Urteil des BVerwG vom 21.02.2008

Verweigerung, Rechtliches Gehör, Störfall, Geheimnisschutz

BUNDESVERWALTUNGSGERICHT
BESCHLUSS
BVerwG 20 F 3.07
OVG 15 P 2/06
In der Verwaltungsstreitsache
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hat der Fachsenat des Bundesverwaltungsgerichts
für Entscheidungen nach § 99 Abs. 2 VwGO
am 21. Februar 2008
durch den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht
Dr. Bardenhewer, den Richter am Bundesverwaltungsgericht Prof. Dr. Kugele
und die Richterin am Bundesverwaltungsgericht Dr. Bumke
beschlossen:
Der Beschluss des Fachsenats für Entscheidungen nach
§ 99 Abs. 2 VwGO des Schleswig-Holsteinischen Ober-
verwaltungsgerichts vom 29. Dezember 2006 wird geän-
dert. Es wird festgestellt, dass auch die Verweigerung der
Vorlage der Aktenseiten in Band 5, Bl. 29-44, 46 und
Bl. 505-506 rechtswidrig ist. Ferner wird die Feststellung,
dass die Verweigerung der Vorlage der Aktenseiten in
Band 5, Bl. 463-504 rechtswidrig war, aufgehoben.
Im Übrigen werden die Beschwerden der Klägerin, des
Beklagten und des Beigeladenen zurückgewiesen.
Von den Gerichtskosten dieses Zwischenverfahrens tragen
die Klägerin und der Beklagte je 4/10 und der Beigeladene
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2/10. Von den außergerichtlichen Kosten dieses Zwischen-
verfahrens trägt die Klägerin 8/10 der Kosten des Beigela-
denen. Im Übrigen tragen die Beteiligten ihre Kosten
selbst.
Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Zwischen-
verfahren auf 5 000 € festgesetzt.
G r ü n d e :
I
Gegenstand des Verfahrens zur Hauptsache ist ein Bescheid des beklagten Mi-
nisteriums vom 28. Oktober 2002. Mit diesem Bescheid hat das als Aufsichtsbe-
hörde gemäß § 19 AtG zuständige Ministerium dem Beigeladenen, einem einge-
tragenen Verein, unter teilweiser Ablehnung seines Antrags den Zugang zu In-
formationen gewährt, die in einem 10-bändigen Verwaltungsvorgang des Minis-
teriums enthalten sind, der anlässlich eines Störfalls im Kernkraftwerk der Klä-
gerin am 14. Dezember 2001 angelegt worden war. Der Zugang zu den Informa-
tionen wurde insoweit eingeschränkt, als bestimmte Aktenseiten aus dem Ver-
waltungsvorgang entnommen und Namensschwärzungen vorgenommen wur-
den. Zur Begründung wird ausgeführt, dass bei der gebotenen Abwägung der
Ausschlussgründe nach dem als einschlägig erachteten (damaligen) Umweltin-
formationsgesetz mit dem Informationsanspruch des Beigeladenen der Daten-
schutz und der Schutz der Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse der Klägerin
Vorrang habe. Die Gestattung steht unter dem Vorbehalt, dass der Bescheid
unanfechtbar wird.
Gegen diesen Bescheid haben sowohl die Klägerin als auch der Beigeladene
Klage erhoben. Der Beklagte hat dem Verwaltungsgericht zwar den die Antrag-
stellung betreffenden Verwaltungsvorgang vorgelegt, aber die Vorlage des Ver-
waltungsvorgangs, um dessen Einsichtnahme gestritten wird, verweigert und die
Durchführung eines Zwischenverfahrens beantragt. Zur Begründung hat er vor-
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getragen, die Verweigerung beruhe auf einer analogen Anwendung des § 99
Abs. 1 Satz 2 VwGO. Angesichts des prozessualen Rechts auf Einsichtnahme
gemäß § 100 VwGO führe eine Vorlage der Akten dazu, dass der Beigeladene
unabhängig vom Umfang seines Informationsanspruchs Einsicht nehmen könne
und damit Kenntnis von den Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen der Klägerin
erhalte, die der Grund dafür gewesen seien, dem Beigeladenen nur einen ein-
geschränkten Zugang zum Verwaltungsvorgang zu gewähren.
Das Verwaltungsgericht hat von der Durchführung eines Zwischenverfahrens
abgesehen und der Klage mit Urteil vom 9. Juni 2005 mit der Begründung statt-
gegeben, ein Informationsanspruch des Beigeladenen bestehe nicht, da es zum
maßgeblichen Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung keine Rechtsgrundlage
für einen solchen Anspruch gebe. Im Parallelverfahren hat das Verwaltungsge-
richt die Klage des Beigeladenen abgewiesen.
Das Berufungsgericht hat die Rechtssache mit Beschluss vom 4. April 2006
dem Fachsenat des Oberverwaltungsgerichts vorgelegt. Die hiergegen erhobe-
ne Gegenvorstellung der Klägerin ist erfolglos geblieben. Mit Beschluss vom
29. Dezember 2006 hat der Fachsenat des Oberverwaltungsgerichts festge-
stellt, dass die Verweigerung der Vorlage der im Tenor aufgeführten Aktenseiten
rechtswidrig sei. Im Übrigen sei die Verweigerung der Offenlegung der Aktensei-
ten rechtmäßig.
Dagegen haben sowohl die Klägerin als auch der Beklagte als auch der Beige-
ladene Beschwerde erhoben. Im Klageverfahren des Beigeladenen ist ebenfalls
ein Zwischenverfahren gemäß § 99 Abs. 2 VwGO beim Fachsenat des Bundes-
verwaltungsgerichts anhängig (BVerwG 20 F 2.07). Die Klägerin und der Beige-
ladene haben im Zwischenverfahren mündliche Verhandlung beantragt.
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II
Die Beschwerde des Beigeladenen hat in dem tenorierten Umfang Erfolg; im
Übrigen sind die Beschwerden unbegründet.
1. Der Senat entscheidet ohne Durchführung einer mündlichen Verhandlung, die
gemäß § 99 Abs. 2 Satz 1 VwGO ausgeschlossen ist. Der Ausschluss dient
einem effektiven Geheimnisschutz. § 101 Abs. 3 VwGO mit der Möglichkeit der
ins gerichtliche Ermessen gestellten fakultativen mündlichen Verhandlung wird
durch die besonderen Regelungen des „in-camera“-Verfahrens verdrängt. § 99
Abs. 2 Satz 1 VwGO gilt nach seinem Wortlaut zwar nur für Entscheidungen des
Oberverwaltungsgerichts. Nach Sinn und Zweck der Regelung greift die Be-
schränkung auf die schriftliche Entscheidung aber auch, wenn das Bundesver-
waltungsgericht zuständig ist. Denn das dem Ausschluss der Öffentlichkeit
zugrunde liegende Geheimhaltungsbedürfnis hängt nicht davon ab, ob das
Oberverwaltungsgericht oder das Bundesverwaltungsgericht - sei es als Be-
schwerdegericht, sei es in der Zuständigkeit gemäß § 99 Abs. 2 Satz 2 VwGO -
zu entscheiden hat. Dass in § 99 Abs. 2 Satz 14 VwGO für das Beschwerde-
verfahren lediglich auf die Sätze 4 bis 11 verwiesen wird, erklärt sich daraus,
dass die in Satz 1 und 2 geregelte Zuständigkeitsverteilung und das in Satz 3
enthaltene Antragserfordernis im Beschwerdeverfahren keine Rolle spielen. Die
Geltung der in § 99 Abs. 2 Satz 1 VwGO niedergelegten allgemeinen Grundsät-
ze wird damit nicht in Frage gestellt.
