Urteil des BSG vom 30.10.2013

BSG: Asylbewerberleistung, Kostenerstattung für eine stationäre Krankenhausbehandlung, keine analoge Anwendung des § 25 SGB 12, keine Kostenerstattung aus abgetretenem Anspruch nach § 4 AsylbLG

BUNDESSOZIALGERICHT Urteil vom 30.10.2013, B 7 AY 2/12 R
Asylbewerberleistung - Kostenerstattung für eine stationäre Krankenhausbehandlung - keine
analoge Anwendung des § 25 SGB 12 - keine Kostenerstattung aus abgetretenem Anspruch
nach § 4 AsylbLG - Beschränkung auf bereits festgestellte Ansprüche
Tenor
Auf die Revision der Beigeladenen wird das Urteil des Landessozialgerichts Nordrhein-
Westfalen vom 12. Dezember 2011 abgeändert und das Urteil des Sozialgerichts Aachen vom
22. Oktober 2010, soweit die Beigeladene verurteilt worden ist, insgesamt aufgehoben.
Die Revision des Klägers gegen das bezeichnete Urteil des Landessozialgerichts Nordrhein-
Westfalen wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten des Revisionsverfahrens sind nicht zu erstatten.
Tatbestand
1 Im Streit ist die Erstattung von Aufwendungen für die stationäre Krankenhausbehandlung
des C O (im Folgenden: Hilfebedürftiger) im Zeitraum vom 25.3. bis 18.5.2009 in Höhe von
insgesamt 22 786,83 Euro.
2 Der im streitbefangenen Zeitraum einkommens- und vermögenslose (wohl) nigerianische
(im Asylverfahren gab er an, aus Liberia zu stammen, was sich später als falsch erwies)
Hilfebedürftige beantragte 1992 in der Bundesrepublik Deutschland Asyl und wurde durch
das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge der Beklagten zugewiesen (Bescheid vom
10.8.1992). Das Asylverfahren und ein Folgeverfahren blieben erfolglos. Die Abschiebung
wurde angedroht. Auf einen zweiten Asylfolgeantrag wurde die Durchführung eines
weiteren Asylverfahrens abgelehnt und auf die (bestandskräftige)
Abschiebungsandrohung Bezug genommen (Bescheid vom 28.11.2006; Beschluss des
Verwaltungsgerichts Düsseldorf vom 3.1.2007 - 1 L 2362/06.A). Seit mindestens
2007 hielt er sich in A auf; eine Duldung wurde ihm zuletzt befristet bis zum 30.6.2008
erteilt. Am 4.11.2008 wurde er von der ihm zugewiesenen Unterkunft von Amts wegen als
unbekannt abgemeldet und zur Personenfahndung ausgeschrieben. Leistungen nach dem
Asylbewerberleistungsgesetz (AsylbLG) wurden von der Beklagten bereits seit November
2006 nicht mehr erbracht. Am 25.3.2009 verletzte sich der Hilfebedürftige auf der Flucht
vor der Polizei bei einem Sprung aus dem Fenster einer Wohnung in A schwer. Er wurde
deshalb um 21:30 Uhr in das vom Kläger betriebene Universitätsklinikum stationär
aufgenommen und dort bis zum 18.5.2009 behandelt. Da der Hilfebedürftige weder in der
Gesetzlichen Krankenversicherung noch privat krankenversichert war, beantragte der
Kläger am 27.3.2009 bei der Beigeladenen (vorsorglich) die Erstattung seiner
Aufwendungen nach § 25 Sozialgesetzbuch Zwölftes Buch - Sozialhilfe - (SGB XII) bzw
die Übernahme der Behandlungskosten nach § 48 SGB XII. Am 8.4.2009 stellte er auch
bei der Beklagten einen Antrag auf Übernahme der für den Hilfebedürftigen
aufgewendeten Behandlungskosten. Auch der Hilfebedürftige selbst hat am 30.6.2009
einen Leistungsantrag gestellt, über den bis heute nicht entschieden worden ist.
Außerdem sind von ihm am 15.3.2011 etwaige Ansprüche "gegen den zuständigen
Sozialhilfeträger" an den Kläger abgetreten worden. Die Beklagte lehnte die
Kostenübernahme ab (Bescheid vom 29.4.2009; Widerspruchsbescheid vom "14.7.2006",
richtig 14.7.2009), weil nicht sie, sondern die Behörde zuständig sei, in deren Bereich sich
der Leistungsberechtigte tatsächlich aufgehalten habe. Die Beigeladene lehnte - auf einen
erneuten, am 7.5.2009 gestellten Antrag - ebenfalls die Übernahme der
Behandlungskosten ab (Bescheid vom 7.5.2009), weil sie sich ihrerseits für unzuständig
hielt. Der hiergegen eingelegte Widerspruch ist bisher nicht beschieden worden.
