Urteil des BVerwG vom 01.04.2005

BVerwG: aufschiebende wirkung, naturschutz, realisierung, luftreinhaltung, verein, behörde, kontrolle, entlastung, eingriff, rückbau

BUNDESVERWALTUNGSGERICHT
BESCHLUSS
BVerwG 9 VR 7.05
In der Verwaltungsstreitsache
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hat der 9. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
am 1. April 2005
durch den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. S t o r o s t
und die Richter am Bundesverwaltungsgericht Prof. Dr. R u b e l
und Dr. N o l t e
beschlossen:
Der Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung der
Klage des Antragstellers gegen den Planfeststellungsbeschluss
des Regierungspräsidiums Leipzig vom 17. Dezember 2004
wird abgelehnt.
Der Antragsteller trägt die Kosten des Verfahrens einschließlich
der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen.
Der Wert des Streitgegenstandes wird auf 15 000 € festgesetzt.
G r ü n d e :
Der Antrag, mit dem der Antragsteller - ein im Freistaat Sachsen anerkannter Natur-
schutzverein - die Anordnung der aufschiebenden Wirkung seiner Klage gegen den
Planfeststellungsbeschluss des Regierungspräsidiums Leipzig für das Vorhaben
B 87 - Jahnallee (von Zeppelinbrücke bis Elsterstraße und von Leibnizstraße bis
Rosentalgasse) begehrt, ist zulässig. Der angegriffene Planfeststellungsbeschluss
betrifft ein Vorhaben nach § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 VerkPBG. Die hiergegen vom An-
tragsteller erhobene Klage entfaltet daher keine aufschiebende Wirkung (§ 5 Abs. 2
Satz 1 VerkPBG). Das Bundesverwaltungsgericht entscheidet im ersten und letzten
Rechtszug über sämtliche Streitigkeiten gegen einen solchen Planfeststellungsbe-
schluss (§ 5 Abs. 1 VerkPBG) und ist folglich auch nach § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO
als Gericht der Hauptsache für die Entscheidung über den beantragten vorläufigen
Rechtsschutz zuständig. Als im Freistaat Sachsen anerkannter Naturschutzverein ist
der Antragsteller auch antragsbefugt (§ 61 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 i.V.m. § 69 Abs. 7
Satz 1, Abs. 5 Nr. 1 BNatSchG).
Der Antrag ist jedoch unbegründet. Das öffentliche Interesse an der sofortigen Voll-
ziehung des Planfeststellungsbeschlusses überwiegt die Interessen des Antragstel-
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lers an der Beibehaltung des bisherigen Zustandes bis zur endgültigen Entscheidung
der Hauptsache. Denn seine auf Aufhebung des Planfeststellungsbeschlusses ge-
richtete Klage wird nach der im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes allein
möglichen summarischen Prüfung der Sach- und Rechtslage voraussichtlich keinen
Erfolg haben.
Nach dem gegenwärtigen Kenntnisstand des Gerichts verstößt der Planfeststel-
lungsbeschluss gegen keine Rechtsvorschriften, deren Verletzung der Antragsteller
als anerkannter Naturschutzverein nach Maßgabe der den Umfang seines Klage-
rechts beschränkenden Vorschriften des § 61 Abs. 2 Nr. 1 und Abs. 3 BNatSchG mit
der Folge einer Aufhebung des Planfeststellungsbeschlusses oder der Notwendigkeit
eines ergänzenden Verfahrens gemäß § 17 Abs. 6 c Satz 2 FStrG geltend machen
kann. Unter diesen Umständen besteht kein hinreichender Anlass dafür, von der im
Gesetz (§ 5 Abs. 2 Satz 1 VerkPBG) vorgesehenen Regel der sofortigen Vollzieh-
barkeit des Planfeststellungsbeschlusses abzusehen.
1. Die voraussichtliche Erfolglosigkeit der Klage des Antragstellers ergibt sich aller-
dings nicht schon daraus, dass er mit Einwendungen gegen den Planfeststellungs-
beschluss gemäß § 61 Abs. 3 BNatSchG in vollem Umfang präkludiert wäre. Denn
die Stellungnahme des Antragstellers zu dem Vorhaben, zu deren Abgabe ihm im
Rahmen des Anhörungsverfahrens gemäß § 29 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 BNatSchG a.F.,
§ 70 BNatSchG n.F. Gelegenheit gegeben worden ist, ist - anders als die Beigelade-
ne geltend macht - nicht erst am 21. Mai 2004, sondern per Fax bereits am 19. Mai
2004 und mithin innerhalb der vom Antragsgegner als Anhörungsbehörde gesetzten
Frist bei ihm eingegangen.
