Urteil des BVerwG vom 29.01.2015

BVerwG: informatiker, dienstliche tätigkeit, diplom, stellenausschreibung, erlass, übertragung, beförderung, inhaber, mitbewerber, spezialisierung

BVerwG 2 VR 1.14 [
ECLI:DE:BVerwG:2014:191214B2VR1.14.0
]
BUNDESVERWALTUNGSGERICHT
BESCHLUSS
BVerwG 2 VR 1.14
In der Verwaltungsstreitsache hat der 2. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
am 19. Dezember 2014
durch den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht Domgörgen
und die Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. von der Weiden
und Dr. Hartung
beschlossen:
Der Antrag wird abgelehnt.
Der Antragsteller trägt die Kosten des Verfahrens mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen, die dieser selbst
trägt.
Der Wert des Streitgegenstandes wird auf 37 023,48 €
festgesetzt.
Gründe
I
1 Der Antragsteller ist Berufssoldat im Rang eines Fregattenkapitäns (Besoldungsgruppe A 14) im Dienst der Antragsgegnerin. Er wendet sich
im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes gegen die Besetzung des Dienstpostens des Sachgebietsleiters „... ...“ mit dem Beigeladenen, der
das Amt eines Oberstleutnants (ebenfalls Besoldungsgruppe A 14) innehat.
2 Nachdem eine besoldungs- und vergütungsgruppengleiche Ausschreibung ergebnislos geblieben war, schrieb die Antragsgegnerin im Februar
2013 den mit A 15 bewerteten Dienstposten eines Sachgebietsleiters „... ...“ als förderlichen Dienstposten für die Statusgruppe der Soldaten aus.
Im Anforderungsprofil wird ein wissenschaftlicher Hochschulabschluss aus der Fächergruppe der Ingenieurwissenschaften bzw.
Naturwissenschaften/Mathematik oder eine vergleichbare Qualifikation verlangt. Außerdem werden u.a. Kenntnisse auf dem Gebiet der
Sicherungstechnik sowie praxisbezogene Kenntnisse aus den Fachgebieten Bautechnik oder Akustik oder Optik oder Werkstofftechnik oder
Elektronik vorausgesetzt sowie die Fähigkeit zum Führen von Mitarbeitern erwartet.
3 Auf die Ausschreibung bewarb sich der Antragsteller, der Diplom-Maschinenbauingenieur ist, und, auf Anregung der Antragsgegnerin, der
Beigeladene, der Diplom-Informatiker ist.
4 Eine erstmalige Auswahlentscheidung im September 2013 wurde auf den Widerspruch des unberücksichtigt gebliebenen Antragstellers im
Wege der Abhilfeentscheidung aufgehoben, weil die Auswahlerwägung, dem Antragsteller fehle die individuelle Förderperspektive, rechtswidrig
gewesen sei.
5 Eine erneute Auswahlentscheidung im Januar 2014 fiel ebenfalls zugunsten des Beigeladenen aus: Beide Bewerber erfüllten die zwingenden
Anforderungen des Anforderungsprofils. Den Leistungsvergleich könne der Beigeladene mit einem Gesamturteil der aktuellen Regelbeurteilung
vom September 2013 von 6,50 gegenüber derjenigen des Antragstellers zum selben Zeitpunkt von 6,38 für sich entscheiden. Auch bei den
relevanten Merkmalen „Führungsfähigkeit“ und „Zielerreichung“ habe der Beigeladene eine bessere (Einzel-)Note erreicht. Dem Antragsteller
fehle die erforderliche fachliche Tiefe, weil er überwiegend nicht in fachlich-technischen Funktionen, sondern auswertend eingesetzt gewesen sei.
Der Beigeladene hingegen habe umfassendes Fachwissen im Bereich der technischen Sicherheit sowie Erfahrungen als IT-Sicherheitsoffizier und
als Sachgebietsleiter.
