Urteil des BSG vom 28.03.2013

BSG: Arbeitslosengeld II, Neubemessung der Regelbedarfe ab 1.1.2011, Verfassungsmäßigkeit

BUNDESSOZIALGERICHT Urteil vom 28.3.2013, B 4 AS 12/12 R
Arbeitslosengeld II - Neubemessung der Regelbedarfe ab 1.1.2011 - Verfassungsmäßigkeit
Tenor
Die Sprungrevision der Kläger gegen das Urteil des Sozialgerichts Oldenburg vom 10. Januar
2012 wird zurückgewiesen.
Die Beteiligten haben einander auch für das Revisionsverfahren keine außergerichtlichen
Kosten zu erstatten.
Tatbestand
1 Die Beteiligten streiten über die Gewährung höherer Leistungen zur Sicherung des
Lebensunterhalts nach dem SGB II für den Zeitraum vom 1.5. bis zum 31.10.2011,
insbesondere darüber, ob die Höhe des Regelbedarfs verfassungsgemäß bestimmt worden
ist.
2 Der Kläger zu 1 lebt mit der Klägerin zu 2 und dem am 15.10.2009 geborenen
gemeinsamen Sohn, dem Kläger zu 3, in einer Mietwohnung in D. Für diese Unterkunft
fallen Kosten in Höhe von monatlich 285 Euro Grundmiete zuzüglich Nebenkosten in Höhe
von monatlich 110 Euro sowie Kosten für Heizung in Höhe von monatlich 100 Euro als
Vorauszahlung an. Zudem sind nach dem Mietvertrag monatlich 40 Euro für Strom an den
Vermieter zu überweisen.
3 Mit begünstigendem Änderungsbescheid vom 12.5.2011 bewilligte der Beklagte den
Klägern Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II in Höhe von
monatlich 1182 Euro unter Berücksichtigung eines monatlichen Regelbedarfs der Kläger zu
1 und zu 2 in Höhe von je 328 Euro sowie für den Kläger zu 3 in Höhe von 215 Euro
abzüglich des gezahlten Kindergelds in Höhe von 184 Euro als Einkommen (= 31 Euro).
Leistungen für Unterkunft und Heizung erbrachte er in Höhe von insgesamt 495 Euro
monatlich, nach Köpfen aufgeteilt. Daneben verfügte der Beklagte die direkte Überweisung
der Unterkunftsaufwendungen sowie von 40 Euro für Stromkosten - aus dem Regelbedarf -
an den Vermieter. Den Widerspruch der Kläger gegen die Höhe der bewilligten Leistungen
wies der Beklagte durch Widerspruchsbescheid vom 24.6.2011 zurück.
4 Die am 5.7.2011 erhobene Klage ist erfolglos geblieben (Urteil vom 10.1.2012). Zur
Begründung hat das SG ausgeführt, dass den Klägern keine höheren Ansprüche auf
Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II zustünden. Der im
Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung erst zweijährige Kläger zu 3, der weder eine
Schule noch einen Kindergarten besuche, beanspruche keine Leistungen aus dem
"Bildungspaket" der Abs 2 bis 7 des § 28 SGB II. Ein Anspruch auf Leistungen für
Mehrbedarfe sei ebenfalls nicht gegeben. Die Kosten für Unterkunft und Heizung
übernehme der Beklagte in tatsächlicher Höhe. Das vom Kläger zu 1 erzielte Einkommen in
Höhe von 56,35 Euro sei vom Beklagten zutreffend nicht berücksichtigt worden. Die Kläger
zu 1 und zu 2 seien gesetzlich krankenversichert, der Kläger zu 3 familienversichert.
Grundrechte seien durch die Höhe der gewährten Leistungen nicht verletzt, insbesondere
nicht Art 1 Abs 1 GG iVm Art 20 Abs 1 GG. Nach Wegfall eines Abzugs für die
Warmwasserpauschale und der Berücksichtigung von Bedarfen der Kinder und
Jugendlichen sei eine Verfassungswidrigkeit der Leistungshöhe nicht festzustellen. Das SG
hat in seinem Urteil die Sprungrevision zugelassen.
5 Mit ihrer Revision rügen die Kläger die Verfassungswidrigkeit der Neuregelung der
Regelbedarfe durch das zum 1.1.2011 in Kraft getretene Gesetz zur Ermittlung von
Regelbedarfen und zur Änderung des SGB II und SGB XII (vom 24.3.2011, BGBl I 453 - im
Weiteren RBEG/SGB II/SGB XII-ÄndG). Die Regelungen genügten nicht den
Anforderungen, welche sich aus Art 1 Abs 1 GG iVm Art 20 Abs 1 GG und dem hierzu
ergangenen Urteil des BVerfG vom 9.2.2010 ergäben. Für die Bemessung der
Regelbedarfsstufe 1 nach § 8 Abs 1 Nr 1 RBEG seien teilweise unzutreffende
Referenzgruppen ("verdeckt Arme") in die Berechnung der Bedarfshöhe einbezogen
worden bzw relevante Referenzgruppen ("Aufstockerhaushalte", Leistungsberechtigte nach
AsylbLG, BAföG) außer Betracht geblieben. Entgegen den Vorgaben des BVerfG seien die
Referenzgruppen auch in quantitativer Hinsicht unzutreffend bestimmt worden. Das
Verfahren zur Ableitung des Regelbedarfs aus der Einkommens- und Verbrauchsstichprobe
sei nicht in transparenter Art und Weise durchgeführt worden. Die von der Einkommens-
und Verbrauchsstichprobe vorgenommenen Abschläge zB für alkoholische Getränke und
Tabakwaren, Gaststättenbesuche sowie weiterer Positionen führten zu einer übermäßigen
Kürzung des statistisch ermittelten Bedarfs. Die Zurechnung der Stromkosten zum
Regelbedarf anstatt zu den Kosten der Unterkunft sei ebenfalls zu missbilligen. Hinsichtlich
der Festlegung der Regelbedarfsstufen 4 bis 6 gemäß § 8 Abs 1 Nr 4 bis 6 RBEG sei der
Gesetzgeber seiner Begründungspflicht nicht nachgekommen. Das lebensnotwendige
physische Existenzminimum von Kindern und Jugendlichen sei nicht ausreichend und nicht
realitätsgerecht ermittelt worden. Zum Beispiel seien die Ausgabepositionen für bestimmte
Waren, wie insbesondere Kinderschuhe, nicht altersgerecht bzw unzutreffend festgesetzt
worden. Auch seien Leistungen für Kosten eines Mobiltelefons nicht im Regelbedarf
enthalten. In Bezug auf die Bildungsbedarfe fehle es gänzlich an Ermittlungen. Der Betrag
in Höhe von 100 Euro für Schulausstattung sei freihändig geschätzt, zudem fehle dem
Gesetz eine Fortschreibungsregel. Da aufgrund der Berücksichtigung eines
Schulausstattungsbedarfs der Regelbedarf für Kinder für Schreibwaren, Zeichenmaterial
und Ähnliches gekürzt worden sei, sei auch der Regelbedarf inkorrekt bestimmt. Dies gelte
auch für den Bereich der Teilhabeleistungen. Hier seien wichtige Teilbereiche
unberücksichtigt gelassen worden, wie zB Kinobesuche. Das Verfahren zur Ermittlung der
Bedarfe sei auch insoweit intransparent und nicht nachvollziehbar oder sachgerecht. Da die
Ermittlung des Regelbedarfs mit einer Vielzahl von Fehlern behaftet sei, die den Vorgaben
des BVerfG widersprächen, sei die Höhe des Regelbedarfs zu niedrig festgesetzt.
6 Die Kläger beantragen,
das Urteil des Sozialgerichts Oldenburg vom 10. Januar 2012 aufzuheben und den
Beklagten unter Änderung des Bescheids vom 12. Mai 2011 in der Fassung des
Widerspruchsbescheids vom 24. Juni 2011 zu verurteilen, ihnen Leistungen zur Sicherung
des Lebensunterhalts nach dem SGB II unter Berücksichtigung eines höheren
Regelbedarfs für die Zeit vom 1. Mai 2011 bis zum 31. Oktober 2011 zu gewähren.
7 Der Beklagte beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
8 Er ist der Auffassung, dass die bewilligten Regelbedarfe verfassungsrechtlich nicht zu
beanstanden seien. Die vom BVerfG aufgestellten Grundsätze der Transparenz, der
Systemeinhaltung, der sachlichen Rechtfertigung von Systemabweichungen sowie von
Schätzungen und Vermeidung von Zirkelschlüssen seien beachtet worden. Der Rückgriff
auf die Einkommens- und Verbrauchsstichprobe werde vom BVerfG ausdrücklich gebilligt.
Auch das Statistikmodell sei für verfassungsgemäß erachtet worden. Die Bestimmung der
Referenzgruppen sei in verfassungskonformer Weise erfolgt. Ebenso seien die
vorgenommenen Abschläge nicht zu beanstanden, da der Gesetzgeber lediglich das
soziokulturelle Existenzminimum zu sichern habe.
Entscheidungsgründe
9 Die Sprungrevision ist unbegründet.
10 1. Streitgegenstand sind höhere Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach
dem SGB II für den Zeitraum vom 1.5. bis 31.10.2011, als durch den Bescheid des
Beklagten vom 12.5.2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 24.6.2011
bewilligt. Maßgebend für die Bestimmung des Streitgegenstands ist der geltend gemachte
prozessuale Anspruch, dh Klageantrag und Klagegrund im Hinblick auf einen bestimmten
Sachverhalt (BSG SozR 4-5425 § 24 Nr 11 RdNr 11; BSG SozR 4-1500 § 51 Nr 4 RdNr
26 mwN). Der Beklagte hat mit dem angefochtenen Bescheid über den Anspruch der
Kläger auf Alg II und Sozialgeld insgesamt entschieden. Damit stehen Regel- sowie
Unterkunfts- und Heizbedarf und ggf Mehrbedarfs- sowie Bildungs- und
Teilhabeleistungen im Streit. Diesen Bescheid haben die Kläger - nach dem Antrag, den
sie im Revisionsverfahren gestellt haben - insgesamt mit ihrer kombinierten Anfechtungs-
und Leistungsklage angegriffen.
