Urteil des BVerfG vom 11.05.2015

Keine Grundrechtsverletzung durch Versagung eines Billigkeitserlasses (§§ 163, 227 AO 1977) bei rückwirkender Entwertung einer verbindlichen Auskunft nach § 89 Abs. 2 AO 1977 infolge eine Gesetzesänderung

- Bevollmächtigte:
Rechtsanwälte Gleiss Lutz,
Friedrichstraße 71, 10117 Berlin -
BUNDESVERFASSUNGSGERICHT
- 1 BvR 741/14 -
In dem Verfahren
über
die Verfassungsbeschwerde
der M... GmbH,
vertreten durch die Geschäftsführung,
gegen
a)
den Beschluss des Bundesfinanzhofs
vom 17. Dezember 2013 - I B 106/13 -,
b)
das Urteil des Finanzgerichts Hamburg
vom 17. Mai 2013 - 6 K 199/12 -,
c)
die Entscheidung der Freien und Hansestadt Hamburg,
Finanzamt für Großunternehmen in Hamburg
vom 6. August 2012 - ... -,
d)
den Bescheid der Freien und Hansestadt Hamburg,
Finanzamt für Großunternehmen in Hamburg
vom 11. April 2012 - ... -
hat die 1. Kammer des Ersten Senats des Bundesverfassungsgerichts durch
den Vizepräsidenten Kirchhof,
den Richter Eichberger
und die Richterin Britz
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gemäß § 93b in Verbindung mit § 93a BVerfGG in der Fassung der Bekanntmachung
vom 11. August 1993 (BGBl I S. 1473)
am 11. Mai 2015 einstimmig beschlossen:
Die Verfassungsbeschwerde wird nicht zur Entscheidung angenommen.
G r ü n d e :
Die Verfassungsbeschwerde betrifft die Frage nach der verfassungsrechtlichen
Gebotenheit einer abweichenden Steuerfestsetzung aus Gründen der Billigkeit und
des Vertrauensschutzes.
I.
1. Auslöser des Ausgangsverfahrens war die durch das Gesetz zur Fortsetzung der
Unternehmenssteuerreform vom 29. Oktober 1997 (BGBl I S. 2590) im Hinblick auf
das Erfordernis der wirtschaftlichen Identität des Unternehmens verschärfte Regelung
zum körperschaftsteuerlichen Verlustabzug (§ 8 Abs. 4 KStG a.F.; vgl. inzwischen §
8c KStG). Der Bundesfinanzhof legte mit Vorlagebeschluss vom 8. Oktober 2008 - I R
95/04 - (BFHE 223, 105) dem Bundesverfassungsgericht die Frage vor, ob der die
Anwendung in zeitlicher Hinsicht regelnde § 54 Abs. 6 KStG a.F. wegen Verstoßes
gegen Art. 3 Abs. 1 GG verfassungswidrig ist. Danach war § 8 Abs. 4 KStG a.F.
grundsätzlich ab dem Veranlagungszeitraum 1997 anzuwenden (§ 54 Abs. 6 Satz 1
KStG a.F.); trat der Verlust der wirtschaftlichen Identität erstmals im Jahr 1997 vor
dem 6. August ein, galt die neue Fassung jedoch erstmals für den
Veranlagungszeitraum 1998 (§ 54 Abs. 6 Satz 2 KStG a.F.). Das
Bundesverfassungsgericht wies die Vorlage durch Beschluss vom 1. April 2014 - 2
BvL 2/09 - als unzulässig zurück. Im Schlussurteil vom 1. Oktober 2014 - I R 95/04 -
(BFHE 247, 246) gab der Bundesfinanzhof die Überzeugung von der
Verfassungswidrigkeit der Übergangsregelung auf.
2. Die Beschwerdeführerin ist eine Gesellschaft mit beschränkter Haftung, bei der im
Jahr 1996 auf der Grundlage einer verbindlichen Auskunft des zuständigen
Finanzamts eine Umstrukturierung durchgeführt wurde. Gemäß der verbindlichen
Auskunft vom 18. Juni 1996 blieb die wirtschaftliche Identität durch die geplante
Umstrukturierung unverändert, die Gesellschaft sei zur Verlustberücksichtigung auch
nach Übernahme von Beteiligungsbesitz und Firmenänderung berechtigt. Die
verbindliche Auskunft stand unter dem Vorbehalt einer Änderung der Gesetzeslage.