3 Die Klage auf Erstattung entstandener Aufwendungen hatte - unter der Abweisung der
Klage "im Übrigen" - gegen die Beigeladene Erfolg. Das Sozialgericht (SG) Aachen hat
diese verurteilt, an den Kläger 22 786,83 Euro nebst Zinsen in Höhe von 5 % über dem
Basiszinssatz seit dem 22.10.2010 zu zahlen (Urteil vom 22.10.2010). Das
Landessozialgericht (LSG) Nordrhein-Westfalen (NRW) hat das Urteil des SG abgeändert
und die Beigeladene unter Aufhebung ihres Bescheides vom 7.5.2009 verurteilt, an den
Kläger 19 144,79 Euro zu zahlen und im Übrigen die Klage ab- und die Berufung
zurückgewiesen (Urteil vom 12.12.2011). Zur Begründung seiner Entscheidung hat das
LSG ausgeführt, der Anspruch ergebe sich aus der analogen Anwendung des § 25 SGB
XII iVm § 4 AsylbLG. Der Hilfebedürftige sei seit der bestandskräftigen Ablehnung seines
Asylfolgeantrags vollziehbar ausreisepflichtig und deshalb Leistungsberechtigter iS von §
1 Abs 1 Nr 5 AsylbLG. § 25 SGB XII sei im AsylbLG entsprechend anzuwenden. Im
Zeitpunkt der Einlieferung des Hilfebedürftigen habe ein Eilfall vorgelegen, weil eine
Verständigung des zuständigen Leistungsträgers am Abend des 25.3.2009 nicht möglich,
die unverzügliche stationäre Aufnahme und Behandlung des Hilfebedürftigen angesichts
der Schwere seiner Verletzungen jedoch zwingend erforderlich gewesen sei. Es habe
auch eine (hypothetische) Leistungspflicht der Beigeladenen nach dem AsylbLG
bestanden. Die Zuständigkeit richte sich nach dem gewöhnlichen Aufenthalt, der in A
gewesen sei. § 10a Abs 3 Satz 4 AsylbLG, der auf den Ort der Verteilung oder Zuweisung
des Hilfebedürftigen abstelle, finde keine Anwendung, weil nach Abschluss des
Asylverfahrens - jedenfalls in der vorliegenden Fallgestaltung - keine wirksame
Zuweisung mehr vorgelegen habe. Der Eilfall sei mit der Kenntniserlangung der
Beigeladenen am 27.3.2009 beendet gewesen, weil seine Voraussetzungen nur solange
erfüllt seien, wie es der hilfebedürftigen Person bzw dem Krankenhausträger nicht möglich
oder zumutbar sei, den zuständigen Sozialhilfeträger über den Hilfefall zu unterrichten.
Der Aufwendungsersatzanspruch richte sich aber nach Maßgabe der
krankenversicherungsrechtlichen Vorgaben, die eine Abrechnung nach dem jeweils
gültigen Fallpauschalenkatalog vorsähen. Der Anspruch auf Vergütung mit der
einschlägigen Fallpauschale sei bereits mit der Aufnahme des Hilfebedürftigen
entstanden und in vollem Umfang zu erfüllen. Eine tagesgenaue Aufteilung der
Fallpauschale bis zur Kenntniserlangung des Leistungsträgers scheide - anders als bei
einem Wechsel des zuständigen Leistungsträgers während der laufenden Behandlung -
aus. Die Leistung für die Überschreitung der oberen Grenzverweildauer der einschlägigen
Fallpauschale (3642,04 Euro) könne hingegen nicht beansprucht werden; auch ein
Anspruch auf Zinsen scheide aus.
4 Hiergegen wenden sich der Kläger und die Beigeladene mit der Revision.
5 Der Kläger rügt eine Verletzung des § 25 SGB XII iVm § 4 AsylbLG und § 17 Abs 1 Satz 1,
Abs 1a, § 17b Abs 1 Satz 1, 1. Halbsatz des Gesetzes zur wirtschaftlichen Sicherung der
Krankenhäuser und zur Regelung der Krankenhauspflegesätze sowie § 7 Abs 1 Satz 1 Nr
1 und § 9 Abs 1 Satz 1 Nr 1 des Gesetzes über die Entgelte für voll- und teilstationäre
Krankenhausleistungen iVm § 1 Abs 2 Satz 1, § 9 Fallpauschalenvereinbarung für das
Jahr 2009. Ein für die Abrechnung der tagesbezogenen Entgelte nach Überschreiten der
oberen Grenzverweildauer vom LSG wegen der dann nicht mehr bestehenden Notlage
und Kenntnis des Sozialhilfeträgers angenommener Anspruchswegfall finde in den
maßgeblichen Abrechnungsvorgaben keinen Niederschlag. Folge man der Auffassung
des LSG, habe er aber jedenfalls einen Anspruch auf Auszahlung der verbleibenden
Behandlungskosten aus der Abtretungserklärung vom 15.3.2011, mit der nicht die
Übertragung des originären Leistungsanspruchs, sondern nur die direkte Auszahlung des
sich hieraus ergebenden Betrags vom zuständigen Leistungsträger an ihn beabsichtigt
gewesen sei. Zu Unrecht sei auch ein Anspruch auf Prozesszinsen verneint worden.
6 Der Kläger beantragt,
das Urteil des LSG aufzuheben und die Berufung der Beigeladenen gegen das Urteil des
SG zurückzuweisen.
7 Die Beigeladene beantragt,
die Revision des Klägers zurückzuweisen, das Urteil des LSG abzuändern und das Urteil
des SG, soweit sie verurteilt worden ist, insgesamt aufzuheben.
8 Sie rügt eine Verletzung des § 10a AsylbLG sowie des § 25 SGB XII. Für die Bestimmung
des zuständigen Leistungsträgers sei weiterhin die Zuweisungsentscheidung maßgebend.
Bei einer nur vorübergehend erteilten Duldung wegen bestehender
Abschiebungshindernisse, die keinen asylverfahrensunabhängigen Aufenthaltsstatus
einräume, verliere die Zuweisung auch nach Abschluss des Asylverfahrens ihre Wirkung
nicht. Im Übrigen seien nur Aufwendungen zu erstatten, die sich bei einer taggenauen
Leistungsabrechnung bis zur Kenntniserlangung des Leistungsträgers ergäben. Der
Grundsatz der Teilbarkeit der Fallpauschalen gelte auch bei der vorliegenden
Fallgestaltung.
9 Der Kläger beantragt außerdem,
die Revision der Beigeladenen zurückzuweisen.
10 Die Beklagte hat keinen Antrag gestellt.
Entscheidungsgründe
11 Die Revision des Klägers ist unbegründet (§ 170 Abs 1 Satz 1 Sozialgerichtsgesetz
), die der Beigeladenen begründet (§ 170 Abs 2 Satz 1 SGG).
12 Der Kläger hat keinen Anspruch auf Ersatz seiner Aufwendungen für die
Krankenhausbehandlung des Hilfebedürftigen gegen die Beigeladene oder die Beklagte.