11 Die Kläger haben danach ihr Klagebegehren nicht auf den Regelbedarf beschränkt.
Soweit sie sich argumentativ ausschließlich mit den ihrer Ansicht nach verfassungswidrig
zu niedrig festgesetzten Regelbedarfen auseinandersetzen, folgt hieraus ebenso wenig,
wie aus der Ergänzung des Antrags um die Worte "unter Berücksichtigung eines höheren
Regelbedarfs", eine Beschränkung des Streitgegenstands. Die Beschränkung des
Streitgegenstands auf die Frage der Verfassungsmäßigkeit der Höhe der Regelbedarfe
nach dem SGB II wäre zudem auch eine nicht zulässige Begrenzung (BSG vom 25.1.2012
- B 14 AS 131/11 R - RdNr 8 mwN; vgl auch zum Teilanerkenntnis BSGE 103, 153 = SozR
4-4200 § 12 Nr 13, RdNr 12; zum Teilvergleich SozR 4-4200 § 11 Nr 43 RdNr 16).
12 Ausgehend von dem objektiven Regelungsgehalt des angefochtenen Bescheids und dem
Klageantrag ist Streitgegenstand hingegen nicht die direkte Auszahlung der bewilligten
Leistungen für Unterkunft und Heizung sowie von 40 Euro für Stromkosten aus dem
Regelbedarf an den Vermieter der Kläger. Der Beklagte hat mit der Bestimmung eines
anderen Empfängers der den Klägern bewilligten Leistungen lediglich die
Auszahlungsmodalitäten modifiziert, nicht jedoch die Bewilligung der Leistungen dem
Grunde und der Höhe nach verändert. Das zuvor behandelte Begehren der Kläger auf
höhere Leistungen umfasst mithin nicht die Auszahlung der gesamten Leistungen an sie.
Der Beklagte hat die Bestimmung eines anderen Empfängers als die Kläger zudem im
Bescheid vom 12.5.2011 in einem selbstständigen Verfügungssatz geregelt. Insoweit
haben die Kläger den Bescheid jedoch nicht angefochten.
13 2. Die Kläger haben mit ihrem Begehren jedoch keinen Erfolg. Der Bescheid vom
12.5.2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 24.6.2011 ist rechtmäßig. Die
Höhe der den Klägern bewilligten Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach
dem SGB II ist nicht zu beanstanden. Sie haben einfachgesetzlich keinen Anspruch auf
höhere Leistungen im Zeitraum vom 1.5. bis 31.10.2011. Die Höhe ihres Regelbedarfs ist
auch nicht verfassungswidrig zu niedrig bemessen.
14 Der Senat konnte in der Sache selbst entscheiden. Das erstinstanzliche Urteil ist noch
nicht verfahrensfehlerhaft nicht mit Gründen iS des § 136 Abs 1 Nr 6 SGG versehen (s
auch BSG vom 25.1.2012 - B 14 AS 131/11 R - RdNr 10). Es lassen sich gerade noch eine
eigenständige Auseinandersetzung mit der Frage der Verfassungsmäßigkeit der
Regelbedarfe und damit hinreichende Entscheidungsgründe iS des § 136 Abs 1 Nr 6 SGG
erkennen.
15 Aus den vom SG festgestellten Tatsachen folgt, dass die Voraussetzungen des § 7 Abs 1
SGB II gegeben sind. Die Kläger haben einen Anspruch auf Leistungen zur Sicherung des
Lebensunterhalts nach dem SGB II, jedoch nur in dem von dem Beklagten bewilligten
Umfang. Sie haben weder Anspruch auf höhere Leistungen für Unterkunft und Heizung
(3.), noch auf eine Mehrbedarfsleistung nach § 21 SGB II (6.) oder Leistungen zur Teilhabe
und Bildung nach § 28 SGB II (5.). Der erkennende Senat ist darüber hinaus von der
Verfassungsmäßigkeit der Höhe der Regelbedarfe nach dem SGB II in der Fassung des
RBEG überzeugt (4.), soweit es den Regelbedarf für Alleinstehende (a.) und erwachsene
Ehepartner, die zusammenleben (b.) sowie für Erwachsene in einem Paarhaushalt mit
Kind (c.) und ein Kind bis zur Vollendung des zweiten Lebensjahres (d.) betrifft.
16 3. Der Bescheid vom 12.5.2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 24.6.2011
ist im Hinblick auf die Bestimmung der Höhe der Leistungen für Unterkunft und Heizung
nicht zu beanstanden. Nach § 22 Abs 1 S 1 SGB II werden Bedarfe für Unterkunft und
Heizung in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen anerkannt, soweit diese angemessen
sind. Der Beklagte hat hier der Leistungsbewilligung die sich aus dem Mietvertrag
ergebenden tatsächlichen Aufwendungen zugrunde gelegt. Danach hatten die Kläger im
streitigen Zeitraum einen Bedarf in Höhe von monatlich 495 Euro, der sich aus einer
Grundmiete in Höhe von 285 Euro zuzüglich einer Nebenkostenvorauszahlung in Höhe
von 110 Euro sowie einer Heizkostenvorauszahlung in Höhe von 100 Euro monatlich
ergibt.
17 4. Die Kläger haben nach den bindenden Feststellungen des SG (§ 163 SGG) keinen
Anspruch auf Leistungen für Mehrbedarfe, insbesondere nicht nach § 21 Abs 7 SGB II. Es
fehlt insoweit an den tatsächlichen Voraussetzungen für die Gewährung eines solchen
Bedarfs. Denn es liegt kein Hinweis auf eine dezentrale Warmwassererzeugung in der
Wohnung der Kläger vor. Vielmehr haben die Kläger monatlich einen Betrag in Höhe von
100 Euro für Heiz- und Warmwasserkosten zu zahlen.
18 5. Leistungen zur Deckung von Bedarfen für Bildung und Teilhabe kann der Kläger zu 3
für den hier in Betracht kommenden Zeitraum nicht beanspruchen. Er hat sie nach den
Feststellungen des SG nicht beantragt. Leistungen für Bildung und Teilhabe bedürfen
jedoch nach § 37 Abs 1 S 2 SGB II - mit Ausnahme der hier aufgrund des Alters des
Klägers zu 3 ohnehin nicht in Betracht kommenden Leistungen für den persönlichen
Schulbedarf (§ 28 Abs 3 SGB II) - des gesonderten Antrags. Für Zeiten vor der
Antragstellung werden nach § 37 Abs 2 SGB II Leistungen nicht erbracht.
19 6. Es bestand für den Senat auch kein Anlass, das Verfahren nach Art 100 Abs 1 S 1 GG
auszusetzen und eine Entscheidung des BVerfG zur Vereinbarkeit von § 19 Abs 1 S 1, §
20 Abs 1 und Abs 2 S 1 SGB II in der Fassung des RBEG/SGB II/SGB XII-ÄndG mit Art 1
Abs 1 GG iVm Art 20 Abs 1 GG einzuholen. Der erkennende Senat konnte sich nicht
davon überzeugen, dass der Gesetzgeber durch das RBEG/SGB II/SGB XII-ÄndG die ab
dem 1.1.2011 neu festgesetzte Höhe der Regelbedarfe für Alleinstehende (a.), Ehepartner,
die zusammenleben (b.), Erwachsene in einem Paarhaushalt mit Kind (c.) und Kindern bis
zur Vollendung des zweiten Lebensjahres (d.) in verfassungswidriger Weise zu niedrig
bemessen hat.
20 Verfassungsrechtlicher Maßstab für die Prüfung ist wegen des Gestaltungsspielraums des
Gesetzgebers eine zurückhaltende materielle Kontrolle der einfachgesetzlichen Regelung
dahingehend, ob die Leistungen evident unzureichend sind. Da eine Ergebniskontrolle am
Maßstab des Grundrechts auf Gewährung eines menschenwürdigen Existenzminimums
(Art 1 Abs 1 iVm Art 20 Abs 1 GG) nur begrenzt möglich ist, muss jenseits der
Evidenzkontrolle überprüft werden, ob die Leistungen auf der Grundlage verlässlicher
Zahlen und schlüssiger Berechnungsverfahren zu rechtfertigen sind (BVerfG Urteil vom
9.2.2010 - 1 BvL 1/09 ua - BVerfGE 125, 175 = SozR 4-4200 § 20 Nr 12 = BGBl I 2010,
193, RdNr 141 ff, im Weiteren BVerfG aaO).
21 a) Der Regelbedarf der Kläger zu 1 und 2 leitet sich nach § 20 Abs 4 SGB II in der
Fassung des RBEG/SGB II/SGB XII-ÄndG iVm § 8 Abs 1 Nr 2 RBEG von dem eines
Alleinstehenden in einem Einpersonenhaushalt ab. Der Regelbedarf eines solchen
alleinstehenden Erwachsenen ist durch das RBEG/SGB II/SGB XII-ÄndG nicht in
verfassungswidriger Weise zu niedrig festgesetzt worden. Der erkennende Senat schließt
sich insoweit dem 14. Senat des BSG an, der dies im Juli 2012 in zwei Entscheidungen im
Einzelnen dargelegt hat (SozR 4-4200 § 20 Nr 17 RdNr 19 ff; vom 12.7.2012 - B 14 AS
189/11 R - RdNr 14). Das BVerfG hat die Verfassungsbeschwerden gegen die benannten
Urteile nicht zur Entscheidung angenommen (BVerfG Beschluss vom 20.11.2012 - 1 BvR
2203/12 - unveröffentlicht; BVerfG Beschluss vom 27.12.2012 - 1 BvR 2471/12 -
unveröffentlicht; zur Bedeutung dessen s Rixen, SozSich 2013, 73 ff).
