Urteil des BVerwG vom 05.07.2012

Rückgabe, Verzicht, Vermögensrechtlicher Anspruch, Konstitutive Wirkung

BUNDESVERWALTUNGSGERICHT
IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
BVerwG 8 C 16.11
VG 7 K 1675/08
Verkündet
am 5. Juli 2012
Ende
als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle
In der Verwaltungsstreitsache
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hat der 8. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
auf die mündliche Verhandlung vom 5. Juli 2012
durch den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht
Prof. Dr. Dr. h.c. Rennert,
die Richterin am Bundesverwaltungsgericht Dr. von Heimburg,
den Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. Deiseroth und
die Richterinnen am Bundesverwaltungsgericht Dr. Held-Daab und Dr. Rudolph
für Recht erkannt:
Das aufgrund der mündlichen Verhandlung vom
25. November 2010 ergangene Urteil des Verwaltungsge-
richts Dresden wird geändert. Der Bescheid der Landesdi-
rektion … vom 15. September 2008 wird in Ziffer 1 und 3
aufgehoben.
Der Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens. Die außer-
gerichtlichen Kosten der Beigeladenen werden nicht er-
stattet.
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G r ü n d e :
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Die Klägerin wendet sich gegen die Verpflichtung, den Erlös aus der Veräuße-
rung des Flurstücks c der Gemarkung L. (mit 3 127 m², eingetragen im Grund-
buch von L. Bl. 150) an die Beigeladenen als Rechtsnachfolger nach Herrn Ar-
thur Oswald T. auszukehren. Auf diesem Grundstück befand sich das Hofge-
bäude der Neubauernstelle, die Herrn T. 1949 zugeteilt worden war. Ansprüche
wegen der Veräußerung der zugehörigen land- und forstwirtschaftlichen Flur-
stücke a und b der Gemarkung L. (mit 5 655 m² und 66 432 m², Grundbuch von
L. Bl. 121 und 995) sind Gegenstand des Verfahrens BVerwG 8 C 15.11.
Herr T. wurde am 27. Januar 1953 in Untersuchungshaft genommen und am
24. März 1953 durch das Kreisgericht … wegen „Wirtschaftsverbrechen und
Preisvergehen“ rechtskräftig zu einer Haftstrafe von einem Jahr sowie zur Ver-
mögenseinziehung verurteilt. Wegen der Kreditbelastung des Hofgebäudes mit
rund 21 000 DM fand sich kein Bewerber für eine Neuzuteilung der Neubauern-
stelle. Die Felder wurden seit der Inhaftierung des Herrn T. durch die LPG „Pio-
nier“ L. bewirtschaftet, die auch das landwirtschaftliche Inventar übernahm. Ei-
nen Teil des Viehbestandes veräußerte sie, um damit besicherte Verbindlichkei-
ten des Herrn T. abzulösen.
Am 13. Mai 1953 wurde Herr T. - wohl aufgrund einer Amnestie - aus der Haft
entlassen. Aufgrund einer Verordnung vom 11. Juni 1953 wurden Härtefall-
kommissionen gebildet, die zu entscheiden hatten, ob strafgerichtlich eingezo-
genes Vermögen den rechtskräftig Verurteilten zur persönlichen Nutzung über-
lassen werden sollte. Die Richtlinie 2 vom 1. Februar 1954 betreffend das Ver-
mögen, das aufgrund rechtskräftiger Strafurteile in Volkseigentum übergegan-
gen war, fasste die einschlägigen Durchführungsbestimmungen zusammen. Die
Härtefallkommission des Bezirks … beschloss nach Überprüfung einer ersten,
ablehnenden Entscheidung am 30. Oktober 1953 die Übergabe des eingezoge-
nen Vermögens zur Nutzung an Herrn T. Mit Schreiben vom 6. November 1953
teilte sie ihm den Beschluss zur sofortigen Nutzungsüberlassung mit und wies
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ihn auf die Pflicht hin, die überlassenen Vermögenswerte pfleglich und gewis-
senhaft zu behandeln und durch erforderliche Reparaturen und Erneuerungen
instand zu halten. Zwecks weiterer Veranlassungen habe er sich mit dem Se-
kretär des Rates des Kreises in Verbindung zu setzen.
Am 4. Dezember 1953 erklärte Herr T. gegenüber dem Rat des Kreises schrift-
lich, er verzichte auf die Flurstücke, für die er infolge der Bodenreform als Ei-
gentümer eingetragen sei. Daraufhin beschloss die Kreisbodenkommission am
7. Dezember 1953, dass die Felder bei der LPG bleiben und die Gebäude in
das Eigentum des Volkes überführt werden sollten. Am 29. Januar 1954 wurden
die land- und forstwirtschaftlichen Flurstücke der Neubauernstelle einschließlich
der Flurstücke a und b auf den Landesbodenfonds als Eigentümer umgeschrie-
ben. Das Flurstück c mit dem weiterhin von Familie T. bewohnten Hofgebäude
wurde in das Eigentum des Volkes überführt; Rechtsträger wurde der Rat der
Gemeinde L. In einem Bericht an das Ministerium des Innern erläuterte der Rat
des Kreises im September 1954, die Neubauernstelle sei mit dem Verzicht in
den Bodenfonds zurückgefallen. Wegen der schlechten Bewirtschaftung und
des geringen Viehbestandes habe kein Übernahmebewerber gefunden werden
können.
