Urteil des BVerwG vom 24.11.2011

Stadt Bremen, Privates Interesse, Umweltverträglichkeitsprüfung, Neubau

BUNDESVERWALTUNGSGERICHT
IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
BVerwG 9 A 24.10
Verkündet
am 24. November 2011
Renner
als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle
In der Verwaltungsstreitsache
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hat der 9. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
auf die mündliche Verhandlung vom 9. und 10. November 2011
durch die Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. Nolte und Domgörgen,
die Richterin am Bundesverwaltungsgericht Buchberger und
die Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. Christ und Prof. Dr. Korbmacher
am 24. November 2011 für Recht erkannt:
Die Klage wird abgewiesen.
Die Kläger tragen die Kosten des Verfahrens je zur Hälfte.
G r ü n d e :
I
Die Kläger wenden sich gegen den Planfeststellungsbeschluss der Freien Han-
sestadt Bremen für den Neubau des 4. Abschnitts der Bundesautobahn A 281.
Der Neubau der A 281 soll eine Eckverbindung zwischen den nordöstlich und
südwestlich der Stadt Bremen verlaufenden Autobahnen A 27 und A 1 herstel-
len, diese Autobahnen entlasten und eine leistungsfähige Anbindung des süd-
lich der Weser gelegenen Güterverkehrszentrums, der Weserhäfen und des
Flughafens Bremen an das überregionale Verkehrsnetz gewährleisten. Das
Gesamtprojekt umfasst fünf Bauabschnitte. Der Bauabschnitt 1 zwischen der
A 27 und der Hafenrandstraße steht seit 1995 unter Verkehr. Die ersten Teilab-
schnitte der Bauabschnitte 2 und 3 wurden dem Verkehr Anfang 2008 überge-
ben, und mit dem Bau des 2. Teilabschnitts des Bauabschnitts 3 wurde begon-
nen. Mit Urteil vom 24. November 2010 hat der Senat die Rechtswidrigkeit und
Nichtvollziehbarkeit des Planfeststellungsbeschlusses für den Teilabschnitt 2/2
festgestellt.
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Der hier in Rede stehende, etwa 4,9 km lange Bauabschnitt 4 beginnt mit der
Anbindung an den bestehenden Bauabschnitt 1 an der Anschlussstelle Bre-
men-Gröpelingen nördlich der Weser und endet mit der Verknüpfung mit dem
Bauabschnitt 3/2 westlich des Güterverkehrszentrums an der Anschlussstelle
Bremen-Strom auf der südlichen Weserseite. Die Weser wird mit einem Tunnel
gequert, der im sogenannten Einschwimm- und Absenkverfahren gebaut wer-
den soll (Absenktunnel). Der Bau, die Erhaltung, der Betrieb und die Finanzie-
rung der Weserquerung sollen durch einen privaten Investor erfolgen, der sich
- neben einer Anschubfinanzierung durch den Bund - durch Mauteinnahmen
refinanziert (sog. F-Modell). Das Vorhaben ist im Bedarfsplan für die Bundes-
fernstraßen als vierstreifige Autobahn ausgewiesen. Das Wohngebäude der
Kläger liegt in einer Entfernung von etwa 150 m zur geplanten Trasse.
Im Rahmen der Vorplanung wurde zunächst gutachtlich untersucht, ob die We-
ser durch einen Tunnel oder durch eine Brücke gequert werden soll. Die Be-
klagte traf im Oktober 2002 die Entscheidung zugunsten eines Tunnels. Im An-
schluss daran wurde im Rahmen einer Vergleichsstudie bezogen auf die „Ziel-
felder“ Verkehr und Sicherheit, Technik, Wirtschaftlichkeit, Umwelt und Natur
sowie Städtebau, die in insgesamt 67 Einzelziele unterteilt wurden, gutachtlich
untersucht, ob der Tunnel als Absenktunnel oder als Bohrtunnel gebaut werden
soll. In dieser Vergleichsstudie wird der Kostenvorteil des Absenktunnels ge-
genüber dem Bohrtunnel mit 26 Mio. € (Investitionskosten) und 25 Mio. € (Be-
triebskosten bezogen auf 30 Jahre) beziffert. Auf dieser Grundlage entschied
sich die Beklagte im Jahre 2004 für die Ausführung der Weserquerung als Ab-
senktunnel.
Die vom Vorhabenträger zur Planfeststellung eingereichten Unterlagen lagen in
der Zeit vom 10. Juni 2008 bis zum 9. Juli 2008 zur Einsicht aus. Vom 2. März
2009 bis zum 1. April 2009 erfolgte auf Veranlassung der Anhörungsbehörde
eine ergänzende Auslegung der Vergleichsstudie zu den Varianten Brü-
cke/Tunnel und Bohrtunnel/Absenktunnel sowie einer Aktualisierung des land-
schaftspflegerischen Begleitplans. Die Planauslegungen waren zuvor ortsüblich
unter Hinweis auf die Möglichkeit, fristgebunden Einwendungen zu erheben,
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und die Rechtsfolgen verspäteter Einwendungen bekannt gemacht worden. Der
Erörterungstermin wurde im Zeitraum vom 22. April 2009 bis zum 5. Juni 2009
durchgeführt.
Die Kläger erhoben fristgerecht Einwendungen gegen das Vorhaben. Sie rügen
unter anderem Folgendes: Die Planfeststellung weise formelle Mängel auf. Die
Planauslegung sowie deren Bekanntmachung seien fehlerhaft erfolgt. Die Auf-
gaben des Vorhabenträgers, der Anhörungsbehörde und der Planfeststellungs-
behörde würden innerhalb derselben Behörde - des Senators für Umwelt, Bau,
Verkehr und Europa - wahrgenommen, so dass eine unbefangene und neutrale
Abwägung aller Belange nicht gewährleistet sei. Hinsichtlich der geplanten Ein-
griffe in die Weser und die Baggergutdeponie hätten wasserrechtliche bzw. ab-
fallrechtliche Planfeststellungsverfahren durchgeführt werden müssen. Dem
Neubau der A 281 im 4. Bauabschnitt fehle die planerische Rechtfertigung, weil
die vorgesehene Finanzierung durch einen privaten Investor nicht gesichert sei.
Die Plantrasse weiche etwa 200 m von der im Flächennutzungsplan dargestell-
ten Trasse ab; außerdem solle das südliche Tunnelportal nicht an dem im Flä-
chennutzungsplan dargestellten Standort, sondern deutlich weiter nördlich und
damit näher an der Wohnbebauung von Seehausen verwirklicht werden. Damit
verstoße das Vorhaben gegen das Anpassungsgebot nach § 7 BauGB. Die Er-
mittlung, Bewertung und Gewichtung der im Rahmen des Vergleichs der Va-
rianten Bohr- und Absenktunnel zu berücksichtigenden Belange könnten insbe-
sondere hinsichtlich des Aspektes der Wirtschaftlichkeit keinen Bestand haben.
Die bei der jeweiligen Tunnelvariante anfallenden Kosten seien fehlerhaft ermit-
telt und das Kriterium der Wirtschaftlichkeit sei zu hoch gewichtet worden. Die
Belange der betroffenen Eigentümer seien nicht in die Abwägung eingestellt
worden. Das Vorhaben verstoße darüber hinaus gegen die FFH- und die Vo-
gelschutzrichtlinie sowie gegen artenschutzrechtliche Bestimmungen und die
naturschutzrechtliche Eingriffsregelung. Der Schutz des Grund- und Oberflä-
chenwassers, der Hochwasserschutz sowie der Schutz der Anwohner vor Lärm
und Luftschadstoffen seien unzureichend berücksichtigt und es sei nicht unter-
sucht worden, ob die Gesamtbelastung durch Lärm die Schwelle zur Gesund-
heitsgefährdung überschreite.
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Mit Datum vom 30. Juni 2010 stellte die Beklagte den Plan für den Neubau des
4. Abschnitts der A 281 fest. Die Einwendungen der Kläger wurden zurückge-
wiesen. Unter anderem wurde ausgeführt: Die Finanzierung des Vorhabens sei
gewährleistet; sollte es nicht zur Beteiligung eines privaten Investors kommen,
werde die Finanzierung aus öffentlichen Mitteln erfolgen. Die Planung halte sich
im Rahmen der Darstellungen des Flächennutzungsplans. Die Ausführungsva-
rianten Bohrtunnel und Absenktunnel seien nach der Vergleichsstudie in Bezug
auf die Ergebnisse der untersuchten Zielfelder im Wesentlichen gleich zu be-
werten. Für die Herstellung des Absenktunnels müssten sechs Wohnhäuser
abgerissen werden. Aber auch bei einem Bohrtunnel käme es im Bereich der
Ortslage Seehausen zu Erschütterungen und Lärmbelästigungen. Für die be-
absichtigte privatwirtschaftliche Realisierung der Weserquerung in Gestalt eines
Absenktunnels auf der Grundlage des Fernstraßenbauprivatfinanzie-
rungsgesetzes sei bereits eine Anschubfinanzierung von 115 Mio. € als erfor-
derlich angesehen worden, um trotz der hohen Baukosten eines Tunnels eine
für einen privaten Investor akzeptable Refinanzierung über die Mauteinnahme
erreichen zu können. Der Aspekt der Wirtschaftlichkeit sei daher von grundle-
gender Bedeutung für die Realisierbarkeit des Tunnels, so dass dessen Ausfüh-
rung im Einschwimm- und Absenkverfahren mit Blick auf Mehrkosten eines
Bohrtunnels von insgesamt 51 Mio. € alternativlos sei. Die in der Vergleichsstu-
die angestellte Betrachtung der Kosten der beiden Tunnelvarianten sei im Übri-
gen nicht zu beanstanden. Das Vorhaben werde das Vogelschutzgebiet „Nie-
dervieland“ nicht erheblich beeinträchtigen. Die Auswirkungen des Neubaus der
B 212 auf das Vogelschutzgebiet seien allein im Rahmen der Planfeststellung
dieses Projekts zu berücksichtigen. Auch im Übrigen sei das Vorhaben mit dem
FFH-Recht, dem Artenschutzrecht und den Vorschriften zum Ausgleich von
Eingriffen in Natur und Landschaft vereinbar.
Nach Erhebung der Klage, mit der die Kläger ihr Vorbringen wiederholen und
vertiefen, hat die Beklagte den angefochtenen Planfeststellungsbeschluss mit
Datum vom 7. November 2011 nach vorausgegangener Offenlage in Bezug auf
eine vorsorglich für den Fall einer erheblichen Beeinträchtigung des Vogel-
schutzgebiets „Niedervieland“ durchgeführte Abweichungsprüfung nach § 34
Abs. 3 BNatSchG „ergänzt“. Mit dem Ergänzungsbeschluss wurden zugleich die
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Ausführungen des Planfeststellungsbeschlusses insbesondere zur Auswahl der
Tunnelvariante erweitert; insoweit fand keine Offenlage statt. Die bisher mit
Blick auf die beabsichtigte Privatfinanzierung des Wesertunnels hervorgehobe-
ne besondere Bedeutung des Kostenaspekts wird nunmehr auch auf den Fall
einer Finanzierung des Tunnels durch öffentliche Mittel erstreckt. Der Ergän-
zungsbeschluss führt aus, dass dem Aspekt der Wirtschaftlichkeit in diesem
Fall eine mindestens ebenso große Bedeutung zukomme wie bei einer privat-
wirtschaftlichen Realisierung. Daher sei die Ausführungsvariante Absenktunnel
wegen der erheblichen Mehrkosten eines Bohrtunnels unabhängig von der Art
der Finanzierung alternativlos.
Die Kläger beantragen,
den Planfeststellungsbeschluss der Beklagten vom
30. Juni 2010 in der Gestalt des Ergänzungsbeschlusses
vom 7. November 2011 und der Protokollerklärung der
mündlichen Verhandlung aufzuheben.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie tritt dem Vorbringen der Kläger im Einzelnen entgegen.
