Urteil des BVerfG vom 30.01.2002

ablauf der frist, ausschluss, schutz der persönlichkeit, bestimmungsrecht

BUNDESVERFASSUNGSGERICHT
- 1 BvL 23/96 -
Verkündet
am 30. Januar 2002
Achilles
Amtsinspektorin
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
L e i t s a t z
zum Urteil des Ersten Senats vom 30. Januar 2002
- 1 BvL 23/96 -
Zur Verfassungsmäßigkeit des Ausschlusses von Familiendoppelnamen.
Im Namen des Volkes
In dem Verfahren
zur verfassungsrechtlichen Prüfung
des § 1616 Abs. 2 Satz 1 und Abs. 3 BGB in der Fassung des Gesetzes zur Neuordnung
des Familiennamensrechts (Familiennamensrechtsgesetz - FamNamRG) vom 16.
Dezember 1993 ( BGBl I S. 2054)
- Aussetzungs- und Vorlagebeschluss des Amtsgerichts Hamburg vom 6. September 1996
(107 X B 13/95) -
hat das Bundesverfassungsgericht - Erster Senat - unter Mitwirkung
des Vizepräsidenten Papier,
der Richterinnen Jaeger,
Haas,
der Richter Hömig,
Steiner,
der Richterin Hohmann-Dennhardt
und der Richter Hoffmann-Riem,
Bryde
aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 6. November 2001 durch
Urteil
für Recht erkannt:
§ 1616 Absatz 2 Satz 1 des Bürgerlichen Gesetzbuchs in der Fassung des Gesetzes zur
Neuordnung des Familiennamensrechts (Familiennamensrechtsgesetz - FamNamRG) vom
16. Dezember 1993 (Bundesgesetzblatt I Seite 2054) und § 1617 Absatz 1 Satz 1 des
Bürgerlichen Gesetzbuchs in der Fassung des Gesetzes zur Reform des Kindschaftsrechts
(Kindschaftsrechtsreformgesetz - KindRG) vom 16. Dezember 1997 ( Bundesgesetzblatt I
Seite 2942) sind mit dem Grundgesetz vereinbar.
1
2
3
4
Gründe:
A.
Die Vorlage betrifft die Frage, ob es mit dem Grundgesetz vereinbar ist, dass gemeinsam
sorgeberechtigte Eltern, die keinen Ehenamen führen, zum Geburtsnamen ihres Kindes nur
entweder den Namen des Vaters oder den der Mutter, nicht jedoch einen aus ihren beiden
Namen zusammengesetzten Doppelnamen bestimmen können. Darüber hinaus wirft die
Vorlage die Frage auf, ob die gesetzliche Ermächtigung des zuständigen Gerichts, bei
Nichtbestimmung
des
Geburtsnamens durch die Eltern einem Elternteil das
Bestimmungsrecht zu übertragen mit der Folge, dass bei weiterer Nichtbestimmung des
Namens das Kind den Namen dieses Elternteils erhält, verfassungsgemäß ist.
I.
1. Nach § 1616 BGB in der Ursprungsfassung vom 18. August 1896 (RGBl S. 195) folgte
der Geburtsname des ehelichen Kindes dem Namen des Vaters, der zugleich aufgrund der
Eheschließung als gemeinsamer Familienname (Ehename) auch der Name der Mutter war.
Mit dem Ersten Gesetz zur Reform des Ehe- und Familienrechts (1. EheRG) vom 14. Juni
1976 ( BGBl I S. 1421) erhielten die Eheleute das Recht, entweder den Geburtsnamen des
Mannes oder den der Frau zum Ehenamen zu wählen. Bei Nichtbestimmung durch die
Ehegatten wurde der Name des Mannes zum Ehenamen (§ 1355 Abs. 2 Satz 2 BGB i.d.F.
des 1. EheRG). Das eheliche Kind erhielt gemäß § 1616 BGB den gemeinsamen
Familiennamen, also den Ehenamen der Eltern als Geburtsnamen.
2. Mit Beschluss vom 5. März 1991 ( B V e r f G E 84, 9) entschied das
Bundesverfassungsgericht, dass § 1355 Abs. 2 Satz 2 BGB mit Art. 3 Abs. 2 GG
unvereinbar war, und traf bis zum In-Kraft-Treten einer gesetzlichen Neuregelung für die
Fälle, in denen die Ehegatten keine Namensbestimmung nach § 1355 Abs. 2 Satz 1 BGB
vornehmen, eine Übergangsregelung. Danach sollten die Ehegatten zunächst die Namen
behalten, die sie vor der Eheschließung geführt hatten. Dies machte es erforderlich, insofern
auch für den Kindesnamen eine vorläufige Regelung zu treffen. Ausgehend vom Grundsatz
der Möglichkeit einer Wahl zwischen dem Vaternamen und dem Mutternamen sowie dem
Gebot, unter Beachtung der Gestaltungsfreiheit des Gesetzgebers eine Lösung zu wählen,
die in die Rechte der Betroffenen möglichst wenig eingreift und die gesetzliche Neuregelung
n i c h t erschwert, wurde vom Bundesverfassungsgericht das Wahlrecht der Eltern
dahingehend erweitert, dass sie für das Kind auch einen aus den Namen seiner Eltern
zusammengesetzten Doppelnamen als Geburtsnamen wählen konnten (BVerfG, a.a.O., S.
24). Dabei sollte im Konfliktfall der Standesbeamte durch Los die Reihenfolge der Namen
bestimmen. Vom weiten Gestaltungsraum des Gesetzgebers bei der Neuregelung des
Namensrechts sei umfasst, dass er sich einerseits für die Beibehaltung des einheitlichen
Familiennamens mit geschlechtsneutraler Auffangregelung entscheiden, andererseits aber
auch Ausnahmen vom Grundsatz der Namenseinheit zulassen oder das Ehenamensrecht
umfassend neu regeln könne (BVerfG, a.a.O., S. 21).
3.
Mit
dem
Gesetz
zur
Neuordnung
des Familiennamensrechts
(Familiennamensrechtsgesetz - FamNamRG) vom 16. Dezember 1993 ( BGBl I S. 2054),
das am 1. April 1994 in Kraft trat, wurden daraufhin sowohl das Ehenamensrecht als auch
das Geburtsnamensrecht neu geregelt. Während allerdings der Gesetzentwurf der
5
6
7
8
9
10
11
12
13
Bundesregierung (BTDrucks 12/3163) noch die Wahl eines Ehedoppelnamens oder die eines
Doppelnamens als Geburtsnamen des Kindes vorgesehen hatte, stieß dies im Bundestag
auf Bedenken. Die Regierungsfraktionen der CDU/CSU und der FDP verständigten sich über
den Ausschluss von Doppelnamen und über eine Regelung bei Nichteinigung der Eltern über
den Kindesnamen, auf deren Basis der Rechtsausschuss des Bundestages eine Änderung
des Gesetzentwurfs vorschlug, der in dieser Form vom Bundestag beschlossen wurde und
die Zustimmung des Bundesrates fand.
In seiner Beschlussempfehlung begründete der Rechtsausschuss den Ausschluss von
Doppelnamen damit, es müsse verhindert werden, dass sich das Namensgefüge in
Deutschland nach wenigen Generationen grundlegend ändere, weil Ehedoppelnamen als
Geburtsnamen auf die ehelichen Kinder übertragen würden (vgl. BTDrucks 12/5982, S. 18).
E i n e Doppel- und Mehrfachnamenslösung bedinge zwingend eine Begrenzung der
Namenszahl und habe damit in der nächsten Generation zur Folge, dass zwei Ehepartner
nicht mehr ihren Doppelnamen, sondern nur noch einen Teil davon und damit nicht wirklich
den eigenen Namen einbringen könnten (vgl. BTDrucks 12/5982, S. 17).
