Urteil des BSG vom 30.06.2009

BSG: ärztliche behandlung, gerichtshof der europäischen gemeinschaften, eugh, spanien, behandlung im ausland, stationäre behandlung, ambulante behandlung, krankenversicherung, leistungserbringer

Bundessozialgericht
Urteil vom 30.06.2009
Sozialgericht Oldenburg S 6 KR 61/06
Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen L 1 KR 31/07
Bundessozialgericht B 1 KR 22/08 R
Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des Landessozialgerichts Niedersachsen-Bremen vom 24. April 2008 wird
als unzulässig verworfen, soweit es die Erstattung der Restkosten für ambulant-ärztliche Behandlung von 263,48 Euro
betrifft. Im Übrigen wird das Urteil des Landessozialgerichts aufgehoben und die Sache zur erneuten Verhandlung und
Entscheidung an das Landessozialgericht zurückverwiesen.
Gründe:
I
1
Die Beteiligten streiten über die Erstattung der Restkosten für auf den Kanarischen Inseln in Anspruch genommene
Krankenbehandlung.
2
Die am 20.12.1917 geborene, bei der beklagten Krankenkasse (KK) in der Krankenversicherung der Rentner
versicherte Klägerin erhielt vor ihrer Privatreise nach Gran Canaria von der Beklagten in Verbindung mit einem
Hinweisschreiben (vom 26.1.2005) eine "Bescheinigung als provisorischer Ersatz für die Europäische
Krankenversichertenkarte". Die Klägerin ließ sich in Spanien wegen akuten viralen Infekts und akuter Exsikkose
(2.2.2005) sowie Bronchitis und Verdacht auf Pneumonie (4.2.2005) ambulant-ärztlich für 135 Euro und 185 Euro
behandeln. Noch am 4.2.2005 nahm die Privatklinik "C. " (S. , Gran Canaria) sie nach Vorlage des
Auslandskrankenscheins - so die eigenen Angaben der Klägerin - auf und behandelte sie dort gegen Berechnung von
5.078,41 Euro bis 14.2.2005 stationär. Die C. ist kein zugelassener Leistungserbringer des Trägers des spanischen
sozialen Sicherungssystems gegen Krankheit (Instituto Nacional de la Seguridad Social (INSS)).
3
Die Klägerin beantragte am 21.2.2005 bei der Beklagten, ihr die Kosten der stationären Behandlung in der C.
zuzüglich weiterer Kosten zu erstatten. Die Beklagte ging davon aus, die spanischen Rechtsvorschriften sähen für in
Spanien selbst bezahlte Sachleistungen keine hier einschlägigen Erstattungssätze vor. Sie setzte Erstattungsbeträge
für die ambulant-ärztliche Behandlung von 56,52 Euro und für die stationäre Behandlung von 2.167,20 Euro (Betrag,
der bei einer vergleichbaren Behandlung im Klinikum Oldenburg für die Dauer von 10 Tagen nach der DRG-Position
E65b angefallen wäre) fest (Bescheid vom 3.5.2005). Die Klägerin legte insoweit Widerspruch ein, als die Kosten der
Krankenhaus (KH)-Behandlung in vollem Umfang zu erstatten seien, und verlangte hierfür die Zahlung weiterer
2.911,21 Euro. Die Beklagte half dem Widerspruch insoweit ab, als sie der Klägerin für die KH-Behandlung weitere
508,41 Euro zuerkannte, weil sich die Verdachtsdiagnose "Pneumonie" bestätigt habe (DRG-Position E 77c). Zu
erstatten sei damit für die KH-Behandlung ein Betrag von 2.785,61 Euro, von dem die bereits gezahlten 2.167,20 Euro
und der Eigenanteil von 110 Euro abzuziehen seien. Im Übrigen wurde der Widerspruch zurückgewiesen, weil die
Klägerin während eines Auslandsaufenthalts Anspruch auf Kostenerstattung nur in der Höhe habe, in der Kosten im
Inland entstanden wären (Bescheid vom 22.8.2005; Widerspruchsbescheid vom 16.2.2006).
4
Das Sozialgericht (SG) hat die auf Zahlung der Restkosten der KH-Behandlung von 2.292,80 Euro (= 5.078,41 Euro./.
gezahlter 2.167,20 Euro./. gezahlter 508,41 Euro./. Eigenanteil 110 Euro) zuzüglich Zinsen gerichtete Klage unter
Hinweis auf § 13 Abs 4 Satz 3 SGB V abgewiesen (Urteil vom 10.1.2007). Mit ihrer Berufung hat die Klägerin geltend
gemacht, sie sei zu keiner Zeit davon ausgegangen, privatärztlich behandelt zu werden. Sie habe vielmehr den
Urlaubskrankenschein in dem spanischen KH vorgelegt und darauf hingewiesen, in Deutschland gesetzlich versichert
zu sein. Zudem habe sie - die Klägerin - sich auf die Zusage in dem Schreiben vom 26.1.2005 verlassen dürfen, nach
der die Beklagte ohne irgendeine Einschränkung die Kosten für ärztliche Leistungen in Ländern der EU übernehme.
5
Das Landessozialgericht (LSG) hat die Berufung zurückgewiesen: Nach § 13 Abs 4 und 5 SGB V sei die Höhe der
Erstattung auf die von der Beklagten bereits zuerkannten Kosten begrenzt. Ein weitergehender Anspruch ergebe sich
auch nicht aus EG-Recht; denn die Beklagte habe nicht gewusst, dass sich die Klägerin in ein KH begeben habe und
ihr dort eine Sachleistung nicht gewährt worden sei. Insoweit habe die Klägerin die Beklagte nicht zeitnah darüber
informiert, sondern erst nach ihrer Rückkehr einen Kostenerstattungsanspruch geltend gemacht. Die Klägerin könne
einen weitergehenden Anspruch auch nicht aus dem sozialrechtlichen Herstellungsanspruch herleiten. Weder habe die
Beklagte eine gebotene Beratung unterlassen noch fehlerhaft beraten (Urteil vom 24.4.2008).
6
Mit ihrer Revision begehrt die Klägerin Zahlung von weiteren 2.556,28 Euro (3.064,69 Euro abzüglich gezahlter 508,41
Euro). Unter Hinweis auf einen "Berechnungsfehler" verlangt sie zuzüglich zu den Restkosten der stationären KH-
Behandlung die Erstattung der Restkosten für die ambulant-ärztlichen Behandlungen in Höhe von 263,48 Euro. Sie
rügt die Verletzung von § 13 Abs 3 bis 5 SGB V iVm der Warenverkehrs- und Dienstleistungsfreiheit des EG-
Vertrages. Die Beschränkung des Umfangs der Kostenerstattung auf die Kosten einer Sachleistung im Inland sei
nicht mit EG-Recht vereinbar, weil sie einerseits zu unbestimmt und andererseits diskriminierend sei. Zu unbestimmt
sei die Regelung, weil im deutschen System der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) eine unmittelbare
Vergütung ambulanter Leistungen durch die KK nicht stattfinde, sodass für den Versicherten bei Behandlung im
Ausland ein mit EG-Recht nicht zu vereinbarendes unkalkulierbares Kostenrisiko bestehe. Ferner verstoße der
Genehmigungsvorbehalt in § 13 Abs 5 SGB V bei einem Notfall gegen Art 22a Abs 1 EWGV 1408/71 und bei
Rentnern - wie hier - generell gegen Art 31 EWGV 1408/71.
