Urteil des BVerfG vom 12.05.2015

Die Entscheidung gemäß § 67e Abs. 2 StGB führt zur prozessualen Überholung vorangegangener Entscheidungen, womit das Rechtsschutzbedürfnis für eine den vergangenen Zeitraum betreffende fachgerichtliche Entscheidung entfällt

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- Bevollmächtigte:
Rechtsanwältin Annika Hirsch,
Ohlsdorfer Straße 1-3, 22299 Hamburg -
BUNDESVERFASSUNGSGERICHT
- 2 BvR 2319/14 -
In dem Verfahren
über
die Verfassungsbeschwerde
des Herrn W…,
gegen
den Beschluss des Oberlandesgerichts München
vom 14. August 2014 - 1 Ws 498/14 -
hat die 3. Kammer des Zweiten Senats des Bundesverfassungsgerichts durch
die Richter Huber,
Müller,
Maidowski
gemäß § 93b in Verbindung mit § 93a BVerfGG in der Fassung der Bekanntmachung
vom 11. August 1993 (BGBl I S. 1473)
am 12. Mai 2015 einstimmig beschlossen:
Die Verfassungsbeschwerde wird nicht zur Entscheidung angenommen.
G r ü n d e :
Die Verfassungsbeschwerde betrifft die Erledigterklärung einer sofortigen
Beschwerde gegen die Anordnung der Fortdauer der Unterbringung in einem
psychiatrischen Krankenhaus nach zwischenzeitlich erfolgter Aussetzung des
weiteren Vollzugs der Unterbringung zur Bewährung und damit eingetretener
prozessualer Überholung.
I.
1. Der Beschwerdeführer, gegen den mit Urteil des Landgerichts Augsburg vom 7.
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1. Der Beschwerdeführer, gegen den mit Urteil des Landgerichts Augsburg vom 7.
Juli 2009 die Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus gemäß § 63
StGB angeordnet worden war, hatte sich mit einer Verfassungsbeschwerde (2 BvR
64/14) gegen die Anordnung der Fortdauer der Unterbringung durch Beschluss des
Landgerichts Memmingen vom 8. August 2013 sowie die Verwerfung seiner gegen
diesen Beschluss gerichteten sofortigen Beschwerde durch Beschluss des
Oberlandesgerichts München vom 18. September 2013 gewandt.
Mit Beschluss vom 2. Juli 2014 gab die 2. Kammer des Zweiten Senats des
Bundesverfassungsgerichts der Verfassungsbeschwerde statt, weil die angegriffenen
Beschlüsse den Beschwerdeführer in seinem Grundrecht aus Art. 2 Abs. 2 Satz 2 in
Verbindung mit Art. 20 Abs. 3 GG verletzten. Sie genügten den Anforderungen, die
sich aus dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz für die Begründung der Anordnung
einer Fortdauer der Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus ergeben,
nicht. Die Kammer ließ dabei offen, ob die Berücksichtigung dieser Anforderungen
von Verfassungs wegen zu einem bestimmten Ergebnis (Anordnung der Fortdauer
der Unterbringung oder Aussetzung derselben zur Bewährung) hätte führen müssen.
Das Bundesverfassungsgericht hob den Beschluss des Oberlandesgerichts
München vom 18. September 2013 auf und verwies die Sache an das
Oberlandesgericht München zurück.
2. Zwischenzeitlich hatte das Landgericht Memmingen mit Beschluss vom 24. März
2014 die weitere Vollstreckung der Unterbringung des Beschwerdeführers in einem
psychiatrischen Krankenhaus mit Wirkung zum 10. April 2014 zur Bewährung
ausgesetzt.
3. Mit angegriffenem Beschluss vom 14. August 2014 stellte das Oberlandesgericht
München - nach Rückkehr der Akten vom Bundesverfassungsgericht - fest, dass sich
die sofortige Beschwerde des Beschwerdeführers erledigt habe. Darüber hinaus
ordnete das Oberlandesgericht an, dass die Staatskasse die Kosten des
Beschwerdeverfahrens und die notwendigen Auslagen des Beschwerdeführers zu
tragen habe.