Den Ehegatten wurde allerdings erstmals durch § 1355 Abs. 1 BGB neben der Wahl des
Mannesnamens oder des Frauennamens zum Ehenamen die Möglichkeit eingeräumt,
keinen Ehenamen zu bestimmen. Bei Eltern mit Ehenamen blieb es gemäß § 1616 Abs. 1
BGB dabei, dass das Kind den Ehenamen seiner Eltern als Geburtsnamen erhielt. Für Eltern
ohne Ehenamen wurde die Wahl des Geburtsnamens für ihr Kind auf den Namen des Vaters
oder den der Mutter beschränkt. Bei mangelnder Bestimmung des Namens durch die Eltern
wurde dem Vormundschaftsgericht aufgegeben, das Bestimmungsrecht einem Elternteil zu
übertragen.
§ 1616 BGB erhielt folgende Fassung:
(1) Das eheliche Kind erhält den Ehenamen seiner Eltern als
Geburtsnamen.
(2) Führen die Eltern keinen Ehenamen, so bestimmen sie durch
Erklärung gegenüber dem Standesbeamten den Namen, den der Vater
oder den die Mutter zur Zeit der Erklärung führt, zum Geburtsnamen des
Kindes. Die Erklärung muß öffentlich beglaubigt werden. Die Bestimmung
der Eltern gilt auch für ihre weiteren Kinder.
(3) Treffen die Eltern binnen eines Monats nach der Geburt des Kindes
keine
Bestimmung,
überträgt
das Vormundschaftsgericht das
Bestimmungsrecht einem Elternteil. Absatz 2 gilt entsprechend. Das
Vormundschaftsgericht kann dem Elternteil für die Ausübung des
Bestimmungsrechts eine Frist setzen. Ist nach Ablauf der Frist das
Bestimmungsrecht nicht ausgeübt worden, so erhält das Kind den Namen
des Elternteils, dem das Bestimmungsrecht übertragen ist.
(4) ...
Ergänzend wurde in § 46 a des Gesetzes über die Angelegenheiten der freiwilligen
Gerichtsbarkeit das Vormundschaftsgericht verpflichtet, vor seiner Entscheidung nach
§ 1616 Abs. 3 BGB beide Eltern anzuhören und auf eine einvernehmliche Bestimmung des
Kindesnamens hinzuwirken. Es wurde darüber hinaus bestimmt, dass die Entscheidung des
Vormundschaftsgerichts keiner Begründung bedarf und unanfechtbar ist.
4. Durch das Gesetz zur Reform des Kindschaftsrechts (Kindschaftsrechtsreformgesetz -
14
15
16
17
18
19
KindRG) vom 16. Dezember 1997 ( BGBl I S. 2942), das am 1. Juli 1998 in Kraft getreten ist,
ist aus Gründen der Gleichbehandlung auch die namensrechtliche Unterscheidung von
ehelichen und nichtehelichen Kindern aufgegeben worden. Das Bestimmungsrecht über den
Geburtsnamen eines Kindes knüpft nunmehr unabhängig von der Ehelichkeit oder
Nichtehelichkeit des Kindes an die gemeinsame Sorgeberechtigung der Eltern oder das
alleinige Sorgerecht eines Elternteils an. Die Neuregelung hat die Paragraphenfolge geändert
und dem Familiengericht anstelle des Vormundschaftsgerichts die Zuständigkeit für die
Übertragung des Bestimmungsrechts über den Geburtsnamen des Kindes zugewiesen.
§ 1616 BGB enthält insoweit allein den Grundsatz, dass das Kind den Ehenamen seiner
Eltern als Geburtsnamen erhält.
Die für die Wahl des Geburtsnamens eines Kindes von Eltern ohne Ehenamen nunmehr
einschlägigen Absätze 1 und 2 von § 1617 BGB lauten:
(1) Führen die Eltern keinen Ehenamen und steht ihnen die Sorge
gemeinsam zu, so bestimmen sie durch Erklärung gegenüber dem
Standesbeamten den Namen, den der Vater oder die Mutter zur Zeit der
Erklärung führt, zum Geburtsnamen des Kindes. Eine nach der
Beurkundung der Geburt abgegebene Erklärung muß öffentlich beglaubigt
werden. Die Bestimmung der Eltern gilt auch für ihre weiteren Kinder.
(2) Treffen die Eltern binnen eines Monats nach der Geburt des Kindes
keine Bestimmung, überträgt das Familiengericht das Bestimmungsrecht
einem Elternteil. Absatz 1 gilt entsprechend. Das Gericht kann dem
Elternteil für die Ausübung des Bestimmungsrechts eine Frist setzen. Ist
nach Ablauf der Frist das Bestimmungsrecht nicht ausgeübt worden, so
erhält das Kind den Namen des Elternteils, dem das Bestimmungsrecht
übertragen ist.
5. Auch nach dem Familiengesetzbuch der Deutschen Demokratischen Republik vom 20.
Dezember 1965 (GBl 1966 I S. 1; im Folgenden: FGB) bestimmte sich der Geburtsname des
Kindes nach dem Ehenamen der Eltern. Waren diese nicht verheiratet, erhielt das Kind den
Namen seiner Mutter (§ 64 Abs. 1 und 2 FGB). Zum gemeinsamen Ehenamen konnten die
Ehegatten den Namen des Mannes oder den der Frau wählen (§ 7 Abs. 1 FGB), wobei sie
vor der Eheschließung eine entsprechende Erklärung abzugeben hatten. Dies war zwingende
Voraussetzung für die Eheschließung.
II.
1. Die im Ausgangsverfahren beteiligten Eltern führen keinen Ehenamen und trafen für ihr
1995 geborenes Kind keine Bestimmung seines Geburtsnamens nach § 1616 Abs. 2 BGB in
der Fassung des Familiennamensrechtsgesetzes (im Folgenden: § 1616 Abs. 2 BGB a.F.).
Sie wünschen übereinstimmend, dass ihr Kind einen aus dem Namen des Vaters und dem
der Mutter zusammengesetzten Doppelnamen als Geburtsnamen erhält. Das Standesamt
unterrichtete darüber das nach damaligem Recht zuständige Vormundschaftsgericht, dem es
gemäß § 1616 Abs. 3 BGB a.F. nun oblag, das Namensbestimmungsrecht einem Elternteil
zu übertragen.
2. Das Vormundschaftsgericht hat das Verfahren gemäß Art. 100 Abs. 1 GG ausgesetzt
und dem Bundesverfassungsgericht die Frage vorgelegt, ob § 1616 Abs. 2 und 3 BGB a.F.
verfassungsgemäß
ist.
Das
in § 1616 Abs. 3 BGB a.F. festgelegte
Namensbestimmungsrecht durch das Vormundschaftsgericht kollidiere mit dem
grundrechtlich geschützten Elternrecht aus Art. 6 Abs. 1 und 2 GG. Darüber hinaus sei das in
20
21
22
23
24
§ 1616 Abs. 2 BGB a.F. geregelte Verbot der Doppelnamensgebung für ein Kind, dessen
Eltern keinen Ehenamen führen, unvereinbar mit den verfassungsrechtlichen Garantien aus
Art. 2 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 1 Abs. 1 GG und aus Art. 6 Abs. 1 und 2 GG.
Die Regelung verletze das allgemeine Persönlichkeitsrecht des Kindes, das auch den
Geburtsnamen eines Menschen umfasse. Der Geburtsname sei Zeichen der familiären
Zusammengehörigkeit und als solcher vererblich. Seine wesentliche Funktion sei es, die
Abstammung eines Kindes kenntlich zu machen. Bei ehelicher Abstammung erfülle der
gemeinsame Familienname von Eltern und Kind diese Funktion und ordne damit das Kind
Vater und Mutter zu. § 1616 Abs. 2 BGB a.F. verwehre durch den Ausschluss des
Doppelnamens einem Kind, dessen Eltern keinen Ehenamen führen, mit seinem
Geburtsnamen seine Zugehörigkeit zu Vater und Mutter gleichermaßen namentlich zu
dokumentieren. Er greife insofern in das Persönlichkeitsrecht des Kindes ein, ohne dass dies
durch Tradition, ordnungspolitische oder verwaltungstechnische Aspekte oder durch die
Wahrung des Kindeswohls sachlich gerechtfertigt sei. Das Kindeswohl spreche eher für als
gegen den Doppelnamen, da mit ihm die Verbundenheit des Kindes mit Vater und Mutter
zum Ausdruck komme. Die Führung eines Doppelnamens sei dem deutschen Namensrecht
nicht fremd. Auch beeinträchtige sie nicht die Identifizierbarkeit einer Person. Endlose
Namensketten in der nächsten Generation könnten durch Begrenzung der Namensanzahl
verhindert werden. Dies wäre zur Längenbegrenzung von Namen ein milderes Mittel als der
offensichtlich nicht verhältnismäßige Ausschluss des Doppelnamens.