Am 23. August 1954 erließ das Ministerium des Innern der DDR die Richtlinie
Nr. 7/54 betreffend die gnadenweise Rückgabe von Vermögen, das aufgrund
rechtskräftiger Verurteilung zur Einziehung gelangt und dem mit bedingtem
Strafaufschub aus der Haft Entlassenen zur persönlichen Nutzung überlassen
worden war. Die Gnadenkommission des Bezirks … beschloss am 22. Oktober
1954, die im Strafurteil vom 24. März 1953 ausgesprochene Vermögenseinzie-
hung in Ausübung des Gnadenrechts aufzuheben. Dies wurde Herrn T. mit
Schreiben vom 28. Oktober 1954 mitgeteilt. Ein Bericht vom 3. November 1954
verwies wegen der Durchführung des Beschlusses auf die Verzichtserklärung
des Herrn T. und erläuterte, wegen dessen Schulden habe der Erlös für das
Inventar nicht ausgezahlt werden können. Das Hofgebäude sei mit einem ho-
hen Kredit belastet und stark reparaturbedürftig. Andere Vermögenswerte seien
nicht eingezogen oder gesperrt worden. Der Vorgang sei also abgeschlossen.
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Mit Schreiben vom 30. November 1990 beantragte Herr T. die Rückübertragung
sämtlicher Flurstücke. Am 21. Dezember 1990 verstarb er und wurde zu je 1/6
von den Beigeladenen zu 1 bis 5 und Herrn Werner T. beerbt. Dieser verstarb
1999; seine Erben waren Frau Anita Monika T. und Herr Olaf T. zu je 1/2. Frau
Anita Monika T. verstarb 2007 und wurde vom Beigeladenen zu 6 und von
Herrn Olaf T. beerbt, der 2008 verstarb und vom Beigeladenen zu 6 allein be-
erbt wurde.
Das Landratsamt … lehnte den Rückübertragungsantrag mit Bescheid vom
28. September 1994 ab. Den Widerspruch dagegen wies das Sächsische Lan-
desamt zur Regelung offener Vermögensfragen mit Widerspruchsbescheid vom
26. September 1996 zurück. Der Vermögensverlust sei auf den Verzicht des
Herrn T. zurückzuführen. Eine Schädigung nach § 1 Abs. 3 VermG liege nicht
vor. Für einen Machtmissbrauch oder eine Nötigung seien keine Anhaltspunkte
erkennbar. Dieser Widerspruchsbescheid wurde dem damaligen Bevollmächtig-
ten der Erbengemeinschaft am 27. September 1996 zugestellt.
Im November 1995 veräußerte die Klägerin das Flurstück c für 80 000 DM an
die Eheleute P., die anschließend als Eigentümer im Grundbuch eingetragen
wurden. Die Klägerin des Verfahrens BVerwG 8 C 15.11 veräußerte die Flur-
stücke a und b, letzteres als notariell Bevollmächtigte der Klägerin des vorlie-
genden Verfahrens in deren Namen. Auch diese Flurstücke wurden auf die je-
weiligen Erwerber umgeschrieben.
Mit Beschluss vom 24. Oktober 2005 hob das Landgericht … das Urteil des
Kreisgerichts … vom 24. März 1953 einschließlich der Vermögenseinziehung
auf. Es stellte fest, das Strafverfahren sei rechtsstaatswidrig gewesen, und re-
habilitierte Herrn T.. Daraufhin beantragte der Beigeladene zu 1 mit Schreiben
vom 30. November 2005 im Namen der Erbengemeinschaft und unter Hinweis
auf die Rehabilitierung „Entschädigung“ für das Vermögen des Herrn T. und
trug vor, der Rat des Kreises habe diesen zum Verzicht genötigt. Im Rahmen
der Anhörung erläuterte er, soweit die Vermögenswerte wegen der Veräuße-
rung nicht zurückgegeben werden könnten, beanspruche die Erbengemein-
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schaft den Erlös oder den Verkehrswert und nur hilfsweise eine Entschädigung
nach dem Entschädigungsgesetz.
Die Landesdirektion … stellte mit Bescheid vom 15. September 2008 fest, die
Beigeladenen zu 1 bis 5 und Herr Werner T. seien Berechtigte bezüglich des
ehemaligen landwirtschaftlichen Betriebes des Herrn Arthur Oswald T. (Zif-
fer 1). Ihnen stehe ein Anspruch auf Erlösauskehr für die Flurstücke b und …
(richtig: a) gegen die Klägerin des Verfahrens BVerwG 8 C 15.11 (Ziffer 2) so-
wie ein Anspruch auf Erlösauskehr für das Flurstück c gegen die Klägerin des
vorliegenden Verfahrens zu (Ziffer 3).