6 Die Antragsgegnerin teilte dem Antragsteller mit Schreiben vom 17. Januar 2014 mit, dass die „förderliche Besetzung“ des Dienstpostens mit
dem Beigeladenen zum 3. Februar 2014 geplant sei. Hiergegen hat der Antragsteller Widerspruch eingelegt und die Gewährung vorläufigen
Rechtsschutzes beantragt.
7 Der Antragsteller hält die Auswahlentscheidung für rechtswidrig, weil der Beigeladene als Diplom-Informatiker für den Dienstposten nicht
geeignet sei, denn er könne die in dem Anforderungsprofil der Stellenausschreibung geforderten Kenntnisse nicht haben; zumindest sei er - der
Antragsteller - als Diplom-Mathematiker besser geeignet. Der Dienstposten setze keine IT-Spezialkenntnisse voraus, sondern technisches
Ingenieurwissen. Die Einbeziehung von weiteren Bewerbern in die Auswahlentscheidung sei weder notwendig noch rechtmäßig gewesen. Im
August 2013 hätte er - der Antragsteller - den Leistungsvergleich mit dem Beigeladenen noch für sich entschieden. Erst mit der neuen
Beurteilungsrunde ergebe sich der leichte Vorsprung für den Beigeladenen, wobei unberücksichtigt bleibe, dass er - der Antragsteller - anders als
der Beigeladene im Beurteilungszeitraum andere Aufgaben als zuvor wahrgenommen habe. Er habe Vorgesetztenfunktion schon auf der A 15-
Ebene innegehabt, der Beigeladene nur auf der A 14-Ebene. Es fehle auch an der Angabe der Zahl der jeweils unterstellten Mitarbeiter.
Ebene innegehabt, der Beigeladene nur auf der A 14-Ebene. Es fehle auch an der Angabe der Zahl der jeweils unterstellten Mitarbeiter.
8 Der Antragsteller beantragt sinngemäß,
der Antragsgegnerin im Wege einstweiliger Anordnung bis zur rechtskräftigen Entscheidung in der Hauptsache zu untersagen, den Dienstposten
Sachgebietsleiter „... ...“ mit dem Beigeladenen zu besetzen.
9 Die Antragsgegnerin beantragt,
den Antrag abzulehnen.
10 Sie verteidigt die Auswahlentscheidung. Beide Bewerber erfüllten die zwingenden Anforderungen des Anforderungsprofils. Das betreffe
insbesondere den dort geforderten wissenschaftlichen Hochschulabschluss. Zwar sei das Studium der Informatik nicht ausdrücklich genannt; es
sei aber inhaltlich aufgrund des hohen Anteils mathematischer Prüfungsfächer der Fächergruppe Naturwissenschaften/Mathematik zuzurechnen.
Der Antragsteller könne insbesondere Kenntnisse auf dem Gebiet der Sicherungstechnik und praxisbezogene Kenntnisse aus dem Fachgebiet
Elektronik vorweisen. Im Rahmen des Leistungsvergleichs habe der Beigeladene einen Vorsprung in der Gesamtnote und in der besonders
relevanten Einzelnote über die Führung von Mitarbeitern.
11 Der Beigeladene hat sich nicht geäußert und auch keinen Antrag gestellt.
12 Hinsichtlich weiterer Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakte sowie die dem Senat übersandten
Verwaltungsvorgänge verwiesen.
II
13 Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung, über den der Senat gemäß § 123 Abs. 2 Satz 1 i.V.m. § 50 Abs. 1 Nr. 4 VwGO in
erster und letzter Instanz entscheidet, ist unbegründet. Für den Erlass einer einstweiligen Anordnung gibt es zwar einen Anordnungsgrund (1.),
nicht aber einen Anordnungsanspruch (2.). Der Antragsteller hat nicht glaubhaft gemacht, dass durch die Besetzung des ausgeschriebenen
Dienstpostens mit dem Beigeladenen die Verwirklichung eigener Rechte vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte (§ 123 Abs. 1 Satz 1
VwGO).
14 1. Der Antragsteller hat einen Anordnungsgrund gemäß § 123 Abs. 1 VwGO für den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung.