Die
sofortige
Beschwerde
des
Beschwerdeführers
sei
durch
die
Aussetzungsentscheidung des Landgerichts Memmingen und die zwischenzeitliche
Entlassung des Beschwerdeführers aus dem Maßregelvollzug prozessual überholt,
weswegen nur noch die Erledigung des Rechtsmittels habe ausgesprochen werden
können.
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4. Auf die gegen diesen Beschluss gerichtete Gegenvorstellung des
Beschwerdeführers stellte das Oberlandesgericht München mit Beschluss vom 21.
Oktober 2014 fest, dass es bei der Entscheidung vom 14. August 2014 sein
Bewenden habe.
Wegen der Rechtskraft der Beschwerdeentscheidung könne die Gegenvorstellung,
mit welcher der Beschwerdeführer eine Entscheidung des Gerichts über die
Rechtmäßigkeit der Vollstreckung der Maßregel in der Zeit vom 8. August 2013 bis
zum 10. April 2014 begehre, nur Erfolg haben, wenn eine Verletzung des Anspruchs
auf rechtliches Gehör oder eine Verkennung der tatsächlichen prozessualen Lage
durch das Oberlandesgericht vorliege und die deswegen eröffnete Überprüfung der
angefochtenen Entscheidung zu einer abweichenden Beschwerdeentscheidung
führen würde.
Ein solcher Ausnahmefall liege nicht vor, weshalb der Gegenvorstellung in der
Sache der Erfolg zu versagen sei.
Der Beschwerdeführer behaupte bereits nicht, dass sein Anspruch auf rechtliches
Gehör verletzt worden sei. Auch habe das Oberlandesgericht die prozessuale Lage
nicht verkannt. Zum Zeitpunkt der Entscheidung am 14. August 2014 sei bereits eine
weitere - rechtskräftige - Entscheidung des Landgerichts ergangen gewesen. Dieses
habe durch Beschluss vom 24. März 2014 die weitere Vollstreckung der Maßregel zur
Bewährung ausgesetzt. Eine abweichende Sachentscheidung sei daher schlechthin
nicht möglich gewesen. Es habe vielmehr ein Fall der prozessualen Überholung
vorgelegen.
Das Bundesverfassungsgericht habe bereits im Rahmen eines Beschlusses aus
dem Jahr 2008 (vgl. BVerfG, Beschluss der 3. Kammer des Zweiten Senats vom 23.
Januar 2008 - 2 BvR 2380/06 -, juris) festgestellt, dass im Falle einer zwischenzeitlich
ergangenen neuen Fortdauerentscheidung ein Rechtsschutzbedürfnis des
Verurteilten für eine erneute Entscheidung der Vollstreckungsgerichte für den
vergangenen Zeitraum nicht mehr bestehe, sondern lediglich dafür, die Feststellung
der Verfassungswidrigkeit der angegriffenen früheren Entscheidungen im Wege der
Verfassungsbeschwerde zu erreichen.
Dies gelte nicht nur, wenn durch die überholende Entscheidung die Fortdauer der
Vollstreckung der Maßregel angeordnet, sondern auch dann, wenn durch die
überholende Entscheidung die weitere Vollstreckung der Maßregel zur Bewährung
ausgesetzt worden sei.
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Die gewünschte nachträgliche Überprüfung habe der Beschwerdeführer durch die
Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 2. Juli 2014 erreicht, obwohl das
Bundesverfassungsgericht „nur“ einen Begründungsmangel, nicht aber die
Verfassungswidrigkeit der Anordnung der Fortdauer der Unterbringung in der Sache
festgestellt habe.
Auch das Erfordernis effektiven Rechtsschutzes (Art. 19 Abs. 4 GG) gebiete keine
abweichende
Beurteilung.
Nach
der
Rechtsprechung
des
Bundesverfassungsgerichts könne ein Verurteilter zwar bei tiefgreifenden
Grundrechtseingriffen, auch wenn sie tatsächlich nicht mehr fortwirkten, im Einzelfall
auch nachträglich die Rechtmäßigkeit des Grundrechtseingriffs (fach-)gerichtlich
klären lassen; dies gelte allerdings nur dann, wenn eine Fallgestaltung vorliege, bei
der sich nach dem typischen Verfahrensablauf die direkte Belastung durch den
angegriffenen Hoheitsakt auf eine Zeitspanne beschränke, in der gegen die
belastende Maßnahme eine gerichtliche Entscheidung in der von der
Strafprozessordnung vorgesehenen Weise üblicherweise nicht beziehungsweise
kaum erlangt werden könne (vgl. BVerfGE 96, 27 <40>). Eine solche Fallgestaltung
läge bei der Anordnung der Fortdauer der Unterbringung in einem psychiatrischen
Krankenhaus, die regelmäßig nur einmal jährlich erfolge (§ 67e Abs. 2 StGB), nicht
vor. Vorliegend sei vielmehr dadurch, dass das Bundesverfassungsgericht erst fast
ein Jahr nach Ergehen der angegriffenen Beschlüsse entschieden habe, die
prozessuale Überholung eingetreten.