§ 1616 Abs. 2 BGB a.F. verletze zudem das Grundrecht der Eltern aus Art. 6 Abs. 1 und 2
GG. Der Zwang, entweder den Namen des Vaters oder den der Mutter als Geburtsnamen
des Kindes zu bestimmen, stelle eine Beeinträchtigung und Störung von Ehe und Familie dar.
Den Eltern werde die Möglichkeit genommen, die verwandtschaftliche Zugehörigkeit ihres
Kindes zu beiden Elternteilen mit Hilfe des Namens zu dokumentieren.
§ 1616 Abs. 2 BGB a.F. greife auch in die durch Art. 6 Abs. 2 GG geschützte
Elternverantwortung ein. Die Wahl des Namens habe Einfluss auf die seelische und damit
letztlich auch auf die körperliche Entwicklung des Kindes. Das Bedürfnis der Eltern, mit dem
Kindesdoppelnamen die Einheit der Familie zu dokumentieren, dürfe auch denjenigen Eltern
nicht verwehrt werden, die sich nicht für einen Ehenamen entschieden haben. Die
Namenswahl sei eine der ersten Entscheidungen, die Eltern für ihr Kind träfen. Sie sei daher
vom Elternrecht umfasst. Gründe, die einen Eingriff in das Elternrecht rechtfertigten, seien
nicht ersichtlich.
Schließlich verletze auch § 1616 Abs. 3 BGB a.F. das Elternrecht auf Namensbestimmung.
Die
darin enthaltene
Ermächtigung
des
Vormundschaftsgerichts,
das
Namensbestimmungsrecht auf einen Elternteil zu übertragen, sei einer richterlichen
Namensbestimmung gleichzusetzen, die in das Elternrecht eingreife. Dieser Eingriff beruhe
nic ht auf einer gesetzlichen Grundlage, in der der Gesetzgeber alle wesentlichen
Entscheidungen selbst getroffen habe, wie es Art. 20 Abs. 3 GG fordere. Die Norm stelle
d e m Vormundschaftsgericht für seine Entscheidung keine Kriterien und Maßstäbe zur
Verfügung, sondern schweige zu der entscheidenden Frage, nach welchen Kriterien
welchem Elternteil das Bestimmungsrecht zu übertragen ist. Die Entscheidung könne das
Vormundschaftsgericht mangels rechtlicher Kriterien nur aufgrund subjektiver, willkürlicher
Erwägungen treffen.
III.
Zu dem Vorlagebeschluss haben das Bundesministerium der Justiz namens der
Bundesregierung, die am Ausgangsverfahren beteiligten Eltern, der Bundesverband der
25
26
27
28
29
30
Deutschen Standesbeamtinnen und Standesbeamten und der Deutsche Juristinnenbund
schriftlich sowie in der mündlichen Verhandlung Stellung genommen. Darüber hinaus hat sich
die Wissenschaftliche Vereinigung für Familienrecht schriftlich geäußert.
1. Das Bundesministerium der Justiz hält die namensrechtlichen Regelungen in § 1616
Abs. 2 und 3 BGB a.F. für verfassungsgemäß. Sie überschritten nicht den durch das
Grundgesetz eröffneten Gestaltungsspielraum des Gesetzgebers. Dieser habe eine Lösung
vorgesehen, die den Eltern ein beschränktes Wahlrecht für den Geburtsnamen ihres Kindes
einräumt. Die mit dem Ausschluss des Doppelnamens eingeschränkte Wahlfreiheit solle
bewirken, dass das Problem der Verhinderung von Namensketten nicht auf die nächste
Generation verschoben und für diese zur Hypothek werde. Durch diese Ausgestaltung werde
das Elternrecht aus Art. 6 Abs. 2 GG nicht in unangemessener Weise eingeschränkt. Der
Ausschluss des Kindesdoppelnamens verletze auch nicht Art. 3 Abs. 1 GG. Das Gesetz
sehe zwar in verschiedenen Vorschriften den Kindesdoppelnamen vor. Für diese
Ausnahmeregelungen sprächen aber jeweils besondere Gründe.
Auch § 1616 Abs. 3 BGB a.F. sei mit dem Grundgesetz vereinbar. Der aus dem
Rechtsstaatsprinzip abgeleitete Grundsatz der Bestimmtheit des Gesetzes sei nicht deshalb
verletzt, weil diese Norm keine Maßstäbe und Kriterien für die richterliche Entscheidung
enthalte. Der Gesetzgeber habe die Entscheidung auf den Richter übertragen dürfen. Zu den
Aufgaben eines Richters gehöre auch die Streitschlichtung.
2. Die Beteiligten des Ausgangsverfahrens schließen sich den Ausführungen des
vorlegenden
Gerichts
an. Nach ihrer Auffassung greift der Ausschluss des
Kindesdoppelnamens in unzulässiger Weise in das Eltern in Art. 6 Abs. 1 GG verbürgte
Freiheitsrecht der Namenswahl ein, das auch das Recht umfasse, einen Doppelnamen für
das Kind zu wählen und hiermit die Verbundenheit mit beiden Elternteilen zum Ausdruck zu
bringen. Dieser Eingriff lasse sich nicht mit der Funktion von Familiennamen rechtfertigen. Im
Gegenteil könne die Abstammung eines Kindes im Doppelnamen besser sichtbar werden als
in einem Geburtsnamen, der lediglich den Namen eines Elternteils wiedergibt. Der Ausdruck
der Verbundenheit mit beiden Eltern im Namen befördere auch das Kindeswohl. Darüber
hinaus trage der Doppelname zur besseren Identifizierung einer Person bei.
3. Der Bundesverband der Deutschen Standesbeamtinnen und Standesbeamten führt aus,
die Zulassung von Doppelnamen würde der Individualisierung der Person und ihrer familiären
Zuordnung zwar weiteren Raum geben. Die Kennzeichnungs- und Ordnungsfunktion des
Familiennamens würde aber mittelfristig in Frage gestellt und längerfristig aufgehoben.
Außerdem erweise sich der Doppelname lediglich als "Geschenk für eine Generation", denn
spätestens in der dritten Geburtenfolge müssten Namensopfer erbracht werden. Damit
werde die Illusion zerstört, Namen könnten unbeschränkt miteinander kombiniert werden und
gleichzeitig ihre Bedeutung im Rechtsleben behalten. Triftige Gründe des Allgemeinwohls
trügen deshalb die angegriffenen Regelungen. Dies gelte auch für den Kindesdoppelnamen.
Dem Argument, durch den Kindesdoppelnamen werde die Einheit der Familie betont, sei
entgegenzuhalten, dass sich die Eltern hier selbst nicht der verbindenden Kraft eines
einheitlichen Familiennamens unterstellt hätten.
4. Der Deutsche Juristinnenbund sieht durch § 1616 Abs. 2 und 3 BGB a.F. weder das
Persönlichkeitsrecht des Kindes noch das der Eltern verletzt. Auch liege kein Eingriff in
Grundrechtspositionen vor, die durch Art. 6 Abs. 1 GG geschützt würden.