II
Die Klage ist zulässig, aber nicht begründet. Der Planfeststellungsbeschluss in
der Gestalt des Ergänzungsbeschlusses vom 7. November 2011 und der in der
mündlichen Verhandlung abgegebenen Protokollerklärung leidet an keinem
Rechtsfehler, der die Kläger in ihren Rechten verletzt und die - vollständige
oder teilweise - Aufhebung des Planfeststellungsbeschlusses oder zumindest
die Feststellung seiner Rechtswidrigkeit und Nichtvollziehbarkeit rechtfertigt.
Die nicht durch die Inanspruchnahme ihres Grundstücks und damit nur mittelbar
betroffenen Kläger können nur die Verletzung gerade sie schützender Normen
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des materiellen und Verfahrensrechts sowie eine nicht ordnungsgemäße Ab-
wägung ihrer geschützten Privatbelange rügen, nicht aber eine insgesamt feh-
lerfreie Abwägung und Planung verlangen.
A. Der Planfeststellungsbeschluss weist keine Verfahrensfehler auf, die Rechte
der Kläger berühren könnten.
1. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts ist die Ein-
haltung verfahrensrechtlicher Vorschriften kein Selbstzweck, sondern dient der
besseren Durchsetzung von Belangen. Daher muss ein Kläger zur Begründung
einer Rechtsverletzung geltend machen, dass sich der von ihm gerügte Verfah-
rensfehler auf seine materiell-rechtliche Position ausgewirkt haben könnte (vgl.
Urteile vom 12. August 2009 - BVerwG 9 A 64.07 - BVerwGE 134, 308 Rn. 31,
vom 8. Juni 1995 - BVerwG 4 C 4.94 - BVerwGE 98, 339 <362> und vom
22. Dezember 1980 - BVerwG 7 C 84.78 - BVerwGE 61, 256 <275 f.>). Im vor-
liegenden Fall einer mittelbaren Betroffenheit ist daher Voraussetzung, dass ein
geschützter privater Belang des Klägers ohne den geltend gemachten Verfah-
rensverstoß besser durchsetzbar gewesen wäre; ferner muss die konkrete
Möglichkeit bestehen, dass dann eine andere Entscheidung getroffen worden
wäre. Gemessen daran können die von den Klägern geltend gemachten Fehler
sowohl der Bekanntmachung der Planauslegung und der Auslegung selbst (feh-
lende Auslegung von Gutachten) als auch der ergänzenden Auslegung (Mög-
lichkeit der Einsichtnahme nur über CD-ROM und fehlende Auslegung im Orts-
amt von Seehausen) sowie die Rüge einer verspäteten Erörterung der Einwen-
dungen der Anfechtungsklage von vornherein nicht zum Erfolg verhelfen (§ 113
Abs. 1 Satz 1 VwGO). Die Kläger selbst haben fristgerecht umfangreich Ein-
wendungen gegen sie betreffende Belastungen und die Abwägung ihrer priva-
ten Belange erhoben. Sie behaupten auch nicht, dass sie wegen der ihrer Auf-
fassung nach bestehenden Verfahrensfehler gehindert gewesen seien, weitere
Einwendungen zu erheben. Wenn sie stattdessen darauf abstellen, es könne
nicht ausgeschlossen werden, dass infolge des - ihrer Ansicht nach - nicht ord-
nungsgemäßen Verfahrens andere Betroffene von entscheidungserheblichen
Einwendungen abgesehen oder solche nur eingeschränkt geltend gemacht hät-
ten, übersehen sie zum einen die oben dargelegte Beschränkung ihrer Rügebe-
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fugnis. Zum anderen haben auch die von der enteignungsrechtlichen Vorwir-
kung der Planfeststellung betroffenen Kläger weiterer Verfahren, die Einwen-
dungen gegen die objektive Rechtmäßigkeit des Planfeststellungsbeschlusses
erheben können (Art. 14 Abs. 3 Satz 1 GG), nicht behauptet, wegen der nach
Auffassung der Kläger bestehenden Verfahrensfehler an einem umfassenden
Vorbringen gehindert gewesen zu sein.
Soweit die Kläger rügen, die Bekanntmachung der Planauslegung habe gegen
§ 9 Abs. 1a Nr. 2 und 5 UVPG verstoßen, weil sie keinen Hinweis auf die UVP-
Pflichtigkeit des Vorhabens und die nach § 6 UVPG vorgelegten Unterlagen
enthalten habe, ist gleichfalls nicht ersichtlich, dass sich die geltend gemachten
Rechtsverstöße auf die Sachentscheidung ausgewirkt haben könnten. Insoweit
besteht allerdings die Besonderheit, dass es sich bei den als verletzt gerügten
Bestimmungen um Regelungen zur Umsetzung von Unionsrecht, nämlich von
Verfahrensvorschriften der Europäischen Richtlinie über die Umweltverträglich-
keitsprüfung (UVP-RL), handelt (Art. 6 Abs. 2 Buchst. b und e UVP-RL). Dieser
europarechtliche Bezug vermag der Anfechtungsklage ebenfalls nicht zum Er-
folg zu verhelfen.
§ 4 Abs. 1 i.V.m. Abs. 3 UmwRG ist nicht anwendbar. Danach kann ein Privater
die Aufhebung einer Entscheidung über die Zulässigkeit eines dem Recht der
Umweltverträglichkeitsprüfung unterliegenden Vorhabens verlangen, wenn die
vorgeschriebene Umweltverträglichkeitsprüfung oder die Vorprüfung des Einzel-
falls über die UVP-Pflichtigkeit nicht durchgeführt worden und nicht nachgeholt
worden ist. Vorliegend ist eine Umweltverträglichkeitsprüfung erfolgt. Fehler bei
der Durchführung dieser Prüfung begründen keinen Verfahrensmangel im Sin-
ne der Regelung des § 4 Abs. 1 UmwRG. Insoweit gilt vielmehr das allgemeine
Verwaltungsverfahrensrecht und damit auch § 46 VwVfG, in dem das Erforder-
nis der Kausalität zwischen Verfahrensfehler und Inhalt der angegriffenen Ent-
scheidung seine gesetzliche Stütze gefunden hat (vgl. BTDrucks 16/2495
S. 14). Der Wortlaut des § 4 Abs. 1 UmwRG steht der Geltung des Kausalitäts-
erfordernisses im Anwendungsbereich des Umweltrechtsbehelfsgesetzes nicht
entgegen. Danach kann die Aufhebung der angefochtenen Entscheidung nicht
„nur“, sondern (bereits) dann verlangt werden, wenn die in § 4 Abs. 1 UmwRG
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genannten Verfahrensverstöße vorliegen, ohne dass es darauf ankommt, ob
sich diese Verstöße auf die Entscheidung ausgewirkt haben. Es handelt sich
also um eine Sonderregelung, die die Relevanz bestimmter Verfahrensverstöße
gegenüber dem allgemeinen Verwaltungsverfahrensrecht erweitert und nicht
etwa einschränkt. Gegen diese Annahme spricht nicht, dass nach dem ur-
sprünglichen Gesetzentwurf der Bundesregierung die Aufhebung der angefoch-
tenen Entscheidung bei Verletzung aller „wesentlichen“ Verfahrensfehler hätte
verlangt werden können (BTDrucks 16/2495 S. 6). Nachdem der Bundesrat zu-
nächst die Streichung des § 4 UmwRG vorgeschlagen hatte (BRDrucks 552/06
Beschluss), sollte die Vorschrift mit der im weiteren Gesetzgebungsverfahren
dann vorgenommenen Einschränkung des Aufhebungsanspruchs auf die bei-
den ausdrücklich benannten Verfahrensmängel nicht einen gegenüber anderen
Verfahrensfehlern abschließenden Regelungscharakter erhalten, sondern be-
stimmter gefasst werden (vgl. BTDrucks 16/2931 S. 8). Im Übrigen kann nicht
angenommen werden, dass gerade das Umweltrechtsbehelfsgesetz, das der
Umsetzung der Richtlinie über die Beteiligung der Öffentlichkeit (Richtlinie
2003/35/EG) unter anderem mit dem Ziel einer Ergänzung bestehender
Rechtsschutzmöglichkeiten dient (vgl. BTDrucks 16/2495 S. 7), eine Regelung
enthalten sollte, wonach in seinem Anwendungsbereich sämtliche Verfahrens-
fehler - zum Beispiel solche bei der Durchführung der Umweltverträglichkeits-
prüfung - abweichend von § 46 VwVfG auch dann unerheblich sind, wenn sie
das Ergebnis der angefochtenen Entscheidung beeinflusst haben. Eine solche
Auslegung des § 4 Abs. 1 UmwRG scheidet auch deshalb aus, weil sie dem
unionsrechtlichen Äquivalenzprinzip widersprechen würde (vgl. EuGH, Urteile
vom 14. Dezember 1995 - Rs. C-312/93 - Slg. 1995, I-4599 Rn. 12 und vom
16. Mai 2000 - Rs. C-78/98 - Slg. 2000, I-3201 Rn. 31).
Die Kläger haben nicht ansatzweise begründet, warum das sonach geltende
Kausalitätserfordernis im vorliegenden Fall gegen Unionsrecht verstoßen sollte.
Nach Art. 10a Abs. 3 Satz 1 UVP-RL ist es Sache der Mitgliedstaaten zu be-
stimmen, was als Rechtsverletzung gilt, die nach der vom deutschen Gesetz-
geber in Einklang mit Unionsrecht getroffenen Systementscheidung zugunsten
eines auf subjektiv-öffentliche Rechte beschränkten Rechtsschutzes (Art. 19
Abs. 4 GG; § 42 Abs. 2, § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO) den Zugang zu Gericht
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eröffnet und Voraussetzung für den Erfolg der Anfechtungsklage ist. Das inso-
weit für Verfahrensfehler normierte Kausalitätserfordernis (§ 46 VwVfG) wider-
spricht jedenfalls bezogen auf die hier in Rede stehenden Verfahrensverstöße
weder dem Ziel, der betroffenen Öffentlichkeit einen weiten Zugang zu Gericht
zu gewähren (Art. 10a Abs. 3 Satz 1 UVP-RL) noch dem unionsrechtlichen Ef-
fektivitätsprinzip. Insoweit ist zu berücksichtigen, dass auch das Eigenverwal-
tungsrecht der Europäischen Union keine durchgängige Beachtlichkeit von
Form- und Verfahrensfehlern statuiert, sondern in dieser Hinsicht zwischen we-
sentlichen und unwesentlichen Fehlern unterscheidet (Art. 263 Abs. 2 AEUV).
Die hier gerügten Defizite der Bekanntmachung der Planauslegung stellen
keine wesentlichen Verfahrensfehler dar. Sie betreffen bloße Bekanntma-
chungsdetails, von denen die gebotene Anstoßwirkung der Bekanntmachung,
sich am Verfahren zu beteiligen, nicht abhängt. Aus dem Text der von der An-
hörungsbehörde veranlassten Bekanntmachung ergab sich auch ohne diese
Details mit der gebotenen Klarheit, dass die Beteiligung der betroffenen Öffent-
lichkeit die Beteiligung im Rahmen einer Umweltverträglichkeitsprüfung umfass-
te (Nr. 7 des Bekanntmachungstextes) und dass die ausgelegten Planunterla-
gen die Grundlage auch dieser Beteiligung bilden sollten. Unabhängig von den
Detailinformationen nach Maßgabe von § 9 Abs. 1a Nr. 2 und 5 UVPG wurde
damit hinreichend deutlich zum Ausdruck gebracht, dass für das Vorhaben eine
Umweltverträglichkeitsprüfung durchzuführen war und dass die ausgelegten
Unterlagen die für die Umweltverträglichkeitsprüfung wesentlichen Unterlagen
umfassten. Angesichts dessen besteht kein vernünftiger Zweifel, dass die ge-
rügten Mängel nicht den wesentlichen Bekanntmachungsinhalt betrafen und
dass deshalb Unionsrecht nicht gebietet, sie unabhängig von ihrem Einfluss auf
die Sachentscheidung als erheblich zu behandeln.