2. Entgegen der Auffassung des Antragstellers verfügt das planfestgestellte Fern-
straßenvorhaben über die erforderliche Planrechtfertigung. Dazu genügt es nach der
ständigen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts, dass die Planung auf
die Zielsetzung des Fernstraßengesetzes ausgerichtet und erforderlich, d.h. vernünf-
tigerweise geboten ist (so z.B. BVerwG, Urteil vom 6. Dezember 1985 - BVerwG 4 C
59.82 - Buchholz 407.4 § 17 FStrG Nr. 62 S. 81). Davon ist hier auszugehen.
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Das Vorhaben dient zum einen der Ertüchtigung der Jahnallee, so dass der Kraft-
fahrzeugverkehr im gesamten Abschnitt zwischen Zeppelinbrücke und Rosentalgas-
se durchgehend auf zwei Richtungsfahrbahnen mit je zwei Fahrstreifen und der
Straßenbahnverkehr mit Ausnahme des nicht in die Planfeststellung einbezogenen
Abschnittes zwischen Elsterstraße und Leibnizstraße auf eigenem Bahnkörper ge-
führt werden können und hierdurch die Voraussetzungen geschaffen werden, den
jahrzehntelang über die Gustav-Adolf-Straße geleiteten landwärtigen Verkehr der
B 87 wieder dauerhaft auf die Jahnallee zu verlegen. Zum anderen soll der Knoten
Jahnallee/Marschnerstraße/Straße Am Sportforum die durchgängige Verkehrsbezie-
hung in Nord-Süd-Richtung, die als Tangente Teil des anstelle des bisher radial aus-
gerichteten Hauptverkehrsstraßennetzes geplanten Tangente-Ring-Systems werden
soll, sowie die niveaufreie Querung der Jahnallee durch Verlegung der Straßenbahn
in Troglage ermöglichen.
Der Senat hat keine Zweifel, dass diese Maßnahmen erforderlich sind, um die Leis-
tungsfähigkeit der B 87 zu erhalten, nachdem inzwischen der über die Gustav-Adolf-
Straße geführte landwärtige Verkehr wieder über die Jahnallee geleitet wird und be-
reits jetzt unstreitig von einer Verkehrsbelegung von 28 000 Kraftfahrzeugen/24 h in
der inneren Jahnallee auszugehen ist. Das stellt auch der Antragsteller nicht in Fra-
ge. Nach seiner Ansicht fehlt es dem Vorhaben aber dennoch an der Planrechtferti-
gung, weil vorgesehen ist, den Bundesstraßenverkehr etwa ab 2011 über den mittle-
ren Ring und nicht mehr über die Jahnallee zu leiten. Das lässt die Planrechtferti-
gung jedoch nicht entfallen. Wie das Bundesverwaltungsgericht bereits entschieden
hat, sind selbst im Anwendungsbereich des Fernstraßenausbaugesetzes vorüberge-
hende Verbesserungsmaßnahmen nicht ausgeschlossen, obwohl absehbar ist, dass
sie durch bereits geplante weitere Ausbaumaßnahmen entbehrlich werden können
(Beschluss vom 15. Mai 2001 - BVerwG 4 B 32.01 - Buchholz 407.0 Allgemeines
Straßenrecht Nr. 24). Dasselbe gilt für Ausbauplanungen außerhalb dieses Anwen-
dungsbereichs. Denn der Straßenbaulastträger muss auch hier in der Lage sein,
Verkehrssicherheit und Verkehrsfluss durch die erforderlichen Maßnahmen zu ga-
rantieren. Es kann offen bleiben, welche Anforderungen an die Planrechtfertigung
vorübergehender Maßnahmen im Einzelnen zu stellen sind. Denn das Vorhaben der
Beigeladenen erfüllt nicht nur vorübergehend, sondern dauerhaft die Anforderungen
an die Planrechtfertigung. Auch nach Herausnahme des Bundesstraßenverkehrs ist
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in der Jahnallee von einem durchschnittlichen werktäglichen Verkehr von 23 500 bis
33.340 Kraftfahrzeugen/24 h (Prognose 2015) auszugehen, der nach den Empfeh-
lungen für die Anlage von Hauptverkehrsstraßen (EAHV 93) eine vierspurige Ver-
kehrsführung jedenfalls rechtfertigt, zumal der Antragsteller eher höhere Verkehrs-
zahlen für wahrscheinlich hält. Auf seine Bedenken im Hinblick auf die Erforderlich-
keit des Ausbaus gerade für die Fußballweltmeisterschaft 2006 kommt es nicht an,
weil solche Überlegungen zwar den Zeitplan der Beigeladenen für die Fertigstellung
des Vorhabens bestimmen mögen, jedoch im Planfeststellungsbeschluss nicht zur
Planrechtfertigung herangezogen werden.