Allerdings verletze die Vorschrift das Elternrecht aus Art. 6 Abs. 2 GG. Dessen Schutz
umfasse alle elterlichen Handlungen, die auf die seelische und körperliche Entwicklung des
Kindes Einfluss hätten, und damit auch die Wahl des Geburtsnamens für das Kind, selbst
31
32
33
34
35
36
wenn die Wahl des Familiennamens traditionell stärker staatlichen Schranken unterworfen
sei als die des Vornamens. Die Namensverantwortlichkeit der Eltern werde überdies dadurch
offenbar, dass der Gesetzgeber ihnen insbesondere auch die Pflicht auferlegt habe, ihren
Kindern einen Namen zu erteilen. In das durch Art. 6 Abs. 2 GG geschützte Elternrecht
werde
eingegriffen,
wenn
den
Eltern
nur
eine Wahlmöglichkeit
mit
Ausschließlichkeitscharakter eingeräumt werde. Dieser Eingriff sei nicht gerechtfertigt. Der
Ausschluss des Kindesdoppelnamens lasse sich weder mit einer Gefährdung des
Kindeswohls begründen noch diene er der Wahrung eines traditionsgemäß einheitlichen
Namensgefüges. Auch die Ordnungs- und Identifizierungsfunktion des Namens rechtfertige
die gesetzliche Einschränkung der elterlichen Namenswahl nicht.
Es sei im Hinblick auf Art. 3 Abs. 2 GG darauf hinzuweisen, dass nach wie vor
gesellschaftliche Vorgaben und Mechanismen wirksam seien, die einer gleichen
Rechtswahrnehmung durch Frauen auch bei der Namenswahl entgegenstünden. So werde
ganz überwiegend der Mannesname zum gemeinsamen Ehenamen bestimmt. Der Zwang
zur Wahl zwischen dem Namen des Vaters und dem der Mutter als Geburtsnamen des
Kindes könne daher mittelbar geschlechtsdiskriminierende Wirkung haben. Schließlich könne
§ 1616 Abs. 2 BGB a.F. auch gegen Art. 3 Abs. 1 GG verstoßen, weil den Eltern verwehrt
werde, ihren Namen gleichermaßen an ihr Kind weiterzugeben. Das Kind sei infolgedessen
nicht als Kind desjenigen Elternteils zu identifizieren, dessen Name es nicht erhalten habe.
Eine solche Ungleichbehandlung der Eltern sei nicht durch sachliche Erfordernisse
gerechtfertigt. Demgegenüber sei § 1616 Abs. 3 BGB a.F. mit der Verfassung, insbesondere
mit Art. 19 Abs. 4 GG vereinbar, da eine Entscheidung des Gerichts dem Kindeswohl diene.
5. Die Wissenschaftliche Vereinigung für Familienrecht trägt vor, das Verbot des
Kindesdoppelnamens führe nicht zu dem an sich wünschenswerten Ergebnis, dass die
Herkunft und Identität des Kindes sowie seine Zugehörigkeit zu seinen beiden Elternteilen
auch nach außen durch die Namensführung manifestiert werde. Aus der Sicht des
Kindeswohls wäre die Führung eines Doppelnamens eher zu befürworten. Zu der Frage, ob
durch das Verbot des Kindesdoppelnamens Verfassungsgebote verletzt seien, habe die
Wissenschaftliche Vereinigung jedoch keine abschließende Meinung herbeizuführen
vermocht.
B.
I.
Die Vorlage ist zulässig, soweit mit ihr die Frage nach der Verfassungsmäßigkeit von
§ 1616 Abs. 2 Satz 1 BGB a.F. gestellt ist. Im Übrigen ist sie unzulässig.
1. Das Vormundschaftsgericht hat die Vorlagefrage ihrem Wortlaut nach zwar auf den
gesamten Absatz 2 von § 1616 BGB a.F. bezogen. Aus der Begründung des
Vorlagebeschlusses ergibt sich jedoch ihre Begrenzung auf § 1616 Abs. 2 Satz 1 BGB a.F.,
nach dem verheiratete Eltern ohne Ehenamen den Namen des Vaters oder den der Mutter
zum Geburtsnamen ihres Kindes bestimmen. Dass seine Entscheidung von der Gültigkeit
dieser Vorschrift abhängt, hat das Gericht gemäß den Anforderungen des § 80 Abs. 2 Satz 1
BVerfGG begründet.
2. Demgegenüber entspricht der Beschluss hinsichtlich der weiter vorgelegten Frage, ob
§ 1616 Abs. 3 BGB a.F. verfassungsgemäß ist, nicht diesen Begründungsanforderungen.
a) Das Vormundschaftsgericht hat keine Ausführungen dazu gemacht, inwieweit es nach
37
38
39
40
41
42
Klärung der Frage, ob § 1616 Abs. 2 Satz 1 BGB a.F. verfassungsmäßig ist, in dem der
Vorlage zugrunde liegenden Verfahren überhaupt noch auf die Gültigkeit von § 1616 Abs. 3
BGB a.F. ankommt. Denn im Falle einer Verfassungswidrigkeit von § 1616 Abs. 2 Satz 1
BGB a.F. müsste das Gericht keine Entscheidung nach § 1616 Abs. 3 BGB a.F. mehr
t r e f f e n . Aber
auch
bei
Feststellung
der
Verfassungsmäßigkeit
des
Doppelnamensausschlusses käme es nur dann auf die Gültigkeit von § 1616 Abs. 3 Satz 1
BGB a.F. an, wenn feststünde, dass die Eltern in jenem Verfahren auch unter diesen
Umständen nicht in der Lage wären oder sich weiterhin weigerten, eine gemeinsame
Namenswahl für ihr Kind zu treffen. Dazu hat das Gericht nichts ausgeführt, auch gibt es
hierzu keine Anhaltspunkte.
Die Eltern haben auf eine Namensbestimmung nach § 1616 Abs. 2 Satz 1 BGB a.F.
ersichtlich mit dem Ziel verzichtet, eine verfassungsrechtliche Klärung darüber
herbeizuführen, ob der Ausschluss des von ihnen für ihr Kind gewünschten Doppelnamens
verfassungsgemäß ist. Daraus allein lässt sich nicht schließen, dass sie auch nach einer
Bestätigung der Gültigkeit dieser Norm von ihrem gemeinsamen Namensbestimmungsrecht
weiterhin keinen Gebrauch machen wollten oder sich nicht einigen könnten.
b) Nicht entscheidungserheblich und damit unzulässig ist darüber hinaus die Vorlage,
soweit sie auch die Verfassungsmäßigkeit von § 1616 Abs. 3 Satz 3 und 4 BGB a.F.
verneint, wonach im Falle der Nichtbestimmung des Kindesnamens durch den Elternteil, dem
das Gericht das Namensbestimmungsrecht übertragen hat, das Kind den Namen dieses
Elternteils erhält. Sie unterstellt, dass bei der gerichtlichen Entscheidung nach § 1616 Abs. 3
Satz 1 BGB a.F. schon feststeht, dass der vom Gericht zu bestimmende Elternteil seine ihm
übertragene Verantwortung nicht wahrnehmen wird, und greift damit einem Ereignis vor,
dessen Eintritt nicht feststeht, sondern nur mögliche Folge der gerichtlichen Entscheidung
sein kann.
II.
Die Prüfung der Vorlagefrage nach der Verfassungsmäßigkeit von § 1616 Abs. 2 Satz 1
BGB
a.F. ist auf § 1617 Abs. 1 Satz 1 BGB in der Fassung des
Kindschaftsrechtsreformgesetzes (im Folgenden: § 1617 Abs. 1 Satz 1 BGB) zu erstrecken.
Diese Norm ist seit 1. Juli 1998 an die Stelle von § 1616 Abs. 2 Satz 1 BGB a.F. getreten. Da
auch sie das Bestimmungsrecht von gemeinsam sorgeberechtigten Eltern ohne Ehenamen
hinsichtlich des Kindesgeburtsnamens auf den Namen des Vaters oder den der Mutter
begrenzt und insofern den Kindesdoppelnamen ausschließt, ist es geboten, diese
Neuregelung in die verfassungsrechtliche Prüfung miteinzubeziehen (vgl. BVerfGE 28, 324
<363>; 61, 291 <306>; 65, 237 <243 f.>).
C.
§ 1616 Abs. 2 Satz 1 BGB a.F. und § 1617 Abs. 1 Satz 1 BGB sind mit dem Grundgesetz
vereinbar.
I.
Der Ausschluss des Kindesdoppelnamens verstößt nicht gegen das durch Art. 6 Abs. 2 GG
geschützte Elternrecht.