15 Die von der Antragsgegnerin getroffene Auswahlentscheidung für die Dienstpostenvergabe kann die Rechtsstellung des Antragstellers aus
Art. 33 Abs. 2 GG beeinträchtigen, weil sie eine Vorauswahl für die Vergabe eines höheren Statusamts trifft.
16 Art. 33 Abs. 2 GG gewährt jedem Deutschen ein grundrechtsgleiches Recht auf gleichen Zugang zu jedem öffentlichen Amt nach Eignung,
Befähigung und fachlicher Leistung. Die Verbindlichkeit dieses verfassungsunmittelbar angeordneten Maßstabs gilt nicht nur für die unmittelbare
Vergabe eines Amtes im statusrechtlichen Sinne, sondern auch für vorgelagerte Auswahlentscheidungen, durch die eine zwingende
Voraussetzung für die nachfolgende Ämtervergabe vermittelt und die Auswahl für die Ämtervergabe damit vorweggenommen oder vorbestimmt
wird.
17 Der von der Antragsgegnerin zur Neubesetzung ausgeschriebene und mit der Besoldungsgruppe A 15 bewertete Dienstposten des
Sachgebietsleiters „... ...“ ist für den Antragsteller und den Beigeladenen, die beide ein Amt der Besoldungsgruppe A 14 bekleiden, ein
höherwertiger Dienstposten. Dessen Übertragung schafft die laufbahnrechtlichen Voraussetzungen für eine spätere Beförderung (§ 22 Abs. 2
BBG). Die Übertragung des höherwertigen Dienstpostens soll unter den Bedingungen praktischer Tätigkeit die Prognose bestätigen, dass der
Inhaber des Dienstpostens - besser als etwaige Mitbewerber - den Anforderungen des Beförderungsamtes genügen wird. Nur der erfolgreich
Erprobte hat die Chance der Beförderung. Andere Interessenten, die bislang nicht auf einem höherwertigen Dienstposten erprobt worden sind,
kommen für eine Beförderung aus laufbahnrechtlichen Gründen nicht in Betracht. Damit wird die Auswahl für Beförderungsämter vorverlagert
auf die Auswahl unter den Bewerbern um „Beförderungsdienstposten“.
18 Diese Vorwirkung begründet in Fällen der Übertragung eines Beförderungsdienstpostens an einen Mitbewerber für den Unterlegenen einen
Anordnungsgrund und führt dazu, dass das Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes in diesen Fällen grundsätzlich die Funktion des
Hauptsacheverfahrens übernimmt. Deshalb muss es den sich aus Art. 19 Abs. 4 GG ergebenden Anforderungen gerecht werden und darf nach
Prüfungsmaßstab, -umfang und -tiefe nicht hinter einem Hauptsacheverfahren zurückbleiben. Vielmehr ist verfassungsrechtlich eine umfassende
tatsächliche und rechtliche Überprüfung der Bewerberauswahl geboten, bei der die Anforderungen an einen Erfolg des unterlegenen Bewerbers
nicht überspannt werden dürfen. Wird dabei eine Verletzung des Bewerbungsverfahrensanspruchs festgestellt, muss die Ernennung des
ausgewählten Bewerbers bereits dann durch einstweilige Anordnung untersagt werden, wenn die Auswahl des Antragstellers bei
rechtsfehlerfreier Auswahl jedenfalls möglich erscheint (vgl. zum Ganzen: Beschluss vom 20. Juni 2013 - BVerwG 2 VR 1.13 - BVerwGE 147,
20 Rn. 11 ff. <16> m.w.N.).
19 2. Dem Antragsteller steht aber ein Anordnungsanspruch nicht zu, weil die Auswahlentscheidung der Antragsgegnerin für die Vergabe des
Dienstpostens seinen Bewerbungsverfahrensanspruch nicht verletzt. Die Auswahlentscheidung beruht auf einem zulässigen Anforderungsprofil
(a) und einem fehlerfreien Leistungsvergleich (b).
20 a) Auswahlentscheidungen sind grundsätzlich anhand aktueller dienstlicher Beurteilungen vorzunehmen, die auf das Statusamt bezogen sind
und eine Aussage dazu treffen, ob und in welchem Maße der Beamte den Anforderungen seines Amts und dessen Laufbahn gewachsen ist (aa).