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Dieser lautete: „Diese verbindliche Auskunft tritt außer Kraft, wenn eine
Rechtsvorschrift, auf der die Auskunft beruht, aufgehoben oder geändert wird.“
Nachdem die Beschwerdeführerin später zunächst unter Nachprüfungsvorbehalt (§
164 AO) gemäß der verbindlichen Auskunft veranlagt worden war, stellte der
Betriebsprüfer des Finanzamts anlässlich einer im Jahr 2001 durchgeführten
Außenprüfung fest, dass sich aus der § 8 Abs. 4 KStG a.F. betreffenden
Gesetzesänderung die Notwendigkeit einer Korrektur der Bescheide zu Lasten der
Beschwerdeführerin
ergeben
hätte.
Im
Streit
stehen
zwischen
der
Beschwerdeführerin und dem Finanzamt seitdem die körperschaft- und
gewerbesteuerlichen Veranlagungen für die Jahre 1997 bis 1999 im Hinblick auf die
Frage des Abzugs von Verlusten aus früheren Jahren. Die primären
Steuerfestsetzungen als solche sind nicht Gegenstand des Ausgangsverfahrens der
Verfassungsbeschwerde, sondern ein von der Beschwerdeführerin für die Jahre 1998
und 1999 gestellter Billigkeitsantrag gemäß § 163 AO. Die Beschwerdeführerin
wendet sich gegen die insoweit ablehnenden Entscheidungen des Finanzamts, des
Finanzgerichts und des Bundesfinanzhofs.
II.
Mit ihrer Verfassungsbeschwerde rügt die Beschwerdeführerin insbesondere die
Verletzung ihres grundrechtlich geschützten Vertrauens und des allgemeinen
Gleichheitsgrundsatzes. Sie beruft sich vor allem darauf, dass der beantragte
Billigkeitserlass aus Gründen des grundrechtlichen Vertrauensschutzes geboten sei.
Die Beschlüsse des Zweiten Senats des Bundesverfassungsgerichts vom 7. Juli
2010 (vgl. BVerfGE 127, 1; 127, 31; 127, 61) und die daraus abzuleitenden erhöhten
Rechtfertigungsanforderungen bei unechten Rückwirkungen seien auch für
Billigkeitserlasse von Bedeutung. Die Beschwerdeführerin sei nicht nur durch ein
Steuergesetz mit unechter Rückwirkung betroffen, sondern ihr besonderes Vertrauen
gründe zusätzlich auf einer verbindlichen Auskunft, auf deren Grundlage die
gesellschaftsrechtlichen Umstrukturierungsmaßnahmen als besonders schutz-
würdige Vertrauensdisposition umgesetzt worden seien. Wegen der besonderen
Vertrauensgrundlage müsse die Beschwerdeführerin zumindest denselben
verfassungsrechtlichen Schutz genießen, wie sie das Bundesverfassungsgericht in
den Beschlüssen vom 7. Juli 2010 zur unechten Rückwirkung anerkannt habe. An
einer hiernach anzuerkennenden Rechtfertigung für die rückwirkende Entwertung
fehle es.
Die Beschwerdeführerin werde auch in Art. 3 Abs. 1 GG verletzt. Eine wesentliche
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Unterscheidung gebiete der Vergleich der Situation eines Steuerpflichtigen, der
aufgrund einer verbindlichen Auskunft disponiere, gegenüber einem Steuerpflichtigen
ohne verbindliche Auskunft, der für seine Disposition allein auf den Gesetzeswortlaut
vertraue. Die Atypik und die besondere Schutzwürdigkeit lägen dabei nicht allein in
der verbindlichen Auskunft, sondern auch in dem Umstand, dass durch die
Beantragung und die Gewährung der verbindlichen Auskunft die sonst geltende
Missbrauchstypisierung des § 8 Abs. 4 KStG a.F. gerade für diesen Steuerpflichtigen
nicht zur Anwendung komme. Mit der verbindlichen Auskunft habe der
Steuerpflichtige alles aus seiner Sicht Mögliche getan, einen missbräuchlichen
Vorgang auszuschließen. Steuerpflichtige, die keine verbindliche Auskunft eingeholt
hätten, könnten diesen besonderen Vertrauensschutz nicht für sich geltend machen.
