Urteil des BVerwG vom 12.09.2013

Jugendhilfe, Eltern, Richterliche Rechtsfortbildung, Gesetzeslücke

BUNDESVERWALTUNGSGERICHT
IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
BVerwG 5 C 35.12
OVG 7 A 10671/12
Verkündet
am 12. September 2013
Wahl
als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle
In der Verwaltungsstreitsache
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hat der 5. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
auf die mündliche Verhandlung vom 12. September 2013
durch den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht Vormeier,
die Richterin am Bundesverwaltungsgericht Stengelhofen und
die Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. Störmer, Dr. Häußler
und Dr. Fleuß
für Recht erkannt:
Die Revision der Beklagten gegen das Urteil des Ober-
verwaltungsgerichts Rheinland-Pfalz vom 25. Oktober
2012 wird zurückgewiesen.
Die Beklagte trägt die Kosten des Revisionsverfahrens.
Gerichtskosten werden nicht erhoben.
G r ü n d e :
I
Die Beteiligten streiten über die Erstattung der Kosten für die Unterbringung der
Klägerin zu 2 in der Kinderkrippe einer privaten Elterninitiative in der Zeit vom
8. April bis zum 15. Oktober 2011.
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Die Klägerin zu 1 ist die Mutter der am 8. April 2009 geborenen Klägerin zu 2.
Anfang Dezember 2009 beantragte die Klägerin zu 1 erstmals bei der beklagten
Stadt als Trägerin der Jugendhilfe, ihrer Tochter einen Krippen- bzw. Kindergar-
tenplatz zuzuteilen. Weil die Beklagte hierauf nicht reagierte, brachte die Kläge-
rin zu 1 ihr Kind ab Juli 2010 in der genannten privaten Einrichtung unter. Ein im
Oktober 2010 gestellter Antrag der Klägerin zu 1 auf Übernahme des Elternbei-
trags für die Unterbringung in der privaten Krippe blieb ohne Erfolg. Mit Schrei-
ben vom 26. Februar und 1. März 2011 machte die Klägerin zu 1 bei der Be-
klagten erneut den Anspruch geltend, ihrer Tochter einen Kindergartenplatz zur
Verfügung zu stellen.
Am 22. September 2011 hat die Klägerin zu 1 Klage auf Zuweisung eines Kin-
dergartenplatzes sowie auf Kostenerstattung für die ab 8. April 2011 aufgewen-
deten Kosten für die Unterbringung in der privaten Elterninitiative erhoben. Die
Beklagte stellte der Klägerin zu 2 ab dem 16. Oktober 2011 einen Kindergar-
tenplatz zur Verfügung. Daraufhin hat die Klägerin zu 1 ihr Begehren auf die
Kostenübernahme beschränkt. Mit Einverständnis der Beklagten ist die Klage
ferner um die Klägerin zu 2 erweitert worden.
Das Verwaltungsgericht hat der Klage im Wesentlichen stattgegeben und die
Beklagte verurteilt, an die Klägerinnen einen Betrag in Höhe von 2 187,77 € zu
zahlen.
Die Berufung der Beklagten hat das Oberverwaltungsgericht zurückgewiesen.
Nach dem rheinland-pfälzischen Kindertagesstättengesetz habe das Jugend-
amt der Beklagten zu gewährleisten, dass für jedes Kind vom vollendeten zwei-
ten Lebensjahr ein Platz in einer Kindertagesstätte beitragsfrei zur Verfügung
stehe. Diesen Anspruch habe die Beklagte nicht erfüllen können. In der Recht-
sprechung des Bundesverwaltungsgerichts zum Jugendhilferecht sei seit jeher
anerkannt, dass die Kostenübernahme vom Jugendhilfeträger verlangt werden
könne, wenn die Leistung zu Recht begehrt worden sei und ohne Vermittlung
des Jugendhilfeträgers in Anspruch genommen werden musste. Nach dieser
Rechtsprechung setze sich die „Primärverantwortung“ des für die Gewährleis-
tung verantwortlichen Jugendhilfeträgers sekundär in der Verantwortung für die
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Übernahme der Kosten fort, wenn die geschuldete Leistung anderweitig be-
schafft werden musste. Diese Rechtsgrundsätze seien auch durch die Schaf-
fung des § 36a Sozialgesetzbuch Achtes Buch (SGB VIII) im Jahre 2005 nicht
in Zweifel gezogen oder ausgeschlossen worden. Die Voraussetzungen eines
solchen Übernahmeanspruchs seien hier erfüllt. Neben der Klägerin zu 2 könne
auch die sorgeberechtigte Klägerin zu 1 Kostenerstattung beanspruchen. Denn
nach der gesetzlichen Konzeption stehe der Rechtsanspruch auf einen Kinder-
tagesstättenplatz auch den Sorgeberechtigten zu. Maßgeblich dafür sei ihre
gesetzlich bezweckte Begünstigung, eine durch öffentliche Mittel hoch subven-
tionierte Einrichtung in Anspruch nehmen zu können.
Mit ihrer Revision macht die Beklagte geltend, die Klägerin zu 1 sei bereits nicht
aktivlegitimiert, weil der Primäranspruch auf Verschaffung eines Kindergarten-
platzes nach den klaren gesetzlichen Regelungen nur dem Kind zustehe und
nicht den sorgeberechtigten Personen. Für einen Anspruch der Klägerin zu 2
auf Erstattung der Kosten des selbstbeschafften Kindergartenplatzes gebe es
keine Rechtsgrundlage. Eine Ausdehnung des richterrechtlichen Haftungsinsti-
tuts für selbstbeschaffte Leistungen bei Systemversagen auf die vorliegende
Fallgruppe der Förderung von Kindern in Tageseinrichtungen sei nicht zulässig.
Das Haftungsinstitut zum Kostenersatz für selbstbeschaffte Hilfen bei System-
versagen sei nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts nur im
Rahmen der Hilfen zur Erziehung und der Eingliederungshilfe anwendbar. Mit
§ 90 Abs. 3 SGB VIII bestehe eine selbständige und abschließende Sonderre-
gelung zur Kostentragung für das Kindergartenrecht. Zudem sei der Rückgriff
auf das richterrechtliche Haftungsinstitut ausgeschlossen, weil § 36a Abs. 3
SGB VIII eine abschließende Spezialregelung über den Kostenersatz für
selbstbeschaffte Hilfe bei Systemversagen für das SGB VIII darstelle. Insbe-
sondere die systematische Ausgestaltung dieser Vorschrift sowie ihre Rege-
lungshistorie belegten die Annahme des Gesetzgebers, dass sich die richter-
rechtlichen Grundsätze mit ihrer Einführung erledigt hätten und nicht mehr er-
gänzend herangezogen werden könnten. Das Berufungsgericht habe auch
deshalb Bundesrecht verletzt, weil es zu Unrecht angenommen habe, dass die
Voraussetzungen des richterrechtlichen Haftungsinstituts vorlägen. Dieser An-
spruch sei schon wegen der fehlenden Inanspruchnahme verwaltungsgerichtli-
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chen Primärrechtsschutzes ausgeschlossen. Es sei den Klägerinnen zuzumu-
ten gewesen, ihren Verschaffungsanspruch auf einen Kindergartenplatz im We-
ge eines Antrags auf Erlass einer einstweiligen Anordnung nach § 123 VwGO
durchzusetzen. Ein Anspruch der Klägerinnen auf Kostenerstattung scheitere
weiter daran, dass Elterninitiativen nach den Vorgaben des rheinland-
pfälzischen Kindertagesstättengesetzes nicht in rechtmäßiger Weise den Pri-
märanspruch auf Verschaffung eines Kindergartenplatzes erfüllen könnten, weil
sie nicht Träger einer Kindertagesstätte im Sinne des Gesetzes seien.
