Urteil des BVerfG vom 04.04.2007

BVerfG: verfassungsbeschwerde, erlass, arbeitsgerichtsbarkeit, mutwilligkeit, arbeitgeberverband, koch, konkretisierung, arbeitsrecht, gewerkschaft, vertretung

Entscheidungen
BUNDESVERFASSUNGSGERICHT
- 1 BvR 631/07 -
In dem Verfahren
über
die Verfassungsbeschwerde
der Frau P...
- Bevollmächtigter:
Rechtsanwalt Dr. Andreas M. Bittighofer,
Vogesenallee 35, 75173 Pforzheim -
gegen die Beschlüsse des Landesarbeitsgerichts Baden-Württemberg vom 20. Februar 2007
- 21 Sa 70/06 -
und Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung
hat die 2. Kammer des Ersten Senats des Bundesverfassungsgerichts durch die Richter
Bryde,
Eichberger,
Schluckebier
gemäß § 93 b in Verbindung mit § 93 a BVerfGG in der Fassung der Bekanntmachung vom 11. August 1993 (BGBl I
S. 1473) am 4. April 2007 einstimmig beschlossen:
Die Verfassungsbeschwerde wird nicht zur Entscheidung angenommen.
Damit wird der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung gegenstandslos.
Gründe:
1
Die Verfassungsbeschwerde ist nicht zur Entscheidung anzunehmen, weil die Voraussetzungen des § 93 a Abs. 2
BVerfGG nicht vorliegen. Die Verfassungsbeschwerde hat keine grundsätzliche verfassungsrechtliche Bedeutung.
Ihre Annahme ist auch nicht zur Durchsetzung des von der Beschwerdeführerin als verletzt bezeichneten Grundrechts
angezeigt. Denn die Verfassungsbeschwerde hat keine Aussicht auf Erfolg. Anhaltspunkte dafür, dass die
angegriffenen Entscheidungen gegen das Grundrecht der Beschwerdeführerin aus Art. 3 Abs. 1 in Verbindung mit
Art. 20 Abs. 3 GG verstoßen, sind nicht ersichtlich.
2
Insbesondere hat das Landesarbeitsgericht § 11 a Abs. 1 ArbGG verfassungsfehlerfrei unangewendet gelassen.
§ 11 a Abs. 1 ArbGG regelt die Beiordnung eines Rechtsanwalts durch den Vorsitzenden des Arbeitsgerichts.
Arbeitsgerichte sind gemäß § 1 ArbGG die erstinstanzlichen Gerichte der Arbeitsgerichtsbarkeit, nicht das hier
betroffene Landesarbeitsgericht als zweitinstanzliches Gericht. Im Gegensatz dazu ist in § 11 a Abs. 3 ArbGG von
den "Gerichten für Arbeitssachen" die Rede, womit alle drei Instanzen der Arbeitsgerichtsbarkeit gemeint sind (ebenso
die Terminologie in § 2 ArbGG). Nach allgemeiner Auffassung betrifft deshalb die in § 11 a Abs. 1, Abs. 2 und
Abs. 2 a ArbGG geregelte Pflicht zur Beiordnung eines Rechtsanwalts auf Antrag der Partei, die außer den
entsprechenden persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen nur die anwaltliche Vertretung der Gegenseite, die
fehlende Vertretungsmöglichkeit durch eine Gewerkschaft oder einen Arbeitgeberverband sowie die fehlende
offensichtliche Mutwilligkeit voraussetzt, nur das Verfahren vor dem Arbeitsgericht in der ersten Instanz (vgl. LAG
Berlin, Beschluss vom 26. August 1980 - 9 Sa 39/80 -, AP ArbGG 1979 § 11 a Nr. 1; Germelmann, in:
Germelmann/Matthes/Müller-Glöge/Prütting, ArbGG, 5. Aufl. 2004, § 11 a Rn. 6; Wolmerath, in: Düwell/Lipke, ArbGG,
2. Aufl. 2005, § 11 a Rn. 2 m.w.N.; Helml, in: Hauck/Helml, ArbGG, 3. Aufl. 2006, § 11 a Rn. 23; Bader, in:
Bader/Creutzfeld/Friedrich, ArbGG, 4. Aufl. 2006, § 11 a Rn. 55; Koch, in Erfurter Kommentar zum Arbeitsrecht,
7. Aufl. 2007, § 11 a ArbGG Rn. 41). Die Ausführungen der Beschwerdeführerin geben keinen Anlass, an der
Verfassungsmäßigkeit dieser Auslegung zu zweifeln.
3
Ebenso wenig ist erkennbar, dass das Landesarbeitsgericht die Anforderungen an die Konkretisierung und
Begründung des Rechtsschutzbegehrens, für das Prozesskostenhilfe bewilligt werden soll, unter Verletzung des von
der Beschwerdeführerin benannten Grundrechts überspannt hätte.
4
Von einer weiteren Begründung wird nach § 93 d Abs. 1 Satz 3 BVerfGG abgesehen.
5
Da die Kammer die Verfassungsbeschwerde nicht zur Entscheidung annimmt, wird der Antrag auf Erlass einer
einstweiligen Anordnung gegenstandslos (vgl. § 40 Abs. 3 GOBVerfG).
6
Diese Entscheidung ist unanfechtbar (§ 93 d Abs. 1 Satz 2 BVerfGG).
Bryde
Eichberger
Schluckebier