Der Antragsteller meint allerdings, der spätere Verkehrsbedarf könne als Rechtferti-
gung des Vorhabens nicht dienen, weil der Stadtentwicklungsplan Verkehr der Bei-
geladenen von 2003 gerade den Rückbau und die verkehrliche Entlastung der bishe-
rigen Radialstraßen vorsehe. Auch dieser Einwand greift nicht durch. Abgesehen
davon, dass der Stadtentwicklungsplan - ebenso wie der vom Antragsteller angeführ-
te Stadtratsbeschluss vom 11. Dezember 2002 - abweichenden Entscheidungen der
Beigeladenen nicht entgegenstünde, ist ein Widerspruch des Vorhabens zu den
Vorgaben des Stadtentwicklungsplans jedenfalls nicht erkennbar. Er sieht keines-
wegs den ausnahmslosen Rückbau aller früheren Radialstraßen und somit auch der
Jahnallee vor. Vielmehr geht er davon aus, dass das künftige Straßenhauptnetz ne-
ben den Ringen bzw. Tangenten auch aus einigen Verbindungsstraßen besteht, von
denen eine wesentliche Entlastung sensibler Stadträume erwartet wird und die zu
diesem Zweck sogar aus- bzw. neu gebaut werden sollen. Eine solche Funktion
kommt der Jahnstraße als Verbindung zwischen dem Promenadenring als der
Hauptsammelstraße für den zentralen Bereich der Stadt und dem Tangentenviereck
zu. Ihre besondere Verkehrsbedeutung wird im Stadtentwicklungsplan im Zusam-
menhang mit dem Knoten Marschnerstraße, der Teil des Planfeststellungsbeschlus-
ses ist, auch ausdrücklich hervorgehoben. Sie hat sich durch die zwischenzeitlich
erfolgte weitgehende Übernahme der Verkehrsfunktion der Gustav-Adolf-Straße wei-
ter verstärkt. Die vom Stadtentwicklungsplan angestrebte Verlagerung des Bundes-
straßenverkehrs auf den mittleren Ring wird durch das planfestgestellte Vorhaben
nicht beeinträchtigt.
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Es kommt danach nicht darauf an, dass der Antragsteller als anerkannter Natur-
schutzverein nach der Rechtsprechung des 4. Senats des Bundesverwaltungsge-
richts grundsätzlich nicht befugt ist, das Fehlen der Planrechtfertigung zu rügen (vgl.
Beschluss vom 1. Juli 2003 - BVerwG 4 VR 1.03 - Buchholz 406.400 § 61 BNatSchG
2002 Nr. 3 S. 22).
3. Der Planfeststellungsbeschluss leidet nicht an Abwägungsmängeln, die von dem
Antragsteller gemäß § 61 Abs. 2 Nr. 1, § 61 Abs. 3 BNatSchG gerügt werden könn-
ten.
§ 61 Abs. 2 Nr. 1 BNatSchG schließt eine umfassende gerichtliche Kontrolle der pla-
nerischen Abwägung gemäß § 17 Abs. 1 Satz 2 FStrG aus. Die Vorschrift begrenzt
die Kontrolle des fachplanerischen Abwägungsgebots auf die Beachtung der Belan-
ge des Naturschutzes und der Landschaftspflege. Soweit die Ermittlung, Bewertung
und Abwägung dieser Belange nicht betroffen ist, kann der Verein Abwägungsmän-
gel im Rahmen seines nach § 61 Abs. 1 BNatSchG eröffneten Klagerechts nicht gel-
tend machen (vgl. BVerwG, Urteil vom 19. Mai 1998 - BVerwG 4 A 9.97 - BVerwGE
107, 1 <6 f.>). Darüber hinaus ist die gerichtliche Kontrolle des Abwägungsgebots
auf solche Einwendungen beschränkt, mit denen der Verein nicht nach § 61 Abs. 3
BNatSchG präkludiert ist. Auf dieser Grundlage greifen die vom Antragsteller geltend
gemachten Rügen voraussichtlich nicht durch.
