Urteil des BVerwG vom 25.06.2015

Bemessung der Beiträge, Aufwand, Hauptsache, Parteigutachten

BUNDESVERWALTUNGSGERICHT
BESCHLUSS
BVerwG 9 B 69.14
OVG 15 A 1919/09
In der Verwaltungsstreitsache
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hat der 9. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
am 25. Juni 2015
durch den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. Bier,
die Richterin am Bundesverwaltungsgericht Dr. Bick
und den Richter am Bundesverwaltungsgericht Steinkühler
beschlossen:
Die Beschwerde des Beklagten gegen die Nichtzulassung
der Revision in dem Urteil des Oberverwaltungsgerichts
für das Land Nordrhein-Westfalen vom 24. Juni 2014 wird
zurückgewiesen.
Der Beklagte trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
Der Streitwert wird für das Beschwerdeverfahren auf
35 280 € festgesetzt.
G r ü n d e :
Die Beschwerde, die sich auf sämtliche in § 132 Abs. 2 VwGO genannten Zu-
lassungsgründe stützt, bleibt ohne Erfolg. Zwar hat der Senat trotz Rücknahme
des streitgegenständlichen Beitragsbescheides vom 15. Juni 2007 durch den
Änderungsbescheid des Beklagten vom 18. Dezember 2014 nach wie vor über
die Zulassung der Revision zu entscheiden und ist die Beschwerde weiterhin
zulässig (1.). Es liegt jedoch keiner der geltend gemachten Zulassungsgründe
vor (2.).
1. Die Rücknahme des angefochtenen Bescheides wirkt sich, da nur der Be-
klagte, nicht jedoch auch die Klägerin den Rechtsstreit in der Hauptsache für
erledigt erklärt hat, weder auf den Verfahrensgegenstand der Nichtzulassungs-
beschwerde noch auf deren Zulässigkeit aus.
a) Der Senat hat ungeachtet der Aufhebung des streitgegenständlichen Be-
scheides über die Zulassung der Revision zu entscheiden. In Ermangelung ei-
ner übereinstimmenden Erledigungserklärung ist das Gericht daran gehindert,
das Verfahren mit einer Kostenentscheidung nach § 161 Abs. 2 VwGO zu be-
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enden. Die einseitige Erledigungserklärung des Beklagten wandelt den Streit
um die Zulassung der Revision auch nicht in einen solchen um die Erledigung
der Hauptsache um. Eine derartige Änderung des Streitgegenstands unterfällt
vielmehr allein der Dispositionsbefugnis der Klägerin (vgl. BVerwG, Beschluss
vom 23. Juli 2014 - 6 B 1.14 - Buchholz 422.2 Rundfunkrecht Nr. 70 Rn. 11),
die hiervon jedoch keinen Gebrauch gemacht hat. Darin unterscheidet sich das
vorliegende von denjenigen Verfahren, die den Beschlüssen des Bundesver-
waltungsgerichts vom 28. August 1985 - 8 B 128.84 - (Buchholz 310 § 161
VwGO Nr. 67) und vom 17. Dezember 1993 - 3 B 134.92 - (Buchholz 310 § 161
VwGO Nr. 103) zugrunde lagen, auf welche sich der Beklagte für seine gegen-
teilige Ansicht beruft.
Hebt die beklagte Behörde den in der Vorinstanz erfolgreich angefochtenen
Verwaltungsakt in einem von ihr anhängig gemachten Verfahren der Nichtzu-
lassungsbeschwerde auf und reagiert der Kläger - wie hier - darauf nicht mit
einer Erledigungserklärung, hat dies für die beklagte Behörde günstige Folge-
rungen nicht schon im Beschwerdeverfahren, sondern erst in dem angestrebten
Revisionsverfahren, falls sich die Beschwerde - unabhängig von der Erledi-
gung - als zulässig und begründet erweist (vgl. im Einzelnen BVerwG, Be-
schluss vom 23. Juli 2014 - 6 B 1.14 - Buchholz 422.2 Rundfunkrecht Nr. 70
Rn. 11 f.).
b) Die Beschwerde des Beklagten ist zulässig. Insbesondere lässt die Aufhe-
bung des streitgegenständlichen Bescheides die Beschwer nicht entfallen.