22 Der Gesetzgeber hat insoweit den ihm zugewiesenen Auftrag, das Grundrecht auf ein
menschenwürdiges Existenzminimum zu gewährleisten, erfüllt. Der 14. Senat hat hierzu
ausgeführt, dass bei der verfassungsrechtlichen Überprüfung der Neuermittlung der
Regelbedarfe der Entscheidungsprozess des Gesetzgebers bei der Neuordnung der §§ 28
ff SGB XII auf die Bemessung des Regelbedarfs in § 20 Abs 2 S 1 SGB II in der Fassung
des RBEG/SGB II/SGB XII-ÄndG zu übertragen sei. Der Gesetzgeber habe den Umfang
des konkreten gesetzlichen Anspruchs auch in einem transparenten und sachgerechten
Verfahren ermittelt, das den Vorgaben des BVerfG im Urteil vom 9.2.2010 (BVerfGE, aaO)
nach realitätsgerechten sowie nachvollziehbaren Festsetzungen auf der Grundlage
verlässlicher Zahlen und schlüssiger Berechnungsverfahren entspreche. Dabei habe sich
der Gesetzgeber des vom BVerfG gebilligten Statistikmodells bedienen können. Innerhalb
dieses Ansatzes habe er, ausgehend von der Einkommens- und Verbrauchsstichprobe
(EVS) 2008, die Referenzgruppe anhand der unteren Einkommensgruppen bestimmt,
ohne seinen gesetzgeberischen Gestaltungsspielraum zu überschreiten.
23 Dies gilt auch, soweit in der Literatur vorgebracht wird, der Gesetzgeber sei seinem
Auftrag, auch die "versteckt Armen" aus der Regelbedarfsberechnung auszunehmen, nicht
hinreichend nachgekommen (s nur Irene Becker, SozSich, Sonderheft September 2011,
20 ff). Es überzeugt den Senat nicht, wenn unter Bezugnahme auf die Entscheidung des
BVerfG deswegen die Höhe des Regelbedarfs als nicht mit Art 1 Abs 1 iVm Art 20 Abs 1
GG vereinbar bewertet wird (so Münder, SozSich Sonderheft September 2011, 70 ff). Das
BVerfG hatte den Verzicht auf eine Schätzung des Anteils der "verdeckt Armen" durch den
Gesetzgeber in Ermangelung hinreichend sicherer empirischer Grundlagen durch die EVS
2003 für die Vergangenheit für vertretbar gehalten (BVerfG aaO, RdNr 169). An dem
Mangel der Möglichkeit, methodisch unzweifelhaft und ohne Setzungen die "verdeckt
Armen" aus den Referenzhaushalten auszuschließen, hat sich auch bei der Auswertung
der EVS 2008 nichts geändert. Dies gilt zumindest für den hier zur Verfügung stehenden
zeitlichen Rahmen. Durch diesen wird der Gestaltungsspielraum des Gesetzgebers
mitbestimmt. Aufgrund der an den Gesetzgeber gerichteten Umsetzungsverpflichtung der
Entscheidung des BVerfG bis zum 31.12.2010 (BVerfGE aaO, RdNr 216) stand ein
Zeitraum von nicht einmal einem Jahr für die Neufestsetzung der Regelbedarfe zur
Verfügung und die Ergebnisse der EVS 2008 lagen erst im Herbst 2010 vollständig vor. In
der Begründung zum RBEG/SGB II/SGB XII-ÄndG wird daher eine Korrektur der
Referenzgruppen um die "verdeckt Armen" ua mit der Begründung abgelehnt, aufgrund
der Vielgestaltigkeit der Einkünfte von Haushalten hätte eine Einzelfallauswertung der
Haushalte erfolgen müssen. Diese wäre jedoch weder durch die Wissenschaft noch durch
das Statistische Bundesamt zu leisten gewesen (BT-Drucks 17/3404, S 88). Auch insoweit
wird zwar in der Literatur Kritik angebracht, insbesondere an dem über "das Notwendige
hinausgehende Anforderungsprofil" des Gesetzgebers. Dadurch würden die Grenzen des
Datensatzes der EVS zwangsläufig erreicht. Es werden daher Vorschläge zur
methodischen Identifizierung der "verdeckten Armut" gemacht (s zusammenfassend Irene
Becker, SozSich, Sonderheft September 2011, 24), die einen weniger großen
Genauigkeitsgrad aufweisen (Irene Becker, SozSich, Sonderheft September 2011, 22). Ob
der Gesetzgeber sich jedoch entschließt, angesichts der Vorgaben des BVerfG derartige
offene "Ungenauigkeiten" in seine Berechnung einzubeziehen, muss seiner Entscheidung
im Rahmen seines Gestaltungsspielraums vorbehalten bleiben. Hierbei ist auch zu
berücksichtigen, dass es sich bei den Vorschlägen um wissenschaftlich noch nicht
abschließend diskutierte Ansätze handelt, ein sachgerechtes Verfahren zu entwickeln
oder weiterzuentwickeln, um so eine statistisch zuverlässig über der Sozialhilfeschwelle
liegende Referenzgruppe zu ermitteln (Irene Becker, SozSich, Sonderheft September
2011, 21). Dies ändert allerdings nichts daran, dass der Gesetzgeber bei der Auswertung
der EVS 2013 der ihm vom BVerfG auferlegten Pflicht zur Fortentwicklung des
Bedarfsermittlungssystems nachkommen muss und darauf zu achten haben wird, dass
Haushalte, deren Nettoeinkommen unter dem Niveau der Leistungen zur Sicherung des
Lebensunterhalts von SGB II und SGB XII liegt, aus der Referenzgruppe ausgeschieden
werden (BVerfGE, aaO, RdNr 169). Dies hat der Gesetzgeber jedoch auch selbst erkannt.
Er hat in § 10 Abs 1 iVm § 10 Abs 2 Nr 1 RBEG eine Verpflichtung des
Bundesministeriums für Arbeit und Soziales (BMAS) bestimmt, dem Bundestag ua für die
Weiterentwicklung der Methoden zur Abgrenzung der Referenzhaushalte nach § 3 Abs 1
RBEG hinsichtlich der Bestimmung von Haushalten der EVS Vorschläge zu unterbreiten,
die nicht als Referenzhaushalte zu berücksichtigen sind, weil deren eigene Mittel nicht zur
Deckung des jeweils zu unterstellenden Bedarfs nach dem SGB II und SGB XII
ausreichen.
24 Der erkennende Senat ist ebenso wie der 14. Senat des BSG ferner davon überzeugt,
dass die im Rahmen des Statistikmodells begründete Herausnahme einzelner Positionen
durch den Gesetzgeber nicht zu beanstanden ist. Er folgt dem 14. Senat, wenn dieser
ausführt, die regelbedarfsrelevanten Ausgabenpositionen und -beträge seien so bestimmt,
dass ein interner Ausgleich möglich bleibe. Auch bei der Kennzeichnung einzelner
Verbrauchspositionen als bedarfsrelevant und dem Ausschluss bzw der Kürzung anderer
Verbrauchspositionen hat der Gesetzgeber seinen Gestaltungsspielraum nicht
überschritten. Zutreffend hat er sich schließlich bei der Regelung eines
Fortschreibungsmechanismus an seiner Entscheidung für das Statistikmodell orientiert.
Um Wiederholungen zu vermeiden sieht der erkennende Senat von einer Darstellung der
Ausführungen im Einzelnen ab.
25 b) Die Festsetzung eines - im Vergleich zu alleinstehenden Erwachsenen - niedrigeren
Regelbedarfs für die Kläger zu 1 und zu 2 gemäß § 20 Abs 4 SGB II in der Fassung des
RBEG/SGB II/SGB XII-ÄndG, § 8 Abs 1 Nr 2 RBEG aufgrund des Bestehens einer
Bedarfsgemeinschaft - hier: aufgrund einer Ehe zwischen dem Kläger zu 1 und der
Klägerin zu 2 - ist ebenso wenig verfassungswidrig. Der Gesetzgeber durfte davon
ausgehen, dass durch das gemeinsame Wirtschaften Aufwendungen erspart werden und
deshalb zwei zusammenlebende Partner einen finanziellen Mindestbedarf haben, der
unter dem Doppelten des Bedarfs eines Alleinwirtschaftenden liegt. Da aufgrund des
Zusammenlebens anzunehmen ist, dass beide Partner "aus einem Topf" wirtschaften, ist
es auch nicht zu beanstanden, dass der Gesetzgeber für beide Partner einen gleich hohen
Bedarf in Ansatz bringt (vgl BVerfG, aaO, RdNr 154; s auch Kohte in
Kreikebohm/Spellbrink/Waltermann, Kommentar zum Sozialrecht, 2. Aufl 2011, § 20 SGB
II RdNr 54).