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Die Klägerin beantragt, die Urteile des Landessozialgerichts Niedersachsen-Bremen vom 24. April 2008 und des
Sozialgerichts Oldenburg vom 10. Januar 2007 aufzuheben sowie die Beklagte unter Änderung der Bescheide vom 3.
Mai 2005 und 22. August 2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 16. Februar 2006 zu verurteilen, ihr
(der Klägerin) weitere 2.556,28 Euro nebst 4 % Zinsen aus 3.064,69 Euro vom 22. August 2005 bis 23. Februar 2006
und aus 2.556,28 Euro seit dem 24. Februar 2006 zu zahlen.
8
Die Beklagte beantragt, die Revision zurückzuweisen.
9
Sie meint, die Revision sei unzulässig, soweit die Klägerin nunmehr auch die Erstattung von Kosten für die ambulante
Behandlung geltend mache. Das angefochtene LSG-Urteil hält sie für zutreffend.
II
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Die Revision der Klägerin ist unzulässig, soweit sie auf die Erstattung der Restkosten für die ambulant-ärztliche
Behandlung in Höhe von 263,48 Euro gerichtet ist. Insoweit handelt es sich um eine nach § 168 Satz 1 SGG
unzulässige Klageänderung. Die Klägerin stützt sich erstmals im Revisionsverfahren zusätzlich auf einen neuen
Klagegrund, indem sie nicht nur - wie bis zur letzten mündlichen Verhandlung im Berufungsverfahren - die Erstattung
der restlichen Kosten der erfolgten stationären KH-Behandlung begehrt, sondern eigenständige Ansprüche aus dem
weiteren Lebenssachverhalt ambulanter Behandlung herleitet und klageweise geltend macht. Ein solches Vorgehen
stellt nicht lediglich eine "ohne Änderung des Klagegrundes" erfolgende Erweiterung des Klageantrags in der
Hauptsache oder in Bezug auf Nebenforderungen iS von § 99 Abs 3 Nr 2 SGG dar, insbesondere wird damit - anders
als die Klägerseite vorträgt - kein bloßer "Rechenfehler" behoben; vielmehr erweitert die Klägerin die tatsächliche und
rechtliche Grundlage ihrer Rechtsverfolgung (Klagegrund) gegenüber der Vorinstanz.
11
Die im Übrigen zulässige Revision der Klägerin führt zur Zurückverweisung der Sache an das LSG zur erneuten
Verhandlung und Entscheidung (§ 170 Abs 2 Satz 2 SGG). Das angefochtene LSG-Urteil ist insoweit aufzuheben, weil
es auf der Verletzung materiellen Rechts beruht und sich auch nicht aus anderen Gründen als richtig erweist. Wegen
fehlender Tatsachenfeststellungen des LSG kann der Senat nicht in der Sache selbst abschließend über den Erfolg
der Berufung der Klägerin gegen das klageabweisende SG-Urteil entscheiden. Ergänzende Zahlungsansprüche
kommen (nur) teilweise nach europäischem und deutschem Recht in Betracht (dazu 1. bis 4.), scheiden aber auch
teilweise aus. Letzteres gilt für Ansprüche aus § 13 Abs 3 Satz 1 SGB V (dazu 5.) und aus dem deutsch-spanischen
Sozialversicherungsabkommensrecht von 1973/75 (dazu 6.).
12
1. Für den von der Klägerin gegen die Beklagte geltend gemachten Anspruch auf Erstattung weiterer Kosten für die im
Februar 2005 in der C. (Gran Canaria) durchgeführte stationäre KH-Behandlung kommen mehrere Rechtsgrundlagen
des europäischen Koordinationsrechts und des deutschen Rechts in Betracht.
13
Der Anspruch auf Leistungen der in Deutschland wohnhaften, bei der Beklagten krankenversicherten Klägerin auf
Krankenbehandlung (§ 27 SGB V) ruht gemäß § 16 Abs 1 Nr 1 SGB V, solange sie sich im Ausland aufhält, und zwar
auch dann, wenn sie dort während eines vorübergehenden Aufenthalts erkrankt, "soweit in diesem Gesetzbuch nichts
Abweichendes bestimmt ist". Die nationale Rechtsordnung kann - wie auch der "soweit"-Halbsatz verdeutlicht - durch
vorrangige Regelungen des supranationalen Rechts verdrängt, überlagert oder ergänzt werden (vgl § 30 Abs 2 SGB I,
§ 6 SGB IV; dazu BSGE 98, 257 = SozR 4-6928 Allg Nr 1, jeweils RdNr 12 ff). Eine Modifizierung der nationalen -
deutschen - Rechtsordnung erfolgt durch Vorschriften des supranationalen Rechts in Gestalt des EG-Primärrechts
(hier: Dienstleistungsfreiheit nach Art 49, 50 EG), während das EG-Sekundärrecht das deutsche Recht ergänzt; hier
insbesondere durch die Verordnung (EWG) Nr 1408/71 des Rates vom 14.6.1971 zur Anwendung der Systeme der
sozialen Sicherheit auf Arbeitnehmer und deren Familien, die innerhalb der Gemeinschaft zu- und abwandern (EWGV
1408/71; ABl L 149, 2, hier anzuwenden in der 2005 geltenden konsolidierten Fassung vom 30.1.1997, ABl L 28, 1,
zuletzt vor 2005 geändert mit Wirkung vom 1.6.2004 durch die Verordnung (EG) Nr 631/2004 vom 31.3.2004, ABl
2004, L 100, 1) und die Verordnung (EWG) Nr 574/72 des Rates vom 21.3.1972 über die Durchführung der Verordnung
(EWG) Nr 1408/71 zur Anwendung der Systeme der sozialen Sicherheit auf Arbeitnehmer und deren Familien, die
innerhalb der Gemeinschaft zu- und abwandern (EWGV 574/72; ABl L 74, 1, hier anzuwenden in der Fassung der
EGV 631/2004 vom 31.3.2004, ABl L 100, 1). Versicherte können demnach auf der Grundlage primären und
sekundären EG-Rechts Ansprüche haben, die unter Berücksichtigung allein der nationalen Rechtsordnung nicht
bestünden.
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Ein Anspruch auf Erstattung weiterer Kosten kann danach dem Grunde nach herzuleiten sein aus Art 31 EWGV
1408/71 in Verbindung mit Regelungen des spanischen sozialen Sicherungssystems gegen Krankheit (dazu 2.) und
analog Art 34 EWGV 574/72 (dazu 3.) sowie aus § 13 Abs 4, 5 SGB V (dazu 4).
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2. Ob die Klägerin schon auf der Grundlage des Art 31 EWGV 1408/71 durch die von ihr bezahlte stationär
durchgeführte Behandlung einen Kostenerstattungsanspruch gegen den spanischen Sozialleistungsträger erworben
hat mit der Möglichkeit, den Anspruch dann unmittelbar gegen die Beklagte geltend zu machen, kann der Senat
wegen fehlender Feststellungen des LSG nicht abschließend entscheiden. Die Heranziehung dieser Rechtsgrundlage
setzt voraus, dass im spanischen Recht ein sachleistungsersetzender Kostenerstattungsanspruch grundsätzlich
vorgesehen ist und dass - bejahendenfalls - dessen Voraussetzungen nach den im Falle der Klägerin vorliegenden
besonderen Umständen erfüllt sind.
