Urteil des BVerwG vom 21.09.2007

Rechtliches Gehör, Verfahrensmangel, Form, Miteigentumsanteil

BUNDESVERWALTUNGSGERICHT
BESCHLUSS
BVerwG 8 B 38.07
VG 6 K 2096/00
In der Verwaltungsstreitsache
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hat der 8. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
am 21. September 2007
durch den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht Gödel,
die Richterin am Bundesverwaltungsgericht Dr. von Heimburg und
den Richter am Bundesverwaltungsgericht Postier
beschlossen:
Die Beschwerde des Klägers zu 4 gegen die Nichtzulas-
sung der Revision in dem Urteil des Verwaltungsgerichts
Potsdam vom 17. Januar 2007 wird zurückgewiesen.
Der Kläger zu 4 trägt die Kosten des Beschwerdeverfah-
rens einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Bei-
geladenen.
Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwer-
deverfahren auf 395 003,66 € festgesetzt.
G r ü n d e :
Die Beschwerde hat keinen Erfolg. Teilweise genügt sie nicht dem Darlegungs-
gebot (§ 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO). Im Übrigen liegt kein geltend gemachter
Verfahrensmangel vor, auf dem die Entscheidung des Verwaltungsgerichts be-
ruhen kann (§ 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO).
1. Grundsätzlich bedeutsam im Sinne des § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO ist eine
Rechtssache nur dann, wenn in dem angestrebten Revisionsverfahren die Klä-
rung einer bisher höchstrichterlich ungeklärten, in ihrer Bedeutung über den der
Beschwerde zugrunde liegenden Einzelfall hinausgehenden klärungsbedürfti-
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gen Rechtsfrage des revisiblen Rechts (§ 137 Abs. 1 VwGO) zu erwarten ist. In
der Beschwerdebegründung muss daher dargelegt, d.h. näher ausgeführt wer-
den (stRspr, vgl. u.a. Beschluss vom 2. Oktober 1961 - BVerwG 8 B 78.61 -
BVerwGE 13, 90 <91>), dass und inwieweit eine bestimmte Rechtsfrage des
Bundesrechts im allgemeinen Interesse klärungsbedürftig und warum ihre Klä-
rung im beabsichtigten Revisionsverfahren zu erwarten ist.
Daran fehlt es hier. Die Beschwerde formuliert schon keine vermeintlich klä-
rungsbedürftige Rechtsfrage. Die allgemeine Ausführung, die grundsätzliche
Bedeutung liege „in der Verletzung des Problemkreises der Konnexität“, reicht
dafür nicht aus und ist einer grundsätzlichen Klärung im Revisionsverfahren
nicht zugänglich.
2. Das angefochtene Urteil weicht entgegen der Auffassung der Beschwerde
nicht von den Urteilen des Bundesverwaltungsgerichts vom 24. Juli 2003
- BVerwG 7 C 1.03 - (BVerwGE 118, 337 ff. = Buchholz 428 § 1 Abs. 1 VermG
Nr. 18), vom 24. Oktober 2002 - BVerwG 7 C 11.02 - (Buchholz 428 § 1 Abs. 2
VermG Nr. 26) oder vom 16. März 1995 - BVerwG 7 C 39.93 - (BVerwGE 98,
87 ff. = Buchholz 428 § 1 VermG Nr. 39) ab. Der Zulassungsgrund der Diver-
genz im Sinne von § 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO ist gegeben, wenn ein inhaltlich
bestimmter, die angefochtene Entscheidung tragender abstrakter Rechtssatz
vorliegt, mit dem die Vorinstanz einem in der bezeichneten Entscheidung des
Bundesverwaltungsgerichts aufgestellten ebensolchen Rechtssatz, der sich auf
dieselbe Rechtsvorschrift bezieht, widersprochen hat. Daran fehlt es hier. Die
Beschwerde hat keinen Rechtssatzwiderspruch aufgezeigt. Sie bemängelt in
Form einer Berufungsbegründung, dass das Verwaltungsgericht die vom Bun-
desverwaltungsgericht aufgestellten Rechtssätze im Einzelfall fehlerhaft ange-
wandt habe. Ein Anwendungsfehler ist jedoch keine Abweichung im Sinne des
Revisionszulassungsrechts.
Eine Divergenz zum Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 17. März 1976
- BVerwG 8 C 84.74 - kann schon deshalb nicht vorliegen, weil sich die Abwei-
chung auf dieselbe Rechtsvorschrift beziehen muss und die hier streitige Vor-
schrift des § 1 Abs. 2 VermG damals noch nicht galt.