Gegen diesen Bescheid hat die Klägerin am 7. Oktober 2008 Anfechtungsklage
erhoben und geltend gemacht, die Voraussetzungen des § 1 Abs. 7 VermG lä-
gen nicht vor. Die Rehabilitierungsentscheidung gehe ins Leere, da die Vermö-
gensentziehung mit der Nutzungsüberlassung, jedenfalls aber mit der Gnaden-
entscheidung aufgehoben worden sei. Der Vermögensverlust sei nicht aufgrund
des Strafurteils, sondern durch den Verzicht des Herrn T. eingetreten. Außer-
dem hätten die Beigeladenen nur Entschädigung beantragt und den Anspruch
auf Erlösauskehr nicht fristgerecht angemeldet.
Mit Urteil aufgrund mündlicher Verhandlung vom 25. November 2010 hat das
Verwaltungsgericht die Klage abgewiesen. Den Beigeladenen stehe als vermö-
gensrechtlich Berechtigten ein Erlösauskehranspruch gemäß § 6 Abs. 6a
Satz 3 VermG zu. Die Vorschrift sei nach § 1 Abs. 7 VermG entsprechend an-
zuwenden, da Herr T. sein landwirtschaftliches Unternehmen, die Neubauern-
stelle, mit Rechtskraft der inzwischen im Rehabilitierungsverfahren aufgehobe-
nen strafgerichtlichen Verurteilung verloren habe. Ein etwa erforderlicher fakti-
scher Zugriff liege in der Übernahme des Inventars und der Grundstücke durch
die LPG. Die Rehabilitierungsentscheidung gehe auch nicht ins Leere, da die
Vermögenseinziehung in der DDR nicht rückgängig gemacht worden sei. Die
von der Härtefallkommission beschlossene Überlassung zur persönlichen Nut-
zung stelle keine Rückübereignung dar. Der Verzicht habe sich nicht auf eine
Herrn T. noch immer überlassene Neubauernstelle bezogen, sondern sei nur
ein Indiz, dass ihm möglicherweise die Überlassung zur persönlichen Nutzung
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angeboten wurde. Ein solches Angebot, zudem noch ausgeschlagen, sei nicht
identisch mit einer Aufhebung der Vermögenseinziehung. Gleiches gelte für die
Gnadenentscheidung vom 22. Oktober 1954. Sie habe weder die rechtliche
Qualität einer Rehabilitierung, noch führe sie eine Rückübertragung des Eigen-
tums herbei. Der Eigentumsverlust sei auch nicht tatsächlich rückgängig ge-
macht und Herr T. nicht wieder im Grundbuch eingetragen worden. Wegen der
Stilllegung des landwirtschaftlichen Unternehmens und der Veräußerung der
Flurstücke bleibe den Beigeladenen nur der Anspruch auf Erlösauskehr. Mit
dem sinngemäß auszulegenden Schreiben vom 30. November 2005 liege eine
rechtzeitige Anmeldung vor.
Die Revision der Klägerin rügt eine Verletzung des § 1 Abs. 7 VermG. Nicht das
aufgehobene Strafurteil, sondern der Verzicht des Herrn T. habe den Verlust
der Bodenreformgrundstücke bewirkt. Die faktische Entziehung sei durch die
stattgebende Entscheidung der Härtefallkommission rückgängig gemacht wor-
den. Die Gnadenentscheidung habe eine etwaige konstitutive Wirkung der
Vermögenseinziehung beseitigt. Die gegenteiligen Annahmen des Verwal-
tungsgerichts seien aktenwidrig und denkfehlerhaft.
Die Klägerin beantragt,
das aufgrund der mündlichen Verhandlung vom
25. November 2010 ergangene Urteil des Verwaltungsge-
richts Dresden zu ändern und den Bescheid der Landesdi-
rektion … vom 15. September 2008 in Ziffer 1 und 3 auf-
zuheben.
Der Vertreter der Beklagten beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
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Er verteidigt das angegriffene Urteil. Die Verzichtserklärung des Herrn T. könne
nicht als Verzicht auf die Rückgabe des Eigentums ausgelegt werden, da die
Gnadenentscheidung für ihn damals nicht absehbar gewesen sei.
Die Beigeladenen zu 1 und 2 halten das angegriffene Urteil ebenfalls für richtig,
haben jedoch keinen Antrag gestellt. Sie meinen, Herr T. habe auf das entzo-
gene Bodenreformeigentum nicht wirksam verzichten können. Die anderen Bei-
geladenen haben sich im Revisionsverfahren nicht geäußert.