Der Senat muss insoweit ohne einen entsprechenden Revisionsantrag des Klägers bei
einem Erfolg der Revision der Beigeladenen - auch bezüglich des Betrags von 19 144,79
Euro - in jedem Fall über den vom Kläger gegen die Beklagte (insgesamt) erhobenen
Anspruch befinden. Die Verurteilung eines nach § 75 Abs 2 2. Alt SGG beigeladenen
Trägers (unechte notwendige Beiladung) erfolgt nur subsidiär gegenüber einer
Verurteilung der Beklagten. Sie kommt mit anderen Worten nur in Betracht, wenn die
vorrangig zu prüfende Klage gegen die Beklagte keinen Erfolg hat (BSGE 106, 268 ff
RdNr 19 = SozR 4-4200 § 16 Nr 5; BSGE 49, 143, 145 = SozR 5090 § 6 Nr 4 S 5; SozR
1500 § 75 Nr 38 S 36). Von einer solchen prozessualen Situation ist das LSG hier
ausgegangen. Um dem Rechtsgedanken des § 75 Abs 2 und 5 SGG voll gerecht werden
zu können, muss das Revisionsgericht dann aber ebenfalls über alle in Frage kommenden
prozessualen Ansprüche entscheiden können (BSGE 106, 268 ff RdNr 19 = SozR 4-4200
§ 16 Nr 5; BSGE 9, 67, 69; BSG SozR 2200 § 1237a Nr 16 S 37). Diese Auslegung und
Anwendung von § 75 Abs 2 und 5 SGG verhindert, dass die erstinstanzliche Abweisung
der Klage gegen die Beklagte in Rechtskraft erwächst (BSGE 106, 268 ff RdNr 19 = SozR
4-4200 § 16 Nr 5; Bundessozialgericht , Urteil vom 31.5.1988 - 2 RU 67/87).
13 Gegenstand des Verfahrens ist der Bescheid vom 29.4.2009 in der Gestalt des
Widerspruchsbescheids vom 14.7.2009 (§ 95 SGG), mit dem die Beklagte einen
Aufwendungsersatz für die vom Kläger geleistete Krankenhausbehandlung abgelehnt hat;
hiergegen wendet sich der Kläger mit der kombinierten Anfechtungs- und Leistungsklage
(§ 54 Abs 1 Satz 1 und Abs 4, § 56 SGG).
14 Ein Anspruch des Klägers kann nicht aus einer unmittelbaren Anwendung des § 25 SGB
XII oder aus § 48 SGB XII iVm § 52 Abs 1 und 3 SGB XII und den für die gesetzlichen
Krankenkassen geltenden Vorschriften nach dem Vierten Kapitel des Sozialgesetzbuchs
Fünftes Buch - Gesetzliche Krankenversicherung - (SGB V) hergeleitet werden. Denn der
Hilfebedürftige war zum Zeitpunkt der Krankenbehandlung von Leistungen nach dem SGB
XII ausgeschlossen. Nach § 23 Abs 2 SGB XII erhalten Leistungsberechtigte nach § 1
AsylbLG - ohne dass es auf die Gewährung laufender Leistungen ankäme - keine
Leistungen der Sozialhilfe (für Leistungen nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch -
Grundsicherung für Arbeitsuchende - gilt insoweit der Leistungsausschluss nach
§ 7 Abs 1 Satz 2 Nr 3 SGB II). So liegt der Fall hier. Nach § 1 Abs 1 Nr 5 AsylbLG sind
leistungsberechtigt nach diesem Gesetz Ausländer, die sich - wie der Hilfebedürftige -
tatsächlich im Bundesgebiet aufhalten und vollziehbar ausreisepflichtig sind, auch wenn
eine Abschiebungsandrohung noch nicht oder nicht mehr vollziehbar ist. Der
Hilfebedürftige ist seit dem 3.1.2007 (Ablehnung seines Eilantrags durch das VG)
vollziehbar ausreisepflichtig. Eine etwaige Aufenthaltsgestattung nach dem
Asylverfahrensgesetz (AsylVfG) ist spätestens mit der Unanfechtbarkeit der Entscheidung
des Bundesamtes erloschen (§ 67 Abs 1 Nr 6 AsylVfG). Damit wurde unmittelbar die
Ausreisepflicht nach § 50 Abs 1 Aufenthaltsgesetz begründet, weil kein anderweitiger
Aufenthaltstitel vorlag. Die Ausreisepflicht war im streitbefangenen Zeitraum auch
vollziehbar, weil dem Hilfebedürftigen die Abschiebung angedroht worden war. Zum
Vollzug der Abschiebung bedurfte es nach dem zweiten Folgeantrag keiner neuen
Fristsetzung und Abschiebungsandrohung, weil der Folgeantrag nicht zur Durchführung
eines weiteren Verfahrens geführt hatte (§ 71 Abs 5 Satz 1 AsylVfG).
15 Der Anspruch kann auch nicht auf § 2 AsylbLG iVm den genannten Vorschriften des SGB
XII gestützt werden. Nach § 2 AsylbLG ist abweichend von §§ 3 bis 7 AsylbLG das SGB
XII auf diejenigen Leistungsberechtigten entsprechend anzuwenden, die über eine Dauer
von insgesamt 48 Monaten Leistungen nach § 3 AsylbLG erhalten haben und die Dauer
des Aufenthalts nicht rechtsmissbräuchlich selbst beeinflusst haben. Den Feststellungen
des LSG kann zwar nicht entnommen werden, für welche Dauer der Hilfebedürftige
(insgesamt) Leistungen nach § 3 AsylbLG erhalten und ob die Leistungsberechtigung
wegen einer Ausreise nach T geendet hat, sodass die Vorbezugszeit von 48 Monaten
nach der Wiedereinreise (erneut) erfüllt sein müsste (dazu: BSGE 103, 28 ff = SozR 4-
3520 § 2 Nr 3). Jedenfalls ist den Feststellungen des LSG aber zu entnehmen, dass der
Hilfebedürftige die Aufenthaltsdauer rechtsmissbräuchlich selbst beeinflusst hat, indem er
zunächst angegeben hat, liberianischer Staatsangehöriger zu sein, und später
untergetaucht ist und sich dem Zugriff der Ordnungsbehörden entzogen hat.