II.
Der Beschwerdeführer sieht sich durch den angegriffenen Beschluss des
Oberlandesgerichts München in seinem Anspruch auf effektiven Rechtsschutz aus
Art. 2 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 20 Abs. 3 GG verletzt. Das Oberlandesgericht
München habe in der Sache nicht mehr entschieden, obwohl es hierzu nach dem
Tenor des Beschlusses der 2. Kammer des Zweiten Senats vom 2. Juli 2014
verpflichtet gewesen sei. Allein die getroffene Kostenentscheidung genüge dem nicht.
1. Gegen eine Entscheidung in der Sache spreche nicht das Argument der
„prozessualen
Überholung“.
Denn
nach
der
Rechtsprechung
des
Bundesverfassungsgerichts müssten tiefgreifende Grundrechtseingriffe wie
Freiheitsentziehungen auch bei prozessualer Überholung grundsätzlich
fachgerichtlich überprüfbar bleiben (vgl. BVerfGE 104, 220 <235>; BVerfGK 6, 303).
Dies geböten sowohl die Schwere des Eingriffs als auch das
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Rehabilitierungsinteresse des Betroffenen. Dabei komme es auch nicht darauf an, ob
sich die Belastung auf eine Zeitspanne beschränke, in welcher der Betroffene eine
gerichtliche Entscheidung typischerweise nicht oder kaum erlangen könne. Dieses
trotz „prozessualer Überholung“ fortbestehende Interesse an der nachträglichen
Feststellung der Rechtswidrigkeit einer Freiheitsentziehung gelte nicht nur für das
Verfassungsbeschwerdeverfahren, sondern auch für jedes fachgerichtliche
Beschwerdeverfahren, in welchem die Überprüfung einer Freiheitsentziehung
anstehe.
2. Dieser Annahme stehe auch nicht der Beschluss der 3. Kammer des Zweiten
Senats vom 23. Januar 2008 (2 BvR 2380/06, juris) entgegen. Aus dieser
Entscheidung ergebe sich vielmehr im Umkehrschluss, dass im vorliegenden Fall, in
welchem durch die „überholende“ Entscheidung gerade nicht die Fortdauer der
Unterbringung, sondern die Aussetzung des Vollzugs derselben zur Bewährung
angeordnet worden sei, ein Rechtsschutzbedürfnis des Beschwerdeführers für eine
den vergangenen Zeitraum betreffende erneute fachgerichtliche Entscheidung noch
bestehe.
3. Zudem sei der Ablauf vergleichbar mit der Situation, die dem Beschluss der 3.
Kammer des Zweiten Senats des Bundesverfassungsgerichts vom 17. Januar 2013
(2 BvR 2098/12, juris) zugrunde gelegen habe. Dort habe sich der Beschwerdeführer
gegen einen Haftfortdauerbeschluss und die seine dagegen gerichtete
Haftbeschwerde verwerfende Beschwerdeentscheidung gewandt. Noch bevor über
seine Verfassungsbeschwerde habe entschieden werden können, sei der Haftbefehl
außer Vollzug gesetzt worden. Dennoch habe das Bundesverfassungsgericht der
Verfassungsbeschwerde stattgegeben, die Beschwerdeentscheidung aufgehoben
und die Sache zur erneuten Entscheidung in der Sache an das Beschwerdegericht
zurückverwiesen.
III.
Die Verfassungsbeschwerde wird nicht zur Entscheidung angenommen. Die
Annahme der Verfassungsbeschwerde zur Entscheidung ist - mangels hinreichender
Aussicht auf Erfolg - insbesondere nicht zur Durchsetzung der in § 90 Abs. 1 BVerfGG
bezeichneten Rechte angezeigt. Die Verfassungsbeschwerde ist unbegründet.
