Urteil des BVerwG vom 21.04.2015

Rechtliches Gehör, Kommission, Gemeinde, Beratung

BUNDESVERWALTUNGSGERICHT
BESCHLUSS
BVerwG 4 B 8.15 (4 B 46.14)
VGH 9 C 2269/12.T
In der Verwaltungsstreitsache
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hat der 4. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
am 21. April 2015
durch den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht Prof. Dr. Rubel,
die Richterin am Bundesverwaltungsgericht Dr. Bumke und
den Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. Külpmann
beschlossen:
Die Anhörungsrüge der Klägerin gegen den Beschluss
des Senats vom 8. Januar 2015 wird zurückgewiesen.
Die Klägerin trägt die Kosten des Rügeverfahrens.
G r ü n d e :
Die Anhörungsrüge hat keinen Erfolg. Der Senat hat den Anspruch auf rechtli-
ches Gehör nicht in entscheidungserheblicher Weise verletzt. Die Klägerin hat
daher keinen Anspruch auf Fortführung ihres Nichtzulassungsbeschwerdever-
fahrens nach § 152a Abs. 1 Satz 1 VwGO.
1. Die Klägerin sieht das rechtliche Gehör durch die Aussage des Beschlusses
verletzt, der Verwaltungsgerichtshof habe nicht festgestellt, dass die Fluglärm-
kommission vor Erlass der Rechtsverordnung nicht beteiligt worden sei. Dieser
Vorwurf ist nicht schlüssig. Denn auch nach Auffassung der Beschwerde hat
der Verwaltungsgerichtshof offengelassen, ob die Fluglärmkommission beteiligt
worden ist (Anhörungsrüge, Bl. 4). Damit hat der Senat den Vortrag der Kläge-
rin ersichtlich zur Kenntnis genommen. Welche rechtlichen Folgerungen daraus
für die dargelegte Grundsatzrüge zu ziehen waren, ist nicht Gegenstand der
Anhörungsrüge. Die Wiedergabe klägerischen Vorbringens im tatrichterlichen
Urteil, eine "Beratung" in der Fluglärmkommission sei nicht erfolgt (UA S. 20),
ist insoweit ohne Bedeutung. Sie bezieht sich auf die Entscheidungsfindung der
Kommission, nicht die Beteiligung selbst.
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Sind Tatsachen, die vorliegen müssten, damit die mit der Nichtzulassungsbe-
schwerde angesprochenen Fragen sich in einem Revisionsverfahren stellen
könnten, von der Vorinstanz nicht festgestellt worden, so kann die Revision in
Hinblick auf diese Fragen nicht nach § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO zugelassen
werden (stRspr, vgl. BVerwG, Beschluss vom 17. März 2000 - 8 B
287.99 - BVerwGE 111, 61 <62>). Dieser Einwand könnte der Beschwerde
nicht entgegen gehalten werden, wenn eine in der Vorinstanz ordnungsgemäß
beantragte Sachverhaltsaufklärung nur deswegen unterblieben ist, weil das
Tatsachengericht eine als rechtsgrundsätzlich bedeutsame Frage anders als
der Beschwerdeführer beantwortet und deswegen die Beweisaufnahme als
nicht erheblich abgelehnt hätte (BVerwG, Beschluss vom 17. März 2000
a.a.O.). So liegt es hier nicht, weil die Klägerin in der Tatsacheninstanz eine
Beweiserhebung über die Beteiligung der Fluglärmkommission nicht beantragt
hat.
2. a) Im Übrigen fehlt es an der Entscheidungserheblichkeit. Die Klägerin hat
ihre Grundsatzfrage auf Fälle zugeschnitten, in denen "eine Aufklärung der
Lärmbetroffenheit der Gemeinde durch die für die Flugsicherheit zuständigen
Stellen unterblieben ist" (Bl. 695 GA). Fraglich sei der Fall einer fehlenden Be-
teiligung der Fluglärmkommission "nach unterbliebener Sachverhaltsaufklärung
durch die DFS und BAF" (Bl. 698 GA). Ein solcher Fall lag hier nach den tatrich-
terlichen Feststellungen nicht vor (BA Rn. 4). Die angegriffenen Ausführungen
in Rn. 5 tragen den Beschluss daher nicht, weil es bereits an einer anderen Vo-
raussetzung der als grundsätzlich klärungsbedürftig angesehenen Rechtsfrage
fehlte.
Der Hinweis der Klägerin auf die aus ihrer Sicht entstandene nachträgliche Di-
vergenz zu einer Aussage des Senatsurteils vom 12. November 2014 - 4 C
37.13 - NVwZ-RR 2015, 292 = juris Rn. 12 bleibt von vornherein unbehelflich.
Eine Zulassung der Revision wegen nachträglich gerügter Divergenz kommt nur
in Betracht, wenn in Bezug auf die Rechtsfrage, hinsichtlich der abgewichen
sein soll, vor Ablauf der Beschwerdebegründungsfrist die Zulassung der Revisi-
on wegen grundsätzlicher Bedeutung beantragt worden ist (BVerwG, Beschlüs-
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se vom 9. April 1999 - 9 B 21.99 - juris Rn. 3 und vom 19. Februar 2010 - 3 BN
2.09 - juris Rn. 9). Daran fehlt es.
b) Nicht entscheidungserheblich ist ferner die von der Klägerin als Ergebnis ei-
nes Gehörsverstoßes gerügte Formulierung des Senats in Rn. 5 des Beschlus-
ses "abweichend von ihrem Vortrag in der Tatsacheninstanz". Auf das Vorbrin-
gen der Klägerin zu den Auseinandersetzungen in der Vorinstanz über die An-
gaben des Beklagten über die Beteiligung der Fluglärmkommission kommt es
daher nicht an.
3. Eine Änderung der Entscheidung von Amts wegen, um welche die Klägerin in
ihrem Schriftsatz vom 6. März 2015 bittet, kommt nicht in Betracht. Die Zuläs-
sigkeit einer solchen Änderung setzte voraus, dass der Senat nach der maßge-
benden gesetzlichen Regelung zur Abänderung seiner Entscheidung befugt
wäre (BVerfG, Beschluss vom 25. November 2008 - 1 BvR 848/07 - BVerfGE
122, 190 <203>; BVerwG, Beschluss vom 22. Mai 2014 - 4 A 1.14 - juris
Rn. 14). Dies ist aber nur unter den hier nicht gegebenen Voraussetzungen des
§ 152a VwGO der Fall (BVerwG, Beschluss vom 12. März 2015 - 10 B
55.14 - juris Rn. 10).
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.
Prof. Dr. Rubel
Dr. Bumke
Dr. Külpmann
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