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Nach Art 31 Abs 1 a) EWGV 1408/71 erhält ein Rentner, der nach den Rechtsvorschriften eines Mitgliedstaates zum
Bezug von Rente berechtigt ist und nach den Rechtsvorschriften eines dieser Staaten Anspruch auf Leistungen hat,
Sachleistungen, die sich während eines Aufenthalts im Gebiet eines anderen Mitgliedstaats als des Wohnstaates
unter Berücksichtigung der Art der Leistungen und der voraussichtlichen Aufenthaltsdauer als medizinisch notwendig
erweisen (Satz 1). Diese Sachleistungen werden vom Träger des Aufenthaltsorts nach den für diesen Träger
geltenden Rechtsvorschriften für Rechnung des Trägers des Wohnorts des Rentners erbracht (Satz 2). Die Klägerin
hatte als Rentnerin während ihres Aufenthalts auf Gran Canaria (Spanien) danach grundsätzlich einen Anspruch auf
Sachleistungen nach den spanischen Rechtsvorschriften. Die Leistungen werden im Wege der sog Leistungsaushilfe
von dem nach spanischem Recht zuständigen Träger gemäß dem für diesen geltenden - spanischen - Recht mit
Wirkung für die deutschen KK erbracht. Eine solche Sachleistungsgewährung scheidet hier wegen des Zeitablaufs
aus, wohl aber kommt insoweit eine Kostenerstattung in Betracht.
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Ausdrücklich befasst sich Art 31 EWGV 1408/71 lediglich mit "Sachleistungen". Er schließt aber nach seinem Sinn
und Zweck auch sachleistungsersetzende Kostenerstattungsansprüche mit ein, falls das spanische Leistungsrecht
solche - ähnlich einer Voll- oder Teilkostenerstattung oder entsprechend § 13 Abs 3 SGB V - vorsehen sollte. Solche
Kostenerstattungsansprüche dienen der Ergänzung des Sachleistungssystems - etwa bei Systemmängeln - und sind
diesem als integraler Bestandteil zuzuordnen (vgl zum Charakter der Kostenerstattungsansprüche als
"Sachleistungen" iS des EG-Rechts allgemein schon BSG SozR 4-2500 § 13 Nr 3 RdNr 27 mwN). Der Senat hat dies
bereits für den Fall eines bilateralen Sozialversicherungsabkommens entschieden (vgl BSGE 98, 257 = SozR 4-6928
Allg Nr 1, jeweils RdNr 23 - deutsch-tunesisches Abkommen); nichts anderes kann aber gelten, wenn eine
Sachleistungsaushilfe kraft EG-Rechts angeordnet worden ist.
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Versicherte wie die Klägerin können solche sachleistungsersetzenden Kostenerstattungsansprüche unmittelbar gegen
ihre (Herkunfts-)KK - hier die Beklagte - geltend machen. Eines Umweges über den im Wege der
Sachleistungsaushilfe tätig werdenden zuständigen Träger - hier INSS - mit anschließender Erstattung unter den
Leistungsträgern bedarf es dann nicht. Denn die deutsche KK ist - anders als bei der Sachleistungsgewährung im
engeren Sinne - nicht gehindert, einen solchen Erstattungsanspruch mit Hilfe der Verbindungsstelle selbst zu prüfen
und ggf zu erfüllen.
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Ob die spanische Rechtsordnung solche Ansprüche zum Zeitpunkt der Leistungserbringung an die Klägerin vorsah,
wird das LSG zu ermitteln haben. Ggf wird es über den Inhalt des maßgeblichen spanischen Rechts Beweis erheben
müssen. Hierfür kommt eine Auskunft der beim deutschen GKV-Spitzenverband ansässigen Deutschen
Verbindungsstelle Krankenversicherung - Ausland - in Betracht oder etwa Sachverständigenbeweis durch Einholung
eines Rechtsgutachtens. Für die Ermittlung des Inhalts ausländischen Rechts verweist § 293 ZPO iVm § 202 SGG
auf die Vorschriften über die Beweisaufnahme zur Tatsachenermittlung (vgl BSGE 98, 257 = SozR 4-6928 Allg Nr 1,
jeweils RdNr 39 f; BSG SozR 3-1750 § 293 Nr 1 S 2).
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3. Falls ein Anspruch der Klägerin aus Art 31 EWGV 1408/71 zu verneinen ist, kommt grundsätzlich Art 34 EWGV
574/72 als Anspruchsgrundlage in Betracht. Hier steht fest, dass die Klägerin gegen die Beklagte einen Anspruch auf
Kostenerstattung nicht unmittelbar auf Art 34 EWGV 574/72 stützen kann (dazu a); allerdings könnte ein solcher
Anspruch aus dessen analoger Anwendung herzuleiten sein (dazu b). Letztere scheidet zwar in Bezug auf das
Verhalten der Beklagten schon nach dem sich durch alle Instanzen ziehenden tatsächlichen Vorbringen der Klägerin
aus (dazu b bb); nicht aber hinsichtlich eines möglichen, dem spanischen Leistungsträger zuzurechnenden
Fehlverhaltens, zu dem weitere Feststellungen des LSG erforderlich sind (dazu b cc).
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a) Art 34 Abs 1 EWGV 574/72 bestimmt: "Konnten die Formvorschriften nach Artikel 20 Absätze 1 und 4 sowie nach
den Artikeln 21, 23 und 31 der Durchführungsverordnung während des Aufenthalts im Gebiet eines anderen
Mitgliedstaats als des zuständigen Staates nicht eingehalten werden, so sind die entstandenen Kosten auf Antrag des
Arbeitnehmers oder Selbständigen vom zuständigen Träger nach den für den Träger des Aufenthaltsorts
maßgebenden Sätzen zu erstatten." Art 31 Abs 1 EWGV 574/72 ordnet an: "Ein Rentner hat für den Bezug von
Sachleistungen nach Artikel 31 der Verordnung (gemeint: Art 31 EWGV 1408/71) dem Leistungserbringer ein vom
Träger des Wohnorts ausgestelltes Dokument vorzulegen, das seinen Sachleistungsanspruch bescheinigt. Dieses
Dokument wird gemäß Artikel 2 erstellt. Kann der Betreffende dieses Dokument nicht vorlegen, so wendet er sich an
den Träger des Aufenthaltsorts, der beim Träger des Wohnorts eine Bescheinigung über den Sachleistungsanspruch
des Betreffenden anfordert. Gegenüber dem Leistungserbringer hat das vom zuständigen Träger ausgestellte
Dokument für den Anspruch auf die nach Artikel 31 der Verordnung in jedem konkreten Einzelfall in Betracht
kommenden Leistungen dieselbe Wirkung wie ein nationaler Nachweis über Ansprüche der beim Träger des
Aufenthaltsorts versicherten Personen."