Der angegriffene Beschluss des Oberlandesgerichts München vom 14. August 2014
verletzt den Beschwerdeführer nicht in seinem Grundrecht aus Art. 19 Abs. 4 GG.
1. Die Garantie effektiven Rechtsschutzes ist ein wesentlicher Bestandteil des
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Rechtsstaates (vgl. BVerfGE 88, 118 <123>; 96, 27 <39 f.>). Sie gewährleistet nicht
nur, dass überhaupt ein Rechtsweg zu den Gerichten offensteht, sondern vielmehr
auch die Effektivität des Rechtsschutzes (vgl. BVerfGE 88, 118 <123>; 94, 166 <226>;
112, 185 <207>). Die Rechtsschutzgarantie umfasst das Recht auf Zugang zu den
Gerichten, eine grundsätzlich umfassende tatsächliche und rechtliche Prüfung des
Streitgegenstandes sowie eine verbindliche Entscheidung durch den Richter (vgl.
BVerfGE 54, 277 <291>; 85, 337 <345>; 107, 395 <401>). Die Garantie effektiven
Rechtsschutzes richtet sich auch an den die Verfahrensordnung anwendenden
Richter (vgl. BVerfGE 97, 298 <315>; 112, 185 <207 f.>). Das Gericht darf ein von der
Verfahrensordnung eröffnetes Rechtsmittel nicht ineffektiv machen und für den
Beschwerdeführer „leer laufen“ lassen (vgl. BVerfGE 78, 88 <99>; 96, 27 <39>; 104,
220 <232>; 112, 185 <208>).
Mit dem Gebot, effektiven Rechtsschutz zu gewährleisten, ist es grundsätzlich
vereinbar, die Rechtsschutzgewährung von einem vorhandenen und fortbestehenden
Rechtsschutzinteresse abhängig zu machen (vgl. BVerfGE 96, 27 <39>; 104, 220
<232>; 117, 71 <122>). Es ist ein allgemein anerkanntes Rechtsprinzip, dass jede an
einen Antrag gebundene gerichtliche Entscheidung ein Rechtsschutzbedürfnis
voraussetzt (vgl. BVerfGE 61, 126 <135>; 104, 220 <232>).
2. Gemessen an diesem Maßstab ist ein Verstoß gegen das Grundrecht auf
effektiven Rechtsschutz nicht gegeben.
a) Wird eine fachgerichtliche Entscheidung, mit welcher die Fortdauer der
Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus angeordnet beziehungsweise
die Anordnung derselben bestätigt wurde, durch eine gemäß § 67e Abs. 2 StGB
jährlich zu treffende erneute Entscheidung ersetzt, tritt diese neue Entscheidung an
die Stelle der bisherigen als Grundlage für die Fortdauer, die Unterbrechung oder die
Beendigung der gemäß § 63 StGB angeordneten Unterbringung. Damit ist die
vorangegangene Entscheidung prozessual überholt und es besteht kein
Rechtsschutzbedürfnis mehr für eine den vergangenen Zeitraum betreffende erneute
fachgerichtliche Entscheidung über die Aussetzung der Vollstreckung oder die
Erledigterklärung der Unterbringung. Im Hinblick auf den mit dem Freiheitsentzug
verbundenen schwerwiegenden Grundrechtseingriff besteht allerdings noch ein
Rechtsschutzbedürfnis für die Feststellung einer etwaigen Verfassungswidrigkeit der
entsprechenden Fortdauerentscheidungen (vgl. BVerfG, Beschluss der 3. Kammer
des Zweiten Senats vom 23. Januar 2008 - 2 BvR 2380/06 -, juris, Rn. 23).
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b) Diesem verbliebenen Rechtsschutzbedürfnis des Beschwerdeführers wurde
durch die Entscheidung der 2. Kammer des Zweiten Senats des
Bundesverfassungsgerichts vom 2. Juli 2014 im Verfahren 2 BvR 64/14 Genüge
getan, mit welcher festgestellt worden ist, dass die Beschlüsse des Landgerichts
Memmingen vom 8. August 2013 und des Oberlandesgerichts München vom 18.