2. Die angefochtene Entscheidung verstößt nicht gegen den Grundsatz des ge-
setzlichen Richters. Zu Recht hat der Fachsenat des Oberverwaltungsgerichts
als der für das Zwischenverfahren zuständige Spruchkörper über die Vorlage
der Akten im Verfahren der Hauptsache entschieden.
Nach § 99 Abs. 1 Satz 1 VwGO sind Behörden im Verwaltungsrechtsstreit zur
Vorlage von Urkunden oder Akten und zu Auskünften verpflichtet. Ist - wie hier -
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die Vorlage der Akten selbst Gegenstand des Rechtsstreits und hängt nach der
Rechtsauffassung des Gerichts die Entscheidung über das Klagebegehren von
der Kenntnis des Akteninhalts ab, so beschränkt sich die Vorlagepflicht nach
§ 99 Abs. 1 Satz 1 VwGO nicht auf diejenigen Akten, die bei der Behörde vor
dem Rechtsstreit aus Anlass des Streits über die Aktenvorlage entstanden sind.
Vielmehr gehören zu den grundsätzlich vorzulegenden Akten auch die behördli-
chen Akten, in die Einblick zu nehmen die zuständige Behörde unter Berufung
auf etwaige im jeweiligen Fachgesetz normierte Geheimhaltungsgründe abge-
lehnt hat (Beschluss vom 13. Juni 2006 - BVerwG 20 F 5.05 - Buchholz 310
§ 99 VwGO Nr. 42). Wenn aber das Bekanntwerden des Inhalts der Akten dem
Wohl des Bundes oder eines deutschen Landes Nachteile bereiten würde oder
wenn die Vorgänge nach einem Gesetz oder ihrem Wesen nach geheim gehal-
ten werden müssen, kann die zuständige oberste Aufsichtsbehörde gemäß § 99
Abs. 1 Satz 2 VwGO die Erteilung der Auskünfte verweigern.
2.1 Die informationspflichtige Stelle, bei der der Beigeladene den Antrag auf
Informationszugang gestellt hat, ist zugleich die oberste Aufsichtsbehörde im
Sinne des § 99 Abs. 1 Satz 2 VwGO. In dieser Eigenschaft hat sich der Beklagte
gegenüber dem Gericht der Hauptsache geweigert, den Verwaltungsvorgang,
auf den sich der geltend gemachte Informationsanspruch bezieht, vorzulegen.
Das Oberverwaltungsgericht hat zwar keinen förmlichen Beweisbeschluss zur
Entscheidungserheblichkeit der Vorlage erlassen, um eine (erneute) Verweige-
rungsentscheidung des Beklagten herbeizuführen. Es hat jedoch in seinem Vor-
lagebeschluss vom 4. April 2006 zum Ausdruck gebracht, es könne ohne die
Einsichtnahme in die Akten, deren Vorlage der Beklagte verweigert habe, nicht
über die Anfechtungsklage der Klägerin entscheiden. Der Vorlagebeschluss ist
auf den Antrag des Beklagten vom 5. März 2004 ergangen, mit dem dieser ge-
mäß § 99 Abs. 2 Satz 1 VwGO die Durchführung des vorliegenden Zwischen-
verfahrens verlangt hatte.
2.2 Für die Entscheidung im Zwischenverfahren ist nicht das Gericht der Haupt-
sache, sondern ein besonderer Spruchkörper, nämlich der nach § 189 VwGO
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eingerichtete Fachsenat zuständig. Dieser entscheidet gemäß § 99 Abs. 2
Satz 1 VwGO nur darüber, ob die Verweigerung der Aktenvorlage durch die
oberste Aufsichtsbehörde rechtmäßig ist oder nicht. Eine weitergehende Ent-
scheidungszuständigkeit steht ihm nicht zu. Im Zwischenverfahren gemäß § 99
Abs. 2 VwGO geht es mithin allein um die Frage der Vorlage der Akten im Pro-
zess. Dagegen verbleibt die Entscheidung über den Klageanspruch bei dem
Gericht der Hauptsache. Dessen Entscheidungszuständigkeit als der für die
Hauptsache zuständige gesetzliche Richter im Sinne von Art. 101 Abs. 1 Satz 2
GG wird durch die Einleitung des Zwischenverfahrens nicht angetastet.
Dies alles gilt auch dann, wenn - wie hier - die Vorlage der Akten selbst Gegens-
tand des Rechtsstreits ist, weil derartige Fälle von der Geltung des § 99 Abs. 2
VwGO nicht ausgenommen sind. Die gegenwärtige Fassung des § 99 Abs. 2
VwGO geht auf die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 27. Ok-
tober 1999 - 1 BvR 385/90 - (BVerfGE 101, 106) zurück, in der dieses zum
Schutz des Grundrechts des Klägers auf effektiven Rechtsschutz gemäß Art. 19
Abs. 4 GG verlangt hatte, dass die Verweigerung der Aktenvorlage in einem „in-
camera“-Verfahren vom Gericht überprüft werde; in dem dieser Entscheidung
zugrunde liegenden Klageverfahren ging es ebenfalls um ein Auskunftsbegeh-
ren. Zwar kann in derartigen Streitverfahren die Entscheidung im Zwischenver-
fahren, sofern sie zugunsten der Aktenvorlage ausfällt, faktisch zur Erfüllung des
im Hauptsacheverfahren in Streit stehenden Anspruchs führen, weil mit der Vor-
lage der Akten an das Gericht der Hauptsache stets das Recht der Verfahrens-
beteiligten auf Akteneinsicht gemäß § 100 VwGO entsteht. Doch hat der Ge-
setzgeber diese Möglichkeit als unvermeidbare Folge des Verfahrens nach § 99
Abs. 2 VwGO in Kauf genommen. Er hätte ihr nur dadurch entgegenwirken kön-
nen, dass er die Entscheidung „in-camera“ über das Zwischenverfahren hinaus
auf den Rechtsstreit in der Hauptsache erstreckt hätte. Dieses Verfahrensmo-
dell, bei dem das Gericht der Hauptsache die Akten ohne das Recht der Betei-
ligten zur Einsichtnahme für seine Entscheidung verwerten darf, ist jedoch in
§ 99 Abs. 2 VwGO nicht verwirklicht worden (vgl. Beschlüsse vom 15. August
2003 - BVerwG 20 F 8.03 - Buchholz 310 § 99 VwGO Nr. 34 und vom 9. Januar
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2007 - BVerwG 20 F 1.06 - BVerwGE 127, 282 <291>). Im Übrigen wäre das
Gericht der Hauptsache auch bei Einführung eines „in-camera“-Verfahrens in
der Hauptsache nicht der vorgängigen Prüfung enthoben, ob die von der obers-
ten Aufsichtsbehörde geltend gemachten Geheimhaltungsgründe tatsächlich
vorliegen. Soweit diese Frage zu verneinen ist, darf den Beteiligten das Recht
auf Einsichtnahme in die Akten schon aus verfassungsrechtlichen Gründen kei-
nesfalls vorenthalten werden (vgl. Beschluss vom 9. Januar 2007 a.a.O.
