Urteil des BVerwG vom 30.06.2011

Hund, Bekanntmachung, Arbeitsgericht, Rechtfertigung

BUNDESVERWALTUNGSGERICHT
BESCHLUSS
BVerwG 5 B 53.10
VGH 12 B 10.1088
In der Verwaltungsstreitsache
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hat der 5. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
am 30. Juni 2011
durch den Vizepräsidenten des Bundesverwaltungsgerichts Hund,
die Richterin am Bundesverwaltungsgericht Stengelhofen und
den Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. Störmer
beschlossen:
Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung
der Revision in dem Urteil des Bayerischen Verwaltungs-
gerichtshofs vom 28. September 2010 wird verworfen.
Der Kläger trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens,
einschließlich der außergerichtlichen Kosten des Beigela-
denen. Gerichtskosten werden nicht erhoben
G r ü n d e :
Die ausschließlich auf den Zulassungsgrund der Divergenz (§ 132 Abs. 2 Nr. 2
VwGO) gestützte Beschwerde hat keinen Erfolg. Eine die Revisionszulassung
rechtfertigende Abweichung des Berufungsurteils von einer Entscheidung des
Bundesverwaltungsgerichts ist vom Kläger nicht in einer den Anforderungen
des § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO entsprechenden Weise dargelegt worden.
1. Eine Abweichung im Sinne des § 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO liegt nur dann vor,
wenn sich der Verwaltungsgerichtshof in Anwendung derselben Rechtsvor-
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schrift mit einem seine Entscheidung tragenden abstrakten Rechtssatz zu ei-
nem in der herangezogenen Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts
aufgestellten ebensolchen Rechtssatz in Widerspruch gesetzt hat. Die Be-
schwerdebegründung muss darlegen, dass und inwiefern dies der Fall ist
(stRspr, z.B. Beschlüsse vom 22. Dezember 2009 - BVerwG 5 B 54.09 - juris
Rn. 2 und vom 24. November 2009 - BVerwG 5 B 35.09 - juris Rn. 3). Daran
fehlt es hier.
1.1 Soweit die Beschwerde das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom
2. Juli 1992 (- BVerwG 5 C 51.90 - BVerwGE 90, 287) in Bezug nimmt und aus
den auf Seite 5 der Beschwerdebegründung zitierten Ausführungen im Wege
einer wertenden Interpretation und Zusammenfassung den Rechtssatz herleitet,
„dass das Integrationsamt verpflichtet ist, den Einwänden des Klägers gegen
die vom Beigeladenen vorgebrachten Kündigungsgründe nachzugehen und
nachzuprüfen, ob diese Kündigungsgründe tatsächlich gegeben sind“, bezeich-
net sie keinen hiervon abweichenden, abstrakten Rechtssatz, den der Verwal-
tungsgerichtshof aufgestellt hat. Vielmehr wird dem Berufungsgericht - ange-
sichts entgegenstehender Ausführungen in dem Berufungsurteil (UA S. 14 ff.) -
lediglich eine falsche Rechtsanwendung in der Weise entgegengehalten, dass
das Integrationsamt die vom Beigeladenen vorlegte betriebswirtschaftliche
Auswertung seines Steuerberaters, die empfehle Personal einzusparen, unge-
prüft übernommen und seiner Entscheidung zugrunde gelegt habe, ohne den
hiergegen erhobenen konkreten Einwänden des Klägers nachzugehen.
Soweit die Beschwerde darüber hinaus beanstandet, dass die vom Berufungs-
gericht vertretene Ansicht, „unternehmerische Entscheidungen dürften grund-
sätzlich inhaltlich nicht vom Integrationsamt überprüft werden“, „völlig irrig und
mit der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts vom 2.7.1992 nicht ver-
einbar ist“ (vgl. Beschwerdebegründung S. 6), stellt sie dieser Rechtsansicht
schon keinen, vom Bundesverwaltungsgericht in dem in Bezug genommenen
Urteil vom 2. Juli 1992 (a.a.O.) oder einer anderen Entscheidung aufgestellten,
abweichenden Rechtssatz gegenüber.