II
Die Revision ist begründet. Das angegriffene Urteil verletzt § 1 Abs. 7 und § 6
Abs. 6a Satz 3 VermG. Es beruht auf diesen Rechtsfehlern und stellt sich auch
nicht aus anderen Gründen als richtig dar (§ 137 Abs. 1, § 144 Abs. 4 VwGO).
Den Beigeladenen steht kein Anspruch auf den Veräußerungserlös für das ver-
fahrensgegenständliche Flurstück zu.
1. Zu Unrecht meint das angegriffene Urteil, die Regelung zur Restitution von
Unternehmensresten in § 6 Abs. 6a Satz 3 VermG sei wegen der Rehabilitie-
rung des Rechtsvorgängers der Beigeladenen nach § 1 Abs. 7 VermG entspre-
chend anzuwenden. Dabei übersieht es, dass § 1 Abs. 7 VermG einen Zusam-
menhang zwischen der aufgehobenen Vermögenseinziehung und der begehr-
ten Wiedergutmachung voraussetzt und dass dieser Zusammenhang wegen
eines wirksamen Verzichts auf die Rückgabe der Neubauernstelle fehlt.
a) Nach § 1 Abs. 7 VermG gelten die Vorschriften des Vermögensgesetzes ent-
sprechend für die Rückgabe von Vermögenswerten, die im Zusammenhang mit
der nach anderen Vorschriften erfolgten Aufhebung rechtsstaatswidriger straf-,
ordnungsstraf- oder verwaltungsrechtlicher Entscheidungen steht. Diese Vor-
schrift stellt eine Rechtsfolgenverweisung dar und geht von einem zweistufigen
Verfahren aus. Sie setzt voraus, dass die nach den anderen Vorschriften zu-
ständige Stelle die Vermögensentziehung als rechtsstaatswidrig aufgehoben
und dadurch den Rechtsgrund des Vermögensverlustes beseitigt hat. Die
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rechtsgrundlos gewordene Vermögensverschiebung wird anschließend nach
Maßgabe des Vermögensgesetzes rückabgewickelt (stRspr, vgl. Urteil vom
25. Februar 1999 - BVerwG 7 C 9.98 - BVerwGE 108, 315 <318 f.> = Buchholz
428 § 1 Abs. 7 VermG Nr. 1 S. 1 <3 f.>; Beschluss vom 17. Februar 2009
- BVerwG 8 B 98.08 - ZOV 2009, 137 f.).
Eine Aufhebungsentscheidung im Sinne des § 1 Abs. 7 VermG liegt in der straf-
rechtlichen Rehabilitierung des Rechtsvorgängers der Beigeladenen mit Be-
schluss des Landgerichts … vom 24. Oktober 2005. Die Entscheidung der Gna-
denkommission vom 22. Oktober 1954 erfüllt den Tatbestand noch nicht, weil
sie keine rechtsstaatliche Missbilligung der Verurteilung erkennen lässt (vgl. Ur-
teile vom 25. Februar 1999 a.a.O. S. 322 bzw. <6> und vom 17. Mai 2000
- BVerwG 8 C 16.99 - BVerwGE 111, 182 <185> = Buchholz 428 § 1 Abs. 7
VermG Nr. 4). Erst der Rehabilitierungsbeschluss vom 24. Oktober 2005 be-
zeichnet die strafrechtliche Verurteilung und die Vermögenseinziehung als
rechtsstaatswidrig und hebt sie darum insgesamt auf. Für die Rechtsfolgen
verweist § 3 Abs. 2 des Strafrechtlichen Rehabilitierungsgesetzes (StrRehaG)
auf das Vermögensgesetz.
b) Eine vermögensrechtliche Rückgabeberechtigung folgt aus der Rehabilitie-
rungsentscheidung nach § 1 Abs. 7 VermG jedoch nur, wenn die begehrte
Rückgabe im Zusammenhang mit der Aufhebung der rechtsstaatswidrigen Ent-
scheidung steht. Das setzt voraus, dass der zurückzugebende Vermögenswert
durch die aufgehobene rechtsstaatswidrige Entscheidung entzogen wurde. Er-
forderlich ist darüber hinaus, dass die rechtsstaatswidrige Entscheidung noch
im Zeitpunkt der Rehabilitierung den Rechtsgrund des Vermögensverlusts bil-
dete, sodass ihre Aufhebung die Vermögensverschiebung rechtsgrundlos wer-
den ließ.
Ob diese Voraussetzungen vorliegen, ist hier umfassend zu prüfen. Die Bin-
dungswirkung des strafrechtlichen Rehabilitierungsbeschlusses nach § 3 Abs. 2
StrRehaG steht dem nicht entgegen. Sie bezieht sich nur auf Fragen, über die
im Rehabilitierungsverfahren entschieden wurde (vgl. Urteil vom 19. Juli 2000
- BVerwG 8 C 6.99 - Buchholz 428 § 1 Abs. 7 VermG Nr. 5 S. 21). Außerdem
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wirkt sie nicht zulasten derjenigen Verfügungsberechtigten, die - wie die Kläge-
rin - nicht am Rehabilitierungsverfahren beteiligt waren und deshalb effektiven
Rechtsschutz nur im vermögensrechtlichen Verfahren erlangen können (vgl.