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Die Voraussetzungen dieser Regelung sind nicht erfüllt. Denn die Klägerin hat nicht lediglich Formvorschriften
missachtet, die Art 31 EWGV 574/72 vorsieht. Sie hat sich von vornherein nicht an den in Spanien zuständigen
Träger und nicht an ein dort zugelassenes KH gewandt.
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b) In Betracht kommt allerdings ein Anspruch auf Erstattung weiterer Kosten auf Grundlage der analogen Anwendung
des Art 34 EWGV 574/72. In Anlehnung an Art 34 EWGV 574/72 hat der Gerichtshof der Europäischen
Gemeinschaften (EuGH) - ähnlich der Zielrichtung von § 13 Abs 3 SGB V im deutschen Recht - einen Anspruch
entwickelt, der eingreift, wenn das eigentliche Ziel der EWGV 1408/71 (= Gewährung der Sachleistung im
Sicherungssystem des Aufenthaltsstaats) aufgrund von Umständen verfehlt wird, die in den Verantwortungsbereich
eines der beteiligten Leistungsträger fallen (EuGHE I 2003, 1703, RdNr 61 f - Ioannidis).
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aa) Anknüpfungspunkt für den Anspruch auf Kostenerstattung ist insoweit das EG-rechtliche Gebot, die
gemeinschaftsrechtlichen Regelungen möglichst wirksam umzusetzen (effet utile). Der EuGH geht davon aus, dass
der Anwendungsbereich des Art 34 Abs 1 EWGV 574/72 nicht auf die dort ausdrücklich genannten Formverstöße
begrenzt ist, sondern dass die Regelung betroffenen Versicherten in Analogie dazu auch einen
Kostenerstattungsanspruch verschafft, wenn es von einem der beteiligten Leistungsträger zu verantworten ist, dass
eine Bescheinigung zum Nachweis der anspruchsbegründenden Voraussetzungen für die grenzüberschreitende
Inanspruchnahme von Krankenbehandlung nicht vorgelegt werden konnte (vgl EuGHE I 2003, 1703, RdNr 59 ff -
Ioannidis). In einem solchen Fall sind dem Versicherten Kosten zu erstatten, "um ihm eine Kostenübernahme in der
Höhe zu garantieren, wie er sie hätte in Anspruch nehmen können, wenn die Bestimmungen dieser Vorschrift beachtet
worden wären" (EuGH, ebenda RdNr 61). Raum für Kostenerstattung nach dieser Vorschrift bleibt etwa, wenn der
Träger des Aufenthaltsortes (hier: das INSS) seinen Pflichten im Rahmen der Leistungsaushilfe mit Sachleistungen
nicht oder nicht ordnungsgemäß nachgekommen ist oder das Verhalten des zuständigen (hier deutschen)
Krankenversicherungsträgers dazu geführt hat, dass der Versicherte gehindert war, das aushelfende
Sachleistungssystem in einem anderen Staat in Anspruch zu nehmen. Ein solches europarechtswidriges
Fehlverhalten scheidet im vorliegenden Fall in Bezug auf die Beklagte aus (dazu bb), nicht jedoch in Bezug auf den
spanischen Träger (dazu cc).
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bb) Eine Pflichtverletzung der Beklagten - vergleichbar derjenigen, die darin liegt, dass die KK ihren Versicherten von
der Einholung von Erkundigungen abgehalten hat (vgl BSGE 99, 180 = SozR 4-2500 § 13 Nr 15, jeweils RdNr 26 ff) -
liegt nicht vor. Die Klägerin macht im Kern geltend, die Beklagte habe durch das vor der Reise nach Gran Canaria
übersandte Schreiben vom 26.1.2005, mit dem zugleich eine "Bescheinigung als provisorischer Ersatz für die
Europäische Krankenversichertenkarte" übersandt wurde, den Eindruck hervorgerufen, in anderen EG-Mitgliedstaaten
und damit auch auf den Kanarischen Inseln umfassend gegen das Risiko der Krankheit - einschließlich erforderlich
werdender stationärer KH-Behandlung - hinreichend abgesichert zu sein; dadurch habe die Beklagte eine
Fehlinformation bewirkt, kraft derer sie (die Klägerin) sich "in Sicherheit gewogen" und eventuell notwendige
rechtswahrende Maßnahmen unterlassen habe, sodass letztlich die Kosten für die Behandlung in der Privatklinik in
Spanien entstanden seien. Bei verständiger Würdigung des Schreibens vom 26.1.2005 nach den im
Revisionsverfahren geltenden Maßstäben (vgl zB BSGE 96, 161 = SozR 4-2500 § 13 Nr 8, jeweils RdNr 11 ff; BSGE
75, 92, 95 f = SozR 3-4100 § 141b Nr 10) enthält es keine derartige Fehlinformation.
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Der Brief der Beklagten stellt ein kurzes, allgemein gehaltenes Informationsschreiben dar, das der Situation
Betroffener vor einem unmittelbar bevorstehenden Reiseantritt gerecht wird und naturgemäß nicht auf alle in Betracht
kommenden Eventualitäten eingehen kann. Darin heißt es ua zwar, "Die AOK übernimmt für Sie die Kosten für
ärztliche Leistungen und Medikamente in allen Ländern, mit denen die Bundesrepublik Deutschland ein
Sozialversicherungsabkommen geschlossen hat. Dazu gehören zB die Länder der Europäischen Union." Jedoch sind
schon diese Sätze nicht umfassend auf alle möglichen Formen einer "Krankenbehandlung" gerichtet, sondern auf
"ärztliche Leistungen und Medikamente" beschränkt; darin wird die nun hinsichtlich der Kosten streitige "stationäre
Krankenhausbehandlung" ebenso wenig konkret angesprochen wie andere Formen der Krankenbehandlung, wie sie im
Einzelnen in § 11, § 27 Abs 1 Satz 2 Nr 1 bis 6 SGB V aufgeführt werden. Die inhaltlich nur eingeschränkte
Aussagekraft dieses Schreibens musste sich auch einem Laien wie der Klägerin erschließen, und zwar unabhängig
davon, ob die Klägerin möglicherweise aus früheren vergleichbaren Reisen in touristische Gebiete sogar über
entsprechende Erfahrungen und Kenntnisse hinsichtlich der Kostentragung für Krankenbehandlung im Ausland
verfügte. Es darf nämlich nicht außer Betracht bleiben, dass ihr die Beklagte ausdrücklich "zusätzlich zum
Urlaubskrankenschein den Abschluss unserer privaten Auslandsreisekrankenversicherung" empfahl, mit der die
Klägerin (erst dann) "weltweiten Rundum-Schutz" erhalte, zumal "der Gesetzgeber allen gesetzlichen
Krankenversicherungen die Kostenübernahme für bestimmte Leistungen untersagt" habe. Auch wurde im Falle noch
offener Fragen ausdrücklich abschließend die nähere Beratung angeboten.