16 Ein Nothelferanspruch kann mangels Regelungslücke auch nicht aus einer analogen
Anwendung des § 25 SGB XII im Asylbewerberleistungsrecht hergeleitet werden. Deshalb
bedarf es keiner Entscheidung, ob die Beklagte oder die Beigeladene zuständiger
Leistungsträger für an den Hilfebedürftigen zu erbringende Leistungen nach dem AsylbLG
ist und ob ein (hypothetischer) Leistungsanspruch nach § 4 AsylbLG besteht, der auch bei
abgesenkten Leistungen nach § 1a AsylbLG einen Behandlungsanspruch
Leistungsberechtigter (BT-Drucks 13/11172, S 7) gewährleistet.
17 Eine Analogie, die Übertragung einer gesetzlichen Regelung - hier der unmittelbar nur
zwischen dem sog Nothelfer und dem Sozialhilfeträger, nicht aber dem Leistungsträger
nach dem AsylbLG, geltende § 25 SGB XII - auf einen Sachverhalt, der von der
betreffenden Vorschrift nicht erfasst wird, ist geboten, wenn dieser Sachverhalt mit dem
geregelten vergleichbar ist und nach dem Grundgedanken der Norm und damit dem mit ihr
verfolgten Zweck dieselbe rechtliche Bewertung erfordert (BSG SozR 3-2500 § 38 Nr 2
RdNr 15) und eine (unbewusste) planwidrige Regelungslücke vorliegt (BVerfGE 82, 6, 11
ff mwN; BSGE 77, 102, 104 = SozR 3-2500 § 38 Nr 1 S 3; BSGE 89, 199, 202 f = SozR 3-
3800 § 1 Nr 21 S 95 f mwN). Diese Voraussetzungen liegen nicht vor (so auch Birk in
Lehr- und PraxisKommentar SGB XII, 9. Aufl 2012, Vorbemerkung AsylbLG RdNr
7, und Hohm in Schellhorn/Schellhorn/Hohm, SGB XII, 18. Aufl 2010, Vorbemerkung
AsylbLG RdNr 5; aA die hM, vgl nur: LSG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 20.3.2007 -
L 23 B 27/06 AY PKH -, Schoch in LPK SGB XII, § 25 SGB XII RdNr 4, Bieback in
Grube/Wahrendorf, SGB XII, 4. Aufl 2012, § 25 SGB XII RdNr 4 mwN, Frerichs in juris
PraxisKommentar SGB XII, § 4 AsylbLG RdNr 26, Groth in jurisPK SGB XII, § 9
AsylbLG RdNr 18, und Neumann in Hauck/Noftz, SGB XII, K § 25 RdNr 4, Stand März
2012; vgl auch aA zur Vorgängerregelung des § 121 Bundessozialhilfegesetz :
Bayerischer Verwaltungsgerichtshof, Urteil vom 27.4.2006 - 12 BV 04.3020 -,
Oberverwaltungsgericht Lüneburg, Urteil vom 11.6.2003 - 4 LB 583/02 -, und OVG
NRW, Urteil vom 5.12.2000 - 22 A 3164/99).
18 Nach § 25 SGB XII sind demjenigen, der in einem Eilfall einem anderen Leistungen
erbracht hat, die bei rechtzeitigem Einsetzen von Sozialhilfe nicht zu erbringen gewesen
wären, die Aufwendungen in gebotenem Umfang zu erstatten, wenn er sie nicht aufgrund
rechtlicher oder sittlicher Pflicht selbst zu tragen hat. § 25 SGB XII lässt einen
Aufwendungsersatzanspruch eines im Eilfall Helfenden allerdings nur für solche
Leistungen zu, die vor der Kenntnis des Sozialhilfeträgers vom Bedarfsfall nach § 18 SGB
XII erbracht wurden. Der Mangel der Kenntnis des Trägers der Sozialhilfe wird
tatbestandlich von § 25 Satz 1 SGB XII vorausgesetzt ("... bei rechtzeitigem Einsetzen der
Sozialhilfe ..."), weil mit der Kenntnis iS des § 18 SGB XII bei Vorliegen der übrigen
Voraussetzungen für einen Anspruch nach dem SGB XII die Sozialhilfe "einsetzt". Nach
erworbener Kenntnis iS von § 18 SGB XII stehen nur dem Hilfebedürftigen selbst
Sozialhilfeleistungen zu; deshalb sind Ansprüche auf Sozialhilfe nach Kenntnis des
Sozialhilfeträgers allein im Sozialrechtsverhältnis zwischen dem Hilfebedürftigen und dem
Sozialhilfeträger geltend zu machen, während ein Nothelferanspruch ab diesem Zeitpunkt
ausscheidet.
19 Dies bedeutet, dass ein Anspruch des Nothelfers - bezogen auf denselben Bedarf - nicht
neben einem Anspruch des Leistungsberechtigten bestehen kann (BSG, Urteil vom
23.8.2013 - B 8 SO 19/12 R; BVerwGE 77, 181 ff; Bundesverwaltungsgericht ,
Beschluss vom 17.7.1992 - 5 B 69/92 - mwN; Bieback in Grube/Wahrendorf, SGB XII, 4.