Urteile vom 24. Juni 2004 - BVerwG 7 C 21.03 - Buchholz 428 § 1 Abs. 7
VermG Nr. 14 S. 50 f., vom 19. Mai 2005 - BVerwG 7 C 18.04 - Buchholz 428
§ 1 Abs. 7 VermG Nr. 15 S. 56 und vom 6. August 2008 - BVerwG 8 C 2.08 -
Buchholz 428 § 1 Abs. 7 VermG Nr. 19 S. 56; Beschluss vom 15. Juli 2010
- BVerwG 8 B 4.10 - ZOV 2010, 223).
Zu Recht hat das Verwaltungsgericht angenommen, dass die strafgerichtliche
Vermögenseinziehung die verfahrensgegenständlichen Flurstücke erfasste (aa)
und nicht schon vor der Rehabilitierung rückgängig gemacht wurde (bb). Das
angegriffene Urteil übersieht aber, dass der Zusammenhang zwischen der re-
habilitierungsrechtlichen Aufhebung der Vermögenseinziehung und der begehr-
ten Rückgabe auch mit einem wirksamen Verzicht auf die Rückgabe des entzo-
genen Vermögenswerts entfällt und dass ein solcher Verzicht hier vorliegt (cc).
aa) Die strafgerichtliche Vermögenseinziehung erstreckte sich auf die gesamte
Neubauernwirtschaft des Herrn T. und erfasste alle dazu gehörenden Bodenre-
formgrundstücke. Offen bleiben kann, ob der endgültige Vermögensverlust
schon mit der Rechtskraft des Strafurteils eintrat (vgl. Urteile vom 19. Juli 2000
a.a.O. S. 22 und vom 6. August 2008 a.a.O. Rn. 21) oder ob er wegen des fak-
tischen Enteignungsbegriffs des Vermögensrechts einen tatsächlichen Zugriff
voraussetzte (Urteil vom 29. Juni 2006 - BVerwG 7 C 18.05 - BVerwGE 126,
213 = Buchholz 428 § 1 Abs. 7 VermG Nr. 17). Ein solcher Zugriff
liegt hier jedenfalls darin, dass die LPG „Pionier“ L. das landwirtschaftliche In-
ventar übernahm und die Felder nicht nur während der Haftzeit des Herrn T.
bestellte, sondern trotz seiner Haftentlassung ab dem 30. Juni 1953 dauerhaft
zur Eigenbewirtschaftung erhielt. An diese verwaltungsgerichtlichen Tatsachen-
feststellungen ist der Senat mangels wirksamer Verfahrensrügen nach § 137
Abs. 2 VwGO gebunden. Dass die Bodenreformgrundstücke im Grundbuch zu-
nächst nicht umgeschrieben wurden, schließt den faktischen Zugriff auf den
landwirtschaftlichen Betrieb nicht aus. Die Verzögerung der Umschreibung er-
klärt sich im Übrigen aus der bodenreformrechtlichen Bindung der Grundstücke,
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die eine Neuzuteilung an einen anderen Neubauern erforderte, und aus den
Schwierigkeiten, einen Interessenten für die Übernahme der hoch verschulde-
ten Hofstelle mit dem reparaturbedürftigen Gebäude zu finden. Dies ermöglich-
te Familie T. auch, weiterhin dort zu wohnen.
bb) Zu Recht hat das Verwaltungsgericht in der Entscheidung der Härtefall-
kommission oder dem Gnadenerweis keine Rückgabe der entzogenen Neu-
bauernstelle gesehen. Eine die Vermögensentziehung aufhebende, die vermö-
gensrechtliche Restitution erübrigende Rückabwicklung liegt nur vor, wenn die
Entziehung vollständig rückgängig gemacht und der Betroffene wieder in seine
vorherige Rechtsstellung eingesetzt wurde (vgl. Urteile vom 20. März 2002
- BVerwG 8 C 2.01 - Buchholz 428 § 1 Abs. 7 VermG Nr. 8 S. 30 <33> und vom
29. Juni 2006 a.a.O. Rn. 14). Das ist hier nicht geschehen.
Die stattgebende Entscheidung der Härtefallkommission vom 30. Oktober 1953
führte keine vollständige Wiedergutmachung herbei. Sie hob weder die Vermö-
genseinziehung auf, noch setzte sie Herrn T. erneut in das entzogene Bodenre-
formeigentum ein. Das Strafurteil und die damit verhängte Vermögenseinzie-
hung blieben ausdrücklich aufrecht erhalten. Die Entscheidung, Herrn T. die
Flurstücke zur persönlichen Nutzung zu überlassen, verlieh ihm ein Nutzungs-
recht nach Maßgabe der Richtlinie 2, ohne ihm wieder Bodenreformeigentum
zuzuteilen. Dass er nach wie vor als Bodenreformeigentümer im Grundbuch
eingetragen war, rechtfertigt keine andere Beurteilung. Solange die Vermö-
genseinziehung wirksam blieb, erschöpfte die Eintragung sich in einer bloßen
Buchposition.