27
cc) Ob das weitere Vorbringen der Klägerin eine Eintrittspflicht der Beklagten analog Art 34 Abs 1 EWGV 574/72
wegen eines Fehlverhaltens des spanischen Trägers bewirken kann, lässt sich vom Senat derzeit nicht abschließend
beurteilen. Im Fall der Klägerin bestehen zwar keine Anhaltspunkte für ein dem spanischen Träger zuzurechnendes -
weil zB systematisch geduldetes - Fehlverhalten externer Leistungserbringer, das die aus dem koordinierenden EG-
Recht folgenden Ansprüche von Versicherten aus anderen Mitgliedstaaten verkürzt. Jedoch ist nicht ausgeschlossen,
dass ein Fehlverhalten der C. (im Einzelfall) vorliegt, das nach spanischem Recht dem INSS zuzurechnen sein
könnte. Dies kommt etwa in Betracht, wenn zum einen ein nicht zugelassener Leistungserbringer nach spanischem
Recht eine unaufschiebbar notwendige Krankenbehandlung als Sachleistung des INSS erbringen und ein insoweit
fehlerhaftes Verhalten dem INSS zugerechnet werden müsste, zum anderen aber das spanische Sachrecht den
Betroffenen gleichwohl Erstattungsansprüche vorenthielte, die sie europarechtlich beanspruchen können.
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4. Ob die Klägerin Anspruch auf zumindest einen Teil der geltend gemachten Restkosten nach § 13 Abs 4 und 5 SGB
V (§ 13 SGB V hier anzuwenden in der ab 1.1.2004 geltenden Fassung durch Art 1 Nr 4 Buchst b des Gesetzes vom
14.11.2003, BGBl I 2190) hat, kann der Senat ebenfalls nicht abschließend entscheiden.
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a) Danach sind Versicherte berechtigt, auch Leistungserbringer in anderen Staaten, in denen die EWGV 1408/71
anzuwenden ist, anstelle der Sach- oder Dienstleistung im Wege der Kostenerstattung in Anspruch zu nehmen, es sei
denn, Behandlungen für diesen Personenkreis im anderen Staat sind auf der Grundlage eines Pauschbetrages zu
erstatten oder unterliegen auf Grund eines vereinbarten Erstattungsverzichts nicht der Erstattung (Abs 4 Satz 1; zu
Halbsatz 2 unten aa). Es dürfen nur solche Leistungserbringer in Anspruch genommen werden, bei denen die
Bedingungen des Zugangs und der Ausübung des Berufes Gegenstand einer Richtlinie der Europäischen
Gemeinschaft sind oder die im jeweiligen nationalen System der Krankenversicherung des Aufenthaltsstaates zur
Versorgung der Versicherten berechtigt sind (Abs 4 Satz 2; dazu bb). Abweichend von Absatz 4 können
Krankenhausleistungen nach § 39 SGB V (dazu cc) nur nach vorheriger Zustimmung durch die KK (dazu dd) in
Anspruch genommen werden. Die Zustimmung darf nur versagt werden, wenn die gleiche oder eine für den
Versicherten ebenso wirksame, dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse entsprechende
Behandlung einer Krankheit rechtzeitig bei einem Vertragspartner der KK im Inland erlangt werden kann (Abs 5). Es
fehlt bisher an Feststellungen des LSG, dass diese Voraussetzungen erfüllt sind. Der Senat kann demgemäß auch
über die Höhe des auf die Regelung gestützten Kostenerstattungsanspruchs noch nicht abschließend entscheiden.
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aa) Die Klägerin unterfällt nicht dem Personenkreis, für den Behandlungen im anderen Staat auf der Grundlage eines
Pauschbetrages zu erstatten sind oder dessen Behandlung aufgrund eines vereinbarten Erstattungsverzichts nicht der
Erstattung unterliegt und dessen koordinationsrechtliche Sachleistungsansprüche den Kostenerstattungsanspruch aus
§ 13 Abs 4 und 5 SGB V verdrängt (§ 13 Abs 4 Satz 1 Halbsatz 2 SGB V). Von der Kostenerstattung ausgeschlossen
sind Residenten, für die der deutsche Krankenversicherungsträger mittelbar bereits geleistet hat (vgl E. Hauck in H.
Peters, Handbuch der Krankenversicherung SGB V, 19. Aufl, Stand: 1.9.2008, § 13 RdNr 339; Noftz in K.
Hauck/Noftz, SGB V, Stand: Mai 2009, K § 13 RdNr 66 f). Zu ihnen gehören Rentner und ihre Familienangehörigen,
die ihren Wohnort oder ständigen Aufenthalt nicht in einem Mitgliedstaat haben, nach dessen Vorschriften sie eine
Rente beziehen oder Anspruch auf Leistungen erhalten (vgl Art 95 EWGV 574/72 iVm Art 36 Abs 2 EWGV 1408/71).
Hier bestehen keine Anhaltspunkte dafür, dass die Klägerin in Spanien wohnte oder dort ihren ständigen Aufenthalt
hatte. Sie erkrankte vielmehr während einer Urlaubsreise.
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bb) Die C. ist eine zulässige Leistungserbringerin für einen Anspruch gemäß § 13 Abs 4 iVm Abs 5 SGB V. Da diese
Kostenerstattungsansprüche nicht an die Einbindung in ein Sachleistungssystem anknüpfen, sondern die
Rechtsprechung des EuGH zur Dienstleistungs- und Warenverkehrsfreiheit in das deutsche Recht umsetzen, ist die
Einbindung des ausländischen Leistungserbringers - hier der C. - in ein solches System keine notwendige
Anspruchsvoraussetzung (vgl auch EuGHE I 2007, 3185, RdNr 22 ff - Stamatelaki; BSG SozR 4-2500 § 13 Nr 3 RdNr
11 ff mwN; BSGE 93, 94 = SozR 4-2500 § 13 Nr 4, jeweils RdNr 12). Es genügt, dass die in einem anderen
Mitgliedstaat gelegene Privatklinik in diesem Mitgliedstaat ebenfalls Qualitätskontrollen unterliegt, und dass die in
diesem Staat niedergelassenen Ärzte, die in dem genannten KH tätig sind, gleiche berufliche Garantien wie die im
Inland niedergelassenen Ärzte bieten. Hiervon ist für Spanien und die C. auszugehen, insbesondere seit dem Erlass
und der Umsetzung der Richtlinie 93/16 EWG des Rates vom 5.4.1993 zur Erleichterung der Freizügigkeit für Ärzte
und zur gegenseitigen Anerkennung ihrer Diplome, Prüfungszeugnisse und sonstigen Befähigungsnachweise (ABl L
165, 1; vgl EuGHE I 2007, 3185, RdNr 37 - Stamatelaki).
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cc) Die Klägerin hat iS von § 13 Abs 5 Satz 1 SGB V "Krankenhausleistungen nach § 39" SGB V in Spanien, einem
anderen Staat als Deutschland im Geltungsbereich des Vertrages zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft und
des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum in Anspruch genommen. Sie erhielt nämlich in der C.
vollstationäre Behandlung. Nach § 39 Abs 1 SGB V wird KH-Behandlung ua vollstationär erbracht. Damit verweist §
13 Abs 5 SGB V auf den weiten Begriff der KH-Leistungen des nationalen Rechts. Die Regelung knüpft im Kern daran
an, dass die besonderen Mittel eines KH aus medizinischen Gründen benötigt werden, um die Krankheit zu heilen
oder zu bessern, eine Verschlimmerung zu verhüten oder Krankheitsbeschwerden zu lindern (vgl BSG, Großer Senat,
BSGE 99, 111 = SozR 4-2500 § 39 Nr 10, jeweils RdNr 24 mwN). KH-Leistungen im Ausland innerhalb der EU dürfen
europarechtskonform grundsätzlich von einer vorherigen Zustimmung abhängig gemacht werden mit dem Ziel, eine
qualitativ hochwertige, ausgewogene sowie allen zugängliche ärztliche und klinische Versorgung aufrechtzuerhalten,
soweit es zur Erreichung eines hohen Niveaus des Gesundheitsschutzes beiträgt (so: EuGHE I 2001, 5473 RdNr 73 =
SozR 3-6030 Art 59 Nr 6 - Smits/Peerbooms; EuGHE I 2003, 4509 RdNr 76 ff = SozR 4-6030 Art 59 Nr 1 RdNr 102 ff
- Müller-Fauré/van Riet).