2. Die Kläger rügen ferner, dass hinsichtlich der vorgesehenen baulichen Ein-
griffe in die Baggergutdeponie Seehausen und in den Wesergrund keine eigen-
ständigen abfall- bzw. wasserrechtlichen Planfeststellungsverfahren seitens der
dafür zuständigen Behörden durchgeführt worden sind. Insoweit sind keine
drittschützenden Normen angesprochen. Abgesehen davon liegt auch kein
Rechtsverstoß vor. Die Ausbaggerung des Wesergrundes dient allein dem Ziel,
die Tunnelelemente absenken zu können; das Gewässerbett erhält nach Errich-
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tung des Tunnels wieder seinen ursprünglichen Zustand. Die geringfügige Inan-
spruchnahme der Baggergutdeponie, die nach unwidersprochenen Angaben
der Beklagten in der mündlichen Verhandlung deren Betrieb nicht beeinträch-
tigt, ist durch die Trassenführung der A 281 bedingt. Dasselbe gilt für die ge-
plante Zwischenlagerung von baubedingtem Aushub. Es handelt sich um Maß-
nahmen, die Bestandteil des Vorhabens selbst sind, weil sie sich unmittelbar
auf dessen Verwirklichung richten. Als solche fallen sie ohne Weiteres in die
Kompetenz der fernstraßenrechtlichen Planung.
3. Es bedarf keiner näheren Erörterung, ob sich die mittelbar betroffenen Kläger
hier auf eine Verletzung des rechtsstaatlichen Gebots fairer Verfahrensgestal-
tung berufen können. Ein solcher Rechtsverstoß liegt jedenfalls nicht vor.
Das Gebot fairer Verfahrensgestaltung ist nicht verletzt, wenn die Aufgaben des
Vorhabenträgers sowie der Anhörungs- und Planfeststellungsbehörde innerhalb
derselben Behörde des zuständigen Senators für Umwelt, Bau und Verkehr
wahrgenommen werden. Diese Begriffe werden in den einschlägigen Bestim-
mungen (vgl. §§ 17a, 17b FStrG; §§ 73, 74 BremVwVfG ; § 33 Abs. 9
BremLStrG) in einem funktionalen Sinne verwendet. Es gibt daher kein gesetz-
liches Verbot, die genannten Aufgaben ein und derselben Behörde zuzuweisen.
Ein solches Verbot kann auch nicht aus rechtsstaatlichen Grundsätzen herge-
leitet werden. Allerdings ist die zu eigener planerischer Gestaltung ermächtigte
Planfeststellungsbehörde zu Unparteilichkeit und innerer Distanz verpflichtet;
sie darf sich keiner Einflussnahme aussetzen, die ihr diese Freiheit faktisch
nimmt oder weitgehend einschränkt. Die fachbezogene Integrität der Planfest-
stellungsbehörde wird jedoch nicht schon dadurch in Frage gestellt, dass inner-
halb derselben Behörde auch die Aufgabe des Vorhabenträgers wahrgenom-
men wird. Denn diese Behörde hat als Teil der öffentlichen Verwaltung in allen
ihr übertragenen Funktionen dem Gemeinwohl zu dienen, ist an Gesetz und
Recht gebunden und untersteht exekutiver Aufsicht. Angesichts dessen ist eine
neutrale Aufgabenwahrnehmung durch sie als Planfeststellungsbehörde jeden-
falls dann in einer rechtsstaatlichen Anforderungen genügenden Weise gewähr-
leistet, wenn behördenintern für eine organisatorische und personelle Trennung
der Aufgabenbereiche gesorgt ist (vgl. Urteile vom 18. März 2009 - BVerwG 9 A
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39.07 - BVerwGE 133, 239 Rn. 24 und vom 5. Dezember 1986 - BVerwG 4 C
13.85 - BVerwGE 75, 214 <230 f.>).
Eine solche Trennung der Aufgabenbereiche ist hier noch hinreichend gewahrt.
Nach dem maßgeblichen Organisationsplan wurden die Aufgaben des Vorha-
benträgers bei Beginn des Planfeststellungsverfahrens durch das Amt für Stra-
ßen und Verkehr als nachgeordnete Dienststelle des Senators für Umwelt, Bau,
Verkehr und Europa und die Aufgaben der Planfeststellungs- sowie der Anhö-
rungsbehörde durch zwei unterschiedliche Referate dieser Abteilung wahrge-
nommen. Die genannten Funktionen waren also auf drei voneinander getrennte
Stellen verteilt, die auch personell unterschiedlich besetzt sind. Daran ändert
nichts, dass seit Änderung der Organisationsstruktur der Abteilung 5 des dama-
ligen Senators für Umwelt, Bau, Verkehr und Europa mit Wirkung vom 8. Fe-
bruar 2010 eine Stabsstelle des Abteilungsleiters als Vorhabenträger fungiert,
der als solcher unmittelbarer Vorgesetzter des als Planfeststellungsbehörde
tätigen Referates ist. Insoweit unterscheidet sich die vorliegende Konstellation
nicht wesentlich von einer Aufteilung der Funktionen auf verschiedene Abtei-
lungen einer Behörde (vgl. Urteil vom 18. März 2009 a.a.O. Rn. 25). Auch in
jenem Fall ist in Gestalt des Behördenleiters ein unmittelbarer Vorgesetzter vor-
handen.
Die besondere Nähe der als Vorhabenträger bestimmten Stelle zum unmittelba-
ren Vorgesetzten des die Aufgabe der Planfeststellungsbehörde wahrnehmen-
den Referates wäre allerdings bedenklich, wenn der Vorgesetzte durch
fachaufsichtliche Weisungen die Prüfung und Entscheidung der Planfeststel-
lungsbehörde im Kernbereich planerischer Abwägung steuern könnte. We-
sensmerkmal planerischer Abwägung ist die Herstellung eines gerechten Aus-
gleichs zwischen den vom Vorhaben berührten öffentlichen und privaten Belan-
gen. Die Wahrnehmung dieser Aufgabe setzt Gestaltungsfreiheit sowie innere
Distanz und Neutralität gegenüber allen am Planfeststellungsverfahren Beteilig-
ten voraus (vgl. Urteil vom 5. Dezember 1986 a.a.O. S. 230 f.). Es mag zwar
sein, dass der rechtsstaatliche Grundsatz fairer Verfahrensgestaltung gleich-
wohl nicht verbietet, einem Vorhabenträger die Befugnis zur planerischen Ab-
wägung „in eigener Sache“ einzuräumen, wenn dieser kein privates Unterneh-
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men, sondern wie hier Teil der dem Gemeinwohl verpflichteten öffentlichen
Verwaltung ist (vgl. Urteil vom 27. Juli 1990 - BVerwG 4 C 26.87 - Buch-
holz 442.08 § 36 BBahnG Nr. 18 S. 29 f.; Beschluss vom 24. August 1987
- BVerwG 4 B 129.87 - Buchholz 442.08 § 36 BBahnG Nr. 12 S. 6 f.). Begrün-
det der Gesetzgeber jedoch eine eigene sachliche Zuständigkeit einer vom
Vorhabenträger organisatorisch und personell zu trennenden Behörde oder
Dienststelle für die Aufgabe der planerischen Abwägung, wie dies im vorliegen-
den Fall nach den genannten Vorschriften geschehen ist, trägt er dem rechts-
politischen Anliegen Rechnung, die für eine sachgerechte Abwägung notwendi-
ge Gestaltungsfreiheit auch innerhalb der öffentlichen Verwaltung verfahrens-
rechtlich zu sichern. Eine entsprechende gesetzliche Aufgabenzuweisung be-
deutet somit, dass die durch Organisationsakt als „Planfeststellungsbehörde“
bestimmte Stelle zur eigenständigen Wahrnehmung planerischer Gestaltungs-
freiheit ermächtigt ist (vgl. Urteil vom 5. Dezember 1986 a.a.O. S. 232 in Bezug
auf entsprechende rechtsstaatliche Anforderungen bei privaten Unternehmens-
trägern). Diese Befugnis, die den durch Gestaltungsfreiheit geprägten „Kernbe-
reich“ planerischer Abwägung betrifft, darf der als „Planfeststellungsbehörde“
bestimmten Dienststelle oder Behörde auch nicht auf dem Wege fachaufsichtli-
cher Weisungen ganz oder teilweise entzogen werden. Das schließt Weisungen
aus, die darauf abzielen, den Gestaltungsspielraum der Planfeststellungsbe-
hörde einzuschränken, um eigene planerische Vorstellungen durchsetzen zu
können (vgl. Urteil vom 5. Dezember 1986 a.a.O.).
Vorliegend ist nicht erkennbar, dass die gesetzlich begründete Zuständigkeit
des als Planfeststellungsbehörde bestimmten Referates beim Senator für Um-
welt, Bau und Verkehr zur eigenständigen planerischen Gestaltung verletzt ist.
Seitens dieses Referates wurde die dienstliche Erklärung eingereicht, dass „die
Abwägung der von dem Vorhaben berührten öffentlichen und privaten Belange
einschließlich der Umweltverträglichkeitsprüfung ohne Einfluss Dritter durchge-
führt wurde“. Gegenteilige Anhaltspunkte sind nicht zutage getreten. Aus den
vorstehenden Ausführungen folgt zugleich, dass gegen den zuständigen Sena-
tor für Umwelt, Bau und Verkehr nicht bereits deshalb die Besorgnis der Befan-
genheit nach § 21 VwVfG besteht, weil er als Behördenleiter sowohl für die
Aufgabe des Vorhabenträgers als auch der Planfeststellungs- und Anhörungs-
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behörde verantwortlich zeichnet. Dem steht auch nicht entgegen, dass sich der
zuständige Senator nach Angaben der Kläger in einem Presseartikel für den
Bau des Projekts ausgesprochen hat. Dieser Umstand gibt für sich genommen
keinen Anlass, daran zu zweifeln, dass die Planfeststellungsbehörde ihrer
Pflicht zur Unparteilichkeit und inneren Distanz genügt hat.
4. Soweit die Kläger rügen, die Begründung des Planfeststellungsbeschlusses
zur Auswahl der Tunnelvariante hätte nicht lediglich durch Ergänzungsbe-
schluss vom 7. November 2011, sondern nur auf der Grundlage eines neuen
Planfeststellungsverfahrens geändert werden dürfen, kommt eine Verletzung
eigener Rechte nicht in Betracht (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
Davon abgesehen liegt der geltend gemachte Verfahrensverstoß nicht vor. Mit
dem Ergänzungsbeschluss verfolgt die Beklagte neben der Ergänzung des
Planfeststellungsbeschlusses um eine Abweichungsprüfung nach § 34
BNatSchG das Ziel, die Begründung zur Auswahl der Tunnelvarianten im Ver-
hältnis zu den Klägern dieses Verfahrens und weiterer Verfahren zu erweitern,
ohne am Vorhaben selbst etwas zu ändern. Ein darauf gerichteter Verfahrens-
schritt ist nur ein unselbständiger Abschnitt des einheitlichen Planfeststellungs-
verfahrens, das mit einer erneuten Entscheidung allein gegenüber den Klägern
endet. Er unterliegt nicht den Anforderungen des § 73 VwVfG, weil der Plan-
feststellungsbeschluss gegenüber allen anderen Betroffenen in seiner ur-
sprünglichen Fassung weiterhin unverändert wirksam bleibt. Daher war insoweit
ein erneutes Auslegungsverfahren mit Öffentlichkeitsbeteiligung nicht erforder-
lich (vgl. Urteile vom 14. November 2002 - BVerwG 4 A 15.02 - Buchholz 407.4
§ 17 FStrG Nr. 172 S. 140, insoweit nicht abgedruckt in BVerwGE 117, 149 und
vom 12. Dezember 1996 - BVerwG 4 C 19.95 - BVerwGE 102, 358 <360 f.>).