a) Fehl geht zunächst der Einwand des Antragstellers, die Gustav-Adolf-Straße so-
wie die innere Jahnallee hätten nicht aus dem Planfeststellungsbeschluss des Be-
klagten ausgeklammert werden dürfen. Auf der Grundlage des Vortrags des An-
tragstellers ist schon nicht erkennbar, welchen Bezug diese Ausklammerung zu den
Belangen von Naturschutz und Landschaftspflege haben sollte. Unabhängig davon
gibt die Abwägung insoweit keinen Anlass zu Beanstandungen. Allerdings darf eine
Bildung von Teilabschnitten eines planerischen Gesamtkonzepts nur unter Beach-
tung des Abwägungsgebots erfolgen (grundlegend BVerwG, Beschluss vom 26. Juni
1992 - BVerwG 4 B 1 bis 11.92 - Buchholz 407.4 § 17 FStrG Nr. 89 S. 89 f.). Das
Abwägungsgebot verlangt aber nicht, selbständige und bereits realisierte Maßnah-
men nachträglich wieder in Frage zu stellen. Deswegen bedurfte es der förmlichen
Einbeziehung der Gustav-Adolf-Straße von vornherein nicht.
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Im Hinblick auf die innere Jahnallee kann von (unzulässiger) "Abschnittsbildung"
schon deswegen nicht die Rede sein, weil die dort vorgesehenen Maßnahmen nicht
planfeststellungsbedürftig sind. Durch sie wird die B 87 in diesem Bereich nicht im
Sinne von § 17 Abs. 1 Satz 1 FStrG "geändert". Davon ist nur bei Änderungen des
Grund- oder Aufrisses der Straße (vgl. Kodal/Krämer, Straßenrecht, 6. Aufl., Kap. 34,
Rn. 7.32), nicht jedoch schon dann auszugehen, wenn - wie hier - eine Lichtsignalan-
lage aufgestellt wird, Haltestellen ohne bauliche Änderung entfallen oder bloße Än-
derungen der Verkehrsführung im vorhandenen Straßenraum durchgeführt werden.
Etwas anderes könnte nur für die vom Antragsteller genannte Verlegung von Gleis-
anlagen gelten. Sie ist jedoch nicht in der inneren Jahnallee vorgesehen, sondern,
wie der Antragsteller selbst darlegt, am Waldplatz und mithin innerhalb des ohnehin
planfestgestellten Bereichs.
Die "Ausklammerung" der inneren Jahnallee aus dem Planfeststellungsbeschluss
erweist sich auch nicht deswegen als abwägungsfehlerhaft, weil in diesem Bereich
Hindernisse für die Abwicklung des prognostizierten Verkehrs in der Jahnallee zu
erwarten wären, die nur durch planfeststellungsbedürftige Ausbaumaßnahmen be-
seitigt werden könnten. Die Planfeststellungsbehörde ist davon ausgegangen, dass
die innere Jahnallee schon aufgrund nicht planfeststellungsbedürftiger Maßnahmen
hinreichend leistungsfähig sein wird, um den zukünftig zu erwartenden Verkehr auf-
zunehmen. Das erscheint dem Senat im Hinblick auf die dort geplante "dynamische
Verkehrsführung", die Beseitigung der Haltestellen und die bereits jetzt nach Rück-
führung des landwärtigen Verkehrs auf die Jahnallee bestehende hohe Verkehrsbe-
legung überzeugend und wird auch vom Antragsteller nicht in Frage gestellt.
b) Auch die Angriffe des Antragstellers gegen die Variantenauswahl greifen voraus-
sichtlich nicht durch.
Im Hinblick auf die von der Planfeststellungsbehörde abgelehnte Variante 1 folgt dies
bereits daraus, dass der Antragsteller wegen seines nach § 61 Abs. 2 Nr. 1
BNatSchG beschränkten Klagerechts die Variantenauswahl nur insoweit angreifen
kann, als sie sich auf die Belange des Naturschutzes und der Landschaftspflege
auswirken kann. Das ist jedoch nicht der Fall. Die ebenfalls vierspurige Variante 1
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dient vielmehr im Wesentlichen dem Erhalt des denkmalgeschützten Gebäudes
Jahnallee 25 ("Kleine Funkenburg"), der durch eine Verschwenkung der Jahnallee
und eine an die beengten Verhältnisse angepasste Gestaltung der Haltestelle er-
reicht wird. Dass sich hierdurch Unterschiede zwischen der Variante 1 und der plan-
festgestellten Vorzugsvariante im Hinblick auf die Belange von Naturschutz und
Landschaftspflege ergeben könnten, ist nicht erkennbar. Der vom Antragsteller her-
vorgehobene Erhalt des Hauses Jahnallee 25 im Falle der Realisierung der Variante
1 betrifft den Belang der Denkmalpflege und ist von seinem Klagerecht jedenfalls
nicht umfasst. Dem weiteren Vorbringen des Antragstellers zur Variante 1 lässt sich
ein Bezug zu den Belangen des Naturschutzes und der Landschaftspflege allenfalls
im Hinblick auf die vorhabenbedingte Teilabdeckung des Elstermühlgrabens ent-
nehmen. Insoweit führt der Antragsteller aber gerade aus, dass diese Auswirkung
dieselbe sei wie bei Realisierung der planfestgestellten Straßenführung. Ob und wel-
che Auswirkungen sich für die Belange des Naturschutzes und der Landschaftspfle-
ge durch diese Teilabdeckung konkret ergeben, hat der Antragsteller ohnehin nicht
dargelegt.
Ob es dem Antragsteller aus demselben Grund auch verwehrt ist, die Variantenaus-
wahl im Hinblick auf die Variante 2 zu rügen, lässt der Senat dahingestellt. Denn die
Variantenauswahl durch die Planfeststellungsbehörde erweist sich insoweit aller
Voraussicht nach nicht als abwägungsfehlerhaft. Nach gefestigter Rechtsprechung
des Bundesverwaltungsgerichts sind die Grenzen der bei der Auswahl zwischen ver-
schiedenen Trassenvarianten bestehenden planerischen Gestaltungsfreiheit erst
dann überschritten, wenn sich eine andere als die von der Behörde gewählte Linien-
führung hätte aufdrängen müssen (vgl. etwa BVerwG, Urteil vom 9. Juni 2004
- BVerwG 9 A 11.03 - Buchholz 406.400 § 61 BNatSchG 2002 Nr. 5 S. 41). Das ist
aber jedenfalls dann ausgeschlossen, wenn die Trassenvariante von vornherein
nicht geeignet ist, die mit der Planung verfolgten Ziele zu erreichen. Davon ist die
Planfeststellungsbehörde hier ausgegangen, weil die Variante 2 den prognostizierten
Verkehr von 23 500 Kraftfahrzeugen/24 h in der inneren Jahnallee (Prognose 2015)
nicht aufnehmen könne und somit dort und im Bereich der umschließenden Netzkno-
ten zu inakzeptablen Verkehrsverhältnissen führen müsse. Diese Annahme ist im
Hinblick auf die bereits erwähnten Vorgaben der Empfehlungen für die Anlage von
Hauptverkehrsstraßen (EAHV 93) und die bei der Variante 2 gegebenen besonderen
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Hindernisse, die der ungehinderten Abwicklung des Verkehrs auf je einer Fahrspur
entgegenstehen (gemeinsame Nutzung der Fahrspur durch Individual- und starken
Straßenbahnverkehr einschließlich Haltestellen; ein- und ausparkende Fahrzeuge
wegen der vorgesehenen und vom Antragsteller geforderten Parkbuchten), nicht zu
beanstanden. Mit etwaigen Vorteilen dieser Alternative musste sich die Planfeststel-
lungsbehörde unter diesen Voraussetzungen nicht auseinander setzen.
c) Der Planfeststellungsbeschluss leidet auch im Übrigen voraussichtlich nicht an
durchgreifenden Abwägungsmängeln, die die Einbeziehung und angemessene Be-
rücksichtigung der Belange von Naturschutz und Landschaftspflege betreffen.
Der Antragsteller hält den Planfeststellungsbeschluss für abwägungsfehlerhaft, weil
er die Belange des Immissionsschutzes im Hinblick auf Luftschadstoffe unberück-
sichtigt lasse und gegen zwingende Vorschriften des Immissionsschutzes verstoße.
Dieser Vortrag lässt schon einen Bezug zu den Belangen von Naturschutz und
Landschaftspflege nicht erkennen. Zwar ist davon auszugehen, dass die
22. BImSchV, auf die sich der Antragsteller stützt, zumindest auch den Belangen des
Naturschutzes im Sinne von § 61 Abs. 2 Nr. 1 BNatSchG zu dienen bestimmt ist.
Das gilt aber, wie etwa die dortige Unterscheidung zwischen Regelungen zum
Schutz der menschlichen Gesundheit, zum Schutz von Ökosystemen und zum
Schutz der Vegetation zeigt, nur für einen Teil der Vorschriften der 22. BImSchV. Nur
insoweit kann das Klagerecht nach § 61 Abs. 2 Nr. 1 BNatSchG eröffnet sein. Abge-
sehen davon, dass der Antragsteller seinen Vortrag insoweit nicht substantiiert, legt
er jedenfalls nicht dar, in welcher Weise Belange des Naturschutzes und der Land-
schaftspflege durch zu erwartende Schadstoffimmissionen gerade im Bereich der
inneren Jahnallee, in dem Grenzwertüberschreitungen zu erwarten sind, konkret be-
troffen sein können.
Die Rüge mangelnder Berücksichtigung der Schadstoffproblematik im Planfeststel-
lungsbeschluss greift jedenfalls nicht durch. Das planungsrechtliche Abwägungsge-
bot verlangt, dass der Planfeststellungsbeschluss die durch die Planungsentschei-
dung geschaffenen oder ihr sonst zurechenbaren Konflikte hinreichend zu bewälti-
gen hat (BVerwG, Urteil vom 26. Mai 2004 - BVerwG 9 A 6.03 - Buchholz 406.25
§ 48a BImSchG Nr. 1 S. 6 m.w.N.). Die Planfeststellungsbehörde hatte deswegen
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nicht nur die zukünftige Schadstoffsituation in den planfestgestellten Abschnitten der
Jahnallee, sondern auch in der inneren Jahnallee in ihre Abwägung einzustellen,
auch wenn dieser Bereich - wie dargelegt - mangels planfeststellungsbedürftiger
Maßnahmen nicht in die vom Planfeststellungsbeschluss förmlich erfassten Ab-
schnitte der Jahnallee einzubeziehen war. Das hat der Antragsgegner erkannt. Er
hat im Planfeststellungsbeschluss ausführlich die Schadstoffsituation im gesamten
Abschnitt zwischen Zeppelinbrücke und Rosentalgasse unter Einschluss der inneren
Jahnallee auf der Grundlage des ebenfalls den gesamten Bereich betreffenden, von
der Beigeladenen im Planfeststellungsverfahren vorgelegten lufthygienischen Gut-
achtens behandelt. Insofern trifft der Vorwurf des Antragstellers, der Antragsgegner
habe die innere Jahnallee "ausgeklammert", nicht zu.
Die Planfeststellungsbehörde hat die Schadstoffproblematik auch hinreichend bewäl-
tigt. Zwar hat sie trotz prognostizierter Grenzwertüberschreitungen im Bereich der
inneren Jahnallee keinen Anlass zur Anordnung von Schutzauflagen gesehen. Ob
dies allein mit der Überlegung gerechtfertigt werden kann, die bestehende Vorbelas-
tung in diesem Abschnitt mit Luftschadstoffen werde durch das Vorhaben nicht er-
höht, lässt der Senat offen. Denn die weitere im Planfeststellungsbeschluss enthal-
tene selbständige Erwägung, die Einhaltung der Grenzwerte der 22. BImSchV könne
im vorliegenden Fall dem in dieser Verordnung vorgesehenen Verfahren der Luft-
reinhaltung und der hierfür zuständigen Behörde überlassen werden, ist nicht zu be-
anstanden, denn sie steht im Einklang mit der Rechtsprechung des Senats. In sei-
nem Urteil vom 26. Mai 2004 (BVerwG 9 A 6.03 - a.a.O.) hat er ausgeführt, dass die
Einhaltung der Grenzwerte der 22. BImSchV keine Rechtmäßigkeitsvoraussetzung
für die Planfeststellung eines Straßenbauvorhabens darstellt. Das schließe zwar das
Erfordernis einer Bewältigung der durch das Vorhaben bewirkten Luftschadstoffprob-
leme nicht von vornherein aus. Dem Grundsatz der Problembewältigung werde je-
doch in der Regel dadurch hinreichend Rechnung getragen, dass die Planfeststel-
lungsbehörde die Einhaltung der Grenzwerte dem Verfahren der Luftreinhaltepla-
nung und der hierfür zuständigen Behörde überlasse. Diese Verfahrensweise werde
dem Grundsatz der Problembewältigung nur dann nicht mehr gerecht, wenn die
Planfeststellungsbehörde das Vorhaben zulasse, obgleich absehbar sei, dass seine
Verwirklichung die Möglichkeit ausschließe, die Einhaltung der Grenzwerte mit den
Mitteln der Luftreinhalteplanung in einer mit der Funktion des Vorhabens zu verein-
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barenden Weise zu sichern. Dass hier von einem solchen Ausnahmefall auszugehen
ist, für dessen Annahme nach der genannten Rechtsprechung des Senats besonde-
re Umstände vorliegen müssen, ist nicht zu erkennen. Zwar handelt es sich in der
inneren Jahnallee um eine wegen der engen Randbebauung zweifellos schwierige,
aber nicht ungewöhnliche Schadstoffsituation im städtischen Bereich. Der Senat hat
in seiner Entscheidung vom 26. Mai 2004 bereits hervorgehoben, dass sich gerade
in Fällen des Ausbaus von Bestandsstraßen in bereits stark mit Luftschadstoffen be-
lasteten Gebieten das Verfahren der Luftreinhalteplanung als Problembewältigung
besonders anbiete, weil dafür ein breites Spektrum vorhabenunabhängiger Maß-
nahmen zur Verfügung stehe, mit deren Hilfe Schadstoffbelastungen nicht nur redu-
ziert, sondern auch kompensiert werden könnten. Auf der Grundlage des bereits er-
wähnten lufthygienischen Gutachtens, das gerade auf diese Möglichkeiten der Luft-
reinhalteplanung hinweist, mussten sich für die Planfeststellungsbehörde keine An-
haltspunkte ergeben, dass diese Instrumentarien nicht ausreichend sein könnten,
zumal durch das planfestgestellte Vorhaben keine Verschlechterung der ohnehin in
der Jahnallee bereits bestehenden bzw. ohne Realisierung des Vorhabens zu erwar-
tenden Schadstoffsituation eintritt. Soweit die Planfeststellungsbehörde eine Reduk-
tion des Schwerlastverkehrsanteils im Wege einer Verkehrsbeschränkung nach § 40
Abs. 1 i.V.m. § 47 Abs. 1 und 2 BImSchG als mögliche Maßnahme im Rahmen der
Luftreinhaltung benennt, stellt sie damit entgegen der Auffassung des Antragstellers
nicht die Verkehrsfunktion des Vorhabens in Frage. Denn die Planunterlagen erge-
ben keinen Hinweis darauf, dass von einer besonderen Bedeutung der Jahnallee für
den Schwerlastverkehr auszugehen wäre. Das liegt bei einer innerstädtischen Lage
auch nicht nahe. Im Übrigen stellen Verkehrsbeschränkungen der genannten Art,
auch soweit sie nicht nur den Schwerlastverkehr betreffen, ein vom Gesetzgeber
gerade für den Zweck einer effektiven Luftreinhalteplanung vorgesehenes, in Um-
fang und zeitlicher Hinsicht flexibles Instrumentarium dar, mit dem insbesondere
grenzwertüberschreitenden Spitzenbelastungen gezielt entgegengewirkt werden
kann, ohne hierdurch sogleich die Verkehrsfunktion einer Straße grundsätzlich und
dauerhaft in Frage zu stellen.
Soweit der Antragsteller im verwaltungsgerichtlichen Verfahren Einwendungen ge-
gen die im lufthygienischen Gutachten enthaltenen tatsächlichen Feststellungen er-
hoben hat, ist nicht erkennbar, dass der vom Antragsgegner gewählte Weg der Prob-
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lembewältigung hierdurch in Frage gestellt wird. Zwar macht der Antragsteller insbe-
sondere geltend, Grenzwerte der 22. BImSchV seien zum Teil stärker überschritten
als im Gutachten angenommen und es hätten auch weitere Schadstoffe untersucht
werden müssen. Die Möglichkeit, die Einhaltung der Werte im Wege der Luftreinhal-
tung zu erreichen, stellt er jedoch nicht schlüssig in Frage, weil er das Instrument
einer Reduzierung des Individualverkehrs und insbesondere des Schwerlastverkehrs
von vornherein als mit der Funktion des Vorhabens unvereinbar ausschließt. Das ist
aber - wie dargelegt - unzutreffend.
4. Der Planfeststellungsbeschluss verstößt auch nicht derart gegen die naturschutz-
rechtliche Eingriffsregelung, dass dem Antrag auf Gewährung vorläufigen Rechts-
schutzes stattzugeben wäre.
Der Antragsteller macht geltend, der Planfeststellungsbeschluss entspreche, soweit
er die Rodung von 117 Alleebäumen in der (äußeren) Jahnallee vorsehe, nicht den
Anforderungen des § 9 SächsNatSchG. Der Antragsgegner meint demgegenüber,
diese Vorschrift sei im vorliegenden Fall nicht anwendbar, weil die Maßnahme nur
dann als Eingriff in Natur und Landschaft anzusehen wäre, wenn es sich gemäß § 8
Abs. 2 Nr. 11 SächsNatSchG um landschaftsprägende Bäume handelte. Wegen der
innerörtlichen Lage sei das aber nicht der Fall.
Der Senat lässt offen, ob dieser Auffassung zu folgen ist. Denn auch wenn § 9
SächsNatSchG anzuwenden gewesen wäre, könnte dies im Hauptsacheverfahren
lediglich zu einem Planergänzungsanspruch des Antragstellers führen, der die hier
begehrte Anordnung der aufschiebenden Wirkung aber nicht begründen könnte. Das
gilt unabhängig davon, ob der Antragsteller im Hinblick auf seine lediglich Baumgrup-
pen in den Haltestellenbereichen Waldplatz und Sportforum betreffende Einwendung
in seiner Stellungnahme vom 19. Mai 2004 mit seinem nunmehr die gesamte Ro-
dungsmaßnahme umfassenden Vortrag teilweise präkludiert ist.
Dass die Rodungsmaßnahme dem Vermeidungsgebot des § 9 Abs. 1 Nr. 2
SächsNatSchG widerspräche, macht der Antragsteller im verwaltungsgerichtlichen
Verfahren nicht geltend. Ein solcher Verstoß ist auch nicht erkennbar, zumal das
Vermeidungsgebot nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts An-
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forderungen nur innerhalb des konkret geplanten Vorhabens stellt, nicht hingegen
zur Wahl einer anderen Planungsvariante verpflichten kann (Urteil vom 19. März
2003 - BVerwG 9 A 33.02 - Buchholz 407.4 § 17 FStrG Nr. 173 S. 161 f.). Sollte das
Vorbringen der Beigeladenen im Schriftsatz vom 2. März 2005, im Bereich der Halte-
stelle Waldplatz sechs bis zehn der zur Fällung vorgesehenen Bäume erhalten zu
können, nicht - wie von der Beigeladenen dargestellt - als Reaktion auf zwischenzeit-
lich veränderte Planungsvorgaben, sondern als Indiz dafür verstanden werden, dass
die Rodungsmaßnahme insoweit vermeidbar ist, so würde dies dennoch voraussicht-
lich nicht zu einem Erfolg der Klage in diesem Umfang führen, weil im Hinblick auf
den Zusagecharakter dieses Vorbringens davon auszugehen ist, dass der Planfest-
stellungsbeschluss spätestens durch Protokollerklärung in der mündlichen Verhand-
lung entsprechend geändert wird.
Das Fehlen einer gegebenenfalls nach § 9 Abs. 1 Nr. 3 SächsNatSchG gebotenen
Abwägungsentscheidung könnte der Anfechtungsklage des Antragstellers wegen
§ 17 Abs. 6 c Satz 1 FStrG, der insoweit entsprechend anwendbar ist (BVerwG, Ur-
teil vom 27. Oktober 2000 - BVerwG 4 A 18.99 - Buchholz 406.401 § 8 BNatSchG
Nr. 29 S. 23 f.), voraussichtlich nicht zum Erfolg verhelfen, weil angesichts der Be-
deutung und Dringlichkeit, die Beigeladene und Antragsgegner dem Vorhaben bei-
messen, die konkrete Möglichkeit einer anderen Planungsentscheidung nicht er-
kennbar ist.
Die vom Antragsteller geltend gemachte fehlende Kompensierung der gerodeten
117 Alleebäume im Hinblick auf die Anforderungen des § 9 Abs. 2 und 3
SächsNatSchG könnte gegebenenfalls nur zu einer Planergänzung und mithin nicht
zu einem Erfolg des Eilantrages führen. Denn aus § 17 Abs. 6 c Satz 2 FStrG ergibt
sich nach der Rechtsprechung des Senats, dass Mängel bei der Festlegung von
Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen regelmäßig nicht die Aufhebung des Planfest-
stellungsbeschlusses zur Folge haben, soweit sie die Ausgewogenheit der Gesamt-
planung nicht in Frage stellen und die konkrete Möglichkeit der Fehlerbehebung be-
steht (Urteil vom 9. Juni 2004 - BVerwG 9 A 11.03 - Buchholz 406.400 § 61
BNatSchG 2002 Nr. 5 S. 49).
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Der Senat hat keine Zweifel, dass diese Voraussetzungen im vorliegenden Fall erfüllt
sind. Zwar sieht der Planfeststellungsbeschluss keine Kompensation für die Baum-
rodungen vor. Sie ergeben sich aber faktisch dadurch, dass die vom Vorhabenträger
ohnehin vorgesehene Neupflanzung von 105 Einzelbäumen sowie Gehölzstrukturen
von der Planfeststellungsbehörde lediglich als Gestaltungsmaßnahme angesehen
wurde und deswegen als Kompensationsmaßnahme noch nicht "verbraucht" ist. Das
wäre anders zu bewerten, wenn in der Rodungsmaßnahme ein Eingriff in Natur und
Landschaft zu sehen sein sollte. Selbst wenn in diesem Fall, wie der Antragsteller
geltend macht, noch weitere Neupflanzungen - gegebenenfalls auch auf der Grund-
lage der Baumschutzsatzung der Beigeladenen - erforderlich wären, ist nicht er-
kennbar, dass ihrer Realisierung Hindernisse entgegenstehen könnten. Auch der
Antragsteller macht dies nicht geltend.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO. Die Streitwertfestsetzung
folgt aus § 52 Abs. 1, § 53 Abs. 3 Nr. 2 GKG.
Dr. Storost Prof. Dr. Rubel Dr. Nolte