33
Auch wenn § 39 Abs 1 Satz 2 SGB V den Anspruch Versicherter auf KH-Behandlung in einem "zugelassenen" KH
begrenzt, kann aufgrund des europarechtlichen Ausgangspunktes des § 13 Abs 4 iVm Abs 5 SGB V unter
Berücksichtigung der aufgezeigten Rechtsprechung des EuGH (vgl EuGHE I 2007, 3185, RdNr 37 - Stamatelaki) eine
Zulassung des KH im Sicherungssystem des EG-Mitgliedstaats, in dem sich der Versicherte zum Zeitpunkt der
Inanspruchnahme von KH-Behandlung aufhält, nicht gefordert werden (vgl E. Hauck in H. Peters, aaO, § 13 RdNr
370).
34
dd) Ob und ggf wie lange die Klägerin die C. zu Lasten der Beklagten in Anspruch nehmen durfte, obwohl dies nach §
13 Abs 5 Satz 1 SGB V "nur nach vorheriger Zustimmung" durch die KK zulässig ist, an der es vorliegend fehlte,
bedarf indessen noch weiterer Ermittlungen.
35
Die Voraussetzung der Erteilung einer vorherigen Zustimmung ist teleologisch auf den Regelfall zu beschränken, in
dem sich ein Versicherter zur KH-Behandlung ins Ausland begibt. Denn für diesen Fall ist § 13 Abs 5 Satz 2 SGB V
geschaffen worden: Die Regelung soll der EuGH-Rechtsprechung zur Warenverkehrs- und passiven
Dienstleistungsfreiheit Rechnung tragen, die von diesem typischen Fall ausgeht (vgl Gesetzesentwurf der Fraktionen
SPD, CDU/CSU und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN zum Gesetz zur Modernisierung der gesetzlichen
Krankenversicherung BT-Drucks 15/1525, S 80 ff, zu Nr 4 (§ 13); E. Hauck in H. Peters, aaO, § 13 RdNr 327 mwN).
Erkrankt jedoch ein Versicherter unvorhergesehen im Ausland innerhalb des in § 13 Abs 5 Satz 1 SGB V
umschriebenen Gebiets in einer Weise, dass er gehindert ist, vor der Inanspruchnahme von KH-Behandlung die hierfür
grundsätzlich erforderliche Zustimmung seiner KK einzuholen, darf ihm das Fehlen der förmlichen vorherigen
Zustimmung jedenfalls bis zu dem Zeitpunkt nicht entgegengehalten werden, bis zu welchem die KK nach
Beseitigung des Hindernisses die Zustimmung hätte erteilen können, wenn sie in der Sache bei rechtzeitiger
Information die Zustimmung hätte erteilen müssen. Soweit der EuGH - wie dargelegt - das Erfordernis gemäß Art 46
EG rechtfertigt, die Kostenübernahme für eine KH-Versorgung in einem anderen Mitgliedstaat von einer vorherigen
Genehmigung abhängig zu machen, muss gewährleistet sein, dass solche Einschränkungen nicht über dasjenige
hinausgehen, was zu ihrem Zweck objektiv notwendig ist, und dass das gleiche Ergebnis nicht durch weniger
einschneidende Regelungen erreicht werden kann (EuGHE I 2003, 4509 RdNr 68 mwN = SozR 4-6030 Art 59 Nr 1
RdNr 93 - Müller-Fauré/van Riet). Es wäre aber unverhältnismäßig und daher EG-rechtswidrig, die nachträglich zu
erteilende Genehmigung einer KK nicht ausreichen zu lassen, wenn der Berechtigte aus Krankheitsgründen gehindert
war, eine vorherige Zustimmung seiner KK zur KH-Behandlung einzuholen und diese Genehmigung an sich der Sache
nach zu erteilen gewesen wäre. Das entspricht auch allgemeinen Grundgedanken des deutschen Rechts der GKV,
handlungs- oder geschäftsunfähige Versicherte vor Rechtsnachteilen zu schützen, wenn sie nicht in der Lage sind,
zur Wahrung ihrer Rechte gebotene günstige Gestaltungsmöglichkeiten wahrzunehmen.
36
So ist in ständiger Rechtsprechung anerkannt, dass das Unterlassen der ärztlichen Feststellung der
Arbeitsunfähigkeit einem Anspruch auf Krankengeld nicht entgegengehalten werden darf, wenn die rechtzeitige
Feststellung oder Meldung der Arbeitsunfähigkeit durch Umstände verhindert oder verzögert wurde, die nicht dem
Verantwortungsbereich des Versicherten zuzurechnen sind (vgl zB BSGE 52, 254 = SozR 2200 § 216 Nr 5; BSGE 85,
271, 276 = SozR 3-2500 § 49 Nr 4; BSGE 95, 219 = SozR 4-2500 § 46 Nr 1, jeweils RdNr 17 ff). Dies ist ua bei
Handlungs- oder Geschäftsunfähigkeit des Betroffenen anzunehmen (vgl zuletzt BSG, Urteil vom 5.5.2009 - B 1 KR
20/08 R - RdNr 21 zur Veröffentlichung in SozR vorgesehen; BSGE 25, 76, 77 f = SozR Nr 18 zu § 182
Reichsversicherungsordnung (RVO); Schmidt in: H. Peters, aaO, § 46 RdNr 33 mwN). Die freiwillige Mitgliedschaft in
der GKV etwa konnte weder nach § 314 Satz 1 RVO noch nach § 191 Nr 3 SGB V in der bis zum 31.3.2007 geltenden
Fassung erlöschen, solange der Versicherte infolge Geschäftsunfähigkeit an der rechtzeitigen Entrichtung der
Beiträge gehindert und ohne gesetzlichen Vertreter war (vgl BSG SozR 3-2200 § 314 Nr 1 S 3 f mwN).
37
Der Senat kann mangels hinreichender Feststellungen der Vorinstanzen nicht abschließend darüber entscheiden, ob
die vorgenannten Voraussetzungen erfüllt sind. So hat das LSG nicht festgestellt, dass und ggf wie lange die Klägerin
ab 4.2.2005 möglicherweise krankheitsbedingt handlungs- oder geschäftsunfähig, unvertreten und deshalb gehindert
war, die Zustimmung der Beklagten zur KH-Behandlung einzuholen. Ebenfalls fehlt es an Feststellungen darüber,
dass die Beklagte einem Antrag der Klägerin auf Genehmigung der stationären Behandlung auf Gran Canaria zB von
der Art und Schwere der Erkrankung her hätte zustimmen müssen. Da nach § 13 Abs 5 Satz 2 SGB V die
Zustimmung nur versagt werden darf, wenn die gleiche oder eine für den Versicherten ebenso wirksame, dem
allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse entsprechende Behandlung einer Krankheit rechtzeitig
bei einem Vertragspartner der KK "im Inland" erlangt werden kann, ist zu ermitteln, beginnend von welchem Zeitpunkt
an die Beklagte der Klägerin rechtzeitig solche erforderliche Behandlung im Inland hätte gewähren können.