Vielmehr kann ein durch die angefochtene Entscheidung beschwerter Beteilig-
ter die Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision allein zu dem
Zweck einlegen und fortführen, damit in dem Revisionsverfahren die prozessua-
len Folgerungen aus einer inzwischen eingetretenen Erledigung der Hauptsa-
che gezogen werden (BVerwG, Beschluss vom 23. Juli 2014 - 6 B 1.14 - Buch-
holz 422.2 Rundfunkrecht Nr. 70 Rn. 15 f.).
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2. Die Beschwerde bleibt jedoch in der Sache ohne Erfolg.
a) Die Revision ist nicht wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache
(§ 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) zuzulassen.
Grundsätzlich bedeutsam im Sinne von § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO ist eine
Rechtssache nur dann, wenn in dem angestrebten Revisionsverfahren die Klä-
rung einer bisher höchstrichterlich ungeklärten, konkreten, jedoch in ihrer Be-
deutung über den der Beschwerde zugrunde liegenden Einzelfall hinausgehen-
den, klärungsbedürftigen und entscheidungserheblichen Rechtsfrage des revi-
siblen Rechts (§ 137 Abs. 1 VwGO) zu erwarten ist. In der Beschwerdebegrün-
dung muss nach § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO dargelegt, d.h. näher ausgeführt
werden, dass und inwieweit eine bestimmte Rechtsfrage des Bundesrechts im
allgemeinen Interesse klärungsbedürftig und warum ihre Klärung in dem beab-
sichtigten Revisionsverfahren zu erwarten ist (stRspr; BVerwG, Beschluss vom
24. Juli 2008 - 9 B 41.07 - Buchholz 310 § 108 Abs. 1 VwGO Nr. 58 Rn. 3
m.w.N.).
aa) Mit der Frage:
Gebietet es das Willkürverbot nach Art. 3 GG, dass ein
Wasserverband bei der Bemessung seiner Beiträge auf
Pauschalierungen verzichtet, wenn die Pauschalierung
nur zu einem geringfügigen Prozentsatz von weniger als
3% in den zu leistenden Beitrag einfließt und eine Diffe-
renzierung der Beiträge nur mit großem Aufwand zu ge-
währleisten ist?,
legt die Beschwerde keine grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache dar. Die
Erhebung und Bemessung der Beiträge für den beklagten Wasserverband be-
stimmt sich gemäß § 80 des Wasserverbandsgesetzes - WVG - in der Fassung
vom 12. Februar 1991 (BGBl. I S. 405) i.V.m. §§ 25, 26 des Eifel-Rur-Verbands-
gesetzes - Eifel-RurVG - vom 7. Februar 1990 (GV.NRW S. 106) nach nicht
revisiblem Landesrecht. Die Rüge der Nichtbeachtung von Bundesrecht bei der
Auslegung und Anwendung von Landesrecht vermag nach ständiger Recht-
sprechung des Bundesverwaltungsgerichts die Zulassung der Revision nur
dann zu begründen, wenn die Auslegung der - gegenüber dem Landesrecht als
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korrigierender Maßstab angeführten - bundesrechtlichen Norm ihrerseits unge-