Entgegen der Auffassung der Kläger kommt es in diesem Zusammenhang nicht
darauf an, ob die der Auswahl der Tunnelvariante zugrunde liegende Abwägung
durch die Änderung der Begründung in ihrem Wesen verändert wurde. Das ist
im Übrigen nicht der Fall, so dass die Änderung der Begründung im vorliegen-
den Verfahren berücksichtigt werden konnte (§ 114 Satz 2 VwGO; vgl. Urteil
vom 29. Januar 2001 - BVerwG 11 C 3.00 - Buchholz 401.64 § 6 AbwAG Nr. 3
S. 6; stRspr). Im Ergänzungsbeschluss wird nunmehr lediglich der bislang nur
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für den Fall einer (teilweisen) privatwirtschaftlichen Finanzierung hervorgeho-
bene Kostenaspekt auf den - nicht auszuschließenden - Fall einer konventionel-
len Finanzierung des Wesertunnels mit öffentlichen Mitteln übertragen und ge-
wichtet.
B. Der Planfeststellungsbeschluss leidet an keinem materiell-rechtlichen Fehler,
der zum Erfolg der Anfechtungsklage führen könnte.
1. Die mittelbar betroffenen Kläger sind nicht befugt, die fehlende Planrechtfer-
tigung zu rügen. Diese ist im Übrigen für das planfestgestellte Vorhaben gege-
ben. Es ist im Bedarfsplan für die Bundesfernstraßen zum Fernstraßenausbau-
gesetz i.d.F. vom 20. Januar 2005 (BGBl I S. 201) - FStrAbG - als Vorhaben
des vordringlichen Bedarfs enthalten und damit gemäß § 1 Abs. 2 Satz 1
FStrAbG gemessen an der Zielsetzung des § 1 Abs. 1 FStrG vernünftigerweise
geboten. Die gesetzliche Feststellung des Bedarfs ist für die Planfeststellung
wie auch das gerichtliche Verfahren verbindlich (stRspr; vgl. Urteil vom
12. März 2008 - BVerwG 9 A 3.06 - BVerwGE 130, 299 Rn. 43). Anhaltspunkte
dafür, dass der Gesetzgeber mit der Bedarfsplanung für den Neubau der A 281
die Grenzen seines gesetzgeberischen Ermessens überschritten hat, sind we-
der von den Klägern dargetan noch sonst ersichtlich.
Dem Vorhaben fehlt entgegen der Annahme der Kläger die erforderliche Recht-
fertigung auch nicht deshalb, weil es mangels Finanzierung nicht realisierbar ist.
Ist das Straßenbauprojekt - wie hier - in die Dringlichkeitsstufe des „vordringli-
chen Bedarfs“ eingestuft, kann regelmäßig nicht angenommen werden, dass
dessen Finanzierung aus Mitteln des Bundeshaushalts bis zum Außerkrafttre-
ten des Planfeststellungsbeschlusses ausgeschlossen ist (vgl. Urteile vom
20. Mai 1999 - BVerwG 4 A 12.98 - Buchholz 407.4 § 17 FStrG Nr. 154 S. 32
und vom 15. Januar 2004 - BVerwG 4 A 11.02 - BVerwGE 120, 1 <5>). Die
vorgesehene Privatfinanzierung der Weserquerung begründet keinen Ausnah-
mefall. Aus dem an die Beklagte gerichteten Schreiben des Bundesministe-
riums für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung vom 20. Juli 2006 („Gesehen-
Vermerk“) folgt, dass noch offen ist, ob die Weserquerung als Betreibermodell
oder konventionell verwirklicht wird. Mit Schreiben vom 12. Oktober 2011 hat
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das Bundesministerium für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung ausdrücklich
bestätigt, dass das Vorhaben für den Fall, dass es zu keiner Privatfinanzierung
kommt, wie jede andere Maßnahme des vordringlichen Bedarfs konventionell fi-
nanziert wird.
2. Die Kläger machen geltend, dass der Planfeststellungsbeschluss das Anpas-
sungsgebot des § 7 Satz 1 BauGB verletzt. Diese Norm ist für sich genommen
nicht drittschützend, sondern dient der Wahrung der gemeindlichen Planungs-
hoheit und einer geordneten städtebaulichen Entwicklung (Urteil vom 24. No-
vember 2010 - BVerwG 9 A 13.09 - BVerwGE 138, 226 Rn. 53). Anders liegt es
jedoch, wenn ein Verstoß gegen das Anpassungsgebot dazu führen konnte,
dass die für das Vorhaben sprechenden öffentlichen Belange fehlerhaft bewer-
tet und mit der daraus folgenden Fehlgewichtung den geschützten Privatbelan-
gen der Kläger gegenübergestellt worden sind; insoweit können sich auch mit-
telbar betroffene Kläger auf den Rechtsverstoß berufen (Urteil vom 24. No-
vember 2010 a.a.O. Rn. 54). Vorliegend kommt in Betracht, dass die Bindung
an eine im Flächennutzungsplan zum Ausdruck kommende städtebauliche
Konzeption verkannt und das südliche Portal des Wesertunnels sowie die Tras-
se der A 281 daher näher an die Wohnbebauung Seehausen gelegt wurde mit
nachteiligen Folgen für die Kläger. Dies bedarf indes keiner weiteren Erörte-
rung. Denn die Planung hält sich innerhalb des durch den Flächennutzungsplan
der Beklagten verbindlich vorgegebenen Rahmens.
Nach § 7 BauGB haben öffentliche Planungsträger, die an der Aufstellung eines
Flächennutzungsplans nach § 4 oder § 13 BauGB beteiligt worden sind, ihre
Planungen dem Flächennutzungsplan insoweit anzupassen, als sie diesem
Plan nicht widersprochen haben. Diese Vorschrift geht damit über die allgemei-
ne Pflicht zur Berücksichtigung städtebaulicher Belange bei der fachplaneri-
schen Abwägung hinaus, indem sie den Darstellungen des Flächennutzungs-
plans eine ihnen sonst nicht zukommende rechtliche Verbindlichkeit gegenüber
dem öffentlichen Planungsträger für den Fall verleiht, dass dieser dem Flä-
chennutzungsplan trotz ordnungsgemäßer Beteiligung nicht widersprochen hat.
Die Pflicht zur Anpassung der Fachplanung an die einzelnen Darstellungen des
Flächennutzungsplans ist nicht im Sinne einer rechtssatzmäßigen Anwendung
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(„Vollzug“) derselben, sondern als planerische Fortentwicklung der im Flächen-
nutzungsplan dargestellten Grundkonzeption der Gemeinde zu verstehen. Mit
dem Begriff des Entwickelns ist eine gewisse Gestaltungsfreiheit verbunden,
soweit die Planung nicht der Grundkonzeption des Flächennutzungsplans wi-
derspricht und sich die Abweichungen vom Flächennutzungsplan aus dem
Übergang in eine stärker verdeutlichende Planstufe rechtfertigen. Für die Be-
urteilung, ob noch ein Entwickeln vorliegt, sind die jeweiligen Umstände des
Einzelfalls maßgeblich (vgl. Urteil vom 24. November 2010 a.a.O. Rn. 37 ff.
m.w.N.). Gemessen daran ist nicht erkennbar, dass die angegriffene Planung
das Anpassungsgebot verletzt.
a) Die Kläger machen zum einen geltend, dass der Standort des südlich der
Weser gelegenen Portals des Wesertunnels nach der Darstellung des Flächen-
nutzungsplans in erheblicher Entfernung von der Ortslage Seehausen am nörd-
lichen Rand der Baggergutdeponie liegen soll. Demgegenüber werde das plan-
festgestellte Tunnelportal rund 800 m weiter nördlich und damit in unmittelbarer
Nähe zu Seehausen errichtet. Diese Abweichung halte sich nicht mehr inner-
halb des Rahmens, den die Darstellung des Flächennutzungsplans der nach-
folgenden Planung zur Ausfüllung belasse.
Dem kann schon deshalb nicht gefolgt werden, weil nicht festgestellt werden
kann, dass der Flächennutzungsplan der Beklagten eine Darstellung des Tun-
nelportals am nördlichen Rand der Baggergutdeponie enthält. Eine zeichneri-
sche Darstellung dieses Standortes gibt es unstreitig nicht. Für das Vorliegen
einer entsprechenden textlichen Darstellung berufen sich die Kläger auf den
Beschluss des Senats der Stadt Bremen vom 3. August 1993, den Entwurf zur
14. Änderung des Flächennutzungsplans der Stadtbürgerschaft zur Beschluss-
fassung zuzuleiten. Diesem Beschluss, welcher der Stadtbürgerschaft beim
Beschluss zur 14. Änderung des Flächennutzungsplans als Drucksache vorge-
legen habe, lasse sich entnehmen, dass der Senat eine Darstellung des Ab-
tauchpunktes der A 281 am nördlichen Rand der Deponie vorschlage. Dement-
sprechend sei die Darstellung von der Stadtbürgerschaft beschlossen worden.
Dies werde insbesondere auch daran deutlich, dass der Senatsbeschluss dem
in der Plankammer verwahrten Originalplandokument beigeheftet worden sei.
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Entgegen der Auffassung der Kläger gibt es jedoch keine hinreichenden An-
haltspunkte dafür, dass der Beschluss der Stadtbürgerschaft zur 14. Änderung
des Flächennutzungsplans eine textliche Darstellung des Tunnelstandortes um-
fasst.
Darstellungen des Flächennutzungsplans entfalten Bindungswirkung gegenüber
nachfolgenden Planungen (§ 7 Satz 1, § 8 Abs. 2 BauGB) und gegenüber Vor-
haben im Außenbereich (§ 35 Abs. 3 BauGB). Sie müssen daher so bestimmt
sein, dass sie einen ausreichenden Rahmen für Konkretisierungen bilden kön-
nen. Ferner muss sich klar feststellen lassen, welche Darstellungen beschlos-
sen wurden. Hierfür muss der Flächennutzungsplan selbst einen Anhalt bieten;
auf den Erläuterungsbericht und die Begründung des Plans kann nur zur Ver-
deutlichung einer eindeutig vorhandenen Darstellung zurückgegriffen werden
(vgl. Urteil vom 18. Februar 1994 - BVerwG 4 C 4.92 - BVerwGE 95, 123
<126>). Ausgehend davon fehlt es hier an einer auf den Standort des südlichen
Tunnelportals bezogenen textlichen Darstellung.
Im Beschlussprotokoll über die Sitzung der Stadtbürgerschaft am 15. Septem-
ber 1993 wird lediglich die Tatsache berichtet, dass die 14. Änderung des Flä-
chennutzungsplans beschlossen wurde; Einzelheiten über den Inhalt des Ände-
rungsbeschlusses werden nicht genannt. Der von den Klägern in Bezug ge-
nommene Beschluss des Senats vom 3. August 1993 könnte allenfalls dann,
wenn er einen eindeutigen Entwurf einer textlichen Darstellung des Standorts
des Tunnelportals enthielte, auf eine entsprechende Beschlussfassung der
Stadtbürgerschaft schließen lassen. Ein solcher Inhalt ist dem Senatsbeschluss
jedoch nicht zu entnehmen. Darin weist der Senat die Stadtbürgerschaft „zur
Stellungnahme der Deputation für Stadtentwicklung“ darauf hin, „dass die A 281
nach der Darstellung des Flächennutzungsplanes am westlichen Rand außer-
halb der geplanten Baggergutdeponie, jedoch z.T. innerhalb des vorhandenen
Spülfeldes geführt werden und am nördlichen Rand abtauchen soll“. Dieser
„Hinweis“ ist mehrdeutig. Er kann so verstanden werden, dass er auf eine - of-
fenkundig nicht vorhandene - Darstellung des Abtauchpunktes der A 281 auf
dem Plandokument mit den zeichnerischen Darstellungen verweist, also falsch
ist. Er kann außerdem so interpretiert werden, dass sich die Formulierung „nach
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der Darstellung des Flächennutzungsplanes“ nur auf den Trassenverlauf be-
zieht und damit den zeichnerischen Entwurf der Änderungsplanung richtig be-
schreibt. Die weitere Aussage zum Standort des Abtauchpunktes der A 281
stellte sich dann lediglich als politische Absichtserklärung dar. Dass sich der
Senat der Stellungnahme der Deputation für Stadtentwicklung anschließen und
der Stadtbürgerschaft vorschlagen wollte, eine Darstellung zum Standort des
südlichen Tunnelportals zu beschließen, stellt daneben nur eine, nach dem
Wortlaut des „Hinweises“ nicht einmal naheliegende Deutungsmöglichkeit dar.
