Urteil des BVerfG vom 05.03.2009

BVerfG: rechtliches gehör, sonderabgabe, öffentliches interesse, behörde, belastung, verfassungsbeschwerde, nichterfüllung, ausgleichsabgabe, rechtfertigung, entlastung

Entscheidungen
BUNDESVERFASSUNGSGERICHT
- 2 BvR 1824/05 -
In dem Verfahren
über
die Verfassungsbeschwerde
1. des Herrn G ... ,
2. des Herrn G ... ,
3. der Frau G ... ,
4. des Herrn G ... ,
5. des Herrn G ... ,
- Bevollmächtigte:
Rechtsanwälte Kurt Groenewold und Koll.,
Heußweg 35, 20255 Hamburg -
I. unmittelbar gegen
a) den Beschluss des Hamburgischen Oberverwaltungsgerichts vom 19. September 2005 - 2
Bf 430/03 -,
b) das Urteil des Verwaltungsgerichts Hamburg vom 2. Oktober 2003 - 17 VG 3339/2001 -,
den Widerspruchsbescheid der Freien und Hansestadt Hamburg vom 30. Juli 2001 - RA 5 -
952/99 -,
den Widerspruchsbescheid der Freien und Hansestadt Hamburg vom 21. Januar 2000,
den Änderungsbescheid Nr. 3 der Freien und Hansestadt Hamburg vom 2. August 1999 -
E/BA3/00191/96 -,
den Änderungsbescheid Nr. 2 der Freien und Hansestadt Hamburg vom 6. Mai 1999 -
E/BA3/00191/96 -,
den Änderungsbescheid Nr. 1 der Freien und Hansestadt Hamburg vom 25. März 1999 -
E/BA3/00191/96 -,
den Baugenehmigungsbescheid der Freien und Hansestadt Hamburg vom 12. Juni 1997 -
E/BA3/191/96 -,
mittelbar gegen
§§ 48, 49 Hamburger Bauordnung - HBauO
hat die 1. Kammer des Zweiten Senats des Bundesverfassungsgerichts durch
die Richterin Osterloh
und die Richter Mellinghoff,
Gerhardt
gemäß § 93b in Verbindung mit § 93a BVerfGG in der Fassung der Bekanntmachung vom 11. August 1993 (BGBl I S.
1473) am 5. März 2009 einstimmig beschlossen:
Die Verfassungsbeschwerde wird nicht zur Entscheidung angenommen.
Gründe:
I.
1
Die Verfassungsbeschwerde betrifft die Heranziehung zu Ausgleichsbeträgen für Stellplätze gemäß § 49 Abs. 1
Satz 1 Nr. 1 der Hamburgischen Bauordnung in der Fassung vom 27. September 1995 (HBauO).
2
1. Die Beschwerdeführer sind Eigentümer und Bauherren eines Geschäfts- und Wohnungsbauprojekts. Auf einem
Teil des Baugrundstücks hatte zuvor eine Garagenhalle gestanden, die den umliegenden Grundstücken zur Erfüllung
der Stellplatzverpflichtung gedient hatte. Um das zu sichern, waren 1960 bis 1977 Baulasten eingetragen worden,
derentwegen insgesamt 113 Stellplätze bereitzustellen waren. Im Baugenehmigungsverfahren für das neue Projekt
wurde die Schaffung weiterer Stellplätze gefordert. Es ergingen neben der Baugenehmigung drei Änderungsbescheide,
die die Zahl der erforderlichen, der herstellbaren und der abzulösenden Stellplätze betrafen. Nachdem die Richtwerte
für die Ermittlung des Stellplatzbedarfs (sogenannte Globalrichtlinien) geändert worden waren, hob der
Widerspruchsbescheid vom 30. Juli 2001 den vorhergehenden Änderungsbescheid auf, soweit ein über 352.000,00
DM hinausgehender Stellplatzablösebetrag festgesetzt worden war, und wies den Widerspruch im Übrigen zurück.
Nach den Globalrichtlinien ergebe sich eine Zahl von 132 notwendigen Stellplätzen. Von den 225 tatsächlich
hergestellten Plätzen könnten 113 wegen bestehender Verpflichtungserklärungen nicht als Folgeeinrichtungen des
Bauvorhabens angesehen werden. Die Behauptung, diese würden nicht mehr benötigt, sei unsubstantiiert. Die Vorlage
einfacher Verzichtserklärungen der betroffenen Grundstückseigentümer genüge nicht. Es wäre der Nachweis
erforderlich gewesen, dass ein entsprechender Stellplatzbedarf nicht mehr bestehe. Mithin seien 20 notwendige
Stellplätze nicht hergestellt. Dafür sei gemäß § 49 Abs. 1 HBauO ein Ausgleichsbetrag je Stellplatz von 17.600,00
DM zu zahlen.
3
2. Die Beschwerdeführer erhoben Klage. Die Stellplatzverpflichtung aus Baulasten sei erloschen, weil Gebäude
abgerissen und Verzichtserklärungen von Grundstückseigentümern eingeholt worden seien. Die Beschwerdeführer
machten, soweit die derzeit geltenden Bestimmungen zur Höhe des Ausgleichsbetrages angewendet werden sollten,
eine unzulässige Rückwirkung geltend. § 49 HBauO sei verfassungswidrig. Der Ausgleichsbetrag sei eine Steuer und
keine zulässige Sonderabgabe. Der Freien und Hansestadt Hamburg fehle die Gesetzgebungskompetenz. Die
Anforderungen der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts an die Zulässigkeit von Sonderabgaben seien
nicht erfüllt. Es bestehe die Gefahr, dass allgemeine Staatsaufgaben finanziert würden. Stellplätze würden mit dem
eingenommenen Geld nicht bereitgestellt. Es komme dem öffentlichen Nahverkehr und dem Bau von Fahrradwegen
zugute. Nicht der ruhende Verkehr, sondern der gesamte Straßenverkehr solle entlastet werden. Damit werde von
dem gefahrenabwehrrechtlichen Zweck der Stellplatzpflicht des § 48 HBauO, an deren Stelle der Ausgleichsbetrag
trete, abgewichen. Die Bauherren seien keine homogene Gruppe und hätten keine besondere
Finanzierungsverantwortung. Die Errichtung eines Gebäudes verursache das Verkehrsaufkommen nur mittelbar.