Eine Einengung des Bewerberfelds anhand der Anforderungen eines bestimmten Dienstpostens ist hiermit nicht vereinbar (bb). Anderes gilt nur
dann, wenn die Wahrnehmung der Aufgaben eines Dienstpostens zwingend besondere Kenntnisse oder Fähigkeiten voraussetzt, die ein
Laufbahnbewerber regelmäßig nicht mitbringt und sich in angemessener Zeit und ohne unzumutbare Beeinträchtigung der
Aufgabenwahrnehmung auch nicht verschaffen kann (cc). Diese Voraussetzungen liegen hinsichtlich der in der Stellenausschreibung geforderten
Qualifikation eines wissenschaftlichen Hochschulabschlusses aus der Fächergruppe der Ingenieurwissenschaften bzw.
Qualifikation eines wissenschaftlichen Hochschulabschlusses aus der Fächergruppe der Ingenieurwissenschaften bzw.
Naturwissenschaft/Mathematik vor. Entgegen der Auffassung des Antragstellers durfte die Antragsgegnerin den Beigeladenen in die
Auswahlentscheidung einbeziehen (dd).
21 aa) Nach Art. 33 Abs. 2 GG dürfen öffentliche Ämter im statusrechtlichen Sinne nur nach Kriterien vergeben werden, die unmittelbar
Eignung, Befähigung und fachliche Leistung betreffen. Hierbei handelt es sich um Gesichtspunkte, die darüber Aufschluss geben, in welchem
Maße der Beamte oder Richter den Anforderungen seines Amts genügt und sich in einem höheren Amt voraussichtlich bewähren wird. Art. 33
Abs. 2 GG gilt für Beförderungen unbeschränkt und vorbehaltlos; er enthält keine Einschränkungen, die die Bedeutung des Leistungsgrundsatzes
relativieren. Diese inhaltlichen Anforderungen des Art. 33 Abs. 2 GG für die Vergabe höherwertiger Ämter machen eine Bewerberauswahl
notwendig. Der Dienstherr muss Bewerbungen von Beamten oder Richtern um das höherwertige Amt zulassen und darf das Amt nur demjenigen
Bewerber verleihen, den er aufgrund eines den Vorgaben des Art. 33 Abs. 2 GG entsprechenden Leistungsvergleichs als den am besten
geeigneten ausgewählt hat.
22 Der für die Bewerberauswahl maßgebende Leistungsvergleich ist anhand aktueller dienstlicher Beurteilungen vorzunehmen. Deren Eignung
als Vergleichsgrundlage setzt voraus, dass sie inhaltlich aussagekräftig sind. Hierfür ist erforderlich, dass sie die dienstliche Tätigkeit im
maßgebenden Beurteilungszeitraum vollständig erfassen, auf zuverlässige Erkenntnisquellen gestützt sind, das zu erwartende Leistungsvermögen
in Bezug auf das angestrebte Amt auf der Grundlage der im innegehabten Amt erbrachten Leistungen hinreichend differenziert darstellen sowie
auf gleichen Bewertungsmaßstäben beruhen. Maßgebend für den Leistungsvergleich ist in erster Linie das abschließende Gesamturteil, das durch
eine Würdigung, Gewichtung und Abwägung der einzelnen leistungsbezogenen Gesichtspunkte zu bilden ist (stRspr; vgl. nur Urteil vom 4.
November 2010 - BVerwG 2 C 16.09 - BVerwGE 138, 102 = Buchholz 11 Art. 33 Abs. 2 GG Nr. 47, jeweils Rn. 46).