Die Klägerinnen verteidigen das angegriffene Urteil.
Der Vertreter des Bundesinteresses beteiligt sich an dem Verfahren und unter-
stützt die Rechtsauffassung der Beklagten.
II
Die Revision der Beklagten ist unbegründet. Das Oberverwaltungsgericht hat
den Klägerinnen den im Streit stehenden Aufwendungsersatzanspruch zuge-
sprochen, ohne dass dies im Sinne des § 137 Abs. 1 Nr. 1 VwGO Bundesrecht
verletzt.
Soweit das Oberverwaltungsgericht die Existenz des aus dem Landesrecht fol-
genden Aufwendungsersatzanspruchs vom Verständnis bundesrechtlicher
Grundsätze abhängig macht, ist dies einer revisionsgerichtlichen Überprüfung
zugänglich (1.). Der vom Oberverwaltungsgericht angenommene Rechtssatz,
dass nach Bundesrecht unter bestimmten Voraussetzungen ein Sekundäran-
spruch auf Ersatz von Aufwendungen besteht, wenn der Primäranspruch auf
Verschaffung eines Kinderbetreuungsplatzes nicht erfüllt oder in rechtswidriger
Weise verweigert wird, und das rheinland-pfälzische Landesrecht dem folgt, ist
bundesrechtlich nicht zu beanstanden (2.). Eine Verletzung von Bundesrecht
liegt auch im Übrigen nicht vor (3.).
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1. Obgleich der von den Klägerinnen geltend gemachte und vom Oberverwal-
tungsgericht bejahte Sekundäranspruch auf Aufwendungsersatz seine Grund-
lage im irrevisiblen Landesrechts findet (a), sind die Ausführungen des Ober-
verwaltungsgerichts zu der Frage, ob es im Bundesrecht einen entsprechenden
Anspruch auf Aufwendungsersatz für selbstbeschaffte Kinderbetreuungsplätze
gibt, im Revisionsverfahren zu überprüfen (b).
a) Der Anspruch der Klägerinnen auf Aufwendungsersatz ist ein Sekundäran-
spruch, der seiner Rechtsnatur nach dem Landesrecht angehört. Dies beruht
darauf, dass der diesem zugrunde liegende (primäre) Leistungsanspruch auf
Verschaffung eines Kindergartenplatzes auf einen Gesetzesbefehl des Landes-
rechts zurückgeht. Nach § 5 Abs. 1 des Kindertagesstättengesetzes des Lan-
des Rheinland-Pfalz - KitaG - vom 15. März 1991 (GVBl S. 79) in der Fassung
der Änderung durch das Gesetz vom 16. Dezember 2005 (GVBl S. 502) haben
Kinder vom vollendeten zweiten Lebensjahr bis zum Schuleintritt Anspruch auf
Erziehung, Bildung und Betreuung im Kindergarten (Satz 1), wobei das Ju-
gendamt zu gewährleisten hat, dass für jedes Kind rechtzeitig ein Kindergarten-
platz in zumutbarer Entfernung zur Verfügung steht (Satz 2). Mit dem Wirk-
samwerden des Satzes 1 dieser Vorschrift ab dem 1. August 2010 ist in
Rheinland-Pfalz ein Rechtsanspruch bereits für zweijährige Kinder eingeräumt
worden, der nach der bundesrechtlich nicht zu beanstandenden Auslegung des
Oberverwaltungsgerichts nicht an weitere Voraussetzungen (wie etwa die Er-
werbstätigkeit der Eltern) geknüpft ist.
Dem Bundesrecht ließ sich im hier maßgeblichen Zeitraum von April bis Okto-
ber 2011, für den die Klägerinnen Aufwendungsersatz begehren, kein entspre-
chender Betreuungsanspruch für zweijährige Kinder entnehmen. Das Sozialge-
setzbuch Achtes Buch - SGB VIII - (Art. 1 des Gesetzes vom 26. Juni 1990
in der Fassung der Bekanntmachung vom 14. Dezember
2006 , zuletzt geändert durch Gesetz vom 10. Dezember 2008
) sah in § 24 Abs. 1 SGB VIII (a.F.) einen (unbedingten)
Rechtsanspruch nur für Kinder ab dem vollendeten dritten Lebensjahr vor. Für
Kinder unter drei Jahren enthielt das Bundesrecht lediglich eine Verpflichtung
der Jugendhilfeträger, ein bedarfsgerechtes Angebot an Plätzen vorzuhalten
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(§ 24 Abs. 2 SGB VIII a.F.), und begründete eine Förderungsverpflichtung nur
unter bestimmten Voraussetzungen, wie etwa der Erwerbstätigkeit der Erzie-
hungsberechtigten (§ 24 Abs. 3, § 24a Abs. 3 und 4 SGB VIII). Die Neuregelung
des § 24 Abs. 3 SGB VIII (in der Fassung der Bekanntmachung vom 11. Sep-
tember 2012 ), die ab dem 1. August 2013 einen Rechtsan-
spruch für Kinder, die das erste Lebensjahr vollendet haben, gewährt, ist hier
noch nicht anwendbar.
Ist der maßgebliche Primäranspruch - hier auf Verschaffung eines Kindergar-
tenplatzes - landesrechtlicher Natur, so folgt daraus, dass auch die an seine
Verletzung oder Nichterfüllung geknüpften sekundärrechtlichen Folgen dem
Landesrecht zuzuordnen sind. Der Sekundäranspruch - hier auf Aufwendungs-
ersatz gerichtet - teilt in aller Regel und so auch hier die Rechtsnatur des ihm
zugrunde liegenden Leistungsanspruchs (vgl. etwa zum öffentlich-rechtlichen
Erstattungsanspruch und zum Anspruch aus öffentlich-rechtlicher Geschäftsfüh-
rung ohne Auftrag: Urteile vom 16. Mai 2000 - BVerwG 4 C 4.99 - BVerwGE
111, 162 <172> = Buchholz 316 § 56 VwVfG Nr. 13 S. 10 und vom 6. Oktober
1989 - BVerwG 8 C 52.87 - BVerwGE 82, 350 <351>; vgl. ferner Beschluss
vom 3. Januar 1992 - BVerwG 6 B 20.91 - Buchholz 310 § 113 VwGO Nr. 240).