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3. Die gerügten Verfahrensfehler sind nicht erkennbar (§ 132 Abs. 2 Nr. 3
VwGO).
Der Anspruch des Beschwerdeführers auf rechtliches Gehör (§ 108 Abs. 2
VwGO) ist nicht verletzt. Soweit die Beschwerde rügt, das Gericht habe den
Vortrag der Kläger übergangen, Karl-Georg B. sei aufgrund seines Gesund-
heitszustandes nicht mehr in der Lage gewesen, das Grundstück zu verwalten,
ist darauf hinzuweisen, dass dieser Vortrag im Tatbestand des Urteils (UA S. 6)
ausdrücklich wiedergegeben und somit vom Gericht zur Kenntnis genommen
worden ist. Der Anspruch der Prozessbeteiligten auf rechtliches Gehör ver-
pflichtet das Gericht, die Ausführungen der Prozessbeteiligten zur Kenntnis zu
nehmen und in Erwägung zu ziehen. Das Gericht ist aber nicht verpflichtet, sich
mit jedem Vorbringen in den Entscheidungsgründen ausdrücklich zu befassen
(vgl. z.B. BVerfGE 42, 364 <368>). Deshalb müssen, wenn ein Verstoß gegen
den Anspruch auf rechtliches Gehör festgestellt werden soll, im Einzelfall be-
sondere Umstände deutlich ergeben, dass das Vorbringen eines Beteiligten
entweder überhaupt nicht zur Kenntnis genommen oder doch bei der Entschei-
dung ersichtlich nicht erwogen worden ist (BVerfGE 47, 182 <188>). Ein solcher
Ausnahmefall wird hier weder von der Beschwerde dargelegt, noch ist er ge-
geben.
Der gerügte Verstoß gegen den Amtsermittlungsgrundsatz lässt nicht erkennen,
dass die vermisste Aufklärung in der Tatsacheninstanz rechtzeitig beantragt
wurde oder warum sich dem Gericht die Beweisaufnahme hätte aufdrängen
müssen. Vielmehr rügt die Beschwerde wiederum in Form einer Berufungsbe-
gründung, dass das Verwaltungsgericht der Argumentation der Klage nicht ge-
folgt ist. Damit erweisen sich ihre Darlegungen aber als materiell-rechtlicher
Angriff gegen das angefochtene Urteil. Mit solchem Vorbringen lässt sich ein
das Revisionsverfahren eröffnender Verfahrensmangel nicht dartun.
Auch das Vorbringen der Beschwerde „aus einer Gesamtschau gesehen ver-
stößt der dargestellte Sachverhalt und die Begründung gegen allgemeine
Denkgesetze“ kann einen Verfahrensmangel nicht darlegen. Ein Tatsachenge-
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richt hat nicht schon dann gegen die Denkgesetze verstoßen, wenn es nach
Meinung des Beschwerdeführers unrichtige oder fernliegende Schlüsse gezo-
gen hat; ebenso wenig genügen objektiv nicht überzeugende oder sogar un-
wahrscheinliche Schlussfolgerungen; es muss sich vielmehr um einen aus
Gründen der Logik schlechthin unmöglichen Schluss handeln (stRspr, vgl. Urteil
vom 20. Oktober 1987 - BVerwG 9 C 147.86 - Buchholz 310 § 86 Abs. 3 VwGO
Nr. 37). Davon kann hier keine Rede sein. Vielmehr hat das Gericht im Rahmen
der ihm obliegenden Sachverhalts- und Beweiswürdigung schlüssig ausgeführt,
warum der Überschuldungstatbestand des § 1 Abs. 2 VermG nicht vorlag.
Von einer weiteren Begründung sieht der Senat gemäß § 133 Abs. 5 Satz 2
VwGO ab.
4. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2, § 162 Abs. 3 VwGO, die
Festsetzung des Streitwertes auf §§ 47, 52 GKG. Dabei ist das Gericht von
dem vom Verwaltungsgericht festgestellten Bodenwert der Grundstücke von
290 DM/m² und einer streitigen Gesamtfläche von 5 328 m² ausgegangen. Da
nur noch der gesamthänderische Miteigentumsanteil nach Karl-Georg B. im Be-
schwerdeverfahren im Streit ist, ist der sich daraus ergebende Wert von
1 545 120 DM zu halbieren (= 772 560 DM), was dem Streitwert von
395 003,66 € entspricht.
Gödel Dr. von Heimburg Postier
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