23 Der Inhalt dienstlicher Beurteilungen ist auf das Statusamt bezogen. Beurteilungen treffen eine Aussage, ob und in welchem Maße der Beamte
den Anforderungen gewachsen ist, die mit den Aufgaben seines Amts und dessen Laufbahn verbunden sind. Sie tragen dem Umstand Rechnung,
dass die Vergabe eines Statusamts nicht aufgrund der Anforderungen des Dienstpostens erfolgen soll, den der ausgewählte Bewerber nach der
Vergabe des Statusamts oder vorher in einer Bewährungszeit wahrnehmen soll. Denn der ausgewählte Bewerber soll der am besten geeignete für
jeden Dienstposten sein, der für einen Inhaber des höheren Statusamts amtsangemessen ist (vgl. zum Ganzen: Beschluss vom 20. Juni 2013
a.a.O. Rn. 19 ff. m.w.N.).
24 bb) Bei der Bestimmung des Anforderungsprofils ist der Dienstherr aber an die gesetzlichen Vorgaben gebunden und damit, soweit eine an
Art. 33 Abs. 2 GG zu messende Dienstpostenvergabe in Rede steht, auch zur Einhaltung des Grundsatzes der Bestenauswahl verpflichtet.
Hiermit ist eine Einengung des Bewerberfeldes aufgrund der besonderen Anforderungen eines bestimmten Dienstpostens grundsätzlich nicht
vereinbar.
25 Bezugspunkt der Auswahlentscheidung nach Art. 33 Abs. 2 GG ist nicht die Funktionsbeschreibung des konkreten Dienstpostens, sondern
das angestrebte Statusamt. Nach dem Laufbahnprinzip wird ein Beamter aufgrund seiner Befähigung für eine bestimmte Laufbahn regelmäßig als
geeignet angesehen, jedenfalls diejenigen Dienstposten auszufüllen, die seinem Statusamt entsprechen oder dem nächsthöheren Statusamt
zugeordnet sind (vgl. § 16 Abs. 1, § 22 Abs. 3 BBG). Es kann grundsätzlich erwartet werden, dass der Beamte imstande ist, sich in die Aufgaben
dieser Dienstposten einzuarbeiten (Beschluss vom 20. Juni 2013 a.a.O. Rn. 24 ff. <28> m.w.N.).
26 cc) Ausnahmen hiervon sind nur zulässig, wenn die Wahrnehmung der Aufgaben eines Dienstpostens zwingend besondere Kenntnisse oder
Fähigkeiten voraussetzt, die ein Laufbahnbewerber regelmäßig nicht mitbringt und sich in angemessener Zeit und ohne unzumutbare
Beeinträchtigung der Aufgabenwahrnehmung auch nicht verschaffen kann. Diese Voraussetzungen hat der Dienstherr darzulegen, sie unterliegen
voller gerichtlicher Kontrolle.
27 Ob, in welchem Umfang und mit welchem Inhalt ein Anforderungsprofil Bindungswirkung entfaltet, muss durch eine entsprechend § 133
BGB am objektiven Empfängerhorizont potentieller Bewerber orientierte Auslegung ermittelt werden.
28 Dienstpostenbezogene Ausnahmeanforderungen können sich insbesondere aus dem Erfordernis bestimmter Fachausbildungen ergeben (vgl.
zur Fächerkombination bei Lehrern Urteil vom 25. Februar 2010 - BVerwG 2 C 22.09 - BVerwGE 136, 140 = Buchholz 11 Art. 33 Abs. 2 GG
Nr. 45, jeweils Rn. 17). Je stärker die fachliche Ausdifferenzierung der Organisationseinheiten ist und je höher die Anforderungen an die
Spezialisierung der dort eingesetzten Beamten sind, desto eher kann es erforderlich werden, im Interesse der Funktionsfähigkeit der öffentlichen
Verwaltung besondere Qualifikationsanforderungen an die künftigen Stelleninhaber zu stellen. Bei technisch ausgerichteten Behörden etwa ist
durchaus denkbar, dass die Aufgabenwahrnehmung bestimmter Dienstposten spezielle fachspezifische Vorkenntnisse erfordert (vgl. etwa OVG
Rheinland-Pfalz, Beschluss vom 6. Februar 2012 - 10 B 11334/11 - DÖD 2012, 133 für einen Fachmann auf dem Gebiet Informationstechnik
und Elektronik). Angesichts der in einer Laufbahn vereinigten unterschiedlichen Fachrichtungen mit der hierzu gehörenden Spezialisierung liegt
aber auf der Hand, dass ein Dienstposten Eignungsanforderungen stellen kann, die nicht von jedem Laufbahnangehörigen erfüllt werden (vgl.
zum Ganzen: Beschluss vom 20. Juni 2013 a.a.O. Rn. 31 ff. m.w.N.).