b) Soweit das Berufungsgericht Landesrecht ausgelegt und angewendet hat, ist
das Bundesverwaltungsgericht grundsätzlich daran gebunden (§ 137 Abs. 1
VwGO, § 173 Abs. 1 VwGO i.V.m. § 560 ZPO). Es hat aber nachzuprüfen, ob
die Vorinstanz eine irrevisible Norm des Landesrechts unter Verkennung von
oder im Widerspruch zu Bundesrecht ausgelegt hat (vgl. Urteile vom 18. De-
zember 1987 - BVerwG 4 C 9.86 - BVerwGE 78, 347 <351> = Buchholz 310
§ 42 VwGO Nr. 151 S. 9, vom 23. August 1994 - BVerwG 1 C 18.91 - BVerwGE
96, 293 <294 f.> = Buchholz 11 Art. 12 GG Nr. 230 S. 15 und vom
21. September 2005 - BVerwG 6 C 16.04 - Buchholz 422.2 Rundfunkrecht
Nr. 40). Zudem ist eine revisionsgerichtliche Überprüfung auch dann eröffnet,
wenn die Vorinstanz die Auslegung des irrevisiblen Rechts wesentlich vom Ver-
ständnis des Bundesrechts abhängig gemacht hat (vgl. Urteil vom 6. September
1984 - BVerwG 3 C 16.84 - BVerwGE 70, 64 <65> = Buchholz 415.16 § 28
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BJagdG Nr. 1 S. 2 f.; Neumann, in: Sodan/Ziekow , VwGO, 3. Aufl.
2010, § 137 Rn. 106). So liegt es hier.
Das Oberverwaltungsgericht hat sich bei seiner Prüfung des dem Landesrecht
zuzuordnenden Sekundäranspruchs auf Aufwendungsersatz im Wesentlichen
davon leiten lassen, wie dieser Anspruch im Bundesrecht entwickelt und kontu-
riert wird. Daran anknüpfend ist es der Sache nach davon ausgegangen, dass
das Landesrecht dem folge. Es hat sich mithin bei der Konkretisierung des lan-
desrechtlichen Sekundäranspruchs wesentlich vom Verständnis des Bundes-
rechts abhängig gemacht. Dies erschließt sich insbesondere daraus, dass es im
Hinblick auf den im Streit stehenden Sekundäranspruch auf Aufwendungsersatz
keine spezifisch landesrechtlichen Erwägungen angestellt, sondern maßgeblich
auf die in der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts herausgebilde-
ten Grundsätze zum Jugendhilferecht des Bundes abgestellt und sich an diesen
ausgerichtet hat. Soweit die Erwägungen des Berufungsgerichts Inhalt und
Grenzen eines bundesrechtlichen Sekundäranspruchs betreffen, unterliegen sie
der revisionsgerichtlichen Kontrolle.
2. Der vom Oberverwaltungsgericht angenommene Rechtssatz, dass aus dem
Bundesrecht ein Sekundäranspruch abzuleiten ist, wonach unter bestimmten
Voraussetzungen Aufwendungsersatz für selbstbeschaffte Leistungen der Ju-
gendhilfe verlangt werden kann, wenn der Primäranspruch - hier auf Verschaf-
fung eines Kinderbetreuungsplatzes - nicht erfüllt oder in rechtswidriger Weise
verweigert wird, ist bundesrechtlich nicht zu beanstanden. Er beruht auf einer
analogen Anwendung des § 36a Abs. 3 Satz 1 SGB VIII.
a) Dem Oberverwaltungsgericht ist darin zuzustimmen, dass ein solcher bun-
desrechtlicher Rechtssatz ursprünglich in der Rechtsprechung des Bundesver-
waltungsgerichts im Wege richterlicher Rechtsfortbildung entwickelt worden ist.
Das Bundesverwaltungsgericht hat in seiner Rechtsprechung sowohl zum Ju-
gendwohlfahrts- und Jugendhilferecht als auch zum Sozialhilferecht stets ange-
nommen, dass der Jugendhilfe- bzw. Sozialhilfeträger zur Übernahme der Kos-
ten bereits durchgeführter selbstbeschaffter Hilfemaßnahmen verpflichtet sein
kann (Beschluss vom 25. August 1987 - BVerwG 5 B 50.87 - Buchholz 436.51
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§ 5 JWG Nr. 2 = NVwZ-RR 1989, 252 m.w.N.). Besondere praktische Bedeu-
tung erlangte dieser Anspruch auf Kostenübernahme für selbstbeschaffte Leis-
tungen im Jugendhilferecht namentlich im Bereich der Eingliederungshilfe und
der Hilfe zur Erziehung (vgl. Urteil vom 13. Juni 1991 - BVerwG 5 C 27.88 -
Buchholz 436.51 § 6 JWG Nr. 13). Er war aber nicht darauf beschränkt, son-
dern erstreckte sich grundsätzlich auf alle Leistungen der Jugendhilfe.
Dies und die Voraussetzungen eines entsprechenden Sekundäranspruchs hat
das Bundesverwaltungsgericht mit den Worten zum Ausdruck gebracht, „dass
dann, wenn die gesetzlichen Voraussetzungen für die Gewährung von Jugend-
hilfe vorlagen, erforderliche Maßnahmen aber nicht vom Träger der öffentlichen
Jugendhilfe, sondern von Dritten durchgeführt wurden, der Träger der öffentli-
chen Jugendhilfe Jugendhilfe noch nachträglich leisten könne und müsse, in-
dem er die Kosten der bereits durchgeführten Maßnahme übernimmt“ (Urteil
vom 28. September 2000 - BVerwG 5 C 29.99 - BVerwGE 112, 98 <100> =
Buchholz 436.511 § 35a KJHG/SGB VIII Nr. 3 S. 2). Der Jugendhilfeträger hat
für diese Kosten aber nur dann aufkommen müssen, wenn der Hilfebedarf
rechtzeitig an ihn herangetragen worden ist (Urteil vom 28. September 2000
a.a.O. <103> bzw. S. 5; bestätigt durch Urteil vom 11. August 2005 - BVerwG
5 C 18.04 - BVerwGE 124, 83 <86> = Buchholz 436.511 § 35a KJHG/SGB VIII
Nr. 4 S. 10). Die Notwendigkeit, den Träger von Anfang an mit einzubeziehen,
hat das Bundesverwaltungsgericht ausdrücklich daraus hergeleitet, dass die
Träger der öffentlichen Jugendhilfe nur in diesem Fall ihre aus § 79 Abs. 1
SGB VIII folgende Gesamtverantwortung für die Erfüllung ihrer gesetzlichen
Aufgaben wie auch ihre Planungsverantwortung nach § 80 Abs. 1 Nr. 2 und 3
SGB VIII nicht nur institutionell, sondern auch durch die Hilfegestaltung im indi-
viduellen Einzelfall wahrnehmen (Urteil vom 28. September a.a.O. <103> bzw.
S. 4 f. unter Hinweis auf das Urteil vom 27. Januar 2000 - BVerwG 5 C 19.99 -
BVerwGE 110, 320 = Buchholz 436.511 § 90 KJHG/SGB VIII Nr. 7 - Selbstbe-
schaffung eines Kinderkrippenplatzes).