Aufl 2012, § 25 SGB XII RdNr 21 f; Adolph in Linhart/Adolph, SGB II/SGB XII/AsylbLG, §
25 SGB XII RdNr 21, Stand Juli 2010; Piepenstock in jurisPK SGB XII, § 25 SGB XII RdNr
24). Der originäre Leistungsanspruch verdrängt insoweit den Nothelferanspruch (Coseriu
in Kreikebohm/Spellbrink/Waltermann, Kommentar zum Sozialrecht, 3. Aufl 2013, § 25
SGB XII RdNr 4 mwN). Eine über den Zeitpunkt des Einsetzens der Sozialhilfe
hinausgehende Schutzbedürftigkeit des Nothelfers hat der Gesetzgeber nicht gesehen,
selbst wenn der Nothelfer die Kosten nicht erstattet erhält, weil der Leistungsberechtigte
die Leistung nicht in Anspruch nimmt. Das Risiko hierfür hat der Nothelfer wie jeder
andere Hilfeleistende selbst zu tragen (Adolph aaO). Deshalb ist auch dem Vorschlag des
Gesundheitsausschusses im Zuge des Gesetzgebungsverfahrens zum Gesetz zur Reform
des Sozialhilferechts vom 23.7.1996 (BGBl I 1088), § 121 BSHG - der Vorgängerregelung
des § 25 SGB XII - den Satz "Mit Zustimmung des Leistungsberechtigen sind die
Aufwendungen auch für den Zeitraum bis zur Entscheidung über die Gewährung von
Sozialhilfe zu erstatten; …" anzufügen (BT-Drucks 13/3904, S 22 und 48), nicht gefolgt
worden.
20 Im Lichte der Bedeutung und der Folgen der Kenntnis iS von § 18 SGB XII für den
Anspruch des Nothelfers, würde die Übertragung der Vorschrift des § 25 SGB XII auf das
AsylbLG zwingend voraussetzen, dass der Hilfebedürftige mangels Kenntnis des
Leistungsträgers nach dem AsylbLG keinen Anspruch auf die Kranken- bzw
Krankenhausbehandlung hat. Der sog Kenntnisgrundsatz des § 18 SGB XII müsste mithin
im AsylbLG ebenfalls analoge Anwendung finden. Nur dann könnte eine Regelungslücke
vorliegen, die durch eine entsprechende Anwendung des § 25 SGB XII im AsylbLG
geschlossen werden könnte. § 18 SGB XII ist - wovon selbst das LSG in seinem Urteil vom
6.5.2013 - L 20 AY 145/11 - ausgeht und deshalb ein Anspruch auf Übernahme der Kosten
für eine stationäre Krankenhausbehandlung unabhängig von der Kenntnis des nach dem
AsylbLG zuständigen Leistungsträgers bejaht - im AsylbLG jedoch nicht analog
anzuwenden (ebenso: OVG Lüneburg, Urteil vom 17.10.2001 - 4 LB 1109/01; OVG NRW,
Beschluss vom 28.5.2008 - 12 A 702/07; Hohm in AsylbLG, § 4 RdNr 19, Stand Juni 2013;
Wahrendorf in Grube/Wahrendorf, SGB XII, 4. Aufl 2012, § 4 AsylbLG RdNr 9; aA,
allerdings ohne Begründung, LSG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 15.1.2010 - L 23 AY
1/07).
21 Im AsylbLG besteht - anders als im SGB XII - kein Bedarf für eine Regelung, die das
Einsetzen der Leistung normiert. Der Gesetzgeber hat mit dem AsylbLG bewusst ein
eigenes Gesetz über die Regelungen des Mindestunterhalts von Asylbewerbern
außerhalb des BSHG geschaffen (BT-Drucks 12/4451, S 1 und 5) und nur dort, wo er es
für notwendig hielt, auf Vorschriften des Sozialgesetzbuchs Erstes Buch - Allgemeiner Teil
- (SGB I), des Zehnten Buchs Sozialgesetzbuch - Sozialverwaltungsverfahren und
Sozialdatenschutz - (SGB X) oder des Sozialhilferechts verwiesen (§§ 7, 7b, 9 AsylbLG).
Dabei handelt es sich nach der Vorstellung des Gesetzgebers (BT-Drucks 12/4451, S 5)
im Kern um eine Regelung des Aufenthalts- und Niederlassungsrechts von Ausländern
nach dem AsylVfG. Die Regelungen des AsylbLG weisen auch deutliche strukturelle
Unterschiede zum SGB XII auf (Hohm in Schellhorn/Schellhorn/Hohm, aaO,
Vorbemerkung AsylbLG RdNr 5). Sobald ein Ausländer um Asyl nachsucht, ist er
unverzüglich an die zuständige oder, sofern diese nicht bekannt ist, an die
nächstgelegene Aufnahmeeinrichtung zur Meldung weiterzuleiten (§ 18 Abs 1, § 19 Abs 1
AsylVfG). Der Weiterleitung hat der Ausländer unverzüglich oder bis zu einem ihm von der
Behörde genannten Zeitpunkt zu folgen (§ 20 Abs 1 AsylVfG). Mit der Aufnahme in die
Aufnahmeeinrichtung setzen auch die Leistungen nach dem AsylbLG, die dort als
Sachleistungen zu erbringen sind (§ 3 AsylbLG), ein. Soweit (einzusetzendes)
Einkommen oder Vermögen vorhanden ist, haben die Leistungsberechtigten für erhaltene
Leistungen die Kosten zu erstatten (§ 7 Abs 1 Satz 2 AsylbLG). Der Gesetzgeber spricht
insoweit von einem "modifizierten Sachleistungssystem" (BT-Drucks 12/4451, S 8). Dem
entspricht es auch, dass § 1 AsylbLG die "Leistungsberechtigung" an den
Aufenthaltsstatus koppelt, nicht aber an die Kenntnis vom Bedarfsfall. Der Bedarf ist
bekannt. Eine § 18 SGB XII vergleichbare Regelung, die insoweit einen
niedrigschwelligen Zugang zum Sozialhilfesystem sicherstellen will, ist danach strukturell
nicht notwendig. Spätere Änderungen im Leistungsbezug - insbesondere außerhalb der
Aufnahmeeinrichtung - ändern hieran nichts, weil § 18 SGB XII nur das "Einsetzen" der
Leistung regelt, nicht aber den (nach Einsetzen der Leistung) laufenden Bezug betrifft.