26 c) Auch soweit es den Regelbedarf für zwei zusammenlebende Erwachsene betrifft, in
deren Haushalt mindestens ein Kind lebt, kann nicht angenommen werden, dass dieser
evident zu niedrig bestimmt worden ist, obwohl der Bedarf der beiden Erwachsenen nur
auf einer Ableitung dessen von einem alleinstehenden Erwachsenen beruht. Eine
gesonderte Bedarfserhebung ist insoweit nicht erfolgt. Die Sonderauswertung
"Paarhaushalt mit einem Kind" diente nur dazu, die "Kinderausgaben" in diesem
Paarhaushalt zu bestimmen (BT-Drucks 17/3404, S 64 f). Zwar mangelt es an einer
näheren Begründung für die konkrete Bemessung des grundsicherungsrechtlich
relevanten Bedarfs für Erwachsene, die mit Kindern zusammenleben. Aus dem bloßen
Fehlen einer Begründung für die Ableitung des Regelbedarfs der Erwachsenen in einem
Paarhaushalt ausschließlich von dem eines Alleinstehenden kann im Gegensatz zu
Münder (in Soziale Sicherheit - Sonderheft September 2011, S 80) jedoch noch nicht auf
eine Unvereinbarkeit mit Art 1 Abs 1 GG iVm Art 20 Abs 1 GG geschlossen werden.
27 Der gesetzliche Leistungsanspruch muss stets den gesamten existenznotwendigen Bedarf
decken (BVerfG, aaO, RdNr 137). Dabei darf der Gesetzgeber in Erfüllung seines
Gewährleistungsauftrags jedoch auch wertende Entscheidungen treffen, um die soziale
Wirklichkeit zeit- und realitätsgerecht zu erfassen. Der Umfang des Anspruchs auf ein
menschenwürdiges Existenzminimum hängt von den gesellschaftlichen Anschauungen
über das für ein menschenwürdiges Dasein Erforderliche, der konkreten Lebenssituation
des Hilfebedürftigen sowie den jeweiligen wirtschaftlichen und technischen
Gegebenheiten ab und ist danach vom Gesetzgeber konkret zu bestimmen. Hierbei steht
dem Gesetzgeber ein Gestaltungsspielraum zu, der enger ist, soweit er das zur Sicherung
der physischen Existenz eines Menschen Notwendige konkretisiert, und weiter, wo es um
Art und Umfang der Möglichkeit zur Teilhabe am gesellschaftlichen Leben geht (BVerfG,
aaO, RdNr 138; BVerfGE 126, 331 RdNr 103). Aus dem Erfordernis, alle
existenznotwendigen Aufwendungen in einem transparenten und sachgerechten
Verfahren realitätsgerecht sowie nachvollziehbar auf der Grundlage verlässlicher Zahlen
und schlüssiger Berechnungsverfahren zu bemessen, folgt jedoch nicht, dass die Höhe
des existenznotwendigen Lebensunterhalts durch den Einsatz einer allein richtigen
Berechnungsmethode punktgenau ermittelt werden kann und jede Abweichung als
Verfassungsverstoß anzusehen ist (vgl Spellbrink, DVBl 2011, 661). Weder sind normative
Setzungen grundsätzlich ausgeschlossen, noch ist es für die verfassungsrechtliche
Prüfung von Bedeutung, ob die maßgeblichen Gründe für die gesetzliche Neuregelung im
Gesetzgebungsverfahren ausdrücklich als solche genannt wurden oder gar den
Gesetzesmaterialien zu entnehmen sind (BVerfG, NVwZ-RR 2012, 257). Inhaltlicher
Maßstab der einfachgesetzlichen Festschreibung des Leistungsanspruchs sind
Sachgerechtigkeit und Vertretbarkeit (BVerfG, aaO, RdNr 171). Gemessen an diesem
Maßstab führt die Ableitung des Bedarfs der Erwachsenen in einem Paarhaushalt mit
einem Kind von dem eines Alleinstehenden derzeit nicht zu einer evident zu niedrig
bemessenen existenzsichernden Leistung.
28 Genaue Datengrundlagen zur Ermittlung des Bedarfs von zwei Erwachsenen in einem
Paarhaushalt mit Kind liegen nicht vor. Ebenso wie für die Bestimmung des
Existenzminimums des Kindes gilt auch hier, dass bei Haushalten mit Kindern der
überwiegende Teil der Verbrauchsausgaben nicht direkt und unmittelbar auf Erwachsene
und Kinder aufgeteilt werden konnte (BT-Drucks 17/3404, S 64; s zu den Einzelheiten
unter 6 d cc). Es ist insoweit zwar eine Sonderauswertung für Familienhaushalte
durchgeführt worden. Gleichwohl konnten im Rahmen der zur Verfügung stehenden
Umsetzungszeit (s hierzu unter 6 a) nur die Verbrauchsausgaben für den gesamten
Haushalt erfasst werden. Die Ableitung des Bedarfs der beiden Erwachsenen in einem
Paarhaushalt mit Kind von dem eines Alleinstehenden ist daher zurzeit methodisch noch
sachgerecht und vertretbar. Dies gilt umso mehr, als der erkennende Senat davon
ausgeht, dass höhere Bedarfe wegen des Kindes im Wesentlichen durch erhöhte
Aufwendungen im Teilhabebereich entstehen, etwa dadurch, dass das Kind - zumindest
das kleinere - im Rahmen seines Anspruchs nach § 28 Abs 7 SGB II noch nicht allein am
sozialen und kulturellen Leben teilnehmen kann, also der Begleitung bedarf (s hierzu auch
Irene Becker in SozSich, Sonderheft September 2011, 17). Im Bereich der Teilhabe am
gesellschaftlichen Leben ist der Gestaltungsspielraum des Gesetzgebers, ausgehend von
der Vorgabe, dass hier nur das Minimum gewährleistet werden muss (BVerfG, aaO, RdNr
166), jedoch, wie schon dargelegt, weiter. Den Rahmen für seinen Gestaltungsspielraum
bei Rückgriff auf das Statistikmodell bildet die Überlegung, dass die Summe der für die
Gewährleistung des Existenzminimums erforderlichen Verbrauchsausgaben ein
monatliches Budget bilden, über dessen konkrete Verwendung der Leistungsberechtigte
selbst entscheidet. Maßgebend ist, dass der Gesamtbetrag des Budgets ausreicht, die
Existenz zu sichern (BT-Drucks 17/3404 S 51). Dem Umstand möglicher erhöhter Bedarfe
der Erwachsenen durch ein Kind in einem Paarhaushalt kann daher zum einen allgemein
durch Rückgriff auf den internen Ausgleich innerhalb der Pauschale Rechnung getragen
werden. Zum anderen hat der Gesetzgeber im Rahmen der Bestimmung der Höhe des
Regelbedarfs für Erwachsene wegen der Einführung des Bildungs- und Teilhabepakets
für Kinder und Jugendliche, für Eltern eine Mitgliedschaft in Organisationen ohne
Erwerbscharakter erstmals in voller Höhe als regelbedarfsrelevant definiert (vgl BT-Drucks
17/3404, S 64). Insoweit ist mithin der erhöhte Bedarf durch die Teilhabe des Kindes in die
Bestimmung der Höhe des Regelbedarfs eines Alleinstehenden eingerechnet worden.
29 Die Berücksichtigung bei der Bemessung der Pauschale hat auch hier zur Folge, dass die
Entscheidung, wofür der Betrag genutzt wird, dem einzelnen
Bedarfsgemeinschaftsmitglied obliegt, er also auch für andere Aufwendungen durch die
Teilhabe des Kindes genutzt werden kann. Gleichwohl wird der Gesetzgeber die Bedarfe
von zwei Erwachsenen in einem Paarhaushalt mit Kind bei der Auswertung der EVS 2013
unter Beachtung der sich aus § 10 Abs 2 Nr 3 RBEG ergebenden Verpflichtung zu
berücksichtigen haben. Danach hat das BMAS dem Bundestag bis Juli 2013 für die
Ermittlung von regelbedarfsrelevanten Verbrauchsausgaben von Erwachsenen
Vorschläge zu unterbreiten, die in einem Mehrpersonenhaushalt leben. Diese bilden
sodann die Grundlage für die Ermittlung von Regelbedarfen und die danach
vorzunehmende Bestimmung von Regelbedarfsstufen für Erwachsene, die nicht in einem
Einpersonenhaushalt leben.
30 Soweit Münder in seine Überlegungen auch die "Haushaltsgemeinkosten" einbezieht,
wird zwar schon nicht hinreichend deutlich, welche Kosten er hier betrachtet (Münder,
SozSich, Sonderheft September 2011, 85). Unbestritten steigen nach allgemeiner
Lebenserfahrung durch ein Kind in einem Haushalt allerdings die Aufwendungen etwa in
den Abteilungen 04 (Wohnen, Energie und Wohnungsinstandhaltung), 05
(Innenausstattung, Haushaltsgeräte und -gegenstände), 08 (Nachrichtenübermittlung) und
12 (andere Waren und Dienstleistungen). Derartige Aufwendungen sind jedoch in die
Bemessung der Regelbedarfe der Kinder in Abhängigkeit von den Aufwendungen des
Haushalts, als deren eigene Bedarfe eingeflossen (zur verfassungsrechtlichen Bewertung
der Kinderregelbedarfe s unten unter 6 d, cc). Inwieweit darüber hinaus den Erwachsenen
selbst durch das Zusammenleben mit dem Kind weitere Bedarfe als die durch die bereits
erörterten der Teilhabe entstehen, ist nicht ersichtlich.