Diese Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts ist im Fachschrifttum
wie auch von Berufungsgerichten zu Recht dahin verstanden worden, dass da-
mit ein richterrechtliches Haftungsinstitut für das Jugendhilferecht konkretisiert
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worden ist. Danach ist eine Selbstbeschaffung mit der Folge eines (Sekun-
där-)Anspruchs auf Ersatz von Aufwendungen gegenüber dem Träger der öf-
fentlichen Jugendhilfe grundsätzlich nur zulässig, wenn ein (Primär-)Anspruch
auf die beschaffte Leistung bestanden hat, diese Leistung nicht rechtzeitig er-
bracht oder zu Unrecht abgelehnt worden ist (mithin ein „Systemversagen“ bei
der Leistungsgewährung zu verzeichnen war) und es dem Leistungsberechtig-
ten wegen der Dringlichkeit seines Bedarfs nicht zuzumuten war, die Bedarfs-
deckung aufzuschieben (vgl. insbes. die Stellungnahme der Ständigen Fach-
konferenz 1 „Grund- und Strukturfragen“ des Deutschen Instituts für Jugendhilfe
und Familienrecht e.V., ZfJ 2003, 61 ff.; OVG Münster, Urteil vom 14. März
2003 - 12 A 1193/01 - NVwZ-RR 2003, 864 m.w.N.). Der Anwendungsbereich
dieser Grundsätze ist im Fachschrifttum teilweise auch ausdrücklich und zu
Recht auf die Selbstbeschaffung von Leistungen der Kinderbetreuung nach
§ 24 SGB VIII erstreckt worden (Fischer, JAmt 2002, 492 <493>).
b) Dem Oberverwaltungsgericht ist nicht darin beizupflichten, dass der An-
spruch der Klägerinnen seine Grundlage in dem dargestellten richterrechtlichen
Haftungsinstitut bei zulässiger Selbstbeschaffung findet. Dies folgt daraus, dass
der Anspruch auf Aufwendungsersatz für selbstbeschaffte Leistungen im Ju-
gendhilferecht nunmehr durch das Gesetz zur Weiterentwicklung der Kinder-
und Jugendhilfe vom 8. September 2005 (BGBl I S. 2729) mit Wirkung zum
1. Oktober 2005 in § 36a Abs. 3 Satz 1 SGB VIII geregelt worden ist. Damit hat
der Gesetzgeber der Sache nach im Wesentlichen den zuvor richterrechtlich
begründeten Anspruch auf Aufwendungsersatz kodifiziert. In der Begründung
zum Gesetzentwurf der Bundesregierung wird ausdrücklich auf die zuvor ge-
nannte Rechtsprechung und Literatur Bezug genommen (nämlich auf das Urteil
des Senats vom 28. September 2000 a.a.O., die Stellungnahme der Ständigen
Fachkonferenz 1 a.a.O. und das Urteil des OVG Münster vom 14. März 2003
a.a.O.) und dazu ausgeführt, diese Rechtsprechung solle nunmehr im Interesse
der Rechtssicherheit und der Rechtsklarheit eine positiv-rechtliche Grundlage
erfahren (BRDrucks 586/04 S. 45 und BTDrucks 15/3676 S. 26).
Die nunmehr geschaffene gesetzliche Grundlage geht dem richterrechtlichen
Haftungsinstitut vor. Zwar ist § 36a Abs. 3 Satz 1 SGB VIII hier nicht unmittelbar
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anzuwenden (aa). Jedoch liegen die Voraussetzungen einer analogen Anwen-
dung vor (bb). Da die gesetzesübersteigende richterliche Rechtsfortbildung nur
dann als zulässig erachtet werden kann, wenn die Lösung nicht im Wege der
Auslegung oder der gesetzesimmanenten Rechtsfortbildung (etwa der Analo-
gie) gefunden werden kann (vgl. Larenz, Methodenlehre der Rechtswissen-
schaft, 6. Aufl. 1991, S. 426), haben ihr gegenüber die Formen der gesetzes-
immanenten Rechtsfortbildung Vorrang.
aa) Eine unmittelbare Anwendung des § 36a Abs. 3 Satz 1 SGB VIII auf die
Fälle der Selbstbeschaffung von Kindergartenplätzen scheidet aus.
Dies erschließt sich bereits aus dem Wortlaut der Vorschrift. § 36a Abs. 3
Satz 1 SGB VIII bezieht sich auf „Hilfen“ und erfasst damit nicht alle der in § 2
Abs. 2 SGB VIII aufgelisteten Leistungen der Jugendhilfe, sondern nur solche,
die sich als Hilfen im Sinne von § 2 Abs. 2 Nr. 4 bis 6 SGB VIII darstellen, also
nicht zu der Leistungsform der Angebote (§ 2 Abs. 2 Nr. 1 bis 3 SGB VIII) gehö-
ren. Bei den Regelungen über die Förderung von Kindern in Tageseinrichtun-
gen und in der Kindertagespflege (§ 22 ff. SGB VIII) handelt es sich um die zu-
letzt genannte Kategorie (§ 2 Abs. 2 Nr. 3 SGB VIII).
Auch die systematische Stellung des § 36a Abs. 3 Satz 1 SGB VIII im Vierten
Abschnitt des Gesetzes spricht in gewichtiger Weise dafür, dass diese Vor-
schrift unmittelbar nur die in diesem Abschnitt geregelten Hilfen, nicht aber die
im Dritten Abschnitt normierten Angebote erfasst. Zudem lassen die Gesetzes-
materialien erkennen, dass der Gesetzgeber bei der Schaffung des § 36a
SGB VIII die Hilfen im Auge hatte und insbesondere die Selbstbeschaffung von
Leistungen der Eingliederungshilfe (§ 35a SGB VIII) begrenzen wollte
(BTDrucks 15/3676 S. 36).
bb) § 36a Abs. 3 Satz 1 SGB VIII ist jedoch auf jugendhilferechtliche Leistun-
gen, welche die Förderung von Kindern in Tageseinrichtungen und in der Kin-
dertagespflege betreffen, entsprechend anzuwenden. Die Voraussetzungen
eines Analogieschlusses sind erfüllt.
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Jede Art der gesetzesimmanenten richterlichen Rechtsfortbildung - hier die
Analogie - setzt eine Gesetzeslücke im Sinne einer planwidrigen Unvollständig-
keit des Gesetzes voraus (vgl. Urteile vom 18. April 2013 - BVerwG 5 C 18.12 -
NJW 2013, 2457 Rn. 22 und zur Veröffentlichung in Buchholz vorgesehen, vom
15. November 2012 - BVerwG 3 C 12.12 - LKV 2013, 78 Rn. 19 und vom
20. Mai 1999 - BVerwG 3 C 3.98 - Buchholz 451.512 MGVO Nr. 134 S. 5). Hat
der Gesetzgeber eine eindeutige Entscheidung getroffen, dürfen die Gerichte
diese nicht aufgrund eigener rechtspolitischer Vorstellungen verändern oder
durch eine judikative Lösung ersetzen. Ob eine Gesetzeslücke vorliegt, ist da-
nach zu beurteilen, ob die vom Regelungsprogramm des Gesetzgebers erfass-
ten Fälle in den gesetzlichen Vorschriften tatsächlich Berücksichtigung gefun-
den haben. Sie ist zu bejahen, wenn festzustellen ist, dass der Wortlaut der
Vorschrift nicht alle Fälle erfasst, die nach dem Sinn und Zweck der Regelung
erfasst sein sollten (vgl. Urteil vom 18. April 2013 a.a.O. Rn. 22 m.w.N.).