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Soweit die Beschwerde eine Abweichung zum Urteil des Bundesverwaltungsge-
richts vom 2. Juli 1992 (a.a.O.) schließlich darin sieht, dass der Verwaltungsge-
richtshof die Auffassung vertrete, „das - erstinstanzliche - Urteil des Arbeitsge-
richts K. habe die betriebsbedingten Gründe für die Kündigung anerkannt und
dies sei für die Entscheidung des Integrationsamtes zu beachten“, während das
Bundesverwaltungsgericht in der genannten Entscheidung festgestellt habe,
„dass das Integrationsamt und das Arbeitsgericht die Kündigung unabhängig
voneinander zu beurteilen haben“ (vgl. Beschwerdebegründung S. 7), erschöpft
sich die Gegenüberstellung wiederum in wertenden Interpretationen und in der
Zusammenfassung von Ausführungen der jeweiligen Gerichte, die teils aus ih-
rem für das Verständnis erforderlichen Kontext herausgelöst werden, ohne ein-
ander widersprechende Rechtssätze herauszuarbeiten. Insbesondere ist dem
Urteil des Bundesverwaltungsgerichts - anders als die Beschwerde anzuneh-
men scheint - kein Rechtssatz dahin zu entnehmen, dass das Integrationsamt
im Rahmen des Zustimmungsverfahrens die Kündigung besonders sorgfältig zu
prüfen habe, wenn - wie hier - die Frage der sozialen Rechtfertigung der Kündi-
gung gemäß § 23 Abs. 1 Satz 2 KSchG im arbeitsgerichtlichen Verfahren nicht
zum Tragen komme.
1.2 Soweit die Beschwerde das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom
19. Oktober 1995 (- BVerwG 5 C 24.93 - BVerwGE 99, 336) in Bezug nimmt
und aus den auf Seite 9 der Beschwerdebegründung zitierten Ausführungen im
Wege einer wertenden Interpretation und Zusammenfassung den Rechtssatz
herleitet, „dass eine bloße Schlüssigkeitsprüfung eben nicht genügt, auch nicht
bei betriebsbedingten Kündigungsgründen“, rügt sie der Sache nach erneut le-
diglich eine fehlerhafte Anwendung der vom Verwaltungsgerichtshof nicht be-
strittenen, sondern sich zu eigen gemachten (vgl. UA S. 14) Rechtsprechung
des Bundesverwaltungsgerichts, ohne einen entgegenstehenden Rechtssatz
aufzuzeigen.
1.3 Danach kann offenbleiben, ob die von der Beschwerde gerügten Abwei-
chungen von den Entscheidungen des Bundesverwaltungsgerichts vom 2. Juli
1992 (a.a.O.) und 19. Oktober 1995 (a.a.O.) den Darlegungsanforderungen für
eine Divergenzrüge auch deshalb nicht genügen, weil die angeblich divergie-
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renden Rechtssätze nicht zu derselben Rechtsvorschrift aufgestellt wurden,
auch wenn die Regelungen - wie hier - inhaltlich (im Wesentlichen) überein-
stimmen (so z.B. Beschluss vom 27. Juli 2010 - BVerwG 9 B 108.09 - juris
Rn. 3 m.w.N.; a.A. z.B. Beschluss vom 15. Mai 2008 - BVerwG 6 PB 20.07 -
Buchholz 251.21 § 13 BrbgPersVG Nr. 1 Rn. 3 m.w.N.). Denn während die an-
geblich abweichenden Ausführungen des Verwaltungsgerichtshofs in Anwen-
dung des § 85 SGB IX ergangen sind, stehen diejenigen des Bundesverwal-
tungsgerichts in Zusammenhang mit § 15 SchwbG in der Fassung der Be-
kanntmachung vom 26. August 1986 (BGBl I S. 1421).
2. Von einer weiteren Begründung wird abgesehen (§ 133 Abs. 5 Satz 2
Halbs. 2 VwGO).
3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2, § 162 Abs. 3 VwGO. Die
Gerichtskostenfreiheit folgt aus § 188 Satz 2 Halbs. 1 VwGO.
Hund
Stengelhofen
Dr. Störmer
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