klärte Fragen von grundsätzlicher Bedeutung aufwirft. Die angeblichen bundes-
rechtlichen Maßgaben, deren Tragweite und Klärungsbedürftigkeit im Hinblick
auf die einschlägigen landesrechtlichen Regelungen sowie die Entscheidungs-
erheblichkeit ihrer Klärung in dem anhängigen Verfahren sind in der Beschwer-
debegründung darzulegen (vgl. etwa BVerwG, Beschlüsse vom 8. Mai 2008
- 6 B 64.07 - Buchholz 421 Kultur- und Schulwesen Nr. 132 Rn. 5 und vom
16. Juli 2013 - 9 B 15.13 - juris Rn. 5).
Die von der Beschwerde aufgeworfene Frage zielt indes nicht auf die Klärung
der Auslegung des Willkürverbots, sondern darauf, ob das Berufungsgericht zu
Recht einen Verstoß hiergegen darin erblickt hat, dass der Beklagte der Bei-
tragsbemessung pauschaliert einen verdunstungsbedingten Verlustwert von
10 % bzw. 4 % zugrunde gelegt hat. Die als rechtsfehlerhaft gerügte Anwen-
dung des Grundgesetzes auf den konkreten Fall ist im Verfahrensstadium der
Zulassungsbeschwerde nicht zu prüfen. Hiervon abgesehen verfehlt die aufge-
worfene Frage auch die tatsächliche Grundlage, von der das Berufungsgericht
ausgegangen ist. In dem angefochtenen Urteil wird nicht festgestellt, dass eine
Differenzierung der Beiträge nur mit großem Aufwand zu gewährleisten ist.
Vielmehr führt das Gericht aus, für den vom Beklagten gewählten pauschalen
Ansatz bliebe aus Gründen der Verwaltungspraktikabilität dann Raum, wenn die
(pauschalierte) Erfassung der Zu- und Rückleitungsmengen der einzelnen Nut-
zungsarten nur mit unvertretbarem Aufwand feststellbar wäre. Dies sei aber
nach der vom Beklagten selbst eingeholten Studie von Prof. Dr.-Ing. L. vom
19. Dezember 2007 nicht der Fall. Danach sei es offenbar unproblematisch
möglich, zwischen den einzelnen Nutzungsarten zu differenzieren (UA S. 20).
Rechtsfragen, die sich in einem Revisionsverfahren erst auf der Grundlage von
Tatsachen stellen könnten, welche von der Vorinstanz nicht festgestellt wurden
oder die deren Feststellungen sogar widersprechen, können regelmäßig - so
auch hier - die Zulassung der Revision nicht rechtfertigen (stRspr, vgl. nur
BVerwG, Beschluss vom 17. März 2000 - 8 B 287.99 - BVerwGE 111, 61
<62>).
bb) Die weitere Frage:
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Darf das Gericht nach § 114 VwGO eine Veranlagungs-
richtlinie für nichtig erklären, ohne zu prüfen, welche Aus-
wirkungen der Verstoß auf die Beitragshöhe in absoluter
und relativer Hinsicht hat?,
begründet ebenfalls keine grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache. Das
Oberverwaltungsgericht hat in Anwendung irrevisiblen Rechts angenommen,
dass die Rechtmäßigkeit der Festsetzung des umstrittenen Verbandsbeitrages
von der rechtsfehlerfreien Ausgestaltung der Beitragsbemessungsgrundlage in
den durch § 26 Abs. 3 Eifel-RurVG landesgesetzlich vorgeschriebenen Veran-
lagungsregeln abhängt. Ein Zusammenhang mit § 114 VwGO, der die einge-
schränkte gerichtliche Überprüfung von Ermessensverwaltungsakten regelt, ist
insoweit weder dargelegt noch ersichtlich. Auch im Übrigen lässt sich dem Be-
schwerdevorbringen ein grundsätzlicher bundesrechtlicher Klärungsbedarf nicht
entnehmen. Das gilt auch im Hinblick auf die Rechtsprechung des Bundesver-
waltungsgerichts, wonach es gegen die kommunale Selbstverwaltungsgarantie
(Art. 28 Abs. 2 GG) verstößt, eine gemeindliche Abgabensatzung wegen eines
einzelnen Kalkulationsfehlers für nichtig zu halten, ohne dass geprüft wird, in-
wieweit sich dieser auf die Abgabenhöhe ausgewirkt hat (BVerwG, Urteil vom
17. April 2002 - 9 CN 1.01 - BVerwGE 116, 188 <192 f.>). Insoweit ist in der
Rechtsprechung geklärt und bedarf nicht der erneuten revisionsgerichtlichen
Klärung, dass sich das diesbezügliche Erfordernis einer Ergebniskontrolle aus-
schließlich auf Kalkulations- bzw. Globalberechnungsmängel und deren Aus-
wirkungen bezieht (BVerwG, Urteil vom 29. September 2004 - 10 C 3.04 -
Buchholz 401.9 Beiträge Nr. 43 S. 9). Abgesehen davon würde sich die betref-
fende Frage in dem erstrebten Revisionsverfahren nicht stellen, da sich der be-
klagte Wasserverband als Träger nicht-kommunaler Selbstverwaltung auf
Art. 28 Abs. 2 GG nicht berufen kann.