31 Daraus, dass der Gesetzgeber für Alleinerziehende einen zusätzlichen Bedarf bei Pflege
und Erziehung von Kindern (§ 21 Abs 3 SGB II) erkannt hat, folgt keine Verengung seines
Gestaltungsspielraums derart, dass von der Annahme der Verfassungswidrigkeit der
Ableitung der Höhe des Regelbedarfs für zwei Erwachsene in einem Paarhaushalt mit
einem Kind ausschließlich von dem Regelbedarf eines Alleinstehenden ausgegangen
werden müsste. Dies folgt zwar nicht bereits daraus, dass der Gesetzgeber bei den
Alleinerziehenden nicht den Regelbedarf an sich höher bemessen hat, sondern ihnen eine
zusätzliche Mehrbedarfsleistung zubilligt. Er braucht die Existenz nicht allein durch die
Regelleistung zu sichern. Es obliegt seinem Gestaltungsspielraum, ob er sich insoweit
ergänzender Leistungen bedient oder den erkannten Bedarf in die Bemessung des
Regelbedarfs einbezieht. Entscheidend insoweit ist nur, dass das verfassungsrechtlich
gebotene Existenzminimum sichergestellt wird (BVerfG, aaO, RdNr 170). Soweit mithin
aus dem für Alleinerziehende ermittelten verfassungsrechtlich relevant zu deckenden
Bedarf folgen sollte, dass sich dieser mit dem von zwei Erwachsenen in einem
Paarhaushalt mit Kind deckt, jedoch entweder nicht in der Höhe deren Regelbedarfs
niederschlägt oder nicht über eine gesonderte Leistung gedeckt wird, kann dies auch
bedeuten, dass das verfassungsrechtlich zu gewährleistende Existenzminimum der
Erwachsenen im Paarhaushalt mit Kindern unterschritten wird. Dies ist jedoch nicht der
Fall.
32 Es mangelt den Erwachsenen in einem Paarhaushalt mit Kind bereits an einem
verfassungsrechtlich relevanten Bedarf durch die Erziehung und Pflege der Kinder, wie er
für "Alleinerziehende" erkannt worden ist. Bei dem Personenkreis der Alleinerziehenden
ist von einer besonderen Bedarfssituation auszugehen, bei der typischerweise ein
zusätzlicher Bedarf zu bejahen ist (BSG vom 23.8.2012 - B 4 AS 167/11 R - RdNr 14 ff;
BSGE 102, 290 = SozR 4-4200 § 21 Nr 5, RdNr 15). Solche besonderen Lebensumstände
sind ausgehend von den Gesetzesmaterialien zur Einführung und zum Zweck der
entsprechenden Regelung im BSHG (vgl den Gesetzentwurf des Bundesrates vom
26.3.1985, BT-Drucks 10/3079 S 5) exemplarisch darin gesehen worden, dass
Alleinerziehende wegen der Sorge für ihre Kinder typischerweise weniger Zeit haben,
preisbewusst einzukaufen sowie zugleich höhere Aufwendungen zur Kontaktpflege und
zur Unterrichtung in Erziehungsfragen tragen müssen bzw externen Rat in Betreuungs-,
Gesundheits- und Erziehungsfragen benötigen. Auch der Zweck des § 21 Abs 3 SGB II
liegt darin, den höheren Aufwand von Alleinerziehenden für die Versorgung und Pflege
bzw Erziehung der Kinder etwa wegen geringerer Beweglichkeit und zusätzlicher
Aufwendungen für die Kontaktpflege oder Inanspruchnahme von Dienstleistungen Dritter
in pauschalierter Form auszugleichen (BSG vom 23.8.2012 - B 4 AS 167/11 R - RdNr 14;
BSGE 102, 290 = SozR 4-4200 § 21 Nr 5, RdNr 1). Zwar ist an diesen Gründen die Kritik
geäußert worden, der Mehrbedarf für Alleinerziehende sei wegen des gesellschaftlichen
Wandels überholt (Düring in Gagel, SGB II/SGB III, Stand XI/2010, § 21 RdNr 19 und
Krauß in Hauck/Noftz, SGB II, K, Stand V/2011, § 21 RdNr 36). Abgesehen davon, dass
sich die Gruppe der Alleinerziehenden gegenüber allen anderen Haushaltsformen nach
wie vor besonders oft unterhalb der relativen Einkommensschwelle befindet und auch als
Erwerbstätige signifikant niedrigere Einkommen als Paarhaushalte erzielt (vgl den 4.
Armuts- und Reichtumsbericht der Bundesregierung 2012, S 324, 329), ändert ein Wandel
der gesellschaftlichen Anschauungen nichts an der oben dargelegten
verfassungsrechtlichen Wertung im Hinblick auf die Bemessung des Regelbedarfs eines
Paares mit Kind. Sozialpolitische Entscheidungen des Gesetzgebers sind
verfassungsrechtlich anzuerkennen, solange seine Erwägungen weder offensichtlich
fehlsam, noch mit der Wertordnung des Grundgesetzes unvereinbar sind (BVerfGE 113,
167 ff, 215 = SozR 4-2500 § 266 Nr 6). Zumindest können diese Wertungen nicht
umgekehrt dazu führen, dass Bedarfe durch Kindererziehung in dem gleiche Maße wie bei
Alleinstehenden auch bei zwei Erwachsenen in einem Paarhaushalt mit Kind
bedarfserhöhend berücksichtigt werden müssten, ohne dass das Existenzminimum
Letzterer evident zu niedrig bemessen wäre.
33 d) Auch die Festsetzung des Regelbedarfs für den Kläger zu 3 ist verfassungsrechtlich
nicht zu beanstanden. Der für Kinder, die, wie der Kläger zu 3, unter sechs Jahre alt sind,
gesetzlich in § 23 Nr 1 SGB II in der Fassung des RBEG/SGB II/SGB XII-ÄndG, § 8 Abs 1
Nr 6 RBEG vorgesehene Bedarf ist, zumindest soweit er Kinder bis zur Vollendung des 2.
Lebensjahres betrifft, nicht in verfassungswidriger Weise zu niedrig festgesetzt worden.
Der Gesetzgeber hat den ihm insoweit zustehenden Gestaltungsspielraum nicht evident
unter- bzw überschritten.
34 aa) Soweit es die Fragen der grundsätzlichen Eignung der EVS zur Bestimmung des
Umfangs des existenznotwendigen Bedarfs, die Wahl der Referenzhaushalte, die
Tragfähigkeit der Auswertung und die grundsätzliche Bestimmung des
regelsatzrelevanten Bedarfs angeht, gilt dasselbe, wie für die Bemessung des
Regelbedarfs für die Alleinstehenden ausgeführt (6 a). Um Wiederholungen zu vermeiden,
wird darauf verwiesen.
35 bb) Eine Problematisierung der Altersstufungen in den Regelbedarfsstufen des § 28 Abs 4
SGB XII iVm § 8 Abs 1 Nr 4 bis 6, Abs 2 RBEG, § 23 Nr 1 SGB II in der Fassung des
RBEG/SGB II/SGB XII-ÄndG erübrigt sich im vorliegenden Fall. Selbst mit der von Margot
Münnich und Thomas Krebs verwendeten Stufung in der Studie "Ausgaben für Kinder in
Deutschland" (in Wirtschaft und Statistik 2002, S 1080 ff), auf die das BVerfG verwiesen
hat (BVerfG aaO, RdNr 194, 198), würde sich hier kein anderes Ergebnis ergeben. Auch
bei ihnen umfasst die unterste Altersstufe Kinder im Alter von 0 bis unter 6 Jahren. Da der
Kläger zu 3 im hier streitigen Zeitraum erst das zweite Lebensjahr vollendet hat, sind
weitere Differenzierungen nach anderen Altersgruppen nicht entscheidungserheblich.
36 Die generelle Bemessung des kindlichen Regelbedarfs nach Altersstufen ist nicht zu
beanstanden. Das BVerfG hat insoweit auch lediglich darauf hingewiesen, dass nach der
oben benannten Studie von Münnich/Krebs, die bis zum 1.12.2010 geltenden Altersstufen
nach § 28 Abs 1 S 3 Nr 1 SGB II nicht abbildeten, dass sich die Ausgaben für den privaten
Konsum eines Kindes generell mit steigendem Lebensalter erhöhten und dass sie im
Vergleich zwischen Kindern unter 6 Jahren (1. Altersgruppe) und Kindern zwischen 12
und 18 Jahren (3. Altersgruppe) bei Alleinerziehenden mit einem Kind um mehr als ein
Drittel und bei Paaren mit einem Kind fast um die Hälfte wachsen würden (BVerfG, aaO,
RdNr 194 unter Verweis auf Münnich/Krebs, aaO, S 1089, 1091).
37 cc) Auch die Bestimmung des Regelbedarfs von Kindern mittels des
Verteilungsschlüssels in Ableitung vom Bedarf des Haushalts ist verfassungsrechtlich
nicht zu beanstanden.
38 Der Gesetzgeber hatte bis zum RBEG Ermittlungen zum Bedarf von Kindern unterlassen.
Der Abschlag von 40 % gegenüber der Regelleistung für einen Alleinstehenden beruhte -
so das BVerfG - auf einer freihändigen Setzung ohne empirische und methodische
Fundierung (BVerfG, aaO, RdNr 191). Da der Gesetzgeber des RBEG sich zur
Bedarfsermittlung der vom BVerfG gebilligten Methode der EVS bedient hat, in der EVS
die Ausgaben für den privaten Verbrauch jedoch nur für den Haushalt insgesamt erfasst
werden, sind ausschließlich beim Einpersonenhaushalt alle Verbrauchsausgaben
eindeutig der im Haushalt lebenden Person zuzuordnen. Bei Mehrpersonenhaushalten, so
die Begründung zum Entwurf des RBEG, sei dies dagegen nur bei wenigen
Verbrauchsausgaben möglich. Dies bedeute aber auch, dass bei Haushalten mit Kindern
der überwiegende Teil der Verbrauchsausgaben nicht direkt und unmittelbar auf
Erwachsene und Kinder aufgeteilt werden könne (BT-Drucks 17/3404, S 64 ff). Die
Zuordnung der Verbrauchsausgaben der Familienhaushalte auf die im Haushalt lebenden
Personen - zwei erwachsene Personen und ein Kind - erfolgte deswegen nunmehr auf der
Grundlage der Studie "Kosten eines Kindes", die im Auftrag des BMFSFJ erstellt wurde.