Gegen diese Deutung spricht zudem, dass in diesem Fall gegen die Pflicht zur
erneuten Auslegung des so geänderten Entwurfs des Flächennutzungsplans
verstoßen worden wäre (§ 3 Abs. 3 BauGB a.F.). Ein Indiz gegen eine textliche
Darstellung des Standortes des Tunnelportals stellt ferner der Umstand dar,
dass auf dem Plandokument zur 14. Änderung des Flächennutzungsplans mit
den zeichnerischen Darstellungen neben der Legende ausdrücklich eine textli-
che Darstellung aufgenommen und als solche gekennzeichnet wurde. Dies
lässt den Schluss zu, dass auch eine textliche Darstellung des Abtauchpunktes
der A 281 auf dem Plandokument selbst kenntlich gemacht worden wäre. Somit
kann offen bleiben, ob der Senatsbeschluss vom 3. August 1993 zunächst mit
dem Original des Plans mit den zeichnerischen Darstellungen und dem Erläute-
rungsbericht zu einem Dokument verbunden wurde, was zwischen den Beteilig-
ten streitig ist. Auch wenn dies unterstellt wird, kann aus besagten Gründen
nicht mit der gebotenen Eindeutigkeit festgestellt werden, dass die Stadtbürger-
schaft eine Darstellung des Standortes des Tunnelportals beschlossen hat.
b) Die Kläger sehen das Anpassungsgebot nach § 7 Satz 1 BauGB zum ande-
ren deshalb verletzt, weil die planfestgestellte Trasse im Bereich nördlich der
Deponie bzw. des Spülfeldes bis zur Weser um bis zu 200 m von der im Flä-
chennutzungsplan zeichnerisch dargestellten Linienführung nach Osten ab-
weicht. Eine solche Rechtsverletzung liegt nicht vor. Für diesen Bereich ist
keine Konzeption des Flächennutzungsplans erkennbar, die dafür sprechen
könnte, dass die Trassenführung der A 281 exakt vorgegeben werden sollte.
Die Darstellung der Trassenführung knüpft nicht an bereits vorhandene Trennli-
nien zwischen Gebieten unterschiedlicher Nutzungsart an, wie dies im Teilab-
schnitt 2/2 der A 281 in Gestalt der Neuenlander Straße (vgl. Urteil vom
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24. November 2010 a.a.O. Rn. 40) oder auch hier im Übergangsbereich zwi-
schen Deponie und Vogelschutzgebiet der Fall ist, sondern verläuft sozusagen
„auf grüner Wiese“. Die Planung widerspricht auch nicht deshalb einer Konzep-
tion des Flächennutzungsplans, weil im Rahmen der 14. Änderung dieses Plans
die Darstellung eines kleinen Wohngebiets in der Ortslage von Seehausen be-
schlossen wurde, auf die die Plantrasse zuläuft. Denn auch die im Flächennut-
zungsplan dargestellte Trasse läuft direkt auf die Ortslage von Seehausen zu,
und zwar auf einen Bereich intensiverer Bebauung. Diese Darstellung kann da-
her nicht als Ausdruck eines Konzepts zum Schutz der Wohnbevölkerung ver-
standen werden; auch der Erläuterungsbericht zur 14. Änderung des Flächen-
nutzungsplans enthält hierfür keine Anhaltspunkte. Die Plantrasse liegt daher
noch innerhalb des Rahmens, den die „grobmaschige“ Darstellung des Flä-
chennutzungsplans der nachfolgenden Planung zur Ausfüllung belässt.
3. Auch im vorliegenden Verfahren kann offen bleiben, ob sich mittelbar Betrof-
fene auf eine Verletzung von FFH-Recht berufen können (vgl. Urteil vom
26. April 2007 - BVerwG 4 C 12.05 - BVerwGE 128, 358 Rn. 32). Denn der
Planfeststellungsbeschluss steht in Einklang mit den Anforderungen der FFH-
Richtlinie und der Vogelschutzrichtlinie sowie des diese Richtlinien umsetzen-
den nationalen Rechts.
a) Die auf § 34 Abs. 1 und 2 BNatSchG gestützte Beurteilung der Verträglich-
keit des Vorhabens mit den Erhaltungszielen des mit Verordnung vom 1. Au-
gust 2006 zum Landschaftsschutzgebiet erklärten Vogelschutzgebiets „Nieder-
vieland“ (Art. 7 FFH-Richtlinie) begegnet keinen Bedenken.
Entgegen der Auffassung der Kläger sind insoweit keine Ermittlungs- und Be-
wertungsdefizite erkennbar. Die anlage-, betriebs- und baubedingten Beein-
trächtigungen der nach der Verordnung als Brut-, Nahrungs- und Rastgebiete
bestimmter Vogelarten geschützten Lebensräume insbesondere durch optische
Scheucheffekte, Lärmimmissionen und Überbauung wurden eingehend unter-
sucht und bezogen auf die jeweilige Vogelart bewertet. Die Verträglichkeitsprü-
fung gelangt unter Berücksichtigung der Auswirkungen des Bauabschnitts 3/2
der A 281, einer 380 kV-Freileitung, einer geplanten Wohnbebauung sowie von
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- 21 -
Windenergieanlagen in der Stromer Feldmark zum Ergebnis, dass es zwar in
zeitlich oder räumlich eng begrenztem Umfang zu negativen Veränderungen
der Strukturen und Funktionen eines Lebensraums bzw. des Bestands einer Art
kommen könne. Dies stelle jedoch die Verträglichkeit des Vorhabens nicht in
Frage. Denn die Funktionen des Schutzgebiets für die Populationen und Habi-
tate der Arten blieben gewahrt, so dass die Voraussetzungen zur langfristig ge-
sicherten Erhaltung der jeweiligen Art bzw. ihres Lebensraums im Schutzgebiet
weiterhin erfüllt seien. Diese Einschätzung ist weder hinsichtlich des Maßstabes
für die Feststellung der Verträglichkeit eines Vorhabens (vgl. Urteil vom 17. Ja-
nuar 2007 - BVerwG 9 A 20.05 - BVerwGE 128, 1 Rn. 40 ff.) noch in der Sache
zu beanstanden.
Der Gutachter der Beklagten hat in der mündlichen Verhandlung näher darge-
legt, weshalb sicher angenommen werden kann, dass ein günstiger Erhaltungs-
zustand der geschützten Vogelarten trotz Durchführung des Vorhabens stabil
bleiben wird (vgl. Urteil vom 12. März 2008 - BVerwG 9 A 3.06 - BVerwGE 130,
299 Rn. 94, 132). Danach ist entscheidend, dass für alle von Beeinträchtigun-
gen betroffenen Vogelarten die Möglichkeit besteht, innerhalb des Vogelschutz-
gebiets auszuweichen. Die geschützten Vogelarten (Wiesenvögel) seien nicht
brutplatztreu, könnten also an unbelasteten Standorten Nester bauen. Insoweit
biete das Vogelschutzgebiet auch ausreichendes Potenzial, zumal die Beein-
trächtigungen nur in seinem Randbereich erfolgten. Dass das Gebiet nicht be-
reits voll besetzt sei, zeigten die Kartierungen aus mehreren Jahren, wonach
die Anzahl von Brutstandorten und der Umfang des Bestandes erheblich
schwankten. Generell sei eine ganz unterschiedliche Siedlungsdichte von Wie-
senvögeln selbst bei Flächen mit vergleichbaren Strukturen festzustellen. Das
Potenzial der Siedlungsgebiete werde von den Wiesenvögeln häufig nicht aus-
geschöpft. Demnach sei es jedenfalls bei Wiesenvögeln nicht sinnvoll, die im
Endbericht zum Teil Fachkonventionen des im Auftrag des Bundesamtes für
Naturschutz durchgeführten Forschungsvorhabens zur Bestimmung der Erheb-
lichkeit im Rahmen der FFH-VP (Schlussstand 2007) vorgeschlagenen Orien-
tierungswerte für den Verlust von Habitatflächen anzuwenden, bei deren Über-
schreiten stets von einer Unverträglichkeit auszugehen sei.
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Danach steht die Verträglichkeit des Vorhabens mit den Erhaltungszielen des
Vogelschutzgebiets „Niedervieland“ zur Überzeugung des Senats fest. Die An-
nahme, dass Verluste von Habitatflächen nicht ohne Weiteres zu einer Ver-
schlechterung des Erhaltungszustands der geschützten Art führen und daher
die im oben genannten Endbericht zum Teil Fachkonventionen vorgeschlage-
nen Orientierungswerte nur dann Anwendung finden, wenn es um den Schutz
von Lebensraumtypen geht, entspricht der Rechtsprechung des Senats (vgl.
Urteil vom 12. März 2008 a.a.O. Rn. 132 f.). Entgegen der Auffassung der Klä-
ger ist auch nicht zu beanstanden, dass die Auswirkungen des geplanten Neu-
baus der teilweise durch das Vogelschutzgebiet führenden Bundesstraße B 212
nicht berücksichtigt wurden. Die Verträglichkeitsprüfung ist nur dann auf andere
Projekte zu erstrecken, wenn deren Auswirkungen und damit das Ausmaß der
Summationswirkung verlässlich absehbar sind; das ist grundsätzlich erst dann
der Fall, wenn die Zulassungsentscheidung erteilt ist (Urteil vom 21. Mai 2008
- BVerwG 9 A 68.07 - Buchholz 406.400 § 34 BNatSchG 2002 Nr. 1 Rn. 21). Da
bisher noch nicht einmal das Planfeststellungsverfahren für den Neubau der
B 212 eingeleitet wurde, fehlt es an der für eine Beurteilung kumulativer Aus-
wirkungen erforderlichen Verfestigung der Planung.
Das sonstige Vorbringen der Kläger ist ebenfalls nicht geeignet, die Richtigkeit
der Verträglichkeitsprüfung in Frage zu stellen. Auf ihren Einwand, eine im Jah-
re 2000 erstellte Studie habe festgestellt, dass das Vorhaben zu erheblichen
Beeinträchtigungen des Vogelschutzgebiets führen werde, wird im Planfeststel-
lungsbeschluss entgegnet, dass sich bei der nachfolgenden Konkretisierung der
Planung die Trassenführung und die Ausgestaltung des Autobahnabschnitts im
Randbereich zum Vogelschutzgebiet wesentlich geändert hätten. Außerdem
habe eine verlässliche Datengrundlage erst ab dem Jahre 2006 vorgelegen.