22 Dem kann auch nicht entgegengehalten werden, dass das AsylbLG nicht nur auf
Asylbewerber Anwendung findet, sondern auch auf einen Personenkreis, der überhaupt
kein Asylverfahren durchlaufen hat. Denn jedenfalls ursprünglich war das AsylbLG nur für
Asylbewerber und Ausländer konzipiert, deren Aufenthalt typischerweise asylrechtlich
geprägt war. Dies waren zum einen enge Familienangehörige des Asylbewerbers, die
weder selbst einen Asylantrag gestellt noch ein anderes verfestigtes Bleiberecht hatten,
weil innerhalb eines Familienhaushalts soweit wie möglich nicht unterschiedliche
Leistungssysteme greifen sollten. Zum anderen handelte es sich um abgelehnte
Asylbewerber, die nicht aus anderen anzuerkennenden Gründen längerfristig geduldet
wurden oder bei denen die Duldung auf Gründen beruhte, die sie selbst zu vertreten
hatten (BT-Drucks 12/4451, S 5). Dies zeigt, dass der Prototyp des Leistungsberechtigten
nach dem AsylbLG der Asylbewerber (und seine Angehörigen) ist und das Asylverfahren
bzw der Asylantrag den Beginn der Leistungen nach dem AsylbLG markiert. Erst infolge
späterer Rechtsänderungen, durch die dieser eng umgrenzte Personenkreis erweitert
worden ist, hat der (abgelehnte) Asylbewerber als "normativer Prototyp" des AsylbLG an
Bedeutung verloren. Der Gesetzgeber hat die seit 1993 vorgenommenen Änderungen des
AsylbLG allerdings nicht zum Anlass genommen, das AsylbLG strukturell an das BSHG
bzw später an das SGB XII anzupassen, sodass eine nach Inkrafttreten des AsylbLG
entstandene Lücke wegen der Erweiterung der Leistungsberechtigung nicht begründet
werden kann (vgl auch: Birk, aaO, Vorbemerkung AsylbLG RdNr 7; Hohm, aaO,
Vorbemerkung AsylbLG RdNr 5). Die Grundkonzeption des AsylbLG hat keine Änderung
erfahren (Hohm, aaO, RdNr 8).
23 Scheidet danach eine Anwendung des § 18 SGB XII aus, ist auch für eine analoge
Anwendung des § 25 SGB XII kein Raum, weil sich - wie dargelegt - der
Leistungsanspruch des Hilfebedürftigen und der des Nothelfers gegenseitig ausschließen.
Es fehlt damit nicht nur an einer Regelungslücke, sondern auch an einer vergleichbaren
Interessenlage, die eine entsprechende Anwendung der Vorschrift über den Nothelfer
gebieten würde. Bei der Prüfung, ob die beiden verglichenen Sachverhalte in einer die
Analogie ermöglichenden Weise "gleich" bzw "ähnlich" sind, ist die Grenze ohnehin
(schon) dort zu ziehen, wo es nur zweifelhaft ist, ob der Unterschied zwischen den
verglichenen Sachverhalten nicht doch so groß ist, dass durch eine Gleichstellung die
gesetzliche Wertung in Frage gestellt sein könnte (BSGE 57, 195, 197 = SozR 1500 § 149
Nr 7 S 8; BSG SozR 4-3520 § 9 Nr 4 RdNr 17). Aufgrund der aufgezeigten strukturellen
Unterschiede bezogen auf die Gewährung von Leistungen nach dem AsylbLG einerseits
und dem SGB XII andererseits verbleiben jedenfalls solche Zweifel, dass selbst dann eine
Analogie ausscheidet, wenn sie angesichts des vom AsylbLG erfassten Personenkreises
sinnvoll oder zweckmäßig erscheint.
24 Eine analoge Anwendung ließe sich auch nicht mit der Begründung rechtfertigen, dass
demjenigen, der die Leistung erbringt, die Kosten nicht erstattet werden, wenn der
Hilfebedürftige die Leistung nicht vom zuständigen Leistungsträger beansprucht oder
diese sogar ablehnt. Die Rechtslage entspricht insoweit derjenigen nach
Kenntniserlangung im Recht des SGB XII, die den Nothelfer nach dem gesetzgeberischen
Willen in derartigen Fallgestaltungen nicht privilegieren wollte, indem ihm das
"Unternehmerrisiko" abgenommen wird und der Sozialhilfeträger als "Ausfallbürge"
fungiert (dazu oben).
25 Ein Aufwendungsersatzanspruch lässt sich auch nicht aus dem Rechtsinstitut der
(öffentlich-rechtlichen) Geschäftsführung ohne Auftrag (GoA) herleiten, weil die
Grundsätze der GoA nicht auf das Verhältnis zwischen dem Kläger und der Beklagten bzw
Beigeladenen übertragen werden können. Bei dem Anspruch aus § 25 SGB XII handelt es
sich bereits um eine spezielle sozialhilferechtliche Form der GoA (vgl BSG SozR 4-1500 §
183 Nr 7 RdNr 9; BVerwGE 37, 133, 134). Zweck der Regelung ist es zwar, die
Hilfsbereitschaft Dritter im Interesse in Not geratener Menschen zu erhalten und zu
stärken; letztlich soll jedoch nur die dem Hilfebedürftigen zustehende Hilfe in Fällen
sichergestellt werden, in denen Sozialhilfeleistungen zu spät kämen oder wegen
Zeitablaufs ins Leere gingen (vgl BSGE 103, 178 ff RdNr 14 = SozR 4-3500 § 25 Nr 1;
BVerwGE 91, 245, 248; 114, 326, 332; BT-Drucks III/1799, S 61 zu § 114). Nach der
Rechtsprechung des BVerwG (Beschluss vom 13.12.1993 - 5 B 8/93 - mwN) und des
Senats (BSG, Urteil vom 23.8.2013 - B 8 SO 19/12 R) kommt neben einem Anspruch eines
Nothelfers ein Anspruch nach dem Rechtsinstitut der GoA nicht in Betracht, weil damit vom
Nothelfer in ein öffentlich-rechtlich umfassend geregeltes Kompetenz- und
Zuständigkeitsgefüge eingegriffen würde, das nur unter bestimmten Voraussetzungen
Aufwendungsersatzansprüche Dritter gegen den Leistungsträger vorsieht (vgl auch BSGE
86, 1 ff = SozR 3-7610 § 683 Nr 4). Vor diesem Hintergrund kann für das AsylbLG nichts
anderes gelten; der Gesetzgeber hat eine § 25 SGB XII vergleichbare Regelung im
AsylbLG für entbehrlich gehalten; die gesetzgeberische Absicht würde durch eine
Anwendung des Rechtsinstituts der GoA konterkariert.
