Urteil des BVerwG vom 22.08.2013

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BVerwG 5 B 33.13
BUNDESVERWALTUNGSGERICHT
BESCHLUSS
BVerwG 5 B 33.13
VG Köln - 31.05.2012 - AZ: VG 26 K 4859/11
OVG für das Land Nordrhein-Westfalen - 19.02.2013 - AZ: OVG 12 A 1572/12
In der Verwaltungsstreitsache hat der 5. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
am 22. August 2013
durch den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht Vormeier und
die Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. Störmer und Dr. Häußler
beschlossen:
Die Beschwerde der Klägerin gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil
des Oberverwaltungsgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen vom 19. Februar
2013 wird verworfen.
Die Klägerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens. Gerichtskosten werden
nicht erhoben.
Gründe
1 1. Die auf den Zulassungsgrund der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache (§ 132 Abs.
2 Nr. 1 VwGO) gestützte Beschwerde hat keinen Erfolg.
2 Grundsätzliche Bedeutung im Sinne von § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO kommt einer Rechtssache
zu, wenn sie eine für die erstrebte Revisionsentscheidung erhebliche Rechtsfrage des revisiblen
Rechts aufwirft, die im Interesse der Einheit und der Fortbildung des Rechts
revisionsgerichtlicher Klärung bedarf. Das Darlegungserfordernis des § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO
setzt insoweit die Formulierung einer bestimmten, höchstrichterlich noch ungeklärten und für die
Revisionsentscheidung erheblichen Rechtsfrage des revisiblen Rechts und außerdem die
Angabe voraus, worin die allgemeine, über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung besteht
(vgl. Beschluss vom 19. August 1997 - BVerwG 7 B 261.97 - Buchholz 310 § 133 VwGO
Nr. 26 S. 14). Die Begründungspflicht verlangt, dass sich die Beschwerde mit den Erwägungen
des angefochtenen Urteils, auf die sich die aufgeworfene Frage von angeblich grundsätzlicher
Bedeutung bezieht, substantiiert auseinandersetzt (vgl. Beschluss vom 4. April 2012 - BVerwG 5
B 58.11 - juris Rn. 2 m.w.N.). Soweit sich die Vorinstanz mit der Frage beschäftigt hat, gehört zu
der erforderlichen Durchdringung des Prozessstoffes die Erörterung sämtlicher Gesichtspunkte,
die im Einzelfall für die Zulassung der Revision rechtlich Bedeutung haben (Beschluss vom 9.
März 1993 - BVerwG 3 B 105.92 - NJW 1993, 2825 <2826>). Die den Anforderungen des § 133
Abs. 3 Satz 3 VwGO genügende Begründung muss innerhalb der Zwei-Monats-Frist des § 133
Abs. 3 Satz 1 VwGO eingegangen sein.
3 Daran gemessen kommt die Zulassung der Revision hinsichtlich der als rechtsgrundsätzlich
aufgeworfenen Frage,
„ob die Abschaffung der Kinderteilerlassregelung (§ 18b Abs. 5 BAföG a.F.) durch das 22.
BAföGÄndG rechtmäßig ist“,
nicht in Betracht.
4 Gemäß § 18b Abs. 5 Satz 1 des Bundesgesetzes über individuelle Förderung der Ausbildung -
Bundesausbildungsförderungsgesetz - in der Fassung des Gesetzes vom 22. September 2005
(BGBl I S. 2809) (im Folgenden: BAföG a.F.) wird für jeden Monat, in dem 1. das Einkommen des
Darlehensnehmers den Betrag nach § 18a Abs. 1 nicht übersteigt, 2. er ein Kind bis zu 10
Jahren pflegt und erzieht oder ein behindertes Kind betreut und 3. er nicht oder nur unwesentlich
erwerbstätig ist, auf Antrag das Darlehen in Höhe der nach § 18 Abs. 3 festgesetzten
Rückzahlungsrate erlassen. Durch das Zweiundzwanzigste Gesetz zur Änderung des
Bundesausbildungsförderungsgesetzes (22. BAföGÄndG) vom 23. Dezember 2007 (BGBl I S.
3254) wurde § 18b Abs. 5 Satz 1 BAföG a.F. dahingehend gefasst, dass das Darlehen nur noch
bis zum 31. Dezember 2009 auf Antrag erlassen werden konnte. Zugleich wurde die Norm mit
Wirkung zum 1. Januar 2010 aufgehoben. Die Beschwerde setzt sich nicht in der durch § 133
Abs. 3 Satz 3 VwGO geforderten Weise mit den Erwägungen des Oberverwaltungsgerichts zur
Verfassungsmäßigkeit der Änderung und Aufhebung des § 18b Abs. 5 Satz 1 BAföG a.F.
auseinander.
5 Die im Rahmen des Schriftsatzes vom 28. April 2013 erfolgte Begründung der
Nichtzulassungsbeschwerde beschränkt sich auf eine ausführliche Darstellung der
Entstehungsgeschichte der Neufassung und der Aufhebung des § 18b Abs. 5 Satz 1 BAföG
durch das Zweiundzwanzigste Gesetz zur Änderung des
Bundesausbildungsförderungsgesetzes, Ausführungen dazu, dass die aufgeworfene Frage über
den Einzelfall hinausgehende Bedeutung hat sowie Hinweisen auf einschlägige fachgerichtliche
Rechtsprechung, ein Petitionsverfahren, eine Stellungnahme aus dem kirchlichen Bereich und
auf den Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 21. Juni 2011 (1 BvR 2035/07 -
BVerfGE 129, 49). Die Klägerin verhält sich nicht zu den Erwägungen des
Oberverwaltungsgerichts in dem angefochtenen Urteil, nach denen die Gesetzesänderung
verfassungsgemäß ist, insbesondere die verfassungsrechtlichen Anforderungen an eine
Rückwirkung von Gesetzen wahrt sowie mit Art. 3 GG und Art. 6 GG im Einklang steht.
6 Soweit die Klägerin in ihrem Schriftsatz vom 22. Juli 2013 die Ausführungen ihres Schriftsatzes
vom 28. April 2013 ergänzt, kann dahinstehen, ob diese Erwägungen den Anforderungen des §
133 Abs. 3 Satz 3 VwGO genügen. Der Schriftsatz ist außerhalb der mit Zustellung des
angefochtenen Urteils am 28. Februar 2013 in Lauf gesetzten zweimonatigen Begründungsfrist
eingegangen und kann deshalb nicht berücksichtigt werden.
7 2. Von einer weiteren Begründung wird abgesehen (§ 133 Abs. 5 Satz 2 Halbs. 2 VwGO).
8 3. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO. Gerichtskosten werden nach § 188
Satz 2 Halbs. 1 VwGO nicht erhoben.
Vormeier
Dr. Störmer
Dr. Häußler