September 2013, die die Fortdauer der Unterbringung des Beschwerdeführers in
einem psychiatrischen Krankenhaus angeordnet hatten, den Anforderungen, die sich
aus dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz für die Begründung der Anordnung einer
Fortdauer der Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus ergeben, nicht
genügten und damit einen Verstoß gegen Art. 2 Abs. 2 Satz 2 in Verbindung mit Art.
20 Abs. 3 GG begründeten.
Ein darüber hinausgehendes Rechtsschutzbedürfnis hinsichtlich einer erneuten
fachgerichtlichen Entscheidung über die Fortdauer der Unterbringung besteht
aufgrund der zwischenzeitlich eingetretenen prozessualen Überholung nicht mehr.
Insoweit ist auch nicht entscheidend, ob durch die überholende fachgerichtliche
Entscheidung die Fortdauer der Unterbringung oder - wie vorliegend - die Aussetzung
der weiteren Vollstreckung derselben zur Bewährung angeordnet worden ist. Dies hat
entgegen der Auffassung des Beschwerdeführers keine Auswirkungen auf die
Notwendigkeit einer neuerlichen Überprüfung der erledigten Fortdauerentscheidung.
Für die Begründung eines Rechtsschutzbedürfnisses ist auch ohne Belang, ob es
sich um einen Fall handelt, in dem aufgrund des typischen Verfahrensablaufs die
direkte Belastung durch den Hoheitsakt auf eine Zeitspanne beschränkt war, in der
der Beschwerdeführer gegen die belastende Maßnahme eine gerichtliche
Entscheidung üblicherweise nicht erlangen konnte. Dies mag unter dem
Gesichtspunkt effektiven Grundrechtsschutzes zu berücksichtigen sein, wenn es um
das Fortbestehen eines Rechtsschutzbedürfnisses bezogen auf die Feststellung
einer etwaigen Verfassungswidrigkeit eines tatsächlich nicht mehr fortwirkenden
Grundrechtseingriffs geht (vgl. BVerfGE 117, 71 <123>). Eine solche Feststellung
wurde hier aber durch die Entscheidung der 2. Kammer des Zweiten Senats des
Bundesverfassungsgerichts vom 2. Juli 2014 in dem Verfahren 2 BvR 64/14 bereits
getroffen.
Eine neuerliche fachgerichtliche Entscheidung war auch nicht deshalb erforderlich,
weil das Bundesverfassungsgericht im Beschluss vom 2. Juli 2014 „nur“ einen
Verstoß gegen Art. 2 Abs. 2 Satz 2 in Verbindung mit Art. 20 Abs. 3 GG, nicht aber
einen solchen gegen Art. 2 Abs. 2 Satz 2 in Verbindung mit Art. 104 Abs. 1 GG
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festgestellt hat. Die formellen Gewährleistungen des Art. 104 GG und des Art. 20 Abs.
3 GG stehen in unlöslichem Zusammenhang mit der materiellen Freiheitsgarantie des
Art. 2 Abs. 2 Satz 2 GG. Unabhängig von der Frage, gegen welche dieser
Gewährleistungen verstoßen worden ist, ist in beiden Fällen ein Verstoß gegen das
Freiheitsgrundrecht des Betroffenen gegeben, welcher vorliegend auch festgestellt
worden ist. Damit ist dem nachträglichen Feststellungsinteresse des
Beschwerdeführers in der Sache Genüge getan. Durch das Beschwerdegericht war
aufgrund der Zurückverweisung lediglich noch über die Kosten des
Beschwerdeverfahrens zu entscheiden. Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus
dem Tenor des Beschlusses vom 2. Juli 2014 (2 BvR 64/14, juris).
Schließlich ist der Fall der prozessualen Überholung einer Fortdauerentscheidung
im Hinblick auf eine Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus gemäß §
63 StGB nicht vergleichbar mit einer im Hinblick auf einen erlassenen Haftbefehl
eingetretenen
prozessualen
Überholung,
weil
dort
gegebenenfalls
Entschädigungsansprüche
des
Betroffenen
nach
dem
Strafverfolgungsentschädigungsgesetz (StrEG) bestehen, die vorliegend nicht in
Betracht kommen.
3. Von einer weiteren Begründung wird nach § 93d Abs. 1 Satz 3 BVerfGG
abgesehen.
Diese Entscheidung ist unanfechtbar.
Huber
Müller
Maidowski