Rn. 16).
3. Hat das Gericht der Hauptsache - wie hier - die Entscheidungserheblichkeit in
einem Beschluss geprüft und bejaht, ist der Fachsenat grundsätzlich an dessen
Rechtsauffassung gebunden. Eine andere Beurteilung durch den Fachsenat
kommt nur dann in Betracht, wenn die Rechtsauffassung des Gerichts der
Hauptsache offensichtlich fehlerhaft ist (Beschluss vom 28. März 2006
- BVerwG 20 F 1.05 - Buchholz 310 § 99 VwGO Nr. 40).
Ein solcher Fall liegt nicht vor. Das Hauptsachegericht hat ausgeführt, der von
der Klägerin angefochtene Bescheid vom 28. Oktober 2002 lasse sich entgegen
der Auffassung des Verwaltungsgerichts auf das zum Zeitpunkt seines Erlasses
geltende (alte) Umweltinformationsgesetz des Bundes stützen; jedenfalls greife
als Rechtsgrundlage für den Informationsanspruch des Beigeladenen Art. 3 der
Richtlinie 2003/4/EG über den Zugang der Öffentlichkeit zu Umweltinformatio-
nen und zur Aufhebung der Richtlinie 90/313/EWG des Rates vom 28. Januar
2003 - Umweltinformationsrichtlinie - UIRL - (ABl Nr. L 41, S. 26) ein, die nach
Ablauf der Umsetzungsfrist unmittelbare Wirkung entfalte. Diese Rechtsausfüh-
rungen erscheinen nicht offensichtlich fehlerhaft. Die Klägerin zeigt mit ihren
Einwänden nicht auf, dass die Grenze zur Offensichtlichkeit überschritten wur-
de. Dass die Frage als streitig und klärungsbedürftig angesehen wird, genügt
dafür nicht. Die Grenze zur Offensichtlichkeit ist erst dann überschritten, wenn
sich die Rechtsauffassung als nicht vertretbar erweist.
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Abgesehen davon ist zwischenzeitlich das der Umsetzung der Richtlinie dienen-
de Umweltinformationsgesetz für das Land Schleswig-Holstein vom 2. März
2007 verabschiedet worden (GVOBl 2007, 132). Die von dem Beigeladenen
aufgeworfenen Fragen der unmittelbaren Wirkung der Richtlinie sind mithin auch
unter der Voraussetzung nicht entscheidungserheblich, dass die Rechtmäßigkeit
des angefochtenen Bescheids - wie vom Oberverwaltungsgericht im Vorlagebe-
schluss lediglich hilfsweise ins Auge gefasst - nicht nach früherem, sondern
nach heutigem Recht zu beurteilen sein sollte.
Soweit die Klägerin rügt, ihr sei kein rechtliches Gehör zur Frage der unmittelba-
ren Anwendbarkeit der Richtlinie gewährt worden, scheint sie die Ausführungen
des Fachsenats des Oberverwaltungsgerichts misszuverstehen. Der Hinweis,
dass nach Erlass des Vorlagebeschlusses ausreichend Gelegenheit für die Be-
teiligten bestand, ihre Standpunkte darzulegen, bezieht sich nicht - wie die Klä-
gerin offenbar meint - auf die vom Fachsenat angesprochene Möglichkeit, eine
Gegenvorstellung zu erheben. Das ergibt sich aus der weiteren Feststellung des
Fachsenats, die Klägerin habe sich „zusätzlich“ über die Gegenvorstellung Ge-
hör verschafft. Gemeint ist vielmehr, dass der Fachsenat ihre Einwände zur
Kenntnis genommen hat, weil er mit Blick auf die Bindungswirkung des Vorlage-
beschlusses zu prüfen hatte, ob die Auffassung als offensichtlich fehlerhaft an-
zusehen sein könnte. Angesichts der auf Richtigkeitszweifel gestützten Zulas-
sung der Berufung lag die Entscheidungserheblichkeit der Frage der unmittelba-
ren Anwendbarkeit der Richtlinie auf der Hand. Das hat auch die Klägerin er-
kannt und entsprechend vorgetragen. Dass ihr Vortrag vom Fachsenat des
Oberverwaltungsgerichts, dessen Entscheidung hier allein zur Überprüfung
steht, nicht zur Kenntnis genommen wurde, behauptet auch die Klägerin nicht.
Sie wendet sich vielmehr nur gegen den Vorlagebeschluss. Mit der Anmerkung
in dem - nach § 99 Abs. 2 VwGO nicht geforderten - Nichtabhilfebeschluss vom
2. Februar 2007, die Gewährung des rechtlichen Gehörs zu der „(Rechts-)
Frage“ sei dem vorlegenden Senat „zuzuordnen“, unterstreicht der Fachsenat
lediglich, dass kein Anlass bestand, von dem Grundsatz der Bindungswirkung
abzuweichen.
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4. Grundsätzlich setzt die Entscheidung über die Verweigerung der Aktenvorla-
ge (Sperrerklärung) bei Geheimhaltungsbedarf eine Ermessensausübung ge-
mäß § 99 Abs. 1 Satz 2 VwGO voraus. Der Fachsenat und damit auch das Be-
schwerdegericht haben nur zu überprüfen, ob die Entscheidung den an die Er-
messensausübung gemäß § 99 Abs. 1 Satz 2 VwGO gestellten Anforderungen
genügt.
4.1 Durch die Ermessenseinräumung nach § 99 Abs. 1 Satz 2 VwGO wird der
obersten Aufsichtsbehörde die Möglichkeit eröffnet, dem öffentlichen Interesse
und dem individuellen Interesse der Prozessparteien an der Wahrheitsfindung in
dem vom Untersuchungsgrundsatz beherrschten Verwaltungsprozess den Vor-
rang vor dem Interesse an der Geheimhaltung der Schriftstücke zu geben (Be-
schlüsse vom 19. August 1964 - BVerwG 6 B 15.62 - BVerwGE 19, 179 <186>,
vom 15. August 2003 a.a.O., vom 13. Juni 2006 - BVerwG 20 F 5.05 - Buchholz
310 § 99 VwGO Nr. 42, vom 1. August 2007 - BVerwG 20 F 10.06 -). § 99
Abs. 1 Satz 2 VwGO regelt die Auskunftserteilung und Aktenvorlage im Verhält-
nis der mit geheimhaltungsbedürftigen Vorgängen befassten Behörde zum Ver-
waltungsgericht, das in einem schwebenden Prozess für eine sachgerechte Ent-
scheidung auf die Kenntnis der Akten angewiesen ist. In diesem Verhältnis stellt
das Gesetz die Auskunftserteilung und Aktenvorlage in das Ermessen der Be-
hörde, lässt dieser also die Wahl, ob sie die Akten oder die Auskunft wegen ih-
rer Geheimhaltungsbedürftigkeit zurückhält oder ob sie davon um des effektiven
Rechtsschutzes willen absieht (Beschluss vom 13. Juni 2006 a.a.O.).