(1) Das Sozialgesetzbuch Achtes Buch weist die danach vorausgesetzte Ge-
setzeslücke auf. Der in Rede stehende Sachverhalt, ob und welche Rechtsfol-
gen das Bundesrecht daran knüpft, wenn ein Rechtsanspruch auf Verschaffung
eines Kinderbetreuungsplatzes nicht erfüllt und die Leistung selbst beschafft
wird, wird weder unmittelbar von § 36a Abs. 3 Satz 1 SGB VIII noch von einer
sonstigen gesetzlichen Bestimmung des Kinder- und Jugendhilferechts erfasst.
(a) Der Einwand der Beklagten, dass mit § 90 Abs. 3 SGB VIII eine selbständi-
ge und abschließende Sonderregelung zur Kostentragung für das Kindergarten-
recht bestehe, verfängt insoweit nicht. Nach dieser Vorschrift soll im Falle des
Abs. 1 Nr. 3 (der Förderung von Kindern in Tageseinrichtungen und Kinderta-
gespflege nach den §§ 22 bis 24 SGB VIII) der Kostenbeitrag auf Antrag ganz
oder teilweise erlassen oder ein Teilnahmebeitrag auf Antrag ganz oder teilwei-
se vom Träger der öffentlichen Jugendhilfe übernommen werden, wenn die Be-
lastung den Eltern und dem Kind nicht zuzumuten ist. Für die Feststellung der
zumutbaren Belastung kommt es auf das maßgebliche Einkommen an (§ 90
Abs. 4 SGB VIII).
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Diese Regelung ist nicht auf die Fälle der Selbstbeschaffung von Kinderbetreu-
ungsplätzen wegen Systemversagens zugeschnitten. Vielmehr bezieht sich der
Übernahmeanspruch nach § 90 Abs. 3 SGB VIII auf eine andere Sachlage. Er
setzt im Wesentlichen die Unzumutbarkeit der Belastung voraus und ist neben
der sozialen Staffelung (§ 90 Abs. 1 Satz 2 SGB VIII) eine weitere soziale Kom-
ponente der Ausgestaltung der Kostenbeteiligung der Eltern (vgl. etwa Wiesner,
in: ders. , SGB VIII, 4. Aufl. 2011, § 90 Rn. 20).
Soweit das Bundesverwaltungsgericht - worauf die Beklagte hinweist - im Urteil
vom 25. April 2002 (- BVerwG 5 C 16.01 - Buchholz 436.511 § 90 KJHG/
SGB VIII Nr. 9) ausgeführt hat, dass nach der Systematik des Gesetzes die
Kostenbeteiligung für die in § 90 SGB VIII bezeichnete Inanspruchnahme von
Angeboten der Jugendhilfe abschließend in dieser Vorschrift geregelt sei, be-
ziehen sich diese Ausführungen allein auf die Kostenbeteiligung der Eltern und
damit auf die Frage, ob und unter welchen Voraussetzungen die Eltern einen
Kostenbeitrag zu zahlen oder Anspruch auf Erlass dieses Beitrags haben bzw.
seine Übernahme durch den Jugendhilfeträger beanspruchen können. Für die
hier in Rede stehende Frage, ob und unter welchen Voraussetzungen ein Auf-
wendungsersatzanspruch daran geknüpft ist, wenn der Primäranspruch des
Kindes auf Verschaffung eines Betreuungsplatzes von dem Träger der Jugend-
hilfe nicht erfüllt worden ist, ist damit keine Aussage getroffen worden.
(b) Dies gilt auch für die gesetzlich normierten Erstattungsansprüche für selbst-
beschaffte Leistungen bei Systemversagen im Bereich der gesetzlichen Kran-
kenversicherung (§ 13 Abs. 3 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch - SGB V -) und
im Schwerbehindertenrecht (§ 15 Abs. 1 Satz 2 Neuntes Buch Sozialgesetz-
buch - SGB IX -). Diese betreffen andere Regelungsbereiche und bieten keine
Anhaltspunkte dafür, dass ihnen für den Bereich des Jugendhilferechts Aussa-
gekraft zukommen soll.
(c) Eine gesetzliche Regelungslücke kann schließlich auch nicht deshalb abge-
lehnt werden, weil - wie die Beklagte meint - das Staatshaftungsrecht allgemei-
ne Haftungsinstitute wie den Folgenbeseitigungsanspruch und die Amtshaftung
vorsieht. Aus der Existenz des Amtshaftungsanspruchs (Art. 34 GG i.V.m.
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§ 839 BGB), der ein rechtswidriges und schuldhaftes Verhalten eines Amtswal-
ters voraussetzt und nicht nur Aufwendungs-, sondern weiterreichenden Scha-
densersatz gewährt, ist wegen dieser Unterschiede für die Frage, ob eine ge-
setzliche Regelungslücke im Hinblick auf einen verschuldensunabhängigen, an
ein Systemversagen bei der Erfüllung von Kinderbetreuungsplätzen anknüpfen-
den Sekundäranspruch besteht, nichts herzuleiten. Auch die Existenz von un-
geschriebenen allgemeinen Haftungsinstituten wie des Folgenbeseitigungsan-
spruchs gibt keine Antwort auf die Frage, ob das Gesetz in einem bestimmten
Bereich - wie hier im Bereich der Nichterfüllung von jugendhilferechtlichen An-
sprüchen auf Förderung von Kindern in Tageseinrichtungen - Unvollständigkei-
ten aufweist.
(2) Die festgestellte Gesetzeslücke stellt sich auch als planwidrig dar. Entgegen
der Ansicht der Beklagten ist § 36a Abs. 3 SGB VIII nicht als abschließende
Spezialregelung für das gesamte Jugendhilferecht zu begreifen, die eine Aus-
dehnung des Erstattungsanspruchs auf Leistungen des Kinder- und Jugendhil-
ferechts, die nicht unmittelbar Gegenstand der Vorschrift sind, ausschließt.
Vielmehr entspricht es dem Plan des Gesetzgebers, den Erstattungsanspruch
auch auf die Fälle der Nichterfüllung eines Anspruchs auf Förderung von Kin-
dern in Tageseinrichtungen und in der Kindertagespflege anzuwenden. Dies er-
schließt sich vor allem aus den in den Gesetzesmaterialien zum Ausdruck
kommenden gesetzgeberischen Intentionen.
