit für Beamte bewusst mit der Versagung der Unterrichtsermäßi-
gung verknüpft hat. Er hat sich dafür entschieden, diese Rechtsfolge zum in-
haltlich untrennbaren Bestandteil des Instituts der Altersteilzeit nach bremi-
schem Beamtenrecht zu machen.
Die Altersteilzeit für Beamte wurde durch § 71b des Bremischen Beamtenge-
setzes - BremBG - in der Fassung von Art. 2 Nr. 9 des Gesetzes der Änderung
dienstrechtlicher Vorschriften vom 2. März 1999 (BremGBl S. 33) mit Wirkung
vom 1. April 1999 eingeführt. Zu den Bewilligungsvoraussetzungen wird in der
amtlichen Gesetzesbegründung, der Mitteilung des Senats vom 9. Februar
1999 (LTDrucks 14/1327 S. 1 f.), ausgeführt:
„Teilzeitbeschäftigung muss die Hälfte der regelmäßigen
Arbeitszeit umfassen. Abweichungen von diesem Umfang
sind nicht zulässig. Dies bedeutet auch, dass neben der
Inanspruchnahme von Altersteilzeit andere Arbeitszeiter-
mäßigungen oder Unterrichtsermäßigungen, z.B. nach § 2
der Verordnung über die Ermäßigung der Unterrichtsver-
pflichtung …, nicht gewährt werden.“
Demnach wollte der Landesgesetzgeber im Falle der Bewilligung von Altersteil-
zeit weitere an das Lebensalter der Beamten anknüpfende Vergünstigungen
ausschließen. Damit ist eine normative Verknüpfung gegeben, weil die Rege-
lungen der Unterrichtsermäßigung aufgrund der Verordnungsermächtigung
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gemäß § 16 Nr. 2 BremLAAufG dem Senator für Bildung und Wissenschaft als
dem zuständigen Verordnungsgeber oblagen. Dieser hat die Vorstellungen des
Gesetzgebers dadurch umgesetzt, dass er zeitnah nach der Einführung der
beamtenrechtlichen Altersteilzeit durch § 71b BremBG die Ausschlussregelung
des § 2 Abs. 4 UVpflErmäV in die neu gefasste Rechtsverordnung aufgenom-
men hat (Art. 1 Nr. 2 der Verordnung vom 8. August 2000, BremGBl S. 335).
Die normative Verknüpfung von Altersteilzeit und Versagung der Unterrichtser-
mäßigung gemäß § 2 Abs. 4 UVpflErmäV ist nicht durch die nachfolgenden
Änderungen des § 71b BremBG durch Art. 1 des Änderungsgesetzes vom
18. Dezember 2001 (BremGBl S. 465) und Art. 1 des Änderungsgesetzes vom
18. Juli 2006 (BremGBl S. 353) aufgehoben worden. Denn dadurch hat der
Landesgesetzgeber die Voraussetzungen für die Bewilligung von Altersteilzeit
und ihre inhaltliche Ausgestaltung zu Lasten der Beamten wesentlich geändert.
Er hat sich hierzu wegen der mit der Altersteilzeit verbundenen personalwirt-
schaftlichen Nachteile und finanziellen Belastungen veranlasst gesehen (vgl.
Mitteilungen des Senats vom 27. November 2001, LTDrucks 15/917 S. 1 und 4
und vom 11. Juli 2006, LTDrucks 16/1075 S. 1 und 6).
Der Landesgesetzgeber und der seinen Willen umsetzende Normgeber waren
nicht durch höherrangiges Recht gehindert, die Altersteilzeit inhaltlich mit der
Versagung der Unterrichtsermäßigung zu verbinden. Die bundesrahmenrechtli-
che Regelung des § 44a BRRG, die gemäß Art. 125a Abs. 1 GG vorläufig noch
fortgilt, stellt lediglich klar, dass die Altersteilzeit dem Gesetzesvorbehalt unter-
liegt. Die Rahmenvorschrift begründet weder eine Pflicht der Länder zur Einfüh-
rung der Altersteilzeit noch gibt sie deren Bewilligungsvoraussetzungen vor.
Im Hinblick auf die besoldungs- und versorgungsrechtlichen Vorteile der Al-
tersteilzeit ist es den begünstigten Lehrern zumutbar, den Verlust der Unter-
richtsermäßigung in Kauf zu nehmen. Denn diese Vorteile sind nach wie vor
erheblich, während die Unterrichtsermäßigung nur einen Bruchteil der wöchent-
lichen Unterrichtsverpflichtung ausmacht.
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Beamte in Altersteilzeit erhalten neben ihren gemäß § 6 Abs. 1 BBesG zeitan-
teilig gekürzten Dienstbezügen einen Zuschlag in Höhe des Unterschiedsbetra-
ges zwischen der Nettobesoldung für die Teilzeitbeschäftigung und 83 v.H. der
Nettobesoldung, die ihnen nach der vorherigen Arbeitszeit zustehen würde (§ 6
Abs. 2 BBesG i.V.m. §§ 1, 2 der Verordnung über die Gewährung eines Zu-
schlags bei Altersteilzeit - ATZV - in der Fassung von Art. 9 des Gesetzes vom
10. September 2003, BGBl I S. 1798). Demnach wird die Nettobesoldung auf
83 v.H. des vor Eintritt in die Altersteilzeit gezahlten Betrages aufgestockt. Dem
steht nach bremischem Beamtenrecht eine Arbeitszeit von nunmehr 60 v.H., im
Fall des Klägers noch von 50 v.H. der regelmäßigen Arbeitszeit gegenüber.