Soweit die Aktenvorlage auch Gegenstand des Rechtsstreits selbst ist, sind die
Gründe, die eine Sperrerklärung nach § 99 Abs. 1 Satz 2 VwGO rechtfertigen
können, von denjenigen Gründen zu unterscheiden, die im Verfahren der Haupt-
sache zur Verweigerung der Aktenvorlage angeführt werden. Diese Gründe kön-
nen, müssen aber nicht deckungsgleich sein. Da die Sperrerklärung als Erklä-
rung des Prozessrechts auf die Prozesslage abgestimmt sein muss, in der sie
abgegeben wird, genügt es grundsätzlich nicht, in ihr lediglich auf die die Sach-
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entscheidung tragenden Gründe des - je nach Fachgesetz im Einzelnen nor-
mierten - Geheimnisschutzes zu verweisen. Die oberste Aufsichtsbehörde ist
vielmehr im Rahmen des § 99 Abs. 1 Satz 2 VwGO gefordert, in besonderer
Weise in den Blick zu nehmen, welche rechtsschutzverkürzende Wirkung die
Verweigerung der Aktenvorlage im Prozess für den Betroffenen haben kann.
Darin liegt die Besonderheit ihrer Ermessensausübung nach dieser Verfahrens-
bestimmung. Dementsprechend ist der obersten Aufsichtsbehörde auch in den
Fällen Ermessen zugebilligt, in denen das Fachgesetz der zuständigen Fachbe-
hörde kein Ermessen einräumt (Beschluss vom 1. August 2007 - BVerwG 20 F
10.06 - juris Rn. 5). Maßstab ist dabei neben dem privaten Interesse an effekti-
vem Rechtsschutz und dem - je nach Fallkonstellation - öffentlichen oder priva-
ten Interesse an Geheimnisschutz auch das öffentliche Interesse an der Wahr-
heitsfindung (BVerfG, Beschluss vom 14. März 2006 - 1 BvR 2087/03, 1 BvR
2111/03 - BVerfGE 115, 205 <241>). Die oberste Aufsichtsbehörde muss in ih-
rer Sperrerklärung in nachvollziehbarer Weise erkennen lassen, dass sie ge-
messen an diesem Maßstab die Folgen der Verweigerung mit Blick auf den Pro-
zessausgang gewichtet hat. Ist beispielsweise das Geheimhaltungsinteresse
ohne erhebliches Gewicht, wird es gerechtfertigt sein, es hinter dem Interesse
an effektivem Rechtsschutz zurücktreten zu lassen. Daher bedarf es stets einer
Abwägung, ob Geheimnisschutz auch angesichts des Interesses an effektivem
Rechtsschutz zu gewähren ist (BVerfG, Beschluss vom 14. März 2006 a.a.O.
S. 240).
4.2 Das Ergebnis der Ermessensausübung nach § 99 Abs. 1 Satz 2 VwGO kann
in bestimmten Fallkonstellationen jedoch durch den Grundsatz der Verhältnis-
mäßigkeit rechtlich zwingend vorgezeichnet sein. Dies kommt namentlich dann
in Betracht, wenn ein privates Interesse an der Geheimhaltung besteht, das
grundrechtlich geschützt ist. Denn Beeinträchtigungen von Grundrechten sind
nur dann zulässig, wenn sie durch hinreichende, dem Grundsatz der Verhält-
nismäßigkeit genügende Gründe gerechtfertigt werden. Die Frage nach der aus-
reichenden Rechtfertigung eines mit der Aktenvorlage verbundenen Grund-
rechtseingriffs stellt sich vor allem in Dreieckskonstellationen, die dadurch ge-
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kennzeichnet sind, dass neben dem Kläger und dem beklagten Staat auch ein
privater Dritter am Prozess beteiligt ist, dessen Interessen denen des Klägers
entgegengesetzt sind. In solchen Fällen sind neben dem öffentlichen und priva-
ten Interesse an der Wahrheitsfindung und an effektivem Rechtsschutz auch die
dem Rechtsstreit zugrunde liegenden und seinen Inhalt prägenden widerstrei-
tenden Individualinteressen in die Entscheidung nach § 99 Abs. 1 Satz 2 VwGO
einzubeziehen und gegeneinander abzuwägen. Ergibt sich dabei, dass die auf
die Aktenvorlage gerichteten und durch die genannten öffentlichen Interessen
verstärkten privaten Interessen an Bedeutung hinter dem grundrechtlich gebo-
tenen Geheimnisschutz zurückbleiben, muss sich dieser Schutz durchsetzen.
Aber auch unabhängig von den Anforderungen der Grundrechte sind Fälle
denkbar, in denen das Geheimhaltungsinteresse so gewichtig ist, dass die Vor-
lage der Akten unterbleiben muss. Ebenso kann umgekehrt bei einem geringen
Gewicht des Geheimhaltungsinteresses die Vorlage im Hinblick auf den Grund-
satz der Verhältnismäßigkeit rechtlich geboten sein. In allen diesen Fällen ver-
bleibt für die Ausübung des in § 99 Abs. 1 Satz 2 VwGO um der Wahrheitsfin-
dung und des effektiven Rechtsschutzes willen eröffneten Ermessens kein
Raum. Dies kann bei Rechtsstreitigkeiten, die wie das Ausgangsverfahren einen
Anspruch auf Informationszugang betreffen, dazu führen, dass sich das Prüf-
programm für die prozessuale Entscheidung nach § 99 Abs. 1 Satz 2 VwGO
faktisch - nicht jedoch rechtlich - weitgehend den fachgesetzlichen Vorgaben der
Hauptsache annähert.
5. Nach diesen Grundsätzen ist die Entscheidung des Fachsenats des Ober-
verwaltungsgerichts im Wesentlichen nicht zu beanstanden. Wie sich aus den
Gründen des Beschlusses ergibt, hat der Fachsenat nicht alle von der Verwei-
gerung der Aktenvorlage betroffenen Bände des Verwaltungsvorgangs, sondern
nur die Aktenseiten überprüft, die die Klägerin mit Schriftsatz vom 26. Februar
2004 und 28. April 2005 unter Berufung auf betrieblichen Geheimnisschutz be-
nannt hat. Bezogen auf diese in den Gründen des Beschlusses aufgeführte „Lis-
te“ der Klägerin (BA S. 10 ff.) hat der Fachsenat die Verweigerung der Aktenvor-
lage hinsichtlich einzelner im Beschlusstenor aufgezählter Aktenseiten für
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rechtswidrig erklärt und sie im Übrigen bestätigt. Soweit der Beigeladene rügt,
der Beschluss sei unzutreffend tenoriert worden, weil der Beklagte die Vorlage
nicht grundsätzlich, sondern nur bis zur Unanfechtbarkeit des Bescheids ver-
weigere, verkennt er die Besonderheiten des Zwischenverfahrens. In diesem
Verfahren hat der Beklagte - über die im angefochtenen Bescheid genannten
Aktenseiten hinaus - die Vorlage des gesamten Verwaltungsvorgangs verwei-
gert. Dass der Fachsenat gleichwohl nicht den gesamten Verwaltungsvorgang
überprüft hat, sondern sich darauf beschränkt hat, festzustellen, ob die Verwei-
gerung der Vorlage der in der klägerischen „Liste“ aufgeführten Aktenseiten im
Zwischenverfahren rechtswidrig ist, erklärt sich daraus, dass die Klägerin - wie
sie in ihren Schriftsätzen vom 26. Februar 2004 und 28. April 2005 ausgeführt
hat - nur (noch) hinsichtlich dieser Aktenseiten betrieblichen Geheimnisschutz
geltend macht. Aus dem Tenor ergibt sich daher (nur), welche Aktenseiten aus
der „Liste“ offenzulegen sind, weil die Vorlageverweigerung rechtswidrig ist,
während sich (erst) aus den Gründen erschließt, welche Aktenseiten aus der
„Liste“ der Beklagte nicht vorzulegen hat. Hinsichtlich der Aktenseiten, die weder
im Tenor noch in den Gründen genannt werden, hat der Fachsenat keine Ent-
scheidung getroffen. Soweit er eine Entscheidung getroffen hat, ist diese nur
hinsichtlich der Aktenseiten in Band 5, Bl. 29-46, 505-506 und 463-504 zu korri-
gieren; im Übrigen hält die Entscheidung der Überprüfung durch den beschlie-
ßenden Senat stand.