cc) Schließlich folgt auch aus den Fragen:
Gebietet das Willkürverbot des Art. 3 GG, dass ein Gericht
bei der Überprüfung einer Veranlagungsregel den Gestal-
tungsspielraum des Veranlagenden oder Satzungsgebers
einschränkt, obwohl die mit der Gestaltung der Veranla-
gungsrichtlinien verbundene Pauschalierung aus fachli-
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cher Sicht eines Sachverständigen nicht zu beanstanden
ist? Verstößt ein solches Vorgehen gegen § 114 VwGO?,
keine grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache. Wie ein Gericht ein Partei-
gutachten, um das es sich bei der hier in Rede stehenden Studie von
Prof. Dr.-Ing. L. handelt, zu würdigen hat, ist ganz überwiegend eine Frage des
Einzelfalles. Soweit in diesem Zusammenhang überhaupt einer abstrakten Ant-
wort zugängliche Fragen denkbar sind, sind diese in der obergerichtlichen
Rechtsprechung geklärt. Danach verwehrt das Gebot des § 86 Abs. 1 VwGO,
den Sachverhalt von Amts wegen aufzuklären, es dem Tatsachengericht nicht,
für seine tatsächlichen Feststellungen auch das Vorbringen der Beteiligten zu
verwerten, soweit es ihm überzeugend erscheint und nicht durch anderweitiges
Parteivorbringen schlüssig in Frage gestellt wird (stRspr, vgl. BVerwG, Urteil
vom 8. Juni 1979 - 4 C 1.79 - Buchholz 310 § 86 Abs. 1 VwGO Nr. 120). Ob ein
Parteigutachten als "Interessenten"-Vortrag bloß zur Kenntnis genommen wird
oder als maßgebliche Entscheidungsgrundlage dient, ist eine Frage der inhaltli-
chen Bewertung. Je unzweifelhafter eine gutachterliche Äußerung als Ausdruck
der Sachkundigkeit, Unparteilichkeit und Objektivität zu qualifizieren ist, desto
unbedenklicher ist sie verwertbar (BVerwG, Urteil vom 18. Juni 2003 - 4 A
70.01 - NVwZ 2004, 100 <102> m.w.N.). Was rechtliche Bewertungen wie die-
jenige betrifft, ein pauschaler Ansatz von 10 % für den Wasserverlust sei "kei-
nesfalls willkürlich" (S. 33 der Studie), liegt es auf der Hand, dass es sich inso-
fern um eine originäre Aufgabe des Gerichts und nicht des Sachverständigen
handelt.
b) Die Zulassung der Revision kann auch nicht auf den Zulassungsgrund der
Divergenz (§ 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO) gestützt werden.