Der Gnadenerweis vom 22. Oktober 1954 bewirkte ebenfalls keine vollständige
Rückabwicklung der Vermögenseinziehung. Entgegen dem angegriffenen Urteil
folgt dies allerdings nicht schon daraus, dass die Gnadenentscheidung keine
Rehabilitierung vornahm. Zur Rückabwicklung einer Entziehung genügt, dass
das entzogene Recht wieder eingeräumt und der Vermögenswert zurückgege-
ben wird. Aus welchem Rechtsgrund dies geschieht, ist unerheblich. Die Rück-
abwicklung kann daher auch durch eine nicht rehabilitierende Maßnahme be-
wirkt werden. Revisionsrechtlich fehlerfrei hat das Verwaltungsgericht jedoch
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angenommen, der Gnadenerweis habe mangels sachenrechtlicher Gestal-
tungswirkung keine Rückabwicklung herbeigeführt. Die dagegen erhobenen
Verfahrensrügen der Klägerin gehen fehl. Die tatrichterlichen Feststellungen
zum Gnadenerweis sind weder aktenwidrig noch denkfehlerhaft. Das Verwal-
tungsgericht verneint weder die Aufhebung der Vermögenseinziehung noch
deren unmittelbare Wirkung. Es geht lediglich davon aus, dass damit - wie im
Fall einer Rehabilitierungsentscheidung nach § 3 Abs. 2 StrRehaG - nur der
Rechtsgrund der Entziehung beseitigt, das eingezogene Vermögen aber noch
nicht rechtsgestaltend in das Eigentum des Betroffenen überführt wurde. Aus
der Richtlinie 7/54 ergibt sich nicht, dass diese Schlussfolgerung denklogisch
unmöglich wäre. Vielmehr gehen Ziffern I B 2 und II der Richtlinie von der Not-
wendigkeit einer Übertragung oder Rückgabe des entzogenen Vermögens „in
das Eigentum“ des Betroffenen aus. Die von der Klägerin zitierte Regelung der
Berichtspflicht zur Rückübertragung spricht ebenfalls für die Notwendigkeit ei-
nes Vollzugsakts. Hier unterblieb die Rückgabe, weil die staatlichen Stellen da-
von ausgingen, mit der Verzichtserklärung des Herrn T. habe sich die Rückga-
be der entzogenen Neubauernstelle erledigt. Wertersatz für das Inventar wurde
unter Hinweis auf abgelöste und noch offene Verbindlichkeiten abgelehnt.
cc) Entgegen dem angegriffenen Urteil folgt aus dem Unterbleiben der Rückga-
be aber noch nicht, dass der Vermögensverlust im Zeitpunkt der Rehabilitierung
noch auf der rechtsstaatswidrigen Vermögenseinziehung beruhte. Vielmehr
stellt der am 4. Dezember 1953 erklärte Verzicht einen selbstständigen Rechts-
grund für den Vermögensverlust dar.
Mit der schriftlichen Erklärung vom 4. Dezember 1953 hat Herr T. gegenüber
dem Rat des Kreises wirksam auf die Rückgabe des entzogenen Bodenreform-
eigentums verzichtet. Die gegenteilige Auslegung der Vorinstanz, dass Herr T.
nur das Angebot auf Nutzungsüberlassung abgelehnt habe, widerspricht den
gesetzlichen Auslegungsregeln der §§ 133, 157 BGB, die im Zeitpunkt der Er-
klärung auch in der DDR galten. Danach ist der erklärte Wille bei empfangsbe-
dürftigen Erklärungen anhand des Wortlauts unter Berücksichtigung der für den
Adressaten erkennbaren Umstände zu ermitteln.
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Der Wortlaut der Verzichtserklärung vom 4. Dezember 1953 ist eindeutig. Herr
T. verzichtete ausdrücklich auf die Grundstücke, für die er als Bodenreform-
eigentümer eingetragen war. Diese Erklärung bezieht sich nicht nur auf die Nut-
zungsüberlassung oder auf ein entsprechendes Angebot, sondern auf das Bo-
denreformeigentum selbst. Der Verzicht darauf geht nicht schon wegen der
strafgerichtlichen Vermögenseinziehung ins Leere. Soweit die Einziehung voll-
zogen wurde, schließt er einen künftigen Rückgabeanspruch aus. Darüber hi-
naus erstreckt er sich auf die Eigentumseintragung im Grundbuch, die Herrn T.
verblieben war und die ihm wegen der stattgebenden Entscheidung der Härte-
fallkommission nach Teil B Abschnitt II Ziffer 3 Abs. 2, Abschnitt IX der Richtli-
nie 2 trotz der Vermögenseinziehung und selbst bei Verweigerung der Nut-
zungsübernahme nicht mehr entzogen werden durfte. Dieser Buchposition
konnte Herr T. sich nur durch Verzicht auf das Eigentum selbst entledigen.