Denn in diesem Jahr sei der Pflege- und Managementplan erstellt worden, auf
dessen Grundlage die Schutzgebietsverordnung erlassen worden sei. Diese
Ausführungen haben die Kläger nicht substantiiert bestritten. Zu ihrer weiteren
Einwendung, faktisch erstrecke sich das Vogelschutzgebiet auch auf den Be-
reich östlich der Plantrasse, wird im Planfeststellungsbeschluss ausgeführt,
dass die an die Plantrasse angrenzenden Flächen wie etwa die Baggergutde-
ponie, Gewerbeflächen oder das Güterverkehrszentrum nicht die Schutzge-
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- 23 -
bietsvoraussetzungen erfüllten; dieser Bereich sei nur mit Blick auf die Vorga-
ben der naturschutzrechtlichen Eingriffsregelung untersucht worden. Auch die-
sen Ausführungen sind die Kläger nicht substantiiert entgegen getreten. Die
besonderen Darlegungsanforderungen, denen angesichts des fortgeschrittenen
Standes des Melde- und Gebietsausweisungsverfahrens die Behauptung unter-
liegt, es gebe ein faktisches Vogelschutzgebiet (vgl. Beschluss vom 13. März
2008 - BVerwG 9 VR 9.07 - Buchholz 451.91 EuropUmweltR Nr. 33 Rn. 16),
sind nicht annähernd gewahrt. Zur Gebietsabgrenzung im Einzelnen hat der
Gutachter der Beklagten im Übrigen nachvollziehbar ausgeführt, der Bö-
schungshang der Deponie sei nicht in das Schutzgebiet einbezogen worden,
weil das dortige Gehölz so hoch wachsen werde, dass es als Brutstandort für
Wiesenvögel ungeeignet sei. Schließlich begründet der Umstand keine ernst-
haften Zweifel an der Richtigkeit der Verträglichkeitsprüfung, dass ein anderer
Gutachter, der im Rahmen der hilfsweise vorgenommenen Ausnahmeprüfung
nach § 34 Abs. 3 BNatSchG tätig war, zu der abweichenden Einschätzung ge-
langt ist, andere Projekte beträfen nicht dieselben Vogelarten wie die A 281, so
dass schon deshalb keine kumulativen Wirkungen entstehen könnten. Denn
diese Aussage weist keinen Bezug zu der für die Verträglichkeitsprüfung maß-
geblichen Feststellung auf, die kumulativen Wirkungen des Vorhabens und an-
derer Projekte auf dieselben Vogelarten lägen ihrer Intensität nach unterhalb
der Erheblichkeitsschwelle.
Nach allem kommt es nicht darauf an, ob die im Rahmen des Planergänzungs-
verfahrens hilfsweise durchgeführte Ausnahmeprüfung nach § 34 Abs. 3
BNatSchG den rechtlichen Anforderungen genügt.
b) Ohne Erfolg rügen die Kläger, der Planfeststellungsbeschluss sei mit Blick
auf andere Schutzgebiete im Umfeld des Vorhabens rechtswidrig.
aa) Es ist nicht erkennbar, dass die auf etwaige Beeinträchtigungen des FFH-
Gebiets „Weser zwischen Ochtummündung und Rekum“ bezogene FFH-
Vorprüfung fehlerhaft ist. Insoweit wurde überprüft, ob der Bau des Wesertun-
nels die geschützten Fischarten Meer- und Flussneunauge sowie Finte beein-
trächtigen könne, da durch Tideströmungen Austauschbeziehungen zwischen
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- 24 -
dem FFH-Gebiet und dem Standort des Tunnels bestehen könnten. Die Vorprü-
fung gelangt zum Ergebnis, dass die für die Reproduktion der Finte relevanten
Habitate nicht im Bereich der geplanten Querung, sondern weiter stromabwärts
liegen und die Baumaßnahmen keine Störungen dieser Habitate auslösen kön-
nen. Die Passierbarkeit des von den Baumaßnahmen betroffenen Flussab-
schnitts für Meer- und Flussneunaugen bleibe auch während der Bauzeit ge-
wahrt. Diese Untersuchung wird von den Klägern nicht substantiiert angegriffen.
Soweit sie meinen, die Tideströmung verschärfe entgegen der Annahme der
Vorprüfung die Problematik einer baubedingten Zunahme der Fließgeschwin-
digkeit, gehen sie nicht auf die Feststellung der Vorprüfung ein, es sei aus zahl-
reichen Beobachtungen bekannt, dass ziehende Fische und Neunaugen in Ti-
deflüssen mit den Gezeiten schwimmen und ggf. Pausen einlegen. Entgegen
der Annahme der Kläger geht die Vorprüfung durchaus auf die Auswirkungen
baubedingter Störungen durch Unterwasserschall und Erschütterungen ein. Da-
nach fällt der damit verbundene zeitweilige geringe Verlust des Bereichs als
Nahrungsraum für Neunaugen vor dem Hintergrund des verbleibenden Nah-
rungsraums nicht ins Gewicht und sind die Störungen nicht geeignet, die Wan-
derungen der Neunaugen zu unterbrechen. Hierzu verhalten sich die Kläger
nicht.
bb) Hinsichtlich des FFH-Gebiets „Niedervieland - Stromer Feldmark“ rügen die
Kläger das Fehlen einer Verträglichkeitsprüfung. Auch diese Rüge kann der
Klage nicht zum Erfolg verhelfen. Nach der fachlichen Stellungnahme der Na-
turschutzbehörde vom 14. Dezember 2007 können bau-, anlage- oder betriebs-
bedingte Beeinträchtigungen des Schutzzweckes (Erhalt der Lebensraumfunk-
tion für die Fischart Steinbeißer) aufgrund der erheblichen Entfernung vom
Trassenbereich und der vom Grabensystem des FFH-Gebiets getrennt gehal-
tenen Sammlung und Abführung des Oberflächenabflusswassers der Autobahn
ausgeschlossen werden. Dem halten die Kläger lediglich entgegen, dass eine
im Juni 2000 erstellte Verträglichkeitsstudie angenommen habe, der Bau der
A 281 im Abschnitt 3/2 führe zu erheblichen Beeinträchtigungen des FFH-
Gebiets. Eine im Jahre 2002 erstellte neue Studie, die zu einem anderen Er-
gebnis gelangt sei, sei nicht ausgelegt worden. Daher sei nicht nachvollziehbar,
weshalb nunmehr hinsichtlich des Bauabschnitts 4 der A 281 keine Verträglich-
45
- 25 -
keitsprüfung vorgenommen worden sei. Dieses Vorbringen geht fehl. Wenn be-
zogen auf den Bauabschnitt 4 jedwede nachteilige Auswirkungen auf das FFH-
Gebiet „Niedervieland - Stromer Feldmark“ ausgeschlossen werden können, er-
übrigt sich eine Prüfung der Frage, ob es zusammen mit Einwirkungen aus dem
Bauabschnitt 3/2 zu erheblichen Beeinträchtigungen kommen kann.
cc) Ausweislich des Planfeststellungsbeschlusses wird das FFH-Gebiet „Bremi-
sche Ochtum“/Naturschutzgebiet „Ochtumniederung“ durch den Neubau der
A 281 im 4. Bauabschnitt nicht berührt; mögliche Auswirkungen seien nur von
dem im Bau befindlichen Bauabschnitt 3/2 der A 281 zu erwarten. Insoweit be-
schränkt sich der Einwand der Kläger auf die Anmerkung, dass eine Untersu-
chung hätte durchgeführt werden müssen, weil das Vorhaben bis rd. 1,2 km an
das FFH-Gebiet heranreiche. Das genügt nicht, um die naturschutzfachliche
Einschätzung in Frage zu stellen.
dd) Hinsichtlich des Naturschutzgebiets „Ochtumniederung“ machen die Kläger
geltend, hierzu sei lediglich festgestellt worden, dass das Vorhaben ca. 2 km
entfernt sei. Dies greife zu kurz. Jedenfalls hätte erwähnt werden müssen, dass
ein weiterer Abschnitt am Naturschutzgebiet vorbeiführe; entsprechende Unter-
suchungen hätten mit ausgelegt werden müssen. Dieses pauschale Vorbringen
lässt nicht erkennen, dass naturschutzrechtliche Vorschriften verletzt sein könn-
ten.
4. Der Planfeststellungsbeschluss weist keine artenschutzrechtlichen Mängel
auf, derentwegen die Kläger seine Aufhebung oder die Feststellung seiner
Rechtswidrigkeit und Nichtvollziehbarkeit verlangen können. Daher kann auch
insoweit dahingestellt bleiben, ob sich die mittelbar betroffenen Kläger auf eine
Verletzung europarechtlich „unterlegten“ Artenschutzrechts berufen können.
Sie weisen darauf hin, dass nach dem Artenschutz-Fachbeitrag Nester der
„Folgenutzer“ Haussperling, Star und Mehlschwalbe zerstört werden. Da vorge-
zogene Ausgleichsmaßnahmen nicht vorgesehen seien, müsse die ökologische
Funktion der Nester durch einen im räumlichen Zusammenhang vorhandenen
Bestand erfüllt werden. Dies sei nicht erkennbar, so dass das artenschutzrecht-
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liche Zerstörungsverbot (§ 44 Abs. 1 Nr. 3, Abs. 5 Satz 1 bis 3 BNatSchG) ver-
letzt sei. Dem kann nicht gefolgt werden. Im Artenschutz-Fachbeitrag wird
nachvollziehbar ausgeführt, dass auch diejenigen Vogelarten, die ihre Nester
und Höhlen mehrjährig nutzen, nicht auf eine Wiederverwendung angewiesen
sind und daher in den hierfür geeigneten Habitatstrukturen im Umfeld der ge-
planten A 281 neue Nester bauen können. Mit dieser naturschutzfachlichen Ein-
schätzung setzen sich die Kläger nicht auseinander.
Nach der dem Planfeststellungsbeschluss zugrunde gelegten naturschutzfachli-
chen Beurteilung der Fachbehörde vom 12. März 2009 werden die artenschutz-
rechtlichen Verbotstatbestände auch in Bezug auf die „Grüne Mosaikjungfer“
nicht berührt. Mit großer Wahrscheinlichkeit komme diese Libellenart im Tras-
senbereich nicht mehr vor, weil Untersuchungen ergeben hätten, dass es dort
keine für den Erhalt der Population der „Grünen Mosaikjungfer“ zwingend not-
wendigen Bestände der Wasserpflanze „Krebsschere“ mehr gebe. Insoweit ma-
chen die Kläger eine unzureichende Klärung des Sachverhalts geltend, ohne
auch nur ansatzweise darzulegen, weshalb die naturschutzfachliche Einschät-
zung der Fachbehörde keine abschließende Beurteilung des Sachverhalts er-
laubt.
Auch das weitere auf den Artenschutz bezogene Vorbringen der Kläger ent-
behrt der Substanz. Es wird nicht aufgezeigt, weshalb Ermittlungen dahinge-
hend hätten angestellt werden sollen, ob ein Rastgebiet der Zugvögel und Fle-
dermäuse vorhanden ist, das durch den Bau und Betrieb der Autobahn gestört
werden könnte, und ob auch auf der Südseite der Weser Fledermäuse in grö-
ßerem Umfang vorhanden sind. Davon abgesehen trifft es nicht zu, dass inso-
weit keine Ermittlungen durchgeführt wurden. Soweit die Kläger Hinweise auf
Gefährdungen der Finte durch das Ausbaggern der für den Einbau der Tunnel-
elemente erforderlichen Absenkrinne vermissen, wird auf obige Ausführungen
zum FFH-Schutz verwiesen. Es trifft auch nicht zu, dass Anzahl und Standorte
von Vögeln der sog. Roten-Liste-Arten im geplanten Trassenbereich nicht ab-
schließend festgestellt wurden. Dies ist vielmehr eingehend geschehen.
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5. Soweit die Kläger einen Verstoß gegen die nationale naturschutzrechtliche
Eingriffsregelung geltend machen, kommt eine Verletzung ihrer eigenen Rechte
nicht in Betracht. Davon abgesehen haben die Kläger insoweit im Klageverfah-
ren im Wesentlichen nur ihre Einwendungen im Anhörungsverfahren wiederholt,
ohne sich mit den im Planfeststellungsbeschluss im Einzelnen dargelegten,
durchgängig nachvollziehbaren naturschutzfachlichen Stellungnahmen der Be-
klagten hierzu auseinanderzusetzen. Es besteht somit kein Anhaltspunkt dafür,
dass das Vorhaben die Eingriffsregelung verletzt.
6. Hinsichtlich der Variantenprüfung können sich die mittelbar betroffenen Klä-
ger zwar darauf berufen, dass die Auswahl des Absenktunnels für sie mit grö-
ßeren Belastungen verbunden sei als ein Bohrtunnel, und ausgehend davon
geltend machen, dass die für den Absenktunnel sprechenden öffentlichen Be-
lange fehlerhaft bewertet und mit der daraus folgenden Fehlgewichtung ihren
geschützten Privatbelangen gegenübergestellt worden sind (vgl. Urteil vom
24. November 2010 - BVerwG 9 A 13.09 - BVerwGE 138, 226 Rn. 54). Es gibt
jedoch keine Anhaltspunkte für einen solchen Abwägungsmangel.
