Urteil des BVerwG vom 27.01.2015

Satzung, Bestandteil, Bebauungsplan, Kontrolle

BUNDESVERWALTUNGSGERICHT
BESCHLUSS
BVerwG 4 B 67.14
OVG 7 A 2666/12
In der Verwaltungsstreitsache
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hat der 4. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
am 27. Januar 2015
durch den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht Prof. Dr. Rubel
und die Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. Gatz und Dr. Decker
beschlossen:
Die Beschwerde der Klägerin gegen die Nichtzulassung
der Revision in dem Urteil des Oberverwaltungsgerichts
für das Land Nordrhein-Westfalen vom 28. August 2014
wird zurückgewiesen.
Die Klägerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
Außergerichtliche Kosten der Beigeladenen sind nicht er-
stattungsfähig.
Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwer-
deverfahren auf 7 500 € festgesetzt.
G r ü n d e :
Die auf die Zulassungsgründe des § 132 Abs. 2 Nr. 1 und 2 VwGO gestützte
Beschwerde hat keinen Erfolg.
1. Die Rechtssache hat nicht die grundsätzliche Bedeutung, die ihr die Be-
schwerde beimisst.
Grundsätzlich bedeutsam im Sinne von § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO ist eine
Rechtssache dann, wenn in dem angestrebten Revisionsverfahren die Klärung
einer bisher höchstrichterlich ungeklärten, in ihrer Bedeutung über den der Be-
schwerde zugrunde liegenden Einzelfall hinausgehenden, klärungsbedürftigen
und entscheidungserheblichen Rechtsfrage des revisiblen Rechts (§ 137 Abs. 1
VwGO) zu erwarten ist. In der Beschwerdebegründung muss dargelegt (§ 133
Abs. 3 Satz 3 VwGO), d.h. näher ausgeführt werden, dass und inwieweit eine
bestimmte Rechtsfrage des Bundesrechts im allgemeinen Interesse klärungs-
bedürftig und warum ihre Klärung in dem beabsichtigten Revisionsverfahren zu
erwarten ist (stRspr, so bereits BVerwG, Beschluss vom 2. Oktober 1961 - 8 B
78.61 - BVerwGE 13, 90 <91>; siehe auch Beschluss vom 1. Februar
2011 - 7 B 45.10 - juris Rn. 15). Daran fehlt es hier.
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Die Beschwerde hält folgende Rechtsfrage für grundsätzlich klärungsbedürftig:
Müssen, um die bauplanungsrechtliche Zulässigkeit eines Bestandsge-
bäudes durch den Erlass einer Einbeziehungssatzung nach § 34 Abs. 4
Satz 1 Nr. 3 BauGB herzustellen, überbaubare Grundstücksflächen fest-
gesetzt werden, wenn der Geltungsbereich der Einbeziehungssatzung auf
den Teilbereich des Grundstücks beschränkt ist, auf dem das Bestands-
gebäude steht, und wenn aus Entstehungsgeschichte und Begründung
der Satzung der Legalisierungswille der Gemeinde hinsichtlich des Be-
standsgebäudes hervorgeht?
Die Frage lässt sich - soweit ihr im vorliegenden Zusammenhang Bedeutung
zukommt - bejahen, ohne dass es der Durchführung eines Revisionsverfahrens
bedarf.
Das Oberverwaltungsgericht hat entschieden, dass das Vorhaben der Klägerin
bauplanungsrechtlich unzulässig sei. Es füge sich nicht, wie von § 34 Abs. 1
Satz 1 BauGB vorausgesetzt, nach der überbaubaren Grundstücksfläche in die
Eigenart der näheren Umgebung ein. § 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB sei maßgeb-
lich, weil die Einbeziehungssatzung keine Regelung über die überbaubare
Grundstücksfläche enthalte (UA S. 16).
Die Klägerin möchte in dem angestrebten Revisionsverfahren erreichen, dass
der Senat ihre Frage verneint und sich ihr Vorhaben hinsichtlich der überbauba-
ren Grundstücksfläche nicht an § 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB messen lassen
muss. Zu ihren Gunsten anwendbar ist § 30 Abs. 3 BauGB jedoch nur dann,
wenn die Einbeziehungssatzung der Beigeladenen gemäß § 34 Abs. 5 Satz 2
i.V.m. § 9 Abs. 1 Nr. 2, § 9a Nr. 1 c) BauGB, § 23 BauNVO Festsetzungen zur
überbaubaren Grundstücksfläche enthält (vgl. Söfker, in: Ernst/Zinkahn/
Bielenberg/Krautzberger, BauGB, Stand September 2013, § 34 Rn. 123). Das
ist nach der vorinstanzlichen Auslegung der Satzung, die gemäß § 173 Satz 1
VwGO i.V.m. § 560 ZPO der revisionsgerichtlichen Kontrolle entzogen ist, je-
doch nicht der Fall (UA S. 16). Fehlende Festsetzungen können mit Absichten
des Plangebers, wie sie sich aus der Begründung der Einbeziehungssatzung
ergeben, nicht überspielt werden. Denn die Begründung der Einbeziehungssat-
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zung ist nicht deren Bestandteil (vgl. BVerwG, Urteil vom 18. März 2004 - 4 CN
4.03 - BVerwGE 120, 239 <244> zur Rechtslage beim Bebauungsplan).
2. Die Revision ist nicht nach § 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO zuzulassen. Die Kläge-
rin legt nicht dar, dass das angefochtene Urteil vom Beschluss des Senats vom
13. März 2003 - 4 BN 20.03 - (juris) abweicht.
Zur Darlegung des Zulassungsgrundes der Divergenz ist gemäß § 133 Abs. 3
Satz 3 VwGO erforderlich, dass die Beschwerde einen inhaltlich bestimmten,
die angefochtene Entscheidung tragenden abstrakten Rechtssatz benennt, mit
dem die Vorinstanz u.a. einem in der Rechtsprechung des Bundesverwaltungs-
gerichts tragenden Rechtssatz in Anwendung derselben Rechtsvorschrift wider-
sprochen hat (BVerwG, Beschlüsse vom 19. August 1997 - 7 B 261.97 - Buch-
holz 310 § 133 VwGO Nr. 26 und vom 13. Juli 1999 - 8 B
166.99 - Buchholz 310 § 132 Abs. 2 Ziff. 2 VwGO Nr. 9). Daran fehlt es hier
schon deshalb, weil die Beschwerde keinen Rechtssatz formuliert, mit welchem
das Oberverwaltungsgericht dem Senat die Gefolgschaft verweigert haben soll.
In der Sache wendet sie sich vielmehr gegen die Auslegung der Einbezie-
hungssatzung durch das Berufungsgericht. Eine Divergenz liegt indes nicht vor,
wenn die Vorinstanz einen Rechtssatz des Bundesverwaltungsgerichts, dem sie
- wie hier (UA S. 14) - folgt, im Einzelfall rechtsfehlerhaft anwendet oder daraus
nicht die rechtlichen Folgerungen zieht, die etwa für die Sachverhalts- und Be-
weiswürdigung geboten sind (stRspr; vgl. BVerwG, Beschluss vom 19. August
1997 - 7 B 261.97 - Buchholz 310 § 133 VwGO Nr. 26 S. 14 = NJW
1997, 3328).
3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2, § 162 Abs. 3 VwGO. Die
Festsetzung des Streitwerts folgt aus § 47 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 3, § 52
Abs. 1 GKG.
Prof. Dr. Rubel
Dr. Gatz
Dr. Decker
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