5.1 Allerdings hat das beklagte Ministerium nicht, wie in § 99 Abs. 1 Satz 2
VwGO bei Geheimhaltungsbedarf vorgesehen, eine auf den laufenden Rechts-
streit bezogene und auf einer Abwägung der widerstreitenden Interessen der
Beteiligten im Prozess beruhende Ermessensentscheidung über die Aktenvorla-
ge getroffen. Dass das Ministerium die Ausgangsentscheidung zu treffen hatte,
entband es nicht von der Pflicht, als oberste Aufsichtsbehörde anlässlich der
Sperrerklärung eine Abwägungsentscheidung gemäß § 99 Abs. 1 Satz 2 VwGO
zu treffen. Die mit Schriftsatz vom 5. März 2004 abgegebene Sperrerklärung
lässt keine derartige Entscheidung erkennen. Das gilt auch unter Berücksichti-
gung des ergänzenden Schriftsatzes vom 23. Mai 2005. Es genügt nicht, auf die
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prozessualen Folgen des § 100 VwGO und die Probleme hinzuweisen, die sich
daraus ergeben, dass der Gesetzgeber darauf verzichtet hat, im Fall der Gel-
tendmachung eines Auskunftsanspruchs im Hauptsacheverfahren die Möglich-
keit eines „in-camera“-Verfahrens vor dem Hauptsachegericht zu eröffnen.
Ebenso wenig genügt es in der Regel, lediglich auf die Weigerungsgründe im
angefochtenen Bescheid Bezug zu nehmen.
Im vorliegenden Fall war jedoch eine selbständige Ermessensentscheidung der
obersten Aufsichtsbehörde ausnahmsweise entbehrlich. Denn das Ergebnis der
nach § 99 Abs. 1 Satz 2 VwGO geforderten Abwägung war rechtlich vorge-
zeichnet. Für Ermessenserwägungen war kein Raum. Das ergibt sich aus Fol-
gendem:
Gegenstand des Rechtsstreits ist ein Anspruch des Beigeladenen auf Zugang
zu Umweltinformationen, dem der Beklagte in dem Bescheid vom 28. Oktober
2002 teilweise entsprochen hat und der in diesem Umfang von der Klägerin mit
der Anfechtungsklage bekämpft wird. Dieser Anspruch besteht - unter der vom
Hauptsachegericht mit Blick auf die Frage der Entscheidungserheblichkeit be-
jahten tatbestandlichen Voraussetzung, dass er sich auf Umweltinformationen
bezieht -, ohne dass hierfür ein Interesse geltend gemacht werden muss (Art. 1
lit. a der Umweltinformationsrichtlinie). Jede natürliche oder juristische Person
ist mit der Antragstellung anspruchsberechtigt. Der Anspruch dient mithin nicht
oder nicht in erster Linie der Befriedigung von privaten Informationsinteressen.
Vielmehr zielt er darauf ab, das allgemeine Umweltbewusstsein zu schärfen,
einen freien Meinungsaustausch und eine wirksamere Teilnahme der Öffentlich-
keit an Entscheidungsverfahren in Umweltfragen zu ermöglichen und auf diese
Weise den Umweltschutz zu verbessern (vgl. den ersten Erwägungsgrund zur
Umweltinformationsrichtlinie sowie das Urteil vom 6. Dezember 1996 - BVerwG
7 C 64.95 - BVerwGE 102, 282 <287>). Wer einen Antrag auf Zugang zu Um-
weltinformationen stellt, wird demnach (auch) als Sachwalter der Allgemeinheit
tätig; seinem Interesse an der Verfolgung des Anspruchs im Prozess entspricht
ein gleichgerichtetes öffentliches Interesse.
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Dem in dieser Weise durch Allgemeininteressen getragenen Informationsinte-
resse des Beigeladenen stehen die grundrechtlich geschützten Interessen der
Klägerin an der Wahrung ihrer Geschäfts- und Betriebsgeheimnisse (vgl. dazu
Beschluss vom 12. Januar 2006 - BVerwG 20 F 12.04 - BVerwGE 125, 40) ge-
genüber. Das besondere Gewicht dieser Interessen ergibt sich aus ihrem grund-
rechtlichen Bezug; aus diesem folgt, dass Beeinträchtigungen nur beim Vorlie-
gen hinreichend gewichtiger Rechtfertigungsgründe hinnehmbar sind.
An solchen Gründen fehlt es, soweit der Beigeladene pauschal und einschrän-
kungslos die Einsichtnahme in sämtliche im Zusammenhang mit dem Störfall
vom 14. Dezember 2001 entstandenen Akten des Beklagten begehrt. Zwar
braucht das Interesse an Umweltinformationen wegen der dargelegten Bedeu-
tung des Zugangsanspruchs für die Allgemeinheit nicht von vornherein hinter
dem grundrechtlich gebotenen Geheimnisschutz zurückzustehen. Andererseits
müssen aber auch die privaten Geheimhaltungsinteressen nicht generell den
Informationsinteressen weichen, weil dadurch der Schutz der Grundrechte im
Zusammenhang mit der Offenbarung von Umweltinformationen vollständig ent-
fiele. Vielmehr müssen die privaten Geheimhaltungsinteressen im Einzelnen mit
den Informationsinteressen abgewogen werden. Nur soweit sich bei der Einzel-
abwägung ergibt, dass die Informationsinteressen ein größeres Gewicht als die
privaten Geheimhaltungsinteressen haben, kann jenen Interessen der Vorzug
gegeben werden. Diese Erwägungen zur Verhältnismäßigkeit treffen auch auf
die Vorlage der Akten im Prozess zu. Denn das in dieser Situation neben den
sonstigen Interessen bedeutsame öffentliche und private Interesse an der
Wahrheitsfindung und an effektivem Rechtsschutz führt nicht zu einer abwei-
chenden Beurteilung der Interessenlage.