Der Abwägungsvorgang verläuft stufenweise. Bei der Zusammenstellung des
Abwägungsmaterials müssen alle ernsthaft in Betracht kommenden Alternativ-
lösungen berücksichtigt werden und mit der ihnen zukommenden Bedeutung in
die vergleichende Prüfung der von den möglichen Alternativen jeweils berührten
öffentlichen und privaten Belange eingehen. Das Abwägungsgebot ist verletzt,
wenn eine Abwägung überhaupt nicht stattgefunden hat, in die Abwägung nicht
alle Belange eingestellt worden sind, die nach Lage der Dinge in sie eingestellt
werden mussten oder die Bedeutung der betroffenen Belange verkannt oder
der Ausgleich zwischen ihnen in einer Weise vorgenommen worden ist, der zur
objektiven Gewichtigkeit einzelner Belange außer Verhältnis steht (Urteile vom
14. Februar 1975 - BVerwG 4 C 21.74 - BVerwGE 48, 56 <63 f.>, vom 8. Juni
1995 - BVerwG 4 C 4.94 - BVerwGE 98, 339 <349 f.> und vom 24. November
2010 a.a.O. Rn. 56). Gemessen an diesen Anforderungen des Abwägungsge-
bots ist die Abwägung zur Auswahl der Tunnelvariante, soweit sie die privaten
Belange der Kläger betrifft, nicht mit Fehlern behaftet.
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54
- 28 -
a) Hinsichtlich des Vergleichs der Kosten der beiden von der Beklagten unter-
suchten Tunnelvarianten, bei dem Mehrkosten eines Bohrtunnels in Höhe von
insgesamt 51 Mio. € ermittelt wurden, kann kein Abwägungsdefizit festgestellt
werden.
Im maßgeblichen Zeitpunkt des Planfeststellungsbeschlusses liegt regelmäßig
weder die komplette Ausbauplanung vor noch sind alle Gewerke vergeben. Da-
her müssen der Variantenprüfung Kostenschätzungen mit prognostischem Ge-
halt zugrunde gelegt werden. Eine solche Kostenschätzung kann grundsätzlich
nur dann gerichtlich beanstandet werden, wenn keine geeigneten Erkenntnis-
mittel herangezogen wurden oder die gezogenen Schlüsse nicht nachvollzieh-
bar sind (Urteil vom 3. März 2011 - BVerwG 9 A 8.10 - NVwZ 2011, 1256
Rn. 90). Das ist vorliegend nicht erkennbar. Die Beklagte hat ausweislich des
Planfeststellungsbeschlusses und der Darlegungen in der mündlichen Verhand-
lung die voraussichtlichen Kosten eines Absenktunnels und eines Bohrtunnels
auf der Grundlage von Abrechnungspreisen bzw. in einem Fall von Angebots-
preisen vergleichbarer aktueller Tunnelbauprojekte mit vergleichbaren geologi-
schen Verhältnissen ermittelt. Dieser Ansatz begegnet keinen methodischen
Bedenken (vgl. Urteil vom 3. März 2011 a.a.O.). Die Vergleichspreise wurden
sodann gemittelt und auf die Länge sowie den Durchmesser einer Untertunne-
lung der Weser als Absenk- bzw. als Bohrtunnel übertragen. Dabei war von ei-
ner Vergrößerung des Durchmessers des Bohrtunnels auszugehen, weil dieser
nach der zwischenzeitlich vom Bundesministerium für Verkehr, Bau und Stadt-
entwicklung erlassenen „Richtlinie für die Ausstattung und den Betrieb von Stra-
ßentunneln, RABT 2003“ mit einem Seitenstreifen zu versehen gewesen wäre.
Zu Unrecht rügen die Kläger, der Übertragung der Vergleichspreise auf die Aus-
führung der Weserquerung als Bohrtunnel lägen Rechenfehler zugrunde mit der
Folge, dass die Kosten eines Bohrtunnels deutlich zu hoch angesetzt worden
seien. Im Planfeststellungsbeschluss wird hierzu unter anderem ausgeführt,
dass der Kostenanteil für das beim Tunnelvortrieb aufzubrechende Volumen im
Verhältnis der Vergrößerung der Kreisfläche berücksichtigt wurde. Dies leuchtet
ebenso ein wie die Berücksichtigung des Kostenanteils für die Ausbaufläche
der Fahrbahn im Verhältnis der unter der Fahrbahn auszufüllenden Fläche. Es
ist auch ohne Weiteres nachvollziehbar, dass die Beklagte den Kostenanteil für
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- 29 -
den Randbereich des Bohrtunnels mit Stahlbetontübbingen im Verhältnis des
größeren Tunneldurchmessers und der größeren Betonring-Wandstärke ange-
setzt hat. Rechenfehler sind auch insoweit nicht erkennbar.
Die von den Klägern in Bezug genommene alternative Berechnung der Kosten
eines Bohrtunnels durch das Büro IMM belegt keine methodischen Mängel der
Kostenschätzung der Beklagten. Allein der Umstand, dass die alternative
Schätzung die Investitionskosten eines Bohrtunnels erheblich geringer ange-
setzt hat, gibt hierfür nichts her. Die alternative Kostenberechnung beruht nicht
auf der Heranziehung der Kosten von Vergleichsobjekten, sondern auf einer
Kostenkalkulation. Es liegt jedoch auf der Hand, dass eine andere methodische
Herangehensweise zu anderen Ergebnissen führen kann. Auch gibt es keine
Anhaltspunkte dafür, dass die alternativ angewandte Methode der Kostenkalku-
lation den voraussichtlich anfallenden Aufwand für den Bohrtunnel offenkundig
genauer erfasst hat als die von der Beklagten vorgenommene Schätzung an-
hand von Abrechnungspreisen vergleichbarer Objekte. Die Beklagte hat in der
mündlichen Verhandlung dargelegt, dass bei Erlass eines Planfeststellungsbe-
schlusses eine genaue Kalkulation anhand aller wesentlichen Kostenpositionen
noch nicht möglich ist, wie dies etwa das Leistungsverzeichnis der späteren
Ausschreibung des Projekts zulasse. Dementsprechend seien die Kosten bei
der alternativen Schätzung nur sehr grob anhand weniger Positionen kalkuliert
worden. Dies sei nicht genauer als die hier vorgenommene Schätzung unter
Heranziehung der Kosten bereits abgerechneter Vergleichsprojekte, zumal in
den tatsächlichen Abrechnungspreisen der Vergleichsprojekte bereits der nicht
selten beträchtliche Aufwand aus geologischen Risiken enthalten sei. Diese
nachvollziehbaren Ausführungen haben die Kläger nicht substantiiert in Abrede
gestellt.
Den Klägern kann auch insoweit nicht gefolgt werden, als sie unter Bezugnah-
me auf Ausführungen in der alternativen Kostenschätzung meinen, die erhebli-
che Differenz der Preise der Vergleichstunnel Dedesdorf und Herrentunnel zei-
ge die Fehlerhaftigkeit der gewählten Methode. Die Beklagte hat als Grund für
diese Kostendifferenz in der mündlichen Verhandlung angegeben, dass beim
Tunnel Dedesdorf die Abrechnungspreise vorgelegen hätten, beim Herrentun-
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- 30 -
nel hingegen nur die Angebotspreise. Letztere seien regelmäßig - und so auch
hier - deutlich geringer als die tatsächlich abzurechnenden Kosten. Insbesonde-
re werde die Position für geologische Risiken mit Blick auf die bei Ausschrei-
bungen herrschende Wettbewerbssituation häufig zu niedrig angesetzt. Diese
Ausführungen, denen die Kläger nicht widersprochen haben, erscheinen nach-
vollziehbar. Vor dem Hintergrund dieser Ausführungen ist entscheidend, dass
die voraussichtlichen Kosten für den Absenktunnel nicht dadurch niedrig gehal-
ten wurden, dass insoweit nur die tendenziell geringeren Angebotspreise ver-
gleichbarer Projekte herangezogen wurden.
Auch im Übrigen begegnet der Kostenvergleich keinen durchgreifenden Beden-
ken. Die Kläger machen geltend, nach einem Gutachten von „agiplan“ zur Be-
wertung der Folgen eines Baus der A 281 für die Unternehmen nördlich der
Weser entstünden „Entschädigungskosten“ von mehr als 37 Mio. €. Es sei nicht
erkennbar, in welchem Umfang solche Entschädigungszahlungen in den Kos-
tenvergleich eingeflossen seien. Daher bestünden begründete Zweifel, dass der
Absenktunnel, der die Unternehmen deutlich stärker belaste, kostengünstiger
zu realisieren sei. Dem kann nicht gefolgt werden. Auf Nachfrage des Gerichts
hat die Beklagte ausgeführt, dass die von der betroffenen Firma Arcelor Mittal in
Auftrag gegebene Kostenschätzung von „agiplan“ einen gänzlich anderen An-
satz verfolge als der der Planfeststellung zugrunde liegende Kostenvergleich.
Bei letzterem seien im Hinblick auf die zu treffende Auswahlentscheidung nur
die Kosten berücksichtigt worden, bei denen es Unterschiede zwischen den
Tunnelvarianten gebe. Demgegenüber enthalte das Gutachten „agiplan“ sämtli-
che Kosten, also auch diejenigen, die bei beiden Varianten gleichermaßen an-
fielen. Die Kläger haben diesem Vorbringen nicht widersprochen. Beim Kosten-
vergleich wurde im Übrigen durchaus berücksichtigt, dass der Absenktunnel
bezogen auf die Beeinträchtigung der Unternehmen nördlich der Weser Nach-
teile gegenüber dem Bohrtunnel aufweist. Nach der Vergleichsstudie wurden
nämlich bei den Positionen „Trassenfreimachung“, „Bodenentsorgung“ und
„Schutzeinrichtungen Nordseite“ für den Absenktunnel Mehrkosten von insge-
samt 18,5 Mio. € angesetzt. Im Übrigen ist weder substantiiert dargelegt noch
sonst ersichtlich, dass die Kostenschätzungen der Beklagten auf einer unhalt-
baren Methodik oder eindeutig falschen Annahmen beruhen könnten.
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- 31 -
b) Nicht zu beanstanden ist die Abwägung der Tunnelvarianten ferner mit Blick
auf die Berücksichtigung der Belange „Natur und Umwelt“, „Städtebau“, „Tech-
nik“ sowie „Verkehr und Sicherheit“.
Hinsichtlich der Variantenauswahl macht sich der Planfeststellungsbeschluss
ausdrücklich die Ergebnisse der Vergleichsstudie Bohrtunnel - Absenktunnel
von 2004 zu eigen. Im Rahmen dieser Vergleichsstudie wurden die jeweiligen
Auswirkungen der beiden Tunnelvarianten auf die oben genannten Belange
eingehend untersucht und bewertet. Entgegen der Auffassung der Kläger be-
trifft dies auch die unterschiedlichen nachteiligen Auswirkungen der Varianten
auf die Umweltbelange und die jeweils auf die Wohnbebauung einwirkenden
Immissionen (Lärm, Luftschadstoffe, Erschütterungen, Licht). Die Vergleichs-
studie gelangt zum Ergebnis, dass der Bohrtunnel bei diesen Punkten Vorteile
aufweist. Die Kläger haben nicht substantiiert dargelegt, dass insoweit Abwä-
gungsdefizite vorliegen könnten. Sie rügen ferner, in die Variantenabwägung
sei nicht mit hinreichendem Gewicht zu Lasten des Absenktunnels eingestellt
worden, dass dieser im Unterschied zum Bohrtunnel eine weitere Vertiefung der
Weser und damit die Erreichbarkeit der Häfen mit künftig größeren Container-
schiffen endgültig ausschließe. Auch diese Rüge kann nicht durchdringen. Zwi-
schen den Beteiligten ist nicht streitig, dass der Absenktunnel die mittlerweile
planfestgestellte Vertiefung der Weser nicht hindert. Im Übrigen hat die Beklag-
te in der mündlichen Verhandlung unwidersprochen angegeben, dass der Con-
tainerumschlag nur in Bremerhaven bzw. Wilhelmshaven erfolgt und seitens der
zuständigen Bundesrepublik Deutschland diesbezüglich keine Änderungen ge-
plant seien.