Der Gesetzgeber verfolgte mit der Schaffung des § 36a Abs. 3 SGB VIII - wie
oben aufgezeigt - das Ziel, die Rechtsprechung zum Anspruch auf Aufwen-
dungsersatz im Fall der Selbstbeschaffung von Leistungen im Jugendhilferecht
zu kodifizieren. Mit dem Anspruch auf Übernahme der erforderlichen Aufwen-
dungen hat der Gesetzgeber im Vergleich zur früheren Rechtslage keine
Schlechterstellung der Berechtigten bezweckt (Urteil vom 1. März 2012
- BVerwG 5 C 12.11 - BVerwGE 142, 115 = Buchholz 436.511 § 33 SGB VIII
Nr. 2 jeweils Rn. 23). Da das richterliche Haftungsinstitut - wie oben ebenfalls
dargelegt - auch die sekundärrechtlichen Folgen eines enttäuschten (Pri-
mär-)Anspruchs auf Kinderbetreuung umfasste, bleibt § 36a Abs. 3 SGB VIII
insoweit hinter dem Plan des Gesetzgebers zurück.
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(3) Die planwidrige Lücke ist durch analoge Anwendung des § 36a Abs. 3
Satz 1 SGB VIII zu schließen. Die Rechtsfolge des Aufwendungsersatzan-
spruchs ist auf den hier zur Beurteilung stehenden Sachverhalt übertragbar,
weil eine vergleichbare Sach- und Interessenlage zu den geregelten Fällen be-
steht.
Kennzeichnend für die in § 36a Abs. 3 Satz 1 SGB VIII normierten Fälle ist,
dass ein gesetzlicher Primäranspruch, der keine bloße Geldleistung, sondern
eine Sach- und Dienstleistung zum Gegenstand hat (nämlich insbesondere der
Anspruch auf Eingliederungshilfe oder Hilfe zur Erziehung) nicht erfüllt wird und
diejenigen, die sich die unaufschiebbar notwendige Leistung, deren Gewährung
der Jugendhilfeträger zu Unrecht abgelehnt oder über die er nicht rechtzeitig
entschieden hat, selbstbeschaffen, nicht schlechter stehen sollen als diejeni-
gen, deren Leistungsbegehren rechtzeitig erfüllt worden ist (vgl. Urteil vom
1. März 2012 a.a.O. Rn. 23). Weil der Anspruch (etwa auf Eingliederungshilfe
oder Hilfe zur Erziehung) mit Zeitablauf nicht mehr erfüllt werden kann, verhin-
dert der Betroffene durch die Selbstbeschaffung den Verlust der Leistung. Es
würde gegen die gesetzliche Gewährung des Rechtsanspruchs verstoßen,
wenn der Hilfebedürftige seinen Anspruch allein deshalb verlieren würde, weil
er die ihm zustehende Hilfe nicht rechtzeitig vom Leistungsträger erhalten hat
(vgl. bereits die Rechtsprechung des Senats zum Sozialhilferecht: Urteil vom
23. Juni 1994 - BVerwG 5 C 26.92 - BVerwGE 96, 152 <155> = Buchholz 436.0
§ 5 BSHG Nr. 12 S. 4).
Die Sach- und Interessenlage, die besteht, wenn der Jugendhilfeträger einen
Anspruch auf einen Betreuungsplatz in einer Kindertagesstätte nicht oder nicht
rechtzeitig erfüllt, ist der zuvor beschriebenen ähnlich und mit ihr wertungsmä-
ßig vergleichbar. Die Kinderbetreuung, die - trotz Rechtsanspruchs - nicht für
den Zeitraum gewährt wird, für den sie begehrt wird, lässt sich nicht verschie-
ben, sondern bleibt für diesen Zeitraum in irreversibler Weise unerfüllt; der An-
spruch auf Zuweisung eines real verfügbaren Platzes erledigt sich durch Zeitab-
lauf (vgl. Rixen, NJW 2012, 2839 <2841>; Schübel-Pfister, NVwZ 2013, 385
<390>). Soweit der Primäranspruch auf einen Betreuungsplatz nicht auf andere
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Weise rechtzeitig durchgesetzt werden kann, ist der Betroffene - wenn er den
endgültigen Anspruchsverlust verhindern will - auf eine Selbstbeschaffung ver-
wiesen, die es ihm dann noch ermöglicht, den Bedarf zu decken und zumindest
die erforderlichen Aufwendungen hierfür erstattet zu bekommen.
Wegen der ähnlichen Sach- und Interessenlage ist der Analogieschluss auch
auf alle Tatbestandsmerkmale, die 36a Abs. 3 Satz 1 SGB VIII an die Rechts-
folge des Aufwendungsersatzanspruchs knüpft, sinngemäß zu erstrecken. Das
gilt insbesondere für das Merkmal, dass der Leistungsberechtigte den Träger
der öffentlichen Jugendhilfe vor der Selbstbeschaffung über den Bedarf in
Kenntnis gesetzt haben muss (Nr. 1). Die Bedeutung dieses Merkmals und sei-
ne Notwendigkeit, es als Voraussetzung für einen entsprechend hergeleiteten
Aufwendungsersatzanspruch anzusehen, erschließt sich aus dem systemati-
schen Zusammenhang des § 36a Abs. 3 Satz 1 SGB VIII zu Absatz 1 dieser
Vorschrift. Gesetzlicher Leitgedanke des § 36a Abs. 1 Satz 1 SGB VIII ist die
Steuerungsverantwortung des Jugendhilfeträgers. Nach dieser Regelung hat
der Träger der öffentlichen Jugendhilfe die Kosten der Hilfe grundsätzlich nur
dann zu tragen, wenn sie auf der Grundlage seiner Entscheidung nach Maßga-
be des Hilfeplans unter Beachtung des Wunsch- und Wahlrechts erbracht wird.
Der Vorschrift liegt der Gedanke zugrunde, dass es nicht dem gesetzlichen Auf-
trag des Jugendhilfeträgers entspricht, nur „Zahlstelle“ und nicht Leistungsträ-
ger zu sein. Das Jugendhilferecht zielt auf eine partnerschaftliche Hilfe unter
Achtung familiärer Autonomie und auf kooperative pädagogische Entschei-
dungsprozesse. Nur wenn die Eltern bzw. der Hilfeempfänger grundsätzlich den
Träger der Jugendhilfe von Anfang an in den Entscheidungsprozess einbezie-
hen, kann er seine aus § 36a Abs. 1, § 79 Abs. 1 SGB VIII folgende Gesamt-
verantwortung für die Erfüllung der gesetzlichen Aufgaben und die Planungs-
verantwortung nach § 80 Abs. 1 Nr. 2 und 3 SGB VIII wahrnehmen (Urteil vom
18. Oktober 2012 - BVerwG 5 C 21.11 - BVerwGE 145, 1 = Buchholz 436.511
§ 36a SGB VIII Nr. 2 jeweils Rn. 31; Beschluss vom 22. Mai 2008 - BVerwG 5 B
130.07 - JAmt 2008, 600).