Für die Ermittlung der Anteile sind gesonderte Berechnungen vorgenommen worden.
Diese Festlegungen sind - so die Begründung zum Entwurf des RBEG - in einer hierzu
vom BMFSFJ eingerichteten Arbeitsgruppe unter Einbeziehung von Wissenschaftlern
getroffen worden. Die Verteilung erfolgt entweder auf Grundlage von Gutachten (bei den
Bedarfen für Ernährung, Getränke, Verpflegungsdienstleistungen, Strom und
Wohnungsinstandsetzung), nach Köpfen (bei den Bedarfen für Gesundheitspflege,
Telefon und Zeitungen/Bücher, Bekleidung und Schuhe), nach der neuen OECD-Skala
(bei den Bedarfen für Kühlschränke, Waschmaschinen, Haushaltsgeräte, Diensten und
Gütern für Körperpflege) oder allein auf Erwachsene bzw Kinder (bei den Bedarfen für
Praxisgebühren, Post- und Kurierdienste, Finanzdienstleistungen und Mitgliedsbeiträge
für Organisationen ohne Erwerbszweck). Das Statistische Bundesamt hat alsdann
aufgrund der in dieser Arbeitsgruppe ermittelten und festgelegten Verteilungsschlüssel
modellhaft für alle Haushalte mit Kindern auf Basis der EVS 1998 und 2003 eine
Verteilung der Haushaltsausgaben auf Kinder und Erwachsene ermittelt (BT-Drucks
17/3404, S 64 ff). Zwar ist damit im Ergebnis eine normative Festlegung für die Verteilung
der Haushaltsausgaben auf Erwachsene und Kinder im Haushalt erfolgt. Auch wird die
nunmehr gewählte Methode zur Feststellung des existenzsichernden kindlichen Bedarfs in
der Literatur als zwischenzeitlich durch neue Erkenntnisse überholt bezeichnet (vgl Irene
Becker SozSich, Sonderheft September 2011, S 17 ff). Die Methode des
Verteilungsschlüssels ist jedoch gleichwohl eine verfassungsrechtlich zulässige Methode
zur Bestimmung des existenzsichernden kindlichen Bedarfs.
39 Die Methode des Verteilungsschlüssels stellt ein transparentes und nachvollziehbares
Verfahren zur Bemessung des Kinderregelbedarfs dar. Ihr liegt eine wissenschaftlich
begründete Methode zugrunde. Das BVerfG selbst hat auf die Möglichkeit der Wahl dieser
Methode hingewiesen (BVerfG, aaO, RdNr 198). Es hatte die Verfassungswidrigkeit des
Sozialgeldes für Kinder nach § 28 Abs 1 S 3 Nr 1 1. Alt SGB II in Höhe von 207 Euro auch
in erster Linie damit begründet, dass die Ableitung des Regelbedarfs für Kinder bis zur
Vollendung des 14. Lebensjahres mit 60 % von der Regelleistung für einen
alleinstehenden Erwachsenen auf keiner vertretbaren Methode zur Bestimmung des
Existenzminimums beruht und festgestellt, dass schon die Alltagserfahrungen auf das
Vorhandensein eines besonderen kinder- und alterspezifischen Bedarfs hindeuten, den es
in dem Satz "Kinder sind keine kleinen Erwachsenen" zusammengefasst hat. Ihr Bedarf,
der zur Sicherstellung eines menschenwürdigen Existenzminimums gedeckt werden
müsse, habe sich an kindlichen Entwicklungsphasen auszurichten und an dem, was für
die Persönlichkeitsentfaltung eines Kindes erforderlich sei (BVerfG, aaO, RdNr 195). Dies
gewährleistet die Bestimmung des kindlichen Bedarfs durch Verteilung der Aufwendungen
des Familienhaushalts auf die Haushaltsmitglieder. Die Wahl der "besten" Methode ist
verfassungsrechtlich nicht geboten, solange die gewählte Methode vertretbar und geeignet
ist. Dies gilt für die Methode des "Verteilungsschlüssels". Sie wird daher auch in der
juristischen Literatur überwiegend als eine verfassungsrechtlich zulässige Möglichkeit
bewertet, den kindlichen Bedarf zu messen und zuzuordnen (vgl Hörrmann,
Rechtsprobleme des Grundrechts auf Gewährleistung eines menschenwürdigen
Existenzminimums, 1. Aufl 2013, S 113; Münder, SozSich - Sonderheft September 2011,
85).
40 Soweit Kritik an dem hinterlegten Zahlenmaterial geübt und hieraus abgeleitet wird, dass
es deswegen an einem qualitativ validen Ergebnis mangele (Hörrmann, Rechtsprobleme
des Grundrechts auf Gewährleistung eines menschenwürdigen Existenzminimums, 1. Aufl
2013, S 116) und das Transparenzgebot missachtet worden sei (ders, aaO, S 18; Lenze,
WSi-Mitteilungen 2011, 534, 537), vermag der Senat hieraus keine Verfassungswidrigkeit
der Höhe des Regelbedarfs für ein Kind bis zur Vollendung des 3. Lebensjahres
abzuleiten. Dass zum Teil keine konkret bezifferten Aufwendungen in die Bemessung
eingeflossen sind, ist dem Umstand geschuldet, dass insoweit nicht genügend Haushalte
Angaben zu ihrem Verbrauchsverhalten gemacht haben (weniger als 25 Haushalte; s
auch BT-Drucks 17/3404, S 65; zur Kritik hieran vgl Irene Becker in SozSich, Sonderheft
September 2011, 33, die zu dem Ergebnis gelangt, dass die für Kinder unter 6 Jahren
durchgeführte Regelbedarfsberechnung statistisch nicht hinreichend signifikant sei). Ein
Verstoß gegen das Transparenzgebot kann hierin deswegen jedoch nicht erkannt werden
(so auch Mogwitz, ZfSH/SGB 2011, 323, 333). Die Bedarfe sind gleichwohl zu jeweils 100
% als regelsatzrelevanter Anteil des Kindes in die Bemessung des Regelbedarfs
eingeflossen (BT-Drucks 17/3404, S 52). Da die Methode des "Verteilungsschlüssels" an
sich, wie schon dargelegt, nicht zu beanstanden ist, kann angesichts der engen zeitlichen
Vorgaben des BVerfG zur Umsetzung der Neuregelung (s bereits unter 6 a) allein
aufgrund nicht hinreichender Befragungsergebnisse noch kein evident zu niedrig
bemessener Regelbedarf für den Kläger zu 3 festgestellt werden (Mogwitz, ZfSH/SGB
2011, 323, 333; vgl auch Irene Becker in SozSich, Sonderheft September 2011, 18 f).
Nach § 10 Abs 2 Nr 2 RBEG hat das BMAS den Auftrag, dem Deutschen Bundestag bis
zum 1.7.2013 Vorschläge für die Überprüfung und Weiterentwicklung der
Verteilungsschlüssel hinsichtlich der Verteilung der Verbrauchsausgaben von
Familienhaushalten nach § 2 Nr 2 RBEG auf Kinder und Jugendliche als Grundlage für
die Ermittlung von regelbedarfsrelevanten Verbrauchsausgaben nach § 6 RBEG
vorzulegen. Auf dieser Grundlage muss der Gesetzgeber bei der Auswertung der EVS
2013, um dem verfassungsrechtlichen Maßstab der Ermittlung des Anspruchsumfangs in
einem transparenten und sachgerechten Verfahren, realitätsgerecht sowie nachvollziehbar
auf der Grundlage verlässlicher Zahlen und schlüssiger Berechnungsverfahren zu
entsprechen (BVerfGE aaO, Leitsatz 3), auf aussagekräftige Daten zurückgreifen können.
41 dd) Das Vorbringen der Kläger zu der Bedarfsposition "Kinderschuhe", die ihrer Ansicht
nach in verfassungswidriger Art zu niedrig bemessen worden sind, vermag nicht zu
überzeugen. Dass dieser Bedarf für Kinder unter 6 Jahren (Abteilung 03, laufende Nr 8)
um 2,58 Euro niedriger ist als für Kinder zwischen 6 und 14 Jahren, kann zumindest bei
einem bis zu zweijährigen Kind keine fehlerhafte Bemessung nach sich ziehen. Es ist
nicht ersichtlich, dass für die hier zu betrachtende Altersgruppe bis zu 2 Jahren der
eingestellte monatliche Bedarf von 7,02 Euro evident zu niedrig bemessen ist. Zur
Begründung führen die Kläger an, Kinderfüße seien in den ersten Lebensjahren
besonders leicht deformierbar, wüchsen in den ersten drei Lebensjahren 1,5 mm pro
Monat und Kinder unter 6 Jahren benötigten besonders häufig neue Schuhe. Kinder laufen
jedoch nicht vom ersten Tag ihres Lebens an, sondern in der Regel erst mit einem Jahr.
Gleichwohl ist in dem Regelbedarf auch zwischen der Geburt und der Vollendung des
ersten Lebensjahres ein Bedarf für Schuhe von monatlich 7,02 Euro berücksichtigt
worden.