29 dd) Der im vorliegenden Fall in der Stellenausschreibung zwingend geforderte wissenschaftliche Hochschulabschluss aus der Fächergruppe
der Ingenieurwissenschaften bzw. Naturwissenschaften/Mathematik entspricht diesen Anforderungen. Es ist ohne Weiteres nachvollziehbar, dass
die Antragsgegnerin für die Leitung eines auf Technik bezogenen Sachgebiets (wie hier dem der „... ...“) etwa Beamte des nichttechnischen
Verwaltungsdienstes nicht in vergleichbarer Weise für geeignet hält wie die ins Auge gefassten Ingenieure, Mathematiker und
Naturwissenschaftler. Entgegen der Auffassung des Antragstellers ist der Beigeladene als Informatiker von diesem Anforderungsprofil erfasst,
auch wenn Informatiker nicht ausdrücklich in der Stellenausschreibung genannt sind. Nach dem insoweit maßgebenden objektiven
Empfängerhorizont waren von der Formulierung auch Informatiker zur Bewerbung aufgefordert. Das ergibt sich aus dem allgemeinen
Sprachgebrauch und der Einordnung der Informatik in den Bereich von Mathematik und Ingenieurwissenschaft - die Informatik hat sich aus der
Mathematik entwickelt und wegen ihrer Anwendungsorientierung auch starke Bezüge zu den Ingenieurwissenschaften. In einem normativen
Kontext hat dieses Verständnis Niederschlag gefunden in der Allgemeinen Verwaltungsvorschrift zur Bundeslaufbahnordnung vom 19. Juli 2013
(GMBl 2013 S. 848, 874), wonach im Rahmen der fachlichen Zuordnung der Studiengänge zu den neuen Laufbahnen im gehobenen und
höheren Dienst die Informatik ein Unterfall der Mathematik und Naturwissenschaften ist (Anlage 2 zu §§ 7 und 8 Lfd. Nr. 397 und 410). Es ist
mithin weder zu beanstanden, dass die Antragsgegnerin auch Diplom-Informatiker als geeignet angesehen hat, die Anforderungen des
mithin weder zu beanstanden, dass die Antragsgegnerin auch Diplom-Informatiker als geeignet angesehen hat, die Anforderungen des
ausgeschriebenen Dienstpostens zu erfüllen, noch dass sie den Beigeladenen als Diplom-Informatiker in die Auswahlentscheidung einbezogen
hat.
30 Bezüglich der einzelnen Merkmale des Anforderungsprofils kann dahinstehen, ob diese in Gänze den unter 2. a) dargestellten Anforderungen
entsprechen. Denn die Antragsgegnerin hat zutreffend angenommen, dass Antragsteller und Beigeladener diese Anforderungen erfüllen. Deshalb
würde sich ein etwaiger Rechtsfehler nicht zugunsten des Antragstellers auswirken.
31 Insbesondere hat die Antragsgegnerin nachvollziehbar ausgeführt, dass auch ein Diplom-Informatiker die Anforderungen des Dienstpostens
erfüllen kann. Nach den dargestellten Grundsätzen im Beschluss des Senats vom 20. Juni 2013 - BVerwG 2 VR 1.13 - (BVerwGE 147, 20 Rn.
24 ff.) ist vor dem Hintergrund des Laufbahnprinzips nicht die Ausweitung, sondern die Verengung des Bewerberfeldes mittels eines
Anforderungsprofils rechtfertigungsbedürftig. Es liegt deshalb auf der Hand, dass die Antragsgegnerin zur Einbeziehung von Informatikern in die
Bewerberauswahl möglicherweise sogar verpflichtet, in jedem Fall aber berechtigt war.