5.2 Es ist daher nicht zu beanstanden, dass der Fachsenat des Oberverwal-
tungsgerichts nicht auf die unzureichend begründete Sperrerklärung abgestellt
hat, sondern seinerseits in die Abwägung eingetreten ist. Soweit der Beigelade-
ne vorträgt, die restriktive Auffassung des Senats sei mit der Richtlinie nicht ver-
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einbar, verkennt er, dass das Ergebnis der im Zwischenverfahren geforderten
Abwägung in dem dargelegten Umfang rechtlich zwingend vorgegeben ist und
sich lediglich faktisch deckt mit dem einfachrechtlichen Prüfprogramm. Maßstab
für die Rechtmäßigkeit der Verweigerung ist nicht das materielle Recht, über
das das Hauptsachegericht zu entscheiden hat, sondern die am Maßstab der
Verhältnismäßigkeit orientierte Interessengewichtung.
5.3 Der Fachsenat hat darüber hinaus zutreffend erkannt, dass das (altruisti-
sche) Interesse des Beigeladenen an Gewicht gewinnt, soweit es um die Aufklä-
rung des den Anlass für das Informationsbegehren bildenden Störfalls vom
14. Dezember 2001 geht.
Insoweit hat, wie der Fachsenat zu Recht festgestellt hat, der Geheimnisschutz
ausnahmsweise zurückzutreten. Den Anknüpfungspunkt für die Verhältnismä-
ßigkeitsprüfung bildet dabei die Frage, ob die Durchsetzung des Informations-
anspruchs „unmittelbar bei der Realisierung einer wichtigen öffentlichen Aufga-
be“ hilft (BA S. 14). Dass ein besonderes, die Geheimhaltungsinteressen deut-
lich überwiegendes und daher die Entscheidung nach § 99 Abs. 1 Satz 2 VwGO
zugunsten der Aktenvorlage determinierendes öffentliches Interesse an Informa-
tionen mit unmittelbarem Störfallbezug besteht, ergibt sich aus den weitreichen-
den Folgen, die ein Störfall angesichts der Besonderheiten einer solchen techni-
schen Anlage für die Allgemeinheit haben kann. Soweit die Klägerin rügt, das
Gericht erkläre nicht, wie es durch die Preisgabe der Akten konkret zur „Reali-
sierung einer wichtigen öffentlichen Aufgabe“ kommen könne, verkennt sie den
für die öffentliche Diskussion essentiellen Transparenzeffekt, der sich aus einer
solchen Offenlegung ergibt. Die Kenntnis der Informationen erlaubt - über die
Aufbereitung des Vorfalls in Fachkreisen hinaus - eine öffentliche Auseinander-
setzung mit substantiellen Nachfragen zu dem „kritischen“ Ereignis eines sol-
chen Störfalls. Dass ein Öffentlichkeitsdruck - wie der Fachsenat zutreffend an-
gemerkt hat - zu einem erhöhten Erklärungsdruck und damit mittelbar zu einer
möglichen Verbesserung der Anlagenüberwachung führen kann, beruht auf der
Erkenntnis, dass durch das partizipative Element der Offenlegung das Bewusst-
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sein für die Erfordernisse eines wirksamen Umweltschutzes geschärft wird. Da
sich das Informationsinteresse des Beigeladenen mit dem (allgemeinen) öffent-
lichen Informationsinteresse deckt, nimmt es an dessen besonderer Bedeutung
teil und gewinnt - soweit es um Informationen über den konkreten Störfall geht -
ein Gewicht, das den Geheimnisschutz verdrängt.
5.4 Aus alledem ergibt sich, dass der Fachsenat des Oberverwaltungsgerichts
seine Entscheidung im Zwischenverfahren zu Recht davon abhängig gemacht
hat, in welchem Umfang der im Hauptsacheverfahren und im Zwischenverfahren
umstrittene Akteninhalt im Hinblick auf die Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse
der Klägerin grundrechtlich gegen seine Offenlegung geschützt ist und welche
Aktenseiten einen den Grundrechtsschutz verdrängenden besonderen Bezug
zum Störfall vom 14. Dezember 2001 aufweisen. Unter diesen Gesichtspunkten
ist zu dem Akteninhalt, der Entscheidung des Fachsenats und den Einwänden
der Beschwerdeführer im Einzelnen zu bemerken:
5.4.1 Die Feststellung des Fachsenats, dass es sich bei den in der klägerischen
„Liste“ genannten Aktenseiten um Informationen handelt, die Betriebs- und Ge-
schäftsgeheimnisse der Klägerin bzw. mit ihr in Geschäftsbeziehung stehender
Firmen betreffen (BA S. 12), ist nicht zu beanstanden.
Der beschließende Senat teilt - nach Durchsicht der Aktenseiten - die Einschät-
zung des Fachsenats. Das gilt auch, soweit der Beigeladene geltend macht,
Angaben, die von Dritten stammten, seien kein Betriebsgeheimnis der Klägerin,
so dass nicht von Amts wegen ein Geheimnisschutz für nicht am Verfahren be-
teiligte Firmen festgestellt werden könne, zu denen die Klägerin nur in Ge-
schäftsbeziehung stehe. Denn es handelt sich um technisches bzw. betriebs-
wirtschaftliches Wissen, das die Klägerin als Betreiberin von den jeweiligen Fir-
men erworben hat und das daher nicht nur diesen, sondern auch ihr unter dem
Gesichtspunkt des Geheimnisschutzes zugeordnet ist. Soweit der Beigeladene
einwendet, es handele sich um veraltete Technik, die allgemein bekannt sei,
wird nicht beachtet, dass das technische Wissen nicht der Allgemeinheit, son-
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dern nur dem beschränkten Kreis der Betreiber von Kernkraftwerken zugänglich
gemacht worden ist. Der Fachsenat des Oberverwaltungsgerichts hat nachvoll-
ziehbar begründet, dass die Informationen nicht offenkundig und nur einem be-
grenzten Personenkreis zugänglich sind.
5.4.2 Zu beanstanden ist die Entscheidung des Fachsenats des Oberverwal-
tungsgerichts jedoch hinsichtlich der Aktenseiten in Band 5, Bl. 29-46. Hinsicht-
lich dieser Aktenseiten ist die Verweigerung der Vorlage rechtswidrig; der ange-
fochtene Beschluss bedarf insoweit der Korrektur.
Band 5, Bl. 29-46 gehört nach der Begründung des Fachsenats zu den „übrigen
Aktenteilen“, für die „ein hinreichender Bezug zu dem Störfall weder dargelegt
worden noch für den Senat ersichtlich“ sei (BA S. 14). Dass Band 5, Bl. 45 so-
wie Bl. 30-44 im Zusammenhang mit dem Störfall stehen, hat der Senat bereits
in dem im Parallelverfahren ergangenen Beschluss vom heutigen Tag ausge-
führt. Die Seiten gehören zum Technischen Bericht Nr. 19/02, der Bl. 29-46 um-
fasst. Der Bericht bezieht sich ausweislich des Anschreibens auf Bl. 27 auf die
„Leckage an der TC-Deckeldusche; KKB-Vork. 01-2002“, wobei - wie sich aus
Bl. 47 ergibt - das Vorkommnis 01-2002 den Störfall am 14. Dezember 2001 be-
zeichnet. Insofern ist die Begründung des Fachsenats nicht nachvollziehbar.