Für einen umfassenden Verzicht sprechen auch die für den Adressaten er-
kennbaren Umstände der Erklärung. Danach wollte Herr T. jede Rückgabe der
Neubauernstelle abwenden, die ihn gezwungen hätte, die absehbar unrentable
Bewirtschaftung der hoch verschuldeten Hofstelle samt allen damit verbunde-
nen Lasten zu übernehmen. Das galt sowohl für eine nur faktische Rückgabe
durch die bereits beschlossene Nutzungsüberlassung als auch für eine voll-
ständige, die Rückübertragung des Bodenreformeigentums einschließende
Rückabwicklung der Entziehung.
Bereits die Nutzungsüberlassung hätte Herrn T. wieder eine dem Bodenreform-
eigentum vergleichbare Rechtsstellung verschafft. Das Recht zur persönlichen
Nutzung entsprach dem Recht zur Bewirtschaftung der Neubauernstelle, das
den Kern des Bodenreformeigentums bildete. Der persönliche Charakter des
Nutzungsrechts bildete den Zuweisungsgehalt dieses Eigentums ab, das nur
dem Neubauern selbst zustand und nicht veräußert oder verpfändet werden
durfte (vgl. dazu §§ 1, 13 der im Zeitpunkt der Härtefallentscheidung geltenden
Verordnung über die Auseinandersetzung bei Besitzwechsel von Bauernwirt-
schaften aus der Bodenreform vom 21. Juni 1951, GBl DDR I S. 629; Urteil vom
25. Februar 1994 - BVerwG 7 C 32.92 - BVerwGE 95, 170 <172 ff.> = Buchholz
428 § 1 VermG Nr. 17 S. 10 f.). Der Hinweis der Härtefallkommission auf die
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Pflicht zur Instandhaltung und Instandsetzung des überlassenen Vermögens
machte deutlich, dass mit dem Nutzungsrecht die Pflicht zur ordnungsgemäßen
Bewirtschaftung verbunden war. Für das Bodenreformeigentum ergab sie sich
aus dessen rechtlicher Ausgestaltung als persönliches Arbeitseigentum (Urteil
vom 25. Februar 1994 a.a.O. S. 11).
Wegen der hohen Verschuldung der Neubauernstelle, des erheblichen Repara-
turbedarfs und der Vorgeschichte der strafgerichtlichen Verurteilung musste
Herr T. davon ausgehen, dass die Neubauernstelle nicht zu bewirtschaften war,
ohne erneut die Erfüllung von Tilgungs- und Ablieferungspflichten oder die Exis-
tenz seiner Familie zu gefährden. Dieses Dilemma war auch für den Rat des
Kreises erkennbar, der um die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen wusste.
Es bestand nicht nur bei der beschlossenen Nutzungsüberlassung, sondern
auch und erst recht bei einer vollständigen Rückübertragung des Bodenreform-
eigentums. Das Kreisgericht hatte Herrn T. in den Entscheidungsgründen des
Strafurteils darauf hingewiesen, dass er seiner Notlage nicht durch Rechts-
bruch, sondern nur durch Verzicht auf die Neubauernstelle hätte entgehen kön-
nen. Mit der Verzichtserklärung auf dem dafür vorgesehenen Formular zog er
die entsprechenden Konsequenzen.
Für die Wirksamkeit seines Verzichts ist unerheblich, ob die spätere Aufhebung
der Vermögenseinziehung für ihn absehbar war. Zum einen konnte er auch auf
eine ungewisse künftige Rückübertragung des Bodenreformeigentums verzich-
ten. Zum anderen ergibt sich aus den dargelegten Umständen, dass er seinen
Verzicht gerade in Kenntnis der Folgen einer Rückgabe endgültig und vorbe-
haltlos erklärte, um die Neubauernstelle auf keinen Fall wieder zurücknehmen
zu müssen. Der Verzicht ist auch nicht wegen Willensmängeln unwirksam.
Dass er nicht auf eine Nötigung, einen Machtmissbrauch oder sonstige unlaute-
re Machenschaften im Sinne des § 1 Abs. 3 VermG zurückzuführen war, hat
das Sächsische Landesamt zur Regelung offener Vermögensfragen bereits mit
Widerspruchsbescheid vom 26. September 1996 bestandskräftig auch gegen-
über den Beigeladenen festgestellt.