32 Auch ist es nicht zu beanstanden, dass die Antragsgegnerin angenommen hat, dass der Beigeladene über die im Anforderungsprofil der
Stellenausschreibung geforderten Kenntnisse auf dem Gebiet der Sicherungstechnik sowie praxisbezogene Kenntnisse aus dem Fachgebiet
Elektronik verfügt. Sie hat diese Einschätzung mit der Herleitung dieser Kenntnisse aus der Tätigkeit des Beigeladenen als IT-Sicherheitsoffizier
während seiner Verwendung im Luftwaffenführungskommando und den Erfahrungen aus Projektgruppen u.a. zur Zugangskontrolle,
Lauschabwehr und IT-Sicherheit auch belegt.
33 Im Übrigen war die Antragsgegnerin entgegen der Ansicht des Antragstellers nicht gehindert, weitere Bewerber als den Antragsteller in die
Auswahlentscheidung einzubeziehen. Die Verbreiterung des Bewerberfeldes entspricht dem Gedanken der Auswahl nach Leistungsgrundsätzen
(Art. 33 Abs. 2 GG). Insoweit bildete auch die zwischenzeitlich auf den Widerspruch des Antragstellers erfolgte Aufhebung der
Auswahlentscheidung keine Zäsur; abgesehen davon war der Beigeladene auch vorher schon in die Bewerberauswahl einbezogen.
34 b) Auch die der Auswahlentscheidung zugrunde liegenden Erwägungen zum Leistungsvergleich der Bewerber sind fehlerfrei.
35 aa) Der Leistungsvergleich der (nach einer zulässigen Vorauswahl verbliebenen) Bewerber muss anhand aussagekräftiger, d.h. aktueller,
hinreichend differenzierter und auf gleichen Bewertungsmaßstäben beruhender dienstlicher Beurteilungen vorgenommen werden. Maßgebend ist
in erster Linie das abschließende Gesamturteil (Gesamtnote), das durch eine Würdigung, Gewichtung und Abwägung der einzelnen
leistungsbezogenen Gesichtspunkte zu bilden ist. Sind Bewerber mit dem gleichen Gesamturteil bewertet worden, muss der Dienstherr zunächst
die Beurteilungen unter Anlegung gleicher Maßstäbe umfassend inhaltlich auswerten und Differenzierungen in der Bewertung einzelner
Leistungskriterien oder in der verbalen Gesamtwürdigung zur Kenntnis nehmen.
36 Ergibt der Vergleich der Gesamturteile, dass mehrere Bewerber als im Wesentlichen gleich geeignet einzustufen sind, kann der Dienstherr auf
einzelne Gesichtspunkte abstellen, wobei er deren besondere Bedeutung begründen muss. Die Entscheidung des Dienstherrn, welches Gewicht
er den einzelnen Gesichtspunkten für das abschließende Gesamturteil und für die Auswahl zwischen im Wesentlichen gleich geeigneten
Bewerbern beimisst, unterliegt nur einer eingeschränkten gerichtlichen Nachprüfung. Jedoch muss er die dienstlichen Beurteilungen heranziehen,
um festzustellen, ob und inwieweit die einzelnen Bewerber mit gleichem Gesamturteil diese Anforderungen erfüllen. Weitere Erkenntnisquellen
können nur ergänzend herangezogen werden.
37 Hat sich der Dienstherr vorab in der Stellenausschreibung durch die Vorgabe der beim künftigen Dienstposteninhaber erwünschten
Kenntnisse und Fähigkeiten festgelegt, ist diese Entscheidung für das weitere Auswahlverfahren bindend. Der Dienstherr muss diesen Kriterien
besondere Bedeutung zumessen, wenn die Bewerber im Wesentlichen gleich beurteilt sind. Aus der Stellenausschreibung muss sich ergeben,
welche Anforderungen von allen Bewerbern zwingend erwartet werden, und welche Kriterien zwar nicht notwendig für eine Einbeziehung in
das Auswahlverfahren sind, bei gleicher Eignung der Bewerber aber maßgeblich berücksichtigt werden (vgl. zum Ganzen: Beschluss vom 20.