5.4.3 Soweit der Beklagte mit seiner Beschwerde unter Benennung der vom
Fachsenat ausdrücklich als nicht störfallrelevant bezeichneten Aktenseiten vor-
trägt, diese Seiten stünden im Zusammenhang mit dem Störfall, weil sich dort
Angaben zu einem Rohr befänden, das bei dem Störfall geplatzt sei, erweist
sich sein Vortrag abgesehen von Band 5, Bl. 505 und 506 als unbegründet.
Hinsichtlich der Aktenseiten in Band 1, Bl. 94-104 ist der Vortrag des Beklagten
deswegen nicht nachvollziehbar, weil sich diese Seiten auf einen Arbeitsauftrag
beziehen, der die Revisionsarbeiten auf der Reaktorbedienungsbühne betrifft.
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Bei den aus Band 4 genannten Aktenseiten handelt es sich um Berichte mit Be-
rechnungen und Analysen der Deckelsprühleitung, datierend von Oktober 1999
(Bl. 210-214: Rohrsystemberechnung und Spannungsanalyse), Januar 1996
(Bl. 220-224: Festigkeitsnachweis), Dezember 1995 (Bl. 225-228: Festigkeits-
nachweis), August 1995 (Bl. 232-235: Rohrsystemberechnung und Spannungs-
analyse) und Mai 1995 (Bl. 236-240: Rohrsystemberechnung und Spannungs-
analyse). Band 5, Bl. 506-519 betrifft zwei weitere Berichte, die von Januar 2001
und Dezember 2000 datieren. Diese Unterlagen beziehen sich zwar generell auf
die TC-Deckelduschleitung. Das allein genügt jedoch mit Blick auf die besonde-
re Bedeutung des Schutzes der Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse der Kläge-
rin nicht. Denn die Berichte stehen in keinem zeitlich aktuellen Zusammenhang
zu dem Störfall. Zwar mögen auch Berichte (mit Berechnungen) aus der Zeit vor
einem Vorfall Auskunft über die möglichen Ursachen des Störfalls geben. Das
setzt jedoch eine gewisse zeitliche Nähe und damit Aktualität voraus. Aber auch
das genügt für sich genommen nicht. Vielmehr muss erkennbar sein, dass die
Unterlagen auch zur Ursachenklärung beitragen können. Unter diesem Ge-
sichtspunkt erscheint dem Senat ein Störfallbezug zum einen gegeben zu sein
bei dem Deckblatt zum Bericht von Januar 2001 in Band 5, Bl. 506, das eine
Zusammenfassung des Berichts enthält, zum anderen bei der Aktenseite in
Band 5, Bl. 505, die ein an den Beklagten gerichtetes Schreiben vom
26. Februar 2002 enthält, dem die beiden Berichte als Anlage beigefügt waren
und dessen Anlass eine Nachfrage im Zusammenhang mit dem Störfall war.
Auch hinsichtlich dieser Aktenseiten ist die Verweigerung der Vorlage rechtswid-
rig und die Entscheidung des Fachsenats zu korrigieren.
Weitere Einwände hat der Beklagte, der die Akten kennt, mit der Beschwerde
nicht substantiiert. Der Senat sieht auch keinen Anlass, den Verwaltungsvor-
gang an Hand der „Liste“ der Klägerin danach zu sichten, ob hinsichtlich dieser
„übrigen Aktenteile“ der lediglich pauschal behauptete Störfallbezug besteht.
Denn auch im Beschwerdeverfahren gemäß § 99 Abs. 2 VwGO gilt ein Min-
destmaß an Substantiierung zur Begründung der Beschwerde. Das gilt jeden-
falls dann, wenn wie hier die Beschwerde von einem Beteiligten erhoben wird,
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der detaillierte Kenntnis vom Inhalt der Akten hat und der daher in der Lage ist,
seine Einwände zu präzisieren. Mangels eines entsprechenden Vortrags des
den Beigeladenen in Bezug auf die Störfallrelevanz unterstützenden Beklagten
sieht sich der Senat auch durch die Beschwerde des Beigeladenen nicht zu
eigenen Ermittlungen hierzu veranlasst, obwohl der Beigeladene die Akten nicht
kennt.
5.4.4 Die Feststellung des Oberverwaltungsgerichts, dass die Verweigerung der
Vorlage der im Tenor genannten Aktenseiten rechtswidrig ist, ist nur insoweit zu
beanstanden, als sich diese Feststellung auf Band 5, Bl. 463-504 bezieht.
(1) Die im Einzelnen hinsichtlich der entsprechenden Aktenseiten präzisierten
Einwände, die die Klägerin mit der Beschwerde erhebt, sind überwiegend nicht
begründet. Gemessen an dem vom Fachsenat des Oberverwaltungsgerichts
zutreffend zugrunde gelegten Maßstab des Störfallbezugs überwiegt - abgese-
hen von Band 5, Bl. 463-504 - das Interesse des Beigeladenen an der Offenle-
gung das Interesse der Klägerin am Geheimnisschutz.
Band 1, Bl. 222 enthält zwar in der Tat nur eine ausgedruckte E-mail. Erst an
Hand dieses Schreibens lässt sich jedoch die Herkunft der nachfolgenden
Bl. 223-225 nachvollziehen. Diese Seiten enthalten Messdaten hinsichtlich der
TC-Deckelduschleitung. Der von der Klägerin vermisste Störfallbezug ergibt sich
aus dem Umstand, dass in dieser Liste auch das Messdatum vom 14. Dezem-
ber 2001 aufgeführt ist.
Der Einwand der Klägerin, bei den Aktenseiten in Band 1, Bl. 330-336, die ab-
gesehen von handschriftlichen Anmerkungen mit den ebenfalls im Tenor ge-
nannten Aktenseiten in Band 5, Bl. 367-373 identisch sind, handele es sich um
eine vorläufige Schadensanalyse, die nach heutigem Kenntnisstand zu falschen
Schlüssen komme, räumt den Störfallbezug nicht aus. Die auf diesen Seiten
enthaltenen Ausführungen spiegeln den damaligen Erkenntnisstand im Umgang
mit dem Störfall wider.