Eine Divergenz ist nur dann im Sinne des § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO hinrei-
chend bezeichnet, wenn die Beschwerde einen inhaltlich bestimmten, die ange-
fochtene Entscheidung tragenden abstrakten Rechtssatz benennt, mit dem die
Vorinstanz einem in der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts, des
Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bun-
desverfassungsgerichts aufgestellten entscheidungstragenden Rechtssatz in
Anwendung derselben Rechtsvorschrift widersprochen hat (BVerwG, Beschluss
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vom 19. August 1997 - 7 B 261.97 - Buchholz 310 § 133 VwGO Nr. 26
S. 14 m.w.N.). Hieran fehlt es.
Das Berufungsgericht hat einen Rechtssatz des mit der Beschwerdebegrün-
dung behaupteten Inhalts,
dass es das Willkürverbot des Art. 3 GG erfordert, auch
entgegen der Einschätzung der für die Beitragserhebung
zuständigen Gremien und einer fachlichen Einschätzung
eines Sachverständigen Anforderungen an die Differenzie-
rung der Beitragserhebung zu stellen, die sich im Beitrag
nur marginal (weniger als 3 %) auswirken,
weder wörtlich noch sinngemäß aufgestellt. Vielmehr hat das Gericht darauf
abgestellt, dass dem Beklagten zwar bei der Ausgestaltung des Beitragsver-
hältnisses ein erheblicher, allein durch das Willkürverbot begrenzter Ermes-
sensspielraum zusteht (UA S. 14), dass die Rechtmäßigkeit pauschalierter An-
sätze aber voraussetzt, dass sie die tatsächlichen Verhältnisse zumindest eini-
germaßen wirklichkeitsnah abbilden, also von diesen nicht grob abweichen,
wofür überschlägige, nachvollziehbare Berechnungen ausreichen (UA S. 20).
Einen hiervon abweichenden abstrakten Rechtssatz hat das Bundesverwal-
tungsgericht in keiner der von der Beschwerde angeführten Entscheidungen
aufgestellt. Das gilt zunächst ohne Weiteres für alle die Urteile, die jeweils den
für die Festlegung des Beitragsmaßstabes eröffneten weiten Gestaltungsspiel-
raum betonen, der nur durch das Willkürverbot begrenzt wird (vgl. BVerwG, Ur-
teile vom 2. Dezember 1966 - 4 C 185.65 - Buchholz 445.2 § 81 WVVO Nr. 1
S. 4 und vom 30. August 2006 - 6 C 2.06 - Buchholz 445.1 Allg. Wasserrecht
Nr. 11 Rn. 13). Soweit das Bundesverwaltungsgericht in seinem Urteil vom
23. Mai 1973 - 4 C 21.70 - (BVerwGE 42, 210 <215 f.>) in der Heranziehung
von Grundstückseigentümern zu den Kosten der Gewässerunterhaltung allein
anhand eines Flächenmaßstabes keinen Verstoß gegen Art. 3 GG gesehen hat,
beruhte dies auf der - vorliegend nicht einschlägigen - sachlich vertretbaren ge-
setzgeberischen Annahme, dass zwar auch die Art und der Kulturzustand der
Grundstücke Einfluss auf die Menge des den zu unterhaltenden Gewässern
zugeführten Wassers haben, der Umfang des Wasserabflusses jedoch maß-
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geblich durch die auf dem Grundstück niedergehende Niederschlagsmenge
bestimmt wird, die wiederum in unmittelbarer Beziehung zur Grundstücksfläche
steht. In seinem Beschluss vom 4. Juni 2002 - 9 B 15.02 - (NVwZ 2002, 1508)
hat das Bundesverwaltungsgericht lediglich bezogen auf den Einzelfall ent-
schieden, es sei nicht zu beanstanden, wenn der Gesetzgeber ungeachtet des
Umstandes, dass bei Waldflächen ein geringerer Wasserabfluss bestehe, für
die Umlegung der Gewässerunterhaltungskosten keinen differenzierenden
Maßstab vorsehe. Die Entscheidung betraf darüber hinaus ebenso wie das Ur-
teil des Bundesverwaltungsgerichts vom 11. Juli 2007 - 9 C 1.07 - (Buchholz
445.20 Wasserverbandsrecht Nr. 1 Rn. 41) einen reinen Flächenmaßstab und
beruhte zudem ebenfalls auf der Feststellung, dass die individuellen Anteile am
Wasserzufluss regelmäßig nicht messbar sind. Der Beklagte hingegen hat der
Berechnung der Umlagebeträge den - wenngleich pauschalierten - Wasserver-
brauch der Verbandsmitglieder, mithin einen nutzungsbezogenen Maßstab zu-
grunde gelegt; insoweit hat das Berufungsgericht zudem - wie oben ausge-
führt - festgestellt, dass eine Differenzierung zwischen den Nutzungsarten un-
problematisch möglich ist.
c) Die Revision ist schließlich nicht wegen eines Verfahrensmangels zuzulas-
sen, auf dem die Entscheidung beruhen kann (§ 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO).