42 Wenig überzeugend erscheint auch die in der Literatur vorgebrachte Kritik an der Höhe
des Regelbedarfs für Kinder bis zu 2 Jahren in der Abteilung 12 (andere Waren und
Dienstleistungen). Es wird darauf hingewiesen, dass für "sonstige Verbrauchsgüter für die
Körperpflege" (laufende Nr 74) nur 2,19 Euro als regelbedarfsrelevante
Verbrauchsausgabe pro Kind eingestellt seien. Von diesem Betrag könne beispielsweise
ein Vorrat an Babywindeln nur für ein paar Tage gekauft werden (Rothkegel, ZfSH/SGB
2011, 79). Insoweit wird jedoch verkannt, dass auch der Regelbedarf für Kinder in
pauschalierter Form gewährt wird. Dies bedeutet, dass ein erhöhter Bedarf für eine
bestimmte Position durch einen verminderten Bedarf bei einer anderen Position
ausgeglichen werden kann. Dies zeigt sich bei der Abteilung 08 besonders deutlich. Dort
sind "sonstige Verbrauchsgüter für die Körperpflege" für alle Kinder im Alter von 0 bis 5
Jahren als regelbedarfsrelevant berücksichtigt. Im Normalfall sind für ein fünfjähriges Kind
keine Aufwendungen für Windeln mehr erforderlich, hingegen jedoch möglicherweise aus
den Positionen 69 (Uhren) oder 73 (Toilettenpapier). Umgekehrt wird ein Kind im Alter des
Klägers zu 3 keinen Bedarf für Uhren, elektrische Geräte zur Körperpflege, Haarpflege,
Rasiermittel (laufende Nr 72) oder Toilettenpapier (laufende Nummer 73) haben.
43 ee) Auch die Aufspaltung der Grundsicherungsleistungen für Kinder in der Altersstufe des
Klägers zu 3 in Regelbedarf und Bildungs- sowie Teilhabebedarfe nach § 28 SGB II in der
Fassung des RBEG/SGB II/SGB XII-ÄndG führt nicht zu einer Verletzung von Art 1 Abs 1
GG iVm Art 20 Abs 1 GG durch Unterschreitung des ihnen zu sichernden
Existenzminimums.
44 (1) Alg II bzw Sozialgeld und Leistungen zur Bildung und Teilhabe dienen in ihrer
Kombination der Sicherung des soziokulturellen Existenzminimums iS des Art 1 Abs 1 GG
iVm Art 20 Abs 1 GG. Das BVerfG hat den grundsicherungsrelevanten Bedarf von Kindern
und Jugendlichen aus einer Zusammenschau der für das Alg II/Sozialgeld bedeutsamen
Bedarfe und denen zur Bildung und Teilhabe bestimmt (BVerfGE, aaO, RdNr 197). Die
Bedarfe für Bildung und Teilhabe stellen also nicht lediglich über den
grundsicherungsrechtlich relevanten Bedarf hinausgehende Leistungen an Kinder und
Jugendliche dar, sondern sind gerade Teil des grundsicherungsrelevanten Bedarfs, den
der Gesetzgeber zu decken hat (BVerfG, aaO, RdNr 192). Dem hat der Gesetzgeber durch
die einfachgesetzliche Ausgestaltung der passiven Leistungen des SGB II durch § 19 Abs
1 und 2 SGB II in der Fassung des RBEG/SGB II/SGB XII-ÄndG Rechnung getragen.
Nunmehr können auch die in §§ 19, 28 SGB II in der Fassung des RBEG/SGB II/SGB XII-
ÄndG genannten Bedarfe die Leistungsberechtigung insgesamt auslösen (vgl § 7 Abs 2 S
3, § 9 Abs 2 S 3, § 13 Abs 1 Nr 4 SGB II; vgl Voelzke in Hauck/Noftz, SGB II, § 28 Rz 23,
Stand XI/12).
45 (2) Auch wenn für den Kläger zu 3 keine Leistungen für Bildung und Teilhabe beantragt
worden sind, sind diese gleichwohl bei der Prüfung der Verfassungsmäßigkeit der Höhe
der existenzsichernden Leistungen zu berücksichtigen. Der gesetzliche
Leistungsanspruch muss zwar so ausgestaltet sein, dass er stets den gesamten
existenznotwendigen Bedarf jedes individuellen Grundrechtsträgers deckt (BVerfGE, aaO,
RdNr 137 unter Hinweis auf BVerfGE 87, 153, 172; BVerfGE 91, 93, 112; BVerfGE 99,
246, 261; BVerfGE 120, 125, 155 und 166). Der gesetzgeberische Gestaltungsspielraum
umfasst jedoch die Beurteilung der tatsächlichen Verhältnisse ebenso wie die wertende
Einschätzung des notwendigen Bedarfs (BVerfGE, aaO, RdNr 138). Insoweit kommt es,
wenn der Gesetzgeber - wie im Teilhabe- und Bildungsbereich - Sach- oder
Dienstleistungen zur Existenzsicherung anbietet, nicht darauf an, ob diese Leistungen
tatsächlich in Anspruch genommen werden. Entscheidend ist vielmehr, dass sie zur
Verfügung stehen. Dies ist bei Kindern bis zur Vollendung des 3. Lebensjahres durch die
Zusammenschau von Regelbedarf und Leistungen für Bildung und Teilhabe der Fall.
Soweit wie hier, die Gewährung von Grundsicherungsleistungen jedoch von der
Antragstellung abhängig ist, obliegt es dem einzelnen Leistungsberechtigten, seinen
Bedarf gegenüber dem Leistungsträger geltend zu machen.
46 (3) Im Gegensatz zur Auffassung des SG ist ein Kind im Alter des Klägers zu 3 auch nicht
von den gesetzlich vorgesehenen Leistungen des § 28 SGB II ausgeschlossen. Sie sind
Teil auch seiner Existenzsicherung. § 28 Abs 2 S 2 und § 28 Abs 6 S 1 Nr 2 SGB II in der
Fassung des RBEG/SGB II/SGB XII-ÄndG sehen vor, dass für Kinder, die eine
Kindertageseinrichtung besuchen Ausflüge und Mittagsverpflegung förderfähig sind.
Dabei handelt es sich nicht lediglich um Kindergärten. Vielmehr ist der Begriff im gleichen
Sinn auszulegen wie § 22 Abs 1 S 1 SGB VIII und umfasst damit neben Kindergärten -
unabhängig von ihrer Bezeichnung im einzelnen Fall - auch Krabbelgruppen, Kinderhorte,
Kleinspielkreise, Kinderkrippen etc (vgl Voelzke in Hauck/Noftz, SGB II, § 28 RdNr 45
[Stand: 11/12]; Leopold in Schlegel/Voelzke/Radüge, JurisPK-SGB II, 3. Aufl 2012, § 28
RdNr 49; Thommes in Gagel, SGB II/III, § 28 SGB II RdNr 13 [Stand: 4/12]; vgl auch Fach
in Oestreicher, SGB II/XII, § 28 SGB II RdNr 51 [Stand: 10/12]; aA O. Loose in Hohm, GK-
SGB II, § 28 RdNr 29 [Stand: 12/11], der - trotz § 26 SGB VIII methodisch fragwürdig - auf
das jeweilige Landesrecht zurückgreifen möchte). Jedenfalls gemeint sind Einrichtungen
zur Betreuung von Kindern im Vorschulalter. Ebenso stehen die Leistungen nach § 28 Abs
7 SGB II in der Fassung des RBEG/SGB II/SGB XII-ÄndG für den Kläger zu 3 zur
Verfügung. Soweit diese auf Mitgliedsbeiträge in den Bereichen Sport, Spiel, Kultur und
Geselligkeit, auf Unterricht in künstlerischen Fächern (zum Beispiel Musikunterricht) und
vergleichbaren angeleiteten Tätigkeiten der kulturellen Bildung und der Teilnahme an
Freizeiten beschränkt sind, folgt auch hieraus keine verfassungswidrige Unterversorgung
des Klägers zu 3. Diese Leistungen dienen dem legitimen Ziel der Herstellung von
Chancengleichheit zwischen leistungs- und nichtleistungsbeziehenden Kindern,
insbesondere durch Integration in bestehende Vereins- und Gemeinschaftsstrukturen (BT-
Drucks 17/3404 S 106). Dass der Gesetzgeber dort nicht alle denkbaren Bereiche
gemeinschaftlicher Aktivität von Kindern aufgenommen hat, ist dem vom BVerfG (BVerfG,
aaO, RdNr 133, 138) ausdrücklich gebilligten Gestaltungsspielraum geschuldet. Dieser
Gedanke rechtfertigt es auch, zB Kinobesuche von der Förderfähigkeit zumindest bei
Kindern im Alter des Klägers zu 3 auszunehmen. Im Übrigen ist die einfachgesetzliche
Regelung des § 28 Abs 7 SGB II in der Fassung des RBEG/SGB II/SGB XII-ÄndG, die
durch ihre offenen Tatbestände viele Spielräume eröffnet, erforderlichenfalls in
verfassungskonformer Weise auszulegen.
47 (4) Unschädlich ist insoweit auch, dass der Gesetzgeber die Bildungs- und
Teilhabeleistungen als Sach- oder Dienstleistungen und nicht in einer Pauschale als
Geldleistung erbringt. Nach der Rechtsprechung des BVerfG bleibt dem Gesetzgeber die
Entscheidung überlassen, ob er das Existenzminimum durch Geld-, Sach- oder
Dienstleistungen sichert. Ebenfalls nicht zu beanstanden ist, dass der Gesetzgeber etwa
im Rahmen des § 28 Abs 7 SGB II in der Fassung des RBEG/SGB II/SGB XII-ÄndG nicht
bloß einen monatlichen Geldbetrag in Höhe von 10 Euro an leistungsberechtigte Kinder
zur Verfügung stellt, sondern diesen mit bestimmten Verwendungszwecken verknüpft hat.
Mit der Zurverfügungstellung des Geldbetrags allein könnte nicht sichergestellt werden,
dass die Geldmittel auch dazu verwendet werden, eben den Teilhabeanteil - als
kindgerechter Sicherstellung des soziokulturellen Existenzminimums - eines Kindes zu
decken. Eine alleinige nachträgliche Kontrolle der zweckentsprechenden Verwendung
geleisteter Geldzahlungen (vgl § 29 Abs 4 SGB II in der Fassung des RBEG/SGB II/SGB
XII-ÄndG) als theoretisch denkbares milderes Mittel reicht nicht aus, um das
soziokulturelle Existenzminimum in dem Zeitraum sicherzustellen, für welchen die
Leistungen gewährt werden. Vielmehr bedarf es einer gegenwärtigen Sicherstellung im
fraglichen Zeitraum (Gegenwärtigkeitsprinzip).