Zu Unrecht machen die Kläger geltend, zu Lasten des Absenktunnels hätte be-
rücksichtigt werden müssen, dass die Tunneldecke („Zerschellschicht“) bei Not-
ankerwürfen zerstört werden könne. Eine solche Gefahr wurde bereits in der
Vergleichsstudie verneint und darauf verwiesen, dass beide Tunnelvarianten
auf die Belastung eines gesunkenen Schiffes hin ausgelegt sein müssten
(Wracklast). Die Beklagte hat in der mündlichen Verhandlung ergänzend darge-
legt, dass die spezielle Ausgestaltung des Bauwerks dieses auch gegenüber
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geschleppten Ankern schütze. Die nachvollziehbaren Ausführungen der Beklag-
ten haben die Kläger nicht substantiiert bestritten. Ohne Erfolg tragen sie vor,
zugunsten des Bohrtunnels hätte berücksichtigt werden müssen, dass ein
durchgängiger Standstreifen der Verkehrssicherheit besser diene als die beim
Absenktunnel vorgesehenen Pannenbuchten. In der Vergleichsstudie wurde die
Verkehrssicherheit unter diesem Aspekt für beide Tunnelvarianten gleich be-
wertet. Zur Begründung wurde ausgeführt, dass Standstreifen zwar - im Unter-
schied zu Pannenbuchten - an allen Stellen des Tunnels Möglichkeiten zum
Anhalten böten, dass sie jedoch andererseits wegen ihrer geringen Breite weni-
ger sicher seien als Pannenbuchten. Mit dieser nachvollziehbaren Einschätzung
setzen sich die Kläger nicht auseinander.
c) Die Kläger sind nicht befugt, ein privates Interesse der Eigentümer der abzu-
reißenden sechs Gebäude an deren Fortbestand gegen die Auswahl des Ab-
senktunnels ins Feld zu führen. Zwar wäre der Abbruch der Wohngebäude bei
einer Ausführung der Weserquerung als Bohrtunnel nicht notwendig, so dass
ein privates Interesse an deren Fortbestand gegen den die Kläger stärker be-
lastenden Absenktunnel sprechen würde. Mit Blick auf das Recht des Enteig-
nungsbetroffenen, sich gegen eine nicht dem Allgemeinwohl dienende Inan-
spruchnahme seines Eigentums zu wenden, hat der Senat ausgeführt, dass
dieses Recht grundsätzlich nicht die Befugnis umfasst, sich zum Sachwalter
von Rechten zu machen, die nach der Rechtsordnung bestimmten anderen
Rechtsinhabern zur eigenverantwortlichen Wahrnehmung und Konkretisierung
zugewiesen sind. Ausgehend davon hat der Senat die Befugnis von Enteig-
nungsbetroffenen verneint, das nach Art. 28 GG geschützte städtebauliche
Entwicklungsinteresse der Gemeinden als gegen das Vorhaben sprechenden
öffentlichen Belang geltend machen zu können (Urteil vom 3. März 2011
- BVerwG 9 A 8.10 - NVwZ 2011, 1256 Rn. 106). Für das nach Art. 14 GG dem
Eigentümer zugewiesene Recht, sich gegen einen hoheitlichen Zugriff auf sein
Eigentum wenden zu können, der nicht durch überwiegende Belange des Ge-
meinwohls gerechtfertigt oder nicht gesetzmäßig ist (vgl. BVerfG, Beschluss
vom 2. Juni 2008 - 1 BvR 349/04 u.a. - NVwZ 2008, 1229 <1230 f.> m.w.N.;
BVerwG, Urteile vom 16. März 2006 - BVerwG 4 A 1075.04 - BVerwGE 125,
116 Rn. 183 ff. und vom 18. März 1983 - BVerwG 4 C 80.79 - BVerwGE 67, 74
63
- 33 -
<76 f.>), kann nichts anderes gelten. Ein durch die Planfeststellung Betroffener
ist daher grundsätzlich nicht befugt, sich unter Berufung auf eine Verletzung
des Abwägungsgebots zum Sachwalter eines privaten Interesses anderer Be-
troffener am Fortbestand ihres Eigentums aufzuschwingen. Das gilt auch dann,
wenn die betroffenen Eigentümer ihr verfassungsrechtlich geschütztes Abwehr-
recht - wie hier - wahrnehmen. Davon zu unterscheiden ist etwa ein abwä-
gungserhebliches öffentliches Interesse an der Vermeidung von Enteignungs-
entschädigungen, das auch von mittelbar betroffenen Klägern gegen das sie
belastende Vorhaben geltend gemacht werden kann (vgl. Beschluss vom
22. September 2005 - BVerwG 9 B 13.05 - NuR 2006, 571, insoweit in Buch-
holz 407.4 § 17 FStrG Nr. 189 nicht abgedruckt).
7. Auch unabhängig von der Variantenprüfung sind keine Abwägungsmängel
erkennbar, die der Anfechtungsklage zum Erfolg verhelfen könnten.
a) Die auf eine unzureichende Berücksichtigung der Immissionen der A 281 be-
zogenen Rügen können der Anfechtungsklage nicht zum Erfolg verhelfen. Die
maßgebenden Grenzwerte der Verkehrslärmschutzverordnung (16. BImSchV)
sowie der Verordnung über Immissionswerte für Schadstoffe in der Luft (22.
BImSchV) werden eingehalten. Es kann offen bleiben, ob die Plan-
feststellungsbehörde hätte überprüfen müssen, ob der Verkehrslärm der A 281
zusammen mit dem etwa von den Industriebetrieben nördlich der Weser verur-
sachten Lärm die Schwelle der Gesundheitsgefährdung überschreitet. Denn
nach den nunmehr vorgelegten Lärmberechnungen, die nach Darlegung der
Beklagten in der mündlichen Verhandlung alle wesentlichen Lärmquellen in der
Umgebung des Vorhabens berücksichtigen, wird diese Schwelle bei weitem
nicht erreicht. Die weiteren Rügen zu Lärmeinwirkungen (etwa unzureichender
Schutzeignung durch den Lärmschutzwall, fehlender Berücksichtigung der Ge-
räusche der Tunnelventilatoren) bzw. zur Ermittlung der Luftschadstoffbelas-
tung (unter anderem Windverhältnisse, Abnahme der Hintergrundbelastung)
stellen im Wesentlichen nur eine Wiederholung der bereits im Anhörungsverfah-
ren erhobenen Einwendungen dar, ohne dass eine substantiierte Auseinander-
setzung mit den im Planfeststellungsbeschluss enthaltenen eingehenden und
durchweg nachvollziehbaren Stellungnahmen hierzu erfolgt. Dasselbe gilt hin-
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sichtlich des Klagevorbringens zu den Auswirkungen der Bauarbeiten und des
Bauverkehrs auf die Wohnbevölkerung in der Umgebung des Vorhabens sowie
die behauptete wasserrechtliche Problematik (etwa Schäden infolge eines tun-
nelbedingten Grundwasserstaus, Überschwemmungsrisiko durch zeitweilige
Unterbrechung der Schutzdeiche und durch Wassereintritt in den Tunnel). Das
insgesamt unsubstantiierte Vorbringen der Kläger zu allen diesen Punkten ist
nicht geeignet, die überzeugenden Ausführungen der Beklagten in Frage zu
stellen. Zumindest die immissionsbezogenen Rügen sind im Übrigen auch des-
halb unbeachtlich, weil sie durch Planergänzung behebbare Mängel betreffen;
sie können der Anfechtungsklage daher von vornherein nicht zum Erfolg verhel-
fen.
b) Die Einwendungen der Kläger gegen den Planvorbehalt hinsichtlich der Be-
wältigung der Gefährdungen der Autobahnnutzer durch den Betrieb der Schla-
ckenkippe der Firma Arcelor Mittal sind unbeachtlich, weil sie keinen Zusam-
menhang zu ihren eigenen Rechten aufweisen. Im Übrigen ist der Planvorbe-
halt durch die von der Beklagten in der mündlichen Verhandlung abgegebene
Protokollerklärung gegenstandslos geworden. Danach kann - entsprechend der
Erklärung des Vorhabenträgers mit Schreiben vom 4. November 2011 - mit dem
Bau des Abschnitts 4 der A 281 nicht begonnen werden, bevor die bauliche
Herstellung einer Lawinengalerie zum Schutz der Autobahnfahrer durch be-
standskräftige Zulassung geklärt ist. Davon abgesehen haben die Kläger nicht
substantiiert aufgezeigt, weshalb es entgegen der Darlegung im Planfeststel-
lungsbeschluss nicht möglich sein sollte, eine Lawinengalerie technisch ein-
wandfrei, ohne zusätzlichen Grunderwerb und mit wirtschaftlich vertretbarem
Aufwand zu bauen.
8. Soweit die Kläger geltend machen sollten, bei der Abwägung sei nicht be-
rücksichtigt worden, dass ihnen wie auch weiteren Bewohnern des Neubauge-
biets von Seehausen falsche Angaben über verbindliche planerische Aussagen
zum Standort des südlichen Tunnelportals gemacht worden seien, ist kein
Mangel erkennbar. Denn es sind keine Anhaltspunkte dafür zu sehen, dass die-
se Angaben von einer für die Planfeststellung der A 281 zuständigen Stelle ge-
macht wurden. Ein etwaiges enttäuschtes Vertrauen auf die Festlegung der La-
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ge des Tunnelportals war daher jedenfalls nicht im Rahmen des Planfeststel-
lungsverfahrens zu berücksichtigen.
C. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1, § 159 Satz 1 VwGO i.V.m.
§ 100 Abs. 1 ZPO.
Dr. Nolte Domgörgen Buchberger
Dr. Christ Prof. Dr. Korbmacher
B e s c h l u s s
Der Wert des Streitgegenstandes wird gemäß § 52 Abs. 1 GKG auf 15 000 €
festgesetzt.
Dr. Nolte Dr. Christ Prof. Dr. Korbmacher
68
Sachgebiet:
BVerwGE: nein
Wegerecht
Fachpresse: ja
Planfeststellungsrecht
Rechtsquellen:
GG
Art. 14
FStrG
§ 17
UmwRG
§ 4 Abs. 3
VwGO
§ 61 Nr. 1
Stichworte:
Verfahrensfehler; wesentlicher Verfahrensfehler; mittelbare Betroffenheit; Ab-
wägungsgebot; Eigentum; privates Bestandsinteresse; fremder Belang.
Leitsätze:
1. Auch mittelbar Betroffene können eine zu Unrecht unterbliebene Umweltver-
träglichkeitsprüfung oder eine zu Unrecht unterbliebene Vorprüfung des Einzel-
falls über die UVP-Pflichtigkeit rügen, ohne dass es darauf ankommt, ob sich
der Fehler auf ihre Rechtsposition ausgewirkt haben kann (§ 4 Abs. 3 UmwRG
i.V.m. § 61 Nr. 1 VwGO).
2. Der Anspruch auf fehlerfreie Abwägung (§ 17 Satz 2 FStrG) umfasst grund-
sätzlich nicht die Befugnis, das verfassungsrechtlich geschützte private Interes-
se eines anderen Betroffenen am Fortbestand seines Eigentums als gegen das
Vorhaben sprechenden Belang geltend zu machen (im Anschluss an Urteil vom
3. März 2011 - BVerwG 9 A 8.10 - NVwZ 2011, 1256 Rn. 106).
Urteil des 9. Senats vom 24. November 2011 - BVerwG 9 A 24.10