Darüber hinaus werden die Dienstzeiten während der Altersteilzeit nicht wie
sonst bei Teilzeitbeschäftigung anteilig, sondern zu neun Zehnteln der regel-
mäßigen Arbeitszeit als ruhegehaltfähig anerkannt (§ 6 Abs. 1 Satz 3
BeamtVG).
Demgegenüber fällt die Unterrichtsermäßigung nach ihrem Umfang nicht be-
sonders ins Gewicht. Selbst im günstigsten Fall, nämlich bei Gleichstellung von
Lehrern in der Phase der Vollzeitbeschäftigung des Blockmodells mit vollzeit-
beschäftigten Lehrern, betrüge die zeitliche Entlastung nur einen Bruchteil der
wöchentlichen Unterrichtsverpflichtung. Der Kläger würde in diesem Fall zeitlich
um 1/26 entlastet.
3. Ergänzend weist der Senat darauf hin, dass die Revision des Klägers auch
bei Annahme eines Verstoßes gegen Art. 3 Abs. 1 GG keinen Erfolg haben
könnte. Aus der Unwirksamkeit des § 2 Abs. 4 UVpflErmäV ergäbe sich nicht,
dass beamteten Lehrern in Altersteilzeit ohne weiteres die Unterrichtsermäßi-
gung zusteht. Vielmehr wären dem Verordnungsgeber verschiedene Möglich-
keiten zur Beseitigung des Verstoßes eröffnet (vgl. BVerfG, Beschluss vom
26. Januar 1993 - 1 BvL 38, 40, 43/92 - BVerfGE 88, 87 <101 f.>; BVerwG, Ur-
teil vom 11. Oktober 1996 - BVerwG 3 C 29.96 - BVerwGE 102, 113 <117 ff.>).
Schon wegen der damit verbundenen finanziellen Belastungen der öffentlichen
Hand ist keineswegs sicher, dass der Verordnungsgeber an der Unterrichtser-
mäßigung im bisherigen Umfang festhalten würde.
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4. Die Voraussetzungen des § 2 Abs. 1 RsprEinhG für die Einleitung eines
Vorlegungsverfahrens gemäß §§ 11 ff. RsprEinhG sind nicht gegeben. Das Ur-
teil des Bundesarbeitsgerichts vom 13. Dezember 2005 - 9 AZR 220/05 - (AP
Nr. 27 zu § 1 TVG Altersteilzeit), wonach die Ausschlussregelung des § 2
Abs. 4 UVpflErmäV zu Lasten der angestellten Lehrkräfte im Teilzeitmodell der
Altersteilzeit gegen Art. 3 Abs. 1 GG verstößt, beruht nicht auf der unterschied-
lichen Beantwortung einer identischen Rechtsfrage im Sinne von § 2 Abs. 1
RsprEinhG. Nach dieser Vorschrift muss sich die Rechtsfrage auf der Grundla-
ge von Vorschriften stellen, die in ihrem Regelungsgehalt gänzlich überein-
stimmen und nach denselben Prinzipien auszulegen sind (Gemeinsamer Senat
der obersten Gerichtshöfe des Bundes, Beschlüsse vom 6. Februar 1973
- GmS-OGB 1/72 - BVerwGE 41, 363 <365> und vom 12. März 1987
- GmS-OGB - 6/86 - BVerwGE 77, 370 <373>). Daran fehlt es hier, weil die
Vorschrift des § 2 Abs. 4 UVpflErmäV selbständige materiellrechtliche Rege-
lungen einerseits für beamtete Lehrer und andererseits für angestellte Lehrer in
Altersteilzeit enthält. Zudem hat das Bundesarbeitsgericht für seine Rechtsauf-
fassung maßgebend auf die Zielsetzung des Altersteilzeitgesetzes und der dar-
an anschließenden tarifvertragsrechtlichen Bestimmungen abgestellt, die in der
Vermeidung von Entlassungen besteht (Urteil vom 13. Dezember 2005 a.a.O.).
Damit können sich die mit der Altersteilzeit für Beamte verfolgten Ziele schon
deshalb nicht decken, weil Beamte Beschäftigungssicherheit genießen.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.
VRiBVerwG Albers Prof. Dr. Kugele Groepper
ist wegen Urlaubs verhindert
zu unterschreiben.
Prof. Dr. Kugele
Dr. Heitz Thomsen
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B e s c h l u s s
vom 14. November 2007
Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Revisionsverfahren auf 5 000 €
festgesetzt (§ 47 Abs. 1 i.V.m. § 52 Abs. 2 GKG).
Prof. Dr. Kugele Groepper Dr. Heitz