Urteil des BVerwG vom 22.08.2014

Zaun, Realisierung, Grundstück, Zusage

BUNDESVERWALTUNGSGERICHT
BESCHLUSS
BVerwG 7 VR 4.14
In der Verwaltungsstreitsache
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hat der 7. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
am 22. August 2014
durch den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. Nolte
beschlossen:
Der Antrag auf Erlass einer Zwischenentscheidung wird
abgelehnt.
Die Entscheidung über die Kosten bleibt der Schlussent-
scheidung vorbehalten.
G r ü n d e :
Der Antrag,
durch den Vorsitzenden zur Wahrung effektiven Rechtsschutzes
nach Art. 19 Abs. 4 GG vorübergehend anzuordnen, dass bis zu
einer Entscheidung des Gerichts im Eilverfahren keine Baumaßnah-
men eingeleitet oder eingeleitete Baumaßnahmen eingestellt wer-
den,
hat keinen Erfolg.
Ob eine Zwischenentscheidung, die nach § 80a Abs. 3 i.V.m. § 80 Abs. 8
VwGO der Vorsitzende des Spruchkörpers treffen kann, erforderlich ist, weil zu
befürchten ist, dass bis zur abschließenden gerichtlichen Eilentscheidung unter
Verletzung des verfassungsrechtlichen Gebots der Gewährung effektiven
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Rechtsschutzes (Art. 19 Abs. 4 GG) vollendete Tatsachen geschaffen werden,
ist im Wege einer Interessenabwägung zu ermitteln.
Gegenstand dieser Interessenabwägung ist allein die landschaftspflegerische
Maßnahme A18(S), die sich ausweislich der im landschaftspflegerischen Be-
gleitplan enthaltenen Maßnahmenbeschreibung darauf richtet, zur Kompensa-
tion von Beeinträchtigungen durch die geplante Ausbaumaßnahme magere
Sandstandorte als Lebensraum für Tagfalter, Heuschrecken und Zauneidech-
sen herzustellen. Denn die Beigeladene hat im Verfahren BVerwG 7 VR 3.14
zugesagt, im Übrigen vorläufig von einer Vollziehung des angefochtenen Plan-
feststellungsbeschlusses abzusehen.
Die Interessenabwägung fällt zu Lasten des Antragstellers aus. Die Beigelade-
ne hat schlüssig dargelegt, dass ein dringendes Interesse besteht, die land-
schaftspflegerische Maßnahme noch in der Vegetationsperiode des laufenden
Jahres fertigzustellen. Nur so ist zu gewährleisten, dass sich die für die Zaun-
eidechse erforderliche Vegetation im Frühjahr 2015 entwickeln und dass dem-
entsprechend der Ersatzlebensraum rechtzeitig bis zu der im Jahr 2015 geplan-
ten Baufeldräumung für die auf den Bauflächen einzusammelnden Zauneidech-
sen zur Verfügung stehen wird. Wegen des notwendigen zeitlichen Vorlaufs der
Kompensationsmaßnahme wäre andernfalls mit einer Verzögerung des Bau-
vorhabens um ein volles Jahr zu rechnen; dies umso mehr, als die Bauarbeiten
auf den beeinträchtigten Habitatflächen der Zauneidechse nur unter Nutzung
langfristig zu planender und zu beantragender Sperrpausen für den laufenden
Bahnbetrieb durchgeführt werden können. Dass die hierzu gemachten Angaben
der Beigeladenen nicht den Tatsachen entsprechen, hat der Antragsteller nicht
substantiiert dargetan und kann umso weniger angenommen werden, als schon
im Planfeststellungsbeschluss (S. 53) auf den nötigen zeitlichen Vorlauf der
Maßnahme A18(S) hingewiesen worden ist. Soweit der Antragsteller versucht,
die Dringlichkeit eines Sofortvollzugs mit von ihm vorgelegten bahnbetriebs-
technischen Gutachten zur Kapazität des Streckennetzes ohne das planfestge-
stellte Vorhaben zu relativieren, kann ihm nicht gefolgt werden; jedenfalls im
Rahmen des Verfahrens der hier begehrten Zwischenentscheidung lässt sich
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die Tragfähigkeit und Relevanz der in den Gutachten angestellten Erwägungen
nicht verlässlich prüfen.
Ist demnach bezogen auf die landschaftspflegerische Maßnahme von einem
dringenden Vollzugsinteresse auszugehen, so haben die vom Antragsteller gel-
tend gemachten gegenläufigen Interessen dahinter zurückzustehen. Denn mit
der Maßnahme werden keine vollendeten, nicht oder nur schwer rückgängig zu
machenden Tatsachen geschaffen. Insbesondere kann nicht angenommen
werden, dass die Anlegung des geplanten Ersatzhabitats auf dem Flurstück
759/2 einer Realisierung der vom Antragsteller favorisierten Alternativtrasse mit
einer Streckenführung über dieses Grundstück als gewichtiger Belang ent-
gegenstünde. Dies gilt jedenfalls unter Berücksichtigung der von der Beigela-
denen im vorliegenden Verfahren abgegebenen Zusage, die Kompensationsflä-
che mittels eines Reptilienzauns gegen Zauneidechsen abzuschirmen, die aus
der Umgebung zuwandern könnten. Es bestehen - namentlich auch unter Be-
rücksichtigung der Ausführungen im Schriftsatz des Antragstellers vom
21. August 2014 - keine greifbaren Zweifel, dass sich ein solcher Zaun funk-
tionsgerecht ausgestalten lässt. Ebenso wenig hat das Gericht Anlass, die Be-
reitschaft der Beigeladenen in Frage zu stellen, die naturschutzfachlich gebote-
nen Anforderungen an einen solchen Zaun zu beachten.
Dr. Nolte
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