III.
Die Verfassungsbeschwerde ist unbegründet. Insbesondere folgt aus der der
Beschwerdeführerin erteilten verbindlichen Auskunft kein atypischer, singulärer
Härtefall und auch keine besondere Vertrauensgrundlage, die von Verfassungs
wegen einen Steuererlass aus Billigkeitsgründen notwendig machten.
1. Nach § 163 AO können Steuern niedriger festgesetzt werden, wenn die Erhebung
der Steuer nach Lage des einzelnen Falls unbillig wäre. Unter denselben
Voraussetzungen können Ansprüche aus dem Steuerschuldverhältnis ganz oder
teilweise erlassen werden (§ 227 AO). Der Zweck der §§ 163, 227 AO liegt darin,
sachlichen und persönlichen Besonderheiten des Einzelfalles, die der Gesetzgeber
in der Besteuerungsnorm nicht berücksichtigt hat, durch eine nicht den
Steuerbescheid selbst ändernde Korrektur des Steuerbetrages insoweit Rechnung zu
tragen, als sie die steuerliche Belastung als unbillig erscheinen lassen (vgl. z.B. BFH,
Urteil vom 20. September 2012 - IV R 29/10 -, BFHE 238, 518 und vom 17. April 2013
- X R 6/11 -, BFH/NV 2013, S. 1537).
2. Die Frage, ob im Einzelfall von der Möglichkeit, den Gesetzesvollzug im Wege
des Billigkeitserlasses zu suspendieren, in einem der Wirkkraft der Grundrechte
(insbesondere aus Art. 2 Abs. 1 GG und Art. 3 Abs. 1 GG) ausreichend Rechnung
tragenden Maße Gebrauch gemacht worden ist, ist der verfassungsgerichtlichen
Prüfung nicht schlechthin entzogen (vgl. BVerfGE 48, 102 <114>). Ein
Billigkeitserlass kann geboten sein, wenn ein Gesetz, das in seinen
generalisierenden Wirkungen verfassungsgemäß ist, bei der Steuerfestsetzung im
Einzelfall zu Grundrechtsverstößen führt. Mit Billigkeitsmaßnahmen darf jedoch nicht
die Geltung des ganzen Gesetzes unterlaufen werden. Müssten notwendige
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Billigkeitsmaßnahmen ein derartiges Ausmaß erreichen, dass sie die allgemeine
Geltung des Gesetzes aufhöben, wäre das Gesetz als solches verfassungswidrig (vgl.
BVerfGE 48, 102 <116>).
Die Frage nach der Verfassungswidrigkeit eines Gesetzes und der auf seiner
Grundlage
ergangenen
Steuerbescheide
ist
kein
Gegenstand
des
Billigkeitsverfahrens (vgl. BVerfGE 48, 102 <117>), mag auch die Möglichkeit einer
individuellen Billigkeitsmaßnahme zur Vermeidung unbilliger Härten dazu beitragen
können,
die
Verfassungsmäßigkeit
des
Gesetzes
zu
bestätigen.
Billigkeitsmaßnahmen dürfen nicht die einem gesetzlichen Steuertatbestand
innewohnende Wertung des Gesetzgebers generell durchbrechen oder korrigieren,
sondern nur einem ungewollten Überhang des gesetzlichen Steuertatbestandes
abhelfen (vgl. BVerfGE 48, 102 <116>; 99, 246 <267>; 99, 268 <272>; 99, 273
<279>). Typische, den gesetzgeberischen Vorstellungen einer gesetzlichen
Regelung entsprechende Folgen vermögen keine sachliche Unbilligkeit zu
begründen (vgl. Beschluss der 1. Kammer des Ersten Senats vom 3. September 2009
- 1 BvR 2539/07 -, NVwZ 2010, S. 902 <904>). Härten, die dem Besteuerungszweck
entsprechen und die der Gesetzgeber bei der Ausgestaltung eines Tatbestandes
bewusst in Kauf genommen hat, können einen Billigkeitserlass nicht rechtfertigen,
sondern sind gegebenenfalls durch Korrektur des Gesetzes zu beheben (vgl.