Der genannte Gedanke, dass eine Vorbefassung des Trägers der Jugendhilfe
erforderlich ist, bevor ein Bedarf im Wege der Selbstbeschaffung gedeckt wird,
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greift auch für die Ansprüche auf Kinderbetreuung. Auch im Hinblick auf die
Verpflichtung zur Erfüllung dieser Rechtsansprüche hat der Träger der öffentli-
chen Jugendhilfe - unabhängig davon, ob der Anspruch im Bundesrecht oder
wie hier im Landesrecht (§ 5 Abs. 1 KitaG) wurzelt - seine Gewährleistungs-
pflicht zunächst durch eine bedarfsgerechte Planung entsprechend den objek-
tivrechtlichen Vorgaben der §§ 79, 80 SGB VIII zu erfüllen und dabei bereits
das Wunsch- und Wahlrecht der Eltern zu berücksichtigen. Der Jugendhilfeträ-
ger trägt so für die Bereitstellung eines bedarfsgerechten Angebots die Ge-
samtverantwortung, der er etwa durch die Finanzierung von Betreuungsplätzen
kommunaler Träger und durch finanzielle Förderung nichtstaatlicher (freier)
Träger nachkommt.
3. Das angefochtene Urteil ist auch im Übrigen revisionsgerichtlich nicht zu be-
anstanden.
a) Soweit das Oberverwaltungsgericht davon ausgeht, dass der an die Nicht-
erfüllung des landesrechtlichen Verschaffungsanspruchs anknüpfende Sekun-
däranspruch auf Aufwendungsersatz dem bundesrechtlichen Maßstab folgt,
unterliegt dies ebenso wenig der revisionsgerichtlichen Kontrolle wie seine Prü-
fung, ob im konkreten Fall die Voraussetzungen des landesrechtlichen Aufwen-
dungsersatzanspruchs erfüllt sind. Dies entzieht sich grundsätzlich der revi-
sionsgerichtlichen Überprüfung, weil es sich insoweit um die Anwendung von
Landesrecht handelt.
b) Der Einwand der Beklagten, das Oberverwaltungsgericht habe jedenfalls der
Klägerin zu 1 zu Unrecht einen Aufwendungsersatzanspruch zugebilligt, weil
der Primäranspruch auf Verschaffung eines Kindergartenplatzes nach den ge-
setzlichen Regelungen nur dem Kind und nicht den sorgeberechtigten Perso-
nen zustehe, begründet ebenfalls nicht die Annahme eines Bundesrechtsver-
stoßes.
aa) Die auf der Auslegung und Anwendung des § 5 Abs. 1 KitaG beruhende
Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts, dass auch die Klägerin zu 1 als
Sorgeberechtigte nach dieser Vorschrift anspruchsberechtigt sei, ist als Ausle-
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gung irrevisiblen Landesrechts für das Revisionsgericht grundsätzlich bindend,
§ 137 Abs. 1 VwGO, § 173 Abs. 1 VwGO i.V.m. § 560 ZPO (Urteil vom
21. September 2005 - BVerwG 6 C 16.04 - Buchholz 422.2 Rundfunkrecht
Nr. 40).
Das Oberverwaltungsgericht hat die Anspruchsberechtigung der Sorgeberech-
tigten vorrangig auf landesrechtliche Erwägungen gestützt. Es hat dazu in den
Urteilsgründen ausgeführt, zwar ergebe sich aus dem Wortlaut des § 5 Abs. 1
KitaG, dass der Rechtsanspruch auf einen Kindertagesstättenplatz zunächst
dem Kind eingeräumt sei. Er stehe nach der gesetzlichen Konzeption aber
ebenso den Sorgeberechtigten zu. Maßgeblich dafür sei nicht ihre Befreiung
von dem verhältnismäßig geringen Anteil an den Personalkosten in der Form
des Elternbeitrags (§ 13 Abs. 2 KitaG), sondern die Begünstigung durch die
Inanspruchnahme einer durch öffentliche Mittel hoch subventionierten Einrich-
tung.
bb) Eine revisionsgerichtliche Prüfung ist auch nicht deshalb eröffnet, weil sich
das Oberverwaltungsgericht für seine Auslegung des Landesrechts im Wesent-
lichen vom Bundesrecht hätte leiten lassen (vgl. Urteil vom 6. September 1984
- BVerwG 3 C 16.84 - BVerwGE 70, 64 = Buchholz 415.16 § 28 BJagdG Nr. 1)
oder weil es von der Annahme ausgegangen wäre, es sei an Bundesrecht ge-
bunden und müsse aufgrund eines bundesrechtlichen Rechtsanwendungsbe-
fehls § 5 Abs. 1 KitaG im Hinblick auf die Anspruchsberechtigung genauso aus-
legen wie eine bundesrechtliche Vorschrift (vgl. Urteile vom 18. Mai 1977
- BVerwG 8 C 44.76 - BVerwGE 54, 54 <56 f.> = Buchholz 454.51 MRVerbG
Nr. 1 S. 2 f. und vom 16. Januar 2003 - BVerwG 4 CN 8.01 - BVerwGE 117,
313 <317> = Buchholz 310 § 47 VwGO Nr. 160 S. 96).
Zwar hat das Oberverwaltungsgericht auch eine im entscheidungserheblichen
Zeitraum geltende bundesrechtliche Regelung ausgelegt und dabei zu Unrecht
angenommen, dass Anspruchsinhaber nach § 24 Abs. 1 SGB VIII a.F. nicht nur
das Kind, sondern auch die sorgeberechtigte Person gewesen sei. Letzteres
trifft nicht zu, weil nach dem unmissverständlichen Wortlaut dieser Vorschrift
ausdrücklich und allein das Kind als Berechtigter genannt wird. Dies lässt sich
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auch im Hinblick auf die Systematik des SGB VIII, Rechtsansprüche entweder
dem Kind bzw. Jugendlichen (wie etwa bei Eingliederungshilfe nach § 35a
SGB VIII) oder den personensorgeberechtigten Eltern (wie etwa bei der Hilfe
zur Erziehung nach § 27 SGB VIII) zuzuweisen, nur als bewusste Entscheidung
des Gesetzgebers interpretieren, allein dem Kind den Anspruch nach § 24
Abs. 1 SGB VIII a.F. auf Verschaffung eines Betreuungsplatzes zu vermitteln.
Soweit das Oberverwaltungsgericht diese bundesrechtliche Anspruchsberechti-
gung verkannt hat, wirkt sich dies hier jedoch nicht aus.
Das Oberverwaltungsgericht gelangt zu der in Rede stehenden Anspruchsbe-
rechtigung eigenständig tragend auch durch rein landesrechtlich ausgerichtete
Erwägungen. Maßgeblich sei die Begünstigung der Eltern durch die Inan-
spruchnahme einer durch öffentliche Mittel hoch subventionierten Einrichtung.