38
b) Weil es angesichts der noch erforderlichen Ermittlungen offen ist, ob schon in tatsächlicher Hinsicht überhaupt die
Voraussetzungen eines Erstattungsanspruchs nach § 13 Abs 4 und 5 SGB V erfüllt sind, erscheint es
unzweckmäßig, dass der erkennende Senat bereits im Rahmen der Zurückverweisung an das LSG nach § 170 Abs 2
Satz 2 SGG bindende Vorgaben für die Ermittlung der Höhe des Erstattungsanspruchs festlegt. Aus dem Umstand,
dass die Beklagte der Klägerin mit den angefochtenen Bescheiden bereits teilweise Kosten erstattet hat, kann
jedenfalls nicht schon hergeleitet werden, dass alle Voraussetzungen eines Anspruchs nach § 13 Abs 4 und 5 SGB V
bejaht werden müssen.
39
Sollte das LSG allerdings zu dem Ergebnis kommen, dass die Voraussetzungen des genannten Anspruchs dem
Grunde nach erfüllt sind, wird es zu erwägen haben, ob für die Bemessung der Höhe des Kostenerstattungsanspruchs
auf die Kriterien des § 13 Abs 2 Satz 9 ff SGB V zurückzugreifen ist.
40
Dafür könnte sprechen, dass nach § 13 Abs 4 Satz 3 SGB V die Erstattung höchstens auf die Höhe der Vergütung
begrenzt ist, die von der KK bei Erbringung als Sachleistung im Inland zu leisten wäre. Diese Begrenzung der
Erstattungshöhe ist nach der ständigen Rechtsprechung des EuGH zulässig (vgl EuGHE I 2003, 4509, RdNr 98, 106,
107 = SozR 4-6030 Art 59 Nr 1, RdNr 128, 137, 138 - Müller-Fauré/van Riet; EuGHE I 2004, 2641, RdNr 48 - Leichtle;
EuGHE I 2006, 4325, RdNr 132 - Watts). Erforderlich ist zudem, dass die Ermittlung des Erstattungsbetrages
entsprechend der Forderung des EuGH (vgl EuGHE I 2003, 4509 RdNr 107 = SozR 4-6030 Art 59 Nr 1 RdNr 138 -
Müller-Fauré/van Riet) auf objektiven, transparenten und nicht diskriminierenden Kriterien beruht (vgl auch E. Hauck
in: H. Peters, aaO, § 13 RdNr 363 mwN). Dem könnte eine Erstattungshöhe genügen, die an die zu § 13 Abs 2 Satz 9
SGB V entwickelten Grundsätze anknüpft, die allgemein - auch hinsichtlich der Vorhersehbarkeit der Höhe der ihnen
zustehenden Ansprüche - für Versicherte gelten, die Krankenbehandlung im Inland auf Kostenerstattungsbasis
gewählt haben. Als erforderlicher örtlicher Bezugspunkt für die Bemessung der Inlandssätze, welche bei der
Berechnung des Erstattungsbetrages für eine ausländische Behandlung einschlägig sind, kommt dabei der Wohnort
oder der Ort des gewöhnlichen Aufenthaltes des Versicherten in Betracht (vgl in diesem Sinne bereits BSGE 93, 94 =
SozR 4-2500 § 13 Nr 4, jeweils RdNr 21).
41
Weil der für den Senat maßgebliche Sachverhalt noch offen ist, scheidet im aktuellen Stadium des Verfahrens
entgegen den Anregungen der Klägerin ein Vorabentscheidungsersuchen an den EuGH nach Art 234 EG aus,
unbeschadet der Frage, ob insoweit - wie die Klägerin meint - EG-rechtliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit angebracht
sind.
42
5. Ein Anspruch der Klägerin auf Erstattung der noch offenen Kosten der KH-Behandlung nach § 13 Abs 3 Satz 1
SGB V scheidet aus. Die Regelung ist in der hier in Rede stehenden Konstellation schon nicht anwendbar.
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§ 13 Abs 3 Satz 1 Fall 1 SGB V bestimmt als im vorliegenden Fall allein in Betracht kommende Variante: "Konnte die
Krankenkasse eine unaufschiebbare Leistung nicht rechtzeitig erbringen ... und sind dadurch dem Versicherten für die
selbstbeschaffte Leistung Kosten entstanden, sind diese von der Krankenkasse in der entstandenen Höhe zu
erstatten, soweit die Leistung notwendig war." Diese Vorschrift wird durch die koordinierungsrechtlichen Regelungen
der EWGV 1408/71 nicht zur Anwendung berufen (dazu a). Der Garantiefunktion des § 13 Abs 3 SGB V bedarf es im
Hinblick auf die sich bereits aus primärem Europarecht ergebenden Ansprüche nicht; denn die Klägerin hat dem
Grunde nach - wie unter 4. ausgeführt - einen Anspruch auf Kostenerstattung nach § 13 Abs 4, 5 SGB V (dazu b).
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a) § 13 Abs 3 SGB V ist nicht anwendbar, weil die Sperre des § 16 Abs 1 Nr 1 SGB V durch die Regelungen des
koordinierenden Europarechts in der EWGV 1408/71 und der EWGV 574/72 (vgl oben unter 2. und 3.) nicht
überwunden wird.
45
Nach Art 22 Abs 1a Ziff i EWGV 1408/71 hat ein Versicherter, der die nach den Rechtsvorschriften des zuständigen
Staates (hier: Deutschland) erforderlichen Voraussetzungen erfüllt und bei dessen Zustand sich Sachleistungen
während eines Aufenthaltes im Gebiet eines anderen Mitgliedstaates (hier: Spanien) als medizinisch notwendig
erweisen, Anspruch auf Sachleistungen für Rechnung des zuständigen Trägers vom Träger des Aufenthalts- oder
Wohnorts nach den für diesen Träger geltenden Rechtsvorschriften, als ob er bei diesem versichert wäre. Für Rentner
wie die Klägerin gilt dies über Art 31 Abs 1a EWGV 1408/71. Die krankenversicherungsrechtlichen Ansprüche der in
Deutschland wohnenden Versicherten, die in einem anderen EG-Mitgliedstaat erkranken und dem Anwendungsbereich
der EWGV 1408/71 unterfallen, sind dabei durch die Einbeziehung in das Sachleistungssystem des Trägers des
Aufenthaltsorts auf dasjenige beschränkt, was das Recht des Aufenthaltsstaats zur Verfügung stellt (vgl bereits
näher: BSG SozR 4-2500 § 13 Nr 3 RdNr 27 mwN). Die Freizügigkeit innerhalb der EG (vgl Art 39, 42 EG, vgl EuGH
SozR 4-6050 Art 22 Nr 2 RdNr 40 - Inizan; Eichenhofer, Sozialrecht der EU, 3. Aufl 2006, S 49) wird demnach nicht
durch den Export von nationalen Ansprüchen (hier: von Deutschland nach Spanien), sondern durch die Einbeziehung
von Berechtigten in das Sozialleistungssystem des Aufenthaltsorts sichergestellt (BSG, ebenda; EuGHE I 2003, 7045
RdNr 53 = SozR 4-6050 Art 22 Nr 1 - van der Duin). Neben dem Anspruch gegen den ausländischen Träger nach den
für ihn geltenden Rechtsvorschriften begründet das europäische Recht keinen zusätzlichen Anspruch des
Leistungsberechtigten gegen den Träger seines Heimatstaats, es sei denn, dieser hat von der Befugnis Gebrauch
gemacht, seine Leistungspflicht in dieser Richtung zu erweitern (vgl EuGH, aaO, RdNr 41 unter Hinweis auf EuGHE
1980, 75 RdNr 11 bis 13 = SozR 6050 Art 19 Nr 2 S 6 f - Jordens-Vosters). Infolgedessen haben Versicherte
angesichts des gleichzeitigen Gewinns an Freizügigkeit hinzunehmen, dass ihnen im Ausland weder der Form noch
dem Inhalt nach identische Ansprüche zustehen wie im Inland (vgl zB EuGHE 1980, 1979 RdNr 14 = SozR 6050 Art