Beschluss der 3. Kammer des Zweiten Senats vom 13. Dezember 1994 - 2 BvR 89/91
-, NVwZ 1995, S. 989 <990>).
Diejenigen Fragen, welche die abstrakt-generelle Verfassungsmäßigkeit eines
Gesetzes betreffen, sind zu unterscheiden von jenen, welche die Unbilligkeit im
konkret-individuellen Einzelfall betreffen. Nur letztere sind im finanzbehördlichen und
fachgerichtlichen Billigkeitsverfahren zu prüfen und zu entscheiden. Gegenstand der
den Billigkeitsantrag betreffenden Verfassungsbeschwerde ist allein die Frage, ob die
Entscheidung hierüber den Beschwerdeführer in seinen Grundrechten verletzt (vgl.
BVerfGE 48, 102 <117 f.>). Um die Verfassungswidrigkeit eines Gesetzes durch
Verfassungsbeschwerde geltend machen zu können, muss die steuerpflichtige
Person im Ausgangsverfahren demgegenüber gegen den jeweiligen Steuerbescheid
vorgegangen sein (vgl. BVerfGE 48, 102 <118>).
3. Auch soweit die Beschwerdeführerin unter Hinweis auf die Beschlüsse des
Zweiten Senats vom 7. Juli 2010 die verfassungsrechtliche Gebotenheit der
abweichenden Steuerfestsetzung gemäß § 163 AO aus Art. 2 Abs. 1, Art. 20 Abs. 3
GG abzuleiten versucht, bleibt ihre Verfassungsbeschwerde ohne Erfolg. Denn die
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Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zum Vertrauensschutz bei
rückwirkenden Steuergesetzen (vgl. zur unechten Rückwirkung zuletzt BVerfGE 127,
1; 127, 31; 127, 61; 132, 302) bezieht sich wiederum auf die Gesetzesebene und
damit auf die Frage, ob und inwieweit ein Gesetz generell verfassungsgemäß oder
verfassungswidrig ist. Sie enthält keine unmittelbaren Maßgaben für die
verfassungsrechtliche Gebotenheit einzelfallbezogener Billigkeitsentscheidungen in
atypischen Fällen.
Die angegriffenen Entscheidungen, insbesondere die Einspruchsentscheidung und
das angegriffene Urteil des Finanzgerichts, setzen sich im Übrigen intensiv mit der
Schutzwürdigkeit des Vertrauens der Beschwerdeführerin auseinander.
Anhaltspunkte dafür, dass das Finanzamt die einfachrechtlichen oder gar
verfassungsrechtlichen Grenzen seines Ermessens überschritten haben könnte oder
dass das Finanzgericht die Einhaltung der Ermessensgrenzen verfassungsrechtlich
unzureichend überprüft haben könnte, sind nicht erkennbar.
4. Art. 3 Abs. 1 GG ist ebenfalls nicht verletzt. Es kann offenbleiben, ob der
maßgebliche Prüfungsmaßstab für die Frage der verfassungsrechtlichen Gebotenheit
der von der Beschwerdeführerin begehrten Billigkeitsmaßnahme dem Art. 2 Abs. 1
GG (Übermaßverbot) oder dem Art. 3 Abs. 1 GG (Atypik wegen verbindlicher
Auskunft, auf deren Grundlage durch Vollzug der Umstrukturierung irreversibel
disponiert wurde) zu entnehmen ist oder ob beide Grundrechte sich im Kontext der
Billigkeitsmaßnahmen ergänzen. Die von der Beschwerdeführerin für die Jahre 1998
und 1999 beantragte abweichende Steuerfestsetzung zwecks Berücksichtigung
verloren gegangener Verlustabzüge war von Verfassungs wegen jedenfalls nicht
geboten.