Juni 2013 a.a.O. Rn. 46 ff. <49> m.w.N.).
38 bb) Die Auswahlentscheidung der Antragsgegnerin genügt diesen Anforderungen.
39 Die Antragsgegnerin hat maßgebend auf die bessere Gesamtbeurteilung des Beigeladenen bei einem Vergleich der aktuellen, für den
denselben Zeitraum erstellten dienstlichen Beurteilungen des Antragstellers und des Beigeladenen abgestellt. Hiernach ergibt sich ein - wenn
auch geringer - Leistungsvorsprung des Beigeladenen gegenüber dem Antragsteller (Durchschnittsnote von 6,5 zu 6,38 bei den
Leistungsmerkmalen). Auf dieser Basis durfte die Antragsgegnerin dem Beigeladenen den Vorzug vor dem Antragsteller geben, zumal dieser
auch in im Anforderungsprofil genannten Merkmal der Fähigkeit zum Führen von Mitarbeitern die bessere Einzelnote (7 Punkte gegenüber 6
Punkte) erreicht hatte.
40 Ob - wie der Antragsteller meint - er vor der Erstellung der aktuellen dienstlichen Beurteilungen den Leistungsvergleich für sich entschieden
hätte, kann dahinstehen, da der Leistungsvergleich - wie dargelegt - stets den in den letzten dienstlichen Beurteilungen bewerteten aktuellen
Leistungsstand der Bewerber in den Blick zu nehmen hat. Soweit der Antragsteller einen Nachteil für sich darin sieht, dass er anders als der
Beigeladene im Beurteilungszeitraum das Aufgabengebiet gewechselt habe und die Einarbeitungsphase zu einer Verschlechterung seines
Leistungsbildes geführt habe, kann er auch damit nicht durchdringen. Zum einen ist diese Einschätzung spekulativ; zum anderen war der
Antragsteller von Beginn seiner neuen Aufgabe Anfang Dezember 2011 bis zur Erstellung der Beurteilung Ende Juni 2013 über eineinhalb Jahre
mit den neuen Aufgaben betraut, sodass die Einarbeitungsphase nicht bestimmend für das Leistungsbild gewesen sein dürfte. Auf welcher Ebene
und gegenüber wie vielen Mitarbeitern die Vorgesetztenfunktion vom Antragsteller und vom Beigeladenen wahrgenommen worden ist, ist
entgegen der Ansicht des Antragstellers unerheblich. Die Leistungen beider Bewerber waren am Maßstab ihres Statusamtes (jeweils A 14) zu
beurteilen. Hiernach ergibt sich der erwähnte Vorsprung des Beigeladenen von einem Punkt, ohne dass dieser durch Unterschiede in der
konkreten Aufgabenwahrnehmung relativiert oder aufgehoben würde.
41 Letztlich hat sich die Antragsgegnerin bei der Auswahl zwischen zwei für den Dienstposten geeigneten guten Bewerbern für den nach der
Beurteilungslage etwas besseren Bewerber entschieden. Ein Anordnungsanspruch des unterlegenen Bewerbers besteht bei dieser Sachlage nicht.
Beurteilungslage etwas besseren Bewerber entschieden. Ein Anordnungsanspruch des unterlegenen Bewerbers besteht bei dieser Sachlage nicht.
42 Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1, § 162 Abs. 3 VwGO. Weil der Beigeladene keinen Antrag gestellt hat, hat er keine Kosten
zu tragen (§ 154 Abs. 3 VwGO), kann aber billigerweise auch keine Kostenerstattung beanspruchen (§ 162 Abs. 3 VwGO).
43 Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 53 Abs. 2 Nr. 1 i.V.m. § 52 Abs. 1 GKG, in Anlehnung an die Streitwertberechnung im
Hauptsacheverfahren (vgl. § 52 Abs. 5 Satz 4 i.V.m. Satz 1 Nr. 1 und Satz 2 und 3 GKG).
Domgörgen
Dr. von der Weiden
Dr. Hartung