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Der Verzicht stellt keine bloß hypothetische und deshalb unbeachtliche Reser-
veursache für den Vermögensverlust dar. Allerdings entfällt ein vermögens-
rechtlicher Anspruch wegen einer Schädigung nicht schon, wenn der Vermö-
genswert andernfalls durch eine spätere, tatsächlich ins Leere gehende Entzie-
hungsmaßnahme verloren gegangen wäre (Urteil vom 19. Juli 2000 - BVerwG
8 C 6.99 - Buchholz 428 § 1 Abs. 7 VermG Nr. 5 S. 21). Ein solcher Fall liegt
hier jedoch nicht vor. Der Verzicht stellt keine zweite, tatsächlich wirkungslose
Schädigung dar, die nur bei Fehlen der Erstschädigung Bedeutung gewonnen
hätte. Vielmehr knüpfte er gerade an die Vermögenseinziehung und die Milde-
rung ihrer Rechtsfolgen durch die Entscheidung der Härtefallkommission an. Er
ließ die dadurch geschaffene Rechtsposition entfallen und schloss eine Rück-
abwicklung der Enteignung aus. Als selbstständiger Rechtsgrund für den dau-
erhaften Vermögensverlust blieb er von der späteren Aufhebung der Vermö-
genseinziehung im Rehabilitierungsverfahren unberührt. Da die Vermögensver-
schiebung nicht rechtsgrundlos wurde, konnte die Rehabilitierung keinen An-
spruch auf vermögensrechtliche Restitution auslösen.
2. Die Entscheidung der Vorinstanz beruht auf den dargelegten rechtlichen
Mängeln und ist nicht aus anderen Gründen richtig (§ 144 Abs. 4 VwGO). Aus
§ 1 Abs. 3 VermG können die Beigeladenen keine vermögensrechtliche Be-
rechtigung herleiten, weil eine Schädigung durch unlautere Machenschaften mit
Widerspruchsbescheid vom 26. September 1996 bestandskräftig verneint wur-
de. Sonstige Schädigungstatbestände kommen nicht in Betracht. Auf die recht-
zeitige Anmeldung von Erlösauskehransprüchen und die Auslegung des
Schreibens vom 30. November 2005 kommt es danach nicht mehr an.
3. Die verwaltungsgerichtlichen Tatsachenfeststellungen erlauben eine Ent-
scheidung in der Sache selbst (§ 144 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 VwGO). Der Klage ist
nach § 113 Abs. 1 VwGO stattzugeben, weil Ziffern 1 und 3 des angefochtenen
Bescheids rechtswidrig sind und die Klägerin in ihren Rechten verletzen. Wie
sich aus den bisherigen Ausführungen ergibt, finden die Berechtigungsfeststel-
lung und die Feststellung des Erlösauskehranspruchs gegen die Klägerin im
Vermögensgesetz keine Grundlage.
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- 16 -
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 und 3, § 162 Abs. 3 VwGO.
Prof. Dr. Dr. h.c. Rennert
Dr. von Heimburg
Dr. Deiseroth
Dr. Held-Daab
Dr. Rudolph
B e s c h l u s s
Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Revisionsverfahren auf
40 903,35 € festgesetzt.
Prof. Dr. Dr. h.c. Rennert
Dr. von Heimburg
Dr. Deiseroth
Dr. Held-Daab
Dr. Rudolph
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Sachgebiet:
BVerwGE:
nein
offene Vermögensfragen
Fachpresse:
ja
Rechtsquellen:
StrRehaG
§ 3 Abs. 2
VermG
§ 1 Abs. 3 und 7; § 6 Abs. 6a Satz 3
Richtlinie 2 des Ministeriums des Innern der DDR vom 1. Februar 1954 betref-
fend das Vermögen, das aufgrund rechtskräftiger Strafurteile in Volkseigentum
übergangen war.
Richtlinie Nr. 7/54 des Ministeriums des Innern der DDR vom 23. August 1954
betreffend die gnadenweise Rückgabe von Vermögen, das aufgrund rechtskräf-
tiger Verurteilung zur Einziehung gelangt und dem mit bedingtem Strafaufschub
aus der Haft Entlassenen zur persönlichen Nutzung überlassen worden war.
Stichworte:
Bindungswirkung; Bodenreformeigentum; Bucheigentum; Entziehung; Erlös-
auskehr; Haft; Hofstelle; LPG; Neubauer; Neubauernstelle; strafrechtliche Re-
habilitierung; Rückgabe; Restitution; Strafurteil; landwirtschaftliches Unterneh-
men; Veräußerung; Veräußerungserlös; Vermögenseinziehung; Verzicht; Zu-
sammenhang.
Leitsatz:
Der von § 1 Abs. 7 VermG vorausgesetzte Zusammenhang zwischen der im
Wege der strafrechtlichen Rehabilitierung aufgehobenen Vermögenseinziehung
und der zum Zwecke der Wiedergutmachung begehrten Rückgabe kann fehlen,
wenn der Geschädigte vor der Rehabilitierung auf die Rückgabe der entzoge-
nen Vermögenswerte verzichtet hat.
Urteil des 8. Senats vom 5. Juli 2012 - BVerwG 8 C 16.11
I. VG Dresden vom 25.11.2010 - Az.: VG 7 K 1675/08 -