Soweit die Mittelverwendung allgemein der Reduktion des Verkehrsaufkommens dienen solle, erfolge sie nicht
gruppennützig. Die Ausgleichsabgabe schöpfe keinen Vorteil ab, jedenfalls dann nicht, wenn, wie in dem Stadtteil, in
dem das Bauvorhaben liege, die Schaffung von Stellplätzen durch Rechtsverordnung untersagt sei. Gegenüber denen,
die Stellplätze schaffen könnten und nicht den öffentlichen Personennahverkehr und den Fahrradverkehr fördern
müssten, würden die Beschwerdeführer ungleich behandelt.
4
3. Das Verwaltungsgericht wies die Klage durch Urteil vom 2. Oktober 2003 ab. Rechtsgrundlage für die
Zahlungsverpflichtung seien § 48 Abs. 1 und 3, § 49 HBauO in Verbindung mit § 1 Abs. 1 Nr. 2 des Gesetzes über die
Höhe des Ausgleichsbetrages für Stellplätze und Fahrradplätze (AusgleichsbetragsG). Soweit im
Widerspruchsbescheid 132 erforderliche Stellplätze errechnet worden seien, beruhe das auf einer unrichtigen
Rechtsanwendung der Behörde, die sich jedoch zugunsten der Beschwerdeführer ausgewirkt habe; richtigerweise
seien 176 Plätze zu fordern gewesen. Von den 225 tatsächlich hergestellten Stellplätzen müssten aufgrund der
Baulasten 113 abgerechnet werden. Die Baulasten bestünden fort, weil sie allein mit Löschung im
Baulastenverzeichnis aufgrund Verzichts der Behörde hätten untergehen können. Eine Vereinbarung mit den
Eigentümern begünstigter Grundstücke genüge nicht. Im Übrigen sei Voraussetzung für einen Verzicht der Behörde,
dass ein öffentliches Interesse am Fortbestand der Baulast nicht mehr gegeben sei. Der diesbezügliche Vortrag der
Beschwerdeführer sei unsubstantiiert; es fehle der Nachweis, dass der Stellplatzbedarf nicht mehr bestehe. Der
Ausgleichsbetrag sei für jeden nicht hergestellten Stellplatz in Höhe von 17.600,00 DM anzusetzen. Dieser Betrag
ergebe sich aus derjenigen Vorschrift, deren zeitlicher Anwendungsbereich hier eröffnet sei. Ihre Anwendbarkeit
bedeute keine unzulässige Rückwirkung.
5
§ 49 HBauO sei verfassungsgemäß. Die Gesetzgebungskompetenz ergebe sich aus Art. 70 Abs. 1 GG. Die Norm
betreffe das dem Bund nicht zugewiesene Bauordnungsrecht und nicht das Bodenrecht oder den Straßenverkehr. Es
handle sich um keine Steuer oder Vorzugslast, sondern um eine Sonderabgabe. Sie diene nicht der Deckung eines
allgemeinen Finanzbedarfs, sondern der Schaffung eines Ausgleichs für die ausnahmsweise Gestattung, die
Stellplatzpflicht nicht zu erfüllen. Eine Gegenleistung oder ein Vorteil würden den Abgabenpflichtigen nicht gewährt.
Die Sonderabgabe genüge den verfassungsrechtlichen Zulässigkeitsanforderungen. Sie erfülle eine besondere
Sachaufgabe, nämlich die Entlastung der Straßen vom ruhenden Verkehr. Die Stellplatzpflicht bezwecke, dass der
durch das Bauvorhaben verursachte Kraftfahrzeugverkehr auf geeignete Stellplätze umgelenkt und so eine
Gefahrenlage, die ohne Stellplätze entstehen würde, verhindert werde. Die Bauherren würden verpflichtet, selbst
Stellplätze zu schaffen oder die Verpflichtung durch eine dem gleichen Zweck dienende Zahlung abzulösen. Die
Bauherren seien insoweit eine homogene gesellschaftliche Gruppe, die zu dem verfolgten Zweck eine größere
Sachnähe als die Allgemeinheit aufweise. Sie verursachten den mit ihrem Vorhaben verbundenen zusätzlichen
Kraftfahrzeugverkehr und seien ordnungsrechtlich als Zweckveranlasser für die Verhinderung von Beeinträchtigungen
verantwortlich. Da in § 49 Abs. 2 HBauO festgelegt sei, dass die Ausgleichsbeträge nur für die Bereitstellung von
Kraftfahrzeug- und Fahrradstellplätzen, Verbindungen zwischen Parkplätzen und Haltestellen des öffentlichen
Personennahverkehrs,
Parkleitsystemen,
Einrichtungen
des
öffentlichen
Personennahverkehrs
und
Radverkehrsanlagen verwendet werden dürften, sei die gruppennützige Verwendung sichergestellt. Die Maßnahmen
dienten sämtlich der Entlastung des ruhenden Verkehrs. Es handle sich um eine durch das gesteigerte
Verkehrsaufkommen in Städten mit dichter Innenstadtbebauung gebotene Weiterentwicklung der Ablöseverpflichtung.