69 Nr 6 S 22 f - Testa; EuGHE I 1992, 2737 RdNr 11 = SozR 3-6050 Art 67 Nr 3 S 8 - Gray).
46
Auch die Fälle des Versagens des aushelfenden Sachleistungssystems und daraus resultierende
sachleistungsersetzende Kostenerstattungsansprüche sind konsequent allein über die sich aus dem
Koordinierungsrecht ergebenden Ansprüche abzugelten (vgl erneut zum Charakter der Kostenerstattungsansprüche
als "Sachleistungen" iS des EG-Rechts: BSG SozR 4-2500 § 13 Nr 3 RdNr 27 mwN). Wie oben unter 3.b dargelegt,
liegen die insoweit für einen Kostenerstattungsanspruch in Betracht kommenden Voraussetzungen analog Art 34
EWGV 574/72 hier jedoch hinsichtlich des Verhaltens der Beklagten nicht vor, während sie im Hinblick auf das
Verhalten des in Spanien zuständigen Trägers vom LSG zu überprüfen sind.
47
Anders als die Klägerin meint, ist der Rückgriff auf § 13 Abs 3 Satz 1 SGB V im Rahmen der koordinationsrechtlichen
aushelfenden Sachleistungsgewährung nicht möglich. Eine Gebietsgleichstellung (dh Gleichstellung des Aufenthalts
im Gebiet Spaniens mit dem Aufenthalt in Deutschland), die dies erlauben würde, enthält das europäische
Sekundärrecht in Bezug auf den Bereich der Krankenversicherung nicht (anders BSGE 98, 257 = SozR 4-6928 Allg Nr
1, jeweils RdNr 25 ff für das deutsch-tunesische Sozialversicherungsabkommen). Vielmehr lässt der Aufenthalt in
Spanien das Ruhen der Ansprüche nach deutschem Recht nach § 16 Abs 1 Nr 1 SGB V - auch im Falle einer
Notfallbehandlung - unberührt.
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b) § 13 Abs 3 Satz 1 SGB V kann in dem hier betroffenen Bereich nur einen eigenen Anwendungsbereich haben,
soweit den sich aus dem primären Europarecht ergebenden Anforderungen an die grenzüberschreitende
Inanspruchnahme von Krankenbehandlung durch § 13 Abs 4 und 5 SGB V nicht genügt würde. Von einem solchen
Umsetzungsdefizit für das deutsche Recht kann hier aber nicht ausgegangen werden. § 13 Abs 4 und 5 SGB V
setzen die Rechtsprechung des EuGH zur Dienstleistungsfreiheit (Art 49, 50 EG) um und stehen außerhalb des
(aushelfenden) Sachleistungssystems. Daher ist der Anwendungsbereich des § 13 Abs 3 Satz 1 SGB V nur eröffnet,
wenn der Klägerin bei der Umsetzung des europäischen Primärrechts dasjenige vorenthalten würde, was ihr
(europarechtlich) zusteht. Dies ist hier aber nicht der Fall. Die Klägerin erfüllt (bei einer dem Europarecht
entsprechenden Auslegung) die Anspruchsvoraussetzungen des § 13 Abs 4 und 5 SGB V und kann deshalb die
Erstattung in dem dort europarechtskonform beschränkten Umfang verlangen.
49
Dass über § 13 Abs 3 SGB V vor Inkrafttreten des § 13 Abs 4 und 5 SGB V am 1.1.2004 in europarechtskonformer
Auslegung Ansprüche gewährt wurden, die nun ihre Grundlage in § 13 Abs 4 und 5 SGB V haben (vgl BSG SozR 4-
2500 § 13 Nr 3; BSGE 93, 94 = SozR 4-2500 § 13 Nr 4), steht dem - entgegen der Ansicht der Klägerin - nicht
entgegen. Denn dieses Vorgehen war der damaligen Gesetzeslage geschuldet, nach der es im deutschen
Krankenversicherungsrecht keinen anderen geeigneten Anknüpfungspunkt für die vom EuGH aufgrund des
Primärrechts geforderten Erstattungsansprüche gab. Die Reichweite des Erstattungsanspruchs hängt nach der
Rechtsprechung des erkennenden Senats jeweils von der Art des Systemversagens ab, die den
Kostenerstattungsanspruch begründet (vgl BSGE 96, 161 = SozR 4-2500 § 13 Nr 8, jeweils RdNr 23). Der
Gesetzgeber hat mit der Regelung des § 13 Abs 4 und 5 SGB V indes das - früher über § 13 Abs 3 Satz 1 SGB V
auszugleichende - Systemversagen beseitigt.
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6. Entgegen ihrer Ansicht kann die Klägerin aus Regelungen des deutsch-spanischen
Sozialversicherungsabkommens vom 4.12.1973 in der Fassung der Zusatzvereinbarungen vom 4.12.1975 und vom
17.12.1975 (BGBl 1977 II, 685) keine Rechte herleiten. Nach Art 6 EWGV 1408/71 tritt diese EWGV - da ihr Art 7, 8
und 46 Abs 4 nichts anderes bestimmen - nach der Aufnahme Spaniens in den Kreis der EG-Mitgliedstaaten im Jahre
1986 an die Stelle dieses Abkommens. Auf den Vorrang günstigerer älterer zwischenstaatlicher
Abkommensregelungen kann die Klägerin sich nicht berufen; dieser Vorrang gilt nur, wenn - anders als hier im Jahr
2005 bei der Klägerin - Sachverhalte betroffen sind, die im Wesentlichen bereits vor Inkrafttreten des
Gemeinschaftsrechts vorgelegen haben (vgl EuGHE I 1995, 3813 = SozR 3-6030 Art 48 Nr 9 S 23 f - Thévenon;
EuGHE I 2002, 1261 = SozR 3-6050 Art 71 Nr 14 S 89 - Kaske).
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7. Die Kostenentscheidung bleibt der Entscheidung des LSG vorbehalten.