1. Als speziellere Bestimmung gegenüber Art. 6 Abs. 1 GG, der den Staat verpflichtet, die
Einheit und Selbstverantwortlichkeit von Ehe und Familie zu respektieren und zu fördern (vgl.
43
44
45
46
47
BVerfGE 53, 257 <296>) und dabei Eingriffe in die freie Gestaltung des familiären
Zusammenlebens zu unterlassen, schützt Art. 6 Abs. 2 GG die Eltern-Kind-Beziehung und
sichert den Eltern das Recht auf Pflege und Erziehung ihrer Kinder (vgl. BVerfGE 31, 194
<204>). Dieses den Eltern verfassungsrechtlich gegenüber dem Staat gewährleistete
Freiheitsrecht dient in erster Linie dem Kindeswohl, das zugleich oberste Richtschnur für die
Ausübung der Elternverantwortung ist (vgl. BVerfGE 61, 358 <371 f.>; 75, 201 <218>). Das
Recht der Eltern, Sorge für ihr Kind zu tragen, umfasst auch das Recht, ihrem Kind einen
Namen zu geben.
2. Der Name eines Menschen ist Ausdruck seiner Identität sowie Individualität und begleitet
d i e Lebensgeschichte seines Trägers, die unter dem Namen als zusammenhängende
erkennbar wird (vgl. BVerfGE 78, 38 <49>; 8 4 , 9 <22>; 9 7 , 391 <399>). Dem
heranwachsenden Kind hilft er, seine Identität zu finden und gegenüber anderen zum
Ausdruck zu bringen. Die Namensgebung soll dem Kind die Chance für die Entwicklung
seiner Persönlichkeit eröffnen und seinem Wohl dienen, dessen Wahrung den Eltern als
Recht und Pflicht gleichermaßen anvertraut ist. Zur Namensgebung gehört die Namenswahl.
Auch die Entscheidung, welchen Namen es tragen soll, ist bedeutsam für das Kind, lebt es
doch nunmehr mit dem für ihn bestimmten Namen und wird mit ihm identifiziert. Sie in
Ausübung der Verantwortung für das Kind zu treffen, ist Teil des Elternrechts aus Art. 6 Abs.
2 GG.
a) Dies betrifft zunächst die Wahl eines Vornamens für das Kind, der ausschließlich der
Individualität einer Person Ausdruck verleiht, den Einzelnen bezeichnet und diesen von
anderen unterscheidet. Es ist zuvörderst Aufgabe der Eltern, ihrem Kind in freier
gemeinsamer Wahl einen Namen zu bestimmen, den es sich selbst noch nicht geben kann.
Diesem Recht der Eltern zur Vornamenswahl für ihr Kind darf allein dort eine Grenze gesetzt
werden, wo seine Ausübung das Kindeswohl zu beeinträchtigen droht (vgl. BVerfGE 24, 119
<143>). Der Staat ist in Wahrnehmung seines Wächteramtes nach Art. 6 Abs. 2 Satz 2 GG
nicht nur berechtigt, sondern auch verpflichtet, das Kind als Grundrechtsträger vor
verantwortungsloser Namenswahl durch die Eltern zu schützen. Für einen darüber
hinausgehenden Eingriff in das Elternrecht auf Bestimmung des Vornamens für ihr Kind bietet
Art. 6 Abs. 2 GG keine Grundlage.
b) Hinzu tritt die Wahl des Geburtsnamens als Familienname des Kindes, soweit die
Rechtsordnung die Führung eines Familiennamens vorgibt und eine Wahlmöglichkeit
eröffnet.
Das Familiennamensrecht zu konstituieren und auszugestalten, ist Sache des
Gesetzgebers (vgl. BVerfGE 78, 38 <49>). Die Funktion des Familiennamens muss sich
nicht allein darin erschöpfen, dem Einzelnen Ausdruck seiner Besonderheit zu geben.
Vielm ehr kann der Familienname auch dazu dienen, mit ihm Abstammungslinien
nachzuzeichnen, familiäre Zusammenhänge darzustellen oder den Familienstatus eines
Menschen zu verdeutlichen. Die Funktion des Familiennamens drückt sich zum Beispiel in
seiner Bezeichnung als Geburtsname oder Ehename aus.
Soll der Familienname Funktionen der Zuordnung seines Namensträgers innerhalb eines
Gemeinwesens erfüllen, kann seine Wahl nicht allein der freien Entscheidung des Einzelnen
überlassen bleiben, sondern es bedarf Regeln, nach denen er vergeben wird oder ausgewählt
werden kann, die auch die Belange der Allgemeinheit berücksichtigen. Die mit der
Ausgestaltung des Familiennamensrechts vom Gesetzgeber verfolgten Ziele müssen in
Einklang mit den Wertvorgaben der Verfassung und den Grundrechten der von ihr
Betroffenen stehen und der Funktion des Familiennamens förderlich sein.
48
49
50
51
52
53
54
55
3. Der Gesetzgeber hat im Rahmen der Ausgestaltung des Familiennamensrechts in
verfassungsrechtlich nicht zu beanstandender Weise die Wahl eines aus den Namen der
Eltern gebildeten Doppelnamens als Geburtsnamen für das Kind mit § 1616 Abs. 2 Satz 1
BGB a.F. und § 1617 Abs. 1 Satz 1 BGB ausgeschlossen.
a) Die über den Geburtsnamen vermittelte familiäre Zuordnung des Kindes zu seinen Eltern
orientiert sich in zulässiger Weise an der Wertung des Art. 6 Abs. 1 GG, Ehe und Familie in
ihrer Einheit als Gemeinschaft zu schützen.
Um die Zugehörigkeit des Kindes zu den Eltern im Namen zum Ausdruck bringen zu
können, darf der Gesetzgeber die Ableitung des Kindesnamens vom elterlichen Namen
vorsehen. Die Ausgestaltung des Geburtsnamensrechts ist damit von der Gestaltung des
Namensrechts der Eltern vorgeprägt. Deren Möglichkeit zur Namensführung und
Namenswahl setzt den Rahmen, innerhalb dessen der Geburtsname des Kindes bestimmt
werden kann. Das Recht der Eltern zur Bestimmung des Geburtsnamens ihres Kindes aus
Art. 6 Abs. 2 GG ist deshalb im Gesamtzusammenhang des namensrechtlichen Gefüges
und der bei seiner Ausgestaltung zu wahrenden Grundrechtspositionen zu betrachten.
b) Dabei ist zunächst das Recht der Eltern hinsichtlich der eigenen Namensführung von
maßgeblicher Bedeutung.
aa) Bei der Gestaltung des Namensrechts der Ehegatten hat der Gesetzgeber den Schutz
des geführten Namens zu respektieren, der vom Persönlichkeitsrecht des Namensträgers
aus Art. 2 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 1 Abs. 1 GG umfasst ist (vgl. BVerfGE 78, 38 <49>).
Eine Namensänderung darf deshalb vom Gesetzgeber nur aus wichtigem Grunde gefordert
werden. Es ist danach verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden, dass der Gesetzgeber in
§ 1355 Abs. 1 BGB auch weiterhin für Eheleute das Führen eines Ehenamens als Regel
vorgibt, um der Einheit der Familie im gemeinsamen Namen Ausdruck zu verleihen. Dies
bedingt bei Eheschließung für einen der Ehegatten eine Namensänderung. Allerdings ist das
Führen eines einheitlichen Familiennamens in der Ehe verfassungsrechtlich nicht geboten,
denn die durch Art. 6 Abs. 1 GG geschützte familiäre Einheit wird getragen und gelebt von
ihren einzelnen Mitgliedern, die ihrerseits durch Art. 6 Abs. 1 GG Schutz und Freiheitsraum
erfahren.