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Soweit die Klägerin hinsichtlich Band 4, Bl. 2-8, Bl. 39-41, Bl. 207-209, Band 5,
Bl. 281, Bl. 288-317, Bl. 318-332, Bl. 333-362, Bl. 379 einwendet, der Fachsenat
habe verkannt, dass die Unterlagen know-how und damit Geschäfts- und Be-
triebsgeheimnisse von Firmen enthielten, denen kein rechtliches Gehör gewährt
worden sei und die ebenso wie die Klägerin bei Offenlegung wirtschaftlichen
Schaden erleiden würden, verkennt sie, dass der Schutz von Geschäfts- und
Betriebsgeheimnissen nicht deshalb an Gewicht gewinnt, weil das Wissen ur-
sprünglich von einem Dritten stammt, der es rechtsgeschäftlich gegen Entgelt
weitergibt. Wie der Senat weiter oben ausgeführt hat, ist ein solches Wissen
nicht nur dem Dritten, sondern auch der Klägerin unter dem Gesichtspunkt des
Geheimnisschutzes zugeordnet. Mit dem „Erwerb“ des Wissens übernimmt sie
die Verantwortung für den Geheimnisschutz. Die Gründe, die es rechtfertigen
können, den Geheimnisschutz ausnahmsweise zurücktreten zu lassen, ändern
sich dadurch aber nicht. Daher bedarf es - entgegen der Auffassung des Beige-
ladenen - auch keiner Beiladung der Firmen, die überdies nicht im Zwischenver-
fahren zu erfolgen hätte. Da dem betrieblichen Geheimnisschutz ein besonderer
wirtschaftlicher Wert eigen ist, kann dieser Gesichtspunkt bei einer Abwägung,
die im Ergebnis zu einer Zurückstellung des Geheimnisschutzes führt, nicht
- wie die Klägerin zu meinen scheint - gleichsam erneut mit dem Hinweis auf
den möglichen wirtschaftlichen Schaden eingestellt werden. Das gilt auch, so-
weit die Klägerin zu Band 5, Bl. 281 vorträgt, dass die Radiolysegasbetrachtung
besonders schützenswert sei, weil deren Handhabung neu und einzigartig sei.
Auch hier nimmt sie lediglich auf den wirtschaftlichen Wert des Wissens Bezug.
Dass die Angebote bzw. die Untersuchungen und Analysen im Zusammenhang
mit dem Störfall stehen, bestreitet auch die Klägerin nicht. Soweit sie zu Band 4,
Bl. 2-8 vorträgt, die Allgemeinen Geschäftsbedingungen und die Terminplanung
seien nicht störfallrelevant, verkennt sie - unabhängig davon, dass zweifelhaft
ist, ob Allgemeine Geschäftsbedingungen überhaupt unter den betrieblichen
Geheimnisschutz fallen -, dass diese Angaben Aufschluss über die Ausgestal-
tung des konkreten Untersuchungsauftrags geben und deshalb einen hinrei-
chenden Bezug zum Störfall haben.
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Der Einwand der Klägerin zu Band 5, Bl. 333-362, dass der Arbeitsbericht von
Januar 2002 dieselben Angaben enthalte wie der Bericht auf Bl. 463-504, des-
sen Vorlage der Beklagte unter dem Gesichtspunkt des Geheimnisschutzes
verweigere, führt nicht weiter. Ob die „Qualität der Unterlagen“ - wie die Klägerin
formuliert - vergleichbar ist, ist unerheblich. Entscheidend ist, dass der Bericht
von Januar 2002 sich mit den möglichen Ursachen für die Undichtigkeit der TC-
Deckelduschleitung befasst, mithin in unmittelbarem Zusammenhang mit dem
Störfall steht.
Soweit die Klägerin zu den Aktenseiten in Band 10, Bl. 2-3, die das Inhaltsver-
zeichnis (mit Vorbemerkung) zu einem „Bericht zu Schadensursache und -ab-
lauf“ enthalten, vorträgt, diese Seiten seien besonders vertraulich, da der Bericht
„auslegungsrelevante Informationen“ enthalte, erschließt sich dem Senat nicht,
wie sich aus einer stichpunktartigen Gliederung und kurzen Vorbemerkung zum
Ziel der Berichte „auslegungsrelevante Informationen“ ergeben können. Im Üb-
rigen gilt auch bei diesen störfallrelevanten Unterlagen - wie bei den Aktenseiten
in Band 1, Bl. 330-336 und Band 5, Bl. 367-373 -, dass es unerheblich ist, ob die
„richtigen“ Maßnahmen zur Klärung des Störfalls ergriffen wurden.
Wie der Senat bereits im Zusammenhang mit den Einwänden des Beklagten zu
den Berichten aus der Zeit vor dem Vorfall mit Berechnungen und Analysen in
Band 4 und Band 5 ausgeführt hat, können auch solche früheren Berichte Aus-
kunft über mögliche Ursachen eines späteren Störfalls geben. Weitere Voraus-
setzung ist, dass die Unterlagen auch zur Ursachenklärung beitragen können.
Der Senat teilt die Einschätzung des Fachsenats des Oberverwaltungsgerichts,
dass die Berichte in Band 4, Bl. 207-209 von April 2000, Band 4, Bl. 210-214
von Oktober 1999 und Band 4, Bl. 215-219 von Januar 1997 ungeachtet des
Umstands, dass sie nicht in aktuell-zeitlichem Zusammenhang mit dem Vorfall
stehen, einen Störfallbezug aufweisen. Das ergibt sich daraus, dass diese Be-
richte thematisch anders ausgerichtet sind als die im Zusammenhang mit den
Rügen des Beklagten behandelten Berichte, denn sie enthalten die so genann-
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ten Ermüdungsanalysen. Der Bericht von April 2000 ist als der zeitlich letzte Be-
richt vor dem Störfall - ebenso wie das Deckblatt zum Bericht von Januar 2001
in Band 5, Bl. 506 - für die Ursachenklärung aufschlussreich. Die früheren Be-
richte dienen verlaufsgeschichtlich dem Abgleich mit den Ergebnissen in dem
Bericht von April 2000 und vermitteln damit in der Gesamtschau Auskunft, ob
der „kritische“ Punkt einer Ermüdungserscheinung Ursache für die Leckage war.
Zu Recht hat der Fachsenat des Oberverwaltungsgerichts daher den Störfallbe-
zug auch für die älteren Berichte bejaht.
(2) Unabhängig von den Einwänden der Klägerin ist die Feststellung des Fach-
senats des Oberverwaltungsgerichts, dass die Verweigerung der Vorlage der
Aktenseiten in Band 5, Bl. 463-504 rechtswidrig ist, deswegen zu beanstanden,
weil diese Vorlageverweigerung nicht Gegenstand des vorliegenden Zwischen-
verfahrens ist. Denn die in diesem Verfahren zu überprüfende Vorlageverweige-
rung bezieht sich ebenso wie die zugrunde liegende Anfechtungsklage der Klä-
gerin nur auf solche Aktenteile, deren Offenlegung der Beklagte im Bescheid
vom 28. Oktober 2002 angeordnet hat. Hierzu gehören die Aktenseiten Band 5,
Bl. 463-504 nicht; sie sind vielmehr Gegenstand der auf weiteren Informations-
zugang gerichteten Verpflichtungsklage des Beigeladenen, wie aus dessen Be-
rufungsantrag vom 6. Februar 2006 hervorgeht. Abgesehen davon hat der
Fachsenat in seiner Entscheidung zum parallelen Zwischenverfahren zutreffend
erkannt, dass der betreffende Bericht, der offenbar aus dem Jahr 1996 stammt,
keinen Störfallbezug aufweist. Die in Rede stehende Feststellung des Fachse-
nats ist demnach fehlerhaft und auf die Beschwerde der Klägerin aufzuheben.
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 155, 173 VwGO i.V.m. § 100 ZPO. Die
Festsetzung des Streitwerts für dieses Zwischenverfahren folgt aus § 52 Abs. 2,
§ 47 Abs. 1 GKG.
Dr. Bardenhewer Prof. Dr. Kugele Dr. Bumke
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