26 Ein Anspruch ergibt sich auch nicht aus § 4 Abs 3 AsylbLG. Die Vorschrift gibt weder dem
niedergelassenen Arzt noch - wie hier - dem Krankenhaus einen eigenen
Vergütungsanspruch gegen den Sozialleistungsträger (Frerichs in jurisPK SGB XII, § 4
AsylbLG RdNr 25). Der Zweck dieser Vorschrift besteht - und erschöpft sich - allein darin,
die Leistungen und die Höhe der hierfür aufgrund Gesetzes, Vertrags oder
Kostenübernahmeerklärung des Sozialhilfeträgers zustehenden Vergütung zu regeln (vgl
BVerwG, Beschluss vom 2.2.1998 - 5 B 99/97 - zu dem bis 30.6.2001 geltenden § 37 Abs
3 Satz 1 BSHG). Will der Dritte den Leistungsträger auf Aufwendungsersatz in Anspruch
nehmen, bedürfte es deshalb entweder entsprechender Vereinbarungen mit dem
Leistungsträger, einer - ebenfalls auf vertraglicher Grundlage beruhenden - Heranziehung
des Dritten durch den Leistungsträger zur Erfüllung der sich für diesen aus dem AsylbLG
ergebenden Verpflichtungen oder einer Kostenübernahmeerklärung des Leistungsträgers
(BVerwG aaO; Frerichs, aaO, RdNr 27). Hieran fehlt es nach den Feststellungen des LSG.
Entgegen der Auffassung des Klägers entspricht damit die Krankenhausbehandlung eines
Leistungsberechtigten nach dem AsylbLG nicht der Krankenhausbehandlung nach dem
SGB V, das dem Krankenhaus aufgrund des Sicherstellungsauftrags der Krankenkasse
einen eigenen Anspruch gegen diese zubilligt. Ohne Bedeutung ist es auch, ob der Kläger
aufgrund landesrechtlicher Vorschriften, berufs- oder standesrechtlicher Gründe oder
wegen der sich aus § 323c Strafgesetzbuch ergebenden Nothilfepflicht zur
Krankenhausbehandlung von Notfallpatienten verpflichtet ist, weil eine solche
Verpflichtung nicht zur Übertragung des Haftungsrisikos auf den Sozialhilfeträger zwingt
(vgl auch Bundesgerichtshof , Urteil vom 10.2.2005 - III ZR 330/04).
27 Auch aus der Abtretung etwaiger Ansprüche des Hilfebedürftigen gegen den
Leistungsträger kann der Kläger keinen Anspruch gegen die Beklagte oder die
Beigeladene herleiten. Dabei bedarf es keiner Entscheidung darüber, ob eine Abtretung
schon wegen einer entsprechenden Anwendung des Abtretungsverbots nach § 17 Abs 1
Satz 2 SGB XII ausgeschlossen ist; denn bei den Leistungen nach § 4 Abs 1 AsylbLG, die
auch eine Krankenhausbehandlung umfassen (BT-Drucks 12/4451, S 9 zu § 3), handelt es
sich um Sachleistungen, die individuell "auf den Empfänger zugeschnitten" sind. Aufgrund
ihrer höchstpersönlichen Natur wäre eine Übertragung solcher Leistungen nicht möglich,
sodass eine Abtretung entsprechend § 399 Bürgerliches Gesetzbuch ausgeschlossen ist
(zur Unzulässigkeit der Abtretung von Ansprüchen, die höchstpersönlicher Natur sind, vgl:
BVerwG, Urteil vom 10.4.1997 - 2 C 7/96; Häusler in Hauck/Noftz, SGB I, K § 53 RdNr 21,
Stand Dezember 2005; Pflüger in jurisPK SGB I, 2. Aufl 2011, § 53 SGB I RdNr 19). Unter
das Abtretungsverbot fallen nicht nur die Sachleistungen selbst, sondern auch ihre
Surrogate, insbesondere Geldleistungen, wenn sie zweckgebunden zur Anschaffung einer
konkreten Dienst- oder Sachleistung gezahlt werden (vgl nur: Häusler in Hauck/Noftz,
aaO, RdNr 22, Stand Dezember 2005; Pflüger, aaO, RdNr 20).