Neben dem Schutz des geführten Namens ist vom Gesetzgeber auch das Gebot der
Gleichberechtigung aus Art. 3 Abs. 2 Satz 1 GG zu beachten, das für das Namensrecht
verbietet, bei der Bildung eines gemeinsamen Familiennamens oder der Weitergabe eines
Namens an ein Kind dem Mannesnamen den Vorrang einzuräumen (vgl. BVerfGE 48, 327
<337 f.>; 84, 9 <17 f.>). Schließlich hat der Gesetzgeber zugleich Sorge dafür zu tragen,
dass das Namensrecht die Freiheitsräume für die Namenswahl, die Art. 2 Abs. 1 GG sowie
Art. 6 Abs. 1 GG gewähren, nicht unverhältnismäßig einschränkt.
bb) Diesen verfassungsrechtlichen Vorgaben für das Namensrecht genügt das nunmehr
geltende Ehenamensrecht, das den Anknüpfungspunkt für das Geburtsnamensrecht des
Kindes bildet.
(1) § 1355 Abs. 1 BGB eröffnet Ehegatten die Möglichkeit, einen Ehenamen zu führen. Bei
der Wahl des gemeinsamen Namens ist keinem der bisher von den Ehegatten geführten
Namen der Vorrang eingeräumt. Einigen die Ehegatten sich nicht auf einen Ehenamen oder
wollen sie keinen führen, tragen sie ihre bisherigen Namen weiter. Damit hat der
Gesetzgeber insbesondere dem Schutz des geführten Namens aus Art. 2 Abs. 1 GG als
Ausdruck der Persönlichkeit jedes einzelnen Ehegatten Nachdruck verliehen.
56
57
58
59
(2) Dass der Gesetzgeber nach § 1355 Abs. 2 BGB die Wahl eines Doppelnamens als
Ehenamen ausgeschlossen hat, verletzt die Ehegatten nicht in ihren Grundrechten. Dem
Bedürfnis von Eheleuten, die gegenseitige Verbundenheit und Identität in der neuen
Gemeinsamkeit im Namen zum Ausdruck bringen zu können, trägt die Möglichkeit zur Wahl
eines ihrer Geburtsnamen als Ehename hinreichend Rechnung. Dem Wunsch, neben der
neuen gemeinsamen auch die über den bisher geführten Namen vermittelte Identität im
gemeinsamen Namen ausdrücken zu können, hat der Gesetzgeber dadurch entsprochen,
dass er dem Ehegatten, dessen Name nicht zum Ehenamen gewählt wird, das Recht
eingeräumt hat, seinen bisher geführten Namen dem Ehenamen hinzuzufügen. Für den
Ehegatten, dessen Name zum Ehenamen bestimmt ist, drückt demgegenüber dieser Name
sowohl seine bisherige individuelle als auch seine neue Identität in der Gemeinsamkeit aus,
ist er doch sein eigener und zugleich der, den sein Ehepartner nunmehr auch als Namen
führt. Dem Persönlichkeitsrecht der Ehegatten ist damit Rechnung getragen.
cc) Die grundsätzlich vom Gesetzgeber vorgegebene Eingliedrigkeit des Familiennamens,
die es Ehegatten nicht erlaubt, auch einen aus ihrer beider Namen zusammengesetzten
Ehenamen zu führen, beruht auf Erwägungen, die verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden
sind. Der Gesetzgeber hat dabei die Konsequenzen in den Blick genommen, die sich aus der
Bildung von Doppelnamen in der Generationenfolge ergeben können. Wird Ehegatten generell
d a s Recht eingeräumt, ihre beiden bisher geführten Namen zum Ehenamen
zusammenzufügen, und soll der Ehename weiterhin grundsätzlich der Geburtsname des
ehelichen Kindes werden, um dessen familiäre Zugehörigkeit zum Ausdruck zu bringen,
können sich schon in der nächsten Generation vierfache Namensketten als Ehename bilden,
die sich - von Generation zu Generation jeweils wieder auf die Kinder übertragen - bei
Eheschließung weiter potenzieren würden. Dass der Gesetzgeber solche mehrgliedrigen
Namensketten vermeiden will (vgl. BTDrucks 12/5982, S. 17), lässt sich nicht nur mit
Praktikabilitätserwägungen begründen, sondern dient auch dem Schutz künftiger
Namensträger. So droht mit dem Anwachsen der Namenszahl die Funktion des Namens
verloren zu gehen, identitätsstiftend der Bezugspunkt für den Namensträger zu sein. Gerade
wegen dieser Funktion aber erfährt der Name verfassungsrechtlichen Schutz. Wenn der
Gesetzgeber eine solche Entwicklung für das Namensgefüge dadurch zu verhindern trachtet,
dass er nicht erst für nachfolgende Generationen das Zusammenfügen von Namen wieder
begrenzt, sondern von vornherein Ehegatten allein die Möglichkeit eröffnet, grundsätzlich nur
einen ihrer Namen zum Ehenamen zu bestimmen, dann ist dies das Ergebnis einer mit der
Verfassung in Einklang stehenden Abwägung. Die Zulassung eines Ehedoppelnamens wäre
zwar ebenso verfassungsgemäß, sie ist jedoch nicht geboten.
c) Die Möglichkeit einer Wahl der Ehegatten zwischen der Beibehaltung ihrer Namen und
der Führung eines gemeinsamen Namens schafft jeweils unterschiedliche Voraussetzungen
für ein Anknüpfen des Kindesgeburtsnamens an den elterlichen Namen zur Kennzeichnung
familiärer Zusammengehörigkeit: Führen die Eltern einen gemeinsamen Namen oder steht
das Sorgerecht für ein Kind nur einem Elternteil zu, steht lediglich ein Name für den
Geburtsnamen des Kindes zur Verfügung. Dagegen eröffnet eine unterschiedliche
Namensführung
sorgeberechtigter verheirateter wie unverheirateter Eltern für die
Bestimmung des Kindesnamens die Auswahl zwischen den jeweiligen Namen der Eltern und
einer Kombination aus beiden Elternnamen. Eine dieser Möglichkeiten ist der aus den
Elternnamen zusammengesetzte Doppelname als Geburtsname für das Kind. Diesen hat der
Gesetzgeber jedoch ausgeschlossen. Das ist verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden.
aa) Diese Einschränkung der elterlichen Wahlmöglichkeit findet allerdings keine sachliche
Begründung in der Funktion, die der Gesetzgeber im Allgemeinen dem Familiennamen und
damit auch dem Geburtsnamen beigemessen hat. Der aus den Namen der Eltern
60
61
62
63
zusammengesetzte Doppelname vermag sogar noch besser als ein aus den beiden Namen
gewählter Geburtsname die familiäre Zugehörigkeit des Kindes auszudrücken, dokumentiert
er doch die Verbundenheit des Kindes mit beiden Elternteilen im Namen.
bb) Die Möglichkeit von Eltern, ihre Namen zu Doppelnamen zu verbinden und so an ihre
Kinder weiterzugeben, führt allerdings zu praktischen Schwierigkeiten, wenn sie jeweils mehr
als einen Namen führen. Sind sie selbst schon Träger von Doppelnamen, führte hier das
Recht, für den Geburtsnamen des Kindes die beiden Elternnamen zusammenzufügen, zu
einer mehrgliedrigen Namenskette, die sich von Generation zu Generation verlängern
könnte. Es ist dem Gesetzgeber nicht verwehrt, namensrechtlich Vorkehrungen zu treffen,
um solche Namensketten zu vermeiden, wenn er damit künftigen Generationen die Funktion
des Familiennamens sichern und den Schutz am geführten Namen gewährleisten will.