48 (5) Nicht entscheidungserheblich ist ferner, dass das SG keine Feststellungen zu den
tatsächlichen Verhältnissen in der Wohnortgemeinde bzw dem sozialen Umfeld des
Klägers zu 3 im Hinblick auf das dortige Teilhabeangebot iS des § 28 Abs 7 SGB II in der
Fassung des RBEG/SGB II/SGB XII-ÄndG getroffen hat. Die Teilhabemöglichkeiten sind
zwar abhängig von den örtlichen Verhältnissen. Sie sollen jedoch lediglich gewährleisten,
dass den Betroffenen eine Teilhabe im Rahmen der bestehenden örtlichen Infrastruktur
ermöglicht wird. Damit reicht es für die Existenzsicherung aus, wenn die Inanspruchnahme
entsprechender Angebote durch die Teilhabeleistungen sichergestellt wird.
49 Die Träger der Leistungen für Bildung und Teilhabe (gemäß § 6 Abs 1 S 1 Nr 2 SGB II die
kommunalen Träger) trifft nach der nicht zu beanstandenden gesetzgeberischen
Konzeption insoweit auch kein Sicherstellungsauftrag. Vielmehr haben sie lediglich die
finanziellen Hürden zu beseitigen, die einer Integration von Kindern und Jugendlichen in
die Gesellschaft entgegenstehen bzw sie behindern können (vgl BT-Drucks 17/3404 S
107). Zwar wird verschiedentlich gegen eine gutscheinweise Gewährung von
Teilhabeleistungen und eine dadurch eintretende Erfüllung des Leistungsanspruchs (vgl §
29 Abs 2 S 1, Abs 3 S 1 SGB II) eingewandt, insbesondere im "ländlichen Bereich" könne
es so zu einer Unterdeckung des Teilhabebedarfs von Kindern und Jugendlichen
kommen, falls dort keine entsprechenden Angebote bestünden (so zB Münder, SozSich,
Sonderheft September 2011, 88 f). Es erscheint indes bei tatsächlicher Betrachtung kaum
vorstellbar, dass es Gebiete in der Bundesrepublik Deutschland gibt, in denen es
überhaupt keine Angebote für Kinder, insbesondere solcher der Altersstufe 1, gibt, die in
Anspruch genommen werden könnten. Dies gilt auch für den hier zu beurteilenden Fall,
der zudem den städtischen Bereich betrifft.
50 Das Fehlen eines Sicherstellungsauftrages iS der Bereitstellung eines, womöglich sogar
eigenen Angebots der Kommunen ist auch verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden.
Das Grundrecht auf Gewährleistung eines menschenwürdigen Existenzminimums
beinhaltet zwar eine Verpflichtung des Staates zum Schutz der menschlichen Würde
dahingehend, dass er es zu unterlassen hat, ua durch öffentlich-rechtliche Vorschriften
diese verfassungsrechtliche Garantie zu beeinträchtigen. Dem Gesetzgeber ist hierbei
indes ein erheblicher Gestaltungsspielraum zuzugestehen (BVerfG, aaO, RdNr 133, 138;
Höfling in Sachs, GG, 6. Aufl 2011, Art 1 RdNr 49; Jarass in Jarass/Pieroth, GG, 12. Aufl
2012, Art 1 RdNr 14). Der Staat ist lediglich verpflichtet, die Mindestvoraussetzungen für
ein menschenwürdiges Dasein, erforderlichenfalls auch durch Sozialleistungen zu sichern
(vgl BVerfG vom 29.5.1990 - 1 BvL 20/84 - BVerfGE 82, 60, 85 = SozR 3-5870 § 10 Nr 1;
Dreier in Dreier, GG, Band I, 2. Aufl 2004, Art 1 Abs 1 RdNr 158 mwN; Höfling in Sachs,
GG, 6. Aufl 2011, Art 1 RdNr 31 f, 48; Jarass in Jarass/Pieroth, GG, 12. Aufl 2012, Art 1
RdNr 22). Hieraus lässt sich, wie das BVerfG betont hat (BVerfG, aaO, RdNr 138), indes
kein konkreter Leistungsanspruch zugunsten Einzelner ableiten.
51 (6) Auch rechnerisch wird die Herausnahme einzelner vormals regelbedarfsrelevanter
Positionen durch das RBEG aus dem Regelbedarf durch die Bildungs- und
Teilhabeleistungen in der Altersstufe des Klägers zu 3 ausgeglichen. Der Bedarf für den
Bereich "Außerschulischer Unterricht, Hobbykurse" beträgt nach dem zuvor bereits näher
erörterten Verteilungsschlüssel bis zu 3,58 Euro pro Kind in einem Paarhaushalt mit Kind.
In dem Haushalt fallen jedoch insgesamt Bedarfe in Höhe von maximal 10,74 Euro für die
Verbrauchsposition "Außerschulischer Unterricht, Hobbykurse" an. Für "Mitgliedsbeiträge
an Organisationen ohne Erwerbszweck" sind es bis zu 2,60 Euro für den gesamten
Haushalt, je nach Alter des Kindes (BT-Drucks 17/3404, S 106). Angesichts dessen ist es
evident, dass aufgrund des Leistungsbetrags von 10 Euro nach § 28 Abs 7 SGB II in der
Fassung des RBEG/SGB II/SGB XII-ÄndG die Herausnahme der Bedarfspositionen einen
Ausgleich findet (aA wohl Lenze, WSI-Mitteilungen 2011, 534, 537, die allerdings auch die
Kürzungen wohl erst für die Altersstufe 2 annimmt; Rothkegel, ZfSH/SGB 2011, 69, 80 f,
der eher die zutreffende Höhe der Leistungen nach § 28 Abs 7 SGB II bezweifelt).
52 Soweit gegen die nach § 28 Abs 7 SGB II vorgesehene Berücksichtigung eines Bedarfs
an Leistungen zur Teilhabe in Höhe von 10 Euro im Monat vorgebracht wird, dieser Betrag
sei "ins Blaue hinein" geschätzt und nicht folgerichtig iS der Rechtsprechung des BVerfG
ermittelt, geht dieser Einwand hinsichtlich des Klägers zu 3 als Anspruchsberechtigtem ins
Leere. Der vom Gesetzgeber gewählte Wert ist nicht zu beanstanden. Aus der Auswertung
der EVS 2008 ergibt sich hinsichtlich der Ausgaben des privaten Konsums von Ehepaaren
und sonstigen Paarhaushalten mit einem Kind im Alter von unter sechs Jahren, dass die
anteiligen für Kinder in diesem Alter vorgesehenen Bedarfe deutlich unterhalb der
gesetzlich vorgesehenen 10 Euro monatlich liegen. Für Freizeit- und
Kulturdienstleistungen weist die EVS 2008 für Kinder im Alter unter sechs Jahren
insgesamt einen Wert von 5,56 Euro monatlich aus (BT-Drucks 17/3404 S 146, Code 159
094). Davon wurden 1,08 Euro für "Außerschulischen Unterricht und Hobbykurse" (BT-
Drucks 17/3404 S 146 Code 160 0941 020), die für den Teilhabebedarf iS des § 28 Abs 7
SGB II relevant sind, aus dem Regelbedarf gestrichen. Letztlich wird auch von Kritikern
zugestanden, dass der vom Gesetzgeber veranschlagte Betrag in Höhe von 10 Euro pro
Monat nicht evident unzureichend ist, um den Bedarf zu decken (vgl Münder in SozSich,
Sonderheft September 2011, 87).
53 Gegen die Berücksichtigung der Auswertung solcher Angaben im Rahmen des § 28 Abs 7
SGB II in der Fassung des RBEG/SGB II/SGB XII-ÄndG kann nicht eine mangelnde
Datentransparenz eingewendet werden. Der für Kinder im Alter von 0 bis 5 Jahren
ermittelte Wert ist offen ausgewiesen (BT-Drucks 17/3404 S 146). Auf die Frage nach der
Behandlung von Positionen, die in der EVS 2008 aufgrund der geringen Anzahl
auswertbarer Angaben (weniger als 25 Haushalte) durch " / " gekennzeichnet wurden
(hierzu zB Mogwitz, ZfSH/SGB 2011, 323, 332 f), kommt es im hier zu beurteilenden Fall
nicht an.
54 (7) Die vielfach kritisierten "Kürzungen" des Regelbedarfs von Kindern wegen der
Leistungen für den persönlichen Schulbedarf nach § 28 Abs 3 SGB II in der Fassung des
RBEG/SGB II/SGB XII-ÄndG trifft den Kläger zu 3 nicht. Die Position "sonstige
Verbrauchsgüter" (ua Schreibwaren und Zeichenmaterial) in der Abteilung 09 ist für Kinder
bis zu 5 Jahren zu 100 % regelbedarfsrelevant. Erst für Kinder ab 6 bis 17 Jahren werden
diese Güter aus der Bemessung des Regelbedarfs herausgenommen, weil für diese
Leistungen gesondert über das Schulbasispaket gewährt werden (BT-Drucks 17/3404, S
72). Der Einwand, der Schulausstattungsbedarf gemäß § 28 Abs 3 SGB II sei lediglich
freihändig geschätzt und empirisch nicht nachgewiesen oder nachvollziehbar, geht bei
Betrachtung der Person des Klägers zu 3 daher ebenfalls ins Leere, denn er ist insoweit
nicht anspruchsberechtigt. Dies sind nur Schülerinnen und Schüler.
55 Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.