28 Anders liegt es zum einen, wenn der Berechtigte die Leistung selbst vorfinanziert hat. Der
dann gegebenenfalls bestehende Erstattungsanspruch ist ein Geldleistungsanspruch,
über den der Berechtigte verfügen kann. Gleiches gilt zum anderen, wenn der
Hilfebedürftige - wie hier - die selbst beschaffte Leistung zwar nicht vorfinanziert, aber
gegenüber dem zuständigen Leistungsträger zur Vermeidung eines Rückgriffs einen
Anspruch auf Freistellung von den Kosten der Krankenhausbehandlung hat (vgl dazu im
Recht der Gesetzlichen Krankenversicherung: BSGE 52, 134, 135 = SozR 2200 § 182 Nr
76 S 143; BSG SozR 4-2500 § 13 Nr 29 mwN), den er an den Gläubiger abtritt und der
sich dadurch in der Person des Gläubigers der zur tilgenden Leistung in einen
Zahlungsanspruch umwandelt (BGHZ 189, 45 ff; vgl auch BSGE 97, 6 ff = SozR 4-2500 §
13 Nr 9). Wegen des höchstpersönlichen Charakters setzt eine Abtretung dann aber
voraus, dass der Anspruch bereits festgestellt ist. Der höchstpersönliche Charakter des
Sachleistungsanspruchs - hier der Anspruch auf eine Krankenhausbehandlung nach § 4
AsylbLG - schützt den Anspruchsinhaber nicht nur davor, durch Abtretung, Verpfändung
oder Pfändung die Rechte auf die erforderlichen Naturalleistungen zu verlieren. Darüber
hinaus sichert er weitestmöglich das Recht auf informationelle Selbstbestimmung des
Anspruchsinhabers (vgl in anderem Zusammenhang: BSGE 97, 6 ff = SozR 4-2500 § 13
Nr 9; vgl generell dazu: BVerfGE 65, 1, 41 ff; Bundesverfassungsgericht SozR 3-2500 §
295 Nr 2 S 12 mwN). Insbesondere muss der Anspruchsinhaber insoweit nicht alle
erforderlichen, zum Teil äußerst intimen und sensiblen Daten bezüglich seiner
Erkrankung, der Behandlungsnotwendigkeit, der Einkommens- und
Vermögensverhältnisse usw preisgeben.
29 Anders als im Bürgerlichen Recht gewährt die Abtretung deshalb nur ein begrenztes
materielles Recht, nämlich das des bereits festgestellten Anspruchs. Der Zessionar kann
auf diese Weise die Feststellung des Anspruchs nicht selbst betreiben. Die Abtretung
eines möglichen Freistellungsanspruchs im AsylbLG führt also nicht zu einer
umfassenden Neubestimmung der Gläubigerstellung oder dem vollständigen Eintritt des
neuen Gläubigers in das gesamte Sozialrechtsverhältnis einschließlich seines
Pflichtengefüges. Vielmehr wird durch die Beschränkung einer Abtretung auf festgestellte
Kostenerstattungsansprüche dem besonderen Schutzbedürfnis des Leistungsberechtigten
sowie seiner Einbindung in spezifische Mitwirkungslasten nach §§ 60 ff SGB I, die auch im
AsylbLG Anwendung finden (§ 7 Abs 4 AsylbLG), Rechnung getragen. Würde mit der
Abtretung zugleich die Befugnis übertragen, die Feststellung des
Kostenerstattungsanspruchs zu betreiben, bestünde die Gefahr, dass sich - etwa unter
dem Gesichtspunkt der Erfüllung von Mitwirkungspflichten nach §§ 60 ff SGB I - der
Hilfebedürftige vom Datensubjekt zum Zeugen wandeln würde, der grundsätzlich
auszusagen hätte, eingeschränkt nur durch die allgemeinen Grenzen der
Zeugnisverweigerung (BSGE 97, 6 ff = SozR 4-2500 § 13 Nr 9). Dieser Gedanke wohnt
auch § 17 SGB XII inne, der wegen der höchstpersönlichen Natur sozialhilferechtlicher
Ansprüche - unabhängig davon, ob Geld- oder Sachleistungen betroffen sind - sogar ein
generelles Abtretungsverbot vorsieht.
30 Der Senat setzt sich damit nicht in Widerspruch zur Entscheidung des BGH vom
25.10.2012 - VII ZB 47/11 - zur Pfändbarkeit laufender Geldleistungen nach dem SGB II
oder zur Entscheidung des BGH vom 22.3.2011 - II ZR 271/08 - (BGHZ 189, 45 ff) zur
Abtretung eines Freistellungsanspruchs an den Gläubiger der zur tilgenden Leistung, weil
es vorliegend - anders als in den Entscheidungen des BGH - um das Surrogat einer
Sachleistung geht, das Gegenstand der Abtretung ist und die Abtretung insoweit nicht
ausgeschlossen, sondern nur auf den festgestellten Kostenerstattungsanspruch
beschränkt ist. Soweit schließlich in der Revisionsinstanz vorgetragen wird, mit der
Abtretung sei nicht der originäre Leistungsanspruch, sondern nur die direkte Auszahlung
des sich hieraus ergebenden Betrags vom zuständigen Leistungsträger an den Kläger
beabsichtigt gewesen, gilt - selbst wenn die Abtretungserklärung entsprechend ausgelegt
oder umgedeutet werden könnte -, nichts anderes. Der Anspruch muss auch dann vom
Hilfebedürftigen erst geltend gemacht und festgestellt werden, um eine Auszahlung an den
Kläger zu ermöglichen.
31 Da der Kläger keinen Aufwendungsersatz gegen die Beklagte oder die Beigeladene
beanspruchen kann, scheitert schon daran ein Zinsanspruch. Im Übrigen hat der
erkennende Senat einen Zinsanspruch - außer für Prozesszinsen - im
Anwendungsbereich des AsylbLG verneint (BSG, Urteil vom 30.10.2013 - B 7 AY 8/12 R).
32 Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG. § 197a SGG ist nicht einschlägig. Der
Kläger macht einen Nothelferanspruch aus § 25 SGB XII geltend, der eine einer
Sozialleistung vergleichbare Funktion besitzt. Er gehört deshalb zu dem in § 183 Satz 1
SGG genannten Personenkreis der Leistungsempfänger und ist insoweit von der Pflicht
zur Zahlung von Kosten befreit (BSG SozR 4-1500 § 183 Nr 7).