cc) Der Entwicklung von Namensketten könnte allerdings nicht nur durch den Ausschluss
des Kindesdoppelnamens entgegengewirkt werden. Möglich wäre auch, für die Bestimmung
des Geburtsnamens eines Kindes die Zahl der Namen, die zusammengefügt werden
können, generell auf die Bildung von Doppelnamen zu begrenzen. Dies schränkte jedoch
seinerseits die Möglichkeit von Eltern mit Doppelnamen ein, auch für sich das Recht zu
reklamieren, beide Elternnamen vollständig im Kindesnamen zu dokumentieren. Außerdem
müsste zugleich für Personen, die als Geburtsnamen einen Doppelnamen erhalten haben,
die Namenswahl bei der Eheschließung begrenzt werden. Um über Doppelnamen
hinausgehende Namensketten zu verhindern, wäre ihnen bei einem Wunsch, einen
Ehenamen zu führen, nicht nur die vollständige Verbindung ihrer beider Namen zu versagen,
sondern darüber hinaus zu verbieten, dem gewählten Ehenamen ihren eigenen Namen in
vollem Umfang anzufügen. Sie müssten deshalb zumindest auf einen Teil ihres bisher
geführten Doppelnamens verzichten. Damit würde ihnen das genommen, was § 1355 BGB
Namensträgern mit einem Namen ermöglicht: der Erhalt des eigenen Namens bei
gleichzeitiger Wahl eines davon abweichenden Ehenamens. Die Erweiterung der elterlichen
Wahlmöglichkeit auf den Doppelnamen als Geburtsnamen für ihr Kind führt demnach zur
Begrenzung der Möglichkeiten der Namenswahl für Doppelnamensträger selbst. Führt aber
die Verwirklichung eines Grundrechts zugleich zur Einschränkung anderer, müssen die
betroffenen Grundrechtspositionen in einen angemessenen Ausgleich gebracht werden.
d) Diesen Anforderungen hat der Gesetzgeber Genüge getan, indem er in Verfolgung seiner
von Art. 6 Abs. 1 GG und Art. 2 Abs. 1 GG getragenen Ziele die Wahl des
Kindesdoppelnamens ausgeschlossen hat. Der Gesetzgeber hat mit der Anknüpfung des
Kindesnamens an den gemeinsamen Elternnamen oder an den Namen eines Elternteils der
familiären Zugehörigkeit des Kindes Ausdruck verleihen wollen. Gleichzeitig hat er mit dem
Ausschluss
des Doppelnamens verhindert, dass sich in den Generationenfolgen
Namensketten bilden können. Auf diese Weise hat er die Funktion des Namens, personelle
Identität zu stiften, sichern wollen. Dass er dies durch eine Beschränkung des
Namensbestimmungsrechts der jetzigen Elterngeneration und nicht durch eine
Beschränkung der folgenden Elterngenerationen verwirklicht hat, ist als gesetzgeberische
Entscheidung, unter Berücksichtigung der Wahlmöglichkeiten, die den Eltern bei der
Bestimmung ihres eigenen Namens wie des Kindesnamens verbleiben, verfassungsrechtlich
zwar nicht geboten, aber auch nicht zu beanstanden. Sie belässt den widerstreitenden
Grundrechten ein hinreichendes Maß an Verwirklichung und führt zu einem den
gesetzgeberischen Zielen förderlichen Familiennamensrecht.
II.
Der Ausschluss des Kindesdoppelnamens verletzt weder das Persönlichkeitsrecht des
64
65
66
67
68
69
70
Kindes noch das der Eltern aus Art. 2 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 1 Abs. 1 GG.
1. Als Geburtsnamen keinen aus den Elternnamen gebildeten Doppelnamen erhalten zu
können, verstößt nicht gegen das Persönlichkeitsrecht des Kindes.
Zum eigenen Recht des Kindes auf Entfaltung seiner Persönlichkeit (vgl. BVerfGE 24, 119
<144>; 72, 155 <172>; 79, 51 <63>) gehört der Schutz seines Namens. Er verhilft ihm, seine
Identität zu finden und Individualität zu entwickeln. Namenlos kann das Kind nur schwerlich
eigene Persönlichkeit entfalten und eine Beziehung zu anderen aufbauen. Vom
Persönlichkeitsrecht des Kindes umfasst ist deshalb auch das Recht auf Namenserhalt als
wesentliche Voraussetzung für die Entwicklung seiner Persönlichkeit. Dies betrifft den
Vornamen wie den Familiennamen. Sieht die Rechtsordnung die Familiennamensführung
vor, so ist dieser Name das Mittel, mit Hilfe dessen sich das Kind in ein Verhältnis zu
anderen setzen lernt.
Allerdings umfasst das Persönlichkeitsrecht des Kindes nicht ein Recht auf eigene Wahl
des Geburtsnamens. Soll der Geburtsname des Kindes seine Funktion erfüllen, zur
Persönlichkeitsentfaltung des Kindes beizutragen, muss das Kind ihn kurz nach seiner
Geburt, also zu einem Zeitpunkt erhalten, in dem es noch nicht in der Lage ist, sich selbst
einen Namen zu geben. Zudem ist für seine Identitätsfindung zwar von entscheidender
Bedeutung, dass das Kind einen Namen, nicht aber, welchen konkreten Namen es erhält.
Erst die Selbstwahrnehmung über einen Namen führt zur Identifizierung mit diesem als Mittel
zur Herausbildung einer eigenen Identität.
2. Der Ausschluss des Kindesdoppelnamens berührt auch nicht das von Art. 2 Abs. 1 in
Verbindung mit Art. 1 Abs. 1 GG geschützte Persönlichkeitsrecht der Eltern.
Der Wunsch, seinen Nachkommen den eigenen Namen mit auf den Lebensweg zu geben,
mag ein menschliches Bedürfnis sein. Ein Recht, ihn zu erfüllen, findet jedoch im
Persönlichkeitsrecht der Eltern keine Grundlage. Vom Schutz der Persönlichkeit ist allein die
eigene Identität und Lebenssphäre erfasst. Art. 2 Abs. 1 GG eröffnet kein Bestimmungsrecht
über einen anderen Menschen (vgl. BVerfGE 24, 119 <144>; 72, 155 <172>). Dies gilt auch
für Eltern im Verhältnis zu ihren Kindern. Das Recht, ihren Kindern einen Namen zu geben,
ist Eltern grundrechtlich nicht im Interesse eigener Persönlichkeitsentfaltung, sondern allein
im Rahmen ihrer Sorgeverantwortung nach Art. 6 Abs. 2 GG im Interesse ihrer Kinder
eingeräumt.
III.
1. § 1616 Abs. 2 Satz 1 BGB a.F. und § 1617 Abs. 1 Satz 1 BGB verstoßen weder gegen
Art. 3 Abs. 3 Satz 1 GG noch gegen das Gleichberechtigungsgebot des Art. 3 Abs. 2 GG.
a) Nach Art. 3 Abs. 3 Satz 1 GG darf niemand wegen seines Geschlechts benachteiligt
oder bevorzugt werden. Das Geschlecht darf grundsätzlich nicht als Anknüpfungspunkt für
eine rechtliche Ungleichbehandlung herangezogen werden. Eine Anknüpfung an das
Geschlecht kann auch vorliegen, wenn eine geschlechtsneutral formulierte Regelung im
Ergebnis überwiegend Angehörige eines Geschlechts, etwa Frauen, betrifft und dies auf
natürliche oder gesellschaftliche Unterschiede zwischen den Geschlechtern zurückzuführen
is t (vgl. BVerfGE 97, 35 <43>). Art. 3 Abs. 2 GG gebietet darüber hinaus nicht nur,
Rechtsnormen zu beseitigen, die Vor- oder Nachteile an Geschlechtsmerkmale knüpfen,
sondern zielt auf die Angleichung der Lebensverhältnisse von Männern und Frauen (vgl.
BVerfGE 85, 191 <207>). Dies stellt Satz 2 in Art. 3 Abs. 2 GG ausdrücklich klar (vgl.
BVerfGE 92, 91 <109>). Daraus folgt für das elterliche Namensbestimmungsrecht, dass
71
72
73
74
beide Elternteile gleichermaßen dazu berechtigt sind, den Namen ihres Kindes zu
bestimmen, und keinem Elternteil bei der Möglichkeit, den eigenen Namen an das Kind
weiterzugeben, der Vorrang eingeräumt werden darf.
b) Diesen Anforderungen halten § 1616 Abs. 2 Satz 1 BGB a.F. und § 1617 Abs. 1 Satz 1
BG B stand. Danach ist es der freien Entscheidung der Eltern überlassen, welcher ihrer
eigenen Namen zum Kindesnamen bestimmt wird. Dass sie sich dabei auf einen Namen
einigen sollen und nicht darüber hinaus dem Kind einen aus ihrer beider Namen
zusammengesetzten Geburtsnamen geben können, begrenzt zwar ihre Auswahlmöglichkeit.