Eine Verletzung des Grundsatzes der Unmittelbarkeit der Beweisaufnahme
(§ 96 VwGO) ist ebenso wenig gegeben wie eine fehlerhafte Sachaufklärung
(§ 86 VwGO) oder Beweiswürdigung (§ 108 VwGO). Das Berufungsgericht war
durch die Schlussfolgerung in der Studie des Prof. Dr.-Ing. L., die Annahme
eines Wasserverbrauchs bzw. -entzugs in Höhe von 10 % sei nicht willkürlich,
nicht daran gehindert, seiner Entscheidung die zwischen den Beteiligten un-
streitige Feststellung des Gutachters zugrunde zu legen, an einem heißen
Sommertag verdunsten 2 bis 3 % des den Fischteichen zugeführten Wasserzu-
flusses (S. 17 der Studie), und hieraus die Schlussfolgerung zu ziehen, bei le-
bensnaher Würdigung liege der Wasserverlust im Jahresmittel deutlich unter
dem Mittelwert von 2,5 % mit der Folge, dass die vom Beklagten angesetzte
Verdunstung von 10 % selbst bei Berücksichtigung eines den Verlustwert relati-
vierenden Faktors von v=0,4 den tatsächlichen Verdunstungswert erheblich
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überschreite. Denn die rechtlichen Ausführungen des Gutachters waren weder
für das Gericht bindend noch wurden durch sie die vorgenannten sachverstän-
digen Feststellungen relativiert oder in Frage gestellt. Im Übrigen hat der Be-
klagte keinen Beweisantrag gestellt.
Ein Verstoß gegen den Grundsatz rechtlichen Gehörs liegt gleichfalls nicht vor.
Die Klägerin hat bereits vor dem Verwaltungsgericht geltend gemacht, die An-
nahme eines Versickerungs- und Verdunstungsverlustes von 10 % stehe im
Widerspruch zu der Studie Prof. Dr.-Ing. L. (vgl. S. 26 des Schriftsatzes vom
13. Mai 2009, Bl. 180 der Gerichtsakte). Der Beklagte musste deshalb damit
rechnen, dass es auf diesen Gesichtspunkt in der mündlichen Verhandlung an-
kommen würde. Daran ändert der Umstand nichts, dass das Berufungsgericht
wenige Wochen vor der Verhandlung zu einem anderen Thema - zur relativen
Besserstellung der Wasserkraftnutzer - um nähere Angaben gebeten hat. Im
Übrigen hat das Gericht ausweislich des Protokolls der mündlichen Verhand-
lung vom 24. Juni 2014 mit den Beteiligten "eingehend erörtert, ob sich die der
Beitragserhebung zugrundegelegten Veranlagungsregeln als rechtswirksam
erweisen. Im Zusammenhang mit der Darstellung und Erörterung der Regelun-
gen betreffend den Verdunstungswert wird u.a. auch das vom Beklagten einge-
holte und von Prof. Dr.-Ing. L. erstellte Gutachten angesprochen und in seinen
Ergebnissen vorgestellt." Angesichts dessen sind Anhaltspunkte für einen Ge-
hörsverstoß nicht erkennbar.
Schließlich verletzt das angefochtene Urteil nicht § 117 VwGO. Es wurde aus-
weislich der übersandten Ablichtung des Urteilsoriginals von allen Berufsrich-
tern unterschrieben.
3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO, die Festsetzung des
Streitwertes auf § 47 Abs. 1 und 3, § 52 Abs. 3 GKG.
Dr. Bier
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