Das Oberverwaltungsgericht legt insoweit sowohl die bundesrechtliche als auch
die landesrechtliche Anspruchsgrundlage - mit gleichem Ergebnis - parallel aus.
cc) Schließlich ist die Auslegung des § 5 Abs. 1 KitaG auch nicht deswegen
revisionsgerichtlich zu beanstanden, weil das Bundesrecht ein anderes als das
vom Oberverwaltungsgericht vertretene Ergebnis gebieten würde (vgl. Urteil
vom 23. August 1994 - BVerwG 1 C 18.91 - BVerwGE 96, 293 <294 f.> =
Buchholz 11 Art. 12 GG Nr. 230 S. 15). Denn eine einschränkende bundes-
rechtskonforme Auslegung war weder im Hinblick auf einfaches noch auf Ver-
fassungsrecht des Bundes erforderlich. Vielmehr ist der Landesgesetzgeber ge-
mäß § 24 Abs. 6 SGB VIII frei darin, weitergehende Begünstigungen als der
Bund zu gewähren. Denn nach dieser Vorschrift bleibt weitergehendes Landes-
recht unberührt.
c) Ein Bundesrechtsverstoß ergibt sich schließlich auch nicht daraus, dass die
Beklagte und der Vertreter des Bundesinteresses auf einen Grundsatz vom
Vorrang des verwaltungsgerichtlichen Primärrechtsschutzes verweisen und da-
zu geltend machen, ein Aufwendungsersatzanspruch sei hier ausgeschlossen,
weil es die Klägerinnen versäumt hätten, den Verschaffungsanspruch auf einen
Kindergartenplatz im Wege eines Antrags auf Erlass einer einstweiligen Anord-
nung nach § 123 VwGO durchzusetzen.
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Ob die Inanspruchnahme verwaltungsgerichtlichen Eilrechtsschutzes eine Vo-
raussetzung des landesrechtlichen Sekundäranspruchs auf Aufwendungsersatz
darstellt und ob diese etwaige Voraussetzung im konkreten Fall erfüllt ist, ist als
Auslegung und Anwendung von Landesrecht der revisionsgerichtlichen Über-
prüfung grundsätzlich nicht zugänglich. Darüber hinaus ist es zweifelhaft, ob im
Rahmen des Anspruchs auf Aufwendungsersatz nach § 36a Abs. 3 Satz 1
SGB VIII die vorherige Inanspruchnahme von Eilrechtsschutz geboten ist. Im
Wortlaut des § 36a Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 SGB VIII, der nur verlangt, dass die De-
ckung des Bedarfs durch die selbstbeschaffte Leistung keinen zeitlichen Auf-
schub geduldet haben darf und der dabei zwischen dem Fall der Bedarfsde-
ckung bis zu einer Entscheidung des Trägers der öffentlichen Jugendhilfe über
die Gewährung der Leistung (Buchst. a) und dem Fall bis zu einer Entschei-
dung über ein Rechtsmittel nach einer zu Unrecht abgelehnten Leistung
(Buchst. b) unterscheidet, hat das Erfordernis des Eilrechtsschutzes keinen
Ausdruck gefunden.
Diese Frage bedarf jedoch keiner abschließenden Klärung, weil jedenfalls ge-
gen die Auffassung des Oberverwaltungsgerichts, dass das Nachsuchen um
vorläufigen Rechtsschutz nur dann verlangt werden kann, wenn es dem Betrof-
fenen zumutbar ist, bundesrechtlich nichts zu erinnern ist. Selbst beim Amtshaf-
tungsanspruch, bei dem der grundsätzliche Vorrang des primären gerichtlichen
Rechtsschutzes in deutlicher Form in § 839 Abs. 3 BGB niedergelegt ist, wird
die Inanspruchnahme von Primärrechtsschutz nur verlangt, wenn durch diese
eine rechtzeitige Abhilfe überhaupt erwartet werden kann (vgl. BGH, Urteil vom
26. Januar 1995 - III ZR 71/93 - BGHZ 128, 346 <358>; s. auch BVerwG, Urteil
vom 28. Mai 1998 - BVerwG 2 C 29.97 - BVerwGE 107, 29 <32 f.> = Buchholz
232 § 23 BBG Nr. 40 S. 3). Dies war jedoch nach den nicht mit Verfahrensrü-
gen angegriffenen und damit für das Revisionsgericht bindenden Feststellungen
des Oberverwaltungsgerichts nicht der Fall. Es hat dazu ausgeführt, dass eine
Abhilfe auch dann nicht zu erwarten gewesen wäre, wenn die Sorgeberechtig-
ten von Anfang an versucht hätten, den Primäranspruch im Verwaltungsrechts-
weg durchzusetzen.
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4. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO. Die Gerichtskosten-
freiheit ergibt sich aus § 188 Satz 2 Halbs. 1 VwGO.
Vormeier
Stengelhofen
Dr. Störmer
Dr. Häußler
Dr. Fleuß
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Sachgebiet:
BVerwGE: ja
Kinder- und Jugendhilferecht
Fachpresse: ja
Rechtsquellen:
SGB VIII
§ 36a Abs. 1 und 3, § 90 Abs. 3
SGB V
§ 13 Abs. 3
SGB IX
§ 15 Abs. 1
Stichworte:
Analogie; Analogieschluss; Anspruch auf Kindergartenplatz; Anspruch auf Kin-
dertagesbetreuung; Anspruch auf Verschaffung eines Betreuungsplatzes; Auf-
wendungen; Aufwendungsersatz; Aufwendungsübernahme; Bundesrecht; El-
terninitiative; private Elterninitiative; Erstattung; Folgenbeseitigungsanspruch;
Folgenentschädigungsanspruch; Gesetzeslücke; Jugendhilfeträger; Kindergar-
ten; Kinderkrippe; Kindertagesstätte; Krippenplatz; Landesrecht; Lücke; plan-
widrige -; Lückenschließung; Nichterfüllung eines Anspruchs; Planwidrigkeit
einer Lücke; Primäranspruch; Rechtsfortbildung; gesetzesimmanente -; geset-
zesübersteigende -; richterrechtliche Rechtsfortbildung; Revisibilität; revisibles
Recht; revisionsgerichtliche Prüfung; Staatshaftung; Sekundäranspruch;
Selbstbeschaffung; selbstbeschaffte Leistung; Steuerungsverantwortung; Steu-
erungsverantwortung des Jugendamts; Systemversagen; Unaufschiebbarkeit
der Leistungsgewährung.
Leitsatz:
Ein Anspruch auf Übernahme der erforderlichen Aufwendungen für einen
selbstbeschafften Kinderbetreuungsplatz ergibt sich aus dem Bundesrecht ent-
sprechend § 36a Abs. 3 SGB VIII, wenn der Leistungsberechtigte den Träger
der öffentlichen Jugendhilfe vor der Selbstbeschaffung rechtzeitig über den Be-
darf in Kenntnis gesetzt hat, die Voraussetzungen für die Gewährung der Leis-
tung vorgelegen haben und die Deckung des Bedarfs keinen zeitlichen Auf-
schub geduldet hat.
Urteil des 5. Senats vom 12. September 2013 - BVerwG 5 C 35.12
I. VG Mainz vom 10.05.2012 - Az.: VG 1 K 981/11 -
II. OVG Koblenz vom 25.10.2012 - Az.: OVG 7 A 10671/12 -