Dies trifft jedoch Mutter wie Vater gleichermaßen.
Auch der Umstand, dass in noch weit überwiegender Zahl verheiratete Eltern einen
Ehenamen führen, zu dem der Mannesname bestimmt worden ist, und dass sich auch
Eltern, die keinen Ehenamen führen, sondern ihre eigenen Namen tragen, zum größten Teil
bei ihrer Wahl nach § 1616 Abs. 2 Satz 1 BGB a.F. und § 1617 Abs. 1 Satz 1 BGB für den
Namen des Mannes als Geburtsnamen des Kindes entscheiden, sodass Kinder nur in
geringer Zahl den Namen ihrer Mutter als Geburtsname erhalten (so eine dpa-Umfrage bei
Standesämtern, vgl. Frankfurter Rundschau Nr. 62 vom 14. März 2001), lässt nicht den
Schluss zu, die Normen setzten zwar gleiches Recht, berücksichtigten dabei aber nicht eine
unterschiedliche Ausgangslage von Müttern und Vätern bei der Namensbestimmung für ihr
Kind.
Zwar kann der Umstand, dass Ehegatten sich immer noch bei der Wahl des
Geburtsnamens ihres Kindes überwiegend für den Namen des Mannes entscheiden,
möglicherweise Ausdruck eines tradierten Rollenverständnisses sein und darauf hindeuten,
dass insoweit bei der von Art. 6 Abs. 1 GG geschützten freien und selbstverantwortlichen
Entscheidung der Ehegatten über die Ausgestaltung ihres Verhältnisses zueinander und zum
Kind sowie über ihre Aufgabenverteilung in der Ehe (vgl. BVerfGE 66, 84 <94>) faktisch noch
keine gleichberechtigte Partnerschaft besteht. Doch führt der Auftrag des Art. 3 Abs. 2 GG,
die tatsächliche Durchsetzung der Gleichberechtigung von Frauen und Männern zu fördern
u n d auf die Beseitigung bestehender Nachteile hinzuwirken, nicht zu einem
verfassungsrechtlichen Gebot, Eltern die Wahl eines Kindesdoppelnamens zu ermöglichen.
Soweit ersichtlich, gründet sich eine vorrangige Wahl des Mannesnamens zum Namen des
Kindes vorwiegend nicht auf eine nachteilige Situation von Frauen, sondern auf vorfindliche
Einstellungen. Mit der Möglichkeit von Eltern, zum Namen ihres Kindes sowohl den Namen
des Vaters als auch den der Mutter zu wählen, ist inzwischen auch namensrechtlich Raum
für eine Veränderung von solchen Einstellungen geschaffen worden. Der so ermöglichte
Einstellungswandel wird nicht dadurch wesentlich befördert, dass Kindern nicht nur der Name
der Mutter als Geburtsname gegeben werden kann, sondern stattdessen auch ein aus dem
Namen des Vaters und der Mutter zusammengesetzter Name. Zwar könnte die Möglichkeit,
dem Kind auch einen aus beiden Elternnamen zusammengesetzten Doppelnamen zu geben,
einen Streit zwischen den Eltern über den Kindesnamen vermeiden helfen und zugleich dazu
führen, dass vermehrt Kinder als Teil ihres Namens auch den der Mutter tragen. Dies könnte
den Gesetzgeber zu einer namensrechtlichen Veränderung veranlassen, ist jedoch durch
Art. 3 Abs. 2 GG nicht geboten. Denn eine solche Regelung verlöre schon in der nächsten
Generation zumindest ihre volle Wirkkraft, wenn bei der Bestimmung des Kindesnamens zur
Vermeidung von Namensketten ein Teil des Elternnamens wieder entfallen müsste.
Angesichts der allenfalls geringfügigen Auswirkung auf die Verwirklichung des Art. 3 Abs. 2
GG durfte der Gesetzgeber sein Ziel der Vermeidung von Doppelnamen durch die
geschaffene Regelung verfolgen.
75
76
77
78
79
80
2. Art. 3 Abs. 1 GG ist nicht deshalb verletzt, weil zwar die Bildung eines Doppelnamens als
Geburtsname für ein Kind ausgeschlossen ist, es in Ausnahmefällen aber doch zu
Kindesdoppelnamen kommen kann. Hierfür gibt es hinreichende sachliche Gründe.
a) Wenn Eltern auch einen von einem Elternteil geführten Doppelnamen gemäß § 1616 Abs.
2 Satz 1 BGB a.F. und § 1617 Abs. 1 Satz 1 BGB zum Geburtsnamen des Kindes
bestimmen dürfen, liegt in der Zulassung dieses Kindesdoppelnamens keine
Ungleichbehandlung gegenüber Eltern, die nicht Doppelnamensträger sind. Denn in beiden
Fällen kann nur der Name eines Elternteils als Kindesgeburtsname gewählt werden.
b) Wenn ein Kind, das nach Trennung seiner Eltern mit dem sorgeberechtigten
wiederverheirateten Elternteil in einer neuen familiären Gemeinschaft lebt, dadurch einen
Doppelnamen erhalten kann, dass zu seiner Einbenennung gemäß § 1618 Satz 2 BGB
seinem bisher geführten Namen der neue Ehename seines sorgeberechtigten Elternteils
vorangestellt oder angefügt wird, stellt dies keine verfassungswidrige Ungleichbehandlung im
Verhältnis zu Eltern dar, die ihrem Kind keinen Doppelnamen als Geburtsnamen geben
können. Auch bei Doppelnamen durch Einbenennung weist nur ein Name, der bisher vom
Kind geführte, auf seine Abstammung von seinen Eltern hin. Dass das Kind diesen Namen
behalten darf, dient dem Persönlichkeitsschutz des Kindes, das mit seinem bisher geführten
Namen schon eine Identität gefunden hat. Zusätzlich soll ihm durch die Beifügung des neuen
Ehenamens seines sorgeberechtigten Elternteils die Möglichkeit gegeben werden, auch
seine neue soziale Zugehörigkeit im Namen zum Ausdruck zu bringen. Die Zulassung des
so gebildeten Doppelnamens hat also die Funktion, im Namen des Kindes sowohl die
Abstammung als auch seine soziale Zugehörigkeit auch dann zu dokumentieren, wenn die
familiäre Situation des Kindes nicht mehr beide Zuordnungen ausweist. Bestimmen
demgegenüber gemeinsam sorgeberechtigte Eltern den Geburtsnamen ihres Kindes, bedarf
es zur Kennzeichnung der leiblichen und zugleich sozialen Zugehörigkeit des Kindes nicht
zweier
Namen und deren Verbindung zu einem Doppelnamen, weil sich beide
Zugehörigkeiten in der Familie vereinen, in der das Kind lebt.
Die gleichen sachlichen Gründe rechtfertigen auch, bei Adoption eines Kindes diesem nach
§ 1757 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 BGB im Rahmen der Einbenennung einen Doppelnamen geben
zu können, der sich aus dem bisher geführten Namen des Kindes und dem Familiennamen
seiner Adoptiveltern zusammensetzt.
c) Schließlich ist es auch sachlich gerechtfertigt und verletzt nicht Art. 3 Abs. 1 GG, dass
Geschwistern von Kindern, die aufgrund der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts
vom 5. März 1991 bis zum 31. März 1994 einen Doppelnamen erhalten haben, nach Art. 224
§ 3 Abs. 3 EGBGB dieser Doppelname ebenfalls als Geburtsname erteilt wird. Diese
Übergangsregelung dient der Wahrung eines einheitlichen Geschwisternamens auch in den
Familien, in denen dem Erstgeborenen in rechtlich zulässiger Weise ein Doppelname
gegeben wurde, und zugleich dem Namensschutz des Erstgeborenen aus Art. 2 Abs. 1 GG.
D.
Diese Entscheidung ist zu C. I. mit 6:2 Stimmen, im Übrigen einstimmig ergangen.
Papier
Jaeger
Haas
Hömig
Steiner
Hohmann-Dennhardt
Hoffmann-Riem
Bryde