a) Es ist keine Frage einer Billigkeitsmaßnahme, ob Verlustvorträge angesichts der
Verschärfung der Regeln über die dafür vorausgesetzte wirtschaftliche Identität der
Unternehmen aus der Zeit bis 1996 vorliegend über das Jahr 1997 hinaus auch in
den Jahren 1998 und 1999 nutzbar bleiben müssen. Der Fall der Beschwerdeführerin
birgt insofern keine singuläre Atypik, sondern eine Frage, welche die
Verfassungsmäßigkeit des Gesetzes insgesamt betrifft. Deren Entscheidung obliegt
nicht der Finanzbehörde im Billigkeitsverfahren.
b) Kernargument der von der Beschwerdeführerin geltend gemachten Atypik ist die
von ihr im Jahr 1996 erhaltene verbindliche Auskunft. Ihr Zweck bestand darin, vor
Durchführung der geplanten Umstrukturierung Gewissheit zu erlangen, wie das
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Finanzamt das geltende Recht auf den konkret geplanten Sachverhalt anwenden
würde. Nur insoweit, nicht auch im Hinblick auf zukünftige Gesetzesänderungen
erlangte die Beschwerdeführerin als Empfängerin der verbindlichen Auskunft eine
rechtlich abgesicherte Position.
Durch den Bezug auf das geltende Recht ist zugleich die Grenze der Reichweite
eines Vertrauensschutzes gezogen, der aus der verbindlichen Auskunft abgeleitet
werden kann. Eine verbindliche Auskunft vermag gegenüber der Rückwirkung von
Gesetzen keine verstärkte Vertrauensbasis zu begründen und führt aufgrund ihrer
Beschränkung auf die geltende Rechtslage in Bezug auf künftige Rechtsänderungen
nicht zu einer höheren Schutzwürdigkeit der Empfänger im Vergleich zu anderen
Steuerpflichtigen. Wie schon in ihrem Text zum Ausdruck kommt („Diese verbindliche
Auskunft tritt außer Kraft, wenn eine Rechtsvorschrift, auf der die Auskunft beruht,
aufgehoben oder geändert wird.“), kann die verbindliche Auskunft nicht mehr gelten,
wenn eine Gesetzesänderung in Kraft tritt, die den mit dem Antrag auf verbindliche
Auskunft unterbreiteten Sachverhalt betrifft. Entsprechend ist in § 2 Abs. 2 der
Verordnung zur Durchführung von § 89 Abs. 2 AO (Steuer-Auskunftsverordnung)
geregelt, dass die Bindungswirkung der verbindlichen Auskunft ab dem Zeitpunkt
entfällt, in dem die Rechtsvorschriften, auf denen die Auskunft beruht, aufgehoben
oder geändert werden. Die Wirkung der verbindlichen Auskunft entfällt mit dem
Inkrafttreten einer relevanten Neuregelung vollständig, ohne dass insoweit zu
irgendeinem Zeitpunkt ein zusätzliches Vertrauen bestanden hätte oder zur
Entstehung gelangen konnte.
Ginge man davon aus, dass der Gesetzgeber vorher erteilte verbindliche Auskünfte
beim Erlass unecht rückwirkender Gesetze besonders zu berücksichtigen hätte, wäre
dies im Übrigen regelmäßig eine in abstrakt-genereller Weise behandelbare und
damit die Verfassungsmäßigkeit der rückwirkenden Inkraftsetzung allgemein
betreffende Fragestellung. Nichts anderes gilt für die Frage des Dispositionsschutzes,
die ein typischer Gegenstand der verfassungsrechtlichen Überprüfung einer
rückwirkenden Norm ist und nicht allein wegen einer hinzutretenden verbindlichen
Auskunft zum geltenden Recht nur noch unter dem Aspekt einer atypische Fälle
betreffenden Billigkeitsmaßnahme zu diskutieren ist.
Zu den übrigen Rügen der Beschwerdeführerin wird nach § 93d Abs. 1 Satz 3
BVerfGG von einer Begründung abgesehen.
Diese Entscheidung ist unanfechtbar.
Kirchhof
Eichberger
Britz