Durch Förderung des Individualverkehrs könnten die innerstädtischen Verkehrsprobleme nicht mehr gelöst werden.
Die Mittelverwendung sei geeignet, die Erreichbarkeit von Bauvorhaben zu verbessern, und bringe damit Vorteile für
die Bauherren.
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Die Regelung sei mit Art. 14 Abs. 1 GG vereinbar. Ein Eingriff liege vor, weil die Verwirklichung der Baufreiheit an
eine Verpflichtung geknüpft werde. Es handle sich jedoch um eine als Surrogat für die Stellplatzpflicht wie diese
zulässige Inhalts- und Schrankenbestimmung. Die Heranziehung zum Ausgleichsbetrag bewirke eine
Gleichbehandlung mit den Bauherren, die Stellplätze herstellen müssten, und ermögliche es, die Baufreiheit in
Situationen zu gewährleisten, in denen wegen der Unmöglichkeit der Bereitstellung der erforderlichen Stellplätze die
Genehmigung des Vorhabens an sich ausscheiden würde. Angesichts des Zwecks, die Straßen von dem durch die
einzelnen Bauvorhaben ausgelösten ruhenden Kfz-Verkehr zu entlasten, sei die Maßnahme verhältnismäßig.
Insbesondere wäre eine Verwendung der Mittel allein zur Schaffung anderweitiger Stellplätze unter den Bedingungen
des Großstadtverkehrs nicht gleich geeignet, den Zweck zu erreichen. Im Hinblick auf die den Bauherren
entstehenden Vorteile sei die Belastung angemessen. Art. 3 Abs. 1 GG werde nicht verletzt, da gerade eine
Gleichbehandlung mit Bauherren, die die erforderlichen Stellplätze tatsächlich herstellen müssten, erreicht werde.
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4. Die Beschwerdeführer beantragten die Zulassung der Berufung. Das Urteil des Verwaltungsgerichts sei fehlerhaft.
Die Beschwerdeführer wiederholten das Klagvorbringen und ergänzten, das Verwaltungsgericht habe kein rechtliches
Gehör gewährt, weil es übersehen habe, dass die Behörde die Beschwerdeführer davon abgehalten habe, konkrete
Nachweise über das Entfallen der Erforderlichkeit der durch Baulasten gesicherten Stellplätze beizubringen. Es liege
eine Ungleichbehandlung im Hinblick auf das Vorgehen der Freien und Hansestadt Hamburg bei mit Baulasten
belasteten städtischen Grundstücken vor. Die Behörde habe die Beseitigung der bislang vorhandenen Stellplätze auch
vorbehaltlos genehmigt. Die grundsätzliche Bedeutung ergebe sich auch daraus, dass die Frage der
Verfassungsmäßigkeit der §§ 48, 49 HBauO Gegenstand eines anhängigen Revisionsverfahrens sei. Nach der
Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts in jenem Verfahren trugen die Beschwerdeführer vor, das
Bundesverwaltungsgericht habe zu Unrecht das Anforderungsniveau an Sonderabgaben gesenkt; es habe übersehen,
dass der Ausgleichsbetrag zur Finanzierung bestimmter Aufgaben erhoben werde, und Verstöße gegen Art. 14 GG
und die Finanzverfassung nicht geprüft.
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5. Das Oberverwaltungsgericht lehnte die Zulassung der Berufung durch Beschluss vom 19. September 2005 ab.
Der Zulassungsgrund der ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des angefochtenen Urteils, der zwar nicht genannt
werde, aber erkennbar geltend gemacht werden solle, liege nicht vor. Soweit das Verwaltungsgericht angenommen
habe, dass die Voraussetzungen für die Zulässigkeit einer Sonderabgabe mit Finanzierungszweck erfüllt seien, sei
dem nicht zu folgen, weil die Ausgleichsbeträge keine Sonderabgabe mit Finanzierungszweck seien. Das
Oberverwaltungsgericht verwies auf eigene Entscheidungen und solche des Bundesverwaltungsgerichts, die zum Teil
in einem vom Beschwerdeführer zu 2. geführten Rechtsstreit ergangen waren. Diese Entscheidungen hätten auch die
aufgeworfene Frage von grundsätzlicher Bedeutung geklärt. Die noch offenen Fragen zur Erhebung von
Ausgleichsbeträgen für Stellplätze, deren Herstellung wegen einer bauordnungsrechtlichen Untersagung nicht möglich
gewesen sei, seien hier nicht von Bedeutung. Die Gehörsrüge richte sich nicht gegen das gerichtliche, sondern gegen
das behördliche Verfahren. Die durch Baulast gesicherten Stellplätze seien nicht dadurch erledigt gewesen, dass die
Behörde die bauliche Umgestaltung des Grundstücks zugelassen habe. Auf einen Verzicht auf die Baulasten seitens
der Behörde hätten die Beschwerdeführer keinen Anspruch gehabt. Es wäre ihre Sache gewesen, einen Wegfall des
Bedarfs zu belegen. Soweit sie hiervon durch Behördenbedienstete abgehalten worden sein sollten, könnten sich
daraus allenfalls Schadensersatzpflichten ergeben. Ein Gleichheitsverstoß sei nicht dargelegt worden.
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6. Mit der Verfassungsbeschwerde machen die Beschwerdeführer geltend, die Sache habe grundsätzliche
Bedeutung. Zur Verringerung des Verkehrsaufkommens werde in Hamburg das Ziel verfolgt, die Anzahl der Stellplätze
zu verringern und den öffentlichen Personennahverkehr und den Fahrradverkehr zu fördern. Der Ausgleichsbetrag
diene allgemeinen Staatsaufgaben. Die Frage seiner Verfassungsgemäßheit betreffe einen Großteil der Bautätigkeit in
Hamburg und weitere Vorhaben der Beschwerdeführer. Das verfolgte Bauprojekt werde durch die Stellplatzabgabe
unwirtschaftlich. Durch die Höhe der Abgabe würden die Beschwerdeführer gegenüber den übrigen Steuerpflichtigen
benachteiligt. Die Stellplatzabgabe sei einer Steuer gleichzusetzen und verstoße gegen die Finanzverfassung. Der
hamburgische Gesetzgeber nehme die dem Bund zustehende Gesetzgebungszuständigkeit auf dem Gebiet des
Straßenverkehrsrechts und des Steuerrechts in Anspruch. Nichtsteuerliche Sonderabgaben dürften nicht zur
Gewinnung von Mitteln für den allgemeinen Staatsbedarf, sondern nur zur Finanzierung besonderer Aufgaben
eingesetzt werden. Die angegriffenen Entscheidungen verkennten, dass die Stellplatzabgabe eine Sonderabgabe sei.
Die eng auszulegenden Voraussetzungen einer Sonderabgabe seien nicht erfüllt. Die angegriffenen Entscheidungen
umgingen diese Anforderungen, indem sie annähmen, es liege keine Sonderabgabe vor. Die Ungleichbehandlung
gegenüber den übrigen Steuerschuldnern ergebe sich daraus, dass diese nicht zur zusätzlichen Unterstützung des
öffentlichen Personennahverkehrs und des Fahrradverkehrs angehalten würden. Auch Bauherren, die Stellplätze
schaffen könnten, würden aus diesem Grund ungleich behandelt. Die Entscheidungen übersähen, dass den
Beschwerdeführern zur Aufhebung der Baulasten im behördlichen Verfahren ein besonderer Nachweis über den
grundsätzlichen Stellplatzbedarf des Bezirks auferlegt worden sei. Diesen Nachweis hätten sie erbracht. Er sei im
verwaltungsgerichtlichen Urteil ohne Hinweis für bedeutungslos erklärt worden. Es sei verlangt worden, dass
Einzelnachweise der betroffenen Baulastbegünstigten eingeholt würden. Den Beschwerdeführern sei kein rechtliches
Gehör gewährt und die Möglichkeit des Nachweises, dass die Baulasten aufgehoben werden könnten, abgeschnitten
worden.
10
7. Den ebenfalls gestellten Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung hat das Bundesverfassungsgericht
durch Beschluss vom 24. November 2005 abgelehnt.
II.
11
Die Annahmevoraussetzungen des § 93a Abs. 2 BVerfGG sind nicht erfüllt; die Verfassungsbeschwerde hat keine
hinreichende Aussicht auf Erfolg (vgl. BVerfGE 90, 22 <25 f.>).
12
Insbesondere hat die Anwendung von § 49 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 HBauO in den angegriffenen Entscheidungen nicht
zu einer Verletzung des Grundrechts der Beschwerdeführer aus Art. 2 Abs. 1 GG geführt. Die Vorschrift gehört zur
verfassungsmäßigen Ordnung, die die allgemeine Handlungsfreiheit beschränkt.
13
1. Die Gesetzgebungskompetenz der Freien und Hansestadt Hamburg ergibt sich aus Art. 70 Abs. 1 GG. Das
Grundgesetz verleiht dem Bund keine Befugnis zur Regelung des Ausgleichsbetrages für Stellplätze. Es handelt sich
weder um eine Steuer im Sinne des Art. 105 GG, noch ist eine der dem Bund zugewiesenen Sachmaterien berührt.
14
a) Art. 105 GG begründet als spezielle finanzverfassungsrechtliche Norm Gesetzgebungskompetenzen für Steuern.
Für öffentlichrechtliche Abgaben, die keine Steuern sind (nichtsteuerliche Abgaben), richtet sich die
Gesetzgebungskompetenz nach den allgemeinen Regeln über die Sachgesetzgebungskompetenzen (vgl. BVerfGE 4,
7 <13>; 113, 128 <145>; stRspr). Der Ausgleichsbetrag ist eine nichtsteuerliche Abgabe.
15
Zu den nichtsteuerlichen Abgaben gehören außer den herkömmlichen Vorzugslasten (Gebühren und Beiträge) und
den Sonderabgaben im engeren Sinne, mit denen ein Finanzierungszweck verfolgt wird, auch sonstige
nichtsteuerliche Abgaben, die durch spezielle Sach- und Zweckzusammenhänge unterscheidungskräftige Merkmale
aufweisen und deshalb nicht in Konkurrenz zu den Steuern treten (vgl. BVerfGE 101, 141 <150 f.>; 108, 186 <217>).
Das Bundesverfassungsgericht hat einen speziellen Sach- und Zweckzusammenhang unter anderem bei einer
charakteristischen Antriebs- oder Ausgleichsfunktion (vgl. BVerfGE 13, 167 <172>; 57, 139 <167 f.>; 67, 256 <277>),
bei einer Abschöpfungsabgabe zur Rückabwicklung staatlich gewährter Subventionsvorteile (vgl. BVerfGE 78, 249
<266>) und bei einer Vorteilsabschöpfungsabgabe im Rahmen einer öffentlichrechtlichen Nutzungsregelung für ein
Gut der Allgemeinheit (vgl. BVerfGE 93, 319 <345>) bejaht.
16
Der Ausgleichsbetrag gemäß § 49 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 HBauO wird entscheidend durch seine Ausgleichsfunktion
geprägt, steht deswegen in einem speziellen Sach- und Zweckzusammenhang und unterscheidet sich von den
Steuern. Die Vorschrift ist Teil des einheitlichen Regelungskomplexes der §§ 48, 49 HBauO. Dort finden sich
„Stellplatzregelungen“ (vgl. Bürgerschafts-Drucks 15/3062, S. 7 ff.) zur Bewältigung des ruhenden und des
Parkplatzsuchverkehrs. Die Instrumente der Stellplatz- und Fahrradplatzpflicht und ihrer ersatzweisen Erfüllung durch
den Ausgleichsbetrag bilden eine untrennbare Einheit. Zusammen regeln sie die Belastung der Bauherren durch eine
Primär- und eine an deren Stelle tretende Sekundärpflicht. In diesem Rahmen steht die belastungsangleichende
Funktion des Ausgleichsbetrags als Ersatz für die gesetzliche Handlungspflicht „Schaffung eines Stellplatzes“ in den
Fällen, in denen die tatsächliche Herstellung nicht möglich ist, im Vordergrund (vgl. Bürgerschafts-Drucks 15/3062, S.
9). Die Funktion als Geldleistung, die den durch die Nichterfüllung einer öffentlichrechtlichen Naturalverpflichtung
entstehenden wirtschaftlichen Vorteil ausgleicht, prägt den Charakter der Abgabe und qualifiziert sie in
kompetenzrechtlicher Hinsicht als nichtsteuerlich (vgl. BVerfGE 92, 91 <114>).
17
b) Die Bestimmungen über den Ausgleichsbetrag gehören ebenso wenig wie die Bestimmungen über die
Stellplatzpflicht, an deren Stelle die Abgabe tritt, zu den dem Bund vorbehaltenen Gesetzgebungsmaterien. Es
besteht auch keine konkurrierende, vom Bund mit Sperrwirkung ausgeübte Gesetzgebungskompetenz. Es handelt
sich insbesondere nicht um Regelungen des Straßenverkehrs (Art. 74 Abs. 1 Nr. 22 GG) oder des Bodenrechts
(Art. 74 Abs. 1 Nr. 18 GG), sondern um solche des Bauordnungsrechts (vgl. BVerwG, Urteil vom 30. August 1985 - 4
C 10/81 -, NJW 1986, S. 600; BVerwGE 122, 1 <3 f.>). Denn geregelt werden Maßnahmen zur Bewältigung der
Auswirkungen der Errichtung einer bestimmten baulichen Anlage auf den ruhenden und den Parkplatzsuchverkehr.
Das Bauordnungsrecht ist aber einer bundesgesetzlichen Regelung nicht zugänglich (vgl. BVerfGE 3, 407 <430 ff.>;
40, 261 <265 f.>).
18
2. § 49 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 HBauO erfüllt die verfassungsrechtlichen Anforderungen an die gesetzliche Auferlegung
einer Abgabe mit Ausgleichsfunktion als einer Sonderabgabe im weiteren Sinne.
19
a) Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts ergeben sich aus den Begrenzungs- und
Schutzfunktionen der bundesstaatlichen Finanzverfassung (Art. 104a ff. GG) Grenzen für Abgaben, die der
Gesetzgeber in Wahrnehmung einer ihm zustehenden Sachkompetenz auferlegt. Die Finanzverfassung, die die
bundesstaatliche Verteilung der Gesetzgebungs-, Ertrags- und Verwaltungskompetenzen im Wesentlichen - neben
den Zöllen und Finanzmonopolen - nur für das Finanzierungsmittel der Steuer regelt, schließt die Erhebung
nichtsteuerlicher Abgaben verschiedener Art zwar nicht aus; das Grundgesetz enthält keinen abschließenden Kanon
zulässiger Abgabetypen. Die grundgesetzliche Finanzverfassung verlöre aber ihren Sinn und ihre Funktion, wenn unter
Rückgriff auf die Sachgesetzgebungskompetenzen von Bund und Ländern beliebig nichtsteuerliche Abgaben unter
Umgehung der finanzverfassungsrechtlichen Verteilungsregeln begründet werden könnten und damit zugleich ein
weiterer Zugriff auf die Ressourcen der Bürger eröffnet würde. Die Finanzverfassung des Grundgesetzes schützt
insofern auch die Bürger.
20
aa) Drei grundlegende Prinzipien der Finanzverfassung begrenzen die Auferlegung nichtsteuerlicher Abgaben (vgl.
BVerfGE 93, 319 <342 f.>; 108, 1 <16 f.>; 108, 186 <215 f.>; 110, 370 <387 f.>):
21
- Zur Wahrung der Geltungskraft der Finanzverfassung bedürfen nichtsteuerliche Abgaben - über die
Einnahmenerzielung hinaus oder an deren Stelle - einer besonderen sachlichen Rechtfertigung. Sie müssen sich
zudem ihrer Art nach von der Steuer, die voraussetzungslos auferlegt und geschuldet wird, deutlich unterscheiden.
22
- Die Erhebung einer nichtsteuerlichen Abgabe muss der Belastungsgleichheit der Abgabepflichtigen Rechnung
tragen. Der Schuldner einer nichtsteuerlichen Abgabe ist regelmäßig zugleich Steuerpflichtiger und wird schon als
solcher zur Finanzierung der Lasten herangezogen, die die Gemeinschaft treffen. Neben dieser steuerlichen
Inanspruchnahme bedürfen nichtsteuerliche Abgaben, die den Einzelnen zu einer weiteren Finanzleistung
heranziehen, einer besonderen Rechtfertigung aus Sachgründen.
23
- Der Verfassungsgrundsatz der Vollständigkeit des Haushaltsplans (Art. 110 Abs. 1 GG) ist berührt, wenn der
Gesetzgeber Einnahmen- und Ausgabenkreisläufe außerhalb des Budgets organisiert. Der Grundsatz der
Vollständigkeit des Haushalts zielt darauf ab, das gesamte staatliche Finanzvolumen der Budgetplanung und -
entscheidung von Parlament und Regierung zu unterstellen. Dadurch soll gewährleistet werden, dass das Parlament in
regelmäßigen Abständen den vollen Überblick über das dem Staat verfügbare Finanzvolumen und damit auch über die
dem Bürger auferlegte Abgabenlast erhält. Nur so können Einnahmen und Ausgaben vollständig den dafür
vorgesehenen Planungs-, Kontroll- und Rechenschaftsverfahren unterworfen werden.
24
bb) Deswegen ist die Erhebung einer Sonderabgabe mit Finanzierungsfunktion im engeren Sinne nur gerechtfertigt,
wenn sie im Rahmen der Verfolgung eines Sachzwecks geschieht, der über die bloße Mittelbeschaffung hinausgeht,
wenn mit ihr nur eine homogene Gruppe belegt wird, die in einer spezifischen Beziehung (Sachnähe) zu dem mit der
Abgabenerhebung verfolgten Zweck steht und der deshalb eine besondere Finanzierungsverantwortung zugerechnet
werden kann, wenn das Abgabenaufkommen gruppennützig verwendet wird, wenn die Abgabe einer periodischen
Überprüfung durch den Gesetzgeber unterliegt und wenn die erhobenen Sonderabgaben haushaltsrechtlich vollständig
dokumentiert werden (vgl. BVerfGE 110, 370 <389>; 113, 128 <150>; stRspr).
25
Bei anderen Abgaben, bei denen nicht die Finanzierung einer besonderen Aufgabe Anlass zu ihrer Einführung gab,
können solche Maßstäbe nicht uneingeschränkt gelten (vgl. BVerfGE 67, 256 <277 f.>). Das sind insbesondere
Ausgleichsabgaben eigener Art wie die Feuerwehrabgabe und die Ausgleichsabgabe nach dem
Schwerbehindertengesetz (vgl. BVerfGE 67, 256 <277 f.>; 92, 91 <114>; 108, 186 <220>), deren Zweck nicht die
Finanzierung einer besonderen Aufgabe ist, sondern der Ausgleich einer Belastung, die sich aus einer primär zu
erfüllenden öffentlichrechtlichen Pflicht ergibt (BVerfGE 92, 91 <117>). Solche Abgaben sind durch einen besonderen
unterscheidungskräftigen Belastungsgrund gekennzeichnet (vgl. BVerfGE 113, 128 <150>). Ist mit einem solchen
Belastungsgrund ein unterscheidungskräftiges Merkmal vorhanden, das verhindert, dass die Abgabe in Konkurrenz zu
den Steuern tritt, kommt es auf die Sachnähe der Abgabenpflichtigen und die Gruppennützigkeit der Mittelverwendung
nicht entscheidend an.
26
Dient die Sonderabgabe im weiteren Sinne dem Ausgleich eines Vorteils, der durch die Nichterfüllung einer
öffentlichrechtlichen Handlungspflicht entsteht, so kann sie nur gerechtfertigt sein, wenn die Auferlegung der
Verhaltenspflicht selbst verfassungsgemäß ist (vgl. BVerfGE 13, 167 <170 f.>; 57, 139 <153 ff.>; 92, 91 <119>). Die
auszugleichende Naturallast muss sich zudem in der Rechtswirklichkeit als reale Belastung aktualisieren; tritt sie nur
in ihrem Surrogat, der Geldlast, in Erscheinung, so verfehlt sie von vornherein ihren Ausgleichszweck (vgl. BVerfGE
92, 91 <118 ff.>). Schließlich muss die Belastungsgleichheit zwischen denen, die die Naturalverpflichtung erfüllen,
und denen, die zu der Abgabe herangezogen werden, gewahrt sein (vgl. zur Abschöpfungsabgabe BVerfGE 93, 319
<347>).
27
b) Diesen verfassungsrechtlichen Anforderungen wird der in § 49 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 HBauO geregelte
Ausgleichsbetrag gerecht.
28
Ein besonderer unterscheidungskräftiger Belastungsgrund ist gegeben. Er liegt in der Funktion des
Ausgleichsbetrags, die durch die Nichterfüllung der Stellplatzpflicht entfallende wirtschaftliche Belastung
auszugleichen (s.o. 1. a). Hierdurch soll verhindert werden, dass Bauherren, die notwendige Stellplätze herstellen
können, erheblich stärker belastet werden als Bauherren, deren Planung auf eine bauliche Anlage gerichtet ist, für die
die Stellplatzpflicht nicht erfüllt werden kann. Die Ausgleichsfunktion der Abgabe steht ganz im Vordergrund. Das
ergibt sich aus der Regelungsstruktur, in der die öffentlichrechtliche Naturalverpflichtung und der Ausgleichsbetrag für
den Fall der Unmöglichkeit ihrer Erfüllung in untrennbarem Zusammenhang stehen. Die Bestimmungen über die
Verwendung der Ausgleichsbeträge in § 49 Abs. 2 HBauO treten dahinter zurück und stellen nur eine durch den
Finanzierungseffekt der Abgabe bedingte Folgeregelung dar.
29
Dass die Auferlegung der öffentlichrechtlichen Pflicht, deren Nichterfüllung ausgeglichen wird, verfassungswidrig
sein könnte, ist nicht ersichtlich. Die Verpflichtung, auf dem Baugrundstück oder in dessen Nähe Stellplätze zu
schaffen, wenn von der Anlage ein Zu- und Abfahrtsverkehr zu erwarten ist, ist eine grundsätzlich zulässige Inhalts-
und Schrankenbestimmung des Eigentums (vgl. BVerwGE 29, 261 <267>; BVerwG, Urteil vom 30. August 1985 - 4 C
10/81 -, NJW 1986, S. 600).
30
Die Stellplatzpflicht aktualisiert sich als Belastung in der Rechtswirklichkeit. Sie ist regelmäßige Begleiterscheinung
der meisten Bauvorhaben. Ein Teil der neuerrichteten baulichen Anlagen würde zwar mutmaßlich auch dann mit
ausreichenden Stellplätzen versehen, wenn dazu keine Verpflichtung bestünde. Es ist aber nicht zu erkennen, dass
das für alle Bauvorhaben gelten könnte.
31
Die Verpflichtung zur Herstellung von Stellplätzen beziehungsweise zur Entrichtung des Ausgleichsbetrags trifft die
Bauherren verkehrswirksamer baulicher Anlagen und damit eine in der gesellschaftlichen Wirklichkeit vorfindliche
Gruppe (vgl. auch BVerwGE 122, 1 <8>).
32
Zwischen den innerhalb dieser Gruppe existierenden Untergruppen - den Bauherren, die die Naturalverpflichtung
erfüllen, und den Bauherren, die stattdessen zum Ausgleichsbetrag herangezogen werden - besteht
Belastungsgleichheit. Bezweckt die Abgabe, an die Stelle der Belastung zu treten, die einträte, wenn die betroffenen
Bauherren die notwendigen Stellplätze tatsächlich herstellen müssten, so hat sich die Abgabenhöhe an dem ersparten
Aufwand auszurichten. Bei ihrer Festlegung steht dem Gesetzgeber ein Einschätzungsspielraum zu. Es ist nicht
erkennbar, dass die Grenzen dieses Spielraums hier überschritten wären. Der Betrag von 17.600,00 DM je Stellplatz
steht nicht in einem offensichtlichen Missverhältnis zum Zweck der Abgabe. Er ist das Ergebnis einer
Vergleichsberechnung, die an die Kostenentwicklung der seitdem vergangenen Zeit angepasst worden war, und die
unter anderem deshalb auf die Kosten der Herstellung öffentlicher Ersatzanlagen abstellte, weil Daten über die Kosten
privater Stellplätze nicht vorlagen (vgl. Bürgerschafts-Drucks 15/3062, S. 19 f.; 14/857, S. 5 ff.).
33
Nach den Feststellungen der Fachgerichte, auf die die angegriffene Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts
Bezug genommen hat, werden Einnahmen und Ausgaben im Haushaltsplan der Freien und Hansestadt Hamburg
ausgewiesen (vgl. BVerwGE 122, 1 <9>). Damit ist hier den für die in Rede stehende Abgabe geltenden
Anforderungen hinsichtlich der haushaltsrechtlichen Informationspflichten Genüge getan.
34
c) Es kann offen bleiben, ob von Verfassungs wegen für Ausgleichsabgaben dieser Art zusätzliche Anforderungen
gelten.
35
aa) Ob die Verwendung der aus der Ausgleichsabgabe vereinnahmten Mittel Einschränkungen unterliegt, muss nicht
entschieden werden. In der Literatur wird vertreten, dass das Aufkommen „funktionsgleich“ für solche Maßnahmen
verwendet werden müsse, die geeignet sind, die Nichterfüllung der öffentlichrechtlichen Pflicht zu kompensieren (vgl.
Voßkuhle, Das Kompensationsprinzip, 1999, S. 222 f.; Jochum, StuW 2006, S. 134 <142 f.>; Wendt, HStR VI, 3.
Aufl. 2008, § 139 Rn. 58; a.A. Staudacher, Verfassungsrechtliche Zulässigkeit von Sonderabgaben, 2004, S. 117 f.).
Das Bundesverfassungsgericht hat den Umstand, dass ein Abgabenaufkommen zweckgebunden verwaltet wurde, zur
Abgrenzung der betroffenen Abgabe von den Steuern mit herangezogen (vgl. BVerfGE 57, 139 <166>); in diesem
Sinne kann eine Zweckbindung rechtfertigend wirken. Andererseits hat das Bundesverfassungsgericht für den Fall,
dass das Aufkommen in den Haushalt eingestellt wird, ausgesprochen, dass eine gleichwohl vorgesehene
Zweckbindung nicht schon an sich, sondern nur dann verfassungsrechtlich bedenklich ist, wenn die Zweckbindung ein
unvertretbares Ausmaß erreicht und die Dispositionsfreiheit des Haushaltsgesetzgebers einengt (vgl. BVerfGE 78,
249 <269 f.>; 93, 319 <348>).
36
Sollte eine funktionsgleiche Mittelverwendung verfassungsrechtlich geboten sein, so ist diese jedenfalls durch § 49
Abs. 2 HBauO gewährleistet. Danach dürfen die Ausgleichsbeträge nur verwendet werden zum Erwerb von Flächen
sowie zur Herstellung, Unterhaltung, Grundinstandsetzung und Modernisierung von baulichen Anlagen zum Abstellen
von Kraftfahrzeugen außerhalb öffentlicher Straßen und von Fahrrädern, Verbindungen zwischen Parkeinrichtungen
und Haltestellen des öffentlichen Personennahverkehrs, Parkleitsystemen und anderen Einrichtungen zur
Verringerung des Parksuchverkehrs sowie für sonstige Maßnahmen zugunsten des ruhenden Verkehrs sowie
Einrichtungen des öffentlichen Personennahverkehrs und von öffentlichen Radverkehrsanlagen. Diese Maßnahmen
sind zur Verringerung des ruhenden und des Parkplatzsuchverkehrs und zur Minderung seiner Auswirkungen geeignet.
Das gilt auch für die von den Beschwerdeführern bemängelte Förderung des öffentlichen Personennahverkehrs und
des Radverkehrs. Die Mittelverwendung kann insgesamt als Kompensation der unterbliebenen Erfüllung der
Stellplatzpflicht durch die Abgabenpflichtigen angesehen werden.
37
Es ist aber auch nicht zu erkennen, dass die Zweckbindung ein unvertretbares Ausmaß erreicht hätte und die
Dispositionsfreiheit des Haushaltsgesetzgebers einengen würde. § 49 Abs. 2 HBauO lässt dem Gesetzgeber einen
weiten Spielraum. Die Vorschrift regelt nur einen kleinen Ausschnitt aus dem Bereich der Verkehrspolitik. Die
Bürgerschaft bleibt auch frei, über die Höhe der Mittel zu entscheiden, die für die in § 49 Abs. 2 HBauO genannten
Zwecke insgesamt eingesetzt werden. Hierfür können einerseits zusätzlich Steuermittel bereitgestellt werden.
Andererseits ist es nicht ausgeschlossen, dass das Aufkommen aus den Ausgleichsbeträgen periodenverschoben
eingesetzt wird, so dass der Haushalt in einzelnen Haushaltsperioden Ausgaben für die in § 49 Abs. 2 HBauO
genannten Zwecke vorsehen kann, die hinter den Einnahmen zurückbleiben (vgl. OVG Hamburg, Urteil vom 12. Juni
2003 - 2 Bf 430/99 -, NordÖR 2003, S. 498 <501>).
38
bb) Das Bundesverfassungsgericht hat noch nicht entschieden, ob das Erfordernis einer periodischen Überprüfung
durch den Gesetzgeber, wie es für die Sonderabgaben mit Finanzierungszweck entwickelt worden ist, für Abgaben
von der Art der in § 49 HBauO Geregelten gilt. Die Frage kann offen bleiben. Ein Verstoß gegen die
Überprüfungspflicht liegt jedenfalls nicht vor.
39
Bei Sonderabgaben mit Finanzierungszweck besteht eine Pflicht des Gesetzgebers, in angemessenen
Zeitabständen zu überprüfen, ob seine Entscheidung für die Erhebung der Abgabe wegen veränderter Umstände zu
ändern oder aufzuheben ist (vgl. BVerfGE 55, 274 <308>; 82, 159 <181>). Die Angemessenheit der Zeitabstände,
innerhalb deren der Gesetzgeber die Fortdauer der sachlichen Rechtfertigung einer nichtsteuerlichen Sonderabgabe zu
überprüfen hat, lässt sich nicht generell und abstrakt, sondern nur nach den besonderen Umständen der konkreten
Sonderabgabe und den ihr zugrundeliegenden Verhältnissen festlegen (vgl. BVerfGE 108, 186 <231>; 110, 370
<392>). Es ist nicht erforderlich, dass durch das Abgabengesetz ein besonderes Überprüfungsverfahren eingeführt
wird (vgl. BVerfGE 108, 186 <230 f.>).
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Vor dem Erlass des Widerspruchsbescheides am 30. Juli 2001 hatte sich der hamburgische Gesetzgeber im
September 1995 mit den Ausgleichsbeträgen gemäß § 49 HBauO beschäftigt. Die Regelung der Stellplatzpflicht war
dabei Gegenstand intensiver Auseinandersetzung (vgl. Bürgerschafts-Drucks 15/3062, S. 7 ff.; 15/3879; Bürgerschaft,
Plenarprotokolle, 15. Wahlperiode, 52. Sitzung, 20. September 1995, S. 2525 ff.). Regelungen über die
Stellplatzpflicht gibt es seit den 1930er Jahren (vgl. Thiel/Froberg, Reichsgaragenordnung, 1956, Einl. Anm. 2). Die
Diskussion über die Forderung von Ablösebeträgen wird seit den 1950er Jahren geführt (vgl. Thiel/Froberg, a.a.O., § 2
Anm. 15g), Vorbem. vor § 58 Anm. 3). Dass es zwischen 1995 und 2001 beim ruhenden und Parkplatzsuchverkehr
einen besonders raschen Wandel der Verhältnisse gegeben hätte, ist nicht zu erkennen. Nach den Verhältnissen des
betroffenen Rechtsgebiets bedeutet ein Zeitraum von sechs Jahren seit der letzten Prüfung durch den Gesetzgeber
noch keinen unangemessen langen zeitlichen Abstand. Daher muss nicht entschieden werden, ob die im Jahr 2000
erfolgte Bürgerschaftsdebatte über die Gebiete, in denen die Herstellung von Stellplätzen untersagt ist (vgl.
Bürgerschaft, Plenarprotokolle, 16. Wahlperiode, 81. Sitzung, 20. September 2000, S. 3967 ff.), und die Änderung des
Ausgleichsbetragsgesetzes (vgl. Bürgerschafts-Drucks 16/5386) auch eine ausreichende Überprüfung der Abgabe
selbst mit umfassten.
41
3. Die übrigen von den Beschwerdeführern behaupteten Grundrechtsverletzungen liegen nicht vor. Auf eine weitere
Begründung wird verzichtet (§ 93d Abs. 1 Satz 3 BVerfGG).
42
Diese Entscheidung ist unanfechtbar.
